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Europas Sammlermagazin
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Glashütte Gernheim Bob Dylan
GEMI-Verlag 2021-März 210x297.qxp_Battenberg Gietl Verlag 09.03.21 09:56 Seite 1
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ISBN 978-3-86646-183-3 | Preis: 39,90 €
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LESERFORUM 4
ETPERIvSEH
! 9ktdarstellungen Im Anhang sende ich Ihnen Fotos von drei im letzten Jahr auf einem Flohmarkt erworbenen Aquarellen, gemalt und gerahmt 1984 mit den Titeln: „FÜR IHN" (zweimal) und einmal „FÜR SIE GANZ"? Leider sind die Bilder nicht signiert, es sei denn, dass jeweils die krakelige Unterstreichung unter der geraden Unterstreichung eine Signatur sein soll. Die Größe der Aquarelle im Passepartout ist jeweils um die 35 x 45 cm. Über die Beantwortung folgender Fragen würde ich mich freuen: Können Sie die Aquarelle einer Malerin, einem Maler zuordnen? Die Bilder müssen wohl auch auf einer Auktion gewesen sein, da sie auf der Rückseite handschriftlich nummeriert worden sind. Interessant wäre natürlich auch eine Werteinschätzung Ihrerseits. Thomas Hesse, Offenbach
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Die drei Aktdarstellungen in Aquarelltechnik scheinen von einer sehr bemühten Kunststudentin gefertigt zu sein. Der Aufkleber auf der Rückseite verweist auf eine Kunstgalerie mit sehr langer Tradition, welche durchaus hochkarätige Kunst ausgestellt hat. Zum Tagesgeschäft einer Kunsthandlung gehört aber auch die Einrahmung. Die Nummer auf der Rückseite könnte also auch einfach eine Auftrags-
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nummer für eine Rahmung sein. Der Text liest sich wohl „Für Sie ganz hier“, darunter die sehr ambitioniert künstlerisch wirkende Signatur aus langen horizontalen und kurzen vertikalen Linien. Möglicherweise hat sich in den Archiven der Kunsthandlung noch ein Hinweis auf den Künstler erhalten. Die drei Aquarelle von unbekannter Hand würde ich mit unter 100 bewerten. Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger, Jagdschloss Göhrde
! In dieser Rubrik beantworten unsere Experten Ihre Fragen zu dem ein oder anderen guten Stück. Doch leider sehen wir uns außerstande, ganze Nachlässe oder sämtliche sich in Ihrem Haushalt befindlichen Trouvaillen bewerten und schätzen zu lassen. Auch bitten wir um Verständnis, wenn es mit der Bearbeitung länger dauert. Senden Sie uns also Ihre Anfrage nur zu einem zu bestimmenden Objekt – mit detaillierter Beschreibung und gutem Foto, auf dem das Objekt ganz abgebildet ist. Noch ein Hinweis zu den Preisen, die von Fall zu Fall von unseren Experten genannt werden: Hierbei handelt es sich um Richtwerte, die anhand von Fotos allein getroffen werden und je nach Zustand des Objekts nach oben oder unten korrigiert werden können. Ihre Anfrage schicken Sie bitte an: Gemi Nerlags GmVA Redaktion Leserforum Pfaffenhofener Str. 3 852 3 Reichertshausen oder Xer E-Mail an info gemi@erlag.de
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LESERFORUM 5 Forderungen unter anderem die Abschaffung der Leibeigenschaft und der Wunsch, den Adel zur Zahlung von Steuern heranzuziehen. Coronabedingt konnte ich einige Literatur nicht einsehen, so bleibt es bei einer Zuschreibung. Vermutlich wurde das Sahnekännchen in Pest um 1835 oder wenig später von einem erfahrenen Silberschmied hergestellt. Als Wert würde ich 300 bis 350 Euro ansetzen.
Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger, Jagdschloss Göhrde
! Eckschrank Bei diesem Schrank handelt es sich um ein Erbstück. Können Sie mir vielleicht nähere Informationen darüber zukommen lassen? Mich würde sein Alter interessieren und wie hoch Sie ihn taxieren würden.
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B. Lichtmann, o.O.
Dieser Vitrinenschrank in Erlenholz mit geschwärztem Sockelrahmen war ursprünglich ein Eckschrank. Die ehemals vorhandene geschlossene Türfüllung wurde entfernt, sodann sekundär mit einem Sprossenrahmen versehen und mit sechs Glasscheiben ausgestaltet. An einer authentischen Vitrine wären die Türrahmen schmaler gefertigt worden. Entscheidend für die Fertigung einer Vitrine ist das gestalterische Moment, so viel wie möglich an Blick versperrendem Material (Rahmen) zu reduzieren. Dies ist hier nicht erfolgt. Ob es sich hier um ein originales Biedermeier-Möbel handelt oder ein nach dem Stilempfinden um 1900 oder noch modernes gefertigtes Möbel ist, kann nur aufgrund dieses hier vorliegenden Fotos nicht mit Sicherheit gesagt werden. Der Verkehrswert dieses Eck-Vitrinenschranks ist maximal 180 Euro.
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Klaus-Peter Atzig, Kunstsachverständiger, Pforzheim
! Sahnekännchen Heute wende ich mich an Sie mit der Bitte, eine Expertise zu diesem kleinen Milchkännchen zu erhalten. Ich habe es auf einem Flohmarkt für 5 Euro erworben. Die Maße sind: Höhe inklusive Griff zwölf Zentimeter, Durchmesser circa elf Zentimeter und das Gewicht beträgt 185 g. Das Material ist wohl Silber und der Griff scheint aus Elfenbein zu sein. Innen ist esvergoldet. Es hat leider keine richtigen Punzen, nur fünf kleine Punkte mittig am Boden. Ich bin gespannt zu erfahren, ob Sie die Machart, Herstellungszeit und -gegend herausfinden können und natürlich auch, wie hoch Sie den Wert des Kännchens einschätzen. B. Lichtenberg, Leverkusen
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Der Sahnegießer / das Sahnekännchen zeigt als einzige Markierung leider nur die Zahl „4“ und eine verschlagene Punze, welche aus drei gleichgroßen Kreisen zu bestehen scheint. Ein Mangel an Punzen bedeutet in der Regel, dass die staatlichen Institutionen darauf verzichtet haben, Luxusgüter zu kontrollieren und zu besteuern. Intuitiv hätte ich das Sahnekännchen nach Österreich oder Ungarn im Zeitraum um 1835 verortet. Da die Wiener Radlpunze fehlt, bleibt nur die Möglichkeit, die Peripherie des Reiches in den Fokus zu nehmen. Die Zeit um 1835 in Ungarn war gekennzeichnet von gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Stagnation und aufkeimendem Nationalismus. In der Reformzeit Ungarns waren die wichtigsten
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! knderer -aÄstab Die Sonderausstellung über historisches hauswirtschaftliches Blechspielzeug betrachtet die Welt der Erwachsenen im Miniaturformat aus dem Blickwinkel der Kinder. Spielküchen und Kinderherde, ausgestattet mit kleinen Töpfen, Pfannen, Geschirr, Rühr- und Schöpfkellen und anderem mehr, stehen bis heute auf ihren Wunschzetteln. Im letzten Jahrhundert erfüllten diese Träume u. a. die Zirndorfer Blechspielzeugfirmen Martin Fuchs, Georg Schopper und Michael Seidel. Von den realen Küchenöfen unterscheiden sich die Spielgeräte in Kindergröße nur in einem Punkt: Im Maßstab. Alle anderen Funktionen sind identisch. Genau wie ihre Vorbilder mussten auch die kleinen Herde befeuert werden. Dafür wurden zunächst Kohlen, Spiritus oder Esbit genutzt, ab den 1930erJahren kamen dann vermehrt Modelle mit Stromanschluss auf den Markt. Neben den Herden gingen auch andere moderne Küchengeräte wie Kühlschränke, Spültische und Waschmaschinen sowie Küchenschränke im Kleinformat in Produktion. Die Kombination all dieser Einzelteile zur Küchenzeile war später eine logische und in der großen Küche bereits vorgelebte Entwicklung. Anhand zeittypischer Modelle und Stilformen wird in der Sonderausstellung die stete Weiterentwicklung der Spielküchen bis in die Gegenwart aufgezeigt. Die Ge-
p0erAUahre KJcheD Mtädtisches -useum 5irndorf ;oto: Mtädtisches -useum 5irndorf 06 Z T1
gerd mit 7sbitbefeuerun3 19p0D Mtädtisches -useum 5irndorf ;oto: Mtädtisches -useum 5irndorf schichte der Küche „en miniature“ bietet eine vergnügliche Reise in die Vergangenheit. (Bis 9. Januar 2022) Selefon: 09911 9W0W0p90 /ebseite: www.museum.Iirndorf.de
! HrmelP FBwe und Gon 8lech Auch die Insel Titiwu, Schauplatz des bekannten Kinderbuchs „Urmel aus dem
Eis“, wurde nicht von dem Corona-Virus verschont, deshalb durfte die neue Sonderausstellung „Vom Kruse-Haus nach Titiwu – Max Kruse zum 100. Geburtstag“ im Käthe-Kruse-Puppen-Museum in Donauwörth erst verspätet öffnen. Urmel, Wutz, Professor Tibatong, Onkel Guckaus, Pips, Ka, Schusch und viele andere Geschöpfe mit ebenso fantasievollen Namen wie liebenswerten Eigenheiten leben in den Geschichten des Schriftstellers und Kinderbuchautors Max Kruse (19212015). Zum 100. Geburtstag widmet das KätheKruse-Puppen-Museum dem Schöpfer unvergessener Kinderbuchfiguren eine Ausstellung, in der sich Urmel, Löwe und Don Blech ein Stelldichein mit Käthe-Kruse-Puppen aus Bad Kösen, Bad Pyrmont und Donauwörth geben. Denn Max Kruse war der jüngste Sohn der berühmten Puppenmacherin Käthe Kruse (1883-1968). Bevor Max Kruse 1958 den Schritt zum freischaffenden Autor wagte, leitete er zwölf Jahre die Käthe-Kruse-Werkstätten zunächst in Bad Pyrmont und dann in Donauwörth. Die Sonderausstellung beleuchtet die vielfältigen Lebensstationen Max Kruses von seiner Kindheit inmitten der rührigen Käthe-Kruse-Werkstätten in Bad Kösen bis zu seiner Etablierung als Kinderbuchautor und Schriftsteller. Über die international erfolgreichen Kinderbücher „Der Löwe ist los“ und „Urmel aus dem Eis“ hinaus werden auch weniger bekannte Seiten des Autors als Verfasser von historischen Romanen, Reiseberichten und Gedichten thematisiert. Kinder können die Ausstellung mit dem Esel Rosinchen, der in Max Kruses Kindheit im Garten des Kruse-Hauses lebte, entdecken und in „Habakuk Tibatongs Tiersprech-Schule“ ein Foto mit dem Urmel machen. Ein Höhepunkt für Urmelfans
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-kNk5Lö der ersten Stunde sind Original-Illustrationen der frühen Urmel-Bände von Erich Hölle (1925-1993). (Bis 26. September 2021). Selefon: 090W 691 0 /ebseite: www. aetheA ruseA2u22enmuseum.de
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! knti A;lohmar t 8erlin Der Riesenflohmarkt auf der Trabrennbahn Karlshorst in Berlin wird zum Berliner Antik-Flohmarkt. Ab August findet er jedes erste Wochenende im Monat statt. Als Vorbild dient der legendäre Antikmarkt in Leipzig. Der feierliche Start ist am 7. und 8. August 2021 jeweils von 9 bis 17 Uhr. Nach der langen Zwangspause freuen sich die Antiquitäten- und Nostalgie-Liebhaber, Sammler, Kunstfreunde und Retrofans besonders, bietet der Markt doch gigantisch viel Platz zum Trödeln. Der zweitägige Markt auf dem großzügigen Gelände der Trabrennbahn lohnt in jedem Fall einen Besuch. Erwartet werden zahlreiche Händler aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland mit für Berlin frischer Ware und Raritäten von anno dazumal. Endlich wieder Geschichte und Geschichten zum Anfassen, Feilschen und Fachsimpeln. Für Besucher ist bis auf Weiteres der Eintritt frei. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln kann man den Markt gut erreichen
gunderte gändler ommen mit einem Jberbordenden kn3ebot auch zon auswärts Ium knti flohmar t nach 8erlin auf die Srabrennbahn Karlshorst oder auch mit dem Pkw bequem am Gelände parken. Besucher und Aufkäufer können gegen eine Gebühr von 5 Euro mit ihren Fahrzeugen direkt auf dem Gelände in unmittelbarer Nähe der Marktstände parken. Damit ist auch der Abtransport größerer Funde während der Marktzeiten jederzeit möglich. Ein Bonbon für Händler: Die Übernachtung am Stand ist möglich. Für teilnehmende Händler, die ihre Fahrzeuge nicht am Stand haben, stehen ausreichend gratis Parkplätze am Gelände bereit.
Wer selbst mitmachen will, kann sich ab Juli anmelden, telefonisch unter 030 2900 2010 oder online https://oldthing.de/riesenflohmarkt. Hier die geplante Terminübersicht für dieses Jahr: 7.-8. August, 4.5. September, 2.-3. Oktober, 6.-7. November, 4.-5. Dezember. Das 3,7 Quadratkilometer große Areal des Pferdesportparks Karlshorst, Treskowallee 129 in Berlin bietet Platz für 500 professionelle Antiquitäten- und internationale Kunst- und Designhändler, Sammler, Privatleute, Flohmarktfreaks und Künstler im Freien und 50 Aussteller der Sammlerbörse für alte Ansichtskarten, Briefmarken und Münzen in der authentischen Tribünenhalle. Keine Frage, dass am 3. Oktober jede Menge DDR- und Arbeiter-Devotionalien über die Tische gehen werden. In jedem Fall ist alles original, es gibt keine Neuware und keine Repliken. Selefon: 0E0 p099E6T /ebseite: htt2s:ZZoldthin3.deZriesenflohmar t
! Kunst im Mchloss
Gie Käthe Kruse /er stätten in den 19T0erA bis 19ü0erAUahren in 8ad KBsenD KätheAKruseA u22enmuseum GonauwBrth 8ild: Mtadt GonauwBrth Z K. NBbner
In der Parkanlage vor dem Celler Schloss findet am 14. und 15. August die traditionelle allerART statt. Wie im Vorjahr präsentieren ausgewählte Aussteller, Künstler und Kunsthandwerker exklusive Geschenkideen, dekorative Dinge, mundgeblasene Glaskunst, originelle Keramikobjekte, Designermode, individuelle Schmuckkreationen und vieles mehr. Edle Antiquitäten werden in einem speziellen Bereich präsentiert; hier können Besucher auch den Wert von Schmuck oder antiken Stücken kostenlos schätzen lassen. Ein weiterer Höhepunkt bei allerART ist der Mittelaltermarkt. Selefon: 01 W TE1TT6pp /ebseite: www.celleAtourismus.de
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Seit der itte des 19B )ahrhunderts gibt es nicht nur in der deutschen Dau8tstadt perlino sondern auch in gan/ Euro8a Feit verbreitet Litfaüsäuleno und als iniaturausgaben sind diese groüen Reklameträger in/Fischen /u Sammelob7ekten geFordenB Sie unterscheiK den sich in 5esigno Djhe und aterialo dienen manchmal in do88elter ßeise als ßerbung mit ßerbung und sind immer Dingucker f:r (ans von bunter Reklame oder altem StadtK bildB
5ie bunten Säulen in den Straüen Bei einem Ratespiel wäre es vielleicht schwierig sie einzuordnen: Sind es Gebäude? Oder eher öffentliche Möbelstücke? Die „Anschlagsäulen“, die als Erster der Drucker Ernst Theodor Amandus Litfaß ab 1854 mit einer Konzession der Berliner Obrigkeit „zwecks unentgeltlicher Aufnahme der Plakate öffentlicher Behörden und gewerbsmäßiger Veröffentlichungen von Privatanzeigen“ errichten durfte, tragen bis heute seinen Namen. Es sind zylindrische Formen, die mit Papier umklebt werden, aber dabei hören die Gemeinsamkeiten eigentlich schon auf. Funktionstüchtige Litfaßsäulen können
aus Metall oder Beton sein, heute sind sie auch als mobile Messe-Architektur oder nostalgische Dekoration auf Rollen zu erhalten. Ihre Urgroßmütter waren Litfaßsäulen aus Metall mit ornamentalem Zierrat am oberen Rand, das Dach konnte eine einfache Wölbung haben oder spitz und schindelgedeckt von einem winzigen Türmchen gekrönt sein. Das Innere war ebenfalls sehr unterschiedlich.
Litfaüsäule als Gersteck Die DDR-Kinderbuchautorin Christa Kożik beschrieb 1980 in ihrem liebenswerten Roman „Moritz in der Litfaßsäule“ das Ver-
steck ihres neunjährigen, von zu Hause ausgebüchsten Helden so: „Diese Litfaßsäule war auch eine ganz besondere. Sie hatte nämlich eine kleine eiserne Tür, die man öffnen konnte. Und innen hatte der Straßenfeger seine Besen und eine Leiter zum Plakatkleben untergestellt. Trotzdem war noch viel Platz in ihr, denn sie war rund und dick, viel dicker als die Litfaßsäulen, die man jetzt so kennt. Und ein winziges Fenster hatte sie. Besser gesagt, ein Guckloch. Außen war die Litfaßsäule beklebt wie eine dicke Frau mit vielen Papierröcken, die mit den Jahren immer dicker geworden war. Ganz oben auf dem Dach hatte sie rundherum eine Verzierung und in der Mitte eine verschnörkelte Metallkugel wie die Bommel einer Mütze.“ (S. 11). In seinem Versteck unterhält sich Moritz mit einer sprechenden Straßenkatze, die ihn darüber aufklärt, wer die Säulen erfunden hat: „In jeder Stadt hat Herr Litfaß seine Säulen aufgestellt. Damit ist er sehr reich geworden. Und dann kam er noch auf die Idee und machte Pinkelbuden daraus. Ja. Außen Reklamebude, innen Pinkelbude (…), und für diese beknackte Erfindung hat er einen Orden gekriegt“, erläutert das kluge Tier, „die ersten Litfaßsäulen waren noch viel breiter, und sie hatten so einen Eingang, als wenn man in ein Schneckenhaus geht. Und grün waren sie.“ (S. 63/64). Später entdeckt Moritz dann selbst, dass er mit Hilfe der Leiter aus dem Inneren durch eine Luke sogar auf das Dach der Säule klettern kann, das von einem kleinen, eisernen Zaungitter umfasst ist. In dieser Geschichte wird die ganze Faszination der Säulen deutlich: Sie stehen öfLinks- “perliner Litfaüsäule2o Ansichtskarte um 19NC Jhrista „oÄiks Roman “ orit/ in der Litfaüsäule2 von 19 0
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RE„LA E 9 ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts fast immer mit einer Litfaßsäule im Vordergrund abgebildet. Wer diese Karten in eine zeitliche Abfolge bringen könnte, hätte sicher auch eine interessante Reklameschau. Speziell Berlin schmückt sich bis heute mit den Säulen als Teil des Lokalkolorits, war doch ihr Erfinder ein Sohn der Stadt. 24 von ihnen stehen inzwischen unter Denkmalschutz, viele andere fielen einer „Neuordnung des Werbemarktes“ 2019 zum Opfer, u.a. weil die oft in der frühen Nachkriegszeit gebauten Objekte aus dem gesundheitsschädlichen Baustoff Eternit bestanden. Die Älteste unter den geschützten Objekten steht am Hackeschen Markt und ist, vermutlich um 1900 errichtet, aus Blech. Berliner Postkarten sind jedenfalls eine Fundgrube für die Litfaßsäulen-Bilderjagd. Ein weiteres Feld ist die Werbekunst. Auf Reklamegrafiken erscheinen die Litfaßsäulen, wie zum Beispiel bei „Sanella“ 1912 oder „Salamander“ 1956 manchmal
fentlich herum und sie gehören niemandem wirklich, so dass sie außer den Plakatklebern keiner richtig kennt oder wahrnimmt. Nur das, was sich an ihnen ändert, nämlich die aktuelle Plakatierung erregt Aufmerksamkeit. Vielleicht bleiben Passanten allein oder gemeinsam davor stehen oder gehen darum herum und lesen, vereinzelte Löwenzahnpflanzen sprießen am Fuß hervor. Die heutigen Betonsäulen, die von der Deutschen Städte Reklame (DSR) zentral organisiert beklebt werden, haben eine Höhe von 2,20 m bis 3,60 m und einen Umfang zwischen 3,20 m bis 3,60 m; ihr Name im Amtsdeutsch der DSR ist auch „Anschlagstelle“ oder „Ganzstelle“. Sie haben keinen Eingang und dienen allenfalls Hunden zum Erleichtern ihrer Blasen, als öffentliche Toiletten sind sie nicht mehr dienlich.
Alte Reklame und hostkarten Wer attraktive Bilder von Litfaßsäulen sucht, wird leicht und schnell bei den alten Ansichtskarten fündig, die Stadtansichten zeigen. Die breite Innsbrucker Maria-Theresien-Straße wurde beispielsweise in der .ben von links nach rechts- ßerbung f:r ßerbung in :nchen 19M1 ßerbung f:r ßerbung in perlin 19Mz itte- perlin 190z P(oto aus einer Ausgabe des “Stern2 von 19I96 Rechts unten- Ansichtskarte aus „iel P5:sternK brooker Allee6 von 1911 0 W M1
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sogar als Werbeträger in der Werbung selbst. Auf einer Reklamemarke für „Hansi-Kakao“ ist zu sehen, wie der abgebildete Junge mit Rucksack fröhlich an die Säule schreibt (offenbar den Namen seines Lieblingskakaos). Besonders schön ist es bei diesen Bildern immer, wenn die dargestellten Betrachterinnen und Flaneure zeigen, in welcher Zeit die Säule ihren Dienst tat (wenn sie zum Beispiel Garderobe der 1920er-Jahre tragen). Dann wird deutlich, wie neben der Zeitung die Plakate zur Information beitrugen, wo Feste oder Konzerte stattfanden oder was es zu kaufen gab, und wie sich
die Lesenden dann auch vor Ort miteinander darüber unterhielten. Über die Jahrzehnte hinweg sind die Plakate (oder wenigstens ihr Text) allerdings immer größer geworden, weil sie sich zunehmend auch an schnell Vorbeifahrende richteten, die nur mit einem kurzen Blick die Information bekommen sollten. Inzwischen ist ihre Funktion vielerorts durch digital gespeiste Leuchtreklame mit schnell wechselnden Bildern ersetzt oder zumindest ergänzt worden.
S8iel/eugKLitfaüsäulen Weil die Säulen aber seit so langer Zeit zum normalen Straßenbild gehörten, sind sie auch für den Modellbau interessant ge-
worden und vervollständigen so manche nostalgisch gestaltete Miniatureisenbahnstrecke im Hobbykeller. Im Erzgebirge (in Seiffen) wurden bereits um 1930 hölzerne Säulchen produziert, die mit Zoo-Werbung und verschiedenen Abbildungen von Luftschiffen dekoriert waren. Sie sind antiquarisch für etwa 25 € zu bekommen. Von der Modellbaufirma „Faller“ gab es eine altmodische Litfaßsäule mit 19 cm Höhe (Produktnummer 331028, Spur G) für Modelleisenbahnfreunde, plakatiert mit Werbung für „Pepsi“, „Coca Cola“, „Langnese“, „Dr. Thompsons Seifenpulver“, „Tobler“ und „Bosch“ aus sehr unterschiedlichen Zeiten, aktuell bei Busch (Nr. 7909, für HO Modellbau) zu erwerben ist ein „Plakatkleber“ mit „Litfaßsäule“ und „Parkbank“, und die „Berliner Zinnfiguren“ haben eine Säule des 19. Jahrhunderts mit Betrachtenden ebenfalls zum Motiv gemacht. Heiß geliebt ist die „Playmobil“-Litfaßsäule von 1990 (aus der rosa Nostalgie-Serie mit der Nummer 6306 bzw. aus der Packung 5350). Sie war kombiniert mit drei Figuren in Kleidung aus der Zeit um 1900 und simuliert eine Säule mit grünem, gewölbtem Dach und goldenem Türmchen, an der u.a. Plakate von „Tell Chocolade“, „Salamander“-Schuhen und „Continental“ kleben. Die Funktion des Text- und Bild-Tragens nutzt auch ein Tischkalender in Litfaßsäulenform, der als Werbemittel aus Plastik von Firmen bestellt werden kann – mit je.ben von links nach rechts- Ansichtskarte aus ,:rnberg P,assauerhaus6 von 1911 Reklame f:r “Sanella2 191M Reklame f:r “Salamander2 19zN Links- “perliner Litfaüsäule2o Ansichtskarte um 19NC
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weils Drei-Monatskalender, dem individuellen Werbebild und Stifteständerfunktion durch ein Loch im ‚Dach‘.
)ubiläumsbriefmarken Im Jahr 2016 wurde der 200. Geburtstag des Herrn Litfaß begangen, der sich vermutlich niemals hätte träumen lassen, welche Popularität sein Name einmal haben würde. Die Bundespost gab ihm zu Ehren eine Sondermarke heraus, als Ganzsache für Philatelisten. Die 70-ct-Marke zeigte ein Porträt des Erfinders als Collage, gestaltet von Gregor Schöner aus Bremen. Auf dem Ersttagsbrief war neben der Marke selbst eine alte Grafik abgedruckt, die „Berlin‘s neue Anschlag Säulen“ in zeitgenössischem Umfeld zeigte, und zwar in drei möglichen Funktionen: Als „Pissoir“, als Reklame-Präsenter und als „Brunnenumhüllung“. Bereits vorher hatte es Litfaß-Briefmarken gegeben: 1979 war die gleiche Grafik unkoloriert für ein 50-Pfennig-Postwertzeichen der Deutschen Bundespost Berlin genutzt worden: „125 Jahre Litfaßsäulen in Berlin“ wurde damit gefeiert. 2005 kam außerdem ein besonders buntes 55-ct-
Objekt heraus: Zum Feiern des Jubiläums „150 Jahre Litfaßsäule“ (historische Daten sind ja ein bisschen variabel, je nachdem, welcher Stichtag benannt wird). Die hierauf abgebildete Säule, schlicht und in moderner Form, trug als Plakat ein abstraktes Gemälde mit dem Text „150 Jahre Litfaßsäule“ in breiter Schrift.
Sammlerst:cke Wer kein Schwein zum Sparen benutzt, dem stehen viele Formen als Münzsam-
melstätte zur Verfügung. Litfaßsäulen bieten sich offenbar besonders dazu an. Mit Filzverklebung zum Aufschneiden findet sich eine Keramik-Spardose mit „Martini“Aufschrift und Hund als sehr dekoratives Sammlerstück, gehandelt wird sie für knapp 50 €, mit ein bisschen Glück auch günstiger. In der DDR gab es verschiedene Varianten von Plastikspardosen in Litfaßsäulenform, manche mit Sprüchen in norddeutscher Mundart, andere mit Städtereklame. Eine weitere Sparbüchse aus rotem Kunststoff der 1970er-Jahre prunkt mit vier Automobil-Plakaten („Opel“, „Cadillac“, „Ford“, „Rolls Royce“). Auch mit Kinoplakaten bedruckt als ble-
.ben von links nach rechts- Reklamemarke f:r “DansiK„akao2 um 1910 “hlaTmobil2KLitfaüsäule von 1990 “ artini2KS8ardose aus „eramik Rechts- iniaturen f:r die Ausstattung der odellK eisenbahn 0 W M1
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cherne Spieldose mit der Melodie von „Casablanca“ gibt es eine Litfaßsäule für Cineasten. Als Verpackung finden sie sich zum Beispiel von der Firma Winkelhausen (als holzgedeckelte Pappröhre, zu ihrer Zeit – etwa in den 1950er- oder 1960er-Jahren – gefüllt mit einer Flasche Cognac „Alte Reserve“) oder von Lebkuchen-Schmidt. Deren bunte, blecherne Keksdosen gibt es seit etwa 2010 in Litfaßsäulen-Form: die großen ungefähr 25 cm, die kleinen 15 cm hoch, gefüllt natürlich mit Gebäck. Jedes Mal war die Grundfarbe und die ‚Plakatierung‘ anders, so dass sich seither schon eine hübsche Sammlung anlegen ließ (Edition 1 petrolgrün, Edition 2 silbergrau;
Edition 3 bordeauxrot; Edition 4 royalblau; Edition 5 golden; Edition 6 grasgrün; Edition 7 orangerot; Edition 8 hellblau; Edition 9 violett; Edition 10 bronze; Edition 11 hellgelb; Edition 12 schwarz; Edition 13 orange). Eine Schmidt-Litfaßsäulen-Dose für Fußballfreunde in Royalblau gibt es auch, dekoriert mit „Kicker“-Motiven. Wer ein ganz besonderes Objekt haben möchte, der kann auf die Suche nach einer „Gauloises“-Reklamesäule von 2010 gehen. Eine solche lässt sich mit Batteriebetrieb als Partybeleuchtung benutzen. Sie ist etwa 32 cm hoch und wird derzeit bis etwa 50 € gehandelt. Sehr selten ist das Steiff-Tier „Berliner Milieu – Teddybär mit Litfaßsäule". Das
Plüschtier ist ausgestattet mit Leiter, Plakaten und Eimer und etwa 30 cm hoch. Die zertifizierte, limitierte Auflage von 1.000 .ben vB lB nB rB- hlastiks8ardose aus der 55R “ßinkelhausen2KGer8ackung f:r “Alte Reserve2K Jognac “4auloises2KReklamesäule von M010 An/eige von “EbaT2 M00I Links- Ersttagsbrief /um )ubiläum von M01N 0 W M1
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RE„LA E 1I Stück wurde 2004 exklusiv für das KaDeWe Berlin hergestellt. Der Bär trägt Latzschürze und Schiebermütze in Dunkelblau, und auf der Säule selbst klebt ein Plakat der Spielwarenabteilung des KaDeWe. Er wird sehr selten verkauft, und erzielte bisher zwischen 80 und 300 €. In einer ganz anderen Preisklasse liegt der bei Ebay mit mehr als 1.600 € gehandelte Schokoladenautomat der französischen Firma Menier in Form einer Litfaßsäule aus Blech. Der Hingucker mit reliefiertem Dach und spitzem Türmchen darauf bezaubert durch zeitgenössische Plakate und ein Metallgitter um die Haube. Er wurde zu seiner Zeit – etwa um 1900 bis 1910 – mit kleinen Schokoladentäfelchen befüllt. Ohne Türmchen und in etwas schlechterem Zustand ist er auch mal unter 900 € zu bekommen. Ein deutlich jüngeres Modell der gleichen Firma (das eine darauf abgebildete Plakat stammt von 1933) wird nur mit etwa 300 € bepreist. Auf Französisch heißen diese Automaten „Kiosque Tirelire“, und sie waren Schokoladen-Spender mit Spardosenfunktion. Die Verarbeitung ist schlichter und gerader (in sechseckigem Grundriss mit einfacher Kuppel). In den 1950er-Jahren gab es diese etwa 27 cm hohe „Menier Chocolat“-Säulen dann auch in Rot oder Blau lackiert, in gutem Zustand 2021 zum Beispiel bei Antik & More zu erwerben für über 440 €.
ner Sammlung fehlen darf Volker Ilgens und Dirk Schindelbecks „Am Anfang war die Litfaßsäule. Illustrierte deutsche Reklamegeschichte“, 2006 im Darmstädter Primus-Verlag erschienen. Und im Internet findet sich „Bunt und rund. Die Litfaßsäule: Werbe-Fossil auf dem Rückzug“ von dpaJournalist Christoph Bock in den ZDFNachrichten (25.3.2019), der sich der aktuellen Situation in den Städten, vor allem in Berlin widmet. Als Klassiker hat der Kinderroman „Emil und die Detektive“ von Erich Kästner sicher auch zur Identifikation Berlins mit der Litfaßsäule beigetragen, zeigt doch das Titelbild (auf verschiedene Ausgaben) eine Säule, hinter der sich ein Junge versteckt. Auch das 1969 erschienene daran angelehnte Gesellschaftsspiel aus dem Ravensburger Verlag zeigt eine schindelgedeckte alte Säule im Vordergrund des Bildes auf dem Deckel. Die Schmidt-Spiele-Ausgabe von 2003 zum 75-jährigen Geburtstag des Buches schmückt sich sogar mit drei Säulen auf dem Bild von Walter Trier, diese allerdings in moderner, schnörkelloser Form. Beim Spielen selbst dienen hier 34 mit roten Punkten beklebte kleine weiße Holzsäulchen sogar als Spielfiguren in der Stadt, durch die der Dieb Herr Grundeis von den Detektiven gejagt werden muss.
Aber es gibt auch noch mehr Bücher, die die Säule im Titel oder dekorativ auf dem Cover tragen: Die bereits erwähnte Christa
(achliteratur W puchillustrationen Für den wahren Fan der Plakatsäulen des Herrn E. T. A. Litfaß gibt es auch allerhand zu lesen. Natürlich findet sich Fachliteratur aus der Reklamegeschichte, zum Beispiel „Die ersten 100 Jahre“, 1955 herausgegeben von den Berliner Ausstellungen, Abt. Berek, oder von Friedrich Arnold: „Anschläge. Deutsche Politik an der Litfaßsäule 1900 - 1971. 166 Plakate“ (Stuttgart 1972), „Ein halbes Jahrhundert im Dienste der Außenwerbung. Der Weg der deutschen Städte-Reklame GmbH 1922-1972“ (Text: Franz Lerner, Frankfurt am Main 1972, mit vielen farbigen Plakat-Abbildungen) oder Sabine Reichwein: „Die Litfaßsäule. Die 125-jährige Geschichte eines Straßenmöbels aus Berlin“ (Berliner Forum 5/1980, Presse- und Informationsamt des Landes Berlin). 1981 erschien in Cottbus eine „Hommage à Litfaß. Resümee einer Plakataktion des VBK-DDR aus Anlass des 125-jährigen Jubiläums der Litfaßsäule“ (Galerie Kunstsammlung Cottbus, Redaktion Ullrich Wallenburg), 2020 „Urbane Poesie. Ende und Aktualität der Litfaßsäule“, herausgegeben von Heike Ander (Herbert von Halem Verlag). In kei.ben- An/eige von “4itanes2 19 1 Rechts- LitfaüsäulenK5osen von LebkuchenK Schmidt 0 W M1
08_14_Litfasssaeulen.qxp_A Tibet 12.07.21 10:49 Seite 8
RE„LA E 1C sonderes war eine 36-seitige Zeitschrift namens „Litfass-Säule“, die zu Weihnachten und Neujahr 1946/1947 in einem Kriegsgefangenenlager in den USA herausgegeben werden durfte: Das einfach geklammerte Heft trug ein Titelblatt, das auf einem zweifarbigen Holzschnitt eine Litfaßsäule neben einem Weihnachtsbaum im Freien zeigt, um den drei Personen stehen, mit dem Rücken zu den Betrachtenden. Der junge Mann vor der Säule wirkt, als schreibe er etwas daran – und so wird klar, dass die Säule hier für die Hoffnung steht, sich den Lesenden mitzuteilen, vielleicht sogar wieder mit der Familie in Kontakt treten zu können. Denn das waren die Litfaßsäulen lange Zeit: öffentliche Kommunikationsmittel, durch die
Kożik mit „Moritz in der Litfaßsäule“, Kinderbuchverlag Berlin 1980 (Illustrationen von Günter Wongel, auch verfilmt) oder „Immer um die Litfaßsäule rum. Gedichte aus sieben Jahrzehnten Kabarett“, herausgegeben von Helga Bemmann im Henschelverlag Berlin 1975, und ab 1976 bis 1995 auch eine „Berliner Zeitschrift für Literatur“, die „Litfass“ hieß. Etwas ganz Be0 W M1
sich Neuigkeiten, nicht nur kommerzieller Art verbreiten ließen. Am schönsten aber war sicher die erwartungsfrohe Frage, die ein Paar angesichts der Säule diskutieren konnte: „Wo gehen wir heute hin?“. Reklame aus dem Marburger Anzeigenarchiv www.kabinettstueckchen.de, alle Abbildungen privat
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