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Europas Sammlermagazin

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• € 4,50

Schweiz CHF 8,50 | Österreich € 5,00

Wandteller Bier-Reklame


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INHALT 3

TRÖDLER

ISSN 1863-0340

VERLAG

GEMI Verlags GmbH Pfaffenhofener Straße 3 85293 Reichertshausen Tel. 08441 / 4022-0 Fax 08441 / 71846 Internet: http://www.gemiverlag.de eMail: info@gemiverlag.de

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LESERFORUM ■ Expertenauskünfte

■ Websites für Sammler

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MAGAZIN

GESCHÄFTSFÜHRER

Gerd Reddersen Rudolf Neumeier

CHEFREDAKTEUR

Karl Ruisinger eMail: karl.ruisinger@gemiverlag.de

REDAKTION

Nicola Fritzsch, Joscha Eberhardt Karin Probst, Helene Stümpfle-Wolf

■ Keramische Wandteller

AUTOREN DIESER AUSGABE

Dr. Graham Dry, Daniel Hentschel Karl B. Thomas, Heidrun Th. Grigoleit Ludger Spielberg, Reinhard Bogena Reinhard Wylegalla

AUKTIONEN

REDAKTIONSASSISTENZ

Heike Genz

BLICKPUNKT

TERMINE

Anette Wagner, Tel. 08441/4022-35 Hans Neumeier, Tel. 08441/4022-34 eMail: termine@gemiverlag.de

■ Kunsthandwerk / Design

LITHOS, SATZ, HERSTELLUNG

Westner Medien GmbH (Anschrift siehe Verlag)

■ Ausstellungen – Messen – Märkte

SAMMLUNGSPORTRÄT

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■ Berichte – Preise – Termine

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SCHALLPLATTEN ■ Schwarzes Gold für Sammler

ANZEIGEN

Markus Westner, Tel. 08441/4022-13 Hans Neumeier, Tel. 08441/4022-34

KLEINANZEIGEN

Heike Genz, Tel. 08441/4022-18 Marlene Westner, Tel. 08441/4022-12

■ Bier.Macht.München

VERTRIEB

Gerd Reddersen

BRETTSPIELE

ZEITSCHRIFTENHANDEL

VU Verlagsunion KG

■ Mit dem Würfel durch Deutschland

MARKTVERTRIEB

Jörg Kirschbaum Mobil 0172/4436638

ABOVERWALTUNG

Gemi Verlags GmbH Postfach 85291 Reichertshausen Tel: 08441/4022-0 Fax: 08441/71846 eMail: info@gemiverlag.de

DRUCK

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ONLINETIPP

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KULTURGESCHICHTE

SPIELZEUG

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■ Troxi von Gama

SPIELZEUG

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■ Playmobil

westermann druck Gmbh

FUNDSTÜCKE

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■ Flohmarktpreise

TERMINE UND ANZEIGEN ERSCHEINUNGSWEISE

monatlich

TITELFOTOS

Agon Online Shop Joscha Eberhardt Karl B. Thomas

■ ANTIKMARKTTERMINE ■ SAMMLERBÖRSENTERMINE ■ AUSLANDSTERMINE ■ REGELMÄSSIGE TERMINE

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages vervielfältigt oder verbreitet werden. Unter dieses Verbot fallen die gewerbliche Vervielfältigung per Kopie, die Aufnahme in elektronische Datenbanken und die Vervielfältigung auf CD-ROM.

■ FLOH- UND TRÖDELMARKTTERMINE ■ KLEINANZEIGEN IN DER SAMMLERBÖRSE

Es gilt die Anzeigenpreisliste 1/11 (Preise gültig seit 01.08.2006)

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ONLINETIPP 7

■ Auf den ersten Blick scheint ein elektrischer Toaster eher ein langweiliges Gerät zu sein, denn es sollen ja nur Brotscheiben damit geröstet werden. Ein Blick in die Geschichte dieser Haushaltsgeräte zeigt jedoch, dass es ganz unterschiedliche technische Lösungen gab und besonders das Design stetig entwickelt wurde. Alten Geräten, besonders jenen aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, ist deshalb ihr Verwendungszweck oft nicht anzusehen.

TOASTER

■ Ein Toast auf den Toaster Das Deutsche Brotmuseum in Ulm bot vor 15 Jahren eine Ausstellung zu Technikgeschichte und Design der Toaster. Eine Dokumentation mit einer ausgezeichneten Einführung in das Thema und mehreren Abbildungen historischer Geräte ist noch im Internet zu finden.

ca 1900 bis 2000 vorgestellt. Neben gutem Bildmaterial sind häufig auch ausführliche Beschreibungen und technische Angaben vorhanden, dazu in vielen Fällen noch Zeichnungen, Patentschriften und historische Anzeigen. Wer weiter auf dieser Homepage stöbert, wird auch Spielzeugtoaster, Spardosen in Toasterform, etliche Fachartikel, Kuriositäten und zahlreiche Verweise auf andere Toaster-Seiten entdecken. Außerdem steht eine 21 Seiten umfassende Information zum Download als pdf-Datei zur Verfügung. www.toaster.org/index.html

web.archive.org/web/20110826064810/http://www .aski.org/kb2_01/kb201ulm.htm

■ Toaster Sammlung Alphabetisch nach Herstellern sortiert wird hier eine gut 70 Geräte umfassende Sammlung mit Objekten aus der Zeit ab circa 1920 präsentiert. Die guten Abbildungen liegen leider nur im Kleinformat vor, doch gibt es dazu noch Beschreibungen und von einigen Stücken auch jeweils mehrere Bilder. www.central-services.de/museum/scripts/mt_index.htm

■ Toasters Sammler-Seite Mit einer attraktiv gestalteten Präsentation stellt ein Sammler seine nicht sehr große, aber äußerst interessante Kollektion aus der Zeit von circa 1915 bis 1965 vor. Von allen Objekten sind mehrere und sehr gute Abbildungen vorhanden, dazu noch Angaben zu den Herstellern, Datierungen und Beschreibungen. Eine Literaturliste mit Buchtipps und Fachartikeln aus Zeitschriften wird auch noch geboten. www.toasters.de/startseite.html

■ Toaster Gallery Nach Herstellern geordnet werden in mehreren Bildergalerien zahlreiche alte Toaster mit guten Fotos und kurzen Informationen vorgestellt. Von den über 150 Exemplaren stammen die meisten aus der Zeit vor 1940. Ebenfalls auf mehreren Seiten wird reichlich historische Werbung, hauptsächlich in Form von Anzeigen, präsentiert. toast2go.tripod.com/ToasterGallery.html

■ Herkunft und Preise Von einer fast 600 Exemplare umfassenden Sammlung werden 193 Toaster mit jeweils mehreren Bildern, technischen Details und Beschreibungen ausführlich vorgestellt. Die Objekte sind alphabetisch nach Herstellern und geographisch nach ihrer Herkunft sortiert. Dazu kommen auf ebenfalls bebilderten Seiten noch etliche Auktionsergebnisse. www.toastermuseum.com

■ Toaster Museum Eine außerordentliche Fülle an Informationen und Bildmaterial wird hier geboten, allerdings nur in englischer Sprache. Neben umfassenden und mit zahlreichen Bildern versehenen Informationen zur Toastergeschichte bildet das „Cyber Toaster Museum" den Schwerpunkt dieser Präsentation. Dort werden, nach Jahrzehnten sortiert, unzählige Geräte von cir06 / 16


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SAMMLUNGSPORTRÄT 14

KERAMISCHE WANDTELLER

Erinnerungsteller, Größe 1, ohne Marke

KARL B. THOMAS

klassischer Wandteller ist jedoch nur gegeben, wenn er auf der Rückseite eine primäre Aufhängevorrichtung aufweist: Löcher im Standring für eine Schnurbefestigung oder eine Nut für einen Wandhaken. Schmuckteller mit einer nachträglichen Aufhängevorrichtung gehören nicht dazu, denn sie können in der Vitrine oder auf dem Vertiko mit entsprechenden Aufstellern präsentiert werden. Was macht Wandteller so beliebt als Wohnzimmerschmuck? Sie sind klein genug, um im Gegensatz zu großformatigen Gemälden einen Platz an der Wand zu finden. Auch zwei oder drei motivähnliche Teller sind auf kleinem Raum unterzubringen. Wandteller aus Porzellan bekannter Manufakturen wie Meißen oder Fürstenberg hingen wohl mehrheitlich in den Salons oder Herrenzimmern des gehobenen Bürgertums. Für den Arbeiterhaushalt um 1900 kamen aus finanziellen und Wohnraumgründen so teure Exemplare nicht in Frage. Im Gegensatz zum Bürgertum bestand die Wohnung der Arbeiter und kleinen Handwerker im Regelfall aus einem Schlafraum und der Wohnküche, in der sich das gesamte Familienleben abspielte. Hier war kein Platz für größere Bilder wie in den bürgerlichen Salons, höchstens ein Haussegen war vorhanden. Um trotzdem etwas Farbe und Abwechslung in den Alltag zu bringen, zierten dann preiswerte Steingutteller, oft mit Landschaftsmotiven, die Wohnküchenwand, denn dafür fand sich immer noch ein Plätzchen. Im vorliegenden Artikel liegt der Fokus auf den Produkten der sächsischen Steingutfabrik AG Sörnewitz bei Meißen (1899-

Steingutfabrik Sörnewitz

Wohnzimmerschmuck

Wandteller – aus Porzellan, Steingut oder Metall – erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit, heute wie vor hundert Jahren. Sucht man auf Plattformen wie „ebay" oder „hood" mit dem Stichwort „Wandteller”, erhält man mehr als 15.000 Treffer, wobei die Mehrzahl neueren Datums ist. Mehr als 80 Jahre alte Teller kommen dabei weniger 06 / 16

Albrechtsburg Meißen mit den 1909 erbauten Domtürmen, Ausführung in Bunt, Größe 3, Marke 51 oft vor, wobei die zeitliche Bestimmung nicht so einfach ist, es sei denn, dass der Wandteller eine Jahreszahl wie bei Erinnerungs- oder Jubiläumsanlässen trägt oder durch den Anlass verifizierbar ist. Ein Olympiateller 1936, Ø 30,5 cm


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SAMMLUNGSPORTRÄT 15

1968). Wandteller gehörten als „Luxusartikel” seit Produktionsbeginn um 1900 zum Erzeugnisspektrum der Firma, wie frühe schriftliche Zeugnisse und eine Annonce in der Zeitschrift Porzellan- und Glashandlung vom 8.10.1910 beweisen. Die Frage, wann diese Produktion eingestellt wurde, kann schlüssig nicht beantwortet werden. Mit der letzten Doppel-S-Vorkriegsmarke (gebräuchlich seit Ende der 20er-Jahre) gibt es bisher keinen Beleg, mit der frühen Monogrammmarke existiert im Stadtmuseum Meißen ein Teller mit dem Bild der Albrechtsburg. In keinem der bisher be-

kannten Verkaufs- und Messekataloge seit Mitte der 20er-Jahre ist jemals ein Wandteller abgebildet oder erwähnt worden. Eine Ausnahme stellt die „Olympiaplatte" von 1936 im Formenbuch der Firma (Formnummer 1004) dar, sie ist bisher in der Realität jedoch nicht aufgetaucht. Außerdem ist aus der Formbuchbeschreibung nicht ersichtlich, ob es sich tatsächlich um einen Wandteller oder um eine Schmuckplatte handelt. Deshalb kann mit einiger Berechtigung geschlussfolgert werden, dass Wandteller nur bis spätestens zum Beginn der 20er-Jahre produziert wurden.

Zuordnung Eine Zuordnung zu einer Firma ist eindeutig durch eine nachgewiesene Fabrikmarke möglich. Hier fängt aber das Problem einer verlässlichen Zuordnung an. Von dem oben erwähnten Exemplar im Stadtmuseum Meißen ergibt sich eine Beweiskette auf die übrigen bisher bekannten Wandteller. Ein weiteres Exemplar mit eindeutiger Zuordnung ist ein Werbeteller mit vorderseitiger Aufschrift „Steingut A.G. – ABTL. GLAS. – Sörnewitz-Meissen." in der Größe 1 mit 39,5 cm Durchmesser. Ein weiterer Beweis findet sich in der charakteristischen Formgebung der Wandteller: Auf der Rückseite befindet sich ein breiter Standring mit den darin befindlichen Aufhängelöchern. Innerhalb des Standringes sind auf der Rückseite kreisrunde Rippen vorhanden, deren Anzahl zwischen eins und sechs mit dem Durchmesser korrespondieren: eine Rippe = 39,5 cm; zwei Rippen = 34 cm; drei Rippen = 30,5 cm; vier Rippen = 27,5 cm; fünf Rippen = 24 cm; sechs Rippen = 18,5 cm. Die gleiche rückseitige Formgebung findet man auch auf einem von Sörnewitz hergestellten Tortenplattentyp (Formnr. 718), bei dem ebenfalls Rippenanzahl und Plattendurchmesser zusammenhängen. Außer der bisher nachgewiesenen Fabrikmarke im Stadtmuseum Meißen weisen alle sonstigen Sörnewitz-Wandteller Markierungen auf, die eine Herkunftsbezeichnung in Form von „SAXONY", „Germany" oder „Made in Germany" bzw. eine Dekorbezeichnung tragen. Die meisten der hier Rückseitige Tellerformen. – Ausschließliche Markierungen für Wandteller. – Katalogauszug der VVB Sachsen von 1950

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SAMMLUNGSPORTRÄT 16 Kgl. Stadtschloss Dresden vor 1919, Größe 3, Marke 54. – Rathaus Hannover, erbaut 1913, Größe 3, ohne Marke . – Berliner Dom, erbaut 1905, Größe 3, ohne Marke. – Siegessäule Berlin, Größe 3, ohne Marke versammelten Wandteller sind ohne Marken. Dass eindeutige Fabrikmarken der Firma Sörnewitz fehlen, könnte damit zusammenhängen, dass die Mehrzahl dieses Produktsegmentes für den Export bestimmt war und nur ein kleinerer Teil im Inland verblieb. Da die Konkurrenzerzeugnisse der Steingutfabrik Villeroy & Boch immer eine Fabrikmarke trugen, war keine (oder eine nicht eindeutig erkennbare) Markierung möglicherweise verkaufsfördernder als eine nicht so bekannte Fabrikmarke. Nach der kriegsbedingten Enteignung hat das nunmehrige VEB Steingutwerk bis zur Mitte der 1950er-Jahre auch Wandteller als Zierkeramik hergestellt. Bisher bekannt sind zwei Teller der Größe 2 und 3 mit der Dreiecksmarke und ein Teller der Größe 2 mit der Gefäßmarke.

Motive Im Verlauf von sechs Jahren konnten 141 Wandteller mit 82 verschiedenen Motiven, in drei Farbausführungen (bunt, blau und braun), in sechs Größen und mit sieben Fabrikmarkierungen zusammengetragen werden. Sechs verschiedene Motivgruppen lassen sich zuteilen: (a) Bauwerke, (b) Uferlandschaften, (c) Windmühlenlandschaften, (d) Schiffe und Menschen, (e) Land, Leute und Tiere, (f) Stillleben und Sprüche. Diese Einteilung ist natürlich subjektiv, jede andere Zusammenfassung ist denkbar. Ein zeitlicher Bezug ist bei den Tellern mit Bauwerken erkennbar. So tragen eine Reihe Teller mit Dresdner Motiven die Beschriftung „kgl.", das weist auf eine Zeit vor 1919 hin. Ein weiterer Anlass zur Herausgabe von derartigen Wandtellern ist die Fertigstellung von Gebäuden: das Neue Rathaus von Hannover, die Albrechtsburg Meißen mit der Fertigstellung der Domtürme und der Berliner Dom. Ebenfalls zeitlich einzuordnen ist der Teller mit der Berliner Siegessäule, die hier noch auf dem Platz vor der Krolloper mit drei Kanonenringen steht; 1938/39 wurde die Siegessäule um einen Kanonenring erhöht und auf den heutigen Platz am Großen Stern „verschoben". Zwar stammen die meisten Motive dieser Gruppe aus Sachsen, aber mit München, Hannover und Berlin sind Kundenwünsche aus anderen Teilen Deutschlands ersichtlich. Mit Sicherheit gibt es noch weitere Motive, die nur noch nicht bekannt sind.

vorgenannten Bauten handelt es sich um den Dom Erfurt (mehrfarbig), die Frauenkirche München und die Brühl’sche Terrasse Dresden. Alle diese Teller sind von gleicher Größe mit 30,5 cm. Bei einer geringeren Größe hätte das abgebildete Bauwerk sicherlich nicht die gewünschte Wirkung.

Bauwerkspanoramen Elf verschiedene Bauwerksdarstellungen sind bisher bekannt. Zusätzlich zu den

Dom Erfurt, Größe 3, ohne Marke. – Frauenkirche München, Größe 3, ohne Marke. – Brühl’sche Terrasse Dresden, Größe 3, ohne Marke


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SAMMLUNGSPORTRÄT 17

Gehöft mit Bach und Steg, Größe 3, a) Ausführung in Bunt, Marke 10, b) Ausführung in Blau, Marke 10 Uferlandschaften an Seen und Flüssen Die Motive dieser Gruppe sind mehrheitlich der norddeutschen Landschaft entlehnt. Es sind bisher 26 unterschiedliche Darstellungen bekannt, sowohl einfarbig Kahnpartie ab Ufertreppe in Blau und Braun, Größe 5, a) Ausführung in Blau, ohne Marke, b) Ausführung in Braun, ohne Marke

Gehöft mit Birke und Bachbrücke, Größe 6, ohne Marke blau oder braun als auch mehrfarbig. Sieben gleiche Bilder kommen sowohl ein-, als auch mehrfarbig vor. Es sind ebenfalls Teller bekannt, bei denen die Farben unterschiedlich sind, eine hellere oder dunklere Ausführung soll hier nicht berücksichtigt werden. Sechs der bekannten Motive sind mehrfarbig ohne eine einfarbige Entsprechung. Für einfarbige Teller in Blau und in Braun gibt es ein Beispiel. Die häufigste Größe in dieser Gruppe mit zwölf Stück beträgt 30,5 cm, sechs Stück haben einen Durchmesser von 27,5 cm, fünf sind 24 cm groß und nur vier Exemplare sind mit 18,5 cm am kleinsten. Eine Ausnahme stellen drei ovale Wandteller dar, mit den Maßen 35 x 23 cm – zwei Stück im Querformat und einmal im Hochformat. Windmühlenlandschaften In dieser Kategorie dominiert stets eine Windmühle die Landschaft, an einem Seeoder Flussufer, weshalb man sie auch der vorherigen oder der nachfolgenden Gruppe zuschlagen könnte. Die Landschaften sind eindeutig niederdeutsch, wegen fehlender Markierungen werden sie auch oft Bachlandschaften mit Baumbestand, oval, 35x23 cm, a) Birkenreihe mit Bachsteg (Querformat), Marke 51, b) Birkengruppe (Hochformat), Marke 51


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Segelschiff in Fahrt, Ausführung nach links, Größe 5, ohne Marke chung. Die Größe 5 ist mit 54 Prozent am häufigsten vertreten. Maritime Motive: Schiffe, Meer, Hafen- und Uferszenen Diese Kategorie ist gemeinhin unter dem Stichwort „Delft" bekannt, weil die häufigsten Wandteller mit diesen Darstellungen aus dem niederländischen Delft stammen. Segler, a) Segelschiff in voller Fahrt, Größe 2, ohne Marke, b) Fischer beim Einholen der Netze, Größe 4, Marke 54 teres Motiv einfarbig blau und braun stellt eine Bachlandschaft mit einer Klappbrücke dar. Das zweite farbige Motiv dieser Gruppe hat noch eine blaue EntsprePersonen am Ufer auf eine Schiffsankunft wartend, a) Mutter mit Kleinkind, 2 Männer am Glockenturm, Größe 3, Marke 55, b) Vater mit Kleinkind und Schauermann, Größe 5, ohne Marke

Windmühle mit Siedlung am Bach und grasende Schafe, Größe 4, Marke 54. – Bockwindmühle mit Bach und Klappsteg, Größe 5, Ausführung in Braun, ohne Marke. – Windmühle und Segler, Größe 5, Ausführung in Bunt, Marke 51 fälschlich als Hollandmotiv angesehen. Elf verschiedene Motive sind bisher aufgetaucht, darunter die Mehrzahl mit acht Darstellungen nur in blauer Farbe. Ein Motiv mit einer kleinen Schafherde an einem Bachlauf in Farbe hat die Größe 4, ein wei06 / 16


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SAMMLUNGSPORTRÄT 19 Landschaftspanoramen, a) Fußgängerbrücke über einen Bach vor einer Siedlung, Größe 4, ohne Marke, b) Dorfstraße, Größe 5, ohne Marke, c) einsames Gehöft in Bunt, Größe 4, Marke 64

Personen auf der Uferbefestigung mit Segelschiffen im Hintergrund, a) junges Ehepaar mit einem leeren Korb, Größe 3, Marke 10, b) junge Männer auf Arbeit wartend, Größe 5, ohne Marke Diese „Originalteller" sind aber in aller Regel gemarkt, so dass eine Verwechslung mit den Erzeugnissen aus Sörnewitz nicht vorkommt. Die Farbgebung der reinen Schiffsdarstellungen ist durchgängig blau, mehrfarbige Ausführungen sind hier nicht bekannt. Ein Motiv ist spiegelbildlich vorhanden. In dieser Untergruppe ist die Größe 2 einmal, die Größe 3 viermal, die Größe 4 einmal und die Größe 5 zweimal vorhanden. Die Hafen- und Uferszenen sind bis auf eine blaue Ausnahme mit sieben Motiven bunt gehalten. Personengruppen sind neben Schiffen und Windmühlen zu sehen. Diese Menschen warten entweder auf die Ankunft eines Schiffes oder halten sich anderweitig wartend am Kai auf. Vier Motive kommen in variierter Farbigkeit vor. Die Teller der Größe 3 bis 5 sind fast gleichmäßig vorhanden.

beit oder der Freizeitbeschäftigung und reine Tierbilder. Die Landschaftspanoramen kommen mit zwei Motiven in Blau sowie einem Motiv in Blau und Bunt vor. Zwei Motive der Feldarbeit zeigen das beschwerliche Leben auf dem Lande und bedürfen besonderer Aufmerksamkeit. Beide Motive gehen auf Gemälde des französischen Malers Jean-François Millet (1814-1875) zurück, der einer der führenden Künstler des Realismus war. Das Bild „Die Ährenleserinnen", entstanden 1857, war sehr populär und wurde häufig als Kunstdruck vervielfältigt und als preiswerter Wandschmuck verkauft. Unsere Abbildung zeigt eine zeitgenössische Radierung. Den Teller mit Ährenleserinnen gibt es in der Größe 2 und 3, was in dieser Form vermutlich eine Besonderheit darstellt, denn außer diesem Beispiel gibt es bisher keinen Motivteller in zwei unterschiedlichen Größen. Das zweite Motiv der Größe 3 stammt ebenfalls von Millet unter dem Titel „Das Angelusgebet" (entstanden 1857/ 59) und zeigt ein auf einem Feld über einem Kartoffelkorb betendes Ehepaar. Beide Bilder von Millet sind auf den Wandtellern seitenverkehrt dargestellt, was durch die Übertragungstechnik von der Vorlage auf den Wandteller zu erklären ist. Bei beiRadierung „Die Ährenleserinnen" nach einem Gemälde von J.-F.Millet. – Wandteller „Die Ährenleserinnen", Größe 2, Marke 10

Landleben und Tierdarstellungen In dieser Gruppe versammeln sich Landschaftspanoramen, Menschen bei der Ar-

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Reiter bei der herbstlichen Fuchsjagd, a) Reiter beim Hindernissprung, Größe 3, Marke 10, b) zwei Reiter mit Hundemeute, Größe 3, Marke 55

Geflügel in freier Landschaft, a) Fasanenpärchen vor schroffen Felsen, Größe 3, Marke 51, b) Auerhahn/ -huhn mit Jungvögeln, Größe 3, Marke 51

Wasser- und Hausvögel, a) Henne mit drei Küken, Größe 5, Marke 51, b) Stockente im Flug, Größe 3, ohne Marke

den Motiven kann man durchaus einen sozialkritischen Ansatz erkennen, was auf einen Käuferkreis in den unteren Bevölkerungsschichten schließen lässt (Quelle zu J.-F.Millet: Wikipedia. Die Gemälde befinden sich im Besitz des Pariser Musée d’Orsay). Das Freizeitvergnügen der Landjunker zeigen zwei bunte Teller der Größe 3 mit einer herrschaftlichen Fuchsjagd in der Landschaft. Tiere sind beliebte Motive bei den Wandtellern. Drei Teller zeigen Vögel in einer Gebirgslandschaft, vier weitere bilden heimisches Federvieh (Hahn, Henne mit Küken, Stockente und Storch) ab und zwei weitere Teller als Kontrast einen Löwen in der Wüste und einen Leoparden mit Palmen und Pyramide, womit dem damaligen Fernweh Genüge getan wurde. Alle Tierteller sind bunt gehalten und haben die Größe 3 mit 30,5 cm Durchmesser (7 Stück) sowie Größe 5 mit 27,5 cm Durchmesser (2 Stück) .

sind Vasen oder Krüge mit Obst arrangiert und deswegen auch farbig ausgeführt. Zwei weitere Teller sind einfarbig blau. Es ist durchaus denkbar, dass ein oder mehrere Motive ebenfalls auf bisher nicht verifizierbare Gemälde zurückgehen. Sinnsprüche an der Wand findet man zu verschiedenen Gelegenheiten, also auch auf Wandtellern. Drei Beispiele sind in Sörnewitz hergestellt worden, alle leider ohne Markierung. Enthält das in der Sammlung befindliche große Exemplar mit 39,5 cm

Stillleben und Sprüche Stillleben sind ein beliebtes Gestaltungsmittel in der bildenden Kunst – viele Gemälde davon sind bekannt. In bürgerlichen Salons war dafür Platz, nicht dagegen in der proletarischen Wohnküche, und genau dafür waren diese Wandteller gedacht. Bei vier vorhandenen Motiven Druck „Das Angelusgebet" nach einem Gemälde von J.-F.Millet. – Wandteller „Das Angelusgebet", Größe 3, Marke 10 06 / 16

Löwe in Beobachtungsstellung, Größe 3, ohne Marke


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a) Weinkrug mit Kirschen und Aprikosen, Größe 2, Marke 51, b) Vase mit Erdbeeren, Größe 3, Marke 51

a) Pflaumenzweige mit Schmetterling, Größe 3, ohne Marke, b) Weintraubenzweig mit Schmetterling, Größe 3, ohne Marke

ein regelrechtes Gedicht, so zeigen zwei weitere in Fremdbesitz vorhandene Exemplare mit 30,5 cm je einen Sinnspruch. Obwohl nach 1945 und der Wiederaufnahme der Produktion die Versorgung der Bevölkerung mit Haushaltsgeschirr im Vordergrund stand, ist in der Anfangszeit auch Zierkeramik hergestellt worden, wozu drei Wandteller aus der Zeit um 1950 gehören. In einem Katalog von 1950 ist ausdrücklich Ziersteingut mit Wandtellern aufgeführt.

gesamt 43 Wandtellern (31,2 %) vor. Eine dritte Markierungsart hebt auf den Dekor mit der Bezeichnung „Copenhagendecore" ab. Hiermit sind nur fünf Wandteller markiert und zwar ausschließlich niederdeutsche Bach- und Flusslandschaften. Bei den Tellergrößen ist die Nr.3 (30,5 cm) in der Sammlung mit 75 Objekten am häufigsten anzutreffen, gefolgt von Nr.4 (27,5 cm) und Nr.5 (24 cm) mit jeweils 23 Stück. Die anderen Größen bilden mit zwei bis fünf Tellern das Schlusslicht. In der Farbgebung dominieren die blauen Teller mit 65 Stück, hier besonders bei den Gruppen „Windmühlenlandschaft" und „Schiffe", weshalb diese Teller bei Angebotsbeschreibungen immer wieder (fälschlich) als Delftdekor bzw. holländisches Produkt ausgegeben werden. Der erste Teller – damals noch ohne genaue Zuordnung und nur mit einer Vermutung, die sich im Lauf der Jahre zur Gewissheit verdichtete, – gelangte vor sechs Jahren an die Wand des heimischen Wohnzimmers. Im Durchschnitt gab es seither einen Zuwachs von knapp zwei Stück pro Monat. Zum Schluss noch einige Worte zum finanziellen Aufwand dieser Sammlung. Die 141 Wandteller kosteten bisher 2.122 Euro, wobei als Quelle 55 mal Internet-Versteigerungsplattformen und 70 mal der Gang über die Floh- und Trödelmärkte zu nennen sind. Der direkte Antiquitätenhandel spielt mit 18 Treffern nur eine untergeordnete Rolle. Als Mittelwert berechnen sich 14,8 Euro, die Hälfte der Stücke kostete 12 Euro und weniger. 84 %

Die Sammlung Von den 141 vorhandenen Tellern sind 23 Stück Varianten eines „Stammtellers", d.h., dass es Unterschiede in der Farbgebung, Helligkeit der Darstellung und bei den Markierungen gibt. Die rückseitige Markierung der Wandteller ist unterschiedlich verteilt. Zusammen betrachtet sind 71 Exemplare ohne Markierung (51,4 %). Die Markierungen kann man in drei Gruppen aufteilen: Das ist einerseits das Queroval mit dem Wort SAXONY, was man als Fabrikmarke der Steingutfabrik für Wandteller ansehen kann, obwohl bisher kein schriftlicher Beweis dafür vorliegt. 16 Teller (11,6 %) sind so markiert. Andererseits kommt die Schutzmarke „Germany” bzw. „Made in Germany”, seit Ende des 19. Jahrhunderts für deutsche Exportprodukte in Gebrauch, in drei Varianten bei ins-

a) Singvogel mit Chrysantheme, Größe 3, Dreiecksmarke, b) Singvogel im Blütenreigen, Größe 2, Dreiecksmarke

Versteller, Größe 1, ohne Marke der gesammelten Teller waren für 20 Euro und weniger zu haben. Im Umkehrschluss heißt das, dass nur 16 % (absolut: 22 Teller) mit mehr als 20 Euro zu bezahlen waren. Deshalb sind Preise jenseits dieser Grenze nur sehr schwer zu realisieren und derartig bepreiste Teller liegen dann „wie Blei" in den Angebotslisten. Bei Anregungen und Fragen: Kontaktaufnahme über kbt.fux@web.de Fotos: Karl B. Thomas

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KUNSTHANDWERK

■ Elfenbein Das Elfenbein gehört zu den kostbaren Stoffen, die in aller Regel entweder für Kunstobjekte oder aber kunsthandwerkliche Arbeiten benutzt wurden. Eine Sonderform des Kunsthandwerks mit Elfenbein stellt dabei das Kunstdrechseln dar, bei dem mit relativ einfachen Handgriffen und ohne körperliche Mühe fast wie von Zauberhand so unmittelbar faszinierende Objekte erzeugt werden können, dass es wenig verwundert, dass dieses Elfenbeindrechseln zu einem beliebten Hobby des Hochadels avancierte. Die Erzeugnisse kann man bis heute in den entsprechenden fürstlichen Sammlungen, etwa dem Grünen Gewölbe in Dresden, bewundern. Bei der Drehbank handelt es sich gewisBaldassare degli Embriachi zugeschriebenes Kästchen, Venedig (?), 15. Jahrhundert, Elfenbein, geschwärztes Holz, H 24 cm. Aus dem Mittelalter sind meist Reliquiare und andere kirchliche Kästchen erhalten. Dieses seltene aus der Renaissance zeigt dagegen weltliche Szenen (Foto: Tajan)

sermaßen um eine Frühform einer Heimwerkermaschine. Da sie selbst als feinmechanisches Präzisionsgerät eine teure Rarität darstellte und darüber hinaus das teure und seltene Elfenbein verarbeitete, eignete sie sich in hervorragender Weise als exklusives Spielzeug der Haute Volee, die ihrem spielerischen Betätigungsdrang

Dokumentkästchen, Augsburg, um 1680, Elfenbein und Messinggriffe auf Holzkern, L 23 cm. Die säuberlich ausgesägten und glatt polierten Elfenbeinstücke konnten zu teilweise großen Kästen zusammenmontiert werden. Je einfacher dabei das Elfenbein geformt war, um so wirkungsvoller kam seine materielle Feinheit zum Tragen (Foto: Schloss Ahlden)

nachgeben konnte, ohne Angst haben zu müssen, sich dadurch gesellschaftlich eine Blöße zu geben. Drechseln ist eine sehr alte Handwerkskunst, die man schon bei einigen Naturvölkern findet. Technisch ist sie mit dem Prinzip des Pfeil-und-Bogens verwandt, wobei der Bogen mit seiner Sehne so um das zu drechselnde Stück geschlungen wird, dass dieses durch eine Säge-Bewegung des Bogens in eine starke Drehbewegung versetzt wird. Der Nachteil dieser archaischen Technik ist, dass die Drehbewegung in zwei Richtungen verläuft, von der nur eine zum Drechseln verwendbar ist. Darüber hinaus wird eine Hand für die Bewegung des Bogens gebraucht, und man hat nur eine Hand für die Führung des Drechselmessers. So kam man schon im Mittelalter darauf, diese Bewegung mit einer Fußwippe zu erledigen, so dass der Drechsler beide Hände frei hatte. Doch erst mit der Drehbank mit Schwungrad konnte man eine kontinuierliche Bewegung in eine Richtung erzeugen. Interessanterweise ist das früheste Modell einer Drehbank mit Schwungrad in einer Zeichnung von Leonardo dokumentiert, was wiederum kein Zufall ist, denn Mailand war ein frühes Zentrum der Drechselkunst. Ab dem 19. Jahrhundert benützte man für die Rotationsbewegung der Drehbank zunehmend einen Motor, im 20. einen elektrischen. Den ausführlichen Artikel „Elfenbein/Teil 2 – Handwerk” (sieben Seiten, 21 Abbildungen) von Dr. Dieter Weidmann finden Sie in der aktuellen Juni-Ausgabe der Zeitschrift „Sammler Journal” (ab 24. Mai im Handel erhältlich)

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DESIGN

■ East and West Die Ost-West-Beziehungen blicken auf eine lange und vielschichtige Tradition zurück. Schon zur Zeit der Zaren importierte der russische Adel die französische Sprache, um sich vom niederen Volk abzugrenzen und sich im Beisein der Bediensteten unterhalten zu können, ohne dass diese die Sprache verstanden. Russische Musik und Literatur bereicherten im Gegenzug die europäische Kulturlandschaft seit Jahrhunderten. In dieser Tradition des Austauschs steht auch die spannende dreiteilige Präsentation „East and West" des Neuen Museums in Nürnberg in Kooperation mit der Neuen Sammlung – The International Design Museum Munich. Sie stellt dabei herausragende, aber auch alltägliche Designleistungen aus Ost und West gegenüber. Dazu wurden 2015 drei autonome Räume im Nürnberger Museum mit Designobjekten aus den Beständen

Design" und „USA" konnte das Neue Museum Nürnberg den Berliner Künstler Tilo Schulz (*1972 in Leipzig) gewinnen. Seit Anfang der 90er-Jahre ist Tilo Schulz als Künstler, Kurator, Ausstellungsgestalter und Autor tätig. Durch seine Wahl als Ausstellungsmacher kommt die Nähe des Designs zur Kunst zum Ausdruck, die Gestaltung der Räume und Anordnung der Objekte geschieht mit den Augen und der Gewichtung des Künstlers, was wiederum auf die Bewegung, Wahrnehmung und Erfahrung der Ausstellungsbesucher einwirkt. Letztendlich soll diesen ein unmittelbarerer Zugang zu den Exponaten ermöglicht werden und zu einer Diskussion, im Sinne eines interaktiven Museums, über

Dieter Rams, Lautsprecher L2, 1958. Hersteller Max Braun OHG, Frankfurt a. M.; Karl Clauss Dietel und Lutz Rudolph, Studiolautsprecher mit Verstärker VS 1-32, 1965. Hersteller HELIRADIO Gerätebau Hempel KG, Limbach-Oberfrohna (Foto: Die Neue Sammlung / A. Laurenzo)

den Kontext sowie die Präsentation und Repräsentation von Alltagsobjekten anregen. Den ausführlichen Artikel „East and West – USA/ Tschechisches Design/DDR-BRD” (acht Seiten, 20 Abbildungen) von Dr. Wolfgang Hornik finden Sie in der aktuellen Juni-Ausgabe der Zeitschrift „Sammler Journal” (ab 24. Mai im Handel erhältlich)

Harry Bertoia, Kinderstuhl Nr. 426, Diamond-Serie, 1952. Hersteller Knoll Associates (Foto: Die Neue Sammlung / A. Laurenzo)

der Neuen Sammlung gestaltet, von denen sich jeder einem bestimmten Schwerpunkt unter dem übergeordneten Thema „East and West" widmet. Den westlichen Vertretern BRD und USA stehen dabei die DDR und Tschechien gegenüber. Die Räume sind bis auf Weiteres zu besichtigen. Für die Gestaltung der Displays der Präsentationen „DDR/BRD", „Tschechisches Franta An´yˇz, Tischleuchten, 1928, Franta An´yˇz & spol., Prag (Foto: Die Neue Sammlung / A. Laurenzo) 06 / 16


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.. SCHWARZES GOLD FUR SCHALLPLATTEN-SAMMLER

€ 40-60 Antoine (Pierre Antoine Muraccioli, geb. 1944) „Football Game 7 Inch”, erschienen auf Voque Deutschland 1969, Nr. DV 14868”. In Frankreich sorgte er 1966 mit seiner LP „Les Elucubrations” für Aufsehen, in dem er „langes Haar” propagandierte

€ 10-20 Peter Behrens (geb. 1947) „Das Tor 7 Inch”, 1988 auf EMI, Nr. „1473597”. Offizielle Single zur Fußball EM 1988 des Ex-Trio-Schlagzeugers. Behrens tingelte in den 1960er-Jahren mit diversen Schlager- und Swingbands durch Norddeutschland. Anfang der 70er-Jahre war er Mitglied der Krautrock-Band Silberbart

FUSSBALL-SONGS

€ 50-80 Loris Ceroni (geb. 1955) „Lady Football LP”, erschienen 1979 in Italien auf Strix Records, farbiges Vinyl, No. „SFLP 0099”. Der Sohn des legendären „Maestro” Leo Ceroni studierte in Imola und später noch am Konservatorium von Pesaro. Er war als Plattenproduzent in Latein-Amerika und den USA sehr erfolgreich. In seinem legendären Aufnahmestudio „Le Dune” produzierte er Künstler wie Reyli Barba, OV 7, Fey, Xana etc.

€ 20-35 The Liverpool Football Team „Sing Along With Liverpool LP”, veröffentlicht 1972 auf Penny Farthing UK, No. „Pels 530”. Die Platte mit dem wohl berühmtesten Fußball-Song aller Zeiten „You’ll Never Walk Alone”. Beliebt auch bei Celtic Glasgow, FC St. Pauli etc. € 40-80 Giorgio Chinaglia (1947-2012) „I’m Football Crazy 7 Inch””, veröffentlicht 1974 auf Telefunken Deutschland, Nr. „U56354”. Der Gastarbeitersohn startete 1962 bei Swansea City seine Karriere. 1968 landete er bei Lazio Rom (Meister & Torschützenkönig Saison 1973/1974). Der Mittelstürmer gab sein Debüt 1972 für die Azzuri (gegen Bulgarien), kam jedoch nur zu 24 Einsätzen (4 Tore). In 8 Jahren bei Cosmos New York erzielte er in 213 Spielen 193 Tore € 30-50 Cockney Rejects „Greatest Hits Vol. II LP”, erschienen 1980 EMI Germany, Nr. „1C 064-07377”. East-Londoner „Street Punk”-Band der ersten Stunde. Glühende West Ham United Anhänger (Hymne „I’m Forever Blowing Bubbles”), Namensgeber mit dem Song „Oi, Oi, Oi” des gleichnamigen Musik-Subgenres. Sie verstehen sich jedoch als unpolitische Hooligans ohne jedwede politische Vereinnahmung

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€ 20-40 Toni Hämmerle (1914-1968) „Mein Papa glaubt ich werd’ ein großer Fussball-Star 7 Inch”, CBS Deutschland 1966, Nr. „2376”. Bekannt durch seine Zusam-menarbeit mit Ernst Neger mit dem „Hum-ba Täterä”-Song

€ 10-15 Los Latinos „Wir Werden Siegen 7 Inch”, Austria 1977 auf Comunica Produktion, Nr. „C7711”. Österreichische Vor-WM-Single mit Krankl, Prohaska, Koncilia und den Alt-Internationalen


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€ 15-30 Max Merkel (1918 Wien-2006 Putzbrunn) „Fußball Fibel LP”, veröffentlicht 1968 auf HörZu, Nr. „HZEL 51 Mono”. Deutschlands Startrainer gibt Tipps zum Thema „Erfolg im Fußball”, mit Reportagen von Oskar Klose

€ 10-15 Uwe Seeler (geb. 1936 Hamburg) „Das Abschiedslied für Uwe 7 Inch”, Telefunken 1972, Nr. „U56212”. „Uns Uwe” schoss in 72 Länderspielen 43 Tore, in 237 Oberligaspielen 267 Tore und in 239 Bundesligapartien 137 Tore

€ 40-60 Speed Twins „Football Song 7 Inch”, erschienen 1978 auf Fontana NL, No. „6013078”. Arnheimer Punkband um den Londoner Sänger Jody Daniel (geb. 1951), der 1984 in Spanien bei einem Motorradunfall (ohne Helm) starb

€ 30-50 Gerd Müller (geb. 1945 Nördlingen) „Raba Da Da 7 Inch”, erschienen 1967 auf Deutsche Voque, Nr. „DV 14683”. Poplied vom „Bomber der Nation” (aktueller Rekordtorschütze Bundesliga 365 Tore) mit dem Orchester Rudi Bauer

€ 10-15 The Three Lions (Baddiel & Skinner & Lightning Seeds „Same 7 Inch”, veröffentlicht in England 1996 auf Epic Records, No. „6632737”. Zeitlose FußballHymne, die eher unter dem Titel „Football’s Coming Home” bekannt sein dürfte. Sie erreichte 1996 und 1998 jeweils Platz 1 der britischen Charts

€ 50-80 Vanilla Muffins „The Drug Is Football LP”, erschienen 2003 auf Knock Out Records Deutschland Nr. „KOLP 162”. Baseler „Pop Oi!” Version in Richtung The Crack oder Cock Sparrer

€ 20-30 White Stripes (1997-2011) „7 Nation Army 7 Inch”, erschienen 2003 bei XL Recordings United Kingdom, No. „XLS 162“. Die neuzeitliche Stadionhymne des Ehepaares Meg & Jack White wurde von mehreren Musikzeitschriften unter die zehn besten Gitarrensongs aller Zeiten gewählt. Erstmals nachgesungen wurde der Song von Club Brügge Fußballfans beim Spiel gegen Inter Mailand am 22.10.2003. Die Azzuri-Fans feierten mit ihrer zweiten Nationalhymne „Campioni Del Mondo” 2006 die Weltmeisterschaft € 15-30 Pele & Elis Regina „Perdao, Nao Tem 7 Inch”, France Philips1970, No. „6069002”. Der „Weltfußballer des 20. Jhs. und „bester Fußballer aller Zeiten” war 3-mal Weltmeister (1958/1962/1970) und schoss 1281 Tore in 1363 Spielen

Alle angegebenen Schallplattenpreise verstehen sich als ungefähre Richtpreise, die bei Internet-Auktionen, Schallplattenbörsen, Sammler-Foren, Festpreislisten, Privatverkäufen etc. erzielt oder angeboten wurden. Die Preise gelten in der Regel für Mint/Mint-Exemplare (neuwertig bzw. minimale Gebrauchsspuren).

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BIER.MACHT.MÜNCHEN HEIDRUN TH. GRIGOLEIT

Das Münchner Stadtmuseum zeigt noch bis zum 8. Januar kommenden Jahres die Ausstellung „BIER.MACHT.MÜNCHEN“ anlässlich des 500-jährigen Jubiläums des Reinheitsgebotes in Bayern. Mit über 700 unterschiedlichsten Objekten thematisiert die Schau einen der bedeutendsten Industriezweige der bayerischen Stadt und erzählt dazu entsprechende Geschichten: Es geht um die Produktion und den Konsum von Bier mit Schwerpunkt auf der Entwicklung ab Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. Der gleichnamige Ausstellungskatalog umfasst 352 Seiten mit etwa 600 Abbildungen und neun wissenschaftlichen Aufsätzen und ist im Süddeutschen Verlag erschienen.

München und Bier In keiner anderen Großstadt scheint die Stadtgeschichte so eng mit der Bierkultur verwoben wie im bayerischen München. Deshalb hebt schon der Ausstellungstitel „Bier.Macht.München“ hervor, dass sich München im Laufe der Industrialisierung ab den 1870er-Jahren zu einer globalen „Biermacht“ entwickelt hat. Zudem war und ist Bier auch immer schon mit der städtischen Verwaltung eng verbunden, angefangen von den Braugerechtsamen des Mittelalters bis hin zu den heutigen Politikern, die gegenwärtig jede Wirts hauseröffnung medienwirksam begleiten.

Städtebauliche Einflüsse Über die Jahrhunderte hinweg besaßen die Münchner Braustätten und ihre Verlegung an andere Orte in der Stadt auch einen sehr großen städtebaulichen Einfluss, den sie übrigens nach wie vor besitzen. Während um 1600 innerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern etwa 74 bürgerliche Brauereien ihre Standorte hatten, schrumpfte diese Zahl im Laufe des 19. Jahrhunderts erheblich. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges verblieb kaum mehr als eine Handvoll Brauereien in München. Voraussetzung für die Entwicklung im 19. Jahrhundert war nicht zuletzt die im Jahre 1803 im Kurfürstentum Bayern abgeschlossene Säkularisierung sowie die Einführung der Gewerbefreiheit 1868, denn dadurch erhöhte sich der Wettbewerbsdruck immens. Und während die Stadt beinahe so schnell wuchs wie der Bierausstoß August Kaulbach, Schützenlisl, 1878 © Münchner Stadtmuseum 06 / 16


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KULTURGESCHICHTE 91 der Brauereien, stellte sich unter diesen ein gnadenloser Konkurrenzkampf mit anschließendem Konzentrationsprozess ein. Die so entstandenen Großbrauereien benötigten jedoch Platz. Viele von ihnen zogen deshalb an den damaligen Stadtrand rund um den neuen Hauptbahnhof: Einerseits erleichterte dies den Export, schließlich war der heimische Markt bald gesättigt. Andererseits bestanden an den kleineren Anhöhen an Arnulf- und Marsstraße sowie rund um die Schwanthalerhöhe einige Sommerbierkeller. Die Brauereien besaßen dort also bereits Grundstücke, auf denen sie gewaltige moderne Produktionsstätten errichten konnten.

che Neuerungen, denn ausschlaggebend für den Erfolg war neben dem Einsatz von Thermometern die Dampfkraft. Im Jahre 1846 erzielte Gabriel Sedlmayr damit erste Erfolge, indem er das Maischerührwerk mittels Transmissionen antreiben ließ. Diese Innovation verbreitete sich so schnell, dass bereits 1860 der Dampfbetrieb in den meisten Münchner Brauereien die Regel war. Gabriel Sedlmayr war es also zu verdanken, dass München in den Jahren zwischen 1860 und 1890 industrialisiert wurde – zu einem vergleichsweise späten Zeitpunkt, dafür aber sehr schnell. Durch die Zusammenarbeit zwischen Sedlmayrs

Spatenbräu und dem Wissenschaftler Carl Linde entstand nämlich auch die erste Maschine, die künstliche Kälte produzierte. Dank dieser Kältemaschine und Louis Pasteurs Entdeckung der Auswirkungen von Hefe auf den Brauprozess konnte nun über das ganze Jahr hinweg in großen Mengen Bier genauestens steuerbar hergestellt und gelagert werden. Diese Entwicklungen gelten als Grundlage der neueren Bierkultur und des modernen Brauereiwesens. Im Blick zurück markieren sie zugleich die Zeitpunkte, an denen das Bierbrauen das Mythische verlor und stattdessen zunehmend rationaler und im großen Maßstab ökonomisiert betrieben wurde. Die neuen, von den sogenannten Bierbaronen errichteten Industriepaläste

Technischer Fortschritt Die Bierbarone, meist aus traditionellen Brauerfamilien stammend, nutzten die Möglichkeiten des modernen Kapitalismus, indem sie nicht nur Konkurrenten aufkauften, die im Preiskampf nicht mithalten und sich neueste technische Errungenschaften nicht leisten konnten, sondern investierten auch in ihre Betriebe. Viele dieser Investitionen flossen in wissenschaftliAnonym, Gabriel Sedlmayr d. J. (1811-1891), um 1841, Öl auf Leinwand © Sedlmayr KGaA „ACTIENGESELLSCHAFT HACKERBRÄU MÜNCHEN“, Postkarte, um 1890 © Münchner Stadtmuseum Löwenbräu München, Postkarte, um 1910 © Münchner Stadtmuseum 06 / 16


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KULTURGESCHICHTE 92 waren alsbald als stolze Repräsentationsobjekte auf bunten Postkarten in ganz Europa zu bewundern.

hat sich beispielsweise die Spatenbrauerei ihr bis heute unverändertes Signet bereits 1883 eintragen lassen. Das farblich sehr ähnliche Coca-Cola-Zeichen ist übrigens auch nur einige Jahre jünger.

Markenzeichen Bier Hofbräuhaus Aber auch große Brauereien, die sich in wenigen Jahren von Kellerwirtschaften zu Unternehmen entwickelt hatten und teilweise hunderttausende Liter Bier im Jahr verkauften, standen unter enormem Konkurrenzdruck. Je höher dieser Druck wurde, umso wichtiger war es, sich als qua-

Eine zentrale Rolle in der Außenwirkung von Bier weit über die Münchner Stadtgrenzen hinaus spielte Hofbräu. Schon 1879 hatte man die Initialen HB mit der Krone schützen lassen. Nun vermarktete

sich die Brauerei mit der Traditionsgaststätte Hofbräuhaus nicht nur als Ort des Bierkonsums, sondern war auch alsbald auf Postkarten und Souvenirs omnipräsent. Die Ausstellung belegt, dass München gerade auch wegen seines Bieres und der berühmten Brauereien zunehmend als touristisches Ziel avancierte. Bier konnte man ab 1880 dann auch häulitätvolle Marke zu präsentieren und zu etablieren. Als späte Folge der Gewerbefreiheit verabschiedete der Deutsche Reichstag dann 1874 das „Gesetz über Markenschutz“. Damit waren die markenrechtlichen Grundlagen geschaffen, die ein modernes „branding“ und den Schutz des eigenen Produktes ermöglichten. So Bierkrug „Münchner Brauereien-Zeichen“ mit Zinndeckel und Durchscheinbild mit einer Frau mit Tamburin. Früheste gemeinsame Darstellung von Münchner Brauereien, 1887, Steinzeug / Zinn © Edith-Haberland-Wagner-Stiftung Johann Adam Klein, Abladen des Sommerbieres vor dem Keller, 1862, Grafik, Stich, koloriert © Münchner Stadtmuseum Philipp Kester, Eisschneiden am Badensee, Schloss Nymphenburg, 1913, Fotografie © Münchner Stadtmuseum 06 / 16


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KULTURGESCHICHTE 93 zeitig dokumentierte das Gefäß den gemeinsamen Auftritt der damals leistungsstärksten der insgesamt 40 Brauereien in gestalterischer Form.

Europaweite Bierkultur So erklärt sich vielleicht auch, weshalb Bier in London, Paris oder Berlin Ende des 19. Jahrhunderts vermehrt in einem sich als „münchnerisch“ verstehenden Rahmen ausgeschenkt wurde. Überall in Europa entstanden nämlich Bierpaläste nach Vorbild der Münchner Originale, die oft-

figer auf Werbetafeln finden und der Gerstensaft, der nach dem 500-jährigen „Reinheitsgebot“ bis heute nur aus „Hopfen, Wasser und Malz“ bestehen darf, wurde nun endgültig zum Aushängeschild der bayerischen Landeshauptstadt.

Münchner Kindl Auch das Wahrzeichen „Münchner Kindl“ mit Palette und Krug steht sowohl für das weltliche wie industrialisierte moderne München als „Stadt des Bieres und der Kunst“. Dass das Kindl zwischen bierbrauendem Mönch und der bierbringenden Kellnerin Coletta nun immer häufiger in der Darstellung und Wahrnehmung zu verschwimmen schien, lag wohl auch an den immer besser funktionierenden „marketing tools“, welche die beiden zu Gallionsfiguren der Stadt machte. Aus dem Jahre 1887 stammt ein Bierkrug mit Zinndeckel, der mit den Münchner BrauereienZeichen bedruckt und bemalt ist. Auf einem großen Schild flankiert von einer Kellnerin und einem Landsknecht befinden sich auf dem Krug kleine Schilder, welche 20 Brauereien repräsentieren. Hier wird die Entwicklung vom ursprünglichen Schriftzug zur Bildmarke deutlich. Gleich-

mals auch durch die Brauereien an der Isar betrieben wurden. Als Beispiel für die Popularität des Münchner Bieres kann auch die „Berliner Kindl Brauerei“ gelten: Denn trotz des für preußische Ohren fremd klingenden Begriffs „Kindl“ wählte man den Namen gerade deshalb aus, um auch in Berlin durch diese Wortparallele auf die besondere Qualität des Bieres hinzuweisen.

Schützenlisl Zum VII. Deutschen Bundesschießen, das im Juli 1881 auf der Münchner Theresienwiese veranstaltet wurde, betrieb die Brauerei zum Münchner Kindl die Wirtschaft „Zur Schützenlisl“. Den Turm des Gebäudes zierte das riesige Gemälde der Schützenlisl, gemalt von Friedrich August von Kaulbach. Die Darstellung der kecken Kellnerin erfreute sich so großer Beliebtheit, dass sich die Brauerei 1892 die Schützenlisl sodann als Marke eintragen ließ.

Bierkonsum weltweit Der Ausstoß der Münchner Brauereien stieg nach der Jahrhundertwende noch einmal an. Bald lautete die Devise auf den Werbebannern der Löwenbräu AG: „Kein Erdteil ohne“. Zu den eingängigen Slogans zählte auch „Trinke Spaten in allen Staaten“, „Münchner Augustinerbräu, das Export-Bier von Weltruf“ oder schlicht

Jean Carlu, Plakat „A VOTRE SANTÉ“, 1927 Lithografie © Münchner Stadtmuseum Julius Ussy Engelhard, Plakat „UnionsbräuFlaschenbiere – hell und dunkel – Tel. 363“, 1912 Lithografie © Münchner Stadtmuseum Carl Moos, Speisekarte „Pschorr-Bräu SpezialAusschank Berlin“, um 1910, Lithografie © Münchner Stadtmuseum 06 / 16


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KULTURGESCHICHTE 94 Weltausstellung 1900“, die als Lithografie von Hermann Bek-Gran gestaltete worden war.

Bierkeller oder -garten Das Bier war und ist in München immer auch als ein Getränk des sozialen Mitein-

anders zu verstehen. Und so zeigt die Ausstellung nicht nur Produktion und Entwicklung, sondern auch die Orte des Bierkonsums, das damit verbundene Personal, die sozialen Auswirkungen eines Rausches sowie die Feste, die das Münchner Jahr nach Bieren zu sortieren scheint. Bereits in den Reiseberichten des frühen 19. Jahrhunderts wird beschrieben, dass Bier an der Isar eine völlig andere Rolle spielt, als beispielsweise an der nördli-

„Hofbräu – die Weltmarke“. Und auch auf den Weltausstellungen waren die Münchner Brauereien vertreten und gewannen Medaillen für ihre Erzeugnisse. In Anzeigen wurde das Bier dann mit Ozeandampfern oder gar Kamelen präsentiert. Das Münchner Bier war zwischenzeitlich ein weltweit gefragtes Exportprodukt geworden. „A votre Santé“ heißt es beispielsweise auf Französisch ganz international auf einem Plakat von Jean Carlu, das er 1927 für Spatenbräu gestaltete. Dass Spatenbräu auch auf der Weltausstellung in Paris im Jahre 1900 vertreten war – übrigens dort auch mehrfach ausgezeichnet wurde – dokumentiert eine „Speisen- und Getränkekarte der Brauerei zum Spaten, chen Elbe. In nördlicheren Gefilden, so wurde berichtet, schien der Bierkonsum vornehmlich im privaten Raum stattzufinden. Aber die Bayern trinken hingegen in geselliger Runde in der Öffentlichkeit – also im Wirtshaus, im Bierkeller oder Biergarten. Dass man sich hier auch sonntags in gediegener Atmosphäre und im feinen Sonntagszwirn mit der ganzen Familien trifft, veranschaulicht ein Ölgemälde von Anton Evers aus dem Jahre 1841: In einem belebten Biergarten hat eine junge Frau im Vordergrund einen Säugling auf dem Schoß, während der Wirt im Hintergrund Drei Bierflaschen mit Originaletikett, „Helles Versandbier“ von Spatenbräu mit Kronkorkenverschluss. Die Entwürfe für die Etiketten stammen von Otto Hupp, um 1910 © Edith-Haberland-Wagner Stiftung Anton Evers, Wirtsgarten, 1841, Öl auf Leinwand © Münchner Stadtmuseum Philipp Kester, Breznverkäuferin im Hofbräuhaus, Fotografie © Münchner Stadtmuseum 06 / 16


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KULTURGESCHICHTE 95 benbei als Prostituierte ihr Zubrot verdienen mussten und ein Drittel der rund 2.500 Münchner Prostituierten ausmachten. Auf der anderen Seite standen die in Abhängigkeit von den Brauereien lebenden Wirte. Auch wenn ihnen oftmals die Immobilien der Wirtschaften gehörten, mussten sie den Brauereien eine festgelegte Menge an Bier abnehmen – eine Praxis, die bis in die Gegenwart Gültigkeit besitzt. Schon deshalb sind die Begriffe „Bier“ und „Macht“ in München wohl miteinander verbunden. Übrigens – rund 310 Liter Bier trank der Münchner durchschnittlich im Jahre 1910 und wusste wenig über die gesundheitlichen Folgen. Die Arbeiterbewegung trat hier parallel zu den Arbeitgebern als Auf-

klärer auf. Aber während es den Gewerkschaften mehr um die Gesundheit ihrer Mitglieder und deren Schlagkraft bei Auseinandersetzungen mit dem politischen Gegner ging, wollten die Arbeitgeber mit nüchternen Arbeitnehmern die Produktivkraft steigern. Schon alleine deshalb sind die Begriffe „Bier“ und „Macht“ in München untrennbar miteinander verbunden.

Zwischen den Kriegen Als sich die politische Situation in München zwischen den beiden Weltkriegen

eifrig volle Bierkrüge nachreicht. Ob es sich bei einer stehenden Frau um eine Kellnerin handelt, ist schwer zu sagen, denn der Geldbeutel zum Kassieren ist nicht zu erkennen. Festhalten kann man anhand der Abbildung jedoch, dass die Berufskleidung der Münchner Kellnerinnen der Toilette der anderen Damen wohl in nichts nachstand, was auch andere Bilder immer wieder beweisen.

Politik und Biergenuss Wo aber eine Gemeinschaft anzutreffen ist, wird häufig schneller politisiert und öffentlich diskutiert. Und nicht nur politische, sondern auch andere soziale Entwicklungen lassen sich im Wirtshaus studieren. Das dortige Personal nimmt einige moderne Bewegungen in den Großstädten vorweg. Oft waren die Kellner mobile Arbeitnehmer, teilweise als Saisonarbeiter beschäftigt, und sie arbeiteten in einer Branche, die man heute „dienstleistungsorientiert“ nennt. Die Kellnerinnen lebten einzig vom Trinkgeld und waren für ihre Anstellung oftmals vom Land in die Stadt gezogen. Sie kämpften um ihre Rechte und Freiheiten, die ihnen als selbstständige Sub-Unternehmerinnen ständig beschnitten wurden. Ihre finanzielle Situation war so prekär, dass sie sich um 1900 neLudwig Hohlwein, Anzeige „KEIN ERDTEIL OHNE MÜNCHENER LÖWENBRÄU“, um 1925 © VG Bild-Kunst, Bonn 2016 © Münchner Stadtmuseum Josef Mehlhart, Plakat „Pschorr-Bräu Flaschenbier in jedes Haus!“, um 1935, Lithografie © Münchner Stadtmuseum 06 / 16


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Tradition der Bierfeste In München wird nicht nur zu allen Festen Bier ausgeschenkt, viele der über die Monate verteilten Festtage sind erst durch ihr besonderes Bier zu entsprechender Bedeutung gekommen. So spannt sich über das Jahr ein eigener Bierkalender, der mit dem Salvator im Frühjahr beginnt, vom Maibock abgelöst, schließlich mit dem Märzen zur Oktoberfestzeit zu einem populären Höhepunkt geführt wird und mit einem besinnlichen Weihnachtsbier das Jahr beschließt. Aufgrund der Sondersude, aus denen die Spezialbiere gewonnen werden, ist die Biervielfalt in München

groß. In der Regel sind die saisonalen Biere allesamt stärker eingebraut. Figuren wie der Pater Barnabas, historische Liedstücke wie der Bockwalzer oder das traditionelle „O'zapft is“ werden dem Münchner Besucher bekannt vorkommen, schließlich sind sie aus der Biertradition der Stadt nicht wegzudenken.

Nockherberg und Bockkeller Die Bierfeste der Stadt sind mit den Orten Bockkeller, dem Nockherberg und der Theresienwiese als kollektive Konsumstätten verknüpft. Diese werden ergänzt durch

zuspitzte, entwickelten sich die Bierhallen zu Austragungsorten der Konflikte. Die Parteien trafen sich in den Gewölben und ließen vor den vom Alkohol erhitzten Gemütern ihre Redner auftreten. Manches Mal endete das in brutalen Saalschlachten. In den Bierhallen wurden wohl Erfahrungen und Frustrationen aus den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges sowohl im Bier ertränkt als auch in gewalttätigen Auseinandersetzungen fortgeführt… bis ein neuer Krieg als echtes Ventil herbeigeredet und -geprügelt worden war: So heißt der Hitlerputsch von 1923 im englischen Sprachraum aus gutem Grund auch „Beer Hall Putsch“. die großen Wirtshäuser, die kleinen Boazn und die Nachtclubs. Die Ausstellung stellt nicht nur eine große Zahl dieser Trinktempel vor. Sie gewährt den Besuchern auch einen Blick in die Mathäser Bierstadt, einst mit 4.000 Sitzplätzen das größte Wirtshaus der Welt, genauso wie über den Tresen des Atomic Cafés oder in eine traditionelJulian Baumann, Lagerarbeiter bei Hofbräu entladen Leergut aus einem Überseecontainer aus England, 2015, Fotografie © Münchner Stadtmuseum Julian Baumann, Motivationsbanner in der Flaschenabfüllung von Spaten / Löwenbräu, 2015, Fotografie © Münchner Stadtmuseum Außenansicht der Mälzerei der Augustiner-Brauerei an der Landsberger Straße, 1894, Fotografie © Augustiner-Bräu Wagner KG 06 / 16


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KULTURGESCHICHTE 97 le Gassenschänke. Jeder dieser Orte steht für eine besondere und traditionelle Art des Bierkonsums und für die ganz unterschiedlichen Herstellungsweisen wie auch Konsumenten.

Kritische Fragen Kritisch geht es bei der Ausstellung dann um Fragen, inwiefern das Bierbrauen als Handwerk im industriellen Maßstab auf dem Weltmarkt ernst genommen werden kann und was es heute noch gemein hat mit den bürgerlichen Brautraditionen des Mittelalters, die in Bayern eine lange Geschichte haben. Gegenstand der Diskussion ist zudem, was Traditionen überhaupt bedeuten und wie sie sich manifestieren? Auch über das Potential zur Vielfalt, das im Reinheitsgebot steckt, wird pünktlich zu seinem 500-jährigen bayerischen Jubiläum diskutiert und gefragt, wie lange so natürlich gebrautes Bier überhaupt haltbar ist. Ein umfassendes Rahmenprogramm mit wissenschaftlichen Vorträgen, Diskussionen und Bierfesten begleitet die Ausstellung während der gesamten Laufzeit.

Damals und heute Die Ausstellung erzählt auch die Geschichte des ältesten bis heute geltenden Lebensmittelgesetzes Reinheitsgebot und veranschaulicht zudem die gesellschaftli-

genommen und deren aktuelle Aktivitäten betrachtet. Im Laufe der Zeit haben sich nämlich auch die Trinkgewohnheiten verändert – ein typisches Münchner Bier aus dem frühen 19. Jahrhundert war höchstwahrscheinlich relativ dunkel und eher obergärig, also ganz anders als das heute gerne so bezeichnete „Münchner Helle“. Und seit einigen Jahren entsteht auch ganz neues Bier in München. Eine sogenannte „re-evolutio“ lässt vergessene Bierformen wieder aufkommen und bringt unbekannte Bierstile in die Stadt.

Informationen Ausstellung des Münchner Stadtmuseums: „BIER.MACHT.MÜNCHEN“, noch bis 8. Januar 2017, St.-Jacobs-Platz 1, 80331 München. Gleichnamiger Katalog zur Ausstellung: Ursula Eymold (Hrsg.), 352 Seiten, ca. 600 Abbildungen, Süddeutscher Verlag, ISBN 978-3-86497336-9.

chen Entwicklungen von der bürgerlichen Kleinstadt, hin zur Klassengesellschaft im Industriezeitalter bis zur globalisierten und vernetzten Gegenwart. Im Werdegang des Gerstensaftes, des Brauwesens und der Bierkultur lassen sich Entwicklungen nachvollziehen, die für die Geschichte der Stadt und das Leben ihrer Bewohner wichtig waren. Bier besitzt für die Münchner auch heute noch eine ganz besondere Bedeutung. Und so werden bekannte Großbrauereien wie Hacker-Pschorr, Löwenbräu, Hofbräu, Augustiner Bräu, Spatenbräu und Paulaner in Augenschein Ausleger „MATHÄSER BIERSTADT“ vom Haupteingang Bayerstraße, um 1970, Kunststoff, Blech, Neonröhren © Münchner Stadtmuseum Martin Fengel, Brauereikeller Hofbräu, 2015, Fotografie © Münchner Stadtmuseum Florian Süßmayr, Klosterstüberl Westend, 2014, Öl auf Leinwand © Münchner Stadtmuseum 06 / 16


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PLAYMOBIL REINHARD WYLEGALLA

Der Kaiser lasse „Panem et circenses" (Brot und Zirkusspiele) nur veranstalten, um das Volk im Bann zu halten, echauffierte sich einst der römische Satiriker Juvenal. Knapp zwei Jahrtausende später ist es die Arche Nebra in Wangen/Unstrut, die das Volk nicht im Bann hält, sondern Jung und Alt in den Bann zieht: Bis zum 31. Oktober kämpfen hier bis an die Zähne bewaffnete Gladiatoren mit wilden Bestien, Streitwagen fahren um die Wette durch die Arena. Auf den Rängen verfolgt das Publikum gespannt den atemberaubenden Wettstreit. biläum des Systemspielzeugs seine umfangreiche Zirkussammlung im Historischen Museum Speyer auszustellen, rezidivierte das Sammelvirus. „Nun lernte ich gleichgesinnte Sammler kennen und begann mich mit 'Playmobil' und seiner Geschichte intensiv zu beschäftigen", berichtet Oliver Schaffer.

Die ersten „Playmobil”-Figuren Die ersten „Playmobil”-Figuren – ein Bauarbeiter, ein Indianer und ein Ritter samt Zubehör – wurden 1974 auf der Nürnberger Spielwarenmesse vorgestellt. Sie waren bereits vier Jahre zuvor bis zur Marktreife entwickelt worden. Doch erst als die Ölkrise nicht nur Autofahrer, sondern auch die Hersteller von Kunststoffartikeln zwang, mit dem „schwarzen Gold"

„Zirkus Oliver” In der Miniaturwelt sind die „Circenses" nur eines von neun Themen, die Oliver Schaffer aus Zigtausenden Einzelteilen bis ins kleinste Detail in Szene gesetzt hat: Von der römischen Arena schweift der Blick weiter auf eine tropische Urlandschaft mit Riesenechsen und Flugsauriern. Im Tal der Könige begleiten Priester und der Hofstaat den mumifizierten Leichnam eines Pharaos zu seinem „Haus für die Ewigkeit", eine gigantische Pyramide. Das nächste Diorama zeigt eine Stadt im Wilden Westen, ein anderes gibt Einblick in das Leben der tapferen Rittersleut'. Die Landschaften, Bauwerke, Geräte, Tiere und Menschen hat der 37-jährige Hamburger ausschließlich aus „Playmobil"-Elementen gestaltet – ein Systemspielzeug, dem er seit seiner Kindheit verfallen ist. Am Heiligabend 1981 wurde der Steppke vom „Playmobil"-Virus infiziert: „Unter dem Tannenbaum lagen drei Sets: ein Zoo, eine 06 / 16

Mit der Figur des Sherlock Holmes kann man nicht nur im Kinderzimmer Detektivgeschichten inszenieren. – Im römischen Zirkus kämpfen Gladiatoren mit wilden Tieren und Streitwagen fahren um die Wette. – Auch der sagenumwobene Pharao Tutanchamun ist im „Who is Who" von Playmobil vertreten Schafherde und ein Käfigwagen", erinnert sich der Sammler. Er war ein leidenschaftlicher Zirkusfan und konnte nun seinen eigenen „Zirkus Oliver" gründen, in dessen Zelt Artisten und Tiere waghalsige Kunststücke zum Besten gaben. Später kamen etliche Zirkus-Sets aus dem Programm des Herstellers Geobra Brandstätter, Zirndorf, hinzu. Als Oliver Schaffer dann ins Teenie-Alter kam, wich die Sammelwut anderen Interessen. Die „Playmobil"-Figuren wurden samt Zubehör auf dem Dachboden eingelagert und der Sammler konzentrierte sich nun auf seinen beruflichen Werdegang zum Musical-Darsteller. Als ihn aber 2003 die Pressesprecherin von „Playmobil" bat, zum 30-jährigen Ju-


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04.05.2016

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SPIELZEUG 113 1995: Die Figur des Scharfrichters verschwand nach Protesten wieder aus dem Sortiment. Der Weihnachtsmann gewann hingegen die Sympathie von Kindern und Sammlern

sparsam umzugehen, begann das fränkische Unternehmen mit der Produktion der 7,5 Zentimeter großen Figuren. Dafür wurde viel weniger Öl gebraucht als für großformatige Kunststoffspielzeuge wie zum Beispiel Hula-Hoop-Reifen, die jahrelang die „Flaggschiffe" von Geobra Brandstätter gewesen waren. Die Premiere in Nürnberg brachte zunächst nicht die Resonanz, die sich der Hersteller erhofft hatte. Doch dann erteilte ein niederländischer Spielzeugwarenhändler einen größeren Auftrag. Nachdem auch das Karstadt-Warenhaus „Playmobil" in sein Sortiment aufgenommen hatte, begannen die kleinen Figuren Deutschlands Kinderzimmer zu erobern. 1976 wurde das bis dahin ausschließlich aus Männern bestehende Sortiment durch Frauenfiguren erweitert, fünf Jahre später kamen 5,5 Zentimeter große „Playmobil"-Kinder auf den Markt. Fortan wurde die „Playmobil"-Welt jedes Jahr um neue „Personen", Tiere und Zubehör erweitert. Heute reicht das Spektrum von Angehörigen verschiedener Berufe über Persönlichkeiten, die Geschichte machten und machen und Astronauten bis zu schwangeren Frauen (seit 2012).

ein berittener Gesetzeshüter in das Sortiment aufgenommen. Neben den Dioramen wird in der Ausstellung anhand von Figuren aus dem Fundus des Sammlers auch lückenlos die „Evolution" des Kreativspielzeugs von den Anfängen bis in die Gegenwart dokumentiert. Manche Kreation verschwand nach kurzer Zeit wieder vom Markt. So wurde zum Beispiel die Produktion eines Tanzbären aus dem Mittelalter-Set nach Protesten von Tierschützern eingestellt. Aufgrund der heute üblichen strengen Arbeitsschutzbestimmungen müssen „Playmobil"-Bauarbeiter mittlerweile auf den Kasten Bier verzichten.

Weltweit größte Schausammlung So werden nicht mehr lieferbare Sets zu begehrten Raritäten wie zum Beispiel eine Achterbahn, die der Hersteller einst exklusiv für den japanischen Markt produzierte

und die heute unter Sammlern für 10.000 Euro gehandelt wird – ein stolzer Liebhaberpreis, den Oliver Schaffer als Besitzer der weltweit größten Schausammlung allerdings nicht bereit ist zu investieren. Er versteht sich mehr als „Zwecksammler", der sein Steckenpferd nicht des Sammelns willen reitet, sondern sorgfältig überlegt, was er für seine Präsentationen gebrauchen kann. Nach der ersten Ausstellung in Speyer zeigte er seine Schätze an vielen anderen Orten, 2009 sogar im Westflügel des Pariser Louvre. In der Arche Nebra präsentiert der Sammler seine 20. Ausstellung. Aus seinem Bestand von 10.000 Figuren und 100.000 Zubehörteilen kann Oliver Schaffer jedes gewünschte Thema en miniature inszenieren. Dabei stützt er sich nicht etwa auf Bildvorlagen, sondern lässt sich allein von seiner Fantasie leiten: „Das Podest verstehe ich als Leinwand, die Figuren sind meine Farben" gibt er zu. Nichts in seinen „Bildern" entsteht durch Zufall, sondern jedes Detail ist gewollt. Wichtig ist ihm auch Authentizität: „Wenn ich zum Beispiel einen Salzsee mit Flamingos gestalte, dürfen die Krabben nicht fehlen. Sie sind nicht nur die Hauptnahrung der Vögel, sondern sie enthalten auch Substanzen, die das Gefieder so wunderbar rosa färben", unterstreicht Oliver Schaffer. Fotos: Reinhard Wylegalla

2012 wurde ein Zwerg kreiert, der einen Zentimeter kleiner ist als die „Erwachsenen". Mit der Produktion einer schwangeren Frau im gleichen Jahr wurden Kinderwünsche erfüllt

Technische Weiterentwicklung Auch wurden die Figuren technisch weiterentwickelt. Seit 1981 besitzen sie drehbare Hände, die das Greifen von Werkzeugen ermöglichen. Die anfangs einfache Gestaltung der Figuren wurde immer mehr individualisiert: Kostüme und Accessoires wurden austauschbar, die „Universalfrisur" des noch einfarbigen „Urtypen" wurde durch auswechselbare Perücken ersetzt. Waffen wurden bis 1997 ausschließlich auf historische Themen beschränkt. Maschinengewehre und Panzer waren und sind für den Hersteller tabu. Das einzige moderne Gewehr wurde seinerzeit für die „Safari-Welt" (1980-1988) produziert. Polizisten – heute das meistverkaufte Set – waren viele Jahre nur mit Knüppel und Kelle ausgestattet. Erst seit 1997 gehört eine Handfeuerwaffe zu ihrer Ausstattung. In diesem Jahr wurde sogar 06 / 16


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04.05.2016

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FUNDSTÜCKE 114

FLOHMARKTPREISE

die wegen ihrer Qualität und Größe preislich zwischen 200 und 350 Euro zu bewerten wäre. Flohmarktpreis: 100 Euro

■ Porzellan Vase, Kunstabteilung Fraureuth, grüne Unterglasurbodenmarke 1919-1926 (ab frühestens 1915), Höhe 30 cm. Dekorentwurf „ZW“ (Monogramm bis dato noch nicht entschlüsselt), wohl aus dem Jahr 1919 (Aquarell mit Dekornummer „767“). Weißer Porzellanscherben, leuchtend farbige Unterglasurmalerei, bezaubernde Tiefenwirkung, naturalistische Darstellung der beiden Fischjäger: zwei auf einem stilisierten Felsen sitzende Kormorane vor einer leicht bewegten Meerlandschaft, wartend auf Beute. Eine Vase mit dem gleichen Dekor wird mit der Modellnummer „1565“ im Werksverzeichnis aufgeführt. Äußerst ansprechende Fraureuth-Vase,

Flohmarktpreis: 40 Euro

■ Literatur

■ Keramik Figürliche Buchstütze mit Vase, gemarkt „Carli Bauer Vienna Kunst Handarbeit“, ab 1955, 18 x 21 x 18 cm. Roter Scherben (linker Fuß fehlt), polychrome Bemalung, vollplastische humoristische Darstellung einer sitzenden jungen Chinesin beim Bücherlesen. Carl Bauer wurde in Passau Rosenau am 10.12.1894 geboren, erlernte den Beruf des Holzbildhauers und legte dann seine Meisterprüfung im Töpfer- und Keramikgewerbe ab. Von 1924 bis 1945 war er bei der Wiener Porzellanfabrik Augarten als Retuscheur angestellt, ab 1928 als Oberretuscheur und Leiter der Figurenabteilung. 1955 mietete Bauer das Atelier von Gretl Braun im 4. Wiener Gemeindebezirk in der Victorgasse 18 an. Hier entwickelte er weitere Modelle von Chinesenfiguren und beschäftigte in dieser Zeit

Erscheinungstermin Juli-Ausgabe: Abo-Versand 20.6.2016 Erstverkaufstag Handel 24.6.2016 06 / 16

zwischen sieben und zwölf Personen in seiner Werkstätte. Auch bei der Firma Friedrich Goldscheider in Fredelsloh wurden Chinesenmodelle von Gretl Braun und Carli Bauer erzeugt. 1958 erkrankte Carl Bauer an Silikose, eine Berufskrankheit der Keramik, er verstarb 1960. Das Atelier Bauer wurde noch bis 1970 von seiner Gemahlin Anna weitergeführt. Trotz weltweiter Verbreitung und hoher Exportzahlen sind diese 50er-Jahre-Figuren auch aktuell noch sehr beliebt. Unbeschädigte Exemplare werden zwischen 150 bis 250 Euro gehandelt.

„Innenräume. Räume und Inneneinrichtungsgegenstände aus der Werkbundausstellung Die Wohnung, insbesondere aus den Bauten der städtischen Weißenhof-Siedlung in Stuttgart“, herausgegeben im Auftrag des Deutschen Werkbunds von Werner Gräff (1901 Vohwinkel bis 1978 Blacksburg/USA, Bildhauer, Maler, Grafiker, Fotograf und Erfinder, BauhausSchüler, Mitglied der Gruppe De Stijl, Lehrer für Fotografie an der Reimann-Schule in Berlin, Lehrer an der Folkwangschule in Essen), Akad. Verlag Dr. Wedekind & Co., Stuttgart 1928, Druck Heinrich Fink, Stuttgart. Erste Ausgabe, 164 Seiten, 183 s/wAbbildungen auf Tafeln (Beleuchtungskörper, Stühle und Tische, Wohn- & Esszimmer, Arbeitszimmer, Schreibtische, Bücherschränke, Schlafzimmer, Baderäume, Küchen, Spiegelglaswände etc.), Original-Leinenumschlag ( 30 x 21,5 cm ). Im Text mit Abhandlungen von: Le Corbusier, Josef Frank, Mart Stam, Adolf Schneck, Marcel Breuer, Willy Baumeister, Richard Lisker, Erna Meyer, W. H. Gispen. Das grafische Erscheinungsbild der Drucksachen für die Siedlung gestaltete Willi Baumeister (1889-1955), der auch das Ausstellungsplakat entwarf. Gesuchtes Zeitdokument zur Stuttgarter Weißenhof-Siedlung, in der Regel angeboten für 200 bis 350 Euro. Flohmarktpreis: 120 Euro


Termine im Juni 01 Mi Köln-Porz-Eil

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