Europas Sammlermagazin
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64419 • € 5,50
Schweiz CHF 9,– | Österreich € 6,–
TERMINHEFT als Beilage 2 Monate Termine
Wendt & Kühn Merry Christmas
JAHRGÄNGE 2008 – 2022 Glas • Design AUKTIONSPREISE 08/09 10,- € Stück
AUKTIONSPREISE 09/10 10,- € Stück AUKTIONSPREISE 10/11 10,- € Stück AUKTIONSPREISE 11/12 10,- € Stück
Gemi Verlags GmbH Robert-Bosch-Str. 2 85296 Rohrbach
LESERFORUM 4
EXPERTISEN n Chinesische Kopie Das Bild ist circa 25x20 cm groß, Öl auf Sperrholz gemalt und signiert von W. Beck. Könnte es sich um den Maler Wilhelm Beck handeln? Beate Neumann, o. O.
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In China und anderen Teilen Asiens wird seit vielen Jahrhunderten systematisch kopiert. Zunächst Dinge aus dem eigenen Kulturraum, z.B. Rollbilder und Porzellan. Schon damals wurde arbeitsteilig gearbeitet, und das hat sich auch heute nicht geändert. Also im Osten nichts Neues. Geändert hat sich nur die unglaubliche Zahl der Fälschungen, die heute den Markt überschwemmen. In den 1980er Jahren fälschten die Malfabriken in Hongkong für große Galerien in Deutschland. Wenig später kamen die meisten Fälschungen aus dem sogenannten „painting village Dafen“ in Guangzhou. Als Grundlage der Kopien dienten dabei die Abbildungen in den Auktionskatalogen führender Auktionshäuser. In diesem Fall wird wohl ein Gemälde aus dem Umkreis von John Constable als Vorlage gedient haben. Die „Signatur“ auf den Fälschungen wurde immer dem Zielland angepasst. Also z.B. „Carpenter, Fisher“ etc. für die USA, „Forestier, Martin“ für Frankreich und „Schmidt, Müller, Bach, Kohl“ etc. für den deutschsprachigen Raum. Inzwischen werden auch moderne Kunstmaler gefälscht, die sich mit viel Zeit und Mühe einen kleinen Sammlerkreis aufgebaut hatten. Leider führen diese Fälschungen zum Preisverfall der Originale. Oft werden die Kopien in Auktionen als Originale gelistet und dann nicht oder zu einem sehr niedrigen Preis verkauft. Leider übernehmen die Kunstpreis-Datenbanken diese Auktionszuschläge ungeprüft. Das
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ganze ist also eine Abwärtsspirale, denn der nächste Schätzpreis orientiert sich am letzten Auktionsergebnis. Vergleichbare Kopien, wie dieses „W. Beck“ signierte Werk eines chinesischen Kunstmalers, sind in der VR China für unter 10 Euro erhältlich. Der opulente Rahmen ist typisch für die Kopien der 1990er-Jahre. Das Bild hat nur einen dekorativen Wert. Klaus-Dieter Müller, Kunstexperte Lüneburg
n Sonett Ich wende mich mit einem Anliegen an Sie: Wie alt ist das Bild und wo kommt es her? Vielleicht von den Hugenotten?
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Sigrid Müller, Langenau
Das Sonett „Das Glück Auf Dieser Welt“ stammt von Christoph Plantin (niederländisch Christoffel Plantijn, um 1520 SaintAvertin-1589 Antwerpen), einem berühm-
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ten französisch-flämischen Buchdrucker und Verleger, der sein Leben zwischen den Büchern verbrachte. Die Druckerei am Vrijdagmarkt in Antwerpen wurde 1555 gegründet. Sie war seinerzeit das größte typografische Unternehmen der Welt und gilt als erste industrielle Buchdruckerei. Sie ist die einzige erhaltene Buchdruckerei aus der Zeit der Renaissance und des Barocks. Heute beherbergt das Gebäude das Plantin-Moretus (Schwiegersohn von Plantin)-Museum, ein Unesco-Kulturerbe mit den ältesten Druckpressen (um 1600) der Welt und eine Bibliothek mit rund 25.000 alten Bänden. Das gedruckte und gerahmte Gedicht („Kleine Tonstück“) aus 14 metrisch gegliederten Verszeilen dürfte nach dem Schrifttypus zu urteilen aus der Zeit um 1900-1920 stammen. Bei solchen „gedruckten Erzeugnissen“ ist der Wert für Sammler leider eher marginal. Trotz über 100 Jahre Alter dürften kaum mehr als 50 bis 80 Euro zu erzielen sein. Joscha Eberhardt, Redaktion
n In dieser Rubrik beantworten unsere Experten Ihre Fragen zu dem ein oder anderen guten Stück. Doch leider sehen wir uns außerstande, ganze Nachlässe oder sämtliche sich in Ihrem Haushalt befindlichen Trouvaillen bewerten und schätzen zu lassen. Auch bitten wir um Verständnis, wenn es mit der Bearbeitung länger dauert. Senden Sie uns also Ihre Anfrage nur zu einem zu bestimmenden Objekt – mit detaillierter Beschreibung und gutem Foto, auf dem das Objekt ganz abgebildet ist. Noch ein Hinweis zu den Preisen, die von Fall zu Fall von unseren Experten genannt werden: Hierbei handelt es sich um Richtwerte, die anhand von Fotos allein getroffen werden und je nach Zustand des Objekts nach oben oder unten korrigiert werden können. Ihre Anfrage schicken Sie bitte an: Gemi Verlags GmbH Redaktion Leserforum Robert-Bosch-Str. 2 85296 Rohrbach oder per E-Mail an info@gemiverlag.de
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LESERFORUM 5
n IN EIGENER SACHE Liebe Leserinnen, liebe Leser, wie wir immer wieder von unseren Künstlern und Künstlerinnen und allen Kunstschaffenden lernen, sind Veränderungen ein wichtiger Teil des Lebens und manchmal auch unumgänglich. Auch wir müssen uns verändern und stellen im kommenden Jahr mit dem SAMMLER Journal, dem Trödler und der Flohmarkt Revue drei Publikationen des GEMI Verlags auf zehn Ausgaben um – allerdings bei gewohnter inhaltlicher Qualität und entsprechend mehr Umfang. Der Startschuss fällt in der Wintersaison: Die erste Doppelausgabe der GEMI-Magazine SAMMLER Journal, Trödler und der Flohmarkt Revue erscheint für die Monate Januar und Februar 2024. Der jeweilige Heftumfang wird entsprechend angepasst, wir informieren Sie weiterhin in gewohntem Stil darüber, welche Ausstellungen und Museen, welche Kunst- und Antiquitätenmessen, Auktionen oder kulturelle Veranstaltungen Sie besuchen sollten und erweitern auch die Terminvorschauen für die Rubriken Ausstellungen, Auktionen und Messen dementsprechend auf zwei Monate. Die zweite Doppelausgabe wird in den Sommermonaten Juli/ August 2024 publiziert, auch hier werden die Inhalte auf zwei Monate erweitert.
n Deckelgefäß von Goebel Diese Goebel-Figur ist eigentlich eine Dose, die Mütze ist abnehmbar. Insgesamt misst sie ca. 15 cm in der Höhe. Laut Marke stammt sie aus dem geburtenstärksten Jahrgang 1964. Wie würden Sie sie einschätzen? G. Rasch, München
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Bei dem Deckelgefäß handelt es sich um einen Marmelade- oder Konfitüretopf. Der rundliche Kopf mit der Ponyfrisur und der rosa Staffierung kennzeichnet den Gegenstand als „Mädchen“. Der Gegenpart „Junge“ hat ebenfalls eine Wollmütze, jedoch eine etwas zerzauste Frisur und der Pullover und Pommel der Mütze sind blau. Die Porzellanfabrik W. Goebel hatte sich 1926 einem neuen Werkstoff, einem hellen feinen Tongemisch, zugewandt. Aus diesem Material wurden vornehmlich kleine dekorative Figuren hergestellt, denen allen das Kindchenschema gemeinsam ist. Es finden sich kindliche Mönche, kindliche Jäger, etc. Die berühmten Hummelfiguren passen also in das Verkaufskonzept der
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Firma. Preislich stehen die anderen – nicht Hummel-Figuren – jedoch in weitem Abstand zu diesem Verkaufsschlager. Der einzelne „Mädchen“-Marmeladentopf aus dem Jahre 1964 wird meist im Preisbereich um 20 Euro angeboten. Klaus-Dieter Müller, Kunstexperte Lüneburg
Die Abopreise für das SAMMLER Journal und den Trödler sind sogar günstiger und liegen weiter unter den Einzelverkaufspreisen, die sich beim SAMMLER Journal von 9 Euro auf 9,50 Euro erhöhen, beim Trödler von 5,50 auf 5,90 Euro. Das Abonnement für den Trödler sinkt von 58,80 Euro auf 55 Euro in Deutschland, dasjenige für das SAMMLER Journal sinkt von 88,80 Euro auf 85 Euro. Die Preise sind in den Aboformularen der jeweiligen Zeitschriften aufgeführt. Der Preis der Flohmarkt Revue geht wieder auf 2,50 Euro zurück. Dieses Abo wird eingestellt. Abonnenten erhalten für die Restlaufzeit ihres Abos den Trödler mit beigelegter Flohmarkt Revue ohne Mehrkosten. Die Doppelausgaben erscheinen in den veranstaltungsärmeren Zeiten des Jahres am Jahresbeginn und während der großen Urlaubs- und Ferienzeiten im Sommer. Sie, liebe Leserinnen und Leser bekommen also weiterhin die gleiche inhaltliche Menge für gleiches Geld – jetzt eben statt auf zwölf Ausgaben auf zehn Ausgaben verteilt. Ihr GEMI-Verlag mit Redaktionen 12 / 23
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AUSSTELLUNGEN n Fantastische Reise Auf dem Glücksdrachen Fuchur durch Phantásien reiten, die kindliche Kaiserin treffen, mit Bastian auf dem Dachboden sitzen, Momo auf der Flucht vor den Zeitdieben begleiten, den satanarchäolügenialkohöllischen Wunschpunsch brauen oder mit Jim Knopf und Lukas den Scheinriesen Tur Tur zum Leuchtturm ernennen. Diese weltberühmten Geschichten von Michael Ende (1929-1995) begeistern und berühren seit Jahrzehnten. Dabei treffen Fantasie und Realität immer wieder aufeinander und klar ist: Es ist nie zu spät, in die Meisterwerke des berühmten Autors einzutauchen. Die vielfältigsten Illustratoren und Zeichner haben Endes literarischen Kosmos aus fantastischen Gestalten und Heldenfiguren in visuell erfahrbare Bildwelten übertragen. F. J. Tripp, der auch dem Räuber Hotzenplotz von Otfried Preußler Gestalt verleiht, erschafft mit Jim Knopf, Lukas und Emma Ikonen der Buchkunst. Regina Kehn entwickelt das verrückte Figurenensemble des Wunschpunsches und Roswitha Quadflieg verleiht der Unendlichen Geschichte die legendären Ini-
Illustration von F. J. Tripp, koloriert von Mathias Weber aus Michael Ende, Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer; Ludwiggalerie Schloss Oberhausen © Thienemann-Esslinger Verlag GmbH, Stuttgart 12 / 23
Illustration von Bernhard Oberdieck aus Michael Ende, Lirum Larum Willi Warum; Ludwiggalerie Schloss Oberhausen © Thienemann-Esslinger Verlag GmbH, Stuttgart tialen. Anlässlich des 40. Jubiläums des Buches ist es der Künstler Sebastian Meschenmoser, der dieser weltberühmten Erzählung eine neue Erscheinung gibt. Die dazu entstandenen farbenprächtigen Ölgemälde sind in der Ausstellung zu sehen. Mit den Künstlern gehen die verschiedensten Zeichenstile, Techniken und Bildsprachen einher, so dass sich in der eindrucksvollen Überblicksschau nicht nur das umfangreiche Werk Michael Endes abbildet, sondern auch Ikonen der Illustrationskunst. Anhand von mehr als 300 originalen Gemälden, Zeichnungen und Buchausgaben lässt sich erstmals diese grandiose Bildwelt in einer so umfassenden Ausstellung in Oberhausen entdecken. Dem Maler und Vater Michael Endes, Edgar Ende, ist mit Gemälden und Zeichnungen ein eigener Ausstellungsbereich gewidmet. Dieser zeigt den Kosmos, mit dem der Sohn seit seiner Kindheit in Berührung gekommen ist und der für dessen literarisches Werk prägend war. Zu Gast sind außerdem Helden und Heldinnen Michael Endes als Puppen aus dem Düsseldorfer Marionetten-Theater. Viele Geschichten Endes sind in andere Medien übertragen: Hörbuch und -spiel, Theater, Musiktheater und Marionettenspieladaption, Film und Zeichentrickfilm sowie Merchandisingprodukte zeugen zudem von der immensen Beliebtheit der Figuren. Man benötigt für Michael Endes Geschichten keine Gebrauchsanweisung. Einzig und allein die Neugier ist das Fahrzeug durch die Welt des unvergessenen fantastischen Realisten, die auch heute noch Menschen jeden Alters immer wieder aufs Neue zu überraschen vermag. Zur Ausstellung ist ein Katalog aus dem Kerber Verlag zum Preis von 29,80 Euro erhältlich. (Bis 14. Januar) Telefon: 0208 4124928 Webseite: www.ludwiggalerie.de
MÄRKTE UND VERMISCHTES n Toymarkt Am Sonntag, dem 26. November findet in der Sport- und Kulturhalle, Horrheimer Straße in Sersheim von 11 bis 16 Uhr die Modellauto- und Modelleisenbahnbörse statt. Geboten werden Modelleisenbahnen, Modellautos, Blechspielzeug, Rennbahnen und Zubehör jeglicher Art, verschiedener Maßstäbe und Hersteller. Telefon: 07043 959233 Webseite: www.modell-club-sersheim.de
Der Elfenbeinturm, Illustration von Sebastian Meschenmoser aus Michael Ende, Die unendliche Geschichte; Ludwiggalerie Schloss Oberhausen © Sebastian Meschenmoser (VG Bild-Kunst, Bonn 2023), Thienemann-Esslinger Verlag GmbH, Stuttgart
MAGAZIN 7 Schmuckkünstlerin Margit Jäschke in der Ausstellungsreihe „Contemporary Craft“. Die MK&G messe verleiht unter den Ausstellern jährlich zwei international beachtete Preise: Der renommierte Justus Brinckmann Preis ist mit 7.500 Euro dotiert und wird durch die achtköpfige Jury im Auftrag der Justus Brinck-mann Gesellschaft, dem Freundeskreis des MK&G, vergeben. Ergänzend wird ein mit 2.500 Euro dotierter Förderpreis für junge Positionen ausgelobt. Die Verleihung des Justus Brinckmann Preises und des Förderpreises finden am Dienstag, dem 28. November um 18 Uhr im Rahmen der Eröffnung statt. Dagmar Christina Gerke, Spaces of Taiwan, Sicao Green Tunnel, 2022 Glas; MK&G messe Hamburg Foto: © Louisa Heute
n Qualität und Beständigkeit Seit mittlerweile 31 Jahren beeindruckt die Qualität und Beständigkeit der Euroantik Besucher und Aussteller gleichermaßen. Zweimal im Jahr genießen Kunst- und Antiquitätenliebhaber aus dem In- und Ausland dieses besondere Flair sowie das vielfältige Angebot in Innsbruck. Auch zahlreiche Händler, national wie international, besuchen regelmäßig Österreichs größte Antiquitätenmesse. Diverse Sonderausstellungen sind ein weiterer Publikumsmagnet, bereichern die Veranstaltung und sorgen nicht zuletzt für das hohe Niveau der Euroantik. Vom 24. bis 26. November öffnet die 60. Euroantik in der Messe Innsbruck ihre Pforten. Telefon: +43 (0)664 3422424 Webseite: www.euroantik.at
n Plattform für Zweidimensionales Die Veronafil ist eine renommierte Messe, die sich auf Philatelie, Numismatik und Telefonkarten spezialisiert hat. Sie findet halbjährlich, gewöhnlich im Mai und im Dezember, in Verona statt und wurde vom Veranstalter Veneziafiere S.p.A. ins Leben gerufen, der seitdem auch die Organisation übernimmt. Verona, bekannt für seine reiche Geschichte und starke Kunst- und Kulturtradition, bietet den perfekten Hintergrund für die Themen der Messe. Sie findet im eindrucksvollen Komplex der Veronafiere statt, der Sammlern und Händlern eine ausgezeichnete Plattform für Informationsaustausch und Geschäftsabschlüsse bietet. Die Schwerpunkte der Messe liegen auf den Bereichen Philatelie, Numismatik, Postkarten, alte Drucke, kleine Antiquitäten, Telefonkarten und diverse Sammlerobjekte. Ergänzend zum Messeprogramm werden Konferenzen, Tagungen und andere Veranstaltungen angeboten, die der Förderung von Philatelie und Numismatik dienen. Zu den Highlights zählen spezielle Ausstellungen, Expertengespräche und Präsentationen neuer Produkte und
Dienstleistungen. Die Veronafil zieht Besucher aus der ganzen Welt an und ist somit weit über Italiens Grenzen hinaus bekannt. Verona selbst ist ein attraktives Reiseziel, das durch seine historischen Sehenswürdigkeiten wie die berühmte Arena oder das Haus von Julia zusätzlich Besucher anzieht. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Veronafil in der Welt der Sammler und Händler fest etabliert ist und ihren Besuchern stets ein vielseitiges und lehrreiches Erlebnis bietet. Dieses Jahr findet die Veronafil an drei Tagen von Freitag, dem 1. Dezember bis Sonntag, dem 3. Dezember in Verona statt, und das bereits zum 137. Mal! Webseite: www.veronafil.it
n Hochkarätige Unikate Vom 29. November bis 3. Dezember stellt die MK&G messe aktuelle Trends im zeitgenössischen internationalen Kunsthandwerk vor. 54 ausgewählte Gestalter – darunter vier Kollektive – aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Tschechien, USA, Iran, Japan, China und Korea präsentieren hochkarätige Unikate aus den Bereichen Textil- und Schmuckdesign, Keramik, Metall und Holz. Ein Viertel der Aussteller sind erstmals auf der MK&G messe vertreten. Bereits zum zweiten Mal fördert die Messe den künstlerischen Nachwuchs: In der Kategorie „Young Talents“ werden fünf junge und vielversprechende Kunsthandwerker nach Hamburg eingeladen, um ihre Arbeit zum ersten Mal zu zeigen. Der besondere Charakter der MK&G messe zeigt sich in der persönlichen Begegnung mit den Ausstellern. Neben individuellen Gesprächen an den Messeständen bieten erstmals kurzweilige Pop-Up-Talks die Möglichkeit, die Designer näher kennenzulernen und sich über Tendenzen im zeitgenössischen Kunsthandwerk aus erster Hand zu informieren. Auch das breite Preisspektrum der handwerklichen Objekte spricht Museumsbesucher, Designfans und Sammler gleichermaßen an. Parallel eröffnet die Einzelschau der bekannten
Telefon: 040 428134800 Webseite: www.mkg-messe.de
n Spielen an Silvester Seit rund 30 Jahren veranstaltet Jomo’s Team am Silvestertag in Hannover einen Modelleisenbahn-, Auto- und Spielzeugmarkt. Wenn die anderen sieben Märkte mit rund 400 Tischmetern schon groß sind, übertrifft dieser Event alle anderen. Über 80 private und professionelle Händler sind bereits angemeldet, und es werden noch mehr in den 4.000 Quadratmeter großen Messehallen am 31. Dezember. Zu finden sind Modelleisenbahnen in allen Spurweiten fast aller Hersteller, mit Gleichoder Wechselstrom, digital, analog, alt, gebraucht oder neu sowie sämtliches Zubehör und Ersatzteile. Modellautos aller Maßstäbe sind ebenfalls auf den rund 500 Meter langen Tischreihen zu entdecken. Außerdem gibt es Holz- und Blechspielzeug vergangener Jahrzehnte, Puppen, Stofftiere, Lego, Playmobil und vieles mehr. Wer also nach Weihnachten in die Welt des Spielzeugs kommen möchte, am Sonntag, dem 31. Dezember öffnet der größte regelmäßige Modellspielzeugmarkt in den Messehallen der Brandboxx, Bayernstraße 3 (über Langenhagener Straße/ Hessenstraße) in Hannover. Telefon: 0172 9544662
Konrad Koppold, Objekt 02, Holz, 2023; MK&G messe Hamburg © Konrad Koppold 12 / 23
WEIHNACHtEN 8
WENDt & KüHN HEIDRUN tH. GRIGOLEIt
Das Weihnachtshaus in Husum geht 2023 in das fünfzehnte Jahr seines Bestehens und eröffnete daher eine neue Sonderausstellung unter dem Motto „Die zauberhafte Figurenwelt von Wendt & Kühn“. Da in diesem Jahr die Grünhainichener Engel ihr 100-jähriges Jubiläum feiern, war es naheliegend, sich im Weihnachtshaus dieses Jahr mit der Geschichte und der Figurenwelt von Wendt & Kühn zu beschäftigen.
Zur Weihnachtszeit Wenn die Tage vor Weihnachten kurz sind, werden in vielen Familien rechtzeitig zur
Adventszeit die Schachteln mit weihnachtlichen Figuren hervorgeholt. Ein Engelchen nach dem anderen wird liebevoll ausgewickelt, einige der Figuren haben etwas Farbe eingebüßt, andere ihr Instrument verloren. Sie werden repariert und es
gibt auch für sie einen Platz auf der „Wolke“, wo zahlreiche „Elfpunkteengel“ mit blonden Zöpfchen zu einem großen Orchester aufgebaut sind. Einige der kleinen „Margeritenengel“ mit einem Korb voller rotbackiger Äpfel, einer Puppe und einem Stern besuchen hingegen das Christkind, das in der Krippe liegt. Viele der kleinen weihnachtlichen Figuren stammen aus der Manufaktur von Wendt & Kühn aus Grünhainichen. Dort befindet sich nämlich die Wiege der Figuren mit den grünen Flügeln, die 2023 ihr hundertjähriges Jubiläum feiern können. Zwar haben auch andere Hersteller ähnliche Figuren auf den Markt gebracht, aber den gekonnten Körperausdruck und die feine Bemalung der Gesichter mit ihrem unnachahmlichen Charme, der die Wendt & Kühn Produkte auszeichnet, konnten diese nur selten erreichen. Links: Bei der Pyramide mit zwei farbig gekleideten Margeritenengeln und vier kleinen Schafen handelt es sich um einen Entwurf aus dem Jahr 1930. Durch die Wärme von vier Kerzen angetrieben, drehen sich die Figuren im Kreis, bei jeder Umdrehung berühren die Engel mit einem Stab und den daran befestigten Glastropfen die beiden Glöckchen. Ein zarter Klang ertönt, der nicht nur Kinder in der Adventszeit in eine zauberhafte Stimmung versetzt Oben: Blick in die Ausstellung mit den zwei Groß-Spieluhren, gefertigt für dieKarstadt Warenhaus GmbH in Essen. Im Vordergrund ist die Neuauflage der Wanduhr zu sehen, die Grete Wendt im Jahre 1931 entworfen hat. Zu jeder vollen Stunde erklingen abwechselnd die Lieder „Guter Mond, du gehst so stille“ und „Weißt du, wie viel Sternlein stehen“. Damit setzt das Spielwerk der Schweizer Firma Reuge die Originalmelodien aus dem Jahr 1931 in speziell für die Wanduhr neu arrangierter Form um
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100 Jahre Wendt & Kühn Am 1. Oktober 1915, mitten im Ersten Weltkrieg, gründete Margarete Wendt (18871979) mit ihrer Studienkollegin Margarete Kühn (1888-1977), beide Grünhainichen, die Offene Handelsgesellschaft M. Wendt & M. Kühn. Was die beiden wagemutigen jungen Frauen damals begannen, ist ein bis heute weltweit bekanntes und erfolgreiches Familienunternehmen, das zu den bedeutendsten Produzenten des Erzgebirges gehört. Bereits ab 1916 stellte das Unternehmen auf der Leipziger Messe aus. Angeboten wurden Figuren, Griffelkästen und bemalte Spanschachteln. Aber es wurden auch Grabausstattungen wie Kreuze für die gefallenen Soldaten produziert. Nach dem Ersten Weltkrieg entstanden Figurengruppen wie die Holländer
Wendt und entstanden bereits 1910 zur Studienzeit. Sie gehen zurück auf einen Auftrag von Karl Schmidt und auf ihre Zeit in den Hellerauer Werkstätten. Gedacht waren sie ursprünglich für den Aufbau einer Spielzeug-Abteilung im Betrieb in Hellerau. Dazu sollte es nicht kommen, stattdessen erfolgte die Umsetzung erster Figuren bei der Firma TH. Heymann in Großolbersdorf im Jahr 1910. Die Krippe wurde später in das Angebot von Wendt & Kühn übernommen und in zwei Größen bis in die 1950er-Jahre gefertigt. Die Farbgebung der Figuren scheint teilweise zu variieren, so wurde 2023 bei einer InternetAuktion ein kniender König in rotem Gewand angeboten. Die Figurengruppe umfasste vor dem Zweiten Weltkrieg die Heilige Familie, die Heiligen Drei Könige sowie drei Hirten. Dazu gehören auch mehrere kleine Engel, deren Gewand bodenlang ist, sowie Schafe und Bäume, die
aber vermutlich nicht aus der Produktion von Wendt & Kühn stammten, sondern von anderen Herstellern zugekauft wurden. Die zusätzlich geplanten Tiere wie Ochs, Esel und Kamel wurden jedoch nicht umgesetzt. Seit 2022 wurde die Produktion der Krippenfiguren bei Wendt & Kühn in einem kleineren Format in Etappen von mehreren Figuren wieder aufgenommen. Die Heilige Familie und drei Hirten mit zwei Schafen sowie einem Krippenengel sind bereits im Angebot. Der Krippenstall nach alten Entwürfen folgte im Herbst 2023.
Elfpunkteengel Im Jahr 1923 entwarf Margarete Wendt als Weihnachtsgabe drei kleine Engel, ausgestattet mit einer Fackel, einer Geige und einer Flöte. Das Besondere an den Entwürfen war, dass nicht mehr steife Gliedmaßen verleimt wurden, sondern durch Schrägschnitte Arme und Beine jegliche Bewegung einnehmen konnten. Das war die Voraussetzung für das Halten von Instrumenten. Die reizvollen kleinen Engelsfiguren kamen so gut an, dass sie seit 1925 auch im Katalog angeboten wurden. Als im Jahr 1925 Markenschutz unter dem Begriff „Grünhainicher Engel“ eingetragen wurde, konnte niemand ahnen, dass diese kleinen Engel, die heute auch unter dem Namen Elfpunkteengel bekannt sind, in ihren verschiedenen Formen den wichtigsten Teil der Produktion ausmachen würden. Aber schon vor dem Zweiten Weltkrieg wurden die Engel zum internationalen Verkaufserfolg. Ein Weihnachtsgruß des bekannten New Yorker Kauf- und Warenhauses Macy’s aus dem Jahr 1949 dokumentiert, dass die Begeisterung für die deutschen Figürchen trotz Krieg weiterbestand.
oder die Kopenhagener Fischfrauen, hergestellt für den internationalen Markt. Damit wurde der Exportanteil erhöht. Sonderanfertigungen als Werbefiguren für große Firmen wie die Volksfürsorge in Hamburg sowie Aufträge für Weihnachtsgaben – etwa für die Wandererwerke in Chemnitz – ließen den Umsatz steigen.
Weihnachtskrippe Figuren für die Weihnachtskrippe sind wohl die frühesten Entwürfe von Margarete Oben: Die Krippenfiguren nach dem Entwurf von Grete Wendt sind teilweise gemarkt mit einem Stempelaufdruck „Germany“ Rechts: Elfpunkteengel-Orchester mit Madonna auf großer Wolke, alle Figuren tragen Bodenmarken aus der Produktion zwischen 1920 und 1930 12 / 23
WEIHNACHtEN 10 kehrten zum Glück unversehrt nach Hause zurück, der kleine Engel wurde später als sogenannter 28er-Engel ins Programm aufgenommen, wo er bis heute in sechs verschiedenen Größen von sechs bis 21 Zentimetern gefertigt wird und als beliebter Lichtträger seinen festen Platz im Angebot hat. Ausgehend von diesem Engel entwickelte Margarete Wendt durch Anwinkelung der Arme und Bestückung mit zwei Kerzenhaltern ihre berühmten so kindlich wirkenden Engel.
Immer neue Varianten Die Musikanten-Engel wuchsen in den vergangenen hundert Jahren nicht nur zu einem großen Orchester, sondern es entstanden immer neue Varianten – mal im Bogen, mal auf dem Schlitten oder mit dem Umzugswagen beladen mit einem ganzen Haushalt unterwegs. Sie tauchten auch zusätzlich bestückt mit vielerlei kleinen Gaben, in unterschiedlichen Größen oder als Sonderedition für bestimmte Unternehmen in verschiedenen Varianten auf.
Kniender Engel Ein kniender Engel wurde im Jahr 1920 entworfen, erstmalig abgebildet wurde er im Katalog 1925/1926. Die Farbgebung des reich bemalten Gewands erfolgte in Gelb, Blau und Grün. Der Engel wurde in zwei Größen mit und ohne Lichtertülle in Form von einem gelben Blütenkelch angeboten.
Prototyp kleiner Engel Von vielen Herstellern unterschiedlich kopiert, sind die Figuren weiterhin nicht nur der Prototyp der kleinen Engel, sondern mit ihrer rundum ausgewogenen Gestalt und ihren liebevoll bemalten Gesichtern tragen sie bis heute die unverkennbare Handschrift ihrer Gestalterin. In den vergangenen hundert Jahren ist das Orchester auf beachtliche 80 Musiker angewachsen. Kam in den vergangenen Jahren jeweils ein neuer Musiker auf den Markt – im Jahr 2022 war es der Engel mit dem Alphorn – so gibt es im Jubiläumsjahr keinen Musikanten, sondern einen Elfpunkte-Geburtstagsengel 2023 mit Staffelei, der ausschließlich in diesem Jahr gefertigt wird.
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Der erste Engel Der Entwurf zum ersten Engel von Margarete, kurz Grete, Wendt entstand bereits Jahre vor der Firmengründung. Es war eigentlich ein Geschenk für ihren Bruder, der 1914 sein erstes Kriegsweihnachten an der russischen Front verbrachte. Dieser erste Engel hatte bereits grüne Flügel und der Schmuck bestand aus zwölf kleinen weißen Sternen. Der Bruder und der Engel
Oben: Grete Wendt entwarf diesen Lichterengel bereits 1921. Bekannt sind Ausführungen mit einfacher und reicher Bemalung, sie wurden sowohl in unterschiedlichen Farbfassungen angeboten wie auch in drei Größen Unten: Grete Wendt entwarf den knienden Engel im Jahr 1920, erstmalig abgebildet wurde er im Katalog 1925/1926. Die Farbgebung des reich bemalten Gewands erfolgte in Gelb, Blau und Grün
WEIHNACHtEN 11 mutlich von Olly Sommer bemalt. Gemarkt ist sie mit einem Stempel „Germany“. Dieser Engel gehört zu den rarsten Stücken aus der Fertigung von Wendt & Kühn, da er nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr neu aufgelegt wurde.
ten Abbildungen flankieren je zwei der knienden Engel die reich bemalte Madonna oder den großen Leuchterengel mit Lichterbogen.
Margeritenengel Madonna mit Kind Eine Madonna mit Kind wurde von Margarete Wendt zunächst als sitzende Figur entworfen. Bereits vor 1925/26 entstand sie dann auch als stehende Figur. Ob als Solitärfigur oder auf dem Engelberg stehend, gehört die strahlende Erscheinung in einfacher oder reicher Bemalung bis heute zu den beliebten Weihnachtsfiguren. Die Madonna auf dem sechsstufigen Engelberg, umgeben von 36 Elfpunkteengeln, wurde auf der Pariser Weltausstellung von 1937 mit einem Grand Prix und einer Goldmedaille ausgezeichnet. Auf al-
Mit den Entwürfen zu den Margeritenengeln kam eine weitere Engelvariante auf den Markt, die über die Jahre zu einem weiteren großen Sammelgebiet anwuchs. Die Entwürfe für die Margeritenengel stammen von Olly Sommer, die mit ihren teilweise noch zarteren Figuren und der ganz besonderen Malerei zu einer ebenbürtigen Künstlerin neben Grete Wendt geworden war. Die Engel mit einem Margeritenkranz mit Stern und Lichtnapf entstanden wohl 1925, der Engel mit Lämmchen und Lichtnapf wurde in zwei Größen gefertigt. Der größere Engel wurde sowohl mit Lichtnapf als auch mit Lichtkranz für vier Kerzen angeboten. Die kleinere Figur wurde zwischen 2006 bis 2011 wieder ins Programm genommen. In jüngster Zeit wird in dieser Größe ein großer Margeritenengel mit goldenem Herz nach altem Muster wieder produziert.
Wolke als Podest Für Sammler, egal ob mit fünf oder 80 Engeln, gibt es das passende Podest, das natürlich passend zu den himmlischen Wesen „Wolke“ genannt wird. Für viele Engelsliebhaber gehört die Maria mit dem Christkind ganz oben auf das Podest, andere platzieren die Orgel mit dem Organisten in die Mitte. Für alle, die ihre zahlreichen Musikanten auf der bisherigen Wolke nicht mehr unterbringen können, gibt es mittlerweile auch viertelkreisförmige Anbauten. Diese eignen sich auch für die
Engel mit Lichterbogen Im Jahr 1921 wurde ein Lichterengel entworfen. Er zeichnet sich durch seine ungewöhnliche Fertigung aus, der Korpus ist aus Vorder- und Rückseite zusammengesetzt. Bekannt sind Ausführungen mit einfacher und reicher Bemalung, sie wurden sowohl in unterschiedlichen Farbfassungen angeboten wie auch in drei Größen. Die Figur in reicher Bemalung wurde verOben: Diese Madonna trägt die Bodenmarken aus der Produktion vor 1949 bis 1972 und gleichzeitig die „expertic“-Marke für Produktion ab 1968 Unten: Magaritenengel aus der Produktion der letzten Jahre. Es wurden sowohl alte Entwürfe wieder aufgenommen, als auch neue hinzugefügt 12 / 23
WEIHNACHtEN 12 Engel, die kein Instrument spielen, sondern lauthals singen, einfach zuschauen oder mit Geschenken unterwegs sind. Unterhalb von der Wolke gibt es dann Platz für süße verspielte Engel, die lieber im Schnee mit Schlitten oder Skiern unterwegs sind oder auf einer Wippe sitzen.
Weihnachtsmänner Erste Weihnachtsmänner nach den Entwürfen von Grete Wendt stammen auch bereits aus der Zeit um 1920. Ein Exemplar als Kerzenträger ist in der Sammlung erhalten, allerdings hat der Weihnachtsmann seine Kerzenhalter im Laufe der Jahre eingebüßt. Viele Weihnachtsmänner sollten den ersten folgen: mal mit einem Baum oder schwer beladen in gebückter Haltung auf dem Weg zur Bescherung. Die größeren Figuren tragen bis heute eine mit Pelz verbrämte Mütze. Aktuell werden sechs verschiedene Weihnachtsmänner angeboten. Der prächtigste trägt einen großen, mit erzgebirgischem Spielzeug gefüllten Sack auf dem Rücken, wobei die Spielfiguren, eingebunden in ein Band, hervorgeholt werden können. Ein Weihnachtsmann mit kleinem Engel an der Hand wird bereits in zwei Versionen im Katalog von 1930 angeboten. Dieser Weihnachtsmann trägt jeweils einen kleinen Tannenbaum, einmal in gebückter Haltung, da er auf dem Rücken einen schweren Sack trägt. Beim kleinen Engel an seiner Seite handelte es sich zunächst um einen Elfpunkteengel, später wird der Weihnachtsmann von einem kleinen Margeritenengel begleitet.
sen kleinen Gesellen in der Nacht vollbracht wurde, führte auch im Hause Wendt & Kühn dazu, dass schon 1930 insgesamt 18 fleißige Handwerker und Gärtner im Katalog gezeigt wurden. Eine dieser Figuren erinnert mit seiner aufrecht stehenden Zipfelmütze mit Bommel fast an einen Weihnachtsmann, der mit einem Stab gerüstet ist, um einen prall gefüllten Rucksack ans Ziel zu bringen. Seit mehreren Jahren gehen jedes Jahr einige dieser Heinzelmännchen erneut in die Produktion. Im Jahr 2023 wird ein Heinzelmännchen mit Kuchen als elfte Figur wieder auf den Markt kommen. Betrachtet man die Figuren genau, so kann man deren Alter an der Form des Mundes ablesen: Früher waren die Mundwinkel nach unten gezogen.
Goldedition In den mittlerweile hundert Jahre alten Firmengeschichte entstanden neben den weihnachtlichen Engeln aber noch viele
andere Figuren und Figurensätze, passend zu allen Jahreszeiten: Osterhasen, Blumen- oder Erntekinder, dazu Einzel-
Heinzelmännchen Die Heinzelmännchen gehen zurück auf eine Kölner Sage. Der Gedanke, dass die Arbeit ganz ohne eigenes Zutun von diestücke wie Deckenleuchter, Tischpyramide oder Spieluhren. Die Goldedition, die seit 2009 jährlich in limitierter Form angeboten wird, lässt sie gar auf vergoldetem Fuß, ausgestattet mit einem vergoldeten Utensil, ganz besonders festlich erscheinen. Von oben nach unten: Weihnachtsmann mit Engel. Die Doppelfigur zeigt je eine Figur von Grete Wendt und Olly Wendt, hier aus der Produktionszeit ab 1973 Der Gedanke, dass Arbeit ganz ohne eigenes Zutun von kleinen Heinzelmännchen in der Nacht vollbracht wird, hat im Hause Wendt & Kühn dazu geführt, dass schon 1930 insgesamt 18 fleißige Handwerker und Gärtner im Katalog aufgeführt wurden 12 / 23
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Verstaatlichung
Firmengeschichte Nach einigen guten Jahren der Firma Wendt & Kühn herrschten im Zweiten Weltkrieg sowohl Mitarbeiter- als auch Materialmangel. Die Produktion von Engeln war zudem keineswegs „kriegswichtig“. Um dem Abzug ausgebildeter Facharbeiter an die Front zu entgehen, begann Wendt & Kühn notgedrungen mit der Produktion von Schiffsmodellen und Militärfahrzeugen für Offiziersschulen. Ob diese Produktion der Grund für die Verhaftung von Johannes Wendt 1945 war? Er kam ins Kriegsgefangenenlager in Tscherepowez, wo er im gleichen Jahr verstarb. Neben der Entwicklung der Produktion waren es die politischen Veränderungen, die besonders in DDR-Zeiten nach dem Krieg immer wieder Probleme mit sich brachten. Im Jahre 1946 wurden in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) auf Grund eines Volksentscheids 50 Prozent der Firmen enteignet, auch Wendt & Kühn entging dem Schicksal nicht. Grete Wendt gelang es jedoch, schon Mitte des Folgejahres die verstaatlichten Anteile zurückzukaufen.
führte dazu, dass die Wendt & Kühn-Produkte zur äußerst beliebten Exportware und Beschaffung von Devisen unverzichtbar wurden. Während man in der DDR nur unter Schwierigkeiten und mit Beziehungen eine der hübschen Figuren ergattern konnte, mussten Importeure aus dem Westen dafür Kopplungsgeschäfte eingehen. Das bedeutete, dass zu den gewünschten Wendt & Kühn-Figuren anteilig die teureren Spieluhren geordert oder andere, weniger beliebte Produkte aus anderen Erzgebirgsfirmen mitgekauft werden mussten. Im Jahre 1954 trat Hans Wendt (1930-2008), Sohn von Johannes und Olly Wendt, nach einer Ausbildung in Bayern zum Drechsler sowie einem Ingenieurstudium in die Firma ein und übernahm drei Jahre später die Leitung.
Im Jahre 1972 wurde dann auch Wendt & Kühn endgültig verstaatlicht und in „VEB Werk-Kunst Grünhainichen“ umbenannt. Immerhin blieben die Initialen „W-K“ für „Werk-Kunst“ bzw. „Wendt & Kühn“ erhalten, bis Schritt für Schritt alle Holzprodukte aus dem Erzgebirge die Bezeichnung „Expertic“ trugen und somit ohne weitere Kenntnis nicht mehr der genauen Produktionsstätte zuzuordnen waren. Mit der Enteignung verließ Grete Wendt den Betrieb und starb im Jahr 1979 im Alter von 92 Jahren. Ein weiteres Problem entstand durch das Verbot, größere Objekte im eigenen Betrieb herzustellen. Die Firma Gahlenz in Gahlenz/Oederan bekam die Fertigung von Großfiguren übertragen. Dazu gehörten sowohl die Elfpunkteengel im Stern oder Mond als auch sechs große Spieluhren, die für die Karstadt Warenhaus GmbH als eindrucksvolle Dekorationsobjekte für Weihnachtslandschaften in den großen Häusern in Berlin, Hamburg oder München gebaut wurden. Heute sind zwei davon im Weihnachtshaus Husum zu sehen. Die Rechte zur Fertigung der Großfiguren konnten übrigens erst nach der Wende zurückgeholt werden.
Nach der Wende Nach der deutsch-deutschen Wiedervereinigung begann mit der Reprivatisierung der Wendt & Kühn KG mit Hans Wendt als
Beliebte Exportware Die Beliebtheit der feinen Holzwaren, nicht nur in der SBZ, sondern auch im Westen, Oben: Spieluhren mit sich drehenden Engeln wurden von Grete Wendt entworfen. Die Spieluhr mit dem Engel im Bogen wurde bereits 1930 in zwei Varianten angeboten: Engel mit Geige sowie mit Liederbuch und Flöte, beide ohne Sternenbogen Rechts: Engel mit reicher Bemalung, Größe 17 cm, wurden erst ab 1937 im Katalog abgebildet, hier aus der Produktionszeit ab 1946 12 / 23
WEIHNACHtEN 14 geschäftsführendem Komplementär am 1. Juli 1990 ein neuer Abschnitt. Der Verkauf über Fachgeschäfte wurde nach der Wende erfolgreich wieder aufgenommen, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Im Jahr 1997 stieg Sohn Tobias Wendt in das Familienunternehmen ein und leitete es vom 1. Januar 2002 bis Ende 2010. Seitdem wird Wendt & Kühn von seinen beiden Geschwistern Claudia Baer geb. Wendt und Florian Wendt geleitet.
Ausstellung Die Ausstellung im Weihnachtshaus Husum zeigt eine breite Auswahl aus der Sammlung Alix Paulsen. Figuren aus den verschiedenen Schaffensperioden werden ebenso vorgestellt wie Gegenüberstellungen von alten und neueren Figuren. Das bietet auch Sammlern die Möglichkeit, ihre eigenen Schätze zeitlich einzuordnen. Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen, der das bunte Sortiment von Wendt & Kühn reich bebildert thematisiert:
Weihnachtskrippen, verschiedenste Engelsvarianten wie Spielzeugengel, Wanderengel, Margeritenengel oder Brokatengel, Madonnen, Weihnachtsmänner, Blumenkinder und Freunde, Ernte- und Schulkinder, Heinzelmännchen, Fischfrauen, Wachsoldaten, Kindergarde, Spieldosen, Serviettenringe mit Kindern, Tischkartenhalter, Tierfiguren, Knauldamen, Strandund Schlittenkinder, Trachtenfiguren, Wanderer, Lampionkinder, Handwerker und Fußballer.
Limitierter Figurensatz Was aber ist eigentlich das Geheimnis, das Sammler dieser kleinen Figuren nun schon seit 100 Jahren immer wieder in den Bann zieht? Warum sind die kleinen Engel bis heute nicht unmodern, sondern zu einem beliebten Sammelgebiet geworden, das auf Grund der vielen Einzelstücke fast unendlich groß erscheint? Dieser Frage und der Geschichte der Manufaktur, ihrer Gründerinnen und der Künstlerinnen sowie der großen Figurenwelt, die nicht nur Oben: Christbaumengel tragen traditionell keine Marken, ihr Alter kann man nur über die Farbe und den Korpus zeitlich zuordnen. Bei den älteren Figuren sind die Gliedmaßen zuweilen etwas dicker und nicht ganz so gleichförmig wie aus der heutigen Produktion Links: Die Spieluhr mit den Luciakindern trägt den Aufkleber der Produktionszeit ab 1990 12 / 23
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für die Weihnachtszeit entstanden ist, will nicht nur die Ausstellung, sondern auch der Ausstellungsband anhand von Beispielen aus der Produktion von den Anfangsjahren bis heute und anhand der Sammlung des Weihnachtshauses in Husum nachgehen. Bei der Fülle der Figuren konnte jedoch nur ein Teil in die Betrachtung aufgenommen werden, den Schwerpunkt bilden natürlich die beliebten weihnachtlichen Figuren. Zum 100. Geburtstag erscheint übrigens das Trio der allerersten Elfpunkteengel stehend auf einem vergoldeten Stern streng limitiert als Figurensatz.
Informationen „Die zauberhafte Figurenwelt von Wendt & Kühn“, Weihnachtshaus Husum, Museum und historischer Laden Sammlung Alix Paulsen, www.weihnachtshaus.info, Ausstellungskatalog, 2023 Husum Druck- und Verlagsgesellschaft mbH u. Co. KG, Husum, 95 Seiten, zahlreiche farbige Abbildungen, www.verlagsgruppe.de, ISBN 978-3-96717-141-9 Fotos: Weihnachtshaus Husum
Oben: Die Lampionkinder bestehen insgesamt aus sechs Figuren. Der hier gezeigte Satz stammt aus der Zeit von 1949 bis 1972 Christbaumengel tragen traditionell keine Marken, ihr Alter kann man nur über die Farbe und den Korpus zeitlich zuordnen. Bei den älteren Figuren sind die Gliedmaßen zuweilen etwas dicker und nicht ganz so gleichförmig wie aus der heutigen Produktion Rechts: Orgel mit Spieluhr, hier aus der Produktionszeit um 1950 12 / 23