Trödler 04/2021

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Europas Sammlermagazin

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Conradt-Keramik Hedy Lamarr, die Wissenschaftlerin


GEMI-Verlag 2021-März 210x297.qxp_Battenberg Gietl Verlag 09.03.21 09:56 Seite 1

Aktuelle Sammlerliteratur ISBN 978-3-86646-198-7 | Preis: 26,90 €

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LESERFORUM 4

EXPERTISEN n Gießkanne Diese Keramikzimmergießkanne habe ich vor einigen Wochen bei einer Speicher-Aufräumaktion wiedergefunden. Meiner Erinnerung nach stand die Kanne in den 1960ern/70ern (auch genutzt als Wasserverdunster, daher innen verkalkt) auf dem Wohnzimmerheizkörper bei meiner Mutter und landete dann irgendwann bei mir. Als ich nun die Kanne wieder in der Hand hielt, fiel mir wieder die schöne Glasur und die ungewöhnliche Verbindung Keramik(-Behälter) und Messing(-Ausgussrohr) auf. Eine solche oder ähnliche Zimmergießkanne habe ich in den letzten Jahrzehnten nie mehr gesehen. Bezüglich einer Zeitbestimmung dachte ich zuerst an die 1950er-/70er-Jahre. Dann aber auch daran, dass die Schwester meiner Mutter, die wir damals häufiger besuchten, in Berlin wohnte und die Kanne also auch von dort stammen könnte. Dann wäre sie älter, vielleicht sogar aus der Bauhauszeit, eventuell von einem Studenten gestaltet? Leider habe ich keine Signatur oder Ähnliches gefunden, was weiterhelfen würde. Die Zimmergießkanne hat auch eine Innenglasur, ist mit Griff 17 cm hoch und hat auch einen Umfang von ca. 7 cm. Das Messing-Ausgussrohr ist 12 cm lang. Über Antworten zu folgenden Fragen würde ich mich freuen: Sind Ihnen solche KeramikMessing-Zimmergießkannen bekannt? Wann und wo könnte diese produziert worden sein? Wie wird diese Glasur benannt? Neugierig auf eine Wertschätzung bin ich natürlich auch. Kurt Weigand,o. O.

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Diese formschöne Keramikgießkanne wurde im Schlickergussverfahren seriell um 1960 hergestellt. Die hochglänzende Effektglasur aus verschiedenen Oxiden, insbesondere Chromoxid, mag einen Handelsnamen gehabt haben, dieser ist heute aber nicht mehr bekannt. Es wurde zwar auch in der damaligen DDR mit Glasuren experimentiert, doch aufgrund des hellen Scherbens würde ich den Hersteller eher im damaligen Westdeutschland oder auch Italien vermuten. Solche ZimmerGießkannen (ebenfalls ohne Herstellerzei-

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chen oder Modellnummer) wurden in den letzten Jahren durchaus angeboten und im Preisbereich von rund 15 bis 30 Euro verkauft. Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger, Jagdschloss Göhrde

Seit längerem bin ich im Besitz dieses schönen, blassgrünen Glaswürfels. Leider weiß ich nicht, woher er stammt. Kön-

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n In dieser Rubrik beantworten unsere Experten Ihre Fragen zu dem ein oder anderen guten Stück. Doch leider sehen wir uns außerstande, ganze Nachlässe oder sämtliche sich in Ihrem Haushalt befindlichen Trouvaillen bewerten und schätzen zu lassen. Auch bitten wir um Verständnis, wenn es mit der Bearbeitung länger dauert. Senden Sie uns also Ihre Anfrage nur zu einem zu bestimmenden Objekt – mit detaillierter Beschreibung und gutem Foto, auf dem das Objekt ganz abgebildet ist. Noch ein Hinweis zu den Preisen, die von Fall zu Fall von unseren Experten genannt werden: Hierbei handelt es sich um Richtwerte, die anhand von Fotos allein getroffen werden und je nach Zustand des Objekts nach oben oder unten korrigiert werden können. Ihre Anfrage schicken Sie bitte an: Gemi Verlags GmbH Redaktion Leserforum Pfaffenhofener Str. 3 85293 Reichertshausen oder per E-Mail an info@gemiverlag.de

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n Glaswürfel


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LESERFORUM 5 nen Sie mir vielleicht weiterhelfen. Kommt er vielleicht aus Italien, aus Murano? Der Würfel selbst hat eine Kantenlänge von achteinhalb Zentimetern, der Sockel misst neun auf siebeneinhalb Zentimeter. Können Sie auch eine Wertangabe machen? Anton Ostermeier, o. O.

Meines Erachtens wird es leider nicht möglich sein, den Hersteller zu ermitteln. Solche Glaswürfel aus optisch reinem Glas können auf der ganzen Welt hergestellt werden. Neben den traditionellen Herstellern in Europa gibt es auch eine Vielzahl von Produzenten in Asien. Spätestens seit den 1960er-Jahren wird dort Glas in bester Qualität hergestellt, lediglich die Umweltschutz- und Arbeitsicherheitsstandards unterscheiden sich von den europäischen Vorschriften. Die Objekte selbst unterscheiden sich in keiner Weise. Glaswürfel dieser Art (Uranglas?) sind heutzutage für rund 50 Euro käuflich zu erwerben. Klaus-Dieter Müller,

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Kunstsachverständiger, Jagdschloss Göhrde

n Porzellan-Postkarte Als eifrige Trödler-Leserin bitte ich um Begutachtung dieses kleine Porzellanstückes. Ich habe es kürzlich auf dem Flohmarkt erstanden und die einzige Information, die man mir dazu liefern konnte, war, dass es wohl sehr alt sei. Können Sie das tatsächliche Alter herausfinden? Mich würde außerdem interesssieren, wer es hergestellt hat und auch eine Wertangabe wäre schön. Angelika Hörr, o.O.

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Die kleine Porzellan-Postkarte mit Umdruck-Dekor wurde 1982 als sogenannte „Vilbocard“ Postkarte von Villeroy & Boch für den Sammlermarkt hergestellt. In dieser Zeit transportierte die Bundespost auch Frühstücksbrettchen, es musste nur eine Briefmarke drauf sein. Die meisten sogenannten Sammlereditionen haben sich nicht als wertstabil erwiesen, so auch hier. Eine gleiche Karte kann man heute für unter 10 Euro erwerben. Klaus-Dieter Müller,

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Kunstsachverständiger, Jagdschloss Göhrde

n Wappen Seit meinem letzten Flohmarktbesuch hier in Bonn besitze ich ein Wappen aus Kupferblech, dessen Abbildung ich beigefügt habe. Ich vermute, dass es sich um ein preussisches Wappen handelt. Ich selbst war bei meiner Recherche Genaueres zu erfahren leider nicht sehr erfolgreich und hoffe nun, dass Sie mehr darüber in Erfahrung brinen können.

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Rolf Schmiedermann, Bonn

Dargestellt ist der Preußische Adler mit drei Wappenschilden. Das Wichtigste ist in der Mitte angeordnet, ein geteiltes Wappenschild in Silber und Rot, oben eine Krone auf Silber, unten ein silbernes Kreuz auf rotem Grund (die Farbe Silber wird oft als „weiß“ dargestellt). Rechts davon ein Wappenschild mit goldener Krone zwischen zwei silbernen sechszackigen Sternen, links daneben ein Wappenschild mit einer Hand, die eine Krone über den Wellen hält, zu beiden Seiten zwei Jagdhörner. Das mittlere Wappen steht für die Altstadt von Königsberg, das rechte Wappen für Löbenicht / Neustadt Königsberg und das linke Wappen steht für den Stadtteil Kneiphof. Die drei Stadtteile wurden 1724 zu Königsberg vereinigt. Das Wappen stammt also aus der Zeit Friedrich Wilhelm I., der sich den Beinamen „Soldatenkönig“ (der mit den „Langen Kerls“) durch seine Reformen in der Armee und Staat erworben hat. Die Punkte und Kreise gehören nicht zum eigentlichen Wappen, möglicherweise hat hier ein Heimweh kranker Ostpreuße das Wappen noch etwas ausgeschmückt.

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Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger, Jagdschloss Göhrde

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MAGAZIN 6

AUSSTELLUNGEN n Gestaltung in Ost und West Geprägt durch Bauhaus und Werkbund, erlangte das deutsche Design zu Beginn des 20. Jahrhunderts weltweite Bedeutung. Mit der deutschen Teilung ab 1949 entwickelten sich Design und Alltagskultur

Walter Kurowski, Selbstporträt vor Werkshalle, o. J.; Ludwiggalerie Schloss Oberhausen © Walter Kurowski, Nachlass Ludwiggalerie Schloss Oberhausen

Cover der Zeitschrift Kultur im Heim, Nr. 4/1964; Vitra Design Museum Weil am Rhein Foto: Staatliche Kunstsammlungen Dresden

auf beiden Seiten der Grenze getrennt weiter – im Westen als Motor des „Wirtschaftswunders”, im Osten als Teil sozialistischer Planwirtschaft. Mehr als 30 Jahre nach dem Fall der Mauer präsentiert das Vitra Design Museum vom 20. März bis 5. September 2021 die erste große Gesamtschau über das deutsch-deutsche Design der Nachkriegszeit. Die Ausstellung „Deutsches Design 1949-1989. Zwei Länder, eine Geschichte” stellt das Design der

damaligen DDR und BRD vergleichend gegenüber und verdeutlicht dabei ideologische und gestalterische Unterschiede ebenso wie Parallelen und Querbezüge, die Ost und West verbanden. Die Exponate reichen von ikonischen Möbeln und Leuchten über Grafik, Industriedesign und Inneneinrichtung bis hin zu Mode, Textilien und Schmuck. Nach der Präsentation im Vitra Design Museum in Weil am Rhein wird die Ausstellung im Kunstgewerbemuseum, Staatliche Kunstsammlungen Dresden (15.10.2021 bis 20.02.2022) gezeigt. Zur Ausstellung erscheint eine umfangreiche Publikation 59,90 Euro. Telefon: 07621 7023163 Webseite: www.design-museum.de

n Karikaturist und Kulturlegende

Des-In (Jochen Gros und studentische Arbeitsgruppe an der HfG-Offenbach), Reifensofa, 1975; Vitra Design Museum Weil am Rhein Foto: Jochen Gros 04 / 21

Walter Kurowski ist die Oberhausener Kulturlegende. Jahrzehntelang prägt er mit seinen Zeichnungen, Plakaten und Karikaturen die Kulturszene der Stadt und malt sich so in ihr Gedächtnis. Als einer der deutschlandweit wichtigsten Karikaturisten in den 1970er-Jahren kämpft KURO an der Seite der Arbeiterschaft für soziale Gerechtigkeit. Seine Karikaturen zu, aus seiner Sicht ungerechten, kapitalistischen Verhältnissen, stehen für blitzschlaue Einfälle, politische Direktheit und demokratischen Optimismus. Er wird in einem Atemzug mit bekannten politischen Karikaturisten wie Rainer Hachfeld, Arno Ploog, Chlodwig Poth oder Guido Zingerl genannt. Dabei malt und zeichnet er in erster Linie für seine Überzeugung und zeigt, dass es bei allem bitteren Ernst auch Humor braucht, um zu kämpfen. Die


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BöRSEN/MÄRKTE/MESSEN n Von Asshoff bis Zenker Das Keramion in Frechen möchte auch 2021 an die Erfolge der Sammlerbörsen der letzten Jahre anknüpfen und wird deshalb bereits zum achten Mal die Verkaufsveranstaltung „Von Asshoff bis Zenker“ vom 21. März bis zum 18. April 2021 im Keramion durchführen. Falls eventuelle Corona-Schutzbestimmungen dieses nur eingeschränkt oder gar nicht möglich machen, wird auf eine digitale Variante ausgewichen bzw. diese ergänzend angeboten. Telefon: 02234 697690 Webseite: www.keramion.de

Walter Kurowski, Plakat Friedenstaube, o. J.; Ludwiggalerie Schloss Oberhausen © Walter Kurowski, Nachlass Ludwiggalerie Schloss Oberhausen Ausstellung in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen zeigt die provokantesten Plakate und Zeichnungen aus dieser Zeit. Seine pointiert beobachtende Zeitzeugenschaft fließt auch eindrucksvoll in großformatige Gemälde und Lithografien zum Zechensterben ein. Bilder von Landmarken der Region oder ein Blick auf den Gasometer am Horizont unter einem pastellfarbenen Himmel offenbaren die ästhetische Seite seiner Heimat. Neben einer Auswahl dieser fast romantisch anmutenden Malereien, sind auch seine Aktzeichnungen, und dies nicht nur aus den engagierten Zeichenkursen der VHS Oberhausen, zu sehen. Der prämierte Absolvent der Folkwangschule für Gestaltung widmet sich neben der Kunst einer zweiten großen Leidenschaft: der Jazzmusik. Seit den späten 1960er-Jahren veranstaltet er das JazzKarussell. Dafür gestaltet er legendäre Konzertplakate und Einladungsflyer für Musiker und Jazz-Combos. Die Originalzeichnungen sind in der Ausstellung prominent vertreten. Die Ludwiggalerie Schloss Oberhausen präsentiert mit rund 140 Werken die erste museale Werkschau zum breitangelegten Oeuvre des Stadtkünstlers KURO. 2017 erwirbt die Stadt Oberhausen den Nachlass Walter Kurowskis mit über 3000 Werken kurz vor dessen Tod. Seit 2019 ermöglicht die Regionale Kulturförderung des Landschaftsverbandes Rheinland die wissenschaftliche Aufarbeitung und konservatorische Betreuung der Werke. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, herausgegeben von Kerrin Postert und Christine Vogt, 160 Seiten; 29,80 €, ISBN 9783-932236-45-7. (Bis 30. Mai 2021) Telefon: 0208 4124911 Webseite: www.ludwiggalerie.de

heimnisvolle und reichhaltige Traditionen rund ums Ei. Bestickt, bemalt, graviert – die Techniken sind vielfältig, ebenso die Bedeutungen der Farben und Verzierungen. Die Ausstellung mit ca. 1.000 Exponaten stellt nur eine kleine Auswahl der kompletten Sammlung dar. Gegliedert in verschiedene Themenbereiche, reist man durch die Welt der Brauchtumseier im folkloristischen oder christlichen Festkontext bis hin zu kunstgewerblichen und modern gestalteten Eiern. Die oft atemberaubend filigranen Techniken, die Fortführung traditioneller Kunst hin zur Moderne, Skurriles und Erstaunliches am und rund ums Ei verblüffen und begeistern immer wieder aufs Neue. Wechselnde Sonderausstellungen im Erdgeschoß überraschen mit passenden Themen. Ob Kulturgeschichte, Faszination Höhlen und Schwäbische Alb, Historie oder zeitgenössische Kunst: das Ostereimuseum überrascht – wie auch das Ei selbst – auf vielfältige Weise. Die diesjährige Sonderausstellung widmet sich – anlässlich seines 200. Geburtstags – Johann Ludwig Schneller, Lehrer, Pädagoge, Missionar. Nach einigen Schulstellen im Württembergischen wurde Schneller von Christian Friedrich Spittler nach Basel als Hausvater nach St. Chrischona berufen. 1854 zog er in dessen Auftrag nach Jerusalem und leitete dort ab 1860 das Syrische Waisenhaus. Es wurde sein Lebenswerk. Diese Einrichtung sollte die Größte im gesamten Osmanischen Reich werden. Bis heute bestehen die Schnellerschulen im Nahen Osten und führen sein Motto zur Erziehung für Frieden und Toleranz weiter. Telefon: 07128 92527 Webseite: www.ostereimuseum.de

Walter Kurowski, Plakat Oberhausener Kurzfilmtage, um 1974; Ludwiggalerie Schloss Oberhausen © Walter Kurowski, Nachlass Ludwiggalerie Schloss Oberhausen

n Bestickt, bemalt, graviert Entstanden aus einer Ostereiausstellung Sonnenbühler Bürgerinnen in den 1980erJahren, beherbergt das alte Schulhaus in Sonnenbühl-Erpfingen heutzutage eine Sammlung, die einzigartig ist. Vom winzigen Wachtelei, über Hühner- und Gänseei bis hin zu gewaltig großen Emu- und Straußeneiern: das Spektrum der filigranen Kunst am Ei ist schier unendlich. Die ständig wachsende Kollektion umfasst mittlerweile nicht nur Eier, sondern auch begleitende Künste und Darstellungen. Der Schwerpunkt der Sammlung liegt jedoch nach wie vor auf den traditionellen Osterei-Regionen Deutschlands und der Nachbarländer. Vor allem die osteuropäischen Länder pflegen spannende, ge-

Ostereimuseum Sonnenbühl-Erpfingen 04 / 21


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„Frequency HoPPing” FrAnZ PicHler

Sichere Übertragung von nachrichten mittels Funkwellen: Zum Beitrag von Hedy lamarr. Stets war es gewünscht, dass der Austausch von nachrichten zwischen zwei Personen, sei es in Form eines gesprächs, durch einen Brief oder durch ein Telefonat, für eine dritte Person, die keine Berechtigung dafür hat, geheim zu bleiben hat. Da dieser Wunsch schon seit urzeiten besteht, sind in der Vergangenheit verschiedene Methoden zur geheimhaltung eines nachrichtenaustausches entwickelt worden. Im Falle, dass Nachrichten in schriftlicher Form vorliegen, befasst sich die Kryptographie mit diesem Problemkreis. Als wissenschaftliches Gebiet besteht die Kryptographie schon lange. Das erste Buch dafür mit dem Titel „Polygraphie libri sex“ wurde von Trithemius, Abt von Sponheim,

im Jahre 1518 verfasst. Darin ist neben anderen Verfahren zur Verschlüsselung eines Textes auch die Tabelle aller zyklischen Permutationen zu finden. In der dritten Zeile sehen wir die Permutation für die sogenannte Caesar-Verschlüsselung, bei der jeder Buchstabe eines Textes durch

den Buchstaben der nachfolgend drei Stellen im Alphabet steht, ersetzt wird. Wir geben ein Beispiel an: Als Text sei „GEMIVERLAG“ gewählt. Das ergibt, Caesarverschlüsselt, den Text „JHPLYHUODJ“. Das Caesar-Verfahren ist sehr einfach und bietet keine große Sicherheit. Man kann jedoch, wie von Vigenère im Jahre 1586 bereits gezeigt wurde, diese Tabelle benutzen, um eine bessere Verschlüsselung zu erreichen. (Bild 1) Es ist hier nicht der Platz, um eine Einführung der Kryptographie zu geben. Diesbezüglich verweisen wir den Leser auf das von Albert Beutelsbacher, Professor an der Universität Gießen, verfasste Buch. Unser Ziel ist, den Beitrag, den dazu die bekannte, aus Wien stammende Filmschauspielerin und Hollywoodgröße Hedy Lamarr gegeben hat, zu behandeln. Da ihre Erfindung, die durch das im Jahre 1942 erteilte US Patent „Secret Communication System“ gegeben ist, auch ein Beitrag zur Kryptographie ist, ist es notwendig, dass wir doch einige allgemein geltenden Begriffe dazu hier angeben.

Verschlüsselungssysteme allgemein Um eine Nachrichten-Übertragungsstrecke mittels Kryptographie sicher gegen Eingriffe zu machen, ist wie folgt ein „Chiffriersystem“ dafür einzurichten: Beim Sender A wird der Klartext K, der die zu übertragende Nachricht enthält, mit einem Schlüssel S(A) mittels der Chiffrier-Operation O in das „Chiffrat“ C=O(K, S(A)) transformiert. Das Chiffrat C wird über den Nachrichtenkanal zum Empfänger B übertragen. Dort wird mittels der DechiffrierOperation D mittels des beim Empfänger zur Verfügung stehenden Schlüssels S(B) der Klartext K durch D(C, S(B))=K wieder gewonnen. (Bild 2)

Bild 1: Zyklische Permutationen des Alphabets 04 / 21


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Das Chiffrat C kann auf seinem Weg über den Nachrichtenkanal signaltechnisch gesehen von gleicher Art wie der Klartext sein (z. B. auf Papier geschriebener Text) es kann aber auch technisch von ganz anderer Art sein. Dies ist bei einer Funkübertragung der Fall, wo das Chiffrat mittels elektromagnetischer Wellen übertragen wird. Bei zahlreichen, in der Praxis heute vorkommenden Chiffriersystemen sind der „Zusperr-Schlüssel“ S(A) und der „Aufsperr-Schlüssel“ gleich, S(A)=S(B), so dass dann ein gemeinsamer Schlüssel S existiert, der stets geheim zu halten ist. In neuerer Zeit sind auch Chiffrier-Systeme entwickelt worden, bei denen nur der Aufsperrschlüssel geheim gehalten werden muss, der Zusperr-Schlüssel, der dann zu einem bestimmten Empfänger gehört, ist öffentlich bekannt. Diese sogenannten „Public Key Systeme“ haben jedoch bis heute nur eine eingeschränkte Bedeutung. Dominant sind nach wie vor die „Secret Key Systeme“ der vorher besprochenen Art. Auch die Erfindung von Hedy Lamarr ist von dieser Art. Die Geheimhaltung des Schlüssels S ist für „Secret Key Systeme“ von besonderer Wichtigkeit. Im Normalfall muss S vom Sender A zum Empfänger B transportiert werden. Um diesen Transport sicher zu machen, kann wieder ein dafür eigenes Chiffriersystem eingesetzt werden. Dieses benötigt dann allerdings wiederum einen Schlüsseltransport. Die Katze beißt sich hier gewissermaßen in den Schwanz. In

der Vergangenheit wurde der Schlüsseltransport auf diplomatischem Wege ohne besondere Chiffrierung durchgeführt, für nicht zu komplexe Schlüssel bieten sich heute dafür auch die „Public Key Systeme“ an. Das von Hedy Lamarr erfundene Verfahren benötigt keinen Schlüsseltransport, da sich der Sender und der Empfänger (ein Torpedo) beim Start auf dem gleichen Ort (ein Schiff) befinden. Bereits im Jahre 1917, in der Zeit des Ersten Weltkrieges, wurde vom amerikanischen Ingenieur Gilbert S. Vernam mit dem US Patent 1,310,719 das „Secret Telegraph System“ erfunden, das bis heute von Bedeutung ist. In der Art ist es ähnlich zur Erfindung von Hedy Lamarr, so dass wir es hier kurz besprechen wollen. Im System von Vernam wird als Klartext ein telegraphisches Signal in der Art des gewöhnlichen Morse-Codes in Form von Folgen der Zahlen 0 und 1 (0 kann für den Punkt, 1 für den Strich stehen) angenommen. Als Schlüssel dient ebenso eine Folge von 0 und 1 in zufälliger Weise (echte Zufallsfolge). Als Chiffrier-Operation O dient die sogenannte EXOR Addition der Zahlen 0 und 1, die gegeben ist durch 0+0=0, 0+1=1, 1+0=1 und 1+1=0. Durch buchstabenweise EXOR-Addition des Klartextes mit dem Schlüssel entsteht damit der Chiffrat-Text C. Es gilt also K+S=C. Im Empfänger kann als Dechiffrier-Operation wiederum die buchstabenweise EXOR Addition verwendet werden. Es gilt dann C+S=K da K+S+S=K ist. Da sowohl K und S „Ströme“ von 0 und 1 Zeichen sind und auch das Chiffrat C, spricht man hier von einer „Stromchiffrierung“. Stromchiffrier-Systeme, bei denen keine echte Zu-

fallsfolge S genommen wurde, sondern eine „Pseudozufallsfolge“, die von einem „Schlüsselgenerator“ erzeugt wurde, waren über viele Jahre von praktischer Bedeutung. Das US-Militär benutzte im Zweiten Weltkrieg mit dem System M 209, das vom schwedischen Erfinder Boris Hagelin stammte, ein solches. (Bild 3) Wie wir später sehen werden, hat auch die Erfindung von Hedy Lamarr in der Architektur Gemeinsamkeiten mit dem VernamSystem. Von Hedy Lamarr wird auch eine Zufallsfolge aus 0 und 1 Zeichen, allerdings in acht Dimensionen, als Schlüsselstrom verwendet, die EXOR-Operation von Vernam wird jedoch durch eine aus der Radiotechnik bekannte Modulation ersetzt.

chiffrierung bei Funkkanälen Bereits beim ersten Einsatz der drahtlosen Telegraphie ist klar geworden, dass im Gegensatz zur Telegraphie über Drahtund Kabelleitungen, die Sicherheit gegen Mithören hier nicht gegeben ist. Wenn ein Sender S mit einem Empfänger E über einen Funkkanal K in Verbindung ist, so kann ja jeder beliebige Empfänger X mithören, solange die vom Sender A ausgesandten Funkwellen empfangen und demoduliert werden können. Während dies bei der Funk-Übertragung durch das Radio und das Fernsehen vorgesehen ist, muss dies bei der Übertragung von geheimen Nachrichten vermieden werden. Um dies zu erreichen, kann im Prinzip jedes Chiffrier-

oben: Hedy lamarr, Autogrammkarte Bild 2: Blockschaltbild eines chiffriersystems Bild 3: Mechanische Verschlüsselungsmaschine M 209 der uS Army 04 / 21


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TecHniK 10 System dafür eingesetzt werden. Für den Funkbereich wurden jedoch zusätzlich, da meistens eine größere Bandbreite für das chiffrierte Signal zur Verfügung steht, spezielle sehr effektive Verfahren im Rahmen der „Spread Spektrum Technik“ entwickelt. Diese bilden heute meistens keinen Gegenstand der Kryptographie und gehören zu den Verfahren der technischen Steganographie. Da auch die Erfindung von Hedy Lamarr diese Technik benutzt, muss kurz darauf eingegangen werden. Die „Spread Spektrum Technik“ bietet zwei wichtige Verfahren, die zur Sicherung von Funkkanälen eingesetzt werden können, an: (1) das „Direct Sequence“-Verfahren (DS), (2) das „Frequenzsprungverfahren (Frequency Hopping)“ (FH). Beide Verfahren gehen, gemäß dem heutigen technischen Stand, davon aus, dass der Klartext als digitales Signal vorliegt. Beim „Direct Sequence“-Verfahren wird das binäre bipolare Datensignal mit dem von einem Zufallsgenerator erzeugten binären bipolaren Signal, das eine weitaus größerer Bitrate als das Datensignal hat, im Modulator multipliziert und das Sendesignal erzeugt. Auf Grund der schnell wechselnden Zufallsfolge ist das Sendesignal einem Rauschen ähnlich. Das Datensignal ist darin gewissermaßen versteckt und kann ohne Kenntnis der Zufallsdaten nicht entdeckt werden. Im Empfänger, wo der Zufallsgenerator synchron das zum Sender gleiche Signal erzeugt, wird im Demodulator das Datensignal erhalten. Das „Direct Sequence“-Verfahren findet heute zahlreiche Anwendung. Der Zufallsgenerator wird typisch mittels einer speziellen Schaltung von Schieberegistern erzeugt. (Bild 4). Das Frequenzsprungverfahren (Frequency Hopping) unterscheidet sich vom „Direct Sequence“-Verfahren durch die Modulationsstufe. Während die DS-Modulation im Wesentlichen nur aus einer einfachen Multiplikation besteht, ist der FH-Modulator komplizierter aufgebaut. Ein Zufallsgenerator wählt fortlaufend in schnel-

ler Folge ein Sendesignal aus einer Anzahl von Signalen verschiedener Frequenz aus. Die Sendefrequenz hüpft damit zufällig. Das damit erzeugte hochfrequente Signal wird nun als Träger zur Modulation des Datensignals verwendet. Im Empfänger sorgt ein synchron laufender Zufallsgenerator für die korrekte Demodulation. Heute wird das Frequenzsprungverfahren hauptsächlich in lokalen Funknetzen, wie solche bei WLANs eingesetzt werden, verwendet. Als bekanntes Beispiel gilt das Verfahren „bluetooth“ von Ericsson. (Bild 5).

Die erfindung von Hedy lamarr Am 11. August 1942 wurde an Hedy Kiesler Markey und George Antheil das US-Patent 2,292,387 „Secret Communication System“ erteilt. Im Folgenden wird versucht, die Entstehungsgeschichte und die Bedeutung dieses Patentes allgemein verständlich zu beschreiben. Darüber wurde bereits an vielen Stellen berichtet und es besteht nicht die Absicht, sich hier in wiederholender Weise anzuschließen. Wir wollen deshalb die Entstehungsgeschichte in wenigen Worten beschreiben, gehen aber bei der Beschreibung auf die technische Funktion und die Bedeutung der Erfindung etwas genauer ein. Hedy Lamarr (1914-2000), mit bürgerlichem ledigen Namen Hedwig Kiesler, war 1937 nach den USA emigriert und stieg in Hollywood zu einer berühmten Filmgröße auf. Vom Jahre 1933 war sie bis 1937 mit dem österreichischen Industriellen und international tätigen Waffenhändler Fritz Mandl verheiratet gewesen. Als überzeugte Gegnerin des Nazi-Regimes wollte sie in der Zeit des Zweiten Weltkrieges für ihre neue Heimat einen Beitrag zur Stärkung des amerikanischen Militärs leisten. Es ergab sich mehr zufällig, dass sie den amerikanischen Komponisten George Antheil (bekannt als „bad boy of music“) kennen-

lernte und ihn zur Mitarbeit für ein von ihr vorgeschlagenes Projekt gewinnen konnte. Bei dem Projekt ging es um die Entwicklung einer Funksteuerung für Torpedos, die sicher gegen feindliche Angriffe sein sollte. Die grundsätzliche Idee dazu kam von Hedy Lamarr. In der Zeit ihrer Ehe mit Fritz Mandl hatte sie stets die Gelegenheit, bei Besprechungen dabei zu sein und erfuhr geheime militärische Informationen. Unter diesen auch vom Verfahren, dass ein Funksignal, das in zufälliger Weise seine Frequenz änderte, nur empfangen werden konnte, wenn man diese Änderungen kannte. Es ist bekannt, dass dieses Verfahren bereits im Ersten Weltkrieg in Deutschland von der Firma Telefunken erprobt wurde. Für das Vorhaben, eine praktische Umsetzung dieses Verfahrens zu erreichen, war George Antheil der richtige Ansprechpartner. Er hatte schon in den 20er-Jahren in Paris mit seinem „Ballet Méchanique“ die technischen Kenntnisse erhalten, wie man mittels gestanzter Papierrollen eine Steuerung für automatisch spielende Klaviere realisieren kann. Der Wechsel der verschiedenen Töne des Klaviers konnte in Analogie zum Wechsel der Frequenzen in dem von Hedy Lamarr geplanten System gesehen werden. Es galt, eine technische Lösung zu finden, wie man dieses für Klaviere rein pneumatische System, das die Klaviertasten bewegte, zu einem System, das bei einem Funksender die Sendefrequenzen änderte, bringen konnte. Zur notwendigen Unterstützung im funktechnischen Bereich sicherte sich Hedy Lamarr die Mitarbeit von Professor Stuart Mackeown vom California Institute of Technology (heute Caltech University) in Pasadena, der auch in Patentfragen Erfahrung hatte. Im Juni 1941 war die gemeinsame Arbeit soweit gediehen, dass die Patentschrift „Secret Communication System“ eingereicht werden konnte. Bereits im August 1942 wurde das Patent angenommen.

Technische Details Fig. 1 (= Bild 6) stellt das Blockschaltbild für den Sender dar. Als wichtiger Teil kann dabei der Trägerfrequenz-Generator (VARIABLE FREQUENCY CARRIER GENERATOR) gesehen werden. Durch Anschaltung verschieden großer Kondensatoren gelingt es, acht verschiedene Frequenzen zu erzeugen. Die Kontakte dafür werden jeweils pneumatisch über Schläuche, deren Luftdruck durch die Schlitze auf der laufenden Papierrolle bestimmt wird, geschaltet. In Fig. 4, 5 und 6 (= Bild 7) ist die Papierrolle und die pneumatische Schaltung der Kontakte mittels der Schlitze der Rolle gezeichnet. Die Rolle hatte acht Spuren zur Schaltung der acht Kontakte – soweit die Bild 5: Blockschaltbild einer FH-Funkübertragungsstrecke

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TecHniK 11 Fall ist. Die zum Sender identisch gestanzte Papierrolle läuft synchron und ermöglicht so, dass stets die im Sender jeweilig benutzten Trägerfrequenzen ausgesiebt werden. Nach der Trennstufe folgt ein Verstärker und schließlich die Demodulation (DETECTOR). Die damit erhaltene 100 Hzbzw. 500 Hz-Signale steuern nach Gleichrichtung jeweils ein Relais mit Umschaltkontakt, mit dem schließlich die Einstellung des Ruders des Torpedos erfolgt. Es stellt sich die Frage warum nur vier Frequenzen im Empfänger vorgesehen sind und nicht acht. Im Patent wird diesbezüglich der Hinweis gegeben, dass man durch zusätzliche Signale, die man mit den nicht verwendeten Frequenzen bildet, den Gegner täuschen könnte. (Bild 8). Zusammenfassend kann zum Inhalt des Patents folgende Aussage gemacht werden: Obwohl Hedy Lamarr als Amateur-Erfinderin bekannt geworden ist, ist anzunehmen, dass ihr tatsächlicher Beitrag zum Patent, hauptsächlich durch ihr Wissen zum Prinzip des „Frequency Hopping“ gegeben ist sowie die damit mögliche Anwendung zur Steuerung von Torpedos. George Antheil hat sich mit dem Patent sicher den Verdienst erworben, dass er erkannt hat, dass man mit der aus der Technik der automatisch spielenden Klaviere einen Schaltapparat bauen kann, mit dem in zufälliger Weise Frequenzen ausgewählt werden können. Die radiotechnischen Teile, die keinen besonderen Patentwert haben, wurden wahrscheinlich von Prof. Stuart Mackeown beigesteuert.

Die erfindung aus heutiger Sicht

Beschreibung des Patents zur technischen Realisierung des Zufallsgenerators für ein Frequency Hopping-System mit acht verschiedenen Trägerfrequenzen. (Bild 6, Bild 7) Als Datensignal sieht das Patent Rechteckimpulse variabler Länge über zwei Eingänge vor, die abwechselnd gesendet ganz oben: Bild 6: Frequency Hopping Sender von Hedy lamarr oben: Bild 8: Frequency Hopping empfänger von Hedy lamarr unten: Bild 7: gestanzter Papierstreifen und Pneumatik-Schaltung der Kontakte

werden können. Einmal das Signal L, mit dem der Torpedo nach links gesteuert wird, und R für die Steuerung nach rechts. Mit L wird der Sender mit 100 Hz moduliert, mit R mit 500 Hz. Über einen Leistungsverstärker (AMPLIFIER) wird über die Antenne das Steuersignal an den Torpedo gesendet. Das Patent sieht neben der Amplitudenmodulation (AM) auch die Frequenzmodulation (FM) und die Phasenmodulation (PM) vor. Zur Höhe der Trägerfrequenz enthält das Patent keine Aussage. Der am Torpedo befindliche Empfänger ist mit Blockschaltbild in Fig. 2 zu sehen. Das über Funk empfangene Signal wird zuerst in einer Trennstufe (SELECTOR), die auf vier Empfangs-Frequenzen abgestimmt werden kann, ausgesiebt. Die Auswahl der Frequenzen erfolgt technisch in der gleichen Weise, wie dies beim Sender der

Die Erfindung des Verfahrens des „Frequency Hopping“ wird heute hauptsächlich Hedy Lamarr zuerkannt. George Antheil, obwohl Mitinhaber des Patentes, wird kaum genannt. Wie bereits bemerkt wurde, war die Idee des „Frequency Hopping“ in militärischen Kreisen schon seit der Zeit des Ersten Weltkrieges bekannt. Es wurde aber damals nicht patentiert. Im August 1932 bekam W. Broertjes das US Patent „Method of Maintaining Secrecy in

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TecHniK 12 zug bekamen wir zu ungefähr gleicher Zeit Luis Armstrong, Coca Cola und den Chewing Gum. Wir freuen uns, wenn in Europa zu Hedy Lamarr neue Bücher erscheinen und Ausstellungen gemacht werden. Die Aussagen „dass ohne Hedy Lamarr die MobilTelefonie und das Handy nicht existieren würden und wir auch kein Internet hätten“ sind aber gelinde gesagt übertrieben und daneben gegriffen. In ähnlicher Weise müsste man dann sagen, dass ohne Alessandro Volta (dem Erfinder des galvanischen Elementes) dies alles auch nicht existieren könnte. Frequency Hopping gehört sicherlich heute, neben vielen anderen, zu den wichtigen Bausteinen der Informations- Technologie und wir tun gut daran, Hedy Lamarr dafür zu ehren.

Schriften

the Transmission of Wireless Telegraphic Messages“ das auch „Frequency Hopping“ in seiner Funktion verwendete. Soweit bekannt, wurde dieses Patent nicht weiter genutzt. Das Patent von Hedy Lamarr und George Antheil hat den Vorzug, einen echten Zufallsgenerator benutzen zu können. Es kann damit durchaus, von der Idee her, mit dem System von Vernam und auch mit dem „one time pad“ verglichen werden. In technischer Hinsicht entsprach das Patent jedoch nicht dem Stand der Zeit. Im Jahre 1942 waren bereits schon seit langer Zeit Lochstreifen und

Magnetbänder zur Erzeugung von Zufallsgeneratoren bekannt. Die Verwendung pneumatischer Steuerungen in der Art der automatisch spielenden Klaviere wurde von Fachleuten sicherlich für die Steuerung eines Torpedos als ungeeignet eingeschätzt. Dass die US-Militärbehörden kein weiteres Interesse an der Erfindung zeigten, war verständlich. Bereits 1942 wurde mit dem auf höchster Geheimstufe stehenden SIGSALY-System ein hochsicheres System für Telefonverbindungen, das „Frequency Hopping“ verwendete, in Betrieb genommen. Zur Speicherung der dafür benötigten Zufallsfolgen wurden bei diesem System Schallplatten verwendet.

Schluss Der Aufsatz versucht, die technische Funktion des US-Patents „Secret Communcation System“ von Hedy Lamarr und George Antheil in allgemein verständlicher Weise darzustellen. Die Priorität für die Erfindung des „Frequency Hopping“ ist durch dieses Patent gesichert. Die zahlreichen posthumen Ehrungen, die dafür Hedy Lamarr erhalten hat, waren angebracht. Hedy Lamarr selbst hat in ihren Schriften dieses Patent anscheinend nie erwähnt. Wir sind in Europa, und besonders in Österreich, darauf stolz, dass wir mit Hedy Lamarr nicht nur die schönste Frau der Welt, sondern auch eine heute berühmte Erfinderin nach den USA, besonders nach Hollywood, exportiert haben. Im Gegen04 / 21

Andrea Winkelbauer (Hg): Lady Bluetooth. Hedy Lamarr, Jüdisches Museum Wien 2019 (Ausstellungskatalog). – Richard Rhodes: Hedy’s Folly. Doubleday, New York 2011. – George Antheil: Enfant terrible der Musik. Deutsche Buchgemeinschaft, Berlin 1960. – Albrecht Beutelsbacher: Kryptologie. Vieweg Verlag, 2. verbesserte Auflage, Braunschweig 1991. – Friedrich L. Bauer: Entzifferte Geheimnisse, Springer-Verlag Berlin, Heidelberg 1995. – Alois M.J. Goiser: Handbuch der Spread Spektrum Technik, Springer Verlag, Wien, 1998.

Dank Ich danke dem GEMIVerlag für die Einladung, zur Erfindung von Hedy Lamarr einen Aufsatz zu verfassen. Bei der vom Zentrum für Kommunikation und Medien (ZKM) Karlsruhe im Jahre 2011 durchgeführten Ausstellung „CAR CULTURE“ hatte ich auf Einladung von Prof. Peter Weibel bereits die Gelegenheit bekommen, im Bereich „Mobile Kommunikation per Funk“ mitzuwirken und die Erfindung von Hedy Lamarr zu würdigen. Die Ausarbeitung dieses Aufsatzes hat jedoch mein Wissen um diese Erfindung wesentlich bereichert. Allerdings leide ich momentan an den Folgen meiner Internetsuche nach Informationen zu Hedy Lamarr: Ich bekomme seither ständig per E-mail Einladungen zur Bestellung von Nacktfotos. Danke Google. Fotos: Bild 1 Beutelsbacher, Bild 5 Pichler, Bild 6, 7, 8 Patent, wenn nicht anders angegeben: Franz Pichler

oben: Programmheft „Dishonoured lady” unten: Manual Kopie


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FilM 13

ScHÖnSTe FrAu Der WelT HeiDrun TH. grigoleiT

„Hedy Darling“ lautet der Titel eines faszinierenden Bildbandes, der das filmreife leben der Hollywood-ikone, Technik-Pionierin und zuletzt auch gefallenen göttin Hedy lamarr authentisch und spannend beschreibt.

Hollywoodstar Die 1914 in Wien geborene Hedwig Maria Kiesler, alias Hedy Lamarr, war begehrenswert attraktiv und so schmückte das Konterfei der skandalumwitterten Brünetten mit dem knallroten Mund, den ausdrucksstarken Augen und den makellosen Gesichtszügen ab den 30er-Jahren die Titel unzähliger nationaler und internationaler Zeitungen, Zeitschriften, Modejournale und Filmplakate. Denn der Filmstar galt einst als „schönste Frau der Welt“. Über zwei Jahrzehnte war sie eine der größten Diven der Traumfabrik Hollywood und von einem geheimnisvollen Mythos umgeben. Der facettenreiche und intelligente Star, der sechs mal verheiratet war, unzählige Affären und drei Kinder hatte, erfand nebenbei auch die Grundlagen der heutigen Mobilfunktechnik und ein Torpedo, um Nazideutschland zu bekämpfen.

Wer war Hedy lamarr? Der Autor und Journalist Jochen Förster interessierte sich für die Frage, wer war die geheimnisvolle Hedy Lamarr wirklich? Für ihre Biografie reiste er nach Los Angeles und traf sich dort mit einem Mann, der mehr über die Diva wusste, als jeder andere – ihr Sohn Anthony Loder, mit dem der Autor gemeinsam das schillernde Porträt der ehemaligen Leinwand-Göttin zeichnete, die heute fast in Vergessenheit geraten ist. Bisher unveröffentlichte Familienfotos, Briefe und Geschichten gewähren sehr persönliche Einblicke in ihr Leben und in eine schillernde Epoche Hollywoods.

Kapriziöse Diva Der Bildband beschreibt eine junge Schauspielerin, die ihrer Zeit weit voraus war. Er erzählt spannend und lebendig von ihrem filmreifen Aufstieg, dem Leben als kapriziöse Diva, aber auch von ihrem Scheitern und tiefen Fall. Er berichtet über ihre unglaublichen Stationen, Ehen, Liebschaften und Wirren und ihren Weg von Wien über Berlin, Gefängnis und Flucht über Paris nach England und schließlich in die USA. Durch glückliche Umstände und einflussreiche Bekanntschaften setzte sie ihre Schauspielkarriere mit einem kometenhaften Aufstieg in den USA fort. Schließlich feiert sie in der Traumfabrik Hollywood 1949 in „Love Happy“ ihren größten Filmerfolg. Hedy Lamarr begeisterte aber nicht nur eine breite Öffentlichkeit mit ihrer strahlenden Schönheit, Sexappeal, Glamour und Skandalen, sondern faszinierte mit ihrem Charme auch auf legendären Partys, bei denen sie alle Blicke auf sich zog. Berühmte Männer wie Clark Gable oder Pablo Picasso lagen ihr zu Füßen. In den unterschiedlichsten Rollen, für die sie teils horrende Gagen erzielte, glänzte sie mit Stars wie Spencer Tracy, James Stewart, Clark Gable und vielen anderen. In den 40er-Jahren war Hedy Lamarr auch modisch eine Trendsetterin – etwa bei Frisuren oder der Hutmode. Die Welt war regelrecht verrückt nach ihr.

Aufstieg und Fall Als sie jedoch nach mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr ins Rollenprofil der verführerischen Brünetten passte, ging es

beruflich und privat bergab. Ans strahlende Rampenlicht gewöhnt, stand die alternde Diva plötzlich im Schatten. „Das StarSystem hat meiner Mutter nicht gut getan“, so Anthony Loder, „es hat letztlich eine paranoide Persönlichkeit aus ihr gemacht“. Von der wunderschönen Prinzessin aus dem Wienerwald zur kapriziösen Nervensäge mit Star-Allüren im Laufe der Jahre gewandelt, fand sie nicht mehr den Weg ins reale Leben zurück, das – so beschreibt der Sohn – zum Schluss „aus Leere, Einsamkeit, Verwirrung und Verzweiflung“ bestand. Hedy Lamarr starb am 19. Januar 2000 an Herzstillstand.

Spannende lektüre Der Ankerherz Verlag hat diese Veröffentlichung einem aufregenden und abenteuerlichen Leben gewidmet. Von den Autoren Jochen Förster und Anthony Loder wird die Geschichte realistisch und mitreißend erzählt und wunderschön auf 224 reich bebilderten Seiten präsentiert. Das Buch „Hedy Darling“ ist so fesselnd und spannend geschrieben, dass man es kaum aus der Hand legen mag.

information Jochen Förster und Anthony Loder, Hedy Darling. Hollywood-Ikone. Technik-Pionierin. Gefallener Star. Das filmreife Leben der Hedy Lamarr – erzählt von ihrem Sohn, Ankerherz Verlag 2012, 224 Seiten, illustriert mit zahlreichen Fotografien, Hardcover, Preis: 29,90 Euro, ISBN 978-3940138-25-5 04 / 21


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