Trödler 02/2022

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Europas Sammlermagazin

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LESERFORUM 4

EXPERTISEN n Relief Ich besitze zwei Metallschilder/Metallreliefs, über die ich gerne mehr erfahren würde. Sie sind jeweils 49 x 33 cm groß. Ich vermute, dass sie um 1900 entstanden sind und dass sie germanische Gottheiten zeigen. Eine Signatur oder Fabrikmarke habe ich nicht finden können. Jedes von ihnen hat vier kleine Löcher zum Aufhängen. Ich frage mich, ob sie eine besondere Funktion hatten, wer sie hergestellt haben könnte, welche Personen wohl dargestellt sind und natürlich auch, was der Wert der Bilder sein könnte. Über eine Auskunft von Ihnen würde ich mich sehr freuen.

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Ulrich Klügel, Oldenburg

Die beiden seriell hergestellten dekorativen Reliefs aus gestanztem und geprägtem Blech stellen vermutlich Siegfried und Brünnhilde (abgeleitet von: Brünnen = Panzerhemd und Hiltja = Kampf) aus der Nibelungensage dar, hier in operettenhafter „Ring der Nibelungen“-Darstellung mit geflügeltem Helm. Die stilisierten Eckmotive und der angedeutete Lorbeerkranz

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sche Gefangenschaft. Diese, schon von den Römern perfektionierte, Form der Geiselhaft und Umerziehung wird auch heute noch von autokratischen Regimen praktiziert. Durch den schulischen Lehrplan fand der Name Thusnelda Eingang in den heutigen Sprachgebrauch. Die beiden Reliefs von Siegfried & Brünhild bzw. von Armin und seiner „Tussi“ würde ich heute mit je 60 bis 80 Euro bewerten. Kunstsachverständiger, Klaus-Dieter Müller, Lüneburg

n Architekturzeichnung Ich würde wieder einmal die Einschätzung Ihrer Experten benötigen: Ich habe ein Gemälde erworben, dessen Unterschrift ich nicht entziffern kann. Bei „Bares

! unten verweisen auf die Zeit des späten Jugendstils. Neben diesem deutschen „Nationalepos“ hätte ein Bildungsbürger der späten Wilhelminischen Epoche um 1910 möglicherweise auch an Heinrich von Kleists Drama „Die Hermannsschlacht“ gedacht. Dann würde es sich um eine Darstellung von Arminius und seine Frau Thusnelda handeln. Dem in Deutschland als „Hermann der Cherusker“ verehrten Sieger der Varus-Schlacht wurde das riesige Hermannsdenkmal errichtet, da man in ihm quasi einen Ahnherrn deutscher Identität und Einheit sehen wollte. Kleists Drama von 1808 wurde erst ab 1875 wirklich populär und zum hundertjährigen Jubiläum der Befreiungskriege 1913 galt das Theaterstück als patriotisches (gegen Frankreich gerichtetes) Bühnenstück. Das wirkliche Leben des Rebellen Arminius war reich an Drama und Verrat. Seine Frau Thusnelda geriet mit ihrem gemeinsamen Sohn später in römi02 / 22

für Rares“ ist ein ähnliches Bild versteigert worden, leider kann ich nicht mehr feststellen, welcher Künstler das war – die Unterschrift war derjenigen auf meinem Bild sehr ähnlich. Ich freue mich auf Ihre geschätzte Meinung. Franz Gulz, o. O. Bei der Bleistift- und Buntstiftzeichnung scheint es sich um eine Art Selbstporträt-Bestandsaufnahme eines Architekten oder Bildhauers zu handeln. Links sind mit dem Zirkel und Lineal gezogene Linien zu sehen, rechts die linke Hand des Zeichners welche eine Art Span oder Band zu halten scheint, oben rechts ein Landschaftsausblick mit den Worten „et maintenant“, oben mittig eine Art abstrakte Skulptur, ganz links oben das Selbstporträt des Zeichners. Die Signatur unten liest sich möglicherweise „Dany Neuhaus“ (?), datiert ist die Zeichnung „1987“. Der Hin-

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n In dieser Rubrik beantworten unsere Experten Ihre Fragen zu dem ein oder anderen guten Stück. Doch leider sehen wir uns außerstande, ganze Nachlässe oder sämtliche sich in Ihrem Haushalt befindlichen Trouvaillen bewerten und schätzen zu lassen. Auch bitten wir um Verständnis, wenn es mit der Bearbeitung länger dauert. Senden Sie uns also Ihre Anfrage nur zu einem zu bestimmenden Objekt – mit detaillierter Beschreibung und gutem Foto, auf dem das Objekt ganz abgebildet ist. Noch ein Hinweis zu den Preisen, die von Fall zu Fall von unseren Experten genannt werden: Hierbei handelt es sich um Richtwerte, die anhand von Fotos allein getroffen werden und je nach Zustand des Objekts nach oben oder unten korrigiert werden können. Ihre Anfrage schicken Sie bitte an: Gemi Verlags GmbH Redaktion Leserforum Pfaffenhofener Str. 3 85293 Reichertshausen oder per E-Mail an info@gemiverlag.de


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LESERFORUM 5 weisen auf Norddeutschland hin. Der Name liest sich „W. Hertzler” oder „W. Fritzler” oder „W. Deitzler“. Die Qualität der Zeichnung, sowohl kompositorisch als auch in der Ausführung, verweist auf einen ausgebildeten Künstler. Die starke Diagonale in Gestalt des Pflug Gespanns und der am hohen Horizont endende Kanal ergeben ein großartiges Motiv. Pflügende Bauern waren um 1900 ein allgegenwärtiges Bild. Künstler aus allen Regionen haben sich diesem Thema gewidmet. Es handelt sich nicht unbedingt um das Werk eines norddeutschen Künstler, denn es gab rege Verbindungen zwischen den Künstlerkolonien, z. B zwischen Karlsruhe und Cuxhaven / Duhnen. Franz Gustav Hochmann (1861-1935) z. B. hielt sich in der gleichen Zeit in Cuxhaven auf. Das Werk eines unbekannten Meisters der Federzeichnung, datiert 28.4.(19)01, bewerte ich mit 50 bis 100 Euro. Kunstsachverständiger, Klaus-Dieter Müller, Lüneburg

n Keramikkrug Ich habe einen Jugendstil-Keramikkrug mit Salzglasur-Dekor, 1/2 l geeicht. Leider hat er keine Marke am Boden. Seine Gesamthöhe beträgt 16,5 cm einschließlich des Daumendrückers, der Krug selbst ist 13 cm groß. Ich würde gerne wissen, wer der Hersteller bzw. der Künstler dieses Kruges ist. Stimmt die von mir eingeschätzte Zeit Jugendstil? Jürgen Hecht, o O.

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weis auf ein ähnliches Bild in einer Fernsehsendung hilft leider nicht weiter. Das Werk des unbekannten, jedoch talentierten Zeichners bewerte ich mit unter 100 Euro. Kunstsachverständiger, Klaus-Dieter Müller, Lüneburg

n Federzeichnung Ich besitze dieses Bild seit langen Jahren. Es ist eine Tuschzeichnung in der Größe 21 x 14 cm. Leider kann ich die Signatur nicht entziffern. Können Sie mir weiterhelfen? Veronika Gres, o. O.

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Der Krug scheint wirklich selten zu sein. Ein Vergleichsstück in öffentlichen Sammlungen war nicht zu finden. Er könnte von der Firma Merkelbach & Wick stammen, die stilistisch ähnliche Krüge in der Zeit des Jugendstils hergestellt hat. Mit etwas Glück findet sich noch eine runde Punze innen im Zinndeckel in der Nähe des Scharniers. Merkelbach & Wick arbei-

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tete mit einem illustren Kreis wichtiger Entwerfer zusammen, führte aber auch eigene Werksentwürfe aus, die von diesen bekannteren Entwerfern inspiriert wurden. Der Entwurf des Bierseidels könnte von Paul Wynand stammen. Als Schätzpreis scheint ein Wert von 80 bis 150 Euro angemessen.

Kunstsachverständiger, Klaus-Dieter Müller, Lüneburg

Dargestellt ist offensichtlich eine norddeutsche Landschaft mit Entwässerungskanal und Moorkahn sowie Warft links und zwei Häusern rechts und einer Windmühle an der Deichlinie. Hauptthema des Bildes ist die schwere Arbeit des Bauern, der mit Hilfe seines vor den Pflug gespannten Pferdes den Boden aufbricht. Auch die Holzschuhe, die der Bauer trägt,

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MAGAZIN 6

AUSSTELLUNGEN n Die Erklärung der Welt Fremde Orte waren und sind für uns Menschen faszinierend. Der Guckkasten und seine exotischen Bilder wurden im 18. und 19. Jahrhundert der neu aufkommenden Mittelschicht und der Landbevölkerung zur Unterhaltung und Bildung vorgeführt und gehörten so zu den ersten Massenmedien. Die Ausstellung im Grafischen Kabiniett Augsburg zeigt eine Auswahl der knapp 2.400 Guckkastenbilder der Sammlung des Münchners Joachim von Prittwitz und Gaffron, die die Kunstsammlungen und Museen Augsburg 2020 als Schenkung der Familie erhielten. Augsburg wurde als „Bilderfabrik Europas“ in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zum Zentrum der Produktion von Guckkastenbildern. Ein Guckkasten ist ein Betrachtungsgerät, das im Inneren einzelne Grafiken in perspektivischer Darstellung täuschend echt illusionistisch präsentiert. Dazu wurden seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zunächst in London und Paris Grafiken erstellt, teilweise mit Schablonen koloriert und auf Jahrmärkten präsentiert. Bei den Bildern war weniger die topografische Exaktheit wichtig, als vielmehr der Blick auf ferne, nicht leicht zu erreichende Orte. Während Augsburger Verleger wie Georg Balthasar Probst und die Kaiserlich Franziskische Akademie durchaus auf Qualität hinsichtlich richtiger Perspektive und Kolorierung achteten, wurde bei anderen Verlegern nicht so viel Wert darauf gelegt,

Die erste bemannte Gasballonfahrt mit einer Charlière am 1. Dezember 1783, Stecher: unbekannt, Verleger: Kaiserlich Franziskische Akademie, Augsburg, 1784/1795; Grafisches Kabinett Augsburg © Kunstsammlungen & Museen Augsburg da die Bilder meist günstig produziert werden mussten. Die Grafiken zeigen die Sehenswürdigkeiten der Welt, exotische Länder, Tagesereignisse, aber auch Militär und Schlachten zu Wasser und Land bis hin zu Katastrophen wie Erdbeben und Großbränden. (28. Januar bis 22. April) Telefon: 0821 3244106 Webseite: www.kmaugsburg.de

Das Brandenburger Tor in Berlin, Stecher: unbekannt, Verleger: Joseph Carmine, Augsburg, 1808/1828; Grafisches Kabinett Augsburg © Kunstsammlungen & Museen Augsburg 02 / 22

n Tempo, Tempo Der junge Bert Brecht lässt 1929 siebenhundert Intellektuelle einen Öltank anbeten. Die amerikanische Tänzerin Josephine Baker erhält in München Auftrittsverbot. Der Putschist Adolf Hitler wird zu einem skandalös angenehmen Gefängnisaufenthalt verurteilt. Und der Rundfunk schließlich bringt das Land in die Wohnzimmer der Wohlhabenden: Die 1920er-Jahre – diese kontroverse Dekade des Aufbruchs und Umbruchs steht im Deutschen Hutmuseum bis 29. Mai mit der Sonderausstellung „Tempo, Tempo – Bayern in den 1920ern“ im Blickpunkt. Konzipiert wurde die Ausstellung vom Haus der Bayerischen Geschichte und ist in Lindenberg zum letzten Mal zu sehen. Wie heute verändern neue Medien den Alltag: Schreibmaschine und Telefon sorgen für neue Arbeitsplätze, besonders für Frauen im Büro. Der Rundfunk informiert über die Ereignisse der Welt. Staubsauger und Föhn kommen in Gebrauch. Daher bestimmt die Elektrizität, wer sie nutzen kann oder nicht; das Land kann es oft nicht. Die Sonderausstellung zeigt die vielen Facetten dieses bewegten Jahrzehnts. Die Folgen des Ersten Weltkriegs, die Hyperinflation und die Extremisten von links und rechts belasten die junge Demokratie. Trotzdem: Wirtschaftlicher Aufschwung ermöglicht bescheidenen Wohlstand und zunehmende persönliche Mobilität, Aufbruch. Die Sehnsucht, auch der Motorradfahrer, richtet sich auf das Automobil, die Zulassungszahlen steigen rasant an, damit auch die Unfallzahlen. Plakate und drastische Verkehrsfilme mahnen zu mehr Vorsicht. Das Tempo dieses Jahrzehnts wird auch an den neuen Tanzstilen, neuen Musikinstrumenten und den bis heute po-


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MAGAZIN 7 begeistern werden. Die Veranstalter beleuchten Sammler und Sammlungen in der Geschichte, aber auch das literarische und bibliophile Leben im heutigen Deutschland, ferner wird 2022 wieder ein Sammlerpreis an junge Sammlerinnen und Sammler verliehen. Und selbstverständlich sind auch Antiquare wieder eingeladen. Notieren Sie sich den 9., 16. und 21. Februar! Telefon: 06435 909147 Webseite: www.antiquariatsmesse-stuttgart.de

n Bewerbung jetzt!

Der Topfhut ist neben dem Bubikopf das Attribut der modernen Frau in den 1920er-Jahren; Deutsches Hutmuseum Lindenberg

pulären Schlagern deutlich. Das Tempo der gesellschaftlichen Entwicklung wird aber auch kritisch gesehen. Thomas Mann machte sich über den Einfluss der Nationalsozialisten berechtigte Sorgen. Der Ruf Münchens als Kulturstadt steht auf dem Spiel. Der Volkssänger Weiß Ferdl befürchtet hingegen: „Wir amerikanisieren uns“, wie er eines seiner Lieder überschreibt. Viele Originalexponate, Filme, Musikbeispiele und Hörstationen ermöglichen den Besucherinnen und Besuchern einen bunt gemischten Rundgang durch dieses Jahrzehnt. (Bis 29. Mai) Der Katalog zur Ausstellung umfasst 105 Seiten und ist für 5 Euro an der Museumskasse erhältlich.

Version abrufbar sein. Wie auch 2021, ist alle Ware im Katalog sofort erhältlich, das traditionelle Losverfahren wird 2022 nochmals ausgesetzt. Die digitale Antiquariatsmesse wird dann am 18. Februar 2022 live geschaltet und erlaubt es Ausstellern, bis zu 20 zusätzliche Objekte zu präsentieren. Die Veranstaltungsreihe das „Rote Sofa Online" wird 2022 unter dem Thema „Sammeln – Eine Leidenschaft" fortgesetzt. Nachdem 2021 insbesondere die Antiquarinnen und Antiquare zu Wort kamen, sind im Februar 2022 mehrere Veranstaltungen geplant, in denen Sammler berichten und

Bei dem Frechener Keramikpreis handelt es sich um einen Nachwuchsförderpreis für keramisch arbeitende Künstlerinnen und Künstler unter 35 Jahren, die ihre keramische Tätigkeit in Deutschland ausüben. Interessierte haben die Möglichkeit, sich in folgenden Bereichen der keramischen Kunst zu bewerben: Gefäße, Plastik, Relief/Bild, serielle Keramik, architekturbezogene Keramik und Installation. Eine Vorjury wählt aus den Bewerberinnen und Bewerbern die Wettbewerbsteilnehmenden aus, die ihre Stücke im Keramion Frechen ab September 2022 in einer Gemeinschaftsausstellung präsentieren werden. Begleitet wird der Wettbewerb durch die Herausgabe einer Publikation. Bewerbungen können bis zum 13. März 2022 eingereicht werden. Die vollständigen Bewerbungsunterlagen gibt es beim: Keramion, Bonnstraße 12, 50226 Frechen Telefon: 02234/697690 E-Mail: fkp@keramion.de Webseite: www.keramion.de

Telefon: 08381 9284310 Webseite: www.deutsches-hutmuseum.de

MESSEN / MÄRKTE / TREFFEN n Drei Meter Mindestabstand Bereits im vergangenen Jahr wurde vom Verband Deutscher Antiquare aufgrund der Corona-Pandemie eine virtuelle Messeplattform entwickelt, die 2022 nochmals Antiquarinnen und Antiquaren aus dem In- und Ausland die Möglichkeit gibt, ihre Ware zum Beginn des Jahres zu präsentieren. Der Verband Deutscher Antiquare begrüßt diesmal 69 Antiquariate und Galerien aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, den Niederlanden, Frankreich, England und den USA. Des Weiteren wird auch 2022 ein ausführlicher, gedruckter Messekatalog produziert. Er erscheint Ende Januar 2022 und wird sowohl in gedruckter als auch Online-

Köves. Hab Acht! 3 Meter Mindestabstand! Berlin, Reichsarbeitsverwaltung + Reichsdruckerei, 1927. € 180, Antiquariat Hohmann; Stuttgarter Antiquariatsmesse Online 02 / 22


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KerAMiK 8

KerAMiK-KerUSKA rALF J. SCHUMANN

Man möchte meinen, dass Fragen zur Keramik der 60er- und 70er-Jahre doch relativ leicht zu beantworten sein dürften. irgendwo wird es schon noch Archive, Dokumente oder Kataloge geben, die jeden gesuchten Hersteller, jeden gewünschten Dekornamen oder Produktionszeitraum und viele weitere informationen preisgeben müssten. Auch sollten sich in den regionen der Hersteller noch Zeitzeugen finden lassen, die etwas über eine längst „verschwundene" Firma zu berichten wissen oder zumindest die damals produzierten Keramiken wiedererkennen und einordnen können. Das trifft in einigen Fällen auch tatsächlich zu, jedoch gibt es noch zahlreiche „rätsel" zu lösen und zu einigen Herstellern wird es leider keine befriedigenden Antworten mehr geben, da die Keramiken der ersten Nachkriegsjahrzehnte bislang noch kaum in der Fachliteratur beschrieben und nur selten in Ausstellungen berücksichtigt worden sind.

Puzzlestücke Mit fortschreitender Zeit wird es immer schwieriger, Informationen über alte Keramikserien der 1950er- bis 1970er-Jahre zu bekommen. Auch im Fall der „Keramik-Keruska" ist es leider nicht mehr möglich, alle

für Sammler wichtigen Fragen zu beantworten und genaue Details zum Hersteller und zur Produktion herauszufinden. Es gibt zwar glücklicherweise einige alte Werbeanzeigen, aber weitergehende Informationen über den Firmengründer sowie zur Produktionsdauer der derzeit bekannten Keramiken scheinen leider nicht mehr erhältlich zu sein. Es bleibt also nichts anderes übrig, als die gefundenen Puzzle-

stücke zusammenzusetzen und so der Firmenhistorie einigermaßen nahe zu kommen.

Werbeanzeigen Im Januar und Februar 1965 tauchen in zwei gängigen Zeitschriften für den Fachhandel plötzlich Werbeanzeigen für einen Links: Vase Form 203 (20 cm hoch), mit Dekor „Teneriffa". Die leuchtend-rote Glasur sticht aus dem sonst rustikal gehaltenen Dekorprogramm heraus Foto/Sammlung: James Noble Oben: Krugvase Form 103 (ca. 17 cm hoch) mit Dekor „Azur". Das in Handarbeit aufgetragene Dekorband in Schuppenform ist in einem dunkleren Ton als die blaue Grundglasur gehalten Foto/Sammlung: Michael Kempf 02 / 22


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KerAMiK 9 ganz neuen Hersteller auf: Unter dem Namen Keramik-Keruska wird damit geworben, einen „neuen Stil" und einen „neuen Begriff" für Keramik „von internationaler Prägung" geschaffen zu haben. Die Produkte der „Keramik-Keruska" sollen exklusiv für den Fachhandel und auf hohem Niveau für einen anspruchsvollen Kundenkreis hergestellt werden. Das neue ProUnten: Schriftzug der vermutlich im Jahre 1964 neu gegründeten „Keramik-Keruska", entworfen von Hanns Welling Quelle: Die Schaulade, Ausgabe Januar 1965, Seite 32 Ganz unten links und rechts: Die Produkte der Keramik-Keruska tragen stets handgeritzte Markierungen auf der Unterseite. Neben dem Firmennamen ist hier der Vermerk „Handarbeit" (der manchmal fehlen kann) sowie der Dekorname, die Herkunft „Germany" und die Formnummer zu lesen Foto/Sammlung: James Noble Bodenmarkierung einer Gerz-Vase Form 1070/16 mit dem Dekor „Antigone". Die ausführende Person scheint gemäß der unübersehbaren Ähnlichkeit der Handschrift die gleiche zu sein, die auch die hier abgebildete Keruska-Vase mit Dekor „Teneriffa" markiert hat. Dies ist ein weiterer Hinweis darauf, dass die Produkte von KeramikKeruska bei Gerz hergestellt worden sind Foto/Sammlung: ralf J. Schumann rechts: Ausschnitt aus der ersten Werbeanzeige der Keramik-Keruska. Die handgezeichneten entwürfe von Hanns Welling zeigen schon den gewollten rustikalen Charakter des gesamten Produktionsprogramms Quelle: Die Schaulade, Ausgabe Januar 1965, Seite 32

gramm wurde dann erstmals auf der Frühjahrsmesse 1965 in Frankfurt vorgestellt. Da der Redaktionsschluss der JanuarAusgabe der Fachzeitschrift „Die Schaulade" im Dezember des Vorjahres lag, muss die Gründung der Keramik-Keruska noch im Jahre 1964 erfolgt sein. Die teuren, doppelseitigen Werbeanzeigen lassen auf einen Hersteller mit Finanzkraft und großen Produktionskapazitäten schließen. Der hohe Werbeaufwand sollte ja schließlich einen entsprechend großen Auftragseingang nach sich ziehen. Was steckt aber hinter dem Namen „KeramikKeruska"?

jedoch meist auf damals zwar erfolgreichen, aber schon einige Jahre alten GerzFormen aufgetragen wurden. Der rustikale Stil der Dekore und die handgeritzten Dekornamen auf der Unterseite der Keramiken sind den Keruska-Produkten aber schon sehr ähnlich und scheinen aus der Hand des gleichen Entwerfers zu stammen.

Simon Peter Gerz Laut Herrn Roland Giefer vom Dokumentationszentrum Kannenbäckerland handelt es sich bei dem Namensgeber der Firma um einen Herrn Keruska aus Ungarn. Leider ist trotz intensiver Recherche nichts weiter über Herrn Keruska herauszufinden. Die Anschrift der neuen Firma verrät allerdings mehr: Die Adresse Töpferstraße 5-7 in Höhr-Grenzhausen war damals der Firmensitz des bekannten Traditionsunternehmens Simon Peter Gerz. Und nicht nur die Anschrift ist gleich: Es wurde sogar die gleiche Telefonnummer in den Werbeanzeigen erwähnt. Handelte es sich bei Keramik-Keruska also um eine eigenständige Firma oder lediglich um eine neue Sparte der Firma Gerz? Die Zierkeramik-Serien der Firma Simon Peter Gerz GmbH aus den 1950er- bis 1970er-Jahren habe ich bereits in der Trödler-Ausgabe vom April 2015 ausführlich beschrieben. Dort sind auf Seite 16 auch Dekore der Gerz-Serien „Antigone", „Budapest" und „Canazei" abgebildet, die sehr an die Produkte der „Keramik-Keruska" erinnern, die

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Hanns Welling Der Designer der Keruska-Keramiken wird in den oben erwähnten Werbeanzeigen stolz genannt: „Hanns Welling hat diese Keramiken für den Fachhandel entworfen." Weiter heißt es: „Gesunde, klare Formen, hohe Qualität und individueller Charme – damit erfüllen Sie die Wünsche eines anspruchsvollen Kundenkreises."

Nun erklärt sich auch die Ähnlichkeit der handgeritzten Bodenmarkierungen auf den Keruska-Keramiken mit den Markierungen auf Produkten der Firma Ceramano aus Baumbach, bei der Hanns Welling vorher von 1958 bis Ende 1961 beschäftigt war und für die er wohl auch danach noch eine Zeitlang als freier Mitarbeiter Entwürfe lieferte. Bei Ceramano hatte Hanns Welling in den ersten Jahren nicht nur sämtliche KeramikSerien entworfen, sondern war auch für die Konzeption des gesamten Produktprogramms sowie für die Gestaltung der Werbung und der Messestände zuständig (Quelle: Horst Makus: Keramik der 50er Jahre, Seite 372). Auch die Gestaltung der Werbeanzeigen sowie das Gesamtkonzept der Produktion der „Keramik-Keruska" wird auf die Ideen von Hanns Welling zurückgehen, der diese ihm eigene Vorgehensweise auch kurze Zeit später bei seiner Tätigkeit für die Firma W. Goebel beibehalten hat (Quelle: Porzellan + Glas, Ausgabe April 1967, Seite 183). Hanns Welling (1924-2008) ist nicht nur durch seine Arbeit für die Firma Ceramano in Sammlerkreisen bekannt und geschätzt. Nachdem er sein durch den Zweiten Weltkrieg unterbrochenes Studium der Malerei und Graphik einige Zeit nach Kriegsende wieder aufnehmen und 1951 beenden konnte, wurde ihm 1952 die künstlerische Leitung der neu gegründeten Keto-Keramik in Lantershofen übertragen (Quelle: Horst Makus: Keramik der

50er Jahre, Seite 520). Seine bei Keto entstandenen Arbeiten sowie die Entwürfe für die Firma Ruscha (Rudolf Schardt, Keramische Werke, Rheinbach), bei der er anschließend von 1956 bis 1958 tätig war, sind heute gesuchte Sammlerstücke. 1958 wurde Hanns Welling von Jakob Schwaderlapp, dem Eigentümer der Firma Jasba aus Baumbach, als künstlerischer Leiter für die im Jahre 1959 erfolgte Neugründung der Firma Ceramano angeworben. Welling war dort – laut Horst Makus – bis Ende 1961 beschäftigt und war anschließend noch bis ins hohe Alter als freier Designer für unterschiedliche Firmen tätig. Ob die bereits erwähnten rustikalen GerzZierkeramik-Dekore Antigone, Budapest und Canazei – deren Namen auffälligerweise mit A, B und C beginnen („Corvara", das vierte bekannte Dekor aus dieser Serie, ist lediglich eine Farbvariante von „Canazei" und beginnt deshalb wohl ebenfalls mit dem Buchstaben „C”) – auch von Links oben: Original-Werbefoto von KeramikKeruska. Gezeigt werden Krugvase Form 101 (13 cm hoch) und Leuchter Form 301 (6 cm hoch) mit Dekor „Turmalin" Quelle: Die Schaulade, Ausgabe Januar 1965, Seite 107 Links unten: Vase Form 204 (25 cm) mit Dekor „Turmalin": Matte, braun-grüne Grundglasur, die runden Ornamente sind mit grün-blauer Glasur gefüllt. Auf der Vase ist noch der alte Firmenaufkleber erhalten Foto/Sammlung: Guido Van den Heule rechts oben: Original-Werbefoto von KeramikKeruska. Gezeigt werden Vase Form 201 (10 cm hoch) und Vase Form 204 (25 cm hoch) mit dem Blatt-Dekor „Ontario": Ornamente aus heller Schaumglasur wurden auf eine schwarz-braune Grundglasur aufgetragen Quelle: Die Schaulade, Ausgabe Januar 1965, Seite 107


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KerAMiK 11 Hanns Welling entworfen worden sind, bleibt Spekulation. Der Name Welling wird in den Werbeanzeigen von Gerz nicht erwähnt. Die Ähnlichkeit dieser Dekore zu den Welling-Entwürfen für Ceramano und Keramik-Keruska sowie die fast gleiche Art der Bodenmarkierung lassen dies jedoch vermuten.

Keruska-Formen

folgte eine ganzseitige Farbanzeige, auf der die drei schlicht gehaltenen Dekore „Sahara" (gelb), „Savanne" (grün) und „Sierra" (braun) sowie die Serie „Aleppo" (mit Ornament) zu sehen sind. Diese

schlichte Dekorserie wurde durch eine blaue Variante namens „Sumatra" (in der Werbeanzeige nicht abgebildet) ergänzt. Zusätzlich gab es noch die drei hier gezeigten Dekore „Azur" (dunkelblau), „Hellas" (hellblau) und „Teneriffa" (leuchtend rot) sowie zwei Dekore, deren Namen noch nicht herauszufinden waren (eines davon ist hier in der Werbeanzeige vom Oktober 1965 zu sehen). Die Dekornamen sind jeweils handgeritzt auf der Unterseite der Keramiken zu finden.

Anscheinend gab es von der Keramik-Keruska nur neun oder zehn Krugvasen mit Formummern von 101 bis 109 und sechs Vasen mit Formnummern von 201 bis 206. Dabei wurde jede Form wohl nur in einer einzigen Größe hergestellt. Interessanterweise haben die Vasen und Krugvasen mit aufsteigender Formnummer auch jeweils eine größere Höhe. Des Weiteren gab es noch mindestens drei Kerzenhalter mit den Formnummern 301 (6 cm hoch), 302 (15 cm hoch) usw. sowie eine Schale, deren Formnummer noch nicht herausgefunden werden konnte. Die Krugvase 105 (31 cm hoch) ist auch als Lampenfuß mit Birnenfassung und Loch für das Kabel bekannt. Zusätzlich gab es noch eine Geschirrserie, auf die ich weiter unten eingehen werde. Sämtliche Modelle scheinen alle bereits 1964 zur gleichen Zeit entstanden zu sein. In der ersten bekannten Werbeanzeige vom Januar 1965 sind jedenfalls schon etliche der Formen von Hanns Welling gezeichnet dargestellt. Auch die zunehmende Größe bei aufsteigender Formnummer spricht für eine komplette Serie, die gleichzeitig entworfen wurde.

Keruska-Dekore Bislang sind zwölf verschiedene Dekore auf den Modellen von Keramik-Keruska bekannt. Im Januar 1965 wurden die Dekore „Ontario" und „Turmalin" im redaktionellen Teil der Zeitschrift „Die Schaulade" auf Seite 107 vorgestellt. Im August 1965 Links oben: Krugvase Form 106 (40 cm hoch) und Leuchter 301 (6 cm hoch) mit Dekor „Hellas" Foto/Sammlung: Guido Van den Heule rechts oben: Leuchter Form 301 (6 cm hoch) mit Dekor „Sierra". Die mattbraune Grundglasur wird durch die leuchtend gelbe Glasur auf der Oberseite aufgelockert. Foto/Sammlung: Michael Kempf rechts: Ausschnitte aus einer Werbeanzeige vom August 1965. Gezeigt werden die Dekore „Sahara" (gelb), „Savanne" (grün), „Sierra" (braun) und „Aleppo" (mit Ornament) Quelle: Die Schaulade, Ausgabe August 1965, Seite 1015 02 / 22


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KerAMiK 12

Keruska-Geschirr Hanns Welling entwarf zur Komplettierung des Keruska-Sortiments noch eine eigenwillige Geschirrserie namens „Provence", von der aber bislang keine Einzelteile antiquarisch oder in Sammlungen zu finden waren. Es ist leider nicht bekannt, ob die Geschirrserie bereits nach kurzer Zeit wieder eingestellt wurde und, falls dies zutrifft, aus welchem Grund dies geschah. Große Stückzahlen scheinen jedoch nicht produziert worden zu sein. Auffällig ist jedoch, dass die sehr markante Geschirrform nur wenig später, nämlich ab Anfang 1967, in nur leicht veränderter Form von der Firma W. Goebel in einem extra für diesen Zweck errichteten Werk unter der neuen Marke „OPM" (Oeslauer Porzellan Manufaktur W. Goebel) produziert und in mehrseitigen Anzeigen in den einschlägigen Fachzeitschriften beworben wurde. Goebel warb dabei ausdrücklich mit dem Namen Hanns Welling und druckte sogar ein Foto des Designers in der Werbeanzeige ab. Die betreffende Geschirrform „Country" war bei OPM/Goebel sehr erfolgreich und blieb über 20 Jahre lang mit wechselnden Dekoren im Programm. Da die gestalterischen Ähnlichkeiten bei der OPM-Form „Country" zur KeruskaForm „Provence" nicht zu übersehen sind, stellt sich die Frage, warum die eine Serie

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eingestellt wird, während sich die andere schlagartig auf dem Markt erfolgreich etablieren kann. Eine Antwort darauf wird wohl leider nicht mehr zu erhalten sein.

Die Spur verläuft im Sande Im Januar 1966 versprach Keramik-Keruska der Kundschaft in einer Werbeanzeige zur Frühjahrsmesse in Frankfurt noch interessante Neuheiten für den Fachhandel. Die letzten bekannten Werbeanzeigen der Firma vom August und Oktober 1966 zeigen aber nur die Serie „Turmalin", die bereits im Januar 1965 in der Schaulade (mit dem bereits erwähnten Redaktionsschluss im Dezember 1964) abgebildet wurde. Also doch keine Neuheiten mehr, nur kurze Zeit nach Gründung der Keramik-Keruska? Hanns Welling war vermutlich sehr mit seinen Entwürfen für die OPM beschäftigt, für die er bereits seit 1965 tätig war. Neben der oben genannten Geschirrform „Country" entwarf Welling passende Vasenserien und gestaltete – wie auch bereits bei Ceramano und KeramikKeruska, die Werbeanzeigen und den kompletten neuen Messestand. Ganz nebenbei entwarf er auch noch das SuppenSet „Piroschka" für die Firma Villeroy & Boch (1965). An Beschäftigung mangelte es ihm also im Zeitraum 1965 bis 1967 offensichtlich nicht. Vielleicht war es aber auch der Produzent Gerz, der sich nicht mehr ausreichend um die Keramik-Keruska kümmern konnte und entweder die Zusammenarbeit mit Herrn Keruska oder die Sparte KeramikKeruska (je nach Konstellation der damaligen Zusammenarbeit) auslaufen ließ. Die Firma Gerz war mit ihren eigenen Sortimenten sehr erfolgreich und hatte ihren Umsatz in der kurzen Zeit von 1963 bis 1966 bereits verdoppelt. Die Kapazitätsgrenze des Betriebes in Höhr-Grenzhausen war erreicht und die Geschäftsleitung des Unternehmens war 1966 mit der Su-

che nach einem neuen Firmensitz und der Planung für das neue Werk beschäftigt. Noch im selben Jahr wurde ein neuer Standort im benachbarten Sessenbach gefunden und nach nur siebenmonatiger Bauzeit wurde die Arbeit im neuen Werk ab Mitte 1967 aufgenommen. Die Spur der Keramik-Keruska verliert sich hiermit. Nach Oktober 1966 finden sich keine Werbeanzeigen mehr in den einschlägigen Fachzeitschriften. Der Firmenname ist leider auch nicht im Handelsregister, im Stadtarchiv oder in alten Adressbüchern zu finden. Vielleicht war es wirklich nur eine kurzlebige Sparte der Firma Gerz, die durch den Umzug nach Sessenbach und die Vielbeschäftigung von Links: Ausschnitt aus einer Werbeanzeige der Simon Peter Gerz GmbH vom April 1969. Vorne links ist die Keruska-Form 202 (13 cm hoch) und in der Mitte die Keruska-Krugvase 105 (31 cm hoch) zu sehen. rechts findet sich die Gerz-Form 2026/25 (25 cm hoch) nach einem entwurf von Klaus Schwebsch. Gerz produzierte diese Vasen gegen ende der 60er-Jahre oft mit einfarbigen, leuchtenden Glasuren in Orange oder rot, es sind aber auch andere Dekore bekannt Quelle: Die Schaulade, Ausgabe April 1969, Seite 637 Oben links: Werbeanzeige vom August 1965, gestaltet von Hanns Welling. Die Skizze mit den verschiedenen Formen wurde zuvor bereits im Januar 1965 in einer anderen Werbeanzeige verwendet. Zur Herbstmesse gab es demnach kein neues Werbematerial Quelle: Die Schaulade, Ausgabe August 1965, Seite 1016 Oben rechts: Originalfoto aus einer Keruska-Werbeanzeige. Links Krugvase Form 108 (50 cm hoch) mit einem unbekannten Dekor. Die Formnummern des Leuchters rechts und der kleineren Krugvase vorne sind leider unbekannt Quelle: Porzellan + Glas, Ausgabe Oktober 1965, Seite 39


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KerAMiK 13 Hanns Welling „untergegangen" ist. In der kurzen Produktionszeit von 1965 bis 1966 wurde aber anscheinend eine nicht geringe Anzahl von Vasen produziert, von denen zahlreiche Exemplare in Sammlungen „überlebt" haben oder im Internet zum Kauf angeboten werden. Die Firma Gerz hat einige der anscheinend sehr gut verkäuflichen Vasenformen auch noch nach dem Umzug nach Sessenbach weiter produziert, allerdings mit typischen, Gerz-Glasuren (z. B. einfarbig in leuchtendem Orange oder Rot) und ohne die handschriftlich geritzten Formnummern oder Dekornamen auf der Unterseite. Die Formnummern der jeweiligen Keruska-Modelle wurden später bei Gerz beibehalten, aber nur in seltenen Fällen sind diese geprägt auf dem Vasenboden zu finden. Meist sind die Gerz-Keramiken mit den Keruska-Formen unmarkiert und nur manchmal durch einen Gerz-Firmenaufkleber zu erkennen. Noch im April 1969 warb Gerz mit zwei Keruska-Modellen (Krugvase Nr. 105 und VaLinks: Weitere Teile der Geschirr-Serie „Provence" wurden im Frühjahr 1965 in handgezeichneten Skizzen von Hanns Welling vorgestellt. Die so gestaltete Werbeanzeige sollte dem Leser dadurch vermitteln, dass den Keramiken ein künstlerischer entwurf zugrunde liegt Quelle: Die Schaulade, Ausgabe März 1965, Seite 341

se Nr. 202) in einer Werbeanzeige und schrieb dazu: „Keramik vollendet in Form und Farbe". Der Name Hanns Welling wurde nicht in der Anzeige erwähnt, es war allerdings auch eine dritte Vase (nach einem Entwurf von Klaus Schwebsch) mit abgebildet. Vermutlich blieben die erfolgreichen Vasenformen von Hanns Welling noch einige Zeit im Gerz-Programm, aber nach und nach gewann – wie allgemein in der Keramik-Branche – der Geschirr-Sektor bei Gerz immer mehr an Bedeutung und die Zierkeramik-Serien wurden langsam eingestellt. Des Weiteren hatten bei Gerz traditionell auch Bierkrüge immer einen sehr großen Anteil an der Produktion. Der Name Keruska ist heute nur noch durch die handgeritzten Aufschriften auf den noch erhaltenen Keramiken bekannt. Dieser Artikel ist ein Versuch, mit den recherchierten Informationen ein wenig Licht in die Geschichte der Keramik-Keruska zu bringen und somit den Namen in den einschlägigen Archiven zu erhalten. Vielen Dank an Michael Kempf, James Noble und Guido Van den Heule für die Zurverfügungstellung von Objektfotos sowie an Herrn Roland Giefer vom Dokumentationszentrum Kannenbäckerland für seine freundliche Unterstützung bei den Nachforschungen in Höhr-Grenzhausen. Fotos: wie angegeben

rechts oben: Geschirr-Serie „Provence", abgebildet in einer Werbeanzeige vom März 1965. Die Anzeige versprach: „Provence gehört zu den 'besonderen Dingen'. Man braucht sie nicht erst zu testen, weil sie für sich sprechen..." Quelle: Die Schaulade, Ausgabe März 1965, Seite 341 rechts unten: Die Ähnlichkeit zur Keruska-Serie „Provence" ist nicht zu übersehen: Die GeschirrForm „Country" von der OPM (Oeslauer Porzellan Manufaktur W. Goebel) wurde im April 1967 in ganzseitigen Werbeanzeigen samt Nennung des entwerfers Hanns Welling beworben. Hier zu sehen ist das Geschirr mit den Dekoren „Finmark" (Türkisblau) und „Toskana" (Zitronengelb). Des Weiteren gab es noch eine braune Variante mit dem Dekornamen „Provence" (sic!) Quelle: Die Schaulade, Ausgabe April 1967, Seite 437 02 / 22


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