Spieluhren 02/2023 64419 • € 5,50 Schweiz CHF 9,–| Österreich € 6,–TERMINHEFT als Beilage Europas Sammlermagazin 4 196441 905502 02 2 Monate Termine
Dior
Sonderheft
Gold & Silber
Anlagemünzen in Gold und Silber
3. Auflage 2022
Format 21 x 29 cm, 128 Seiten, durchgehend farbig, Broschur
Preis: 14,90 €
In Zeiten von Nullzinsoder gar NegativzinsPolitik der Banken und einer bedrohlich steigenden Inflation sind viele Menschen auf der Suche nach stabilen Werten und einer guten Möglichkeit, ihr schwer verdientes Geld sicher anzulegen. Viele Anleger, gerade private Kleinanleger, denken gerade darüber nach, einen Teil ihrer liquiden Mittel in Gold anzulegen.
Battenberg Gietl Verlag GmbH Postfach 166 · 93122 Regenstauf Tel. 0 94 02/ 93 37- 0 · Fax 0 94 02/ 93 37-24 E-Mail: info@battenberg-gietl.de · www.battenberg-gietl.de Erhältlich im Buch- und Fachhandel oder direkt beimVerlag. Lieferbar ab 28. September 2022
n Blechdose
Hvor einiger Zeit habe ich eine alte Dose auf einem Flohmarkt erworben. Im Internet konnte ich nichts finden bis auf einen Bericht, dass dieses Mittel" Lukutate" 1927 sehr dubios war. Ich würde mich über mehr Infos und auch eine Bewertung der Dose freuen. Reinhard Wand, o. O.
DDie kleine Blechdose zeigt auf dem Deckel eine exotische indische Schönheit und einen Elefanten mit seinem Mahout sowie den Produktnamen „Lukutate“ und das Werbeversprechen „Verjüngung“. Hergestellt wurde die unter dem Namen „Lukutate“ vertriebenen GeleeFrüchte von der Firma Chemische Fabrik Wilhelm Hiller in Hannover. Grundbestandteil war die Durian-Frucht, wegen des strengen Geruchs auch „Kotzfrucht“ genannt. In den 1920er Jahren war in der Werbung viel von einer nötigen „Verjün-
gung“ des „Volkskörpers“ die Rede. Angst vor einer Vergreisung der Gesellschaft und vorzeitiges Altern waren ein wiederkehrendes Thema. Abhilfe sollten Nahrungsergänzungsmittel zur „Entgiftung“ und „Verjüngung“ bringen. Laut Firmenwerbung sollte der Verzehr der DurianFrucht verantwortlich sein für das lange Leben der Elefanten, Papageien und Geier. Letztere hat der Werbegrafiker dann wohl absichtlich weggelassen. Die kleine Dose wurde um 1926 hergestellt und enthielt „nicht künstliche“ GeleeFrüchte. Lukutate war auch erhältlich als Brotaufstrich und als Bouillonwürfel. Die kuriose Blechschachtel hat deutliche Gebrauchsspuren und daher nur ein Wert von unter 20 Euro. Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger, Lüneburg
n Gemälde
Anbei sende ich Ihnen zwei Fotos eines Gemäldes von H. Gutzmann (so deute ich zumindest die Signatur). Ich habe dieses Bild bei einem Haushaltsauflöser in Goslar erstanden. Durch seine Farbigkeit
(Ölkreide?) gefiel es mir sehr gut. Die Maße sind 52 x 44 cm. Leider finde ich nichts zu der Künstlerin oder dem Künstler
im Internet. Können Sie mir eventuell weiterhelfen?
Georg Weiß, Goslar
!Bei dem dekorativen Bild handelt es sich um einen Offset Druck nach dem Gemälde von Hans Purrmann (1880-1966) aus dem Jahre 1955, dargestellt sind "Häuser und Mauern in Porto d'Ischia". Da es sich um eine schlichte Reproduktion handelt ist der Marktwert auch nur marginal. Trotzdem war die Entscheidung das Bild zu kaufen durchaus richtig, selbst in der Reproduktion erkennt man noch die Qualität des Purrmann Originals. Der Wert liegt bei unter 50 Euro. Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger, Lüneburg
n In dieser Rubrik beantworten unsere Experten Ihre Fragen zu dem ein oder anderen guten Stück. Doch leider sehen wir uns außerstande, ganze Nachlässe oder sämtliche sich in Ihrem Haushalt befindlichen Trouvaillen bewerten und schätzen zu lassen. Auch bitten wir um Verständnis, wenn es mit der Bearbeitung länger dauert. Senden Sie uns also Ihre Anfrage nur zu einem zu bestimmenden Objekt –mit detaillierter Beschreibung und gutem Foto, auf dem das Objekt ganz abgebildet ist.
Noch ein Hinweis zu den Preisen, die von Fall zu Fall von unseren Experten genannt werden: Hierbei handelt es sich um Richtwerte, die anhand von Fotos allein getroffen werden und je nach Zustand des Objekts nach oben oder unten korrigiert werden können.
Ihre Anfrage schicken Sie bitte an:
Gemi Verlags GmbH
Redaktion Leserforum
Pfaffenhofener Str. 3
85293 Reichertshausen
oder per E-Mail an info@gemiverlag.de
LESERFORUM 4
02 / 23
EXPERTISEN
?
!
?
n Silberbecher
Als treuer Leser Ihrer Zeitschrift, hätte ich folgende Bitte: Mein Großvater brachte vom ersten Weltkrieg einen Silberbecher mit Goldeinlagen(?) vom Russlandfeldzug zurück. Er wiegt 77Gramm. Ich möchte Sie bitten mir mitzuteilen was es historisch über diesen Becker zu sagen gibt? Außerdem würde mich interessieren was sein Wert ist und wie ich ihn richtig pflegen kann, da ich immer Angst habe ihn dabei zu beschädigen da ich auch nicht die Patina angreifen möchte.
Astrid Messerschmitt, o. O.
DDer silberne Becher mit schöner authentischer Patina wurde tatsächlich wie auf der Punze angegeben um 1833 hergestellt. Er zeigt in drei Reserven dilettantisch-naiv anmutende Darstellungen, einen Putto mit Lorbeerkranz, eine sitzende Person und einen Früchtekorb. Die Darstellungen sind durch Niello (schwärzliche Masse aus Silber, Schwefel, Kupfer und Blei) akzentuiert, der Becher ist zudem teilweise vergoldet. Die Punze „Heiliger Georg mit dem Drachen“ verweist auf die Stadt Moskau, das Beschauzeichen darauf, dass das Stück 1833 von „НД“ Nikolaì Lukich Dubrovin auf den Silbergehalt geprüft wurde ( 84 Zolotniki = 875/1000 Silber). Das Herstellerzeichen ist leider et-
was verschlagen und lässt sich nicht auflösen. Gerade für diesen Zeitraum - wenige Jahre nach den napoleonischen Kriegen - ist die Quellenlage dürftig. Der historische Kontext ist folgender: Der ukrainische Nationaldichter Taras Hryhorowytsch Schewtschenko war zu diesem Zeitpunkt noch Leibeigener und konnte sich erst 1838 mit Hilfe von Freunden freikaufen. Die Niederschlagung der polnischen („Kongresspolen“) Novemberrevolution 1830 (wegen politischer Unterdrückung durch den russischen Zaren) führte zu einer großen Emigration und einer Polenbegeisterung im westlichen Europa, insbesondere in Frankreich. Der „mitgebrachte“ Becher wird in der lostart.de Datenbank für Raubkunst nicht gelistet. Legal erworbene Becher gleicher Qualität wurden im Preisbereich 300,- bis 600,- Euro versteigert. Aufgrund der politischen Gesamtsituation ist mit einem Preisverfall für russisches Silber zu rechnen. Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger, Lüneburg
LESERFORUM 5 02 / 23
?
!
AUSSTELLUNGEN
n Vinyl-Ikonen
Es gibt viele ältere und nicht wenige jüngere Menschen, die beim Anblick einer Schallplatte ins Schwärmen geraten. Das sind zumeist Menschen, die nicht allein den digitalen Angeboten folgen, sondern gern auf eine jener Vinyl-Ikonen zurückgreifen, die zu den Wegmarken unserer Kulturgeschichte zählen. Neben der Musik waren und sind es vor allem die Cover, die viele Künstlerinnen und Sammler in besonderer Weise reizen und außergewöhnliche grafische Leistungen und umfangreiche Sammlungen angeregt haben. Noch bis 5. März zeigen die städtischen Museen Jena Plattencover aus 60 Jahren.
Telefon: 03641 498266
Webseite: www.kunstsammlungen-jena.de
n Gruß vom Künstler
Die Postkarte wurde im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts zum idealen Kommunikationsmittel einer sich globalisierenden Gesellschaft mit vereinfachtem Informationsaustausch. Sie dokumentiert im Laufe ihrer Geschichte nicht nur touristische Highlights, sondern auch historische Ereignisse, bildet Persönlichkeiten und Kunstwerke ab, verbreitet Ideen von Lebensstilen, Erotik und Poesie.
Bereits 1865 hatte der spätere deutsche Generalpostdirektor vorgeschlagen, eine offen zu befördernde Karte für handschriftliche Mitteilungen zu entwickeln. Der Vorschlag wurde abgelehnt. Offener Text erschien zu jener Zeit noch als unsittlich, da er als Affront gegen das Postgeheimnis und die Privatsphäre verstanden wurde. Offiziell eingeführt wurde die Postkarte schließlich ab 1870. Bis 1905 war jedoch vorgesehen, nur die Bildseite mit Text zu versehen. Die Rückseite war der Adresse und der Briefmarke vorbehalten.
Um 1900 entstanden neben den in größeren Auflagen gedruckten Postkarten dann auch einzeln gemalte oder grafisch gestal-
tete Kunstunikate. Vor allem die Künstlerinnen und Künstler der expressionistischen Gruppe Brücke schickten Anfang des 20. Jahrhunderts selbst gemalte Grußbotschaften bis zu dreimal täglich an ihre Freunde, Sammler und Förderer, in denen oftmals eine bewusste Opposition zum bürgerlichen Zeitgeist eingenommen wurde. Diese Tradition der Kunstpostkarte hält bis in die Gegenwart an. Neben den Brücke-Mitgliedern spielten und spielen viele Künstlerinnen und Künstler mit dem Medium und entwerfen Kunstkarten als Unikate, die dann jedoch bewusst als Massenmedium verbreitet werden. Andere Künstler nutzen populäre Ansichtskarten als Anregung, um daraus ein einzigartiges Kunstwerk zu erstellen. In der Ausstellung werden bis 29. Mai insgesamt 150 Künstlerpostkarten aus der fast 2.000 Exemplare umfassenden Sammlung des Altonaer Museums präsentiert. Darunter sind Arbeiten von Ernst Ludwig Kirchner, Max Pechstein, Franz Marc, Anita Rée, Joseph Beuys, Sol LeWitt und Andreas Slominski.
Telefon: 040 428131171
Webseite: www.shmh.de
n Muster der Moderne
Konstruktivismus und geometrische Abstraktion prägten die bildende Kunst ebenso wie das Design der 1920er-Jahre. Seit 50 Jahren erforschen Fritz Zuschlag und Bodo Wieneke-Zuschlag das Thema Abstraktion in der bildenden Kunst wie auch im angewandten Bereich. Mit viel Leidenschaft und Sachverstand haben die beiden Kölner eine Kollektion zusammengetragen, die das Kunstschaffen der 1920er-Jahre in seinen unterschiedlichen Facetten beleuchtet. Ein Schwerpunkt liegt auf der Kunst des Bauhauses und des deutschen Konstruktivismus. 2022 hat sich das Bröhan-Museum mit dem Ehepaar Zuschlag-Wieneke auf eine Übertragung der hochkarätigen Sammlung geeinigt, die langfristig in den Besitz des Museums übergeht. Die Ausstellung bietet
MAGAZIN 6
02 / 23
Panorama der Plattencover-Ausstellung in den Städtischen Museen Jena
Franz Marc, Schweineherde unter einem Baum, Künstlerpostkarte, 1913; Altonaer Museum Hamburg Foto: Altonaer Museum
Marta Hegemann, Frauen (Schaufensterpuppen), o. J., Sammlung Fritz Zuschlag, Bodo WienekeZuschlag, Köln; Bröhan-Museum Berlin Foto: Christoph Petras
bis 12. Februar mit etwa 250 Bildern, Skulpturen und Keramiken nun erstmals einen Einblick in die umfangreiche Kollektion.
Die Sammlung Fritz Zuschlag, Bodo Wieneke-Zuschlag bildet alle wichtigen Positionen der 1920er- bis 1930er-Jahre ab, was auch figurative Tendenzen bis hin zu Gemälden im Stil der Neuen Sachlichkeit miteinschließt. Ein besonderes Merkmal ist die Gleichwertigkeit, mit welcher Werke aus bildender und angewandter Kunst einander auf Augenhöhe begegnen. Gerade in Deutschland, wo anders als in der angelsächsischen Kunst- und Museumslandschaft die Bereiche meist noch scharf getrennt werden und vielfach überkommene Gattungshierarchien nachwirken, ist eine solche Ausrichtung selten. Dabei können sich gerade in der Zusammenschau von Kunst und Design neue Beobachtungen und Erkenntnisse einstellen, die der Erforschung beider Bereiche zugutekom-
geprägt wurde. Den Kölner Progressiven, in Berlin bislang selten gezeigt, ist in der Ausstellung ein eigener Raum gewidmet.
Telefon: 030 32690600
Webseite: www.broehan-museum.de
VERMISCHTES
n Große und kleine Orgeln
Die Drehorgel ist fest mit der Geschichte der Technik Museen Sinsheim Speyer verbunden. Die beiden Freizeiteinrichtungen
Heinrich Hoerle, Ohne Titel (Weiblicher Halbakt), 1930, Sammlung Fritz Zuschlag, Bodo WienekeZuschlag, Köln; Bröhan-Museum Berlin
Foto: Christoph Petras
men. Das Bröhan-Museum verfolgt diesen interdisziplinären Ansatz seit vielen Jahren und ist glücklich darüber, dass Fritz Zuschlag und Bodo Wieneke-Zuschlag es zum Adressaten der großzügigen Schenkung gemacht haben.
In den 1920er-Jahren fanden die Stilelemente der Avantgarde ihren Widerhall im Design des alltäglichen Lebens. Besonders hervorzuheben ist hierbei der Bereich der Keramik. Kannen, Vasen und Tortenplatten mit gemalten und gespritzten geometrischen Dekoren sind bis heute begehrte Sammlerstücke.
Ein besonders interessantes Konvolut innerhalb der Sammlung ist die Kunst der Kölner Progressiven, die sich als avantgardistische Künstlergruppe nach dem Ersten Weltkrieg gründeten und deren Kunst stark durch ihre politische Richtung
Drehorgelserenade im Technik Museum Speyer
beherbergen in den Ausstellungshallen bereits seit ihren Anfängen hunderte Musikinstrumente und Orgeln. Nicht selten spielt Museumspräsident Hermann Layher, bei Veranstaltungen oder besonderen Anlässen, selbst eines der Sammlerstücke und über die letzten Jahre wurde dem urigen Instrument bei Konzerten und Events immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Partystimmung rund um große und kleine Orgeln gibt es bei der Drehorgelserenade am 25. Februar im Technik Museum Speyer. Umgeben von einem gigantischen Space-Shuttle, glänzenden Oldtimern oder von der Decke herabhängenden Flugzeugen, bietet die Raumfahrthalle des Museums einen besonderen Rahmen für diese Veranstaltung. Denn gerade der Kontrast, von nostalgischer und futuristischer Technik, verleiht diesem Konzert sein einzigartiges Flair. Das Programm beginnt um 19 Uhr. Von der kleinen Drehorgel bis hin zur Kirmesorgel werden an diesem Abend die verschiedensten Instrumente zu hören sein. Klassiker treffen auf Schlager und Mitsingen wie auch Schunkeln sind ausdrücklich erwünscht. Treffpunkt ist der Haupteingang des Technik Museum Speyer. Von dort aus zieht der musikalische Zug durch die Ausstellungshallen. Neben den gespielten Stücken gibt es auch eine Nachtführung sowie ein AllInclusive-Catering-Paket. Eintrittskarten gibt es zu 27 Euro. Wer gerne selbst mit seiner Drehorgel mitspielen möchte, kann sich beim Museum dafür anmelden. Unterstützung bei der Gestaltung des Programms gibt es von Mitgliedern, Mitarbeitern und Freunden der Museen. Natürlich sind Sina Hildebrand (Klangtistin) und Horst Thome (Referent für mechanische Musik) wieder mit dabei. Beide führen durch das Programm und lassen ebenfalls das ein oder andere Instrument erklingen.
Telefon: 06232 670868
www.technik-museum.de/serenade
MAGAZIN 7 02 / 23
Max Pechstein, Varieté-Zänzerin, 1910, Künstlerpostkarte; Altonaer Museum Hamburg Foto: Altonaer MuseumFoto: Altonaer Museum
DiOr
KATHriN BONACKEr
Wer von „Haute Couture“ spricht, redet immer auch von Christian Dior. Der französische Modedesigner prägte die europäische Nachkriegszeit durch seinen „New Look“ maßgeblich, und das „Dior“-imperium wuchs in der Folge bis heute zu einem nicht wegzudenkenden Bereich der Mode- und Parfum-industrie. Für Fans der Kleider, Handtaschen, Brillen oder Flakons tut sich hier ein breites Sammelgebiet auf, nicht zu reden von der ikonischen reklame, die die Objekte all die Jahre begleitet und enorm zu ihrer Popularität beigetragen hat.
Christian Dior starb bereits 1957 mit gerade einmal 53 Jahren (vermutlich an einem Herzinfarkt) und hinterließ ein gesundes Unternehmen, in dem der junge Yves Saint Laurent, den er dort seit 1953 als Assistenten beschäftigt hatte, neuer Chefdesigner wurde. Diors 1947 entworfene, sehr feminine „Ligne Corolle“ (also die „Glockenblumen-Linie“) bekam nach der faszinierten Bemerkung einer Redakteurin der amerikanischen Modezeitschrift „Harper’s Bazaar“ ihren Spitznamen „New Look“: Ein „neues Aussehen“ wünschten sich viele nach den entbehrungsreichen Kriegsjahren, und Christian Dior wurde damit extrem erfolgreich. Im Anschluss lag ihm die Modewelt bis zu seinem frühen Tod zu Füßen und das Unternehmen hat bis heute nichts an Glanz verloren.
‚Haute Couture‘, vielleicht am besten übersetzbar mit ‚gehobene Kunst der Schneiderei‘, bedeutet allerdings auch, dass sich nur sehr wenige Menschen die eigentlichen Textilien, die bei den Modeschauen präsentiert werden, überhaupt leisten können. „Dior“ ist für Normalsterbliche eher unbezahlbar, und ein „Dior“-Kleid ist eben nicht einfach so als Souvenir aus Paris mitzubringen, wie es ein Bilderwitz von 1961 illustriert. Sebastian Späth berichtete im Juli 2022 im „Spiegel“ von dort: „Ton-inTon-Stickereien, Patchworks aus Spitze,
Links: Abendkleid des „Dior“-Designers Gianfranco Ferré (1992, Palazzo Pitti, Florenz)
Oben: Modefotografie aus „Film und Frau“ (6/1957)
MODE 8
Der Designer
geriffelte Ärmel und gesmokte Taillen ziehen sich als verbindendes Element durch Diors aktuelle Herbst/Winter-Kollektion. Falls Sie interessiert sind: Die Einstiegspreise in dieser Modeliga beginnen bei etwa 50.000 Euro.“ Da sind die in Zusammenarbeit mit der Firma „Birkenstock“ 2022 erstmalig präsentierten Hausschuhe für 960 Euro schon beinahe ein Schnäppchen! Das Geniale am Konzept großer Modeimperien ist daher die Übertragung der Sehnsucht nach eben dieser Möglich-
Ganz oben links und rechts: „Dior“-Modelle in französischer Modezeitschrift („Marie France“ 3/1961)
Amerikanische Werbeanzeige von 1964
Oben: Bilderwitz aus „Für Sie“ (17/1961)
rechts oben und unten: Klassisch geschnittenes „Dior“-Kostüm in Knallrot von 2008
Detail einer Handtaschen-Anzeige mit „Dior“Buchstaben (1998)
keit auf andere, leichter zu beschaffende, weil bezahlbarere Produkte wie Accessoires und Parfum.
Aber mit der exquisiten Mode fing alles an. Der gefeierte Fotograf Willy Maiwald (1907-1985) lichtete die Kleider kongenial ab und seine Fotos, die die Models oft auf Treppenstufen oder vor elegantem Mobiliar oder teuren Autos in Szene setzten, zierten die Modemagazine.
punkteter Bluse und gleich gemustertem Hut von 1984, und auch im Palazzo Pitti in Florenz wird in einer Schau zur Modegeschichte ein „Dior“-Kleid gezeigt. In der französischen Hafenstadt Granville, einem mondänen Badeort des 19. Jahrhunderts in der Normandie, gibt es sogar ein „Musée Christian Dior“, welches sich komplett seinem Andenken widmet und seit 1997 jährlich neue Ausstellungen präsentiert. Die Museumsvilla war Christian Diors Elternhaus und ist längst ein Tourismusmagnet.
Erkennbar sind die Produkte des Imperiums durch den schlichten Schriftzug „Christian Dior“, ein „CD“-Logo, einen „Dior“-Stoff mit eingewebtem Namen oder durch eine Art metallischen D-i-O-R-Buchstaben-Salat, der mit Hilfe eines Rings zusammengehalten an den Handtaschen baumelt. Je nachdem, ob das Statement „Ich besitze ein Dior-Designerstück!“ entscheidend ist, oder ob das Wissen darob der Eigentümerin oder dem Besitzer für das eigene Vergnügen genügt, ist das weithin sichtbare Logo mehr oder minder wichtig.
Als typisch für des Meisters Entwürfe galten zunächst die „diorisierte“ Baskenmütze, dreiviertellange Ärmel und das Hahnentritt-Muster („pied de poule“), zum geknöpften schwarzen Wollrock, den er im März 1948 zeigte. In der französischen Modezeitschrift „Elle“ wurde er daraufhin als „Le Picasso de la Mode“ tituliert und weltweit gefeiert.
Inzwischen sind manche der Entwürfe Diors oder der Nachfolge-Designer Museumsstücke geworden. Im „Museum für angewandte Kunst“ in Köln (MAK) findet sich zum Beispiel eine Kombination aus schwarzem Rock mit gelber, schwarz-ge-
MODE 9 02 / 23
„Dior”-Mode
Mit dem „Miss Dior“ genannten Duft bot Christian Dior ab 1947 erstmalig Parfümerie passend zur Kollektion, wie es Coco Chanel 1921 mit „No 5“ und Jean Patou mit „Amour Amour“ (1925) begonnen hatten und wie es zu dieser Zeit beispielsweise auch die Kollegin Nina Ricci mit „Coeur Joie“ (ab 1946) und Cristóbal Balenciaga mit „Le Dix“ (ab 1947) betrieben. „Miss Dior“ gibt es bis heute und die derzeitige Werbeträgerin ist die oscarprämierte Schauspielerin Natalie Portman. 1948 folgte „Diorama“ und das als Uni-Sex-Duft gedachte „Eau Fraiche“ dann 1955. 1963
spielten die Kreativen ein bisschen mit dem Englischen und benannten ein neues Parfum „Diorling“. Bereits 1956 kam aber auch schon „Diorissimo“ auf den Markt, inzwischen ein Klassiker, über den gesagt wird, er sei später einer der Lieblingsdüfte von Lady Di gewesen. Ein anderer Klassiker von „Dior“ ist das 1966 eingeführte „Eau Sauvage“ („Wildes Wasser“) für Männer – der schräg geriffelte Flakon mit silberner Bauchbinde ist schlicht gehalten und sieht heute noch genauso aus wie in den 1970er-Jahren. Beide Parfums stammen vom Meisterparfumeur Edmond Roudnitska, der auch „Diorella“ (1972) und „DiorDior“ entwickelte (1976). Das 1969 lancierte „Dioressence“ kreierten zwei andere Parfumeure.
Für das neu entwickelte Herrenparfum „Jules“ erschien 1980 eine der letzten rein grafisch gestalteten Reklamen, bevor der Siegeszug der Fotografie dem ein Ende setzte.
Für „Poison“ (seit 1985 im Handel) mit den Folgedüften „Tendre Poison“ (1994), „Hypnotic Poison“ (1998), „Pure Poison“ (2004), „Pure Poison Elixir“ (2006), „Midnight Poison“ (2007) und „Poison Girl“ (2016) warb die Dior-Parfümerie lange Jahre mit der französischen Schauspielerin Isabelle Adjani und setzt beim Flakon auf die Apfelform, um ästhetisch an die ‚verbotene Frucht‘ aus dem Paradies anzuknüpfen.
Die Herrendüfte „Eau Sauvage Extreme“ (1984) und „Fahrenheit“ (1988) sind ebenfalls beide zu Klassikern geworden. Der Flakon von „Fahrenheit“ spielt mit dem Thema Temperatur (wie der Name ja andeutet) und zeigt von unten nach oben einen Farbverlauf von sehr hellem Gelb über Orange und Rotbraun bis hin zum schwarzen Deckel, als wäre er einer Flamme nachempfunden.
Ab 1991 gab es „Dune“ (also auf Deutsch „Düne“), dessen Name die Möglichkeit bot, nackte Haut auf Sand zu assoziieren, und „Dolce Vita“ (das „süße Leben“ auf Italienisch) folgte 1995. Letzteres knüpfte in Flakon-Gestaltung und Reklame ein bisschen an traditionelle „Dior“-Bilder an und zeigte das Glasfläschchen mit dem verspielten, auf Rundungen setzenden Schliff in Schwarz-Weiß-Bildern einer Frau in
Oben von links nach rechts: „Miss Dior“ & „Miss Dior Chérie“
„Miss Dior“ im ‚Ballonflug‘ über Paris (2009)
„Miss Dior“-Anzeige von 1982
Unten links und rechts: Apfelflakon von „Pure Poison“
„Poison“-Werbung von 1988
MODE 10
02 / 23
„Dior”-Parfums
schwarzem Kostüm mit Perlenkette à la Audrey Hepburn.
Bei „J’adore“ (seit 1999) setzte der Konzern auf den Gleichklang von „Dior“, „j’adore“ (übersetzbar mit „ich bete an“ oder „ich schwärme für“) und „d’or“ (was „golden“ bedeutet) und ließ die hellhäutige Werbeträgerin in einer Anzeige gleich in flüssigem Gold baden. Auch die (goldblonde) Charlize Theron präsentierte das Duftwasser adäquat mit einer Mehrfachkette, wie sie ähnlich den Hals der Flasche ziert und optisch verlängert. Die Assoziation der Stammestraditionen der NdebeleFrauen in Südafrika, die Messingringe um den Hals tragen und im Laufe ihres Lebens immer weiter ergänzen, war dabei sicher als exotischer Effekt gewollt.
2002 kam „Addict“ auf den Markt, „Bois d’Argent“ 2004, „Homme“ und „Miss Dior Chérie“ 2005. Das traditionelle „Miss Dior“ und „Miss Dior Chérie“ wurden 2012 neu ausgerichtet, und „Miss Dior Chérie“ heißt etwas irritierend seither „Miss Dior“ (und riecht wohl auch etwas anders), während der Duft von 1947 inzwischen als „Miss Dior Original“ gehandelt wird. Die Preise für das nicht mehr erhältliche „Miss Dior Chérie“ (angepriesen als „vintage“ oder „2005“) sind enorm, und auch Fälschungen sind dabei laut Internetforums-Berichten wohl recht häufig.
ren Stil entwarf für „Dior“ und andere französische Firmen diverse Anzeigen- und Plakat-Motive, deren Originale heute sehr teuer gehandelt werden. Er starb 2004 kurz nach seinem 95. Geburtstag und seinem Lebenswerk waren bereits diverse Ausstellungen gewidmet (unter anderem im Museum für angewandte Kunst Köln 1990, im Somerset House London 2010 oder im BMW-Museum München 2012). Bei Christie’s kamen 2010 viele seiner Grafiken unter den Hammer und die teuerste erzielte 218.500 US-Dollar. Eine Bleistift-Modezeichnung von 1948 für „Dior“ wurde 2019 bei einer Versteigerung des Münchner Kunstauktionshauses Neumeister für 6.096 Euro verkauft.
Die Reklame für das Unternehmen setzt aber auch – wie bei „Chanel“ – auf die Verknüpfung mit Stars. So konnten über die Jahre zum Beispiel Marion Cotillard, Jennifer Lawrence, Jude Law, Johnny Depp oder Robert Pattinson als Markengesich-
ter für Werbefotografien gewonnen werden, so dass die Schauspieler und Schauspielerinnen all ihre Attraktivität auf „Dior“ übertragen haben.
Diese Werbebilder können bereits sehr günstig erworben werden, wer Glück hat, findet hübsche Anzeigen in einer alten „Vogue“ oder dem „Frankfurter Allgemeine Zeitung“-Magazin. Auch bei der Parfümerie des Vertrauens nach SchaufensterAufstellern oder Plakaten zu fragen kann Erfolg haben. Lohnend ist übrigens oft ein Blick in sogenannte „Clippings“-Konvolute, die im Internet gehandelt werden, also Sammlungen von Fans, die zum Beispiel Ausschnitte ihrer Idole aus Zeitschriften zusammengestellt haben. Da hat dann eine Johnny Depp-Begeisterte bestimmt auch eine „Dior“-Reklame, die ihn ernst blickend, mit diversen Ketten geschmückt und nacktem, tätowierten Oberkörper zeigt: Die Schlagzeile „wild at heart“ macht deutlich, dass es sich hier bei der „Eau
Der italienische Modegrafiker René Gruau (eigentlich Renato Zavagli Ricciardelli delle Caminate) mit seinem unverwechselba-
Oben: „Hypnotic Poison“-Anzeige von 2010
rechts: „Midnight Poison“ inszeniert mit Märchenmotiv (2007)
MODE 11 02 / 23
„Dior”-reklame
Sauvage“-Reklame um einen Duft für Unangepasste handelt, ganz Depps rebellischem Piraten-Image entsprechend. 2009 und 2017 lancierte das Unternehmen auch wieder Kampagnen, die den jungen Alain Delon (geboren 1935) mit alten Fotografien als Werbeträger für „Eau Sauvage“ nutzen. „Dior“ begründet das schlüssig: „Sein Gesicht ist ein hypnotisches und wildes Symbol von männlicher Schönheit. In seiner kompromisslosen Modernität ist dieser verführerische Star über die Zeit erhaben.“
Dass der für seine Schönheit bekannte Robert Pattinson (geboren 1986) zunächst für die Herrenmode-Linie und in jüngerer Zeit auch für das Parfum „Homme“ posiert hat, verwundert ebenso wenig, ist er doch
zumeist in einer Rolle, die früher ‚jugendlicher Liebhaber‘ genannt worden wäre, im Einsatz gewesen – vor allem in der Vampir-Serie „Biss“ („Twilight“, 2008), die nach der Nebenrolle als Cedric Diggory in „Harry Potter“ (2005) sein filmischer Durchbruch war. „Dior“-Werbeanzeigen mit Delon, Pattinson, Depp oder Cotillard lassen sich übrigens gut auch im französischen Internethandel (wie www.ebay.fr) ergattern.
Die ausgesprochen vielseitige, Oscarprämierte Schauspielerin Marion Cotillard ist neben Jennifer Lawrence ein Markengesicht, das die Handtaschen-Sparte des Designer-Labels vertritt. Die Anzeigen präsentieren die Taschen, und die 2009 lancierte Kampagne „Lady Noire“ („Schwarze Dame“) zeigt Cotillard mit der schwarzen Tasche im metallischen Gerüst des Eiffelturms in schwindelerregender Höhe vor Pariser Kulisse. Auf YouTube sind dazu passende, mehrere Minuten lange Werbeclips zu sehen, der „L.A.dy
Dior“-Film von 2011 präsentiert sie dort als schmollendes amerikanisches Model, das am Ende des Shootings mit großer Geste Kleidung und Handtasche von sich wirft.
Sammelobjekte
Wer „Dior“ liebt, aber die aktuelle Haute Couture dann doch nicht bezahlen kann, hat also immer noch verschiedenste Möglichkeiten, sich seinem oder ihrem Lieblingslabel zu nähern. Bei Second HandKleidung in Edel-Boutiquen und hochpreisigeren Charity-Shops findet sich bestimmt das eine oder andere Stück zum Schwärmen, Anprobieren und Erwerben, selbstverständlich aber auch im Internet. Bei www.vinted.de fangen die Preise beispielsweise bei etwa 3 Euro für Strumpfhosen an und gehen bis etwa 2.500 Euro für Oberbekleidung, bei Ebay bewegen sich die Preise von 15 Euro für gebrauchte Sonnenbrillen bis zu knapp 10.000 Euro für einen Pelzmantel von „Dior“. Flakon-Sammelnde finden ein breites Angebot, ob gefüllt oder ungefüllt, als Minia-
Oben von links nach rechts: „Eau Sauvage“ beworben von Johnny Depp (2019)
Deutsche Anzeige mit Jude Law für „Homme Sport“ (2012)
robert Pattinson in „Dior“-Herrenmode (2017)
Unten links und rechts: Marion Cotillard 2009 als „Lady Noire“
Gruau-Anzeige für „Dior-Dior“ von 1977
MODE 12 02 / 23
turen oder riesige Dekorations-Faktisen. Hier ist es allerdings nicht zu überprüfen, ob der originale Duft noch enthalten ist, für Geruchsproben ist der Flohmarkt zu empfehlen. Wer im Bekanntenkreis herumfragt, kann übrigens vielleicht auch dort einfach leere „Dior“-Flakons übernehmen, die sonst weggeworfen würden. Die oft mit Steppnähten versehenen typischen „Dior“-Taschen finden sich gebraucht schon für unter 200 Euro, aber vor den unvermeidlichen Fälschungen muss natürlich gewarnt werden: Hier gibt es einerseits Etiketten, die vorhanden sein sollten, andererseits ist es auch immer an der Qualität von Nähten und Leder zu erkennen, ob es sich um ein Original handelt. Ein Objekt vor dem Kauf in die Hand nehmen zu können ist eigentlich unverzichtbar. Bei Ebay gibt es jedoch auch ab 500 Euro aufwärts eine „Echtheitsprüfung“, die die Verkaufenden auf Wunsch als kostenlosen Service erhalten und damit potenziellen Kundinnen und Kunden erklären können, dass ein Expertenteam des Internethändlers das Objekt als Original bestätigt hat. Wenn bei Sotheby’s allerdings eine „Dior“Tasche von 2020 unter den Hammer kommt, kann sie auch schon mal für 36.000 US-Dollar angeboten werden, wie derzeit die „Metallic Gold Gradient Shiny Alligator Saddle Bag Gold“. Und was wäre eine Mode-Linie ohne die passenden kleinen Accessoires! So lassen sich neben Taschen auch alte Brillen
Oben links und rechts: Charlize Theron als Model für „J’adore“ (2003)
„Dolce Vita“-Flakon mit Schliff im KristallglasStil rechts: „J’adore“-Anzeige von 2003 (Frau im Goldbad)
mit Etuis oder Brieftaschen erwerben sowie Gürtel, Tücher, Krawatten, Schmuck (zum Beispiel Perlen-Ohrclips) und Uhren, Kosmetika und die passenden Verpackungen. „Dior“-Seidentücher sind ausgesprochen unterschiedlich im Design und gebraucht von 20 bis 500 Euro zu bekommen, etwas günstiger sind die Krawatten. Da ist dann immer die Frage, ob die Schätze in eine Vitrine wandern oder als Vintage-Produkte verwendet werden sollen: Ein gealterter Lippenstift ist auch von „Dior“ nicht ewig attraktiv auf dem Mund. Dennoch macht der „Ultra Rouge“ genannte in der roten, leicht abgerundeten quaderförmigen Hülse mit geometrisch gemusterter, silberfarbener Halterung und dem „CD“-Label auf der oberen Fläche als Schaustück durchaus etwas her: Wer ihn nicht neu (für ca. 30 Euro) kaufen möchte,
MODE 13 02 / 23
bekommt ein benutztes Sammelobjekt für weniger als die Hälfte des Preises.
Literatur und Quellen
Unzählige Fachbücher und Zeitschriftenartikel widmeten sich von Beginn an dem Werk von Dior und dem seiner Nachfol-
genden, keine Modegeschichte kommt ohne ein extra Dior-Kapitel aus. Marietta Riederers kundige Hymne an die Haute Couture „Wie Mode Mode wird“ von 1962 (Bruckmann Verlag) zitiert in ihren einleitenden Worten den Pariser Meister zur Mode mit den Worten: „Sie ist ein teuflischer Kreislauf, der mein Leben verzaubert – zu Glück und Qual.“ Und die Schweizer Modejournalistin schilderte im Anschluss sehr kundig, wie im Hause „Dior“ eine Kollektion entstand und wie viele Objekte es insgesamt waren: „Christian Dior hat pro Jahr rund 360 Haute-Couture-Modelle, 160 Boutiquekleider und 240 Modelle für Amerika ausführen lassen, das sind zusammen 760 Modelle. Dazu kommen 250 Hüte für die Pariser Kollektionen und 200 Hüte für Amerika.“ (Riederer, S. 9).
Oben links und rechts: Handtasche von 2001 mit eingewebtem Schriftzug
„Dior“-Krawatte mit Etikett
Unten links und rechts: Christian Dior auf einer rumänischen Briefmarke von 2005
Taschenbuch-Cover von 1964
MODE 14 02 / 23
Im Jahr 2019 fand zu Ehren des Modeschöpfers eine große Retrospektive im Londoner Victoria & Albert-Museum statt („Christian Dior: Designer of Dreams“), zu dem ein 192-seitiger Katalog von Oriole Cullen und Connie Karol Burks erschienen ist.
Wer also Literatur sucht, kann aus dem Vollen schöpfen und überdies die aktuelle Website der Firma besuchen (www. dior.com). Das erwähnte „Musée Christian Dior“, die „Villa les Rhumbs“ steht in der Rue d'Estouteville, 50400 Granville, erreichbar über www.musee-dior-granville.com.
Zur visuellen Ergänzung finden sich aber auch cineastische Werke für Fans: „Dior und ich“ (2015) gibt als Dokumentarfilm einen Einblick in die Pariser Modeproduktion, und der aktuelle Kinofilm „Mrs Harris und ein Kleid von Dior“ (2022) ist ein Märchen über eine finanziell am Limit lebende Britin (gespielt von Leslie Ann Manville), die nur einen großen Wunsch hat… Hierbei handelt es sich um eine Verfilmung von Paul Gallicos bereits 1958 erschienenem Roman „Ein Kleid von Dior“ (im englischen Original „Mrs ‘Arris goes to Paris“ oder „Flowers for Mrs Harris“). Der Autor Gallico, 1897 geboren in New York, 1976 gestorben in Antibes (Frankreich), erlebte den Zweiten Weltkrieg als Kriegsberichterstatter, bevor er sich als freier Schriftsteller selbständig machen und Europa bereisen konnte. Seine Hauptperson, Ada Harries, ist im Roman eine verwitwete Endfünfzigerin, die ihr Geld mühsam mit Putzen und als Hauswirtschafterin verdient. In der deutschen Übersetzung heißt es: „Ihre Stellung war eine Welt unablässiger Plackerei, die nur durch ihre Unabhängigkeit einigen Glanz erhielt. Für Verschwendung
Oben: Eher hochpreisige Armbanduhr „Chris 47“ mit Brillanten (2003)
rechts: „Dior“-Kosmetika-reklame (Monica Bellucci 2010)
und hübsche Kleider war kein Platz darin. Aber dennoch verlangte es sie jetzt danach. Sie wollte eines davon in ihrem Kleiderschrank hängen haben, wollte wissen, daß es da war, während sie von Haus zu Haus lief, wollte bei ihrer Rückkehr die Tür aufmachen und es sehen, wie es auf sie wartete: wunderbar anzufassen, zu betrachten und ihr eigen zu nennen. Es war, als könne all das, was sie durch Armut, Herkunft und ihre Stellung im Leben entbehrt hatte, dadurch ausgeglichen werden, daß sie die Besitzerin dieses einen strahlenden Stückes weiblicher Eleganz wurde.“ (S. 23, rororo-Ausgabe 1964). Und auch der Ausgang der Geschichte, in der sie nach drei Jahren unermüdlichen Sparens tatsächlich ein „Dior“-Kleid mit Namen „Versuchung“ bekommt und in Paris gute Freunde gewinnt, wird voller Liebe geschildert: „Mrs. Harris preßte das
Kleid an ihren mageren Busen, drückte es so fest, als ob es ein lebendiger Mensch wäre und schmiegte das Gesicht in die weichen Falten des Stoffes. Abermals flossen Tränen aus den kleinen schlauen Augen (…), aber es waren keine Tränen des Jammers mehr.“ (S. 139).
Eine zeitlich in das Thatcher-London verlegte deutsche Fernsehverfilmung von „Mrs ‘Arris…“ unter der Regie von Peter Weck erschien bereits 1982 mit Inge Meysel in der Hauptrolle. 1992 folgte eine kanadisch-US-amerikanisch-ungarische Adaption für das Fernsehen mit Angela Lansbury und Omar Sharif (deutscher Titel „Das schönste Kleid der Welt“). Und all das trug natürlich weiter zum Ruhm des unsterblichen Christian Dior bei.
Fotos: privat, aus dem Archiv der Autorin oder aus dem Mobilen Reklame-Museum
MODE 15 02 / 23