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Europas Sammlermagazin
06/2021 64419
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Braun Hinterglasmalerei
GEMI-Verlag 2021-März 210x297.qxp_Battenberg Gietl Verlag 09.03.21 09:56 Seite 1
Aktuelle Sammlerliteratur
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ISBN 978-3-86646-183-3 | Preis: 39,90 €
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LESERFORUM V
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! Musterkarte Vor gut zehn Jahren habe ich auf dem großen Münchner Flohmarkt auf der Theresienwiese diese Musterkarte mit Mars erstanden. Handelt es sich um Broschenmuster oder Knöpfe? Die Karte ist ca. 14 x 20 cm groß, die Broschen/Knöpfe sind aus Glas. Wo und wann wurde so etwas hergestellt? Waren die Muster für den Export gedacht? Wie hoch könnte man so etwas bewerten? N. Friedrich, o. O.
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Die auf einem Karton montierten Glas Kameen waren einmal Teil eines Musterbuchs aus Gablonz. Die sogenannte Gablonzer Industrie, ein Herstellungs- und Vertriebsnetzwerk kleiner Modeschmuckhersteller, entwickelte sich Mitte des 19. Jahrhunderts in der Stadt Gablonz an der Neiße (heute: Jablonec nad Nisou). Schon 1880 wurde dort eine kunstgewerbliche Fachschule für die Quincaillerie-Industrie (französischer Ausdruck, in etwa auf deutsch: „Kinkerlitzchen“) errichtet, die 1889 zu eine Gürtler-, Graveur- u. Bronzewarenerzeuger-Fachschule erweitert wurde. Imitationen echter Kameen aus Glaspaste finden sich schon in der Antike (z. B. die legendäre Portland Vase). Die Nachfrage nach Zeugnissen der Antike führte im 19.Jahrhundert zu einer erneuten Produktion von in Glaspaste geschnittenen
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bination mit einer gemeinsamen Vermarktung, weltweit erfolgreich. Dabei waren die kleinen mehrsprachigen Musterbücher ein wichtiger Bestandteil des Erfolgs. Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden ein Großteil der Bewohner aus ihrer nordböhmischen Heimat vertrieben. Die ehemaligen Gablonzer schlossen sich in der Fremde wieder zusammen, z. B. in Kaufbeuren, im später Neugablonz genannten Stadtteil. Am neuen Ort wurde die gleiche Produktpalette weiter produziert, was heute die Datierung von Glas Kameen erschwert. In diesem Fall würde ich die historische Musterbuch-Karte auf das erste Viertel des 20. Jahrhunderts datieren. Der Wert der Musterkarte ist niedrig, ein Preis von 40 bis 50 Euro scheint angemessen. Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger, Jagdschloss Göhrde
! Hlpenlandschaft Können Sie diese Signatur entziffern und mir etwas über den Maler, bzw. das Bild im Allgemeinen sagen. Welchen Wert würden Sie dafür ansetzen?
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Uwe Greiner, o.O.
! In dieser Rubrik beantworten unsere Experten Ihre Fragen zu dem ein oder anderen guten Stück. Doch leider sehen wir uns außerstande, ganze Nachlässe oder sämtliche sich in Ihrem Haushalt befindlichen Trouvaillen bewerten und schätzen zu lassen. Auch bitten wir um Verständnis, wenn es mit der Bearbeitung länger dauert. Senden Sie uns also Ihre Anfrage nur zu einem zu bestimmenden Objekt – mit detaillierter Beschreibung und gutem Foto, auf dem das Objekt ganz abgebildet ist. Noch ein Hinweis zu den Preisen, die von Fall zu Fall von unseren Experten genannt werden: Hierbei handelt es sich um Richtwerte, die anhand von Fotos allein getroffen werden und je nach Zustand des Objekts nach oben oder unten korrigiert werden können. Ihre Anfrage schicken Sie bitte an:
Kameen, bzw. zu in Form gegossenen Kameen für die Modeschmuckindustrie. Die Gablonzer Glasbijouterie-Industrie war aufgrund der Ausbildung und des Erfindungsreichtums der Facharbeiter, in Kom06 / 21
Gemi -erlags Gm 8 Redaktion Leserforum Pfaffenhofener Str. 3 N52I3 Reichertshausen oder per E Mail an info9gemiverlag.de
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LESERFORUM 5 Diese Alpenlandschaft in der Art des Georg Arnold-Graboné zeigt eine dramatische Bergkulisse mit einem Bergbauernhof davor. Solche mit dem Palettenmesser pastos aufgetragene Malerei war in den 1960er- bis 1980er-Jahre sehr populär. Ein reliefartiger Farbauftrag wurde mit Qualität gleichgesetzt. Die leiterartigen Strukturen an den Balkonen weisen daraufhin, dass der Maler die Alpen nie gesehen hat. Die Signatur „KENPICH“ oder ähnlich wird sich nicht auflösen lassen. Das Werk eines von daher unbekannten und vermutlich asiatischen Dekorationsmalers bewerte ich mit unter 50 Euro.
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Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger, Jagdschloss Göhrde
! Sockelväschen Diese Sockelvase ist nur 11 cm hoch. Sie ist aus Keramik und im Stil der berühmten Wedgewoodvasen gefertigt. Leider ist meine Vase nicht gemarkt. Können Sie das Väschen zuordnen? Handelt es sich hier um das Produkt einer Manufaktur oder um ein Massenprodukt?
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M. Röckel. o. O.
Auf den ersten Blick sieht der Gegenstand aus wie eine Miniatur einer Gartenurne. Der reiche Dekor aus Blumen-
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korelemente werden aus blasenfreiem Ton hergestellt, indem dieser unter Druck von Hand in eine kleine Form gepresst wird. Überschüssiger Ton wird abgeschabt, dann mittels Adhäsion und gewölbtem Schaber wird das Dekorelement aus der Form gehoben. In einem folgenden Arbeitsgang wird das Zierteil dann an den noch feuchten Gefäßkörper angelegt. Effizienter lässt sich ein ähnlicher Effekt erzielen, indem man hellen Schlicker (Mineralgemisch versetzt mit Wasser) in eine Gipsform gibt, den Schlicker dann mittels Schaber oder Wasser bis auf die Vertiefungen für den Dekor wieder entfernt und dann in einem weiteren Schritt den dunklen Fond als Schlicker in die Form gibt. Im Ergebnis liegt so der helle Dekor auf dem dunklen Fond. Genau dieses Verfahren scheint hier angewandt worden zu sein. Offene Luftblasen und die diagonal durch die Vase gehende Gussnaht sind der Beweis. Ohne erkennbares Herstellerzeichen bleibt nur die Salière / PuppenhausVase als historistisches Biskuitporzellan Produkt eines unbekannten Herstellers aus Thüringen im Zeitraum 1880-1900 einzuschätzen. Der Begriff „Thüringen“ ist im Prinzip ein Notname, er steht für nicht identifizierbare Hersteller günstigen Porzellans. Als Wert würde ich einen Betrag von unter 50 Euro nennen.
erworben. Leider konnte man mir dort keine näheren Angaben dazu machen, außer dass er sehr alt sei. Wie alt glauben Sie ist er wirklich? Mich würde auch interessieren, wer ihn hergestellt hat und welchen Wert Sie dafür ansetzen würden? Renate Hennig, Senden
Der kleine quadratische Neo Neu-Rokoko Zierteller trägt das Zeichen der Firma Groh & Co und wurde vermutlich in den 1930er-Jahren in Hof-Krötenbruck hergestellt. Das Motiv basiert auf dem Gemälde des Watteau-Nachfolgers Nicolas Lancret „La Camargo dancing“ von 1730 (Mellon collection in der National Gallery of Art in Washington, D.C., USA). Kobaltblaues Porzellan war in den 1930er- bis 1970erJahren in Deutschland sehr populär, heute ist die Nachfrage eher marginal. Aktuell würde ich einen Wert von unter 20 Euro annehmen.
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Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger, Jagdschloss Göhrde
Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger, Jagdschloss Göhrde
! Por@ellanteller Ich bin eine langjährige und treue Trödlerleserin und bitte um die Begutachtung dieses Porzellantellers. Ich habe ihn für 50 Euro bei einer Haushaltsauflösung
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und Fruchtgirlanden mit Putto, Schleifen, Delfin und Akanthus-Blatt scheint an Wedgwoods Jasperware zu erinnern, im erweiterten Radius vielleicht auch an Sèvres Pâte-sur-pâte Technik oder Villeroy & Bochs Phanolith. Im Prinzip steht die Idee der römischen Kamee dahinter, ein zweischichtiger Dekor aus einem meist dunklen Grundmaterial und darauf ein helles, partiell durchscheinendes Relief. Die Präzision der Wedgwood Jasperware ergibt sich aus der Summe perfektionierter Arbeitsschritte. Die später aufliegenden De06 / 21
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MAGAEvN 6 Weg von der Waterkant an die Oos gefunden: der originalgetreue Nachbau der Kreeft’schen Tauchmaschine, ein riesiges Modell der Titanic, ein noch mächtigeres historisches Walskelett, Walfang-Harpunen und -Gewehre sowie Gemälde von Hans Thoma (1839-1924) und die ebenso naturwissenschaftlichen wie märchenhaften Kunstdrucke von Ernst Haeckel (18341919). Ergänzt wird das künstlerisch-technische Panorama von den malerischen Mythenbeschwörungen eines Max Klinger (1957-1920), wilden Seestücken eines Johann Caspar Scheuren (1810-1887) und weiteren bedeutenden Leihgaben aus dem Deutschen Historischen Museum Berlin, der Dr. Axe-Stiftung Bonn sowie der Sammlung Wolfgang Peiffer. (Katalog)
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! Taucher und Ni;en Noch bis voraussichtlich 8. September zeigt das Museum für Kunst und Technik des 19. Jahrhunderts in Baden-Baden die Ausstellung „Schön und gefährlich: Die hohe See im 19. Jahrhundert“. „Macht Euch die Erde untertan!” – Wissenschaft und Technik erlaubten dem fortschrittlichen 19. Jahrhundert eine immer erfolgreichere Bändigung der Natur, medizinisch in der Bakteriologie, industriell durch Dampfmaschine und Elektrizität. Die biblische Aufgabe schien gelöst. Die ganze Welt konnte nun erforscht, erobert, erklärt, entzaubert werden. Die ganze Welt? Mitnichten. Auf hoher See tobte das
Telefon: 07221 J007960 Webseite: https://la8.de/museum/
! Uaarige Geschichten Melanka Uelms, Marc, 20185 Kunsthalle remen Foto: Melanka Uelms
nbekannter Künstler, Iie Taucherglocke (on zharles Spalding H1738-1783Z, um 181J, Kupferstich, yri(atsammlung5 Museum für Kunst und Technik des 19. )ahrhunderts, aden- aden H-08.09.Z Foto: Leo Konopixk4, München 06 / 21
große Drama zwischen zivilisatorischer Beherrschung und natürlicher Gewalt weiter, vom Floß der Medusa bis zur Titanic, zwischen nüchterner Handelsschifffahrt und exotischem Südseeparadies, Kapitän Ahab und Moby Dick, Tiefseekabel und betörenden Nixen, Taucherglocke und Schiffbruch. Das Meer mit seiner verlockenden Weite und rätselhaften Tiefe zog Abenteurer und Kaufleute, Militärs und Sinnsucher, Forscher und Künstler hinaus ins Offene, Schwankende: schön und gefährlich. Alle technischen Geräte und Kunstwerke in der Ausstellung lassen das ebenso vorsichtige wie mutige Unterfangen nachvollziehen, ein Stück menschengemäße Festigkeit auf die wogende Oberfläche der Ozeane zu legen und mit einem Schiff auf große Fahrt zu gehen. Die Wildheit der Weltmeere wird zum Gegenüber: offener als das Festland mit seinen vielen Landesgrenzen, chancenreicher als der Arbeitsalltag der bürgerlichen Klassengesellschaft, luftiger als das heimelige Biedermeier und die muffige Gründerzeit. Auf den berühmten Gemälden von Andreas Achenbach (1815-1910) schäumt das Meer unbändig auf gegen alle Vorausberechnungen. Stellte ein Bild einen Schiffbruch mit Zuschauern am Strand dar, so waren diese oft nicht selbstlose Retter, sondern strandräuberische Profiteure des Unglücks der Seeleute. Der erste funktionierende Taucheranzug führt vor Augen, dass die Tiefsee ein so abenteuerlicher Kosmos war wie heute das Weltall. Die Schnitzereien der Seeleute auf Pottwalzähnen zeigen das geradezu erotische Versprechen, das bis heute dazugehört. Aus dem Schifffahrtsmuseum Rostock, dem Deutschen Meeresmuseum Stralsund und renommierten Privatsammlungen haben spektakuläre Leihgaben den
Die Kunsthalle Bremen nimmt Darstellungen von Pablo Picasso zum Anlass, um unterschiedliche Körperbehaarung und vorherrschende Schönheitsnormen zu diskutieren. Auf einen Aufruf hin wurden über 1.000 Fotos eingereicht, die deutlich machen, wie vielschichtig und emotional die Auseinandersetzung mit Haaren sein kann. Mit einer Auswahl von knapp 60 Fotos möchte das Museum den vielfältigen Gedanken zu Haaren und individuellen Haar-Geschichten eine Stimme geben sowie Schönheitsideale und Gendernormen hinterfragen. Die Ausstellung „Haarige Geschichten“ (22. Mai bis 19. September 2021) wird in der Dauerausstellung im Skulpturen-Saal „Bilder vom Menschen“ präsentiert, um das Bild vom Menschen um das kleine, aber feine Detail Haare zu erweitern. Gemessen an gängigen Schön-
Fred Feuerstein und George )etson im Museum der Stadt Schopfheim
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MAGAEvN 7 heitsidealen hat jeder Mensch irgendwo am Körper zu viele oder zu wenige Haare. So wundert es nicht, dass Umfragen zufolge immer mehr Menschen ihren Körperhaaren den Kampf ansagen und sich rasieren, epilieren, zupfen, wachsen und sugarn. Auch in der Kunst findet eine Auseinandersetzung mit Schönheitsvorstellungen statt. Allerdings oder gerade deshalb werden Körperhaare an gewissen Stellen nur selten dargestellt. Die Kunstwerke aus der Sammlung der Kunsthalle Bremen sind da keine Ausnahme. In der Ausstellung „Die Picasso-Connection“ (bis 18. Juli 2021) sind sie allerdings doch zu finden: jene Bilder von Körperhaaren, die heutzutage vielfach mit Gefühlen von Scham, Unwohlsein oder Peinlichkeit besetzt sind. Die Fotografien vervollständigen somit das Bild vom Menschen und verleihen Körperbehaarung eine Sichtbarkeit. Das Museum möchte mit „Haarige Geschichten“ die Hinterfragung von Körper-, Gender- und Schönheitsnormen anregen. (22. Mai bis 19. September). Telefon: 0D21 32908380 Webseite: www.kunsthalle-bremen.de
! Sammlers Leidenschaft In den 1960er-Jahren waren es Wundertüten und Kaugummiverpackungen, die das Herz vor allem der jungen Sammler höher schlagen ließen. Ringe, Ketten, Autos, Puppenrasseln, Cowboyfiguren, Wildtierund Zirkusfiguren, Winnetou- und Fußballbilder, Kamele mit Beduinenfiguren, Kakteen, Pferdekarren und viele andere „Schätze” konnte man darin finden. Aber auch Orangen-Einwickelpapiere mit bunten Bildern waren damals begehrte Sammelware, ebenso wie Comic-Hefte der Familie Feuerstein und deren Pendant im Weltraum: die Jetsons. Zahlreiche Original-Hefte der steinzeitlichen Familie Feuerstein und der weit in der Zukunft im Weltall lebenden Familie Jetson zeigen die Abenteuer von Fred Feuerstein und Barny Geröllheimer samt Ehefrauen und Dino, ihrem Haustier-Saurier. Während Fred Feuerstein im Steinbruch arbeitet und in seiner Freizeit gerne mit Freund Barny zum Kegeln geht, sieht der Alltag von George Jetson im Weltall ganz anders aus: nach rasanten Fahrten in seiner fliegenden Untertasse erwarten ihn zu Hause Diskussionen mit Teenager-Tochter Judy, Sohn Elroy im Flegelalter und die unerbittliche Rosie, der Haushalts-Roboter der Jetsons. Mit einem nostalgischen Blick zurück in die 1960er-Jahre präsentiert die Ausstellung im Museum der Stadt Schopfheim bis 19. September die wunderbare Sammelwelt der Wundertüten mit ihren Inhalten, farbenprächtige Orangenpapiere, ComicHefte mit spannenden Bildergeschichten und bunten Kaugummibildern als Überraschung in deren Verpackung.
! Ias Museum, das nachhause kommt Das neu gegründete mobile Reklamemuseum von Dr. Kathrin Bonacker, Kulturwissenschaftlerin aus Marburg und Autorin unseres Magazins „Trödler”, beinhaltet etwa 150 Objekte aus 125 Jahren Reklamegeschichte. In einem Youtube-Clip stellt sie ihr mobiles Museum vor. Hierzu gehören z. B. eine Verpackung in Form einer kleinen Litfaßsäule, Reklamemarken, Liebigbildchen oder ein Stollwerck-Sammelalbum, Pappplakate oder Kofferaufkleber, ferner die Werbekampagne der Firma Pril, die fast ein ganzes Jahrzehnt geprägt hat. Neben dem Historischen liegt der Fokus auch auf exemplarischen Marken, die einen Wiedererkennungswert transportieren, wie Dr. Oetker, Salamander mit dem Lurchi, das Nivea-Blau oder die lila Kühe von Milka, der Schriftzug von Bahlsen oder die Firma Lagnese mit der rot-weiß gestreiften Markise, die bis in die 1990er-Jahre benutzt worden ist. Dann gibt es da auch noch die politische Werbung für Par-
teien jeglicher Couleur oder Werbung mit Prominenz wie z. B. Uwe Seeler, der einst für Sprengel-Schokolade posierte oder die Lux-Seifenflocken, die sich zur Reinigung von Sportler-Trikots besonders gut eignet. Wer sich für Werbung / Reklame interessiert, kann das neuartige Museum für eine Anreise buchen: Ein kleiner Teil der Ausstellungsstücke wird hier vorgestellt. Man kann es beispielsweise als Teil eines Unterrichtskonzeptes nutzen, es zum Firmenjubiläum zeigen oder zum Element eines Betriebsausfluges machen. Thematische Ergänzungen oder ein besonderer Fokus sind ganz unkompliziert möglich. Vorbereitetes Material kann von der Initiatorin gestellt werden, wie z. B. zu den Themen Grafikdesign in der Entwicklung, Logos, Werbung für den Umweltschutz oder zu problematischen Feldern wie Rassismus. B-Mail: mobilesreklamemuseumPweb.de Webseite: https://mobilesreklamemuseum. wordpress.com
Telefon: 07622 396190 Webseite: www.schopfheim.de
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KaSSEttEnrEKOrDEr L 1 rEInHarD MOGEna
(nzBhlige Stunden sa/en wir über uelle- und neckermann-Katalogen, um festzustellen, welcher rekorder das beste Preis- eistungsverhBltnis hatte" ß so die spontane aussage eines –reundes, als es um alte Feiten und das thema Kassettenrekorder" ging. Mevor wir uns an dieser Stelle weitere Gedanken machen, klBren wir zunBchst einmal die korrekte Schreibung. Da es aus dem englischen to record" abgeleitet ist, erlaubt uns der Duden neben dem rekorder" auch den recorder". Mei der Kassette ist er nicht so gro/zügig, die mWchte er mit k" geschrieben sehen, auch wenn wir hBufig dem englischen Megriff Compact-Cassette" begegnen. Philips selbst verwendete die )internationale8 c-Schreibweise, als der Konzern 196U das erste GerBt für Kompakt-Kassetten vorstellte. Zir hingegen folgen an dieser Stelle dem Duden und sprechen vom Kassettenrekorder.
Die Kompakt-Kassette Eine Beziehung zur Kassette bekamen einige Generationen schon in sehr jungen Jahren, als der Rekorder auch ins Kinderzimmer einzog; bis dahin konnten Märchen-Schallplatten oft nur im elterlichen Wohnzimmer gehört werden. Dafür mussten Eltern nun unter Umständen im Auto zum xten Mal Benjamin-Blümchen-Geschichten über sich ergehen lassen. Mit der Entwicklung eines Ton-Speichermediums (in diesem Fall des Magnetbands) und entsprechender Geräte beschäftigten sich Bastler und Ingenieure schon in Vorkriegsjahren, der große Durchbruch für den Normalverbraucher fiel dann in die Zeit des Wirtschaftswun-
ders. Einer Nutzung für Reportagen außer Haus standen allerdings Größe und Gewicht dieser Geräte im Wege, was zur Entwicklung netzunabhängiger und kleinerer Rekorder führte, zunächst für das 1/4" bzw. 6,35 mm breite Bandmaterial ausgelegt, wie es seit Kriegsende üblich war. Eine lästige und fummelige Angelegenheit war stets der Wechsel des Bandes, das am Tonkopf vorbei in die Spule eingefädelt werden muss, was beispielsweise im fahrenden Auto für den Wagenlenker nicht ohne Risiko möglich ist. Oben: Einst eine Sensation von Philips, doch die Fukunft von gestern ist heute schon wieder 5ergangenheit inks: Ein „eilenstein ß der erste Kassettenrekorder 06 L 21
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teressante Dinge verwenden", wie der Hersteller es ein Jahr nach der Vorstellung in seiner hauseigenen „Tonband-Illustrierte report" beschreibt. In diesem Zusammenhang kamen Kassettenrekorder (nicht nur von Philips) bald in Sprachlaboren zur Anwendung.
„usikkassetten ab 1963 An einer Lösung dieses Problems arbeitete nicht nur Philips; nahezu zeitgleich verfolgten auch Grundig-Entwickler die Idee, ein Magnetband mit etwa halber Breite in leicht wechselbare Kassetten zu stecken. Letztlich hatte Philips die Nase vorn und präsentierte auf der Funkausstellung 1963 in Berlin die erste Kompakt-Kassette samt neuem Rekorder (Typ 3300) – wirklich eine Sensation! Die Markteinführung der nur wenig größeren Grundig-Kassetten (Bezeichnung: System DC International) erfolgte ganze zwei Jahre später – zu spät! Trotzdem fand Grundig Lizenznehmer bei Blaupunkt und Telefunken, musste sich aber schon 1967 dem Konkurrenten geschlagen geben. Philips hob den Rekorder zunächst als „Batteriegerät für Tonjagd im Freien" hervor (denn: „Klänge sind vergänglich") und seine Verwendung als Medium zum Festhalten von Informationen und Gesprächen: „Er gehört heute schon zur Ausstattung vieler Handelsvertreter, die nicht nur ihre Besuchsberichte unmittelbar nach Verlassen des Kunden auf der Kassette 'notieren', sondern das Gerät auch zur Information ihrer Kunden über wichtige Neuheiten, Verkaufsargumente und andere in-
Ab etwa 1965 erschienen die ersten fertig bespielten Musikkassetten im Handel (Philips: „Mit der Musik-Cassette stellen wir Ihnen einen sensationellen neuen Tonträger vor!"). Für die junge Generation von damals war es auf alle Fälle ein „must-have", wie man heute sagen würde. Innerhalb weniger Jahre bot der Handel unterschiedliche Variationen dieses kleinen Rekorders an; hatte man sich einmal für ein bestimmtes Modell entschieden, entdeckte man vielleicht kurze Zeit später ein an-
deres Gerät, das einem aus verschiedenen Gründen besser gefallen hätte – schade, Pech gehabt! Da das Radio eher selten die Musik spielte, die man als junger Mensch favorisierte, nahm man Qualitätseinbußen in Kauf, wenn man die Lieblingshits dafür auch unterwegs hören konnte. Das geschieht mit einer Bandgeschwindigkeit von 4,75 cm/s, die auch bei einigen Heimtonbandgeräten vorhanden, aber nur für Sprachaufnahmen ausreichend ist. Der Kassettenrekorder muss komplett damit auskommen. Angeschlossen an einen externen Verstärker, bzw. ein herkömmliches Radiogerät, erwies sich der Klang nach damaligem Empfinden erstaunlicherweise als gar nicht so übel. Anderenfalls musste man im Kopf die schwachbrüstigen Klänge des kleinen Lautsprechers ergänzen (schließlich kannte man meist die Aufnahmen auch aus anderer Quelle). Der Autor erin-
Ganz oben von links nach rechts: Philips rekorder mit autohalterungen Ohne Halterung konnte der rekorder im auto, hier ein Opel rekord von 196V, umherrutschen Philips Plaäer Cassettophon, 196y Oben: Das Kassettensästem DC International von Grundig (nten: Originalprospekt zum Grundig Kassettensästem 06 L 21
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nert sich daran, sogar das Live-Konzert einer Band mit dem Rekorder und dem mitgelieferten Mikrofon aufgenommen zu haben. Tatsächlich konnte man die Musik später auf der Kassette hören – in Kombination mit dem, was vom Konzert und der Stimmung im Saal im Gedächtnis blieb. Eine wertvolle Erinnerung! Selbstverständlich wurde der Rekorder auch im Auto zum Begleiter, vielleicht sogar mit Autohalterung – Philips lieferte passende Einschübe mit Stromversorgung und integriertem Verstärker zum Einbau unterm Armaturenbrett oder gleich ein reines Kassetten-Abspielgerät zum Anschluss ans Autoradio, bevor es das ab 1968 auch in direkter Kombination als Radio mit integriertem Laufwerk gab.
Kaufargumente Kaufargumente für die kleinen Rekorder blieben in erster Linie das relativ geringe Gewicht (mit Batterien 1,35 kg) und die kompakten Außenmaße, die es ermöglichten, das Gerät nahezu überallhin mitzunehmen. Da außerdem ein Mikrofon (ebenso wie eine Tragetasche) zum Lieferumfang gehörte, konnte man sich manchen Spaß damit erlauben, um, z. B. in der Schule, unbemerkt die sprachlichen Ergüsse eines Lehrers aufzuzeichnen. Als Manko erwiesen sich die zum Betrieb nötigen 5 x 1,5 Volt Babyzellen, deren Energie leider viel zu schnell aufgebraucht war
(Philips sprach sehr optimistisch von einer Batterie-Lebensdauer von ca. 20 Stunden) – damals auf jeden Fall ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor, wie schon der Anschaffungspreis von anfangs ca. 300 DM meist nicht mal schnell aus der Portokasse bezahlt werden konnte. Bei der Entwicklung hatten die Ingenieure besonders auf einfache Bedienung geachtet, die auch mit einer Hand bewältigt werden kann; das Ergebnis war der Schiebeschalter, der gewissermaßen das Aussehen des Rekorders bestimmt. Linksseitig und griffgünstig angebracht sind Lautstärke- und Klangregler. Besonderheit der neuen Technik war das in einer Kassette laufende und nur 3,81 mm breite Magnetband, was etwa der Hälfte eines herkömmlichen Tonbands entspricht. Eine Standard-Kassette bot zunächst zweimal 30 Minuten Laufzeit (C 60), bald durch C 90 ergänzt und schließlich C 120. Da das Mehr an Magnetband in der Kassette Platz finden musste, erkaufte man sich die jeweils längere Laufzeit mit dünnerem und deshalb entsprechend anfälligerem Bandmaterial. Vor allem in den siebziger Jahren wurde das Bandmaterial zur Glaubensfrage: Welchen der zahlreichen Anbieter sollte man bei der Auswahl bevorzugen, heimische Hersteller wie BASF oder Agfa? Oder war das, was aus Japan zu uns herüber kam wie Maxell, Denon, TDK, Sony oder Scotch aus den USA die bessere Wahl? Wert legte selbst der Laie meist darauf, dass ein Ausdruck wie „Chromdioxid" oder „Ferrochrom" auf eine entsprechende BeGanz oben von links nach rechts: Selten: telefunken rekorder mit Grundig- izenz auch ein seltenes Stück: Kuba Cartridge recorder, 196y Kompaktkassette im 5ergleich zu Kassetten von Sabamobil, y-Spur und DC International Oben von links nach rechts: Saba U20, 1969 Mlaupunkt twen, 1969 (nten: Ein Hingucker ß Kassetten in poppigen –arben
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schichtung des Magnetbands verwies. Oftmals war nicht zuletzt der Preis entscheidend, wobei manch einer die Erfahrung machte, vielleicht doch am falschen Ende gespart zu haben: hörbar schwache Dynamik bei Musikaufnahmen, Bandsalat durch billig produziertes Innenleben. Was für ein Ärgernis, wenn ausgerechnet ein Band mit schwer wieder beschaffbaren Aufnahmen im Laufwerk hängen blieb und beim Entfernen im schlimmsten Falle riss – eine Katastrophe! Im Rahmen von Flower-Power und PopArt-Ära gab es eine Zeitlang Kassetten in poppigen Farben zu kaufen – toll! Davon konnte man in der ehemaligen DDR nur träumen. Dort kam das Standard-Bandmaterial von ORWO, der Filmfabrik Wolfen. Ganz oben von links nach rechts: Grundig rekorder C200 von 1969 und der nachfolger C210 )19ö18 für Kompaktkassette –ertig bespielte Kassetten als alternative zur angspielplatte Oben und unten: Philips Stereo-Plaäer zum Einbau im auto „itte von links nach rechts. Mlaupunkt StereoPlaäer fürs auto rekorder aus einem Sprachlabor rechts au/en: Eine OrZO Kassette kostete in der DDr 20 „ark )bei Preisen für eine „ietwohnung von ca. 30 „ark8
Wie es bei Jens Drees in seinem Buch „Kassettendeck" heißt, war den Funktionären im Arbeiter- und Bauernstaat die Audio-Kassette eher ein Dorn im Auge, denn sie befürchteten, dass Bands ihre Musik (mit möglicherweise provokativen Texten) nun auf einfachste Art und Weise selbst aufzeichnen, vervielfältigen und unter die Leute bringen könnten, was tatsächlich auch geschah. Aus diesem Grunde sollen Herstellung und Verkauf in den siebziger Jahren limitiert gewesen sein. Fortsetzung folgt! Fotos: Reinhard Bogena