Wir ziehen um!
Der Gemi Verlag zieht um.
Ab dem 3. April 2023 finden Sie die Gemi Verlags GmbH in neuen Geschäftsräumen in der Robert-Bosch-Straße 2 in 85296 Rohrbach
Unsere Telefonnummern (inkl. Vorwahl) und E-Mail-Adressen bleiben bestehen: Bürozentrale: 0 84 41 / 40 22 - 0 • Fax: 0 84 41 / 797 41 22
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In der letzten Märzwoche (27.03. bis 31.03.2023) bleibt aufgrund des Umzugs das Büro geschlossen. Sie erreichen uns wieder ab 3. April 2023 in den neuen Geschäftsräumen.
Neu ab 3. April 2023
GEMI VERLAGS GMBH
Robert-Bosch-Straße 2
85296 Rohrbach
n Pressglasvase
?Seit vielen Jahren gehört uns eine Vase, die aussieht wie aus Malachit, aber wohl in Glas geformt ist Wir haben die Informationen, dass es sich um eine Vase aus der böhmischen Glasfabrik Schlevogt, die vor 1920 gefertigt worden sein soll, handelt Könnten Sie uns genauere Auskünfte geben? Josef L , Rheinlandpfalz
Eine interessante Anfrage und ich hoffe, ich kann Ihnen viele neue Informationen zu Ihrer Vase übersenden und etwas Licht in das Dunkel bringen Bei der Vase handelt es sich wohl um ein Produkt des Unternehmens Heinrich Hoffmann, das auch im Zusammenhang des Unternehmens Curt Schlevogt steht Beide Kunstglashersteller waren zu Beginn und bzw oder bis zur Mitte des 20 Jahrhunderts im böhmischen Gablonz aktiv Die Forschungen zum böhmischen Glas sind in den letzten Jahren intensiviert worden und so kann diese Vase heute gut in der Literatur nachgewiesen werden Sie hat eine interessante Geschichte Entworfen wurde sie von
František Pazourek für die Glasmanufaktur Heinrich Hoffmann in Gablonz, die sie 1932 zum ersten Mal und dann wohl bis 1934 ausführte Pazourek hat von 1929 bis 1931 hunderte Modelle für Dekorationsund Nutzgegenstände sehr erfolgreicher, in Pressglas umgesetzter Objekte für die Firma Heinrich Hoffmann entworfen Diese Vase mit dem Titel „Große Weinernte“ avancierte schnell zu einem echten Publikumsschlager Sie wurde entsprechend oft in grünbraunem Pressglas – in der Art des Malachitglases wie bei diesem Beispiel – ausgeführt Und sie überlebte auch das Ende des vielseitigen Glasunternehmens Hoffmann, das mit dem Tod des Inhabers Heinrich Hoffmann am 7 Juli 1939 seinen Gang nahm Die Firma für Fabrikation künstlerischer Kristallerien Schlevogt unter der Leitung des Merseburger Geschäftsmannes Curt Schlevogt, ebenfalls mit Sitz in Gablonz, übernahm 1939 aus der Konkursmasse von Heinrich Hoffmann unter anderem auch den Entwurf der „Großen Weinernte“ und reihte sie in ihre berühmte Kollektion „INGRID“ ein Allerdings ist sie im Katalog von Schlevogt als „Vase in Jaspis und Jade“ veröffentlicht worden und dort blau Das mag darauf hinweisen, dass Ihr Exemplar noch zu denen bei Heinrich Hoffmann ausgeführten zählt Beide Vasen-Typen sind heute in dem Standardwerk zu den Kristallerien von Heinrich Hoffmann und Curt Schlevogt zu finden Es ist einmal die grüne Variante in dem dort publizierten Hoffmann-Katalog mit der Datierung 1932 (Ausführung bis 1934) und einmal die Vase in Jaspis und Jade ausgeführt in Pressglas im Schlevogt-Katalog mit der Datierung 1939/1940 Den aktuellen Wert dieser Vase würde ich mit 300 bis 400 Euro beziffern Wenn Sie sich weiter mit dem Thema beschäftigen möchten, empfehle ich Ihnen folgende Publikation: Petr Nový u a , Ingrid – mehr als eine Marke, Ausstellungskatalog, Museum für Glas und Bijouterie, Jablonec, Nisa, 2012 Dr Bettina Krogemann, Kunstexpertin München
n Figurengruppe ?
Wir würden Ihnen sehr gerne eine Figurengruppe, die wohl zwischen 1914 und 1916 von der Rosenthal Kunst-Abteilung SELB-BAVARIA hergestellt wurde, vorlegen Auf der Unterseite ist sie mit den entsprechenden Hinweisen beschriftet An
n In dieser Rubrik beantworten unsere Experten Ihre Fragen zu dem ein oder anderen guten Stück Doch leider sehen wir uns außerstande, ganze Nachlässe oder sämtliche sich in Ihrem Haushalt befindlichen Trouvaillen bewerten und schätzen zu lassen Auch bitten wir um Verständnis, wenn es mit der Bearbeitung länger dauert Senden Sie uns also Ihre Anfrage nur zu einem zu bestimmenden Objekt – mit detaillierter Beschreibung und gutem Foto, auf dem das Objekt ganz abgebildet ist
Noch ein Hinweis zu den Preisen, die von Fall zu Fall von unseren Experten genannt werden: Hierbei handelt es sich um Richtwerte, die anhand von Fotos allein getroffen werden und je nach Zustand des Objekts nach oben oder unten korrigiert werden können
Ihre Anfrage schicken Sie bitte an:
Gemi Verlags GmbH
Redaktion Leserforum
Pfaffenhofener Str. 3
85293 Reichertshausen
oder per E-Mail an info@gemiverlag de
Exemplar sehr gut erhalten und das noch nach über 100 Jahren Ein Glücksfall Und sicher haben Sie diese Skulptur gut gepflegt In der fünfbändigen Gesamtausgabe von Emmy Niecol zu „Rosenthal –Kunst- und Zierporzellan 1897-1945“ ist die Figur unter der Katalognummer 3 0873 mit der Rosenthal-Modell-Nr S 288 verzeichnet Dort wird auch die Rezeption dieser Figur durch Adolf Oppels Zeitgenossen angeführt, die sehr positiv ist Hier der Wortlaut eines Kritikers aus dem Jahr 1917: „Oppels entzückendes Stück der ‚Venus mit Papagei‘ atmet die ganze anmutvolle Grazie des kecken Rokoko ohne doch in die ältere Stil-Imitation zu verfallen: stofflich entspricht das Werkchen so ganz dem kapriziösen Material und spricht dabei von Lebendigkeit und Humor “ Bei der guten Erhaltung halte ich für Ihre „Venus mit Papagei“ einen Preis von 700 bis 800 Euro für durchaus gerechtfertigt
S K , Landshuteiner Seite ist sie mit dem Schriftzug A Oppel versehen Dürfen wir Ihnen diese Porzellanskulptur vorlegen, damit Sie sich das Objekt anschauen und dokumentieren können? Oder reichen Ihnen erst einmal diese Fotografien?
Dankeschön für die Anfrage Gerne können Sie mir die Porzellanskulptur vorlegen, jedoch reichen mir auch schon Ihre guten Fotografien mit den schriftlichen und weiteren Informationen, um eine Einschätzung der Porzellanplastik vornehmen zu können Die Figurengruppe heißt „Venus mit Papagei“ und wurde 1913 von dem Porzellanbildhauer Adolf Oppel geschaffen Ein weiblicher Akt sitzt auf einer Steinbank, auf einem Vasenpodest daneben hockt ein Kakadu Die Malerei wurde in Unterglasur ausgeführt, partiell gibt es Goldstaffage Das Design für die Unterglasurmalerei stammt von Julius V Guldbrandsen Die Figurengruppe ist mit A Oppel an der Schauseite schematisch in Gold signiert, eher bezeichnet Einen wichtigen Hinweis für die Datierung der Ausführung finden wir dann, wie Sie bereits vermuteten, auf der Unterseite mit der „Manufakturmarke“ Es handelt sich um die Marke des Jahres 1916 und demzufolge wurde Ihr Exemplar in diesem Jahr vollendet Nach den Fotos zu urteilen, ist Ihr
AUSSTELLUNGEN
n Alles in Bewegung
Die Bewegungen der mechanischen Blechspielzeuge faszinierten schon im 19 Jahrhundert das Publikum und sorgten für deren weltweite Verbreitung Die deutsche Spielzeugindustrie war im 19 Jahrhundert bis in die 1960er-Jahre führend in der Produktion und im Export Für Firmen wie etwa GAMA, Günthermann, Kellermann, Lehmann, Märklin, Stock oder Schuco spielten Blechspielzeuge eine wichtige Rolle – millionenfach verließen die kleinen Spielzeuge die Fabriken Sie bewegten sich, hupten, quietschten oder vollbrachten Kunststücke und waren damit Renner in den Spielzeugläden
Die Ausstellung – eine Auswahl aus der Sammlung des Leihgebers Karl Bürger –zeigt beliebte und äußerst seltene Stücke führender Blechspielzeughersteller Für ihre Entwicklung setzten die innovativen Spielzeugmacher ihr technisches Wissen ein, mit Erfindergeist und Detailfreude Die Figuren waren patentiert, auch ihre ausgefeilten Mechaniken, die vielfach wie ein Uhrwerk funktionierten – ganz ohne Elektrizität! In der Schau finden sich Fahr- und Flugobjekte jeglicher Ausführung, Zirkusund Comicfiguren, aber auch Tiere und eine Vielzahl menschlicher Figuren
Die Vielfalt der Bewegungen wird in der Ausstellung durch Videos dokumentiert, die die Exponate in Aktion zeigen
Im Jahr 2023 kommt der Leihgeber der Blechspielzeug-Ausstellung, Karl Bürger, ins Museum Aschenbrenner, am 19 Fe-
bruar und am 19 März Herr Bürger besitzt Europas hochwertigste Sammlung an Blechspielzeugen und kann entsprechend viel über Blechspielzeug im Allgemeinen und über seine eigenen Stücke berichten Jeweils um 15 Uhr führt er Interessierte durch die Ausstellung, zeigt seine seltensten und liebsten Stücke, erzählt spannende Hintergrundgeschichten und begutachtet auch gern mitgebrachte Blechspielsachen der Besucher Zu diesen Führungen muss man sich nicht anmelden
Noch bis Mitte April können die rund 200 Exponate aus Blech bestaunt werden: schnittige Motorradfahrer, wagemutige Artisten, bunte Paradiesvögel und sogar einen fliegenden Nikolaus: alle aus Blech und alle beweglich Besonders selten sind die Autopolo-Spieler (diese Sportart gab es wirklich in den USA) der Firma Tellus (ca 1910), von denen nur dieses eine Exemplar bekannt ist, sowie der Spaziergänger mit den beiden Hunden Der Leihgeber, Karl Bürger, hat europaweit die exklusivste Sammlung an Blechspielzeug Besonders ist, dass die Mechaniken der Spielzeuge fast alle noch funktionieren Diese waren für den Verkauf der Spielzeuge auch besonders wichtig und wurden in frühen Jahren schon patentiert, um Plagiate zu verhindern (Bis 6 April)
Telefon: 08821 730 31 05 oder 08821 7303106
Webseite: www museum-aschenbrenner de
BÖRSEN/MESSEN
n Trödeln am See
Autopolo,
Foto:
Flohmarkt-Freunde aufgepasst: Am Sonntag, dem 12 März findet von 10 bis 17 Uhr der Brombachseer Floh- und Trödelmarkt auf der Freizeitanlage Badehalbinsel Absberg am Kleinen Brombachsee statt Die PKW-Parkplätze für Aussteller und Besucher sind gebührenfrei direkt neben der ausgewiesenen Anbieterfläche am SANshine-CAMP Die Verkaufsfläche kostet 6 Euro pro laufendem Meter Der Aufbau findet zwischen 8 und 10 Uhr statt Direkt neben dem Flohmarkt-Treiben findet ab 14 30 Uhr im SAN-shine-CAMP Brombachsee Livemusik unter der Kultur-
reihe „Musik in die Kanne“ statt Der Eintritt ist frei
Die Brombachsee Alm mit Kaffeegetränken/Glühwein und Wintersuppenangebot sowie Grillstation mit Fränkischen Bratwürsten, Currywurst, Pommes und Outdoorbar sind an diesem Sonntag bereits alle ab 11 Uhr geöffnet Info/Anmeldung unter
Telefon: 09831 4936 oder E-Mail info@san-aktiv-turs de
n Puppen- und Bärenbörse
Am 26 März findet im Kunsthaus Zürich, Vortragssaal, Heimplatz 1, von 10 bis 16 Uhr die große Puppen- & Bären-Börse
statt Die Verlagerung der Börse in das Foyer des Vortragssaals hat einige Vorteile für die Aussteller sowie auch für die Besucher Es ist mehr Licht vorhanden und so kommen die schönen Spielsachen besser zur Geltung Für die Aussteller und die Besucher fällt die gefährliche Treppe im Vortragssaal weg Auch ist der Aufbau für die Aussteller mit kürzeren Wegen verbunden Es wird auch für die Besucher interessanter, da sie in der Kaffee-Ecke sitzen und vielleicht ein von ihnen begehrtes
n Fantastische Fliesen
Zerbrechliche Schönheiten des Jugendstils und des Art Déco stehen im Mittelpunkt des traditionellen Frühlingssammlertreffens im Museum Zons am Samstag, dem 11 März Fliesen, Vasen, Teller, Schalen und andere Keramiken bestechen durch ihre Motive aus Flora und Fauna, aber auch mittels abstrakter Mustern und Dekore Das Spektrum der präsentierten Exponate reicht von qualitativ hochwertigen Objekten namhafter Entwerferinnen und Entwerfer bis hin zu einfacheren, aber ästhetische ebenso ansprechenden Ausführungen Die bei dem Treffen vertretenen internationalen Sammlerinnen und Sammler stellen nicht nur Teile ihrer Sammlungen aus, sondern bieten Keramiken auch zum Tausch oder Kauf an Die Besucher können sich über das Sammelgebiet informieren, sind zum Fachsimpeln eingeladen und können mitgebrachte Objekte begutachten lassen
Telefon: 02133 53020
www.kreismuseumzons.de
Stück aus der Ferne bewundern können So wird die Börse ein neues Gesicht bekommen An der Börse wird ausschließlich mit Bargeld bezahlt Natürlich ist es möglich, beim Kauf eines teuren Stückes mit dem Händler eine persönliche Vereinbarung zu treffen Der Eintritt in die Börse kostet 9 Schweizer Franken Es werden zahlreiche Besucher erwartet, die mit Freude am antiken Spielzeug sich hinreißen lassen, etwas Schönes zu kaufen Die Auswahl der angeboten Objekte wird wie in den vergangen Börsen sehr vielfältig sein Vom antiken Spielzeug bis zu Künstlerpuppen und Bären-Miniaturen und auch die allseitig beliebten Plüschgesellen werden das Angebot abrunden Eine bunte Mischung, wo jeder etwas finden kann
Die Veranstaltung wird getragen von Ausstellern die schon seit Jahrzehnten dabei sind Aber auch neue interessante Aussteller sind mit von der Partie
Telefon: +43 664 4041926
Webseite: www puppenboerse ch
n Tolle Puppen
Die Doll Convention/Barbie Börse lädt auch dieses Jahr wieder nach Wiesbaden ins Dorint Pallas Hotel in der August-Viktoria-Straße Am Sonntag, dem 26 März können Sammler und Liebhaber wieder fündig werden
Telefon: 0179 7471333
SYNDETIKON – DAS UHU
DER URURGROSSVÄTER
DIRK SCHINDELBECK
Die Reklame für Syndetikon, einem seit 1880 am Markt erhältlichen Alleskleber, zählt bis heute aufgrund ihrer charmanten Tierdarstellungen zu den schönsten deutschen Werbekampagnen überhaupt. Sein Hersteller Otto Ring setzte schon früh auf einen konsequent weiterentwickelten Werbestil voller Humor und bediente sich zu dessen Umsetzung erstrangiger Grafiker.
Geleimter Liebhaber
„1878 gründete der Kaufmann Otto Ring in Berlin-Schöneberg eine „Fabrik chemisch-technischer Spezialitäten“ Sein erstes Produkt, ein Fleckenwasser, fand allerdings nur wenig Absatz 1880 brachte er dann unter dem Namen Syndetikon (Betonung auf dem e) einen Universalleim auf den Markt, der wegen seiner konsequent durchgeführten Reklame bis in die dreißi-
ger Jahre des 20 Jahrhunderts weltweit verkauft wurde
Es war Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem (1854-1941), eine der erfolgreichsten Trivialdarstellerinnen der Kaiserzeit, die zum Ruhm von Syndetikon viel mehr beitrug, als sie selbst wohl ahnte In ihrer 1890 erschienenen gleichnamigen Humoreske erzählte sie die Geschichte eines „geleimten Liebhabers“ Mit weiblicher List und der sagenhaften Klebekraft von Syndetikon gelingt es darin Komtesse Käthe, einen ungeliebten Verehrer an einen Sessel
so lange zu fixieren, bis der Weg zum Wunschgeliebten frei geworden ist Zum ersten Mal in der deutschen Literaturgeschichte hatte ein Markenartikel einem literarischen Werk den Titel gegeben Damit nicht genug: Mehrfach wurde darin der
Links: Der festgeklebte Verehrer: Vignette aus Adlersfeld-Ballestrems Erzählung
QU: Kultur- und werbegeschichtliches Archiv Freiburg kwaf
Oben: Eufemia Adlersfeld-Ballestrems Humoreskenband „Komtesse Käthe“ von 1890, in dem sich auch die Erzählung „Syndetikon“ findet, erlebte bis zum Zweiten Weltkrieg 40 Auflagen
QU: Kultur- und werbegeschichtliches Archiv Freiburg kwaf
Slogan „Syndetikon klebt, leimt, kittet alles“ von verschiedenen Personen wiederholt, allerdings auch auf den penetranten Fischgeruch hingewiesen, den der Alleskleber verströmte Otto Ring musste dies nicht stören – eine bessere Werbung für sein Produkt konnte er sich nicht wünschen Und die Idee „Festkleben als Missgeschick“ gefiel ihm offenbar so gut, dass er sie schon bald zur tragenden Strategie seiner gesamten Reklame machte
Syndetikon – magische Formel
Indessen: was der Name Syndetikon bedeutete, vermochten im deutschen Kaiserreich aber nur Menschen zu sagen, die aufgrund ihrer humanistischen Vorbildung über Sprachkenntnisse im Altgriechischen verfügten Gleichwohl gelang Ring kurz nach der Jahrhundertwende ein erstaunli-
Oben: Zeitungsinserat für Syndetikon (ca 1901)
QU: Kultur- und werbegeschichtliches Archiv Freiburg kwaf
Mitte: In dieser Variante des Jugendstil-Plakats von Fernand Schulz-Wettels sind die geklebten Herzen bereits zum Trocknen auf die Leine gehängt
QU: Michael Weisser: Reclame anno dazumal, München 1980, S. 99
cher Coup: Bereits 1907 fand Syndetikon Eingang in den Duden! Offenbar klang der Name so seriös, dass der Verdacht der Schleichwerbung die Sprachhüter nicht ankam Damals wurde das Produkt auch nicht – wie heute – als Markenartikel unter vielen wahrgenommen, sondern als eine Art Durchbruch bei der Lösung eines Menschheitsproblems So jedenfalls stellte es 1904 auch der norwegische Weltreisende Sven Hedin in seinem Reisebericht „Abenteuer in Tibet“ dar Im Kapitel „5 500 Meter über dem Meer“ rühmt er die Eigenschaften des Fischleims angesichts einer
damit ausgebesserten „Ableselaterne“
Oben im ewigen Eis, dort wo selbst die Tinte gefror, habe Syndetikon nicht versagt Solche Aussagen konnten den Anspruch auf einen Platz im Duden nur untermauern Hier ließ sich dann ab 1907, aber auch noch in der Ausgabe von 1973 und sogar im Fremdwörterbuch der DDR von 1960 nachlesen, was das aus dem Griechischen abgeleitete Kunstwort bedeutete:
„Bindendes, flüssiger Leim, gesetzlich geschützter Name“ 1934 mühte sich sogar der Große Brockhaus, die chemische Zusammensetzung des Klebstoffs anzugeben: „Syndetikon (grch syndetikon 'das zum Verbinden Taugliche')s, eine durch Zusatz von Essigsäure haltbar gemachte Gelatinelösung, die als durchsichtiger Glas- und Porzellankitt verwendet wird “
Obwohl oder gerade weil die Verbraucher den Namen gar nicht verstanden, akzeptierten sie ihn offenbar als eine Art Zauberformel und schenkten dem Produkt ihr Vertrauen Für Ring ergab sich daraus der unschätzbare Vorteil, dass er auch keine Fehldeutungen zuließ und international einsetzbar war Freilich mussten, sollte der Markterfolg von Dauer sein, zum magisch klingenden Namen außerordentliche Produkteigenschaften treten Und dass diese dem Publikum beharrlich eingehämmert werden mussten, war Otto Ring von Anfang an klar Über ein halbes Jahrhundert hin ließ er nicht davon ab, seinen Alleskleber (in der jeweiligen Landessprache) mit
Rechts: Der Klebstoffengel repariert gebrochene Herzen immer mit Syndetikon – ob in flüssiger Form oder mithilfe der praktischen Tube
QU: Strategien der Werbekunst 1850-1933 Ausstellungkatalog des Deutschen Historischen Museums DHM, Berlin 2004, S. 172
stets demselben Slogan zu bewerben: „ klebt, leimt, kittet alles“ (im Französischen sogar erweitert durch „même le fer“) Um jedoch die Wunderkräfte dem Publikum immer wieder neu sinnfällig vor Augen zu führen, zeigte er sich offen für innovative Gebrauchsgrafik
Werbestrategie mit Humor
Ring setzte alles daran, die Humor-Werbestrategie weiter zu entwickeln und dafür die richtigen Werbemittel und Formate zu finden Es begann vor der Jahrhundertwende beim großflächigen Plakat, konzentrierte sich bis zum Ersten Weltkrieg mit großer Entschiedenheit auf das neue Werbemittel der Reklamemarke und endete in den zwanziger Jahren in der Bevorzugung der längeren Bildergeschichte, die als Pergaminbogen verteilt wurde oder als Inserat in der Tageszeitung erschien 1899 erteilte Ring dem elsässischen Maler Ferdinand Schultz-Wettel (1872-1957) einen Auftrag für die Gestaltung eines großen, farbig ausgeführten Plakats Dessen Entwurf überrascht noch heute durch seine (Toll-)Kühnheit Er zeigt eine engelsgleiche Frauenfigur, die mit Hingabe und Syndetikon (in beiden Anbietformen als Flüssigkleber und Tube!) zerbrochene Herzen zusammenleimt Was uns heute
witzig erscheinen mag, sorgte vor gut 120 Jahren vermutlich für heftige Irritationen Einen Engel, mithin ein Motiv aus der christlichen Bildtradition, zu Reklamezwecken einzusetzen, dürfte wohl viele Zeitgenossen ebenso befremdet haben wie die Darstellung gebrochener Herzen als zersprungene Tonhalbschalen Eine weitere Zusammenarbeit mit diesem Grafiker ist nicht dokumentiert Ring musste, wollte er weiterhin auf humorvolle Reklame setzen, seine Strategie überdenken Sie selbst freilich stellte er nie infrage, da seinem Produkt ja nicht allzu
Oben von links nach rechts: Selbst die Spinne repariert ihr Netz mit Syndetikon Innenplakat des Berliner Kunstmalers Zander (ca 1899)
QU: Curt Büsch: Von der Reklame des Kaufmanns, Hamburg 1909
Signet der Steglitzer Reklamekünstler-Werkstatt, von Georg Belwe (1878-1954) 1902 entworfen
QU: Jürgen Döring/Holger Klein-Wiehle: GrafikDesign im Jugendstil, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Ostfildern 2011, S 470
Dank der Stilisierung ließ sich das Großplakat von Fritz Helmuth Ehmcke von ca. 1902 problemlos auf das 4 x 6 cm Format der Reklamemarke heruntertransformieren
QU: Kultur- und werbegeschichtliches Archiv Freiburg kwaf
Mitte: Die Klebekraft von Syndetikon versinnbildlicht Fritz Helmuth Ehmcke (1878-1965) mit einfachsten Mitteln auf einer Reklamemarke mit dem grünen Chamäleon
QU: Kultur- und werbegeschichtliches Archiv Freiburg kwaf
Links: Typisch für den Syndetikon-Stil von Friedrich Wilhelm Kleukens (1878-1956) waren ebenso humorvoll wie realistisch gezeichnete Tierfiguren wie dieser Tiger
QU: Institut Mathildenhöhe Darmstadt
viele Möglichkeiten offenstanden, positive Gefühle und somit Kauflaune zu vermitteln Versetzte er sich in die Lage der Verbraucher, so kam Klebstoff ja nur dann zum Einsatz, wenn etwas zerbrochen war und die Leute verärgert und in schlechter Stimmung waren Da konnte humorvolle Reklame versuchen, sie in diesem Augenblick zum Lachen zu bringen und dadurch jene Gelassenheit zu verbreiten, nicht jedes Missgeschick allzuernst zu nehmen Aber in welcher Form?
Tiere als Opfer und Retter
Ring suchte nach neuen grafischen Lösungen Kunstmaler Zander aus Berlin lieferte sie ihm in einem Plakat, in welchem erstmals ein Tier als Syndetikon-Verwender auftrat Das war ebenso neu wie unverfänglich, weil es im Gegensatz zum Klebstoff-Engel die Menschen nicht brüskierte Über dieses Plakat äußerte sich der zeitgenössische Fachschriftsteller Curt Büsch in seinem Buch „Von der Reklame des Kaufmanns“ geradezu entzückt: „Wer
Oben: Auch die mit den Schwänzen an der Tube hängen gebliebenen Mäuse zeigen sich über die Klebekraft von Syndetikon eher verwundert als erschrocken
QU: Institut Mathildenhöhe Darmstadt
Mitte: Dasselbe von Friedrich Wilhelm Kleukens gezeichnete Motiv wie unten für den deutschen Sprachraum
QU: Institut Mathildenhöhe Darmstadt
Unten: Die humorvolle Darstellung der durch Syndetikon fixierten Tiere war ebenso unmissverständlich wie weltweit einsetzbar wie in diesem Plakat für den englischen Sprachraum
QU: Jürgen Döring/Holger Klein-Wiehle: GrafikDesign im Jugendstil, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Ostfildern 2011, S. 368
einmal darüber gelacht hat, wie eine Spinne Syndetikon benutzt, um ihr zerrissenes Netz wieder zusammenzukleben, der wird schwerlich vergessen, dass Syndetikon tatsächlich alles ‚klebt, leimt, kittet‘“ Die Humor-Strategie war offenbar auf einem guten Weg Und Ring hatte das Glück, kurz nach der Jahrhundertwende die Bekanntschaft dreier Studenten der „Unterrichtsanstalt am Königlichen Kunstgewerbe-Museum zu Berlin“ zu machen, die seine Vorstellungen kongenial umzusetzen verstanden: Fritz Helmuth Ehmcke (1878-1965), Georg Belwe (1878-1954) und Friedrich Wilhelm Kleukens (18781956) Bereits im Herbst 1900 hatte das Trio, das auch über eine kleine Druckerpresse verfügte, in Berlin gegründet, was man heute Werbeagentur nennen würde, die „Steglitzer Werkstatt“ Jetzt suchten sie händeringend nach Aufträgen Bald entwickelte sich eine rege Zusammenarbeit zwischen ihnen und dem Unternehmer, den sie liebevoll „unseren guten Onkel Ring“ nannten: „Er wandte uns in der Folge seine Aufmerksamkeit und, was noch
wichtiger war, namhafte Aufträge zu Seine großen Bestellungen auf Rundschreiben, Bilderbogen, Schachtelausstattungen und allerlei Geschäftspapiere, die zumeist in Massen hergestellt wurden, waren willkommenes Futter für unsere Druckmaschinen Er war auch immer mit Rat und Tat zur Stelle, tröstete in Nöten, ermunterte, wenn uns Zweifel kamen, und hatte allezeit eine offene Hand Er gab immer unter Vorbehalt, vertrat dabei den Grundsatz, dass jeder Hilfe eine Gegenleistung entsprechen müsste und erzog damit auf seine Weise Rückblickend möchte ich ihm so recht die Rolle des wohlwollenden Gönners und Schutzpatrons unserer Gemeinschaft zusprechen “
Vor dem Hintergrund der Idee „Festkleben als Missgeschick“ schufen vor allem Ehmcke und Kleukens ab 1901 eine ganze Reihe humorvoller Entwürfe mit weiteren Tiersujets: Mal war es ein Vogel, der, auf der Tube stehend, verwundert die Augen verdrehte, weil ihm die Füße wie angewachsen schienen, mal ein kleiner Elefant, dessen Rüssel an der Tube festgeklebt war und der sich mit Gewalt gegen sein
Schicksal stemmte, mal ein Tiger oder ein Mäusepaar, die mit ihren Schwänzen an die Klebstofftube geraten waren und sich los machen wollten Durch immer neue Varianten dieser Idee erreichte die Syndetikon-Reklame in diesen Jahren geradezu eine Alleinstellung in den Werbestrategien der Zeit
Reklamemarken
Da zu dieser Zeit eine Reihe neuer Werbemittel entwickelt wurden und sich die Drucktechnik ständig verbesserte, sahen sich die Grafiker vor neuen Herausforderungen Das galt besonders für die nun
stark aufkommende Reklamemarke Die kleinen an Briefmarken erinnernden Märkchen im Format von ca 4 x 6 cm wurden von Herstellern und Händlern als GratisZugabe an die Kunden abgegeben Einen regelrechten Boom sollte das Werbemittel allerdings erst in den Jahren 1910 bis 1914 erleben – weil es sich plötzlich verselbständigte und ein landesweites Sammelfieber auslöste Und natürlich wollte jede Firma mit den schönsten Marken beim Publikum Eindruck machen Auf der Suche nach der ansprechendsten Grafik wurden Künstler-Wettbewerbe ausgeschrieben, bei denen für ein einziges Motiv bis zu 1 800 Einsendungen eingingen
In ihren Entwürfen mussten die Künstler darauf bedacht sein, eine Zeichnung von vornherein so auszuführen, dass sie so-
wohl im Großformat des Außenplakates als auch im auf Briefmarkengröße geschrumpften Miniaturformat gleichermaßen wirkungsvoll war Das hieß, Wege zu finden, mit dem geringsten Aufwand an Mitteln die größtmögliche Wirkung zu erzielen, also die Werbeidee mit grafischen Mitteln auf die Kernbotschaft zu reduzieren
August Hajduk
Doch schon 1903 zerfiel die Steglitzer Werkstatt, da die jungen Grafiker nun jeder ihren eigenen Weg gingen Immerhin lieferte zumindest der fortan in der Darmstädter Künstlerkolonie lebende Friedrich
Oben von links nach rechts: Eine Dame mit Klebstoffflasche auf Männerfang. Reklamemarke von August Hajduk (1880-1918?), gibt es auch als Großplakat
QU: Kultur- und werbegeschichtliches Archiv Freiburg kwaf
Diese Reklamemarke von August Hajduk für Syndetikon wirbt zugleich für das Bauspiel als Komplementär-Produkt
QU: Kultur- und werbegeschichtliches Archiv Freiburg kwaf
Dem Sandwichmann wird sein Plakat kurzerhand auf den Rücken geklebt. Reklamemarke von Thomas Theodor Heine (1867-1848)
QU: Kultur- und werbegeschichtliches Archiv Freiburg kwaf
Links: Syndetikon auch zur Reparatur von Geschirr und Tonzeug
QU: Kultur- und werbegeschichtliches Archiv Freiburg kwaf
Wilhelm Kleukens noch bis in zwanziger Jahre hinein Entwürfe für Ring Mit August Hajduk (1880-nach 1918) trat dafür jetzt ein anderer Künstler in Otto Rings Dienste, der die Syndetikon-Reklamemarken künstlerisch auf eine neue Höhe führen sollte Im Unterschied zum streng reduzierten Stil Ehmckes zeichneten sich Hajduks Arbeiten durch mehr Detailfreude und eine insgesamt weichere Linienführung aus Dem Prinzip „Humor-in-derReklame“ freilich blieb auch er treu, wie etwa sein „Amor auf der Klebstofftube“ beweist oder die Dame, an deren Leimspur
Oben von links nach rechts: Zum Humor-Repertoire gehörten auch witzige Übertreibungen der Klebekraft wie die hier anstehende Reparatur der zerbrochenen Weltkugel auf einer Reklamemarke von Fritz Helmuth Ehmcke
QU: Kultur- und werbegeschichtliches Archiv
Freiburg kwaf
Was dem Clown bei seinen Kunststücken auch kaputt gehen mag – Syndetikon klebt, leimt und kittet alles
QU: Kultur- und werbegeschichtliches Archiv
Freiburg kwaf
August Hajduk, Syndetikon als Schutzgeist und für eine ganze Reihe zerbrechlicher Gegenstände
QU: Kultur- und werbegeschichtliches Archiv
Freiburg kwaf
Mitte: Amor auf der Klebetube Reklamemarke, von August Hajduk entworfen (ca 1910)
QU: Kultur- und werbegeschichtliches Archiv
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Unten: Syndetikon zur Puppenreparatur. Eine von Lehmann/Steglitz gestaltete Reklamemarke
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wie an einem Schirmstock kleine Verehrer wie mit Syndetikon fixierte Fliegen hängen blieben Was darüber hinaus bei allem SyndetikonReklamen ins Auge fällt: die Grafiker konzentrierten sich nicht nur auf die Ausführung der bildhaften Teile, sondern widmeten sich mit der gleichen Hingabe auch der grafischen Ausführung des Produktnamens und Slogans, deren einzelne Buchstaben sie mit gleicher Hingabe malten Für sie war der Markenname integraler Bestandteil der künstlerischen Gesamtkomposition Deswegen erscheint auf den Werbegrafiken der Name Syndetikon in jeweils immer wieder veränderter, dem vorliegenden Motiv angepasster Schrifttype Man stelle ich vor, heute würde es eine
Absatzstrategien
Werbeagentur wagen, Schriftzug und Logo ihres Auftragsgebers nach ihren Vorstellungen bzw den Erfordernissen des jeweiligen künstlerischen Entwurfs zu gestalten Die Geisteshaltung vor dem Ersten Weltkrieg dagegen war eine andere: Der Primat der ästhetischen Erziehung des Publikums durch Werbung bzw die Galerie der Straße hatte noch absolute Geltung, sodass der Künstler als Urheber eines Reklamewerks hier völlige Freiheit genoss Natürlich verdankte sich der Markterfolg Syndetikons nicht allein seiner überzeugenden Reklame, sondern war ebenso sehr das Ergebnis kluger absatzstrategischer Überlegungen Im Gegensatz zu vielen anderen Firmen, die vor dem Ersten Weltkrieg glaubten, mit einem guten Künstlerplakat habe sie in Reklamedingen alles getan, dachte Otto Ring ständig weiter Was ihn stets beschäftigte, war die Su-
che nach Möglichkeiten, seinem Produkt neue Absatzgebiete zu erschließen Dafür infrage kam eigentlich nur der Papier-, Zeitschriften- und Spielwarenhandel, denn: „Der direkte Verkauf des Artikels durch den Fabrikanten an den Konsumenten erscheint wegen der Geringfügigkeit des Objekts fast ausgeschlossen, und die Aufgabe der Reklame für den Artikel besteht im Wesentlichen nun darin, den dafür gegebenen Handel für die Aufnahme des Produkts zu gewinnen und die Nachfrage danach bei den Verkaufsstellen von Seiten des Publikums rege zu halten “ Wenn es gelänge, Produkte auf den Markt zu bringen, für die als Komplementär-Artikel Syndetikon unverzichtbar war, würde der Klebstoff-Absatz steigen Vor diesem Hintergrund entwickelte Ring in Zusammenarbeit mit August Hajduk einen „pädagogisch wertvollen“ Ausschneidebogen für Kinder, das Syndetikon-Bauspiel, das auf der Internationalen Hygiene-Ausstellung in Dresden 1911 besonders ausgezeichnet wurde
Verpackung mit Mehrwert
Um aber auch die Händler für sich einzunehmen, kam Ring als der wohl erste auf die Idee, sogar das Einwickelpapier von Versandpackungen mit Reklamegraphik bedrucken zu lassen Selbst vor den Großpackungen, in denen Syndetikon-Tuben und -Flaschen ausgeliefert wurden, machten Rings Reklameanstrengungen nicht halt Er ließ sie so ausführen, dass sie einen ästhetischen und pädagogischen Mehrwert bekamen Auch dafür erntete er
vom bereits zitierten Reklamefachmann
Curt Büsch uneingeschränktes Lob: „Syndetikon-Packungen sind recht interessant Syndetikon, der bekannte Klebstoff, wird in Flaschen geliefert Diese Flaschen befinden sich zu je fünf oder zehn in einer Kartonpackung Diese Packung ist aber in Wirklichkeit ein Modellierbogen und zwar im Gegensatz zu dem vielen Schund, der sonst geliefert zu werden pflegt, ein guter, von Künstlerhand hergestellter Modellierbogen, der Kunst- und Erziehungswert besitzt Natürlich muss, um die Figuren des Modellbogens aufzustellen, wieder Syndetikon verwendet werden So wird durch die Packung, die infolge ihrer Eigenart zum Kauf reizt, der Verbrauch der Ware künstlich gesteigert Eine zwar mit kleinen Mitteln arbeitende, aber geistig gut durchgearbeitete Reklame!“
Links oben und unten: Der Pergaminbogen (ca. 1925) thematisiert die ganze, stets von Syndetikon begleitete Lebensgeschichte eines Bastlers
QU: Kultur- und werbegeschichtliches Archiv Freiburg kwaf
Syndetikon als Global Player, der rund um den Globus schnelle Hilfe in allen Reparatur-Fällen gibt
QU: Kultur- und werbegeschichtliches Archiv Freiburg kwaf
Oben: Von Fritz Helmuth Ehmcke designte Ausschneidepuppen als Komplementärartikel für den Alleskleber
QU: Jürgen Döring/Holger Klein-Wiehle: GrafikDesign im Jugendstil, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Ostfildern 2011
Nachdem die Blütezeit der Reklamemarke nach dem Ersten Weltkrieg vorüber war, verlegte sich Ring in den zwanziger Jahren auf Zeitungsannoncen und einzelne Pergaminblätter Durch eine Reihe von lustigen Bildergeschichten in Versen, ganz im Stil von Wilhelm Busch, wurde die sagenhafte Klebekraft von Syndetikon weiterhin sinnfällig gemacht Nach Rings Tod 1937 waren die Tage der Marktführerschaft von Syndetikon gezählt Ihm gegenüber war ein 1932 eingeführter auf Kunstharzbasis entwickelter Alleskleber wie UHU auch sehr viel verbraucher-
Oben: Reklamemarke für das von August Hajduk entworfene Bauspiel
QU: Kultur- und werbegeschichtliches Archiv Freiburg kwaf
Rechts von oben nach unten: Einwickelpapier als Werbemittel von 1913: Das völlige Chaos in der Wohnung beseitigt schließlich Syndetikon
QU: Rudolf Seyffert: Die Reklame des Kaufmanns, Leipzig 1914, S. 141f.
Ein Motiv aus der bekannten Uhu-Kampagne als Zeitungsinserat von 1955
QU: Kultur- und werbegeschichtliches Archiv Freiburg kwaf
Der Niedergang der einst „großen“ SyndetikonGrafik-Tradition ist in diesem vom Grafiker Börmel-Looschen gestalteten Pergamin-Bogen (ca 1935) nicht zu übersehen
QU: Kultur- und werbegeschichtliches Archiv Freiburg kwaf
freundlicher, schon weil er keinen penetranten Fischgeruch mehr verbreitete Hinzu kam, dass die mit Syndetikon behandelten Klebestellen mit der Zeit unansehnlich und spröde wurden und wenig Elastizität mehr besaßen Der Aufstieg von UHU war somit hauptsächlich olfaktorischen Gründen geschuldet und verdankte sich keineswegs der höheren Klebekraft –möglicherweise aber einer ebenfalls auf Humor abhebenden Werbestrategie, die noch heute manch Älterem unter uns im vertraut klingen dürfte: „Im Falle eines Falles klebt Uhu wirklich alles “
Fotos: wie angegeben