Sammler Journal 07/2021

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KUNST • ANTIQUITÄTEN • AUKTIONEN

SAMMLER JOURNAL

JULI 2021

Juli 2021 · B 1309 | € 8,00 Schweiz CHF 12,30 | Österreich € 8,90 | Be/Ne/Lux € 9,00

GEMI

KUNSTMARKT • AUKTIONEN • HAMMERPREISE

AUSDRUCKSSTARK

Weingartner-Ausstellung in Pfaffenhofen/Ilm • Schaudepot II


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SAMMLER-SERVICE

Mit Korb und Girlande Putto von Gerhard Schliepstein

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Diesen zauberhaften Putto, Höhe circa 23,4 cm, habe ich vor Jahren auf einem Antikmarkt erstanden. Können Sie mir bitte Näheres zu Entwerfer, Manufaktur, Alter und Wert mitteilen? N. N.

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Der am Wiener Jugendstil orientierte Entwurf eines unbekleideten, sich mit einer üppigen Blumengirlande vor einem Flechtkorb präsentierenden, Knaben stammt von dem freischaffenden Berliner Bildhauer Gerhard Schliepstein (1886-1963). Entstanden in der Zeit um 1920 listet dieser unter der Modellnummer U 342 in den Modell-

büchern der Schwarzburger Werkstätten für Porzellankunst in Unterweißbach. Noch der naturalistischen Formgebung verhaftet, steht der Putto im Œuvre Schliepsteins dessen abstrahiert-expressiven Entwürfen für die KPM Berlin sowie die Kunstabteilungen der Porzellanfabrik Philipp Rosenthal in Selb voran, die als einige der bekanntesten Porzellanfigurinen des Art déco bezeichnet werden können. Ferner entsteht für die Schwarzburger Werkstätten ein weiterer Putto mit großer Blumengirlande (Modellnummer U 341). Die vorliegende Ausführung in glasiertem Hartporzellan misst circa 23,4 cm in der Höhe und die Sockelkante trägt verso die geritzte Entwerfersignatur „Schliepstein“. Bodenseitig befindet sich neben dem Blindstempel „schnürender Fuchs“ auch die Blaumarke der Aeltesten Volkstedter Porzellanmanufaktur, wodurch die Figur als Nachkriegsproduktion, wohl in die 1990er-Jahre, zu datieren ist. Da die Ausführung mehrere Brandrisse aufweist, zeigt sich die Blaumarke durchschliffen. Ansonsten befindet sich die Figur in einem unbeschädigten Zustand, ohne Restaurierungen. Somit kann der aktuelle Wiederverkaufswert bei circa 150 bis 300 Euro angegeben werden. Expertin Andrea Müller-Fincker, Ditzingen

San Giorgio Maggiore Gemälde von Professor Alexander Harder-Khasán

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Ich habe ein Gemälde, zu dessen Maler, Umfeld und Wert ich gerne Näheres wüsste. Das Bild zeigt San Giorgio Maggiore, Venedig, und stammt laut aufgeklebtem Zettel auf der Rückseite von Prof. Alexander Harder. Es hat die Maße 60 x 40 cm. Gerlinde Rasch, München

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Das Gemälde in Ihrem Besitz zeigt den Blick auf San Giorgio Maggiore, eine Insel in der Lagune von Venedig. Die Boote und Duckdalben im Vordergrund dienen als Repoussoir-Motiv, um dem Bild Tiefe zu verleihen. Der rote Campanile in der Ferne ragt wie ein Leuchtturm und eindeutige Wegmarke aus den Wellen unter den dräuenden Wolken.


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Der Zettel auf der Rückseite verweist auf den Maler Alexander Harder (Samara/Wolga 1901 - 1985 Hanau) und eine grenzüberschreitende Öl-Kreide-Tusche-Mischtechnik. Harder hat eine beeindruckende Vita. Seine Familie stammte wohl aus Süddeutschland und siedelte im 18. Jahrhundert an die Wolga. Nach dem Ersten Weltkrieg lebte die Familie wohl in der Verbannung an der Grenze zur kasachischen Steppe, um 1921 zog die Familie nach Ostpreußen, denn im Siedlungsgebiet der Wolgadeutschen herrschte durch die Politik der Sowjet-Regierung inzwischen eine Hungersnot. Ab 1921 studierte er an der Akademie Königsberg, möglicherweise bei Arthur Degner. Ab 1924 zog er nach München und studierte dort wohl privat bei Heinrich von Zügel, von 1926 bis 1927 setzte er seine Studien in Berlin und Paris fort. Von 1927 bis 1935 hielt sich Harder-Khasán in Nordamerika auf, finanzierte sich durch Auftragsarbeiten. 1936 kehrte er nach Deutschland zurück, konnte jedoch unter dem NS-Regime nicht ausstellen. Er ergriff einen anderen Beruf, wurde schließlich bei Kriegsbeginn eingezogen, geriet in Gefangenschaft. Nach dem Krieg lebte er zunächst in Niedersachsen, um schließlich eine neue Heimat in Hanau zu finden. Die Summe seiner Lebenserfahrungen in Kombination mit seiner künstlerischen Ausbildung fanden jetzt einen Niederschlag in seiner Kunst. 1977 sprach ihm der Main-Kinzig-Kreis den Kulturpreis zu. Gemälde von Alexander Harder-Khasán finden sich hin und wieder in Auktionen in Europa und den USA. Das Spektrum seines Schaffens ist ähnlich breit aufgestellt, es reicht von realistischen Naturdarstellungen bis zur Abstraktion. Das Gemälde in Ihrem Besitz würde ich aktuell mit 400 bis 600 Euro bewerten. Eine höhere Bewertung in der Zukunft würde ich nicht ausschließen. Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger Jagdschloss Göhrde

www.bamberger-antiquitaeten.de


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1510, sowie einen zauberhaften Taschenglobus mit Meridianring von James Newton London 1817 an. Seit über 30 Jahren offeriert Christian Eduard Franke-Landwers gemeinsam mit seinem Partner Christoph Freiherr von Seckendorff Spitzenstücke des 17. und 18 Jahrhunderts, wie in diesem Jahr beispielsweise eine bedeutende museale Barockkommode aus Berlin von Johann Friedrich und Heinrich Wilhelm Spindler, um 1760, mit originalen feuervergoldeten und versilberten Bronzebeschlägen mit dem Wappen der Freiherrn von Plotho. Für jeden Geschmack ist in Bamberg etwas zu finden, ob ein Jagdporträt, um 1660/70 von Johann Heinrich Ross beim Kunsthandel Schmidt-Felderhoff, ein Wasserkrug im Silberkontor Heiss, ein Bamberg-Stich, um 1830, im Antiquariat Lorang, entzückende Miniaturen auf Pergament, um 1730, im Kunstauktionshaus Schlosser oder ein Art-déco-Konsolaufklapptisch bei Burkhard Hauptmann. Wer Freude an zeitgenössischer Kunst hat, findet in der neuen Galerie AOA:87 von Angela Kohlrusch Werke von Alex Katz, Andy Warhol, Tom Wesselmann, Giuseppe Veneziano und vielen mehr. Ebenfalls zeitgenössisch ist das Lebenswerk der Bildhauerin Gertrud Roselle und die Sonderausstellung Bamberger Künstler zu den Antiquitätenwochen im Restaurant Edelfrei der Familie Weigand. Hier sind die Künstler Alexandre Madureira, Christiane Gruber, Judith Bauer-Bornemann und Bernd Wagenhäuser vertreten. (22. Juli bis 22. August 2021) Gamsweibchen, um 1520, süddeutsch, bei Kunsthandel Matthias Wenzel im Barockpalais „Freyhaus auf dem Brand”; Bamberger Foto: Photostudio Barthel Antiquitätenwochen

TELEFON | 0175 2468806 WEBSEITE | www.bamberger-antiquitaeten.de

Globus und Gamsweibchen Bamberger Antiquitätenwochen Längst ist Bamberg in der Sammlerszene kein Geheimtipp mehr, sondern gilt als das bekannte Eldorado des Kunstund Antiquitätenhandels. In der persönlichen Atmosphäre der Galerien, im historischen Barockzentrum, bieten die Kunst- und Antiquitätenhändler wertbeständige Kunst an. Alle Schauräume befinden sich in großzügigen, denkmalgeschützten Häusern und es wird ein breites Spektrum an nationaler Kunst und internationalem Kunsthandwerk von der Gotik bis zur Gegenwart geboten. Die älteste Kunsthandlung in Bamberg führt Matthias Wenzel, der das Geschäft von seinem Vater übernommen hat. Im Barockpalais „Freyhaus auf dem Brand“ findet man Möbel, Skulpturen und Kunsthandwerk vom 14. bis zum 19. Jahrhundert. Derzeit ist unter anderem ein seltenes Gamsweibchen, um 1520, süddeutsch, zu bewundern. Der Kunsthandel Senger ist seit über 45 Jahren eine feste Adresse für gotische Skulpturen, die im berühmten Skulpturenkeller ganz besonders zur Geltung kommen. Geschüftsführer und Inhaber Thomas Herzog bietet zu den Antiquitätenwochen aus der Schule Tilmann Riemenschneiders eine Anna Selbdritt und einen heiligen Achatius aus Franken, um

Taschenglobus mit Meridianring von James Newton, London, 1817, bei Kunsthandel Senger; Bamberger Antiquitätenwochen Foto: Michael Aust


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MAGAZIN

Sammlerstücke werden von einer Community von mehr als einer Million aktiver Nutzer pro Monat zum Verkauf angeboten. Die beliebtesten Warenkategorien sind Briefmarken, Münzen und Postkarten, aber auf Delcampe gibt es alle möglichen Arten von Artikeln, von klassisch bis ungewöhnlich. Eine Anekdote am Rande: Es wurden vor mehreren Jahren auch schon das Zeugnis des belgischen Königs Albert II. und das Gebiss Churchills bei Delcampe zum Verkauf angeboten. „Aufgrund der Covid-Krise hatten viele Sammler die Möglichkeit, sich mehr Zeit für ihre Sammelleidenschaft zu nehmen. Wir haben sowohl einen Anstieg der Verkaufszahlen als auch der Anzahl der zum Verkauf angebotenen Objekte feststellen können“, erklärt Sébastien Delcampe, CEO und Gründer des Marktplatz für Sammler www.delcampe.net. Delcampe ist schon seit langem auf YouTube vertreten und hat gerade eine brandneue Serie von Videos über die bunte Welt des Sammelns gestartet: delcampe – YouTube. WEBSEITE | www.delcampe.net

Revolution und Erneuerung London Art Week Sommer

Autogrammkarte von Audrey Hepburn, verkauft von Delcampe.net

Dieses Jahr findet die London Art Week vom 2. bis 16. Juli wieder sowohl in den Galerien hauptsächlich um Mayfair und St James's, aber auch wie schon im letzten Jahr auf der speziell kreierten Webseite statt. Hier kann man auch von der Ferne die besten Kunstwerke auf dem internationalen Kunstmarkt bewundern und mit den Händlern direkt in Verbindung treten. Neu in diesem Jahr ist allerdings eine Online-Gruppenausstellung, zu der alle Teilnehmer beigetragen haben. Die Ausstellung mit dem Motto „Revolution und Erneuerung” wird vom General Direktor der Fondazione Palazzo Strozzi in Florenz, Dr. Arturo Galansino, kuratorisch geleitet. Die London Art Week bietet auch weiterhin ein ansprechendes

100 Millionen Objekte Delcampe-Marktplatz Der 6. Mai ist ein wichtiger Tag für den Delcampe-Marktplatz. Zum ersten Mal hat www.delcampe.net die Zahl von 100 Millionen Artikeln im Angebot erreicht. Die belgische Website, die laut dem Cross Border Europe Ranking der erstplatzierte Marktplatz der Welt in der Kategorie Antiquitäten & Sammlerstücke ist, besteht seit 20 Jahren und ist in der ganzen Welt aktiv. Jeden Tag werden mehr als 10.000 Artikel auf der Website verkauft. Und Tausende neuer

Reichsbanknote Eine Billion, verkauft von Delcampe.net


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Antikes & Kurioses - Auktion Mittwoch 07. Juli 2021 Antik-Kunst-Varia-Schmuck - Auktion Donnerstag 15. Juli 2021

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MAGAZIN

Programm mit Vorlesungen, an denen sowohl Kunsthändler, Museumskuratoren und Sammler ihr Wissen und ihre Entdeckungen mit Kunstliebhabern weltweit mit Hilfe von Zoom-Webinaren teilen. In diesem Sommer gibt es unter anderem eine Online-Veranstaltung über die Dürer-Ausstellung, die jetzt im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg eröffnet hat und später im Jahr in der National Gallery in London zu sehen sein wird. Die Ausstellungen der 40 führenden internationalen Galerien und Auktionshäuser beinhalten sowohl Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen, als auch Keramik und Kunstkammerobjekte, die über die letzten 5.000 Jahre gefertigt wurden. Höhepunkte unter den Ausstellungen sind „Colnaghis Discovering Viceregal Latin American Treasures”, „Hylton Nel at Eighty” in der The Fine Art Society, Tomasso and Galerie Chenel – „Baroque: Ancient to Early Modern”, „Vive la Révolution!” der Daniel Katz Gallery Ltd, Laocoon Gallery – „Animals: 100 works of ancient, twentieth century and contemporary art portraying animals” und Sam Fogg's „Treasury Objects of the Middle Ages”, die erste Ausstellung in dem Bereich seit 50 Jahren. Dieses Jahr zeigen mehrere Händler ihre neuesten Entdeckungen während der London Art Week. Darunter befindet sich ein wichtiges, bis jetzt kunsthistorisch unbekanntes Gemälde von Jacopo Robusti, gen. Tintoretto (circa 1518-

Vittorio Zecchin (1878-1947), Landscape (Annunciation), Murano, 1918, Öl auf Leinwand, 36,2 × 36,4 cm, signiert unten rechts: „VZ", Trinity Fine Art, London Art Week

1594). Das Porträt eines jungen Mannes von circa 1560 ist bei Benappi Fine Art zu sehen. Die Weiss Gallery zeigt ein bisher unveröffentlichtes und in hervorragendem Zustand erhaltenes Porträt von Madeleine von Frankreich, Tochter von Franz I., die Jakob V. von Schottland (1512-1542) heiratete. Das Porträt wurde von Corneille de La Haye, genannt Corneille de Lyon (circa 1500-1575) gemalt. Johnny van Haeften stellt ein wiederentdecktes Porträt eines Gentleman, der eine Uhr hält, von Aelbert Cuyp (1620-1691) vor und die Galerie Canesso stellt ein Werk von einem der besten Stilllebenmaler, Bartolomeo Cavarozzi (15871625), Obstkorb, aus, das ganz neu auf dem Markt und Teil der Ausstellung „Feasting with Old Masters: from the pantry to the country fair” ist. Hylton Nel (geb. 1941), Interrupted while reading, Zambia, 2021, glasier-

Filippo Tagliolini (1745-1809), Seneca, circa 1790, Biscuit Porzellan, 24 cm, Raccanello Leprince Gallery; London Art Week

WEBSEITE | www.lon- te Keramik, 38 × 29 × 15 cm, The Fine donartweek.co.uk Art Society, London Art Week


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