Sammler Journal 08/2021

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August 2021 · B 1309 | € 8,00 Schweiz CHF 12,30 | Österreich € 8,90 | Be/Ne/Lux € 9,00

KUNST • ANTIQUITÄTEN • AUKTIONEN

SAMMLER JOURNAL

AUGUST 2021

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KUNSTMARKT • AUKTIONEN • PREISE

GEMI

Frauen der Wiener Werkstätte Ausstellung im Wiener MAK

JAMES ENSOR • AUKTIONSHAUSPORTRÄTS


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SAMMLER-SERVICE

Teichprinzessin Porzellanfigur von Hutschenreuther

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Vor einiger Zeit habe ich diese circa 26 cm hohe Porzellanfigur erworben. Es würde mich sehr freuen, wenn Sie mir Auskunft über den Künstler, die Manufaktur, die Zeit der Herstellung und den Wert geben könnten. Sebastian Baltschun, o. O.

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Eugen Wagner (1871-1942) hat diesen Entwurf, die Darstellung eines Mädchens mit Frosch, vermutlich in der Hochphase des Jugendstils Anfang des 20. Jahrhunderts kreiert, der Kranz aus Teichrosenblättern und das lange Haar passen stilistisch sehr gut in diese Zeit. Die „Teichprinzessin“ wurde auch in Bronze von der Gießerei Gladenbeck in Berlin hergestellt. Die Ausformung in Porzellan wurde ab 1919 von den Schwarzburger Werkstätten sehr ähnlich ausgeführt (Modellnummer U 230). Im Jahr 1936 geriet die Firma Schwarzburger Werkstätten für kurze Zeit in wirtschaftliche Schwierigkeiten und ein Konkursverfahren wurde eröffnet. Dies ermöglichte einigen Künstlern, ihre vertraglichen Verbindungen aufzulösen. Vermutlich kamen so die Eugen-Wagner-Figurenentwürfe zu Hutschenreuther und wurden dort von 1938 bis 1940 ausgeführt (Modellnummer 1710). Die dekorative Porzellanfigur in Ihrem Besitz ist also irgendwie aus der Zeit gefallen, der Entwurf entspricht dem

Geschmack des frühen 20. Jahrhunderts, die Ausführung fällt in die deutsch-nationalistisch geprägte Zeit kurz vor Beginn und Anfang des Zweiten Weltkriegs. Aus genannten Gründen werden wohl nur wenige Exemplare verkauft worden sein. Ein Schätzpreis von 400 bis 600 Euro scheint angemessen. Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger Jagdschloss Göhrde


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SAMMLER-SERVICE

meine Tante sehr pfleglich behandelt hat, entsprechend gut erhalten. Gerne wüssten wir mehr Details über die Anlage und etwas über ihren Wert. Christine S., Nordrhein-Westfalen

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„Atelier” fürs Museum Stereo-Anlage von Braun

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In den 1980er-Jahren bin ich als Teenager mit meiner Tante in Köln unterwegs gewesen. Wir haben in einem Fachgeschäft damals diese Stereoanlage gekauft oder besser, meine Tante, eine Architektin, die sehr viel Wert auf Gestaltung gelegt hat, hat sie damals gekauft. Als meine Tante verstarb, habe ich aus ihrem Nachlass die Anlage übernommen. Wir nutzen bis heute noch den Plattenspieler. Alles ist noch funktionstüchtig und die Anlage, die

Die Anlage wurde unter dem Namen „Atelier“ auf dem Markt eingeführt und vertrieben; sie gehört zu einer Serie von HiFi-Komponenten der Firma Braun, die ab 1979 hergestellt wurden. 1991 wurde die Herstellung von HiFi-Geräten bei Braun gänzlich eingestellt. Die Anlage schaffte wegen ihres Designs den Sprung in die Museumshallen. So gehört eine Edition zum Bestand des Museum of Modern Art in New York und eine zur Neuen Sammlung in München. Bei dieser Version handelt es sich um folgende Komponenten in Kristallgrau: P1 Plattenspieler, C1 Kassettenrekorder, T1 Empfänger. Die Boxen sind wohl zusätzlich angeschafft worden. Alle vier Komponenten wurden zwischen 1980 und 1982 hergestellt. Die Preise lagen damals für die kristallgraue Version in etwa so: Plattenspieler 468 D-Mark, Kassettenrekorder 848 D-Mark, Empfänger 468 D-Mark und der Verstärker 598 D-Mark. Bis circa 2010 waren die Komponenten dieser ersten Generation – die 1er-Serie – nicht ganz so beliebt. Ein Grund dafür war der Umstand, dass es keinen CD-Player gab. Heute ist es so, dass LP-Hören wieder en vogue und die 1er-Serie mit dem Plattenspieler in dieser Farbe recht beliebt ist. Ich denke, die Anlage ist rund 600 bis 700 Euro wert. Die Boxen scheinen eine Sonderanfertigung außerhalb der Edition zu sein. Mit einem CD-Player und dem dazu editierten Fuß als Standmöbel in Kristallgrau hätte sie einen Wert von rund 1.700 Euro. Dr. Bettina Krogemann, Kunstexpertin München

www.inc-artfair.info

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MAGAZIN

Leerstellen, Lücken und Hohlräume paper positions in Berlin Die paper positions Berlin findet vom 19. bis 22. August 2021 in der Deutsche Telekom Hauptstadtpräsentanz, Französische Straße 33 a-c statt. Hier ein kleiner Vorgeschmack auf die ausstellenden Künstlerinnen und Künstler zur Vorfreude auf die Veranstaltung: Oskar Holweck, bekannt als Pionier der Papierkunst und engagierter Grundlehre-Verfasser, gehörte zum Kern der ZERO-Avantgarde-Bewegung, die mit ihrer Kunst im Sturm ganz Europa er-oberte. Zumeist verweigerte er sich der Farbe und arbeitete überwiegend mit weißem Papier. Vokabular und Grammatik sind die zentralen Begriffe, die für die Betrachtung seiner Werke essentiell sind. Die Galerie Martin Kudlek präsentiert typische Arbeiten des Künstlers, die aus Punktionen, Ablösungen, Erhebungen, Rissen und geknittertem Papier bestehen. Laura Aberham (Jahrgang 1994) gehört zu jenen Malerinnen der jungen Generation, die sich ganz auf die Weiterentwicklung abstrakter Malerei konzentrieren. Mit ihrer Arbeit versucht Aberham aus der Abstraktion des Visuellen heraus neue plastische Ausdrucksformen zu erschließen. Dabei haben sich im Werk der Künstlerin über die letzten Jahre Techniken und malerische Ansätze entwickelt, die einen virtuosen Umgang mit ihrem Medium deutlich machen. Gezeigt wird Aberham bei der Galerie Von&Von. Zahlreiche Leerstellen, Lücken und Hohlräume ziehen sich wie ein roter Faden durch die Arbeiten der Künstlerin Fiene Scharp (Jahrgang 1984), zu sehen bei Kuckei + Kuckei.

Maurice Mbikayi, Man with T-shirt, 76 x 76cm, courtesy of ARTCO Gallery & the artist; paper positions Berlin

Gabriele Basch, banden, 2020, Acryl auf Papierschnitt, 42x29,5 cm,…einz & the artist; paper positions Berlin

Grundlage ihrer Papierschnitte bilden antiquarische, internationale Rasterpapiere – jedes Papier weist einen einzigartigen Rhythmus auf. Durch das Heraustrennen der Zwischenräume betont die Künstlerin das Fragile des Materials, Brüche und Unregelmäßigkeiten werden sichtbar. Der Maler, Grafiker und Architekt Rupprecht Geiger (Malte Ueckermann Kunsthandel) gilt als einer der Hauptvertreter der deutschen Farbfeldmalerei. Er begrenzt sein Vokabular auf elementare Formen ohne örtlichen Bezug oder Perspektive und nutzt Farb-, Hell-Dunkel- und Kalt-Warm-Kontraste zur Wiedergabe der immanenten Eigenschaften der Farbe. Golestani präsentiert Papierarbeiten des in New York lebenden Künstlers Raynes Birkbeck, der über die Gabe verfügt, ein breites Spektrum popkultureller Bezugnahmen in disparate Verbindungen zu phantasieren. In seiner jüngsten Werkreihe imaginiert Birkbeck Deutschland, malt sich einen Ort aus, an dem er nie wirklich war. Guten Glaubens kombiniert Birkbeck dabei deutsche Folklore und Polyamorie. Zwei weitere hochkarätige Neuzugänge der teilnehmenden Galerien für die paper positions berlin 2021 sind die Galerie Thomas Schulte und Kuckei + Kuckei aus Berlin. Sie komplettieren die diesjährige Ausstellerliste mit spannenden künstlerischen Positionen. TELEFON | 030 74073789 WEBSEITE | www.paperpositions.com


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Sommer Auktion – LIVE 31.07.2021 11.00 Uhr Bilder Franz Hecker, Antiquitäten, Porzellan, Gläser, Vasen, Services, Grafiken Ugo Dossi signiert, 2 Kegelbahnen, Fahrräder, Sanitärartikel, Werkzeug u.v.m.

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MAGAZIN

Martina Hamrik, Im Flug, 2021; INCorporating art fair Hamburg

Essenzielles Kunsterlebnis INCorporating art fair Hamburg Corona und die damit verbundenen sozialen Einschrankungen pragen unser Leben. Digitalisierung regelt unseren Arbeitsalltag. Virtualisierung ersetzt nicht die echten Erlebnisse, authentische Gesprache oder den Gesichtsausdruck eines Gegenubers. Kunst weckt unsere Leidenschaft und Begeisterung fur das Unaussprechliche. Unsere Gesellschaft tendiert zu einer stets kurzer werdenden Gultigkeitsdauer fur Trends, Großereignisse und das, was als authentisch oder besonders empfunden wird. Kultur fusioniert mit Lifestyle, Werbung und Unterhaltungsindustrie. Die INCorporationg art fair steht fur Empathie, Innovation und Erfolg im Zusammenspiel von Kunst und Publikum, Marketing, Kunden und Dienstleistern. Mit diesem Ansatz startet vom 26. bis zum 29. August 2021 die neue Kunstmesse in Hamburg, Oberhafenquartier, Stockmeyerstraße 41. Die INCorporating art fair positioniert sich als Entdeckermesse und Verkaufsplattform fur zeitgenossische Kunst. „Der Kunstmarkt entwickelt sich sehr stark in Richtung einer breiteren Kauferschicht – D. C. Nikolic, Possibilities, 2018; Kunst darf gefallen und INCorporating art fair Hamburg Kunst darf gekauft werden“, so der Veranstalter

Raiko Schwalbe. Die neue Kunstmesse verfolgt keinen gängigen oder dekorativen Ansatz. „Kunst ist mehr als schöne Porträts oder Landschaften“, so Schwalbe, „Kunst inspiriert, regt zum Nachdenken an und bringt im wahrsten Sinne des Wortes Bewegung ins Leben.“ Kunstvermittlung ist ein erklärter Schwerpunkt der INCorporating art fair. Besonders ist, dass neben rund 20 internationalen Galerien auch mehr als 80 internationale Künstlerinnen und Künstler vor Ort selbst ausstellen. Sowohl Teilnehmer als auch Besucher erhalten damit die Möglichkeit, sich intensiv vor Ort über die Kunst und ihre Hintergründe auszutauschen. Die INCorporating art fair verfolgt einen föderativen Ansatz und unterscheidet sich von klassischen, rein gewinnorientierten Kunstmessen durch eine Bereitstellung von geförderten, kostenlosen Flächen zur Präsentation von Künstlerinnen, Künstlern, Projekten und Verbänden. „Unser erklärtes Ziel ist, die lokale professionelle Kunstszene zu integrieren und ihr einen Raum zur Präsentation gegenüber einer breiten Öffentlichkeit zu ermöglichen.“, so Schwalbe, „Gerade in der aktuellen Zeit, in der Kunst- und Kulturschaffende vermehrt um ihre Existenz kämpfen, möchten wir unseren Beitrag leisten und ausgewählten Projekten und Künstlerinnen und Künstlern eine kostenlose Plattform bieten.“ Zu den ausgewählten Projekten zählen zum Beispiel L’apotheque aus St. Pauli, die Gedok Hamburg sowie die neue Online Galerie 040 Gallery, ebenfalls aus Hamburg. Zusätzlich werden mehr als zehn kostenlose Ausstellungspositionen an Künstlerinnen und Künstler aus ganz Deutschland ver-geben. TELEFON | 01577 3881151 WEBSEITE | www.inc-artfair.info

Daniel Engelberg, o. T., New Towel, edition no 6, 2021; INCorporating art fair Hamburg


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MAGAZIN

Nicolas Lavarenne, „Résilience”, 28. Sculpture Link in Knokke (B)

Spannung, Rhythmus, Emotion Sculpture Link in Knokke (B) Die 28. Ausgabe von Sculpture Link, die noch bis 15. August im belgischen Seebad Knokke-Heist stattfindet, steht für körperliche Spannung, monumentalen Rhythmus und sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinn intensive Erhabenheit, geschaffen vom französischen Bildhauer Nicolas Lavarenne. Er wurde 1953 in Chamalières, Puy de Dôme geboren und wuchs in einer Familie auf, in der die bildende Kunst eine bedeutende Rolle spielte. Beide Eltern waren Lehrer für Zeichnen und sein Vater war ein herausragender und international anerkannter Maler. Er zeigte zunächst ein breites und zielbewusstes Interesse an Technik und Strukturen, landete schließlich in einer Schreinerei, wo er Ornamente für Möbel bearbeiten und schneiden durfte, um wenig später traditionellere und gequältere Figuren aus einem Holzblock zu schneiden. Nach einem kurzen Experiment mit Styropor fand er 1990 schließlich seine endgültige Berufung im Modellieren und Gießen von menschlichen, hauptsächlich männlichen Figuren, in Bronze. Er arbeitete mit einigen bekannten Künstlern zusammen und war kurzzeitig Assistent des bekannten Bildhauers Arman. Lavarenne nimmt an zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland teil und hat mit seinen monumentalen Werken, die oft in oder neben historisch bedeutsamen Räumen aufgestellt werden und weitgehend auf die Atmosphäre und Strukturen großer Gärten oder Parks, Gebäuden oder Burgen und Schlössern einspielen, nach und nach einen wachsenden Bekanntheitsgrad erworben. Die menschliche Figur steht im Zentrum der Arbeit von Nicolas Lavarenne, dies aber auf eine ganz besondere Weise. Man spricht oft von „Echassiers“, Stelzenläufern, dreibeinigen Stämmen und auch langen Stielen, wenn man seine Figuren einordnen oder beschreiben will. Dies bezieht sich, zumindest was den Hinweis auf die Stelzenläufer betrifft, hauptsächlich auf seine ersten Bronzewerke, bei

denen die Beine der Figuren so weit verlängert sind, dass schließlich Strahlen oder Spindeln aus den Füßen zu wachsen scheinen und auf dem Boden ruhen, genauso wie es teilweise bei Stelzenläufern der Fall ist. Nach und nach werden die Körper seiner Figuren jedoch gefasst, gegriffen und von langen Metallstäben umgeben, die die Figuren begleiten und in die Höhe wachsen lassen. So ähneln seine Figuren in gewisser Weise Spinnen, die lang ausgestreckt in ihrem Netz ruhen, das einem ätherischen Käfig ähnelt, einem Gebilde aus langgestreckten Stäben, die von den schwebenden Figuren eingeklemmt werden und ein Bild der Entfremdung erzeugen. Der Körper, den Nicolas Lavarenne modelliert, ist eine markante, präzise und explizit ausgearbeitete Kreuzung von Ästhetik und visueller Spannung, ein Monument der Eleganz, das durch Bedeutungen sublimiert wird, ein Beispiel für originelles Design, in dem Kontraste leben, wie die Statik der Struktur, die die Geschmeidigkeit eleganter, eloquenter Körper umgibt, in die Höhe hebt und zu schützen scheint. Seine realistisch ausgearbeiteten Körper beeinflussen und inspirieren gleichsam die unmittelbare Umgebung und sind ein Amalgam aus Rhythmus, Ausdruck, Emotion, aus dem aus sich selbst Herauszugehen und aus körperlicher Ekstase. Wer mit seinen Skulpturen konfrontiert wird, wird nicht überrascht sein, dass Lavarenne eine internationale Karriere aufgebaut hat und in bedeutenden Kunstsammlungen auf der ganzen Welt präsent ist. Seine Skulpturen, in denen kraftvolle und bewegende Charaktere in ihrem langen und sich ständig erneuernden Versuch des Aufstiegs eine ständig erneuerte Widerstandsfähigkeit demonstrieren, können für all diejenigen, die ihre Widerstandsfähigkeit in dieser Pandemie ebenso zeigen und gezeigt haben, symbolisieren und eine Quelle der Inspiration sein. Eine Wanderung oder Radtour führt entlang des Zeedijk von Het Zoute aus in Richtung Heist-West (oder umgekehrt), mit dem Grand Casino auf dem Weg, wo vom 7. bis 15. August die Knokke Art Fair stattfindet. WEBSEITEN | www.sculpturelink.be www.artnocturneknocke.com

Nicolas Lavarenne, Pantère, L 1,80 m, 28. Sculpture Link in Knokke (B)

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KUNSTMARKT

Alte Meister beliebter denn je Die Leidenschaft, die von den Meisterwerken der Geschichte geweckt wird, bemisst sich an der Besuchsquote der Museen, wo die Anzahl der Besucher in 20 Jahren erheblich zugenommen und eine Null drangehängt hat. Wer noch immer nicht überzeugt ist, erinnere sich an die endlosen Warteschlangen vor dem Louvre, vor und während der Pandemie an die Verzehnfachung der Online-Besuche auf der Internetseite des Louvre, wo die Anzahl der Tagesbesucher im März 2020 munter von 40.000 auf 400.000 angestiegen ist. Vor zwei Jahren wurde die Ausstellung im Zeichen von Leonardo da Vinci buchstäblich Opfer seines Erfolgs. Die 260.000 verkauften Eintrittskarten bei der Eröffnung des Kartenvorverkaufs haben die Online-Reservierungsseite lahm gelegt. Da Vinci begeistert: sein künstlerisches und wissenschaftliches Genie, das Mysterium der Mona Lisa, die hitzigen Debatten, die sein „Salvator Mundi“ (450 Mio. Dollar), das bis heute teuerste Kunstwerk, auslöst. Der Markt mit Alten Meistern fesselt immer noch, und vielleicht sogar mehr denn je, wenn man den Reaktionen des Auktionsmarkts Glauben schenkt.

Andrea Salai, La Madeleine pénitente, um 1515-1520 (Artcurial, Paris, November 2020, Zuschlagspreis 1.400.000 Euro)

Die Originalität des französischen Markts

Nicolas de Largillière, La belle Strasbourgeoise (Christie's, Paris, September 2020, Zuschlagspreis 1.300.000 Euro) © 2020 Christie’s Images Limited

Frankreich, Hochburg für künstlerische Begegnungen über die Jahrhunderte, besitzt nach wie vor besonders reiche Reserven in diesem Bereich – verborgene und manchmal sogar vergessene Kunstschätze. Mehrere erst kürzlich wieder entdeckte Kunstwerke sind in den letzten Jahren auf den französischen Kunstmarkt gekommen, insbesondere 2019 ein Caravaggio, ein Cimabue, ein Meister von Hohenfurth, allesamt mit Gutachten vom Cabinet Turquin, und erfolgreich in der Provinz und nicht in Paris, London oder New York versteigert. Im Vorjahr bot sich dasselbe Bild, da dieser französische Markt immer mehr internationale Käufer mobilisiert. In Paris haben chinesische Sammler „Die schöne Straßburgerin“ des Porträtkünstlers Nicolas de Largillière um 1,8 Millionen Dollar bei Christie’s und die „Büßende Maria Magdalena“ von Andrea Salai, „Liebling“ von Leonardo da Vinci, für 1,6 Millionen Dollar bei Artcurial gekauft, während die Rekorde erneut in der Provinz verbucht wurden. Von Bordeaux aus hat die Gesellschaft Briscadieu verschiedene europäische Sammler mit einem Werk von Alexandre-François Desportes für 2,4 Millionen Dollar angelockt, das um das Zehnfache seines hohen Schätzwerts verkauft wurde und einen vorhergehenden Rekord des Künstlers in New York (850.000 Dollar, Sotheby’s, 1995) einstellte. Die auf dem französischen Staatsgebiet verstreuten Meisterwerke erzielen also sehr gute Ergebnisse, auch außerhalb von Paris.


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KUNSTMARKT

Ambrosius I Bosschaert, Stillleben mit Blumen in einer Glasvase, 1621 (Sotheby's, New York, Januar 2021, Zuschlagspreis 1.567.015 Euro)

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Sandro Botticelli, Porträt eines jungen Mannes mit einem Medaillon (Sotheby's, New York, Januar 2021, Zuschlagspreis 65.979.599 Euro)


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KUNSTMARKT

Ein sicherer Hafen in Krisenzeiten Altmeistergemälde waren während der Pandemie 2020 ein sicherer Hafen. Die Nachfrage war viel stärker als sonst, sodass die Anzahl an Altmeistern, die rund um den Erdball verkauft wurden, noch nie so hoch war wie im Vorjahr, mit einer Zunahme von plus sieben Prozent an verkauften Losen im Vergleich zum Geschäftsjahr 2019. Die Werke der Altmeister haben auf allen Marktplätzen außergewöhnliche Preise erzielt: 5,2 Millionen Dollar für Georges de La Tour in Köln (Lempertz), fast 17 Millionen Dollar für Giovanni Battista Tiepolo in New York (Sotheby’s), 18,8 Millionen Dollar für Rembrandt in London (Sotheby’s), 39,5 Millionen Dollar für Ren Renfa in Hongkong (Sotheby’s), bis hin zu 76,6 Millionen Dollar für Wu Bin in Peking (Poly International). Wir haben Wan Jie, Gründer von Artron Art Group und Art Market Monitor of Artron zum Rekord von 76,6 Millionen Dollar für Wu Bin dazu befragt, da der Vorbesitzer dieses Werk in den 1980er-Jahren um 1,2 Millionen Dollar gekauft haben soll. Für WanJie, Kunstmarkt-Spezialist in China, ist „Views of a Lingbi stone“ ein großes Werk, eine regelrechte Legende in der chinesischen Kunstgeschichte. Zu der Zeit, als es 1,21 Millionen Dollar wert war (1981), hatte die chinesische Wirtschaft noch nicht abgehoben, und die Sammler hatten nicht die Kaufkraft, die sie heute haben. Die 2020 erzielten 76,6 Millionen Dollar, also 75 Millionen mehr als noch vor 40 Jahren, spiegeln die spektakuläre Entwicklung des chinesischen Kunstmarkts wieder, vor allem für die alten Kunstwerke, deren Preise auf einer Höhe mit denjenigen der historischen westlichen Altmeister liegen. Für Wan Jie wird „dieses unvermeidliche Phänomen“ noch weitergehen. Werke außerhalb der Norm 2021 Zu Beginn dieses Jahres war in New York ein Gemälde noch teurer als jenes von Wu Bin. Ein grandioses Porträt von Botticelli, das anlässlich der Auktion „Master Painting & Sculptures Part I“ von Sotheby’s angeboten wurde. Es handelt sich um das Porträt eines jungen Mannes, das zur Blütezeit Botticellis, Ende des 15. Jahrhunderts, in der Zeit von „Die Geburt der Venus“ und „Frühling“ angefertigt wurde. Als eines der schönsten und wichtigsten Werke von Botticelli angesehen, wurde „Junger Mann mit Medaillon“ vom amerikanischen Milliardär Sheldon Solow bei einer Auktion von Christie’s im Jahre 1982 um 1,3 Millionen Dollar gekauft. Dieses Mal hat eine Minute zwischen zwei Sammlern am Telefon gereicht, um den Preis von 92,2 Millionen Dollar zu errei-

chen. Dieses einminütige Duell zeugt von den wenigen Sammlern, die in einem solchen Preisniveau aktiv sind. Aber das Ergebnis entspricht der Seltenheit und das Meisterwerk ist zum sehr kleinen Kreis der teuersten, jemals bei Auktionen präsentierten Porträts gestoßen – neben „Adele BlochBauer II“ von Gustav Klimt (87,9 Mio. Dollar, 2006) und von „Porträt des Dr. Gachet“ von Vincent van Gogh (82,5 Mio. Dollar, 1990). Nebenbei hat es der Botticelli Sotheby’s ermöglicht, einen absoluten Rekord im Bereich der Alten Meister zu verzeichnen. Ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis zu Beginn des Jahres wurde für das Relief „Madonna mit Kind“ von Piero della Robbia erzielt, verkauft um zwei Millionen Dollar, also um das Doppelte seines hohen Schätzwerts. In den gleichen Preissphären hat ein Stillleben von Rachel Ruysch um 2,2 Millionen Dollar, also um 700.000 Dollar über seinem hohen Schätzwert den Besitzer gewechselt, und das Gemälde „Blumenstrauß“ von Ambrosius Bosschaert wurde um 2,3 Millionen Dollar, um 800.000 Dollar über der optimistischen Schätzung verkauft. Ein paar Enttäuschungen Dennoch gab es ein paar Enttäuschungen, darunter der gescheiterte Verkauf von „Au bord du ruisseau“ von William Bouguereau mit einer charmanten Szene mit zwei Kindern, für das man mehr als eine Million Dollar erwartet hatte, und Rembrandts „Abraham und die Engel“, das schließlich nicht zur Auktion kam, und für das man sich eines der besten Resultate des holländischen Meisters erhofft hatte, vielleicht mehr als 30 Millionen Dollar. Aber die Transaktion sollte privat über die Bühne gehen, bevor es noch zur Auktion kam. Trotz unvermeidlicher Enttäuschungen spiegelt dieser Markt das gesamte Interesse und offen gesagt das Erstarken der Gemälde der Altmeistergemälde bei den Auktionen wider. Es ist ein angespannter Markt, da sich der Großteil der Meisterwerke nicht mehr in privaten Händen befindet, und ein spannender. Die medienwirksamen Verkäufe der letzten Jahre haben ein wieder erstarktes Interesse für ein bisher relativ stabiles Marktsegment mit sich gebracht. „In gewisser Hinsicht wurden diese alten Meister auch zu großen Marken wie die zeitgenössischen Künstler Andy Warhol oder Jeff Koons“, hatte Karl Hermanns, weltweiter Generaldirektor von Christie’s Old Masters beim Verkauf von „Salvator Mundi“ erklärt. QUELLE | artprice.com

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