Trödler 02/2020

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Europas Sammlermagazin

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Meissen Schmuck aus Gablonz


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trÖDLer

ISSN 1863-0340

VerLag

GEMI Verlags GmbH Pfaffenhofener Straße 3 85293 Reichertshausen Tel. 08441 / 4022-0 Fax 08441 / 71846 Internet: http://www.gemiverlag.de eMail: info@gemiverlag.de

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magazin n Ausstellungen – Messen – Märkte

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Gerd Reddersen Rudolf Neumeier

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Joscha Eberhardt, Karin Probst, Helene Stümpfle-Wolf

autoren Dieser ausgabe

Dr. Kathrin Bonacker, Heidrun Th. Grigoleit, Theresia Peters

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Dr. Kathrin Bonacker, www.kabinettstueckchen.de; Meissen Porzellan Stiftung, © Daniel Bahrmann

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages vervielfältigt oder verbreitet werden. Unter dieses Verbot fallen die gewerbliche Vervielfältigung per Kopie, die Aufnahme in elektronische Datenbanken und die Vervielfältigung auf CD-ROM. Es gilt die Anzeigenpreisliste 1/11 (Preise gültig seit 01.08.2006)

termine unD anzeigen n antikmarkttermine n sammLerbÖrsentermine n ausLanDstermine n regeLmÄssige termine n fLoH- unD trÖDeLmarkttermine n krammarkttermine n kLeinanzeigen in Der sammLerbÖrse 02 / 20


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LESERFORUM 4

EXPERTISEN

■ Keramikschale

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Vielleicht können Sie mir als Abonnenten Ihrer Zeitschrift bei der Bestimmung der Materialien, des Alters und der Herkunft der kleinen Skulptur/Schale weiterhelfen. Sie ist circa 15 cm hoch und am Boden gemarkt. Jörg Greis, o.O.

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Die dekorative Keramikschale in Ihrem Besitz wurde vor kurzem in Asien hergestellt. Die Formgebung erinnert an Beispiele aus der Zeit des Jugendstil, die Ausführung entspricht allerdings chinesischer Massenproduktion. Die Schale ist vermutlich aus Keramik oder aus einer Mischung aus Kunststoff und Keramikmasse hergestellt worden, das Metall ist vermutlich Zinkguss. Das Firmenzeichen soll eine Assoziation zu Alphonse Mucha herstellen. Solche Produkte werden über einen niederländischen Anbieter in Europa verbreitet. Das Firmenzeichen hat sich seit circa 1995 mehrfach geändert, z. B. WL 1895 „WONG LEE 1895“, JBT 1906 usw., das Fertigungsprinzip, eine Kombination aus Keramik / Porzellan und dekorativer Metallmontur, allerdings nicht. Einen Marktwert haben solche Fälschungen leider nicht. Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger Jagdschloss Göhrde

■ Porzellanschälchen

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Anbei die Fotos von sechs Schälchen, die ich von meinen Großeltern bekommen habe. Ich würde gerne Ihre Einschätzung hören. Die Maße der Schälchen betragen: Höhe 2,5 cm, Durchmesser 10 cm. Frederike Klatte, Wald-Michelbach

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Eduard Haberländer gründete 1916 die Porzellanfabrik Haberländer in Windischeschenbach. 1929 übernahm die Porzellanfabrik Oscar Schaller & Co. Nachfolger die Fabrikation, die Bodenmarke Eschenbach wurde dann eingeführt. Bekannt wurde die Porzellanfirma durch den Eintritt von Prof. Theodor Kär-

ner (1884-1966) im Jahr 1950 in das Werk Windischeschenbach. Aktuell existieren die Marken Eschenbach, Winterling, Triptis, Graf von Henneberg und Freiberger Hotelporzellan unter der Firmierung Eschenbach Porzellan Group. Ihre Porzellanschälchen dürften in den 1950er/60erJahren hergestellt worden sein. Sie fallen leider unter den Begriff „Gebrauchs-Porzellan“, das in dieser Epoche in Massen hergestellt wurde. Für Porzellan-Sammler sind sie aus diesem Grund eher weniger interessant. Auf Internet-Plattformen werden solche „Ziergegenstände" oftmals für fünf Euro pro Teil angeboten, aber nur sehr selten dann auch verkauft. Joscha Eberhardt, Redaktion

■ In dieser Rubrik beantworten unsere Experten Ihre Fragen zu dem einen oder anderen guten Stück. Doch leider sehen wir uns außerstande, ganze Nachlässe oder sämtliche sich in Ihrem Haushalt befindlichen Trouvaillen bewerten und schätzen zu lassen. Auch bitten wir um Verständnis, wenn es mit der Bearbeitung länger dauert. Senden Sie uns also Ihre Anfrage nur zu einem zu bestimmenden Objekt – mit detaillierter Beschreibung und gutem Foto, auf dem das Objekt ganz abgebildet ist. Noch ein Hinweis zu den Preisen, die von Fall zu Fall von unseren Experten genannt werden: Hierbei handelt es sich um Richtwerte, die anhand von Fotos allein getroffen werden und je nach Zustand des Objekts nach oben oder nach unten korrigiert werden können. Ihre Anfrage schicken Sie bitte an: Gemi Verlags GmbH Redaktion Leserforum Pfaffenhofener Straße 3 85293 Reichertshausen

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LESERFORUM 5

■ Puppe

information man besser ignorieren sollte. Das Foto des Schriftzugs auf der Rückseite führt schließlich in die richtige Richtung. Dort steht nicht „März Sonne“, sondern „marts sne", also „März Schnee“ auf dänisch. Es handelt sich nicht um ein Werk eines deutschsprachigen Malers, sondern um ein Werk des dänischen Malers Poul Kastrup (1920-1987), gemalt um 1960. Poul Kastrup hatte eine Lehre als Dekorationsmaler und technischer Zeichner absolviert und widmete sich später der freien Malerei. Einige seiner Bilder sind in der Region Aarhus in öffentlichen Sammlungen ausgestellt. Beliebt sind seine ParisMotive. Eine Winterlandschaft wie diese würde in einer Auktion etwa 150 bis 200 Euro erzielen.

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Ich habe mir eine interessante Puppe gekauft. Sie ist circa 27 cm groß und hat raffinierte Gelenke in Armen und Beinen und außerdem Schlafaugen. Können Sie anhand der Marke am Kopf feststellen, wer diese Puppe hergestellt hat, wie alt sie wohl ist und mir einen ungefähren Wert nennen? Renate Hennig, Senden

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Der Stempel ist leider sehr undeutlich und deshalb nicht hundertprozentig zuzuordnen. Vermutlich handelt es sich aber um eine kleine Puppe der Firma Walther &

Klaus-Dieter Müller, Kuntsachverständiger Jagdschloß Göhrde

heutigen Tag nicht deuten. Die Maße sind 60 x 80 cm. Mich interessiert hauptsächlich der Künstler. Ist es ein akademischer Maler? Wann wurde das Bild wohl gemalt? Ulrich v.Dillen, o. O.

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Als Sachverständiger steht man immer vor der Frage welcher bereitgestellten Information man glauben oder welche Teil-

Sohn, Oeslau. Der Kopf ist aus Biskuitporzellan gefertigt und folgendermaßen gemarkt: Germany, 1, Krone WS (?). Sie hat feste blaue Glasaugen, einen Gliederkörper mit Kugelgelenken und drehbaren Händen. Sollte es sich tatsächlich um eine derartige Puppe handeln, liegt der Sammlerwert derzeitig bei ca. 50 bis 100 Euro. Carina Roos-Person, Alino Auktionen, Bad Dürkheim

■ Gemälde

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Dieses Bild habe ich vor ca. 30 Jahren auf einer Antik- und Kunstmesse in Namur (Belgien) erworben. Der Titel ist Märzsonne. Die Signatur konnte ich bis zum 02 / 20


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AUSSTELLUNGEN n Von Jugendstil bis Art déco Der Geschichte und den Erzeugnissen der einst bekannten „Porzellanmanufaktur Burgau a. d. Saale Ferdinand Selle“ widmet sich eine Sonderschau des Stadtmuseums Jena noch bis 29. März 2020. Über 500 Exponate aus der Spezialsammlung des Museums und hochkarätige Leihgaben lassen die Geschichte der von Ferdinand Selle (1862-1915) im Jahr 1901 gegründeten Manufaktur, die bis 1929 in dem nahe Jena gelegenen Ort Burgau existierte, lebendig werden. Das Unternehmen produzierte vorwiegend Gebrauchsgeschirre, aber auch Mokka-Sammeltassen, Gastronomiegeschirr und Zierporzellane. Während der drei Jahrzehnte der Produktion wurden 15 verschiedene Serviceformen mit über 50 modernen Unterglasurdekoren hergestellt. Davon entwarf der gelernte Kaufmann Selle sechs Service selbst. Er konnte aber auch namhafte Künstler wie Henry van de Velde (18631957), Albin Müller (1871-1941) sowie Fia (1868-1920) und Rudolf Wille (1873-1948) für Entwürfe gewinnen. Die Porzellane sind Musterbeispiele für die ästhetischen Reformbestrebungen in Europa und veranschaulichen zugleich den Wechsel der Formen vom Jugendstil zum Art déco. Nach dem Konkurs der Manufaktur 1929 wurden alle Firmenunterlagen vernichtet. Doch durch die seit 1991 intensivierte Sammeltätigkeit des Jenaer Stadtmu-

Ensemble von Deckeln der Porzellanmanufaktur Burgau 1902 bis 1928; Stadtmuseum Jena Foto: Marcus Rebhan 02 / 20

Speise- und Kaffeeserviceteile, Rauchserviceteile und Mokkatassen in: Illustrierte Zeitung Nr. 3089, 11. September 1902, S. 407; Stadtmuseum Jena seums, aufgefundene Musterblätter und Dokumente aus Privatbesitz sowie die Sichtung zeitgenössischer Kunsthandwerkszeitschriften gelang es, über 600 verschiedene Teile den bei Selle produzierten Services zuzuordnen. Neben den bisher gesammelten Stücken ergänzen Dokumente zur Firmengeschichte, den Vertriebswegen und Preisen der Porzellane die Präsentation in anschaulicher Weise. Ferdinand Selle wurde am 28. Juni 1862 in Kunzendorf/Schlesien als zweites von vier Kindern des Gutsverwalters Gustav Selle (1827-1901) und dessen Frau Agnes (1836-1904) geboren. Die Familie zog später nach Leipzig, wo der Vater am 1. September 1863 in die von seinem Bruder (Ferdinand) (1824-1893) im Jahr 1861 gegründete Porzellan- und Glaswarenhandlung in der Petersstraße 16 eintrat. Gemeinsam mit seinen Brüdern Arthur (1865 -1912) und Martin (1866-1914) absolvierte Ferdinand eine kaufmännische Ausbildung, nach der alle drei eine Anstellung in der Porzellanhandlung von Onkel Ferdinand und Vater Gustav fanden. Zwischenzeitlich sammelte Ferdinand Selle Erfahrungen bei der Firma „J. E. Winzer Comptoir und Musterlager“ in Hamburg, ehe er 1890 wieder in dem Leipziger Familiengeschäft tätig wurde. Künstlerisch talentiert entwarf er hier schon in den 1890er-Jahren Keramiken, Kleinmöbel und Leuchten. Am 5. Mai 1901 starb Gustav Selle und die Porzellanhandlung ging auf seine Kinder über. Jetzt erfüllte sich Sohn Ferdinand den Traum von einer künstlerischen Tätigkeit: Er gründete im gleichen Jahr in Burgau bei Jena seine eigene Porzellanmanufaktur, für die er mehrfach auch die Formen selbst entwarf. Bereits im ersten Jahr der Produktion wurde ihm großes Lob zuteil: Kein Geringerer als

Henry van de Velde urteilte in seinem Spezialbericht über die Porzellanherstellung im Großherzogtum Weimar, Selles Fabrik sei die erste, deren Betrieb einzig auf die Fabrikation von Gegenständen im „modernen Stil“ gerichtet sei. Überregionale Kontakte knüpfte Selle bei den Präsentationen seiner Porzellane auf den Leipziger Messen und durch die Beteiligung an zahlreichen Kunstgewerbeausstellungen. 1908 trat er mit seiner Manufaktur dem ein Jahr zuvor gegründeten „Deutschen Werkbund“ bei, einer Reformbewegung, die sich u. a. eine bessere Formgebung von Gebrauchsgegenständen in der kunstgewerblichen Industrieproduktion zum Ziel gesetzt hatte, ein Ziel, das auch Selle nahelag. So versuchte er bereits seit Gründung der Manufaktur, mit seinen Entwürfen eine moderne Warenästhetik in industrieller Fertigung umzusetzen, die sowohl erschwingliche Preise für die Kunden als auch Gewinn für das Unternehmen ermöglichte. Der Einbindung Selles in die Ideen des „Werkbundes“ ist es wohl zu verdanken, dass er seit 1908 verstärkt versuchte, namhafte Künstler für neue Form- und Dekorentwürfe zu gewinnen. Unerwartet starb Ferdinand Selle am 9. Februar 1915. Obgleich seine Witwe die Manufaktur noch 14 Jahre weiterführte, brach mit Selles Tod die qualitative und quantitative Produktionsvielfalt der Fabrik ein. Burgau war im Jahr 1901 ein unbedeutender Ort mit 325 erwachsenen Einwohnern. Doch in dem nur zwei Kilometer entfernten Göschwitz kreuzten sich die beiden wichtigen mitteldeutschen Eisenbahnstrecken, die Saale-Bahn mit Anbindung an die Regionen Berlin, Leipzig, Nürnberg und die Weimar-Geraer Bahn, die Erfurt, Gera und Dresden verband. Damit konnte man auf schnellem Wege sowohl die benötigten


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Mokkaservice der Form „1908" mit Dekor „Steinnelke“; Stadtmuseum Jena Foto: Marcus Rebhan Rohstoffe für die Produktion als auch die fertigen Erzeugnisse der Manufaktur anund abtransportieren. Die aufbereitete Porzellanmasse wurde aus dem Rohstoffwerk Schmelitz bei Tirschenreuth in der Oberpfalz geliefert, die Braun- und Steinkohle kam aus Sachsen. In der näheren Umgebung fanden sich qualifizierte Mitarbeiter für die Produktion. Denn in dem nur wenige Kilometer entfernten Kahla gab es nicht nur eine Porzellanfabrik, hier war auch seit mehr als 100 Jahren das Gewerbe der Porzellanmalerei für Andenkenartikel angesiedelt, die vor allem bei Studenten beliebt waren. Das Fabrikgebäude entstand in rasanter Schnelligkeit. Der erste Spatenstich erfolgte am 17. September 1901. Die Produktion begann am 1. Februar 1902, am 26. März 1902 ließ Ferdinand Selle die Fabrikmarke im Reichswarenzeichenregister schützen. Sie ist auf allen in seinem Unternehmen produzierten Porzellanen in blauer oder grüner Unterglasur aufgebracht. Die Marke besteht aus einem schildförmigen Wappen mit einem S-förmigen Fisch (für Selle bzw. Saale) auf Wellengrund, darüber die Initialen „PBM“ für PorzellanManufaktur Burgau. Mehrfach finden sich über der Marke die Angaben „WEIMAR“ oder „GERMANY“, womit eine genauere geografische Zuordnung der Burgauer Fabrik bei Exporten in andere Länder möglich war. Die vielfältigen Arbeitsabläufe der Produktion fanden auf drei Etagen sowie einem Keller- und einem Dachgeschoss der Fabrik statt. Formengießerei, Brennerei, Malerei, Schmelzerei, Packerei, Lager und Kontor waren, wie in anderen Porzellanfabriken auch, funktional angeordnet. Im Erdgeschoss befand sich das Brennhaus, in dem ein Ofen mit niederschlagender Flamme stand. Im Juni 1904 war die Auf-

tragslage so gut, dass ein zweiter Ofen in Auftrag geben wurde. Durchschnittlich waren zwischen 25 und 40 Mitarbeiter angestellt. Die erste, dem Jugendstil verhaftete Form seiner Produktion entwarf Ferdinand Selle selbst. Er präsentierte sie vom 17. Juni 1902 an im Thüringer Ausstellungsverein bildender Künstler im Jenaer Schloss. Die Speise-, Frühstücks-, Mokka- und Rauchservice umfassten insgesamt 72 Teile. So vielfältig produzierte die Manufaktur in keiner der folgenden Formen. Fabrikintern lief das Service der Form „1902“ als „Geschweifte Form“. Nur von dieser Form ist

bisher eine gedruckte Preisliste bekannt. Auch die zweite Form „1905“, fabrikintern als „Eckform“ bezeichnet, war ein Entwurf Selles. Zu dieser gehörten jedoch deutlich weniger Teile als zur Form „1902“. Im Jahr 1902 lernte Selle Henry van de Velde persönlich kennen, als dieser in seiner Funktion als Leiter der Weimarer Kunstgewerbeschule auch die Porzellanfabriken im Großherzogtum Sachsen-Weimar evaluierte. Van de Velde entwarf 1906 unter Verwendung des Tabletts und der Zuckerdose eines Teeservices der Volkstedter Manufaktur „Beyer & Bock“ ein Service für die Burgauer Produktion, das jedoch nur in wenigen Exemplaren hergestellt wurde. 1906 kam eine von Ferdinand Selle entworfene geometrische Form auf den Markt. Mit seinen Porzellanen war die Manufaktur auf der 3. Deutschen Kunstgewerbeausstellung 1906 in Dresden im „Kollektivraum Weimar“ vertreten und erhielt eine Silbermedaille. Um 1907 erschien die vierte neuentwickelte Form seit Beginn der Porzellanproduktion im Jahr 1902. Auf den Musterblättern „Annemarie“ und „Alt-Wien“ sind unterschiedliche Varianten der Zusammenstellung der Service ersichtlich. Da von der Form „1907“ nur wenige Exemplare existieren, liegt die Vermutung nahe, dass sie von den Käufern kaum angenommen wurde. Die fabrikintern als Form „Gerippt“ bezeichnete Entwicklung aus dem Jahr 1908 geht auf Entwürfe Ferdinand Selles und des Jenaer Künstlers Erich Kuithan zurück. Kuithan wird auch das Dekor „Viktoria“ zugeschrieben. Dieses Service wurde auf der Frühjahrsmesse 1910 in Leipzig vorgestellt. Form und Dekor fanden Eingang in das Deutsche Warenbuch 1915. Die fabrikintern als Form „Glatt“ bezeichnete Entwicklung aus dem Jahr 1909 traf mit ihrer Vielzahl an Dekoren den Geschmack der Käufer, so dass sie in großen Stück-

Kaffee- und Teeserviceteile der Form „1928“ mit Beerenrispen-Dekor; Stadtmuseum Jena Foto: Marcus Rebhan 02 / 20


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MAGAZIN 8 zahlen produziert wurde. Das 1911 von dem Architekten und Kunstgewerbler Albert Gessner entworfene Service mit dem Dekor „Else“ erfuhr in der Ausstellung „Thüringer Porzellane“ im Thüringer Museum Eisenach 1911 große Beachtung. 1910 konnte Ferdinand Selle Albin Müller, einen der bekanntesten Architekten, Designer und Raumkünstler seiner Zeit, mit dem Entwurf eines neuen Speise-, Kaffeeund Mokkaservices beauftragen. Beide errangen damit glänzende Fachkritiken und eine Goldmedaille auf der Weltausstellung in Brüssel 1910. Es ist die erste Form, deren Gestaltung deutliche Unterschiede zwischen Speiseservices und Kaffee-, Tee- und Mokkaservices erkennen lässt. Zur Leipziger Herbstmesse 1912 stellte Ferdinand Selle ein Service vor, das vermutlich auf den Architekten Franz Seeck zurückgeht. Dieser hatte für eine neu projektierte Villa zugleich den entsprechenden Hausrat, Möbel und technische Einrichtungen entworfen. Die fabrikintern als „Anna“ bezeichnete neue Form war wohl die verkaufsstärkste Form der Burgauer Manufaktur. Sie galt zum einen als preiswert, zum anderen ist für sie die größte Anzahl an Dekoren in Unter- und Aufglasur nachweisbar. Auf der Kölner Werkbundausstellung 1914 präsentierte die Burgauer Manufaktur wiederum ein neues Speise- und Kaffeeservice. Für den Formenentwurf hatte Ferdinand Selle das aus der Berliner Künstlervereinigung „Werkring. Vereinigung für Haus- und Wohnungskunst“ stammende, inzwischen in einer eigenen GmbH arbeitende Künstlerehepaar Fia und Rudolf Wille gewinnen können. Nach dem Tod Selles führte seine Frau Adele das Unternehmen unter Vormundschaft der Geschwister Selle fort. Nach

Inszenierte Fotografie mit einem Blechspielzeug in der Ausstellung „Mechanische Tierwelt“ im Stadtmuseum im Gelben Haus, Esslingen am Neckar Foto: Sebastian Köpcke und Volker Weinhold Krieg und Inflation produzierte die Manufaktur noch sechs neue Kaffeeservice, doch keines davon war ein Verkaufserfolg. Die Manufaktur kämpfte zudem mit gestiegenen Rohstoff- und Strompreisen. Notwendige Kredite konnten wegen der langwierigen Vormundschaftsverhandlungen nicht rechtzeitig abgerufen werden. Im Januar 1929 wurde die Fabrik aufgegeben und die Formen wurden an die Rudolstädter Firma „Albert Stahl & Co., vormals Ernst Bohne Söhne“, verkauft. Bis in die 1960erJahre produzierte diese noch von drei Formen Geschirrteile der Porzellanmanufaktur Burgau a. d. Saale Ferdinand Selle.

Das Pinguin-Quartett: Inszenierte Fotografie mit einem Blechspielzeug in der Ausstellung „Mechanische Tierwelt“ im Stadtmuseum im Gelben Haus, Esslingen am Neckar Foto: Sebastian Köpcke und Volker Weinhold 02 / 20

Das Stadtmuseum Jena sammelt seit 1991 verstärkt Burgauer Porzellane. Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Werkkatalog: Birgitt Hellmann (Hrsg.): Porzellanmanufaktur Burgau a.d. Saale Ferdinand Selle, 358 Seiten mit über 800 Fotos, ISBN 978-3-942176-55-2 zum Preis von 34,90 €. Birgitt Hellmann Telefon: 03641/498261 Webseite: www.stadtmuseum-jena.de

n Farbenprächtiges Spektakel Sie hüpfen und klappern, sind erst aufgezogen und dann ganz matt: Kleine und größere Blechtiere ziehen in das Stadtmuseum im Gelben Haus in Esslingen am Neckar ein. Die Ausstellung „Mechanische Tierwelt“ verzaubert noch bis 1. März Kinder, Junggebliebene und Spielzeugliebhaber mit zahlreichen Klassikern aus fast einhundert Jahren. In der Ausstellung empfängt die Besucherinnen und Besucher ein farbenprächtiges Spektakel von über 180 Blechtieren, deren natürliche Vorbilder in aller Welt zuhause sind. Von Pinguinen über Kängurus, Zebras, Hauskatzen, Grashüpfer und Affen bis zu Schmetterlingen: Die Sammlung ist ausgesprochen vielfältig. Die Berliner Künstler Sebastian Köpcke und Volker Weinhold haben diese historischen Blechexemplare gesammelt, die von 1900 bis in die 1970er-Jahre in Deutschland und Europa, aber auch in Japan und den USA hergestellt wurden. In Esslingen zeigen die Sammler nun ihre hochkarätigsten Fundstücke. Es sind vielfältige und sehr schöne Beispiele einer ehemals boomenden Industrie, die ab Ende des 19. Jahrhunderts massenhaft mechanische Spielzeuge herstellte. In inszenierten Fotografien versetzen die


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MAGAZIN 9 Künstler die Blechtiere darüber hinaus in eine „natürliche“ oder manchmal fast surreale Umgebung. Der Affe brüllt im Dschungel, aber wohin watschelt das bunte Pinguin-Quartett? Und man sieht richtig, wie dem gelben Hund angesichts eines riesigen Berges von Würsten das Wasser im Blechmaul zusammenläuft. Die Faszination von Blechspielzeug können die Besucherinnen und Besucher in der Ausstellung hautnah erleben. Zieht man das Federwerk des mechanischen Innenlebens auf, erwachen ausgewählte Tiere für eine kurze Zeit zum Leben. So bietet die Ausstellung in farbenfrohen Räumen ein buntes Kaleidoskop von wertvollen Originalobjekten, großformatigen Fotografien, kurzen Filmsequenzen und Blechtieren zum Ausprobieren. Telefon: 0711/35123240 Webseite: www.museen-esslingen.de

Landhaus Seidl, Plan der Südfassade, um 1901/1902 Schloßmuseum Murnau, Bildarchiv; Schloßmuseum Murnau

„Schach!“, Zeichnung von Adolf Hengeler, 22.23. November 1913, Gästebuch II, S. 108; Schloßmuseum Murnau

n Gerne mit Gästen

Fulvio Bianconi gilt als einer der einflussreichsten Entwerfer seiner Zeit und ist prägend in der Blütezeit der venezianischen Glaskunst der 1950er- bis 1970er-Jahre gewesen. Seine Werke sind heute noch auf den internationalen Kunstmärkten begehrt. Die Ausstellung in der Veste Coburg bietet einen bunten und lebendigen Einblick in das Leben der vom Karneval geprägten Lagunenstadt In einem Zeitraum von dreißig Jahren hat das Sammlerehepaar Ursula und Rainer Losch die weltweit umfangreichste und bedeutendste Sammlung mit gut 300 Werken von Fulvio Bianconi zusammengetragen. Sie ist als Stiftung und Leihgabe in Coburg untergebracht und zum ersten Mal bis 19. April in ihrer ganzen Breite zu sehen. Telefon: 09561/87913 Webseite: www.kunstsammlungen.de

Emanuel von Seidl, Architekt aus München, entdeckte Murnau in den Jahren ab 1891. Der Sommerfrischeort am Staffelsee wurde ihm zur zweiten Heimat, zum „gelobten Land“, wie er es einmal formulierte. Ab 1901 errichtete er sich auf den Südhängen Murnaus mit Blick auf das Moos und die Berge ein Landhaus im Heimat- und einen Park im englischen Landschaftsstil. Doch Emanuel von Seidl war nicht nur ein erfolgreicher Architekt, sondern auch ein weltgewandter Gastgeber, bei dem Künstler, Unternehmer, Freunde und Familie ein- und ausgingen. Aus dieser glanzvollen Zeit bis zu seinem Tod 1919 sind vier Gästebücher erhalten, die sich heute in der Handschriftenabteilung der Bayerischen Staatsbibliothek München befinden und 2018 auf Initiative des Schloßmuseums Murnau digitalisiert werden konnten. So ist es nun erstmals möglich, die Gästebücher in digitaler Form durchzublättern und sich einen Überblick über Seidls gesellschaftlich reiches Leben in Murnau zu verschaffen. „Verloren – doch nicht vergessen!“, schrieb eine ehemalige Bewohnerin einer Seidl-Villa rückseitig auf eine Fotografie ihres Wohnhauses. Es ist das Bestreben der Ausstellung, das Verlorene wieder sichtbar zu machen und Impulse für eine nachhaltige Auseinandersetzung mit dem Architekten und seinen Werken zu geben. (Bis 1. März) Telefon: 08841/476203 Webseite: www.schlossmuseum-murnau.de

n Geniales in Glas

„Die letzte Pappel“, Eintrag von Hans Beat Wieland, 2. Januar 1904, Gästebuch I, S. 34; Schloßmuseum Murnau

Der in Venedig tätige Künstler Fulvio Bianconi (1916-1996) hat über Jahrzehnte hinweg für verschiedene Glashersteller Gefäße, Objekte und Figuren entworfen, die in die ganze Welt geliefert wurden. Herausragend war dabei die langjährige Zusammenarbeit mit Paolo Venini, die zu mehreren Hundert Entwürfen geführt hat.

Fulvio Bianconi, Figur Maschere, Entwurf 1952; Glasmuseum Kunstsammlungen der Veste Coburg © VG Bild-Kunst, Bonn, 2019 Foto: Kunstsammlungen der Veste Coburg 02 / 20


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n Karikaturen in XXL Der Düsseldorfer Satiriker Jacques Tilly hat einen einzigartigen Weg gefunden, seine oft mit beißendem Humor gespickten Beiträge zu Politik und Gesellschaft zu formulieren: Er baut sie dreidimensional in XXL. Ob Putin, Erdogan oder Trump, die Despoten, Demagogen und Diktatoren dieser Welt werden von Tilly mit großer Treffsicherheit entlarvt und entzaubert. Wenn auch die Gedanken zunächst auf Papier in Scribbles und Zeichnungen geordnet werden, baut Tilly sie dann mit seinem Team zu riesigen Skulpturen, die zusätzlich auf Wagen bewegt und unter das Volk gebracht werden. Zunächst ist der Düsseldorfer Karneval der einzige (bis heute immer noch wichtigste) Ort, auf dem die Karikaturen im Megaformat durch die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt fahren. Doch mittlerweile finden sich seine Wagen zu Greta Thunberg, Orbán/Kaczynski oder dem Brexit auch im Ausland. Die ganze Welt nimmt über das mediale Echo beachtlichen Anteil. Hier zeigt sich, dass Tillys Bilder eine allgemeinverständliche Sprache sprechen, die auch in Thailand oder in arabischen Staaten in der Lage ist, humorvoll auf die Missstände der Welt hinzuweisen. Die Ludwiggalerie Schloss Oberhausen stellt diesen wichtigen und einzigartigen Karikaturisten erstmals in einer Ausstellung vor. Dabei wird neben dem Entstehungsprozess von Idee bis Umsetzung auch die Medienpräsenz als neue und internationale Verbreitung und Wirkung gewürdigt. Und natürlich seine Skulpturen – eben Karikaturen in XXL. (2. Februar bis 14. Juni) Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit Texten von Ralf König und Christine Vogt, 96 Seiten mit farbigen Abbildungen, 15 Euro. Telefon: 0208/4124916 Webseite: www.ludwiggalerie.de

Jacques Tilly, Leuchtturm, Aufklärung, Zeichnung, 2007; Ludwig Galerie Schloss Oberhausen © Jacques Tilly

BÖRSEN/MESSEN/MÄRKTE n Tradition und neue Themen Seit 1976 startet die Art & Antik Messe Münster an Aschermittwoch, in diesem Jahr am 26. Februar. Sie dauert bis Sonntag, 1. März. Die Abteilung Art & Antik umfasst rund 5.400 Quadratmeter der Messehalle Süd, die „Positionen der Gegenwart“ rund 670 Quadratmeter im Forum Süd. Die ausgestellten Objekte werden auf der Messe geprüft und erst dann für den Verkauf freigegeben. Objekte aus folgenden Bereichen kommen bei der Messe zum Verkauf: Bücher,

Uhren, Schmuck, Silber und andere Edelmetalle, Asiatika, Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Ikonen, Porzellan und Fayencen, Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts, Möbel und andere Einrichtungsgegenstände, Teppiche, Textilien, Design, Fotografien vorheriger Jahrhunderte, Wandobjekte, Malerei und Skulpturen des 20. und 21. Jahrhunderts. Die „Masterpiece Münster” bildet dabei ein neues Format mit eigenem Ausstellungsbereich innerhalb der Art & Antik Messe Münster. Hier kommen exklusive Designobjekte mit einzigartigem Charakter aus der internationalen Moderne von 1960 bis 1990 bis zum heutigen Spitzendesign und der Avantgarde zur Ausstellung. Masterpiece Münster bietet Gestaltern, Herstellern, Händlern und Galerien eine neue Plattform zur Kommunikation und zum Verkauf ihrer Produkte. Seit rund zwei Jahren öffnet sich die Art & Antik Messe Münster nach und nach einer jüngeren Zielgruppe. Jetzt erweitern die Macher der Kunstmesse mit der Master Piece Münster ihr Angebot um den Designbereich. Dieser Bereich präsentiert sich im Forum Süd. Neben der Sonderschau „Positionen der Gegenwart“, welche in der Messehalle Süd positioniert ist, ist auch diese Premiere ein weiterer Schritt in Richtung Modernisierung. Telefon: 0251/6600363 Webseite: www.artundantik-muenster.de

n Vielseitiges Programm

Tilly-Team, Theresa May, Brexit, 2019; Ludwig Galerie Schloss Oberhausen © Ricarda Hinz 02 / 20

Die 17. Ausgabe der art Karlsruhe wird vom 13. bis 16. Februar 2020 Kunst aus einer Spanne von 120 Jahren in den Karlsruher Messehallen vereinen. Jährlich ermöglichen über 200 nationale sowie internationale Galerien mit ihrem ausgestell-


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MAGAZIN 11 wurden die Räumlichkeiten bald zu eng, so dass die Freiburger Spielzeugbörse wieder nach Freiburg zurück kam – jetzt in die Messehalle auf dem alten Meßplatz. Zum ersten Mal wurde die größte der Freiburger Hallen von einer Spielzeugbörse ausgebucht. Nach dem Umzug der Messe Freiburg auf das Gelände am Flugplatz sind bei jeder Börse etwa 150 Aussteller sowie 1.500 bis 2.000 Besucher pro Veranstaltung, viele davon aus Frankreich und der Schweiz. Damit ist die Freiburger Spielzeugbörse die größte Veranstaltung ihrer Art in Süddeutschland. Die Börse findet am Samstag, dem 8. Februar in der Messe Freiburg statt. Telefon: 0761/2922242 Webseite: www.freiburger-spielzeugboerse.de

n Money, Money, Money Am Freitag, dem 31. Januar startet die 49. World Money Fair. Bis zum Sonntag, dem 2. Februar, erwartet die Besucher wieder ein numismatisches Wochenende der Extraklasse – mit Highlights wie der Erstausgabe von Sonder- und Gedenkmünzen, zahlreichen Gewinnspielen und vielen attraktiven Sonderaktionen, z. B. die Künker Berlin Auktion am 30. Januar ab ca. 10 Uhr im Saal Estrel, Estrel Congress Center Sonnenallee 225, Berlin.

Die große Familie Schildkröt; Freiburger Spielzeugbörse

Telefon: 030/32764401 und 030/68310 Webseite: www.worldmoneyfair.de

World Money Fair im Congress Center Berlin ten Programm einen Dialog der Klassischen Moderne und Gegenwartskunst. Markenzeichen wie die rund 20 in die Hallen integrierten Skulpturenplätze sowie zahlreiche One-Artist-Shows, die den Fokus auf das künstlerische Schaffen Einzelner legen, runden die Messe ab. Darüber hinaus wird in Halle 1 die Sonderausstellung einer Privatsammlung gezeigt sowie die Sonderschau Druckgrafik, die kuratierte druckgrafische Werke aus dem Programm der Aussteller zusammenführt. Unter der Leitung von Kurator Ewald Karl Schrade und Messechefin Britta Wirtz kam der siebenköpfige Beirat Anfang Oktober zusammen, um die ausstellenden Galerien zu jurieren. 2019 wurden die Galeristen Dr. Alexander Fils (Düsseldorf), Marko Schacher (Stuttgart) sowie Christian K. Scheffel (Bad Homburg) neu in das Gre-

mium berufen. Nach langjähriger und guter Zusammenarbeit sind Dr. Frank Thomas Gaulin (Lübeck) sowie Anja Knoess (Köln) ausgeschieden.

Skulptur von Hiromi Akinyama; Art Karlsruhe Foto: Messe Karlsruhe, Jürgen Rösner

Telefon: 0721/37202305 Webseite: www.art-karlsruhe.de

n Immer größer Die Freiburger Spielzeugbörse gibt es seit dem Jahr 1986. Im Herbst versammelte Michael Hauser in der Freiburger Gaststätte „Waldsee" etwa 20 Aussteller, die er auf anderen Börsen (dort selbst als Aussteller) kennengelernt hatte. Das Interesse an der Veranstaltung war so groß, dass bald der Umzug in das deutlich größere „Kurhaus" nach Kirchzarten erfolgte. Doch auch hier

Art & Antik Münster Foto: Schmelter 02 / 20


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PoRZELLAN 20

MEISSEN HEIDRuN TH. GRIGoLEIT

Eine Sonderausstellung zu Meissener Porzellan wird noch bis zum 1. März in Düsseldorf gezeigt: unter dem Titel „Märchenhaftes Meissen – Traumwelten der DDR“ widmet das „Hetjens – Deutsches Keramikmuseum“ dem Meissner Porzellan damit erstmals in Westdeutschland eine umfassende Sonderausstellung. Die besondere Porzellanschau, die in Kooperation mit dem Düsseldorfer Kunstpalast präsentiert wird, will an den Mauerfall vor 30 Jahren und die damit eingeleitete deutsche Wiedervereinigung erinnern.

Porzellanmanufaktur Meissen 350 Jahre nach Gründung der Porzellanmanufaktur Meissen durch den Kurfürsten August den Starken anno 1710 geschah im Jahre 1960 in der Produktionsstätte in der damaligen DDR etwas Revolutionäres: Fünf junge Künstler erhielten von der DDRFührung als „Kollektiv Künstlerische Entwicklung“ die überraschende Aufgabe, dem „Weißen Gold“ aus Sachsen ein ganz neues Aussehen zu geben. Das Künstlerkollektiv, bestehend aus Peter Strang, Heinz Werner, Ludwig Zepner, Rudi Stolle und Volkmar Bretschneider, entwickelte in der Folge gänzlich neue Formen und

Ganz oben: Vase mit Zauberpferdchen aus „Tausendundeine Nacht"; Form: Ludwig Zepner (Vase), 1960 und Peter Strang (Plastik), 1974; Dekor: Prof. Heinz Werner, 1960; Ausformung: Meissen, 1973/74; Meissen Porzellan-Stiftung © Daniel Bahrmann Mitte: Das Hetjens präsentiert noch bis zum 1. März 2020 eine Sonderausstellung zu Meissener Porzellan in der DDR © Landeshauptstadt Düsseldorf/David Young Links: Kaffeeservice „Großer Ausschnitt" mit Dekor „Tausendundeine Nacht"; Form: Ludwig Zepner, 1973; Dekor: Prof. Heinz Werner und Rudi Stolle, 1969; Ausformung: Meissen, 1977; Meissen Porzellan-Stiftung © Daniel Bahrmann 02 / 20


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PoRZELLAN 21 Malereien für das Meissener Porzellan. Viele Jahre lang konnte die Gruppe künstlerisch völlig frei experimentieren und probieren. Dabei siedelten die fünf Künstler die neuen Porzellanentwürfe in Form und Dekor überraschend oft in der bunten Welt der Märchen, Fabeln und der Träume an. Mit rund 200 Exponaten erinnert die beeindruckende Präsentation an ein wenig beachtetes Kapitel in der Geschichte dieser ältesten europäischen Porzellanmanufaktur.

de Devisenbeschaffung für die DDR-Planwirtschaft nicht geeignet. Erst ab 1960 änderte sich die schwierige Situation mit der nun völlig neuen Ausrichtung für die Porzellangestaltung. Mit „Sonder-Erlaubnis“ und sogar inspirierenden Asien-Reisen hatte das fünfköpfige Künstlerkollektiv plötzlich die einmalige Gelegenheit, Porzellanstücke zu entwerfen und zu kreieren, die auch auf dem westlichen Markt bestehen sollten und dort tatsächlich gefragt waren.

Märchenwelten Die neuen Produkte brachten jedenfalls die Wende für die Meissener PorzellanProduktion: Auf den neuen attraktiven Stücken entfalteten sich ferne Welten und Abenteuer in phantasievollen Märchenreichen und mit leuchtenden Farben. Diese Porzellane versprühten ungewohnten Glanz, Harmonie und Freizügigkeit. So

Produkte für den Westen Die formal schlichten Produkte einer von der SED verordneten „proletarischen“ Porzellankunst, die in den Werkstätten des 1950 aus Ruinen neu erstandenen „VEB Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen" in den Anfangsjahren produziert wurden, fanden im Ausland in der Nachkriegszeit wenig Anklang. Damit waren die Porzellan-Produkte aus Meissen für die dringenoben rechts: Vase mit Purpurmalerei aus „Tausendundeine Nacht"; Form: Ludwig Zepner, 1960; Dekor: Prof. Heinz Werner, 1967; Ausformung: Meissen, 1967; Meissen Porzellan-Stiftung © Daniel Bahrmann Mitte: Schreib- und Rauchgarnitur „Kästchenmosaik" mit Dekor „Sommernachtstraum"; Form: Ludwig Zepner, 1966/67; Dekor: Prof. Heinz Werner, 1969; Ausformung: Meissen, 1969; Meissen Porzellan-Stiftung © Daniel Bahrmann Rechts: Titania und Zettel aus dem „Sommernachtstraum"; Form: Peter Strang, 1969; Dekor: Prof. Heinz Werner; Ausformung: Meissen, 1975; Meissen Porzellan Stiftung © Daniel Bahrmann 02 / 20


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PoRZELLAN 22 lauscht beispielsweise der Porzellan-Kalif Harun ar Raschid seiner Sherazade auf einem Tafelaufsatz als Szene aus „Tausendundeiner Nacht“. Inspiriert von Shakespeares „Sommernachtstraum“ zeigt eine Plastik die Elfenkönigin Titania, die ihren eselköpfig verzauberten Zettel verliebt umgarnt. Gezeigt wird auch eine Schreibund Rauchgarnitur „Kästchenmosaik“ mit dem Dekor „Sommernachtstraum“.

unpolitische Themen Solche Themen aus dem Bereich Märchen und Sagen waren – bewusst oder unbewusst – ganz unpolitisch angelegt und stellten in deutlichem Gegensatz zur tristen sozialistischen Realität kleine erlaubte Ausbrüche und Phantasiereisen aus dem sozialistischen Alltag hinter Stacheldraht und Mauern dar. In den Porzellanen von Heinz Werner und Peter Strang begegnet der Betrachter aber nicht nur den Helden aus orientalischen Märchen oder Feen und Trollen Shakespeares, sondern etwa auch dem Lügenbaron Münchhausen, Waldnymphen und lüsternen Jägern, die ihnen nachstellen.

Heiter und leicht Ein besonders charakteristisches Merkmal der Arbeiten von Heinz Werner sind Malereien, die Leichtigkeit und Heiterkeit vermitteln. Plastisch dargestellt wurden etwa Figuren aus der Märchenparabel „Der Drache“ von Jewgeni Schwarz, dessen Bühnenfassung 1964 am Deutschen Theater in Ostberlin Premiere feierte. Die Wandplastik „Fliegender Teppich“ formte Peter Strang 1967/68 mit einem Dekor von Johannes Fohlert aus. Im Jahre 1970 modellierte Peter Strang – von Bert Brechts Witwe Helene Weigel genau beobachtet – oben: Wandplastik „Fliegender Teppich"; Form: Peter Strang, 1967/68; Dekor: Johannes Fohlert; Ausformung: Meissen, 1967/68; Meissen PorzellanStiftung © Daniel Bahrmann Mitte: Kaffeegedeck und Teedose „Kollektivservice" mit Dekor „Münchhausen"; Form: Erhard Großer, Alexander Struck und Ludwig Zepner, 1961; Dekor: Prof. Heinz Werner und Rudi Stolle, 1964 Ausformung: Meissen, 1967-1973; Meissen Porzellan-Stiftung © Daniel Bahrmann unten: Mit seinen 250 Teilen wird das auch in Düsseldorf zu sehende „Jagdservice" zum umfassendsten Service aus Meissen im 20. Jahrhundert © Landeshauptstadt Düsseldorf/David Young 02 / 20


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PoRZELLAN 23 auch die „Die Hochzeit des Macheath“ als Szene aus der „Dreigroschenoper“.

„Neuer Ausschnitt” Die Formen des neuen DDR-Porzellans waren zwar immer noch durch den historischen Serviceklassiker „Neuer Ausschnitt“ aus den frühen Manufakturjahren um 1745 inspiriert, erhielten jedoch größere Proportionen, schwingende Konturen und gebogene Kanten. Im Jahre 1973 vollendeten die mittlerweile mit dem Kunstpreis der DDR geehrten Ludwig Zepner, Peter Strang und Heinz Werner die neue Form „Großer Ausschnitt“, deren Teller, Schalen und Platten auf der Grundform des Blütenkelches basieren. Das Kaffeeservice „Großer Ausschnitt“ wurde mit dem Dekor „Tausendundeine Nacht“ geschmückt. Und das Mokkaservice „Großer

Ausschnitt“ zeigt das Dekor „Jägerlatein“. Das Kaffeegedeck und die Teedose „Kollektivservice“ bestechen hingegen mit dem Dekor „Münchhausen“. Das Teeservice „Blütenrelief“ mit Dekor „Platinwild“ stammt aus dem Jahr 1968 von Ludwig Zepner mit einem Dekor von Prof. Heinz Werner. Eine Vase mit Zauberpferdchen „Tausendundeine Nacht“ entstand 1960 und war Inspiration für eine Plastik von Peter Strang, die 1974 entstand. Mit seinen 250 Teilen ist das „Jagdservice“ das umfassendste Service aus Meissen im 20. Jahrhundert, das ebenfalls in der Düsseldorfer Ausstellung zu bewundern ist.

Rahmenprogramm Als Rahmenprogramm zur der Sonderausstellung wird in Kooperation mit dem Filmmuseum am Dienstag, 4. Februar, um 20

Uhr, das Werk „Ein Sommernachtstraum“ (1959) von Regisseur Jiří Trnka in der Black Box des Filmmuseums (Schulstraße 4) gezeigt. Eine von mehreren KuratorenFührungen durch die Schau findet zum Abschluss am Mittwoch, 26. Februar, um 18 Uhr statt. Fotos: wie angegeben

oben: Elsa aus der Märchenparabel „Der Drache"; Form: Peter Strang, 1967; Dekor: Prof. Heinz Werner; Ausformung: Meissen, 1967; Meissen Porzellan-Stiftung © Daniel Bahrmann Mitte: Teeservice „Blütenrelief" mit Dekor „Platinwild"; Form: Ludwig Zepner, 1968; Dekor: Prof. Heinz Werner, 1970; Ausformung: Meissen, 1968; Meissen Porzellan-Stiftung © Daniel Bahrmann unten: Mokkaservice „Großer Ausschnitt" mit Dekor „Jägerlatein"; Form: Ludwig Zepner, 1973; Dekor: Prof. Heinz Werner; Ausformung: Meissen, 1973; Meissen Porzellan-Stiftung © Daniel Bahrmann 02 / 20


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AUKTIONEN 24

VORBERICHTE n Historia, Berlin Das Berliner Auktionshaus Historia hat den Zuschlag bekommen, die umfangreiche Sammlung erotischer Kunst des 2014 geschlossenen „Beate Uhse Erotik Museum“ in Berlin-Charlottenburg zu versteigern. Die Auktion findet vom 21. bis 25. Januar in den Räumen von Historia in Berlin-Tempelhof statt. Unter den mehr als 1.000 seltenen und originellen Objekten sind erotische Sujets aus der ganzen Welt und den verschiedenen Epochen vertreten, darunter Kunstwerke von Heinrich Zille, Wiener Bronzen, afrikanische, südamerikanische und asiatische Skulpturen, ostasiatische und indische Malereien, Porzellane, Elfenbeine, seltene frühe Kondome aus Frankreich, Miniaturen, Uhren, originelle Kleinobjekte und erotisches Mobiliar. Hans-Jürgen Döpp, Sammler und Kultursoziologe erzählt: „In der Planungsphase des Museums hatten wir das große Glück, zwei bedeutende Sammlungen ostasiatischer Kunst zu erwerben. Zu ihnen gehörten alte japanische Shunga-Rollen sowie alte und wertvolle chinesische Hochzeitsbücher. Die Unbefangenheit in der Darstellung erotischer Themen hat ihren Grund darin, dass die östliche Philosophie frei ist vom westlichen Sündenbegriff. Das Wort ‚Laster‘ wurde im alten Japan nicht ausgesprochen: Die Lust des Fleisches zu suchen galt als natürlich. Diese Bilder dienten weniger einer Aufklärung, als der ästhetischen Sensibilisierung der Liebenden. Dieses Museum konnte also dazu verhelfen, unseren Toleranzrahmen zu er-

weitern und neue Sehweisen zu entwickeln. Wie sehr diese neue Sehweise aber mit politischer Freiheit verquickt ist, zeigt sich am Schicksal vieler Künstler, die in den 1920er-Jahren in Berlin tätig waren und im Museum präsentiert wurden: Bellmer, Behrend-Corinth, Fingesten, Grosz und andere emigrierten, als 1933 in Deutschland die Lichter ausgingen.“ Das Berliner Auktionshaus ist prädestiniert für die erfolgreiche Versteigerung großer Nachlässe und umfangreicher Sammlungen wie zuletzt die des privaten Nachlasses des Winnetou-Darstellers Pierre Brice von 2015 und 2019. Die Versteigerung steht auch Interessenten offen, die sich als Live-Bieter über das Internet beteiligen möchten. Telefon: 030/2181818 Webseite: www.historia.de

n Jentsch, Gütersloh Aus deutschen Privatsammlungen gelangen einmalige Objekte verschiedener Arten am 1. Februar zur Auktion. Römisches Gold, Kunst und Keramiken antiker Herkunft kommen aus Nachlässen bekannter Sammler und wurden ursprünglich in Kunsthandlungen und auf Auktionen gehandelt und ersteigert. Die ältesten Objekte sind rund 2.400 Jahre alt und stammen aus der Ban-Chian-Kultur, Thailand. Römische Stücke und Objekte aus Asien entstanden 200 bis 300 Jahre vor Christus. Zu einigen von ihnen liegen Gutachten von Laboren für Fälschungserkennungen vor. Dazu sind zahlreiche Goldringe, Ketten, Ohrgehänge aus der Römerzeit und des 1. Jahrhunderts nach Christus im Programm. Aus einer Edelsteinsammlung kommen

Aus der umfangreichen Sammlung des 2014 aufgelösten „Beate Uhse Erotik-Museum“, die das Berliner Auktionshaus Historia vom 21. bis 25. Januar versteigert 02 / 20

Aus der Auflösung einer großen Sammlung mit Römergold, Präkolumbianischer Kunst und Asiatika. Jentsch, Gütersloh, 01.02.2020 Smaragde zwischen 4,7 und 33,67 Karat, Opale von 12,6 bis 23 Karat sowie ein Aquamarin von 92,65 Karat. Unter den Gemälden ist ein Werk Brigitte Holzers von 1946. Eine Karte aus Schlesien zeigt Breslau von 1587. Porzellane aus Meissen sind ebenso zu haben wie Modellschiffe, ein Teleskop und Ikonen. Telefon: 05241/13168 Webseite: www.auktionshausjentsch.de

n Rehm, Augsburg Mit seiner Auktion am 13. und 14. Februar feiert Rehm sein 40-jähriges Bestehen. Gebührend, denn in Augsburg kommt der Nachlass des Münchner Unternehmers und Antiquitätenhändlers Florian Forchhammer auf den Auktionstisch. Im Auftrag der gemeinnützigen Forchhammer-Stiftung München-Grünwald versteigert Rehm im Rahmen der 290. Kunstauktion Antiquitäten und Kunst. Zum Beispiel Barockmöbel des 17. und 18. Jahrhunderts, darunter Salonschränke, Tabernakelsekretäre, Frankfurter Wellenschränke, Aufsatzkommoden und Sekretäre, davon 25 Barockkommoden aus Süddeutschland und Sachsen, vom Mittelrhein, aus Mainfranken, Braunschweig. Außerdem goldene Taschenuhren der Marken IWC, Glashütte, Lange & Söhne, Breguet, Patek Philippe, Assmann, Longines, teilweise mit Schlagwerk und Standuhren des 18. und 19. Jahrhunderts. Des Weiteren auch Fayencekrüge und Kannen des 18. und 19. Jahrhunderts, teilweise große Holzskulpturen des 16. bis 18. Jahrhunderts, Brillant- und Goldschmuck, Porzellane, Bronzen, Varia, Rahmen, Spiegel, Lampen. Die Gemälde stammen aus dem 17. bis 19. Jahrhundert, der Schwerpunkt lag auf der Münchner Schule des 19. Jahrhunderts. So finden sich zahlreiche Werke von Malern wie Anton Braith, Edward Harrison Compton, Ludwig Corregio, Edward Theo-


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AUKTIONEN 25 dore Compton, Franz von Defregger, Anton Doll, Adolf Eberle, Otto Gebler, Fritz Halberg Krauss, Ludwig Hartmann, Hugo Kaufmann, Oskar Mulley, Anton Romako, Robert Schleich, Adolf Stademann, Karl Stuhlmüller, Desiree Thomassin, Friedrich Voltz, Josef Wenglein, Joseph Wopfner, Heinrich von Zügel, R. S. Zimmermann. Telefon: 0821/551001 Webseite: www.auktionshaus-rehm.de

NACHBERICHTE n Mehlis, Plauen Die November-Auktion verlief für Mehlis hervorragend. So konnte das Plauener Haus zum Beispiel ein Meissen-Service mit Insektenmalerei mit einem Limit von 600 Euro erst bei 12.000 Euro zuschlagen. In der Kategorie Möbel überzeugte eine barocke Sitzgruppe, die angesetzt für 600 Euro den finalen Hammerschlag bei 7.000 Euro erhielt. Weiterhin erhielt ein Tisch mit Pietra Dura und Mikromosaik-Steineinlegearbeiten einen Zuschlag von 4.500 Euro. Die Kategorie Varia dominierte ein Schwebeengel, der beginnend bei einem Limit von 1.600 Euro für 6.000 Euro versteigert wurde. Schon im Vorfeld der Auktion erregte die aquarellierte Tuschezeichnung von Max Pechstein „Im Varieté“ viel Aufsehen. Entsprechend spannend fiel das Bietgefecht um diese Position aus und das schöne Stück wurde dem glücklichen letzten Bieter für 4.200 Euro zugeschlagen. Im Genre Glas konnte ein Ranftbecher mit kunstvoller Bemalung durch Anton Kothgasser die Begeisterung der Bieter wecken. Diese beboten das Objekt ausgehend von 1.800 Euro bis zum Hammerschlag von 3.500 Euro. Auch der Bereich der Gemälde wartete wieder mit schönen Stücken und überraschenden Zuschlägen auf. So wurde eine pastose

Genremalerei von Friedrich Ferdinand Koch, die moderat mit 180 Euro angesetzt war, nach langem Bietduell für 3.300 Euro versteigert. Die asiatische Kunst überraschte ebenfalls mit einer Lackschatulle aus China. Diese war mit nur 200 Euro limitiert und begeisterte derart, dass erst bei 3.000 Euro der Hammer fiel. Zu guter Letzt ist eine Glashütter Savonnette von J. Assmann erwähnenswert. Diese erreichte unter den Uhren einen Zuschlag von 2.800 Euro. Die nächste Auktion findet vom 27. bis 29. Februar statt. Telefon: 03741/221005 Webseite: www.mehlis.eu

n Wormser Spielzeugauktion Hochwertig war das Angebot zur Weihnachtsauktion im Dezember, noch dazu gab es in Worms eine Premiere. Im Vorfeld fand die erste Numismatik-Auktion statt. Ein Glanzpunkt war das Silberbesteck von Robbe & Berking in der Edition Alt-Kopenhagen, das für 12.000 Euro zugeschlagen wurde. Ebenfalls am Donnerstag wurden die Modellautos versteigert. Hier wechselte unter anderem ein Märklin-Buick für 800 Euro den Besitzer. Außergewöhnliche und seltene Stücke gab es in Spur Z, so wie die Schlepptenderlok von Märklin mini-club mit Aufbauten aus 18-karätigem Gold, die für 1.500 Euro zugeschlagen wurde. Auch etliche Handarbeitsmodelle von Micro-Feinmechanik M. Rauchenecker (Lok-Manufaktor München) und Micro Metakit kamen sehr gut an. 1.100 Euro wurden für einen dreiteiligen Elektro-Triebzug von Märklin bezahlt. Sehr schöne Stücke waren auch in den größeren Spuren zu finden: In Spur 0 war eine Märklin-Schlepptenderlok mit der Aufschrift „CER 66/13029“ für letztendlich 1.650 Euro zu haben. In Spur 1 brachte eine französische Schlepptenderlok von Märklin 2.340 Euro. Für 1.800 Euro freute sich der neue Besitzer über eine Scheba-ZahnradTenderlok der Dampfbahn-Furka-Bergstrecke mit zwei Aussichtswagen. Beim Blechspielzeug gab es eine Schuco-Constructions-Feuerwehr in erster Ausführung mit Schiebebild für 500 Euro. Weitere schöne Spielzeuge lassen sich wieder zur Frühjahrsauktion vom 5. bis 7. März erwerben. Telefon: 06247/90460 Webseite: www.wormser-auktionshaus.de

Tisch mit Pietra Dura und Mikromosaik-Steineinlegearbeiten (Zuschlag 4.500 Euro). Mehlis, Plauen, November 2019

Märklin Passagierdampfer „WIEN“, um 1900, Länge 68 cm (Zuschlag 40.300 Euro). Dorotheum, Wien, Dezember 2019

n Dorotheum, Wien Beachtliche Steigerungen gab es bei der vorweihnachtlichen Spielzeugauktion am 20. Dezember im Wiener Dorotheum. Ein Auktionsobjekt machte ordentlich Dampf: Der Märklin Passagierdampfer mit Aufschrift „Wien“ reihte sich an die Spitze der Verkäufe. Für 40.300 Euro sicherte sich ein Telefonbieter, der sich gegen zahlreiche weitere Interessenten an den Telefonen durchsetzen musste, diese Rarität aus der Zeit um 1900. Das 68 Zentimeter lange handlackierte Blechschiff „Wien“ ist baugleich mit der „Bremen“, die für den deutschen Markt hergestellt wurde. Es fährt nicht nur am Wasser, sondern auch an Land. Es ist nahezu die komplette Takelage erhalten inklusive aller Aufbauten. Eine absolute Rarität, die von Sammlern honoriert wurde. Ebenfalls hoch gesteigert wurde ein weiteres Blechschiff aus der Zeit um 1920 von Märklin. 6.400 Euro war dieses frühe, 30 Zentimeter lange Schiff einem Interessenten wert. Herausragende Ergebnisse gab es auch für eine Puppenstube (Ergebnis 3.584 Euro) oder für den „Roten Salon“ (5.760 Euro). 3.072 Euro sowie 2.304 Euro wurden für die französischen Puppenschönheiten von Bru oder Jumeau geboten. Großes Interesse gab es auch für eine Limouse aus Blech von Karl Bub aus der Zeit um 1940 für 2.048 Euro oder einen Scotter Bella TCO-540 aus der Zeit um 1950 von Tipp & Co für 1.792 Euro. Telefon: +43/(0)1/515600 Webseite: www.dorotheum.com

Märklin, Spur 0, Schlepptenderlok, Aufschrift „CER 66/13029“ (Zuschlag 1.650 Euro). Wormser SpielzeugAuktion, Worms, Dezember 2019 02 / 20


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SCHMUCK 68

SCHMUCK AUS GABLONZ THERESIA PETERS

Das Glasmuseum in Frauenau im Bayerischen Wald ist offiziell ein „Staatliches Museum zur Geschichte der Glaskultur“. Als i-Tüpfelchen auf die Ernennung zum Staatlichen Museum kam 2014 der Schatz des Nachlasses von Franz Josef Ginzel (1898-1960) aus dem nordböhmischen Gablonz an der Neiße in das Museum, der nun in einer ständigen Ausstellung gezeigt wird. Das Museum, das dem Besucher eine anschauliche Reise durch die Entwicklung des Glases bietet und ständig Sonderausstellungen veranstaltet, verfügt zudem neben dem Modeschmuck aus Gablonz über eine umfangreiche Abteilung mit modernem Glas und Studioglas, über eine Sammlung internationaler Hinterglasmalerei sowie über Schnupftabaksgläser aus der Sammlung Schäfer (s. Trödler November 2019).

zeigt. Denn in Gablonz wurde der Modeschmuck geboren: Mit einer Kombination von Glas, Kunststoffen und unedlen Metallen entwickelte man feinen Glasschmuck, der zwar spektakulär dekorativ aussieht, aber trotzdem nicht teuer war. Das Ga-

Modeschmuck aus Gablonz Aus der einstigen Hochburg der Glaskurzwarenproduktion, dem nordböhmischen Gablonz an der Neiße, stammt die Vielzahl an gläsernen Perlen, Ketten, Ringen, Broschen und Knöpfen, die das Glasmuseum Frauenau nun in der Dauerausstellung

blonzer Schmuck-Kunsthandwerk eroberte schnell die Modewelt. Vor allem in Asien und Indien schätzte man die wunderschönen Stücke. Deshalb wurden diese Länder Großabnehmer. Ganz oben und links: Ketten in allen Farbtönen finden sich in den Ausstellungsvitrinen im Glasmuseum Franz Josef Ginzel fertigte zu seinen Musterstücken genaue Entwürfe 02 / 20


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SCHMUCK 69 In vier Holzkisten verstaut, reiste die Schmucksammlung mit Franz Josef Ginzel über verschiedene Zwischenstationen. Jedes Familienmitglied hatte eine Kiste, in der zwischen Kleidung und anderen Gegenständen des täglichen Gebrauchs der kostbare Schmuck, aber auch detaillierte Musterbücher versteckt waren. Nach zahlreichen Stationen und Gelegenheitsjobs landete Franz Josef Ginzel und sein Schatz schließlich im Jahre 1959 in Krefeld. Dort fanden auch seine unzähligen Perlen- und Knopfmuster, Ketten, Ringe und Broschen, die er über die Jahre kreierte und in Heimarbeit gefertigt hatte, ein neues Zuhause. Von Krefeld aus wollte Franz Josef Ginzel eigentlich wieder ins Glaskurzwarengeschäft starten – doch gelang es ihm leider nicht mehr, Fuß zu fassen. Der Erfolg blieb ihm versagt und er verstarb 1960. Seine Sammlung, die auf dem Speicher lag, überdauerte dort die Jahrzehnte.

Schatz in vier Kisten Sein Neffe Franz Ginzel aus Krefeld hat die kostbare Sammlung aus dem Verborgenen wieder ans Tageslicht befördert. Die vier Kisten wurden von ihm gesichtet, nachdem er dazu die Zeit gefunden hatte. Er sortierte und inventarisierte den kostbaren Inhalt und übergab die Schmuckstücke im Jahre 2014 schließlich dem Glasmuseum Frauenau als Dauerleihgabe. So gelangte die einzigartige Sammlung mit Glaskurzwaren und Schmuck aus den 1920er- und 30er-Jahren schließlich dorthin, wo sie hingehört – ins Museum. „Perlen jeder Art, stets Neuheiten in Halsketten, für Bazare und Grossisten, Artikel für Eingeborene, für die Afrika- und Asienmärkte in Perlen und Bijouterien“ stand auf der Visitenkarte von F. J. Ginzel. Das war keine Übertreibung. Diese Perlen- und

Franz Josef Ginzel Franz Josef Ginzel (1898-1960) war gelernter Perlen- und Knopfmustermacher in Gablonz und im internationalen Glaswaren-Exportgeschäft verantwortlich tätig. Nach Jahren in führenden Angestelltenverhältnissen baute sich Franz Josef Ginzel 1929 ein eigenes Glaswaren-Exportgeschäft auf und pflegte Handelsbeziehungen in die ganze Welt. Wachsende wirtschaftliche Schwierigkeiten zwangen ihn jedoch im Jahr 1934 zur Aufgabe der Selbstständigkeit. In den Folgejahren leitete er die Glasbijouterie und Knopfabteilung der renommierten Firma Posselt in Obertannwald, bis 1938 das Sudetenland ans Deutsche Reich angeschlossen wurde und sich Ginzels Leben von Grund auf veränderte. Mit seiner Familie musste er 1948 die Heimat verlassen. Glücklicherweise nahm er bei der Vertreibung seine Sammlung von handgefertigtem Schmuck mit in den Westen. Schon früh hatte er damit begonnen, diesen Schmuckschatz portionsweise in Sicherheit zu bringen. Der gelernte Perlen- und Knopfmustermacher Franz Josef Ginzel (1898-1960) gestaltete über die Jahre Schmuckkollektionen mit ebenso fantasievollen wie edlen Ketten, Broschen, Ringen und Ohrringen. Jetzt sind sie im Glasmuseum Frauenau zu sehen Die Handelsbeziehungen der Gablonzer Schmuckwarenindustrie reichten bis in ferne Länder. Und so finden sich im Nachlass von Franz Josef Ginzel auch zahlreiche Stücke von exotischem Schmuck Auch für den indischen Markt wurde in Gablonz Schmuck gefertigt 02 / 20


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SCHMUCK 70 Knopfmuster, Ketten, Gürtelschließen, Ringe und Broschen,Täschchen und Lampenbordüren aus Glas und anderen Materialien, nicht nur für den westlichen Geschmack, sondern in Kollektionen, fein abgestimmt auf indische und afrikanische Geschmäcker, kann man nun im Glasmuseum bewundern: Schmuck aus der Zeit von Jugendstil und Art déco, der auch heutige Trägerinnen entzückt und so manchen an Mutters oder Omas Geschmeide erinnern dürfte.

Geschäftsverkehr Interessant ist für die Museumsbesucher sicherlich auch der akribisch aufbewahrte Geschäftsverkehr, der den internationalen Handel von Ginzel, Fabrikation und Kom-

mission belegt. So wird dokumentiert, dass auch damals, als Verkäufer und Käufer noch nicht durch Internetkriminalität verunsichert waren, die Einkäufer ihre Bonität nachweisen mussten und genaue Listen über die Zuverlässigkeit oder Unzuverlässigkeit der Besteller geführt wurden.

Gablonzer Glasindustrie Die Stadt Gablonz liegt im nördlichen Gebiet von Böhmen. Im Gebiet von Gablonz entstanden schon in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erste Glasfabriken. Grundlage hierfür waren die großen Mengen an Holz, die zur Verfügung standen, um die Öfen zu beheizen und Pottasche für die Glaserzeugung herstellen zu können. So wurde Gablonz zum Zentrum der weltweit bekannten Glas- und Schmuckwarenindustrie. Zeitweise waren dort bis zu 30.000 Menschen beschäftigt. Mitte des 18. Jahrhunderts waren spezielle kleine Fläschchen gefragt sowie Lüsterbehang und anderes Kleinglas. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich der Ort dann zum Exportzentrum. Seinen Höhepunkt erreichte der Aufschwung nach dem Ersten Weltkrieg. 667 Händler führten damals Waren im Wert von etwa 1,8 Milliarden Kronen aus. Die Herstellung kleiner Glasartikel aus einem Hafenofen war jedoch nicht wirtschaftlich, so dass man auf die Idee kam, Glasstangen als Zwischenprodukt zu fertigen. Diese können durch erneutes Erhitzen in kleineren Öfen dann profitabler zu Glassteinen, Knöpfen oder Lüsterbehang weiterverarbeitet werden. In dieser Zeit wurde auch die Drückerzange entwickelt.

Stangenglas Die Stangenglasproduktion gehört zu den schwierigsten Arbeiten am Glasofen: Dazu wickelt der Stangenglasmacher etwas Glas aus dem Hafen auf sein Anfangeisen. Das Glas wird auf dem sogenannten „Obertrog“ mit dem Streicheisen und Wulgerholz bearbeitet, bis der Glasposten etwa eine Kugelform („Schnörkel“) hat. Sobald der Posten genügend abgekühlt ist, wird er mit Glas überstochen. Dies wiederholt sich bei normalem Glas ungefähr noch Oben: Eine Arbeit, die viel Fingerspitzengefühl erforderte: Handtasche aus kleinen Glasperlen Auch die Herstellung von Glasknöpfen und Glasschmuckteilen wird dargestellt Perlen in den verschiedensten Ausführungen finden sich in den Vitrinen. Sie wurden zu außergewöhnlichen Schmuckstücken zusammengesetzt 02 / 20


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SCHMUCK 71 schwere Zeiten. Und nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ein Großteil der Bevölkerung und damit auch die Fachkräfte aus den Glasfirmen aus Gablonz vertrieben. Die Flüchtlinge begannen dann in Kaufbeuren-Neugablonz, Oberursel/ Stierstadt, Bayreuth, Schwäbisch-Gmünd und Kremsmünster (Österreich) mit ihren Kenntnissen, neue Glasindustrien wieder aufzubauen.

Dauerausstellung Gablonzer Glas- und Schmuckwaren im Glasmuseum Frauenau, Staatliches Museum zur Geschichte der Glaskultur, Am Museumspark 1, 95248 Frauenau. www.glasmuseum-frauenau.de Fotos: Sven Bauer / Glasmuseum Frauenau

zwei bis drei Mal bis zu einem Gewicht des Glaspostens von etwa 12 Kilogramm. Mit Hilfe des Wulgerholzes wird der Glasposten dann zu einer birnenartigen Form bearbeitet. Für das Ziehen zieht der Glasmacher mit dem Zwackeisen eine kleine Spitze aus dem vorderen Ende des Glaspostens heraus. Zur gleichmäßigen Glastemperaturverteilung wird der Glasposten dann nochmals im Ofen durchwärmt.

Perlen und Kunststeine Parallel dazu begann man auch mit der Herstellung von Perlen und künstlichen Edelsteinen, die ihren Ursprung in Venedig und Frankreich hatten. Die Familie Riedel war für diese neuen Artikel in hohem Maße aufgeschlossen. In deren Glashütten in Antoniwald, Christianstal und Neuwiese wurde die Grundlage für die eigentliche Glas- und Schmuckwarenindustrie gelegt. Mitte des 19. Jahrhunderts begann man dann damit, die Kapazitäten der bestehenden Glashütten zu erhöhen, indem man weitere Glasschmelzöfen errichtete. Stangenhersteller im Isergebirge waren Josef Riedel in Polaun, Karl Riedel in Josefsthal, Redelhammer in Gablonz und Konrad Dressler in Morchenstern. Die 1929 einsetzende Weltwirtschaftskrise brachte auch der Glasschmuck-Industrie Franz Josef Ginzel ließ sich von der Natur inspirieren und machte sogar Spinnen zum Schmuckstück Ketten, Broschen und Ohrringe in glänzendem Gold und mit bunten Farben Üppig ausgestattete Ringe waren einst groß in Mode 02 / 20


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.. SCHWARZES GOLD FUR SCHALLPLATTEN-SAMMLER DEAD MUSIC HEROES

€ 40-80 Gus Backus (geb. 1937) „Same 7 Inch”, erschienen in Deutschland 1963 auf Polydor, Nr. „21614”. 4-Track EP des USamerikanischen „Schlager”-Sängers. Er lebte seit 2002 in Germering bei München, wo er begraben liegt. Einer seiner bekanntesten Titel: „Da Sprach Der Alte Häuptling”

€ 50-70 Cream „Disraeli Gears LP”, veröffentlicht 1967 in den USA auf Atco, No. „33232”. Schlagzeuger Ginger Baker (geb. 1939) gründete mit Eric Clapton das erste relevante „Rock”-Trio. Mit ihm und Steve Winwood spielte er bei Blind Faith, lebte zeitweise in Nigeria und arbeitete dort eng mit Fela Kuti zusammen

€ 40-70 Roky Erickson (geb. 1947) „All That May Do My Rhyme LP”, 1995 auf Trance Syndicate Records US, No. „TR 33”. Erickson gründete schon 1965 „The 13th Floor Elevators”, die wohl erste Band, die ihre Musik als psychedelisch bezeichnete

€ 25-30 Stan Getz/Joao Gilberto (geb. 1931) „Same LP”, veröffentlicht auf Verve

€ 15-20 Costa Cordalis (geb. 1944) „Tränen In Den Augen 7 Inch”, 1965 auf Bellaphon Records, BRD, Nr. „BL 1022”. Mit der deutschen Variante des Elvis Hits „Crying In The Chapel” brachte der griechische Sänger seine erste Schallplatte raus. Sein Ohrwurm „Anita” belegte 1976 Platz 1 in der Schweiz & Platz 3 in der BRD

€ 100-150 Dick Dale (geb. 1937) & His Del-Tones „Surfer’s Choice LP”, veröffentlicht 1962 auf Deltone Records, No. „LPM 1001”. Erstpressung in Mono auf schwerem Vinyl. Der in Boston geborene Pionier der „Surfmusik” gilt als einer der tonangebenden Gitarristen der frühen 60er-Jahre. Neben Link Wray beeinflusste er z. B. Jimi Hendrix, Pete Townshend und Eddie Van Halen. Er ließ Fender-Gitarren und -Verstärker nach seinen Vorstellungen umbauen und experimentierte mit Reverb-Effekten (Nachhall). All dies führte zum unverwechselbaren „Surfsound”, der bis dato ein ganzes Genre prägt € 200-350 Dr. John (geb. 1941), The Night Tripper „Gris Gris LP”, US-Monopressung von 1968 auf Atco, No. „33 234”. Debütalbum von Malcom John Rebennack Jr. Seine Musik verbindet „Blues, Jazz, Pop, Boogie Woogie” und „R’n’R”. Er gewann 6 Grammies und wurde 2011 in die „Rock And Roll Hall Of Fame” aufgenommen

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Records USA, No. „V6-8545”, Hardcover, Gatefold. Der brasilianische Sänger und Songwriter Joao Gilberto gilt als „Vater des Bossa Nova”

€ 10-20 Karel Gott (geb. 1939) „Von Romeo An Julia LP”, veröffentlicht 1971 auf Ex Libris Schweiz, Nr. „XL 172 081”. Auf dem Abum befindet sich u. a. eine Beatles-Coverversion von „Sometimes” und die Schicksalsmelodie aus dem Film „Love Story”


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€ 200-300 Mark (David) Hollis (geb. 1955) „Same LP”, erschienen in Europa 2003 auf Polydor, Nr. „537688-1”. Solo-Album des britischen Musikers, der mit seiner Band Talk Talk („Such A Shame”, „It’s My Live” etc.) in den 80er-Jahren sehr erfolgreich war

€ 100-150 Life „Life After Death LP”. 1974 auf Polydor UK, No. „2383 295”. Einziges Album der „Progrock”-Band. Ian Gibbons (geb. 1952) spielte u. a. auch bei den Kinks und arbeitete mit Dr. Feelgood, Sweet, Suzi Quatro etc. zusammen

€ 20-30 Die Sputniks „Shazam 7 Inch”, veröffentlicht auf Amiga DDR 1964, Nr. „450445”. Henry Kotowski (geb. 1944) spielte mit der erfolgreichen „Beat”-Band die Single hinter dem „Eisernen Vorhang” ein. Er starb am 4. Juli an den Folgen einer Immunschwäche

€ 50-80 Ihre Kinder „Leere Hände LP”, 1970 in der BRD auf Kuckuck, Nr. „2375001”, Sonny Hennig (geb.1946 in Mühlhausen/ Thüringen) spielte Tasteninstrumente, Gitarre und sang. Er starb am 19. August

€ 50-100 Prodigy „The Fat Of The Land DOLP”, erschienen 1997 auf XL Recordings UK, No. „XLLP 121”. Die britischen „Elektro”-Superstars prägten neben den Chemical Brothers und Fatboy Slim in den 90ern das Genre „Breakbeat” und „Big Beat” und gaben „Punk” einen neuen Input. „Smack My Bitch Up” und „Firestarter” (No. 1 UK Single Charts) erreichten Kultstatus. Ihr Sänger und Tänzer Keith Flint erhängte sich am 4. März zu Hause in Essex. In seinem Blut fanden sich Kokain, Kodein und Alkohol. Er wurde 49 Jahre alt

€ 20-30 Truck Stop „Can’t Stop... LP”. erschienen 1974 auf Telefunken, Nr. „SLE 14 783-P”. Gitarrist Erich Doll (geb. 1948) schrieb den „Country”-Boys aus Maschen die Musik zum Hit „Der Wilde Wilde Westen“

€ 150-200 Scott Walker (geb. 1943) „Scott 4 LP”, veröffentlicht 1969 in England auf Philips, No. „SBL 7913”. Der US-amerikanische Singer-Songwriter und Produzent war bereits mit den Walker Brothers sehr erfolgreich („The Sun Ain’t Gonna Shine Anymore”). Das vierte Solo-Album erschien in Großbritannien unter dem Namen Scott Engel € 50-100 Level 42 „Lessons In Love 12 Inch”, erschienen 1986 auf Polydor, Nr. „EP PRP 8421”. Seltene philippinische Pressung mit deutschem Cover! Der Gitarrist, Sänger und Saxofonist „Boon” Gould der „Jazz-FunkFusion”-Band verstarb mit 64 am 30. April

Alle angegebenen Schallplattenpreise verstehen sich als ungefähre Richtpreise, die bei Internet-Auktionen, Schallplattenbörsen, Sammler-Foren, Festpreislisten, Privatverkäufen etc. erzielt oder angeboten wurden. Die Preise gelten in der Regel für Mint/Mint- Exemplare (neuwertig bzw. minimale Gebrauchsspuren).

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FUNDSTÜCKE 74 chen und zog dann nach Kempten im Allgäu. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwarf er die Plakate zur Allgäuer Festwoche, betätigte sich als Fassadenmaler in Kempten, Füssen, Bad Wörishofen etc. und entwarf in den 1950er-Jahren zahlreiche Plakate für die Kornwestheimer Schuhmarke Salamander (gegründet 1885). Generell werden Werbeplakate auf Pappe geringer gehandelt, als großformatige Plakate. Mehr als 50 Euro dürften schwer zu erzielen sein.

FLOHMARKTPREISE n Reklame Blechdose für Farbstifte „Luna“, J. S. Staedtler (Johann Sebastian Staedtler), Nürnberg, made in Germany, wohl 1920er-/ 30er-Jahre. Nachdem Johann Sebastian Staedtler 1834 den farbigen Ölkreidestift erfand, wurde die Firma Staedtler 1835 in Nürnberg gegründet und war schon 1853 erfolgreich auf der New Yorker Weltausstellung vertreten. 1870 beschäftigte man 54 Arbeiter, die mehr als zwei Millionen Stifte produzierten. Als eines der frühesten Warenzeichen für Bleistifte gilt der Halbmond, den J. S. Staedtler 1887 beim Amtsgericht Nürnberg angemeldet hatte. Die Wort-Bild-Marke „Luna“ wurde dann 1914 eingetragen. Aufgrund der ansprechenden Art-déco-Gestaltung dürfte die Blechdose 30 bis 40 Euro erzielen. Flohmarktpreis: 20 Euro

n Reklame Werbeplakat auf Pappe „Salamander Schuhpflege“, signiert Franz Weiss (F.

Flohmarktpreis: 35 Euro

Weiß, 1903 München-1982 Kempten), gedruckt bei Vereinigte Kunstanstalten AG Kaufbeuren (gegründet durch den Drucker und Lithografen Daniel Kohler im Jahr 1858), 1950er-Jahre. Franz Weiß arbeitete bis 1923 in seinem Atelier in Mün-

n Historica „Das Württemb. Res. Inf. Rgt. No.119 im Weltkrieg 1914-1918“, erschienen bei der Belsersche Verlagsbuchhandlung Stuttgart 1920, 134 Seiten, mit 88 Abbildungen, Übersichtskarte und 26 Skizzen (beiliegend, gefaltet), illustrierter Halbleineneinband. Das Buch erschien in der Reihe „Die Württembergischen Regimenter im Weltkrieg 1914-1918“ als Band 7. Das Reserve-Regiment wurde gemäß Mobilmachungsplan am 02.08.1914 mobilisiert. Neben dem ins Feld rückenden Regiment wurde ein Ersatz-Bataillon und ein Rekruten-Depot aufgestellt. Die Demobilmachung startete am 9. Dezember 1918 in Stuttgart mit der Entlassung der ersten Mannschaften. Im Antiquariatshandel für 50 bis 100 Euro zu beziehen. Flohmarktpreis: 30 Euro

Erscheinungstermin März-Ausgabe: Abo-Versand 17.02.2020 Erstverkaufstag Handel 21.02.2020


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