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Die Redemptoristen, der Stadtpatron Wiens und Sanktandres im Banat

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Walter TONȚA Die Redemptoristen, der Stadtpatron Wiens und Sanktandres im Banat

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Am 15. März 2020 jährte sich der Todestag des heiligen Klemens Maria Hofbauer zum 200. Mal. Hofbauer gehörte der 1732 gegründeten Ordensgemeinschaft der Redemptoristen (Kongregation des Heiligsten Erlösers, lateinisch: Congregatio Sanctissimi Redemptoris, Ordenskürzel: C.Ss.R) an, die im Rahmen ihres missionarischen Auftrags auch in der alten Diözese Tschanad bzw. im Bistum Temeswar von 1905 bis 1939 zahlreiche Volksmissionen abhielten. Außerdem ist ein weiterer Bezug zum Banat gegeben: Karl Hofbauer, einer der Brüder des heiligen Klemens, kam als Kolonist ins Banat und siedelte sich in Sanktandres an. Diesem Thema widmet sich eine in der Ordenszeitschrift „Spicilegium Historicum“, Jahrgang 68/2020, erschienene Studie von Martin Macko. Der 1979 im slowakischen Trentschin (Trenčín) geborene Ordenspriester und promovierte Kirchenhistoriker beschäftigt sich schon seit langem mit der Tätigkeit der Redemptoristen auf dem heutigen Gebiet Rumäniens, insbesondere im Banat, und hat dazu mehrere Arbeiten veröffentlicht. Klemens Maria Hofbauer, 1751 im südmährischen Taßwitz (heute Tasovice, Tschechien) geboren, musste ein halbes Leben lang um die Verwirklichung seiner Berufung zum Priestertum ringen. 1785, als 33-Jähriger, erreichte er dieses Ziel. Ein Jahr davor war er in die Kongregation der Redemptoristen eingetreten. Mit dem Auftrag, nördlich der Alpen Ordensniederlassungen zu gründen, ging er nach Warschau. Dort 24 VITA CATHOLICA BANATUS I Nr. 4 - 2020

entfaltete die Ordensgemeinschaft eine lebendige Seelsorge und kümmerte sich besonders um die Bedürftigen. Nach der Vertreibung der Redemptoristen auf Befehl Napoleons aus Warschau 1808 ging Hofbauer nach Wien, wo er segensreich wirkte. Mit seiner natürlichen, bäuerlichen Art, die dem aufgeklärt-rationalistischen Zeitgeist des - Josephinismus widersprach, zog Hofbauer die Menschenmassen an – die Gebildeten und die Adeligen ebenso wie das einfache Volk. Außerdem kümmerte er sich auch hier um die Armen und Kranken. Das brachte ihm den Beinamen Apostel von Wien ein. Klemens Maria Hofbauer starb 1820. 1888 wurde er selig-, 1909 heiliggesprochen. 1914 wurde er zum Stadtpatron Wiens erhoben. Dass Karl Hofbauer (geb. 1738 in Taßwitz), ein Bruder des späteren Heiligen, im Rahmen - der Josephinischen Kolonisation 1784 ins - Banat kam und sich in Sanktandres niederließ, war seit langem bekannt, auch den Autoren - des Sanktandreser Heimatbuches (1981). Sie zitieren aus einer 1956 erschienenen Arbeit von Eduard Hosp über die Abstammung des hl. Klemens Maria Hofbauer und ergänzen die Informationen aufgrund der Kirchenbücher von Sanktandres. Die nun von P. Dr. Martin Macko vorgelegte Untersuchung „Karl Hofbauer, Bruder des Hl. Klemens, Kolonist im Temeswarer Banat“ beleuchtet das Thema systematisch und aus unterschiedlichen Blickwinkeln unter Hinzuziehung von archivalischen Quellen sowie der einschlägigen - Sekundärliteratur, einschließlich jener zu Sanktandres. Über Karl Hofbauer weiß man nur wenig, vermerkt Martin Macko. Er hat das Metzgerhandwerk erlernt und wohnte vor seiner - Auswanderung ins Banat in der belgischen Eifel, wo er „möglicherweise als Berufssoldat in den österreichischen Erblanden diente“. Hingegen seien die bei manchen Autoren anzutreffenden Behauptungen, er habe während der Türkenkriege als Soldat gedient

und sich dann nach vollendeter Dienstzeit in Sanktandres beziehungsweise als „Grenzer“ in der Banater Militärgrenze niedergelassen, allesamt falsch, weist der Autor nach. Feststeht, dass Karl zusammen mit seiner Frau Anna Maria, der fünfjährigen Tochter Josefa und dem ganz kleinen Sohn Johann Gregor Ende 1784 in Sanktandres angekommen ist. Der Sohn starb 1786, die Tochter ehelichte im Jahr 1800 Josef Kollmann. Der Ehe entstammten fünf Kinder. Karl Hofbauer starb 1814, seine Frau segnete 1820 das Zeitliche. Ihre Tochter Josefa Kollmann starb 1841, fünf Jahre nach ihrem Ehemann Josef. Im Zuge des Informationsprozesses zur Seligsprechung des Klemens Hofbauer wurde 1864 auch dessen familiärer Hintergrund untersucht. Dem Bürgermeister von Taßwitz Vinzenz Schnattinger war es gelungen, die Nachkommen von Karl Hofbauer im Banat aufzuspüren. Bei seiner Anhörung zitierte er aus dem Schreiben von Karl Hofbauers Enkel Johann Kollmann (geb. 1809 in Sanktandres): „Mein Großvater Karl Hofbauer sagte mir öfters, dass sein Bruder Clemens schon in seiner Jugend sehr gottesfürchtig gewesen und ein Einsiedlerleben geführt habe; dass, weil seine Eltern unbemittelt und nicht im Stande waren, ihn studieren zu lassen, eine hohe Frau sich seiner annahm und ihn studieren ließ, so dass er Geistlicher werden konnte. Da aber der Orden, dem er angehörte, aufgehoben wurde, kam er nach Wien und starb daselbst als Beichtvater.“ Kollmanns Zeugnis bestätige, so Martin Macko, „dass Karl einige Informationen über seinen Bruder in Wien hatte“, man müsse jedoch anzweifeln, dass Johann Kollmann diese direkt vom Großvater hatte, zumal er bei dessen Tod noch keine sechs Jahre alt war. Die Informationen seien ihm eher von seiner Großmutter oder seiner Mutter überliefert worden. Nach dem Tod aller Enkel von Karl Hofbauer seien die Erinnerungen an ihn und an seinen seligen Bruder in Sanktandres verblasst. Erst vor der Heiligsprechung von Klemens Hofbauer sei seine familiäre Verknüpfung mit der Gemeinde Sanktandres wieder ins Bewusstsein gerückt, stellt Martin Macko fest. Damals habe man eine Haussammlung für die Restaurierung der Kirche Maria am Gestade in Wien – im Volksmund auch Maria Stiegen genannt – durchgeführt. Der Autor geht auch auf die von zwei Patres aus dem Wiener Provinzhaus im Januar

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1927 in Sanktandres abgehaltenen Missionen ein und stellt sich die Frage, ob die Patres und der Ortspfarrer Anton Hügel sich der Tatsache bewusst waren, dass in dieser Gemeinde der Bruder des hl. Klemens gelebt hat und gestorben ist. Das bleibe fraglich, zumal ein Hinweis darauf sich weder in der Beschreibung der Mission in der Pfarrchronik noch in der Chronik des Wiener Provinzhauses finde. Dass das Wissen über die familiären Beziehungen des hl. Klemens nach Sanktandres zumindest vereinzelt vorhanden war, belegten sowohl die Ortsmonografie von Sanktandres als auch ein Brief des damaligen Jahrmarkter Pfarrers Monsignore Dr. Franz Kräuter an den Archivar der Wiener Redemptoristen-Provinz Alfred Schedl von 1985, aus dem Martin Macko zitiert: „Übrigens der Bruder des hl. Clemens Karl Hofbauer hat sich in der Gemeinde Sanktandres – in der Nähe von Temeswar – niedergelassen und es leben heute noch Nachkommen des Genannten dort.“ Pater Mackos Studie schließt mit folgendem Fazit: „Wie man sehen kann, blieb, wenn auch mit unterschiedlicher Intensität, die Erinnerung an Karl Hofbauer, den leiblichen Bruder des großen südmährischen Heiligen, während zwei Jahrhunderten lebendig.“ (Erschienen in ungekürzter Form in: “Banater Post“, Zeitung der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Jahrgang 64, Nummer 11-12, München, 15 Juni 2020, S. 19-20 Den vollständigen Artikel kann man auch auf der Homepage der Diözese Temeswar lesen.)

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