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In China für China
Kein Unternehmen könne es sich leisten, die Chancen in China liegen zu lassen, sagte Siemens-Chef Roland Busch gegenüber dem Handelsblatt. Der Markt der Volksrepublik sei stark und werde weiter wachsen, so der CEO. Sein automatisiertes Fertigungswerk in Chengdu erweitert der Konzern daher um 40% – es soll aber hauptsächlich für den chinesischen Markt produzieren. Denn auch bei den deutschen Playern ist Diversifizierung das Gebot der Stunde. Die Milliarden für Chengdu machen nur einen Teil der Siemens-Investitionen aus. Neben dem Ausbau von Standorten in den USA und Europa entsteht auch in ein neues Werk in Singapur. Von dort aus werden die anderen asiatischen Märkte bedient werden.
Sie sind in aller Munde, die Chancen in Südostasien. Singapur glänzt als fortschrittlicher Hub für F&E und Logistik, für Thailand schlägt das Herz der Autoindustrie, die Philippinen sind das Call Center der Welt, Vietnam ist der Liebling der Manager. Nicht zu vergessen Indien!
Das nun bevölkerungsreichste Land der Welt wird bei Konzernen immer beliebter. Apple-Chef Tim Cook äußerte sich jüngst bei der Eröffnung der ersten Verkaufsfilialen in Mumbai und Delhi: „Ich habe das Gefühl, dass Indien an einem Wendepunkt steht.“ Beäugt wird vor allem die aufstrebende konsumstarke Mittelschicht, eine Tendenz, die auch China als Absatzmarkt einst so attraktiv für Unternehmen machte.
Ganz klar: Diversifizierung ist der richtige Weg. Doch für Investitionen braucht es Geld. Und das will angesichts einer schwächelnden Weltwirtschaft erstmal verdient sein. Erst hat der Chemiekonzern Lanxess eine Gewinnwarnung abgegeben – China verhagelt den Kölnern möglicherweise Bilanz.
Martin Brückner Chefredakteur12 ::: Cover-Story
Logistik scheut Decoupling und setzt stattdessen auf Derisking & Diversifizierung
40 ::: Wirtschaft
BUSINESS
30 ::: Südkorea
Tiefbau, Logistik-Hubs, Drohnen „Made in South Korea“
31 ::: Japan
Wenn die Substanz bröckelt, muss ausgebessert werden!
36 ::: Japan
"Wir werden Teil globaler Ökosysteme"
38 ::: Asien
Bidirektionales Laden: ausgewählte best practices
40 ::: Südostasien
Ziel globales Wachstumszentrum
42 ::: Pakistan
Praxischeck: Trotz Reformen bleiben viele Hürden
43 ::: News
MESSEN & KONGRESSE
44 ::: 15. Asien-Pazifik-Forum Bayern
PERSONAL & STEUERN
46 ::: Indien
Deutliches Lohnwachstum 2023
48 ::: Indien
Überholte Kritik und echte Chancen
40 ::: Personal & Steuern
Das Statement „Viel Bürokratie und hohe Steuern“im Bezug auf Indien ist überholt
POLITIK
10 ::: News
11 ::: Neue Umfrageergebnisse
Die Grenzen von Beijings Charmeoffensive
BUSINESS
34 ::: Herausforderung für Beijing
ChatGPT hinter der Great Firewall
43 ::: News
50 ::: Termine, Buchtipps
51 ::: Feiertage, Impressum
Julius Bär, Zürich
::: Julius Bär mit Sitz in Zürich hat Chin Lit Yee zum neuen Leiter Südostasiens ernannt, wie die Privatbank im April mitteilte. Kevin Tay wird Yees bisherige Rolle als Gruppenleiter Südostasien übernehmen. Yee verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung im Wealth-Management-Sektor. Bevor er 2015 zu Julius Bär kam, war er bei der Credit Suisse, der Deutschen Bank und J.P. Morgan tätig. Tay dagegen war zuletzt als Leiter des Bereichs Wealth Planning und Family Office in Singapur tätig. Die Ernennungen erfolgten im Zuge der verstärkten Ausrichtung von Julius Bär auf Asien, dem zweiten Heimmarkt der Privatbank. In Singapur und Hongkong befinden sich zwei der sieben Buchungszentren des Geldhauses, in denen 24% der gesamten Belegschaft beschäftigt sind. :::
Europäische Union, Beijing
::: Mattias Lentz ist zum neuen stellvertretenden Leiter der EU-Delegation in der Volksrepublik ernannt worden. Lentz ist derzeit schwedischer Botschafter im Iran. Zuvor war er unter anderem Senior Advisor für China im schwedischen Außenministerium und Leiter der Abteilung für Politik, Presse und Information in den Delegationen der Europäischen Union auf den Philippinen und im Reich der Mitte. Zudem war er stellvertretender Leiter der schwedischen Botschaft in Indien, New Delhi. :::
OAV, Hamburg
::: Louisa de Fallois ist Regionalmanagerin Greater China & Mongolei bei der German Asia-Pacific Business Association OAV. Der Ostasiatische Verein fördert die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Ländern des Asien-Pazifik und Deutschland. Fallois hat ihr Studium an der Universität Würzburg und der Universität Beijing mit einem Master of Science in China Business and Economics abgeschlossen. :::
KOPF DES MONATS
Puma ordnet China-Management neu
::: Wie der Sportartikelhersteller Puma mitteilte, startet in China eine neue General Managerin, ihr Vorgänger leitet künftig das Geschäft im Großraum China, zu dem neben China noch Taiwan und Hongkong gehören. Shirley Li übernahm zum 1. Juli den Posten als General Managerin für China. Li, seit Anfang 2023 bei Puma als Commercial Director, war zuvor als VP Wholesale bei Adidas. Ebenfalls zum 1. Juli soll ihr Vorgänger Philippe Bocquillon neben seiner neuen Rolle als Area Manager von Großchina die Position des General Managers von Hongkong übernehmen. Bocquillon leitete mehr als 10 Jahre als General Manager Pumas China-Geschäft. In Taiwan bleibt Paul Yu weiterhin General Manager. Nachfolger von Shirley Li als Commercial Director soll David Lu werden. :::
Alibaba, Hangzhou
::: Der chinesische Amazon-Rivale Alibaba bekommt einen neuen Vorstandschef. Eddie Yongming Wu, Chef der Alibaba-Handelsplattformen Taobao und TMall, werde Daniel Zhang im Rahmen der größten Führungsumbildung des chinesischen ECommerce-Riesen seit seiner Umstrukturierung ablösen, teilte Alibaba mit. Zhang, der seit Dezember in Personalunion Vorsitzender des Konzerns und Verwaltungsrats ist, werde die Cloud-Einheit leiten, die als Börsenaspirant gilt. Alibaba hatte Anfang 2023 angekündigt, den Konzern in sechs Einheiten umzubauen. :::
Evonik Deutschland, Essen
::: Sarah Groening ist nach knapp vier Jahren als Leiterin der Finanzdienstleistungen der Evonik Speciality Chemicals in Shanghai nach Deutschland zurückgekehrt. Groening hat in der Essener Evonik-Zentrale den Posten Vice President Accounting und Head of Center of Excellence übernommen. Vor ihrer Karriere bei Evonik hatte sie bei Ernst & Young eine Position als Senior Assurance inne. :::
Exporteur 2.0 – digital und nachhaltig
Erfolgreich agieren in neuen Markt-Strukturen SAVE THE DATE: 26. Sept.
26.09.2023 | 09-16 Uhr Deutsche Bank Park Frankfurt
Der Tag der Exportmanager ist ein Branchentre en für Führungskräfte, Exportentscheider und Fachpersonal. Diese Veranstaltung bietet Gelegenheit zur Vernetzung, Wissenserweiterung und Fachinformationsbescha ung direkt von Experten. Neben themenspezi schen Foren und Vorträgen von Branchenexperten stehen der o ene Austausch und die Vernetzung im Vordergrund. Der hauseigene Caterer sorgt für kulinarische Genüsse und der „ADLER BUSINESS CLUB“ für eine angenehme Atmosphäre.
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Kein Land zählt mehr Menschen
Bevor die Vielzahl der jungen Menschen eine Dividende bringen kann, muss sich das Land von Grund auf ändern. Das erscheint kaum möglich.
VON CHRISTOPH HEIN ::: Indien ist ein Land der Superlative. Der Subkontinent ist die „größte Demokratie der Erde“ und die „am schnellsten wachsende große Volkswirtschaft“. Nun kommt ein weiterer Rekord hinzu: Mit gut 1,4 Mrd Menschen hat Indien China überholt und ist nun auch das bevölkerungsreichste Land der Erde. Aber ist das ein Grund zum Feiern? Denn bei dieser Größe wird es nicht bleiben: 2030 dürfte Indien schon 1,5 Mrd Menschen zählen, uneinholbar für jedes andere Land der Erde. Der Höhepunkt der Bevölkerungsdichte sollte dann 2064 mit geschätzten 1,7 Mrd Menschen erreicht werden. Schon 2047, in nur 25 Jahren, werde jeder fünfte Arbeitsplatz auf der Welt von einem Inder gehalten werden, sagen die Berater von McKinsey & Co. voraus.
Größe bedeutet Macht. Das ist gerade für das derzeit so umschwärmte Indien wahr. Ministerpräsident Narendra Modi und seine Regierung spielen überaus geschickt auf der Klaviatur der Diplomatie: Nachdem der amerikanische Präsident Barack Obama ab 2014 die Nähe zu Indien suchte, und damit den zuvor wegen seiner Verwicklung in das Massaker in Gujarat in Amerika unter Bann gestellten Modi wieder einband, hat sich die Haltung der Demokratien gedreht: Angesichts der Risiken in China ist Indien willkommener Partner, ein unerlässlicher Gegenspieler zu Beijing. Modi selbst positioniert sich als Fürsprecher des „Globalen Südens“ der Entwicklungsländer. Zugleich verhandelt er weiter mit Moskau über Bodenschätze und Waffenlieferungen. Das nun bevölkerungsreichste Land der Erde zu führen macht Modi noch einflussreicher.
Erwartungsvolle Jugend: Dividende oder Desaster? Nicht nur die schiere Zahl der Inder ist überwältigend. Sie sind auch extrem jung. Ihr Medianalter liegt bei 28 Jahren. Rund 650 Mio Inder sind jünger als 25 Jahre. Das schafft ein Heer strebsamer, hoffnungsvoller Menschen, die nach Bildung, Einkommen und einer Zukunft suchen. Sie wollen arbeiten, halten Maschinen und Bänder unter Dampf. Indien könnte damit zur nächsten „Fabrik der Welt“ werden, lautet die Theorie. Das werde das Land aus dem Elend herausführen, unter dem Millionen von Menschen immer noch leiden. Die Jugend der größten Bevölkerung der Welt sei ein Vorteil, dessen Dividende der ganze Subkontinent von nun an spüren wird, heißt es.
Doch muss man nicht Gesellschaftswissenschaft studiert haben, um Risse in diesem Bild einer rosigen Zukunft zu erkennen. Aus der Dividende könnte ein Desaster werden. Denn diese jungen Menschen haben Erwartungen. Mögen ihre Vorbilder in Bollywood oder den Chefetagen von Silicon Valley und Wall-Street auch unerreichbar bleiben – ihren Kindern zumindest wollen sie
ein besseres Leben bieten. Kein Wunder, dass sich auf 40.000 befristete Stellen in der indischen Armee jüngst 3,5 Mio junge Menschen bewarben. Bei der Eisenbahn rangen gar 12 Mio Bewerber um 35.000 Stellen. Nach dem Ende der Auswahl kam es zu Unruhen.
Eine Million neue Jobs pro Monat bis 2030
Die erhoffte Dividende wird nur dann ausgezahlt werden, wenn die immer weiter wachsende Zahl der Inder die Chance bekommt, ein vernünftiges Einkommen zu erzielen. Im Sommer 2020 hatten die Berater von McKinsey den Bericht „Indiens Wendepunkt“ vorgelegt. Darin sagten sie voraus: „In den zehn Jahren bis 2030 muss Indien mindestens 90 Mio neue Arbeitsplätze außerhalb der Landwirtschaft schaffen, um die 60 Mio
neuen Arbeitskräfte zu absorbieren, die aufgrund der aktuellen demografischen Entwicklung in die Erwerbsbevölkerung eintreten werden, sowie weitere 30 Mio Arbeitskräfte, die von der Landwirtschaft in produktivere Sektoren außerhalb der Landwirtschaft wechseln könnten. Wenn zusätzlich 55 Mio Frauen in
Das Schaffen von Arbeitsstellen sei „ein Problem, das die indische Wirtschaft nie gelöst hat“. Der Kritiker steht nicht allein dar. Der Schriftsteller Pankaj Mishra, der gerade seinen neuen Roman „Der Goldschakal“ vorlegt, warnt: „Die Zahl der Inder, die hungrig schlafen, stieg von 190 Mio im Jahr 2018 auf 350 Mio im Jahr 2022.“
„Make in India“: Eine Welle wird zum Tsunami
Die erste Welle des „Make in India“, der von Modi auf der Hannover-Messe 2014 ausgerufenen Industrialisierung des Landes scheiterte noch. Nun aber strömen mehr Konzerne an den Ganges: Umgerechnet wurden allein im ersten Quartal 164 Mrd Euro investiert, ein weiterer Rekord. Der Computerkonzern Apple etwa lässt von seinen Zulieferern bald ein Viertel seiner iPhones in Indien herstellen, Zulieferer und Konkurrenten wie Foxconn, Pegatron, Wistron, Oppo, Vivo, Xiaomi und Lenovo sind schon da. Sie profitieren von verbesserten Investitionsbedingungen, zielen auf den Ausgleich zum schwierigen Standort China, aber auch auf einen wachsenden heimischen Markt. Sie liefern Hunderttausende von Arbeitsstellen, eine Mittelschicht wächst schnell heran. Der Konsum, der schon jetzt für knapp 60% der Wirtschaftsleistung steht, sollte um knapp 10% jährlich zulegen. Dann würde die heimische Nachfrage 2030 die Grenze von 2 Bill US-Dollar nehmen.
die Erwerbsbevölkerung eintreten und damit zumindest teilweise die historische Unterrepräsentation ausgleichen, wäre die Notwendigkeit des Schaffens von Arbeitsplätzen in Indien sogar noch größer.“ Dann läge sie bei 145 Mio neuer Stellen innerhalb eines Jahrzehnts. Oder mehr als einer Million neuer Jobs Monat für Monat.
Doch habe Indien zwischen 2011 und 2018 unter dem Strich nicht eine einzige neue Stelle geschaffen, berichtet die Weltbank. Princeton-Ökonom Ashoka Mody, der gerade sein Buch „India is Broken“ veröffentlicht, drückt es krasser aus: „In den nächsten zehn Jahren wird Indien netto 200 Mio zusätzliche Arbeitsplätze benötigen, um die Menschen im erwerbsfähigen Alter, die Arbeit suchen, zu beschäftigen. Diese Herausforderung ist praktisch jedoch nicht zu bewältigen, bedenkt man, dass die Wirtschaft in den vergangenen zehn Jahren netto keine neuen Arbeitsplätze geschaffen hat, obwohl jedes Jahr sieben bis 9 Mio zusätzliche Arbeitssuchende auf den Markt kamen.“ Und er fährt fort: Da so viele Menschen in den Arbeitsmarkt eintreten, müsse man nun „doppelt so schnell rennen, um an der gleichen Stelle zu bleiben.“
Beschäftigung steht und fällt mit dem Bildungsgrad Doch selbst wenn die Konzerne Hunderttausende Stellen für Ausgebildete ausschreiben, wird das nicht reichen. Nur rund 5% der Arbeitskräfte Indiens verfügen über eine formale Ausbildung. Mehr als 80% der Menschen arbeiten in der informellen Wirtschaft, ohne Vertrag oder Rentenanspruch. Das wird gefährlich: Denn bis 2050 könnte die Zahl der Inder jenseits der 60 Jahre auf 320 Mio anschwellen, die alle versorgt werden müssen. Schon heute bleiben Hunderte Millionen Menschen abhängig von einem kaum endenden Strom staatlicher Hilfen – die letztendlich die Gesellschaft und ihre Steuerzahler teuer zu stehen kommen. Bis heute lebten in Indien immer noch mindestens 313 Mio Analphabeten, 59% von ihnen Frauen, erklärt die Observer Research Foundation.
Zwar hat sich die Armut auch in Indien deutlich verringert: Innerhalb von 15 Jahren habe das Land mehr als 400 Mio Menschen aus der Armut befreit, heißt es im Global Multidimensional Poverty Index. Und doch merkt das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) an: „Trotz enormer Fortschritte hat Indien nach wie vor die größte Zahl armer Menschen weltweit (228,9 Mio). Die Aufgabe, diese Armut zu beenden, mutet nach wie vor beängstigend an.“ :::
TÜRKEI/CHINA
Neues Konsulat in Chengdu eröffnet
::: Die Türkei hat als erstes Land des Nahen Ostens ein Konsulat in Chengdu eröffnet, um die Beziehungen zu China trotz der Spannungen wegen der Behandlung der uigurischen Minderheit in Xinjiang durch Beijing zu stärken.
Es ist die dritte diplomatische Vertretung der Türkei auf dem chinesischen Festland – es gibt bereits eine Botschaft in Beijing und ein Konsulat in Shanghai –und wird für die Provinzen Sichuan, Yunnan, die Stadt Chongqing im Südwesten sowie die Provinz Guizhou im Süden zuständig sein.
China ist ein führender Handelspartner der Türkei. 2022 beliefen sich die Exporte der Volksrepublik in das Land auf 34,03 Mrd US-Dollar, während die Importe aus der Türkei 4,52 Mrd Dollar betrugen, so die offiziellen chinesischen Daten.
Die Türkei, die unter einer galoppierenden Inflation und einer kollabierenden Währung leidet, versucht, sich dem Belt&Road-Mammutprojekt anzuschließen, um die eigene Handelsroute, den „Mittleren Korridor“, voranzutreiben. Beijing und Ankara sind seit Jahren strategische Partner, aber es gab Spannungen we-
KANADA/CHINA
Ottawa stoppt Beziehungen zur AIIB
::: Kanada setzt seine Aktivitäten mit der von China geleiteten Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) aus. Die stellvertretende Premierministerin Chrystia Freeland sagte, die Regierung wolle Vorwürfen nachgehen, wonach die Bank von der Kommunistischen Partei Chinas dominiert werde. Ottawa „wird sofort alle von der Regierung geführten Aktivitäten bei der Bank einstellen“, sagte Freeland und fügte hinzu, dass sie „das Finanzministerium angewiesen hat, eine sofortige Überprüfung der
gen angeblichen Menschenrechtsverletzungen gegen die mehrheitlich muslimische Uiguren-Minderheit in Xinjiang. Der Grund dafür ist die uigurische Diaspora in der Türkei, wo schätzungsweise 50.000 Uiguren leben. ::: South China Morning Post
SÜDKOREA Initiative gegen Personalmangel
::: Südkorea plant zusätzliche Maßnahmen, um Branchen mit Arbeitskräftemangel zu unterstützen, so das Finanzministerium. Laut Daten des Ministeriums blieben im April 216.000 Stellen unbesetzt, während die Arbeitslosenquote des Landes sank.
„Neben maßgeschneiderten Maßnahmen für jeden Sektor planen wir, die Arbeitsvermittlungsdienste zu stärken, flexible Regeln für ausländischer Arbeitskräfte anzuwenden und das Arbeitsumfeld für KMUs zu verbessern“, sagte der Erste Stellvertretende Finanzminister Bang Ki-sun.
INDIEN/DEUTSCHLAND
Neue thyssenkrupp-Kooperation
::: Die Marine-Sparte von thyssenkrupp und der indische Konzern Mazagon Dock Shipbuilders planen, sich gemeinsam um ein Projekt im Wert von rund 5,2 Mrd US-Dollar für den Bau von sechs U-Booten für die indische Marine bewerben, so mit der Angelegenheit vertraute Personen. Westliche Länder setzen in Verteidigungsfragen auf Indien als Gegengewicht zu China. ::: The Straits Times
Im März beschloss Seoul, ausländischen Arbeitnehmern mit E-8-Visa, die in erster Linie für Saisonarbeiter in der Landwirtschaft ausgestellt werden, einen längeren Aufenthalt zu gewähren. Auch dürfen Inhaber von F-4-Visa, für Personen koreanischer Abstammung, in einer breiteren Palette von Branchen arbeiten. ::: Yonhap
HONDURAS/TAIWAN/CHINA Beziehungen zu Tapei gekappt
::: Chinas Präsident Xi Jinping begrüßte die „historische Entscheidung“ der honduranischen Präsidentin Xiomara Castro, die diplomatische Anerkennung des zentralamerikanischen Landes von Taipei nach Beijing zu verlegen, wie das chinesische Außenministerium mitteilte.
erhobenen Vorwürfe und der Beteiligung Kanadas an der AIIB zu leiten“. Die Reaktion folgte auf Äußerungen von Bob Pickard, globaler Kommunikationsdirektor der AIIB und Kanadier auf Twitter, dass er zurückgetreten sei und dass das Institut „von Mitgliedern der KPC dominiert“ werde.
Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Wang Wenbin, sagte dagegen, die AIIB sei eine „wahrhaft internationale, auf Regeln basierende Institution mit hohem Standard“. ::: Kyodo
Für Castro war der Besuch in der Volksrepublik Anfang Juni der erste seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Tegucigalpa und Beijing. Die Zahl der Länder, die Taiwan offiziell anerkennen, ist damit auf einen Rekordwert von 13 gesunken.
Xi versprach, dass China „die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Honduras entschlossen unterstützen“ werde. Während des sechstägigen Staatsbesuchs von Castro im Reich der Mitte wurde die honduranische Botschaft in Beijing eingeweiht und ein bilaterales Wirtschaftstreffen abgehalten, an dem Delegierte beider Seiten teilnahmen. ::: Kyodo
Die Grenzen von Beijings Charmeoffensive
VON MIA NULIMAIMAITI, SOUTH CHINA MORNING POST ::: Deutsche Unternehmen in China scheinen sich zunehmend davor zu fürchten, in das Kreuzfeuer zwischen eskalierenden geopolitischen Spannungen und enttäuschenden Marktaussichten zu geraten. Das Vertrauen der Investoren trübt sich daher weiter ein und führt zu einer stärkeren Diversifizierung der Geschäftslandschaft.
Laut einer aktuellen Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer in China erwartet mehr als die Hälfte ihrer Mitglieder, dass die Rahmenbedingungen in diesem Jahr unverändert bleiben oder sich sogar verschlechtern werden. Das Ergebnis ist daher nicht so optimistisch wie ursprünglich erhofft.
Das Resultat beruht auf einer Blitzumfrage unter 288 deutschen Unternehmen Mitte Mai, die in der Volksrepublik tätig sind. Es könnte das jüngste Warnsignal für Beijing sein, das versucht, ausländische Investoren zu umgarnen und zu beschwichtigen, um die Wirtschaft des Landes zu stützen. Gleichzeitig bemüht es sich in einem Balanceakt um eine Verbesserung der Beziehungen zu Europa, angesichts der Spannungen mit den USA.
Laut einer Studie der in New York ansässigen Denkfabrik Rhodium Group entfielen auf die deutschen Automobilhersteller Volkswagen, BMW und Daimler sowie den Chemieriesen BASF 34% aller europäischen Direktinvestitionen in China im Zeitraum von 2018 bis 2021.
China-Euphorie lässt nach
Zwar äußerten sich mehr als 40% der Befragten optimistisch über die Erholung ihres Sektors bis zum Jahresende, eine Einschätzung, die die Hoffnungen nach Chinas Öffnung nach der Pandemie widerspiegelt. Das ist ein Anstieg um 5 Prozentpunkte im Vergleich zum letzten Jahr. Allerdings rechnete auch mehr als ein Drittel der Befragten mit einer Verschlechterung ihrer eigenen industriellen Situation – ganze 6 Prozentpunkte mehr als im letzten Jahr.
„Die Geopolitik hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Unternehmen vor Ort und veranlasst sie, Lokalisierungs- und Diversifizierungsstrategien als Maßnahmen zum Risikomanagement voranzutreiben“, sagte Jens Hildebrand, Geschäftsführer der Kammer für Nordchina.
Obwohl fast 55% der befragten Unternehmen angaben, dass sie beabsichtigen, ihre Investitionen im Reich der Mitte in den
kommenden zwei Jahren zu erhöhen, hat die Begeisterung dafür in der deutschen Wirtschaft nachgelassen. Im Februar 2021 hatten noch mehr als 70% solche Pläne. Die geopolitische Instabilität ist ein wichtiger Grund für die Unternehmen, ihre Investitionen zurückzufahren, und auch die schwache Marktentwicklung in China hat das Vertrauen der Unternehmen erschüttert.
20% der Unternehmen plant Verlagerung
Sie folgen damit einem Trend, der in der gesamten chinesischen Unternehmenslandschaft zu beobachten ist: Die meisten ausländischen Konzerne entscheiden sich für einen Verbleib in der Volkswirtschaft, doch viele ziehen sich zumindest teilweise zurück, beschleunigen die Verlagerung ihrer Produktion in andere Länder oder stellen ihre Investitionspläne zurück.
Ein Fünftel der befragten deutschen Unternehmen plant nun, ihre Lieferketten aus China zu verlagern - weniger als ein Drittel als vor einem Jahr, als die stadtweiten Abriegelungen einen großen Aufschwung auslösten. :::
Die Umfrageergebnisse der Deutschen Handelskammer sind der jüngste Indikator dafür, dass Chinas Bemühungen die Wirtschaft anzukurbeln nicht ausreichen, um das Vertrauen der ausländischen Investoren wiederherzustellen.Ein Drittel der deutschen Investitionen in China entfielen von 2018 bis 2021 auf Automobilhersteller. Bild: Jenson, Shutterstock
Logistik zwischen Decoupling und Derisking
Eigentlich war es von Anfang an klar: Das Decoupling von China macht für die meisten Unternehmen, die bereits kräftig in der Volksrepublik investiert haben, keinen Sinn. Vielmehr wird eine breitere Aufstellung angestrebt. Diversifizierung ist das Gebot der Stunde.
Herausforderung Handel: der Schritt in Richtung Indo-Pazifik
Während sich jedes Land logistischen Herausforderungen bedingt durch die aktuelle Multikrise stellt, steht Europas Handelspolitik vor ungenutzten Potenzialen. Obwohl der Welthandel zunehmend stagniert, ist das Interesse an Handelsbeziehungen mit der EU weiterhin groß. Chancen bieten sich insbesondere für Deutschland im Indo-Pazifik.
VON DR. ANNEROSE TASHIRO ::: Lockdowns verschiedener Länder, Ukraine-Krieg, Inflation und ein Abflachen der globalwirtschaftlichen Entwicklung haben die weltweite Logistik stark beeinflusst. So auch die in Deutschland abgefertigte Luftfracht – deren Menge hat abgenommen. So hat der Verband der Air Cargo Abfertiger Deutschland (VACAD) 2022 mit insgesamt 1.766.739 t rund 9% weniger Güter umgeschlagen als im Vorjahr. Nach einem Rekordzuwachs im Jahr 2021 (plus 24%) – bedingt durch die Corona-Krise – beruhigte sich das Frachtaufkommen und liegt nun erstmals wieder unter dem Vorkrisenniveau, wie der VACAD mitteilte. Die Luftfracht müsse sich noch besser an die starke Kopplung der Globalwirtschaft an die Luftfrachttonnagen anpassen. Zu viel Zeit würden die Prüfungen von Arbeitsinteressierten im Flugfrachtsektor einnehmen.
Lkw-Frachtlogistik in Schieflage
Auch auf deutschen Straßen sind die Auswirkungen der Multi-Dauerkrise spürbar. So hat der Hersteller und Umrüster von Wasserstoff-Lastwagen Clean Logistics Insolvenz angemeldet. Im Dezember letzten Jahres ist das Unternehmen in die finanzielle Schieflage geraten und hat seitdem keinen strategischen Investor gefunden. Gleichzeitig rächt sich nun der jahrelange Rückbau der Bahnanschlüsse vor allem von Lebensmittelherstellern. Tatsächlich feiert der Schienengüterverkehr ein Comeback, die Gründe dafür sind Versorgungssicherheit, das Potenzial, CO2 einzusparen sowie knappere Lkw-Frachträume und der Fahrermangel.
Japan wiederum steuert auf eine Logistik-Krise auf vier Rädern zu. Durch die Änderung von Vorschriften sinkt die Zahl der Arbeitsstunden für Lkw-Fahrer – immer mehr suchen einen neuen Job. Bis zu 35% der inländischen Fracht wird im Jahr 2023 nicht transportiert werden, stellt eine Studie des Nomura Research Institute fest. Das Institut schätzt, dass die Logistik-Krise insbesondere in ländlichen Gebieten wie der nordöstlichen Tohoku-Region oder in Shikoku zu spüren sein wird. Durch die Begrenzung der Arbeitszeit erwarten Experten eine Vergrößerung des Arbeitskräftemangels in der Logistik-Branche – was kombiniert mit dem Druck durch die hohen Benzinpreise, der alternden Bevölkerung und den rauen Arbeitsbedingungen in der Branche nachvollziehbar ist.
Eine Lösung des Problems strebt derzeit ein Expertengremium des Ministeriums für Land, Infrastruktur, Verkehr und Tourismus an: Die drei Hauptakteure der Branche – Absender, Empfänger und Zustelldienste – sollen verpflichtet werden, Strategien zu entwickeln, um die Wartezeiten der Fahrer nach ihrer Ankunft in den Lagerhäusern und an anderen Bestimmungsorten zu verkürzen. So sollen Überstunden vermieden werden.
Welthandel im Wandel
Neben diesen länderspezifischen Herausforderungen zeigt der Blick auf den Welthandel ebenfalls nur geringfügiges Wachstum. Dafür ist Wladimir Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine diesmal nicht vornehmlich verantwortlich. Eher sind es langfristig wirkende Einflussfaktoren wie die Erosion der multilateralen Handelsordnung mit der Welthandelsorganisation WTO als Zentrum. Weltweit steigt der Protektionismus, der internationale Handel wird zunehmend für Zwecke der Politik instrumentalisiert.
Hohe Benzinpreise und Fahrermangel führt in vielen Ländern zum Umdenken: von der Straße auf die Schiene.
Auf handelspolitische Herausforderungen hat die EU bislang souverän reagiert. Hin zu einer strategischen Autonomie bewegte sich die EU durch dezidierte Maßnahmen in den letzten Jahren. Zu diesen zählen der EU-Überprüfungsmechanismus für ausländische Investitionen aus dem Jahr 2020, das Instrument gegen wirtschaftlichen Zwang durch Dritte von Ende 2021, eine aktualisierte europäische Industriestrategie mit Fokus auf Klimaneutralität und Digitalisierung von 2021, das europäische Chip-Gesetz aus 2022 und der Entwurf eines europäischen Lieferkettengesetzes aus dem Jahr 2022.
Die Industrie und Wirtschaft Europas erhalten durch diese Gesetze und Maßnahmen nicht nur einen gewissen Schutz vor unfairem Wettbewerb. Vielmehr können sie außereuropäischen Handelspartnern, die politischen Zwang auf die EU ausüben wollen, besser die Stirn bieten. Doch die EU sollte bei dieser Defensivhaltung in der Handelspolitik nicht den internationalen Wettbewerb und die globalen Märkte aus dem Blick verlieren. Für die Zukunft ist es entscheidend, dass europäische Unternehmen auch offensiv neue Liefer- und Absatzmärkte erschließen und ihre Abhängigkeit vom China-Geschäft reduzieren.
Zeit zum Handel(n) ist jetzt
Trotz der aktuellen Risiken um Russland und China macht es Sinn, den grenzüberschreitenden Warenhandel und Dienstleistungsverkehr weiter zu treiben und zu denken.
In einer Welt, in der die G7 rund 10% der Weltbevölkerung und rund 30% des Welthandels ausmachen, kann eine Politik, die den Außenhandel auf Wertepartner Europas redu-
Nach einem Rekordzuwachs im Jahr 2021 hat sich das in Deutschland abgefertigte Warenaufkommen der Luftfracht im letzten Jahr entspannt.
ziert, nicht funktionieren. Für europäische Unternehmen lohnt sich – für eine Diversifizierung der Absatzmärkte und Bezugsquellen – der Blick in Richtung Indo-Pazifik.
Der Indo-Pazifik ist mit einem Anteil von 33% (2021) am gesamten außereuropäischen EU-Handel die bei weitem wichtigste Außenhandelsregion. Zugleich sind die Subregionen Süd-, Südost- und Nordostasien sowie Ozeanien die wachstumsstärksten Regionen der Welt. Im Jahr 2021 entfielen 44% des weltwirtschaftlichen Wachstums auf den Indo-Pazifik, 22% dabei allein auf China. Sofern kein Militärkonflikt die indo-pazifischen Volkswirtschaften aus dem Gleichgewicht wirft, kann davon ausgegangen werden, dass sich der Wachstumstrend der Region fortsetzen wird. Mit Blick auf die Marktgröße und das Wachstumspotenzial lohnt sich eine Priorisierung der EU-Handelspolitik auf den Indo-Pazifik – dessen wirtschaftlichen Potenziale bisher nur teilweise von der EU erschlossen wurden.
Lediglich mit Südkorea, Japan, Singapur und Vietnam konnte die EU bislang Freihandelsabkommen abschließen. Im Gegensatz zu den USA, Kanada und Japan ist es der EU nicht gelungen, ein multilaterales handelspolitisches Abkommen mit der Region abzuschließen.
2007 liefen zwar Verhandlungen und der Austausch von technischen Informationen für ein Freihandelsabkommen mit der ASEAN an, 2010 wurden die Bemühungen jedoch seitens der EU eingestellt. Auch liegt der regionale Schwerpunkt der Generaldirektion Handel der EU-Kommission nicht auf der Indo-Pazifik-Region – wieder im Unterschied zu Amerika, Kanada, Japan und Großbritannien.
Chancen durch Handelsabkommen
Zwischen all den engmaschigen bi- und multilateralen Freihandelsabkommen könnte die EU die Märkte des Indo-Pazifiks zu den gleichen Bedingungen der Wettbewerber Japan, China, Korea und den USA ansprechen. Dafür sind allerdings Abschlüsse verbindlicher handelspolitischer Abkommen notwendig. Dies wäre dann auch eine strategische Entscheidung. Die Länder der IndoPazifik-Region arbeiten im Rahmen von transregionalen Verbünden an der Weiterentwicklung von Regulierungsstandards. Mit Blick auf sehr wahrscheinlich noch folgende Vereinbarungen auf WTO-Ebene, tut die EU gut daran, hier Einfluss auszuüben. Schließlich sind die Chancen,
Nach einem Rekordzuwachs im Jahr 2021 hat sich das in Deutschland abgefertigte Warenaufkommen der Luftfracht im letzten Jahr entspannt.
mittels handelspolitischer Vereinbarungen neue Märkte im Indo-Pazifik zu öffnen und so derzeit bestehende wirtschaftliche Abhängigkeiten zu minimieren, grundsätzlich gut. Die Region hat großes Interesse am europäischen Binnenmarkt, ebenso an europäischen Investitionen, da auch sie ihre ökonomischen Abhängigkeiten von China begrenzen wollen. Was die EU für den Indo-Pazifik attraktiv macht, sind der wirtschaftliche und politische Einfluss Europas und der EU sowie ihre Regulierungsstandards.
Der Weg zu einer Handelspartnerschaft mit dem IndoPazifik muss in drei Etappen erfolgen: Zunächst müssten die bestehenden Handelsabkommen mit Korea, Japan, Singapur und Vietnam vertieft werden. Ähnlich, wie sich Deutschland zuletzt um ein Digitalpartnerschaftsabkommen mit Singapur, Japan und Korea bemüht hat. Zudem kann die EU eine Integration in die existenten multilateralen Handelsnetzwerke – RCEP, CPTPP, IPEF – anstreben. Zu guter Letzt macht es sicher für die EU Sinn, auf bilateraler Ebene Europas Handels- und Investitionsverkehr über einzelne Abkommen mit möglichst vielen Partnerländern der Region zu realisieren.
Dieser Weg kann eine erste Kurskorrektur darstellen, die Deutschland und die EU aus der Handels- und Wirtschaftskrise herausführt. Doch wie so oft beginnt alles mit einem ersten Schritt oder wie ein japanisches Sprichwort sagt: „Wenn man den Edelstein nicht schleift, hat er keinen Glanz.“ :::
Dr. Annerose Tashiro ist Rechtsanwältin, Expertin für japanisches Insolvenzrecht und Leiterin der Internationalen Abteilung für Insolvenzrecht bei Schultze & Braun.
Kontakt: atashiro@schultze-braun.de
400 neue Flieger für Chinas Reiselust
Die Volksrepublik wartet mit einem der dynamischsten Wachstumsmärkte in der Luftfahrtindustrie auf, ist aber noch sehr abhängig von westlichen Zulieferern –allen voran Airbus und Boeing.
VON ROBERT HERZNER, GTAI ::: Das weltweite Passagier- und Frachtaufkommen in der Luftfahrtindustrie steigt. Die wichtigsten Wachstumsregionen in Prognosen bis 2040 sind China und der Mittlere Osten. In diesen Regionen fliegt im Vergleich zu Nordamerika und Europa die Bevölkerung zwar seltener, mit der steigenden Kaufkraft erhöht sich aber der Bedarf und auch die Reiselust. Nach den Lockerungen der Reisebeschränkungen im Dezember 2022 war im Januar bereits eine Zunahme des innerchinesischen Tourismus zu beobachten.
Wichtiger Parameter für die Beurteilung des Passagieraufkommens ist die Anzahl der Kilometer von zahlenden Passagieren. Nach Prognosen des Boeing Commercial Market Outlook wird das Passagieraufkommen in China von 2022 bis 2041 jährlich um 4,9% steigen. Das ist deutlich mehr als das Wachstum von 3,8% im globalen Durchschnitt. Entsprechend wird der Marktanteil Chinas am Passagierflugmarkt von aktuell 18% bis 2041 auf 23,3% steigen. Damit würde sich die Volksrepublik vom drittgrößten zum größten Markt entwickeln.
Noch keine rein chinesische Alternative
Um dem Bedarf gerecht zu werden, müssen mehr Flugzeuge her, die Hauptlieferanten sind Airbus und Boeing. Beide erwarten, dass bis 2041 insgesamt rund 8.500 neue Flieger nach China ausgeliefert werden müssen. Dies entspricht einem Bedarf von circa 400 Flugzeugen pro Jahr und einem durchschnittlichen Jahreswachstum der Flotte von 4,2%.
Mit über zwei Dritteln besteht in China der höchste Bedarf bei Schmalrumpfflugzeugen mit nur einem Kabinengang, sogenannten Single-Aisle-Flugzeugen, wie den Airbus A320- oder Boeing B737-Modellen.
Doch auch Beijing will Abhängigkeiten reduzieren, und kam diesem Ziel mit dem C919 der Commercial Aircraft Corporation of China (COMAC) einen Schritt näher. Das Modell ist der erste in China entwickelte Mittelstreckenjet und hob im Frühjahr 2023 als erstes für China Eastern ab. Bis November 2022 gingen für den C919 über 1.000 Bestellungen von 32 verschiedenen internationalen Fluglinien ein, überwiegend von chinesischen Airlines.
Damit wird China unabhängiger vom Import von Mittelstreckenflugzeugen, doch westliche Zulieferungen für den C919 bleiben zunächst essenziell. Allerdings steigt der chinesische Einfluss auch in diesem Bereich, denn
Der kleinere Regionaljet ARJ21 ist bereits für einige chinesische Airlines unterwegs, im Bild für Chengdu Airlines.
die Produktion erfolgt teilweise mit chinesischen JointVenture-Partnern, wie zum Beispiel Liebherr für die Entwicklung und Fertigung des Fahrwerks in Changsha und Honeywell Aerospace für das Fly-by-Wire-System in Xi'an. Das kleinere Regionaljet-Modell ARJ21 ist ebenfalls mit westlicher Technik ausgestattet, wie Turbinen von General Electric. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass die ausländischen Firmen ihre beste Technologie eingebracht haben, um sich zu schützen. Im Januar 2021 setzten die USA COMAC auf eine schwarze Liste für mit dem chinesischen Militär verbundene Unternehmen. Seither bedürften US-Geschäfte mit dem Hersteller einer Prüfung.
Zehn neue Flughäfen pro Jahr
Auch die Betriebsdauer steigt, die Flotte wird durchschnittlich länger in Betrieb gehalten. Entsprechend nimmt mit einer höheren Anzahl und längerem Betrieb der Maschinen auch der Wartungsbedarf zu. Um diesem gerecht zu werden, sind Ausrüstungsgegenstände für Reparaturen sowie speziell ausgebildetes Personal gefragt. Airbus geht von 154.000 benötigten neuen Technikern bis 2041 aus. Dies bietet sowohl Herstellern von Reparaturwerkzeugen als auch Dienstleistern für Berufsbildung weitere Geschäftsmöglichkeiten.
Um dem steigenden Luftverkehr zu entsprechen, strebt die chinesische Regierung an, bis Ende 2035 über 400 zivile Verkehrsflughäfen in Betrieb zu nehmen. Dies entspricht einem Anstieg von 150 Flughäfen gegenüber den 241 zertifizierten Flughäfen im Jahr 2020 und bedeutet, dass China bis 2035 durchschnittlich etwa zehn neue Flughäfen pro Jahr eröffnen wird.
Das Wachstum bei Frachtflugzeugen übertrifft das von Linienflugzeugen deutlich. Das liegt zum einen daran, dass sich der Welthandel insgesamt erhöhen soll – Airbus erwartet eine Verdopplung in den nächsten 20 Jahren. Zum anderen profitiert China von einer Zunahme des innerchinesischen Frachtvolumens. Es soll bis 2027 um jährlich 14,6% auf 12 Mio t zunehmen. Beim chinesischen Frachtverkehr mit anderen Ländern hingegen ist bis 2041 mit jährlichen Wachstumsraten von bis zu 7,3% zu rechnen.
Nischen punkten mit Absatzchancen
An der Entwicklung des chinesischen Luftfahrtmarkts können nicht nur Großkonzerne partizipieren. Insbesondere in Nischen bestehen für deutsche Firmen grundsätzlich gute Möglichkeiten, wenngleich es gilt, Risiken zu berücksichtigen.
Um dem großen lokalen E-Commerce-Bedarf für zusätzlichen Frachtraum nachzukommen, werden Passagierflugzeuge auch umgebaut. Im Bereich des CargoRetrofitting bieten sich Chancen für deutsche Zulieferer,
so der Geschäftsführer des deutschen Handelsunternehmen Melchers in Beijing, Mike Hofmann. Er sieht gleichfalls Möglichkeiten bei Spezialprogrammen wie dem ARJ21. Dieser wird mittlerweile auch als Frachtflugzeug verwendet. Weitere Einsatzmöglichkeiten bestehen als Privatflugzeug von Geschäftsreisenden sowie als Modell für besondere Einsätze zur Rettung oder als Löschflugzeug.
Für chinesische Fluglinien sind internationale Referenzen der Produkte ein wichtiges Kriterium für den Einkauf. Dies kann für etablierte deutsche Zulieferer einen Vorteil darstellen, dagegen für Start-ups die Kaufanbahnung erschweren.
Staatsunternehmen dominieren den Markt
Kleinere Unternehmen können selbstverständlich weniger Verhandlungsgewicht einbringen und müssen in China besondere Umstände berücksichtigen: Daher sollte wegen der zunehmend komplexeren Rahmenbedingungen die China-Strategie innerhalb eines Unternehmens Chefsache sein. Als Faktor ist die zunehmende Politisierung des Geschäftsumfelds zu beachten, bei dem ideologische Interessen vor Wirtschaft gestellt werden.
Anspruchsvoller werden auch Compliance-Regelungen von beiden Seiten, welche das China-Geschäft zum Balanceakt machen. Der demografische Wandel in China mit einem Rückgang der Bevölkerung könnte die künftige Entwicklung im Markt gefährden, zeichnet sich aber noch nicht im Passagier- und Frachtaufkommen ab. Um sich im Markt langfristig zu positionieren, betreiben die ausländischen Hersteller zum Teil mit lokalen Partnern vor Ort Entwicklungszentren. :::
F&E vor Ort: Airbus und Boeing
ASIA BRIDGE ::: Airbus und Boeing sind beide in China breit mit Niederlassungen für unterschiedliche Geschäftsfelder aufgestellt. Airbus ist mit allen seiner drei Geschäftseinheiten, Zivilluftfahrt, Helikopter sowie Verteidigung und Raumfahrt, vertreten und beschäftigt über 1.900 Mitarbeiter, etwa ein Viertel der produzierten Flugzeuge lässt das Unternehmen in China fertigen. Boeing ist seit über 50 Jahren im chinesischen Luftfahrtmarkt präsent und beschäftigt mittlerweile über 2.200 Angestellte in drei Niederlassungen und vier Joint Ventures.
Wie in anderen Branchen versuchen sie, ihre Produkte an den lokalen Markt anzupassen. Dafür betreiben beide Forschungseinrichtungen vor Ort. Airbus besitzt seit 2019 in Shenzhen ein auf die Kabineneinrichtung ausgerichtetes Innovationszentrum.
Ein weiterer Fokus liegt auf nachhaltiger Kabinenausrüstung und deren End-of-Life-Recycling. Boeing startete bereits 2012 ein gemeinsames Forschungszentrum mit COMAC. Im November 2022 teilte Boeing mit, die Forschungszusammenarbeit auszuweiten. :::
Vietnam im Zentrum asiatischer Lieferketten –Umbruch oder Anpassung?
Die Zeit, in der die globalen Lieferketten leise und verlässlich, stets nach der Suche nach Effizienzsteigerungen und Kostenvorteilen vor sich hin arbeiteten, scheint nach mehreren von Pandemien, geopolitischen Spannungen und sogar von Krieg bestimmten Jahren erstmal vorbei zu sein. Stehen wir wirklich vor einem globalen Umbruch oder erfolgt lediglich eine Anpassung?
VON MICHAEL WEKEZER, RÖDL & PARTNER ::: Die Tatsache, dass Vietnam nunmehr im Zentrum vieler Lieferketten steht, kann nicht bestritten werden: 2022 gab es ein Wirtschaftswachstum von über 8%, über 25 Mrd Euro ausländischer Direktinvestitionen flossen in das Land (ein Zuwachs von über 10% im Vergleich zu 2021), wobei die Investoren meist aus Asien kamen. Europäischer Spitzenreiter war 2022 Dänemark durch eine Großinvestition des weltbekannten dänischen Herstellers von SpielzeugBauklötzen.
Eine Alternative in der Diversifizierung
Was sind die Gründe für den stetigen Zufluss von Investitionen und dem damit einhergehenden Aufbau von Produktionsstätten? Hier kann man einige lokale und globale Faktoren identifizieren.
Ein globaler Trend, von dem Vietnam profitieren kann, ist eine Hinwendung zur Regionalisierung, also die regionale Bedienung von Abnehmern eines Produktes: das Werk, welches den chinesischen Markt beliefert, steht in China, die Produktionsstätte für Südostasien in Vietnam, Thailand oder Malaysia. Dies kann logistische oder operative Vorteile haben und schützt ebenfalls vor geopolitischen Risiken durch Diversifizierung: ist ein Land oder
eine Region von geopolitischen Spannungen betroffen, kann die Produktion zumindest teilweise aus der Region verlagert werden.
Viel berichtet wird ebenfalls von einem vermeintlichen Exodus produzierender Unternehmen aus China. Es ist zwar richtig, dass auch Standorte im Reich der Mitte von Herausforderungen betroffen sind: die Kosten steigen und es wird schwierig, qualifizierte Mitarbeiter aus Europa für chinesische Standorte zu gewinnen. Insbesondere im USA-Geschäft gibt es zudem vielfältige Risiken durch plötzlich auftretende Importtarife oder Restriktionen im Hinblick auf die Verbringung von Technologien aus den USA nach China. Auch die geopolitischen Risiken sind hier zu beachten, also die potenzielle Sanktionierung der chinesischen Produkte wegen Beijings Russland-Nähe oder wegen etwaiger Spannungen um Taiwan.
Die Realität scheint vielmehr zu sein, dass China für viele Unternehmen unverzichtbar ist und bleibt und zwar wegen der dort schon seit vielen Jahren ansässigen Produktionsstätten, die qualitativ hochwertige Produkte effizient herstellen. Auch ist der chinesische Markt für viele Unternehmen so groß, dass er effizient aus dem nicht-chinesischen Ausland kaum bedient werden kann. Nichtsdestoweniger hinterlässt der Wunsch vieler Unter-
nehmen, die eigene Lieferkette nicht ausschließlich von China abhängig zu machen eine Lücke, die von einigen südostasiatischen Ländern und insbesondere Vietnam geschlossen wird.
Lokal kann Vietnam immer noch durch vergleichbar niedrige Kosten überzeugen, wobei auch hier die Preise für gewerbliche Immobilien und auch Gehälter anziehen. Zudem ist Vietnam politisch vergleichsweise stabil, was eine belastbare Planung ermöglicht. Die Rahmenbedingungen für ausländische Direktinvestitionen sind weitgehend liberalisiert, ohne dass in den meisten Bereichen lokale Partner oder lokale Beteiligungen an Gesellschaften erforderlich wären. Zudem profitiert das Land von dem Freihandelsabkommen mit der EU (EU FTA), aber auch von den ASEAN-Verträgen. Das EU FTA kann im Hinblick auf vergünstigte Importtarife von Bedeutung sein, ist aber auch zunehmend im Bereich der Angleichung von Standards einschlägig. Dies macht das Land als Produktionsstandort insbesondere dann interessant, wenn in die EU exportiert werden soll, aber auch wenn die in Vietnam hergestellten Güter ihre Abnehmer in Südostasien finden sollen.
Insbesondere im High-Tech-Sektor, aber auch in der Software-Entwicklung, bietet Vietnam proaktiv steuerliche Vorteile an, für Unternehmen, die in diesen Bereichen in Vietnam aktiv werden wollen. Üblicherweise besteht diese in einer zeitlich befristeten Befreiung von der Körperschaftsteuer mit einem dann folgenden Rabatt auf den anwendbaren Steuersatz. Auch außerhalb des High-Techoder Software-Sektors sind steuerliche Anreize verfügbar, wenn sich ein Unternehmen in einem sozioökonomisch benachteiligten, also wirtschaftlich weniger entwickelten, Landesteil ansiedelt. Dies kann sinnvoll sein für Unternehmen, die keine hochqualifizierten Mitarbeiter benötigen und mit einer weniger entwickelten Transportinfrastruktur umgehen können.
Herausforderungen
Natürlich hat Vietnam auch Herausforderungen zu bieten. Im Vergleich zu Thailand oder Malaysia ist es vergleichsweise schwierig, lokale Lieferanten zu finden, die
die gewünschte Qualität und Quantität zum vereinbarten Zeitpunkt verlässlich liefern können. Gleichzeitig ist aber auch hier eine recht dynamische Entwicklung zu erkennen, die das Problem voraussichtlich in den nächsten Jahren wird lindern können: fokussierte sich die Produktion in Vietnam in der Vergangenheit auf Textilien und Schuhe, so ist eine Bewegung zur Herstellung von elektronischen und elektrischen Geräten und auch zum Maschinenbau zu beobachten, was mittelfristig zu einer Verbesserung der lokalen Lieferketten führen sollte. Ebenfalls lässt die Infrastruktur vielerorts zu wünschen übrig. Trotz der im regionalen Vergleich relativ verlässlichen politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, kommen intransparente Verwaltungsentscheidungen im Einzelfall vor.
Ebenfalls erfordert die Einbindung einer vietnamesischen Produktionsstätte in die Lieferkette eines Unternehmens sorgfältige Planung. Je nach Geschäftsmodell und Komplexität der jeweiligen Lieferkette (woher kommen die Rohstoffe, wird ausschließlich für den Export oder auch für den lokalen Markt produziert), stehen verschieden Modelle zur Verfügung, um die jeweiligen Transaktionen aus zoll- und umsatzsteuerrechtlicher Sicht in Vietnam abzubilden. So kann es abhängig von dem Volumen der Transaktionen wirtschaftlich einen Unterschied machen, ob die Umsatzsteuer erhoben und erstattet wird, oder gar nicht erst anfällt.
Man wird ebenfalls sehen müssen, ob vietnamesische Unternehmen (inklusive der vietnamesischen Tochtergesellschaften von deutschen Unternehmen) von den erhöhten Anforderungen an Lieferketten, wie nun im deutschen Lieferkettengesetz und künftig vermutlich in einem europäischen Pendant gefordert, profitieren werden oder nicht. Das heißt, ob sie die Anforderungen ihrer deutschen und europäischen Geschäftspartner mit weniger Aufwand erfüllen können als ihre Wettbewerber in der Region.
Umbruch oder Anpassung?
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die grundlegenden Mechanismen der Lieferketten immer noch gelten: sei es für Großkonzerne oder Mittelständler. Globale Lieferketten gehören nicht der Vergangenheit an, sie folgen lediglich angepassten Anforderungen. Aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen müssen Lieferketten nunmehr flexibel auf wirtschaftliche und geopolitische Herausforderungen reagieren können. So macht Reshoring Sinn, wenn etwa die Transportkosten hoch sind, alternative Standorte hingegen sind zu betrachten, um von den Bestimmungen von Freihandelsabkommen zu profitieren. Dies führt wiederum zur Diversifizierung von Standorten, wobei Vietnam für viele deutsche Unternehmen eine interessante Option darstellen kann. :::
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Next Step im China-Europa-Markt: Digitalisierung
Nicht nur die Corona-Pandemie hat uns aufgezeigt, dass Lieferketten sehr fragil sind und dass Logistikprozesse teilweise noch rudimentär gehandhabt werden. Vor allem der derzeitige Arbeitskräftemangel verursacht schwerwiegende Kapazitätsengpässe.
VON JULIANNA STRAIB-LORENZ ::: Wer ein ausgelastetes Schiff hat, aber keine Men-Power, die die Ware verlädt, kann sein Geschäft trotzdem nicht halten. Hinzu kommen steigende fixe und variable Kosten wie Strom und Diesel. Dies führt dazu, dass bestimmte Logistikprozesse einfach nicht mehr händelbar sind. Zu diesen ganzen Herausforderungen, die 2023 auf uns warten, kommen vor allem im EuropaChina-Geschäft, die üblichen „Import-Probleme“. Doch wie könnte die Lösung aussehen?
Herausforderungen für Logistiker heute
Die Corona-Krise hat gezeigt, dass jahrelang bewährte, stabile Lieferketten innerhalb kürzester Zeit zusammenbrechen können. Heute ist die Krise zwar vorbei, doch teilweise bleiben die Lieferketten dennoch unterbrochen. Für viele hat die Pandemie ein nie da gewesenes Loch in die Unternehmensstrukturen gerissen. Einige haben es nicht überlebt und die, die überlebt haben, müssen sich in Zukunft Gedanken machen, wie ihre Lieferketten wieder stabil werden und kalkulierbar bleiben. Hier ist der Lösungsansatz auf jeden Fall ein gutes und breit aufgestelltes Netzwerk von erfahrenen Logistikpartnern.
Hinzu kommt, dass in der Logistik die Digitalisierung erst in den Kinderschuhen steckt. Viele Logistikprozesse werden noch rudimentär gehandhabt, von Digitalisierung keine Spur. Aufträge werden manuell erfasst, die Schnittstellen von Kunde und Logistikanbieter sind nicht
ausgearbeitet und können nicht miteinander kommunizieren. Mitarbeiter arbeiten doppelt oder dreifach an der gleichen Sache. Hier ist der Lösungsansatz eine flexible und moderne Plattform- oder Cloud-Lösung. Mit Schnittstellenmöglichkeiten, die mit jedem Kunden-System kommunizieren können. Denn wenn Mitarbeiter sich die Zeit für doppelte Tätigkeiten sparen, können sie sich auf wichtigere Aufgaben konzentrieren. Hier kann dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden.
Entsprechend führen Kapazitätsengpässe dazu, dass Ware einfach nicht transportiert wird und dann zu spät beim Kunden ankommt. Hier wäre der richtige Lösungsansatz ein digitales Tool oder eine Plattform, die dabei hilft, Frachten vorausschauend und kalkulierbar zu planen. Dafür ist ein stabiles Netzwerk von Logistikpartnern nötig, die nicht nur zuverlässig in der Warenbewegung sind, sondern auch kalkulierbare Preise haben. Also Preise, die nicht einfach exorbitant erhöht werden.
Das ist in der Logistikkette oft Realität: Globalplayer erhöhen von heute auf morgen ihre Frachtraten, auch wenn ein Agreement besteht. Und wenn der Kunde nicht bezahlt, wird die Ware eben stehen gelassen.
Hier ist der Lösungsansatz tatsächlich einfach, wenn man mal ein Auge auf die kleinen und mittelständischen Unternehmen im Logistikgewerbe wirft. Dort wartet die Möglichkeit, ein stabiles Netzwerk aufzubauen und auch die Sicherheit, dass ihre Agreements auch eingehalten
werden. Es ist eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Natürlich sind kleine und mittelständische Logistikdienstleister auch von Frachtraten abhängig, die auf dem Weltmarkt gehandelt werden, doch treiben sie die Gewinnmarge nicht ins Unermessliche.
Dazu kommen noch die ganz normalen, alltäglichen „Import-Herausforderungen“, die man bei ChinaGeschäften so kennt. Hier hat man tatsächlich ein unkalkulierbares Risiko, wenn man Ware in die Volksrepublik sendet und nicht den richtigen Partner vor Ort sitzen hat: Verzollungsprobleme, die Ware wird nicht aus dem Lager abgeholt, der Nachlauf zum Endkunden wird nicht organisiert. Hier kennen sich nur Insider aus.
Egal ob Kunde oder Logistikdienstleister in Europa oder China, zuverlässige Partner auf der anderen Seite sind unerlässlich.
Digitalisierung und Netzwerkausbau
Genau an diesem Knackpunkt setzen Start-ups wie zum Beispiel die e-mundi Technology GmbH oder der chinesische Partner Pacific SCM an. Entstanden sind sie in der Corona-Krise, angefeuert durch die steigende Nachfrage aus dem E-Commerce und vor allem durch chinesische Kunden, die keine festen Partner im europäischen Raum für den Nachlauf hatten.
Grundsätzlich sollten solche Dienstleister ein komplettes Portfolio anbieten können, welches vor allem umfasst:
• Abholung der Ware auf europäischer oder chinesischer Seite auch im Express-Format
• Verfrachtung der Ware in jedem Transportsegment (See, Luft, Bahn, Straße)
• Importbrokering mit Verzollungserfahrung
• Nachlauf zum Endkunden – regional unabhängig
Nach der Corona-Pandemie setzen die nun krisengetesteten Logistikdienstleister im mittelständischen Segment an. Dort darf man davon ausgehen, dass keine exorbitanten Gewinnmargen verlangt werden und auf Zuverlässigkeit gesetzt wird. Hier ist Kundenbindung wichtig. KMUs haben nicht die Macht, Preise zu diktieren, dafür wird auf Kundenzufriedenheit gesetzt. Denn entweder wird der Kunde durch Preisdruck vergrault oder es entstehen Synergien, die weiter ausgebaut werden. Auch kleine und mittelständische Player haben eine Chance, auf dem Markt zu bestehen. In solch leistungsstarken und bewährten Netzwerken, die Kunden das höchste Maß an Flexibilität zu fairen Konditionen bieten können, liegt die Zukunft.
Bis vor die Haustür – ob in Europa oder China Vor allem bei China-Geschäften gibt es das typische Problem, dass ein stabiles Netzwerk nicht nur aus Hauptlauf und Nachlauf besteht, also klassisch DAP (Delivered at Place) geliefert wird, sondern auch DDP (Delivered Duty Paid) geliefert werden kann. Das bedeutet: Europäischen Kunden war es ohne einen chinesischen Partner nicht möglich, DDP-Sendungen in die Volksrepublik zu liefern. Dabei ist die Vertrauensbasis entscheidend, denn China hat genauso wie Amerika seine Exportkontrolle extraterritorial ausgeweitet. Hinzu kommen dann noch die gängigen Fakturierungsprobleme.
Und wie unterscheiden sich jetzt kleine und mittelständische Logistikdienstleister oder Start-ups von der gängigen Range? Sie bieten nicht nur das Rundum-Sorglos Paket bei Door-to-Door-Geschäften für den Kunden an, sondern auch moderne Plattformlösungen, die flexibel programmierbar sind. Natürlich besteht für Kunden die Möglichkeit, einen Auftrag manuell zu erfassen, um einen Frachtpreis zu erfragen. Doch die Zukunft in diesem Segment sind Plattformlösungen, die flexibel auf Kundenwünsche reagieren können. Dank Übermittlung im XML-Format können auch fremde Systeme mit ExcelListen befüllt werden.
Nach der Corona-Krise sind neue Start-ups aus dem Boden geschossen und bringen die Logistikbranche ins Zeitalter der Digitalisierung. Es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. :::
Kontakt: info@jsl-knowing.de
Neue Mobilität erobert die Lüfte Japans
VON JÜRGEN MAURER, GTAI ::: Japan will seinen Luftraum intensiver nutzen. Drohnen und Flugtaxis sind dabei zwei Transportmittel, die größere Flexibilität in Mobilitätsfragen bieten. Bei diesem Vorhaben spielen auch deutsche Anbieter eine Rolle. Sie haben früh ein Angebot von Fluggeräten entwickelt, die nun auch in Japan zum Einsatz kommen sollen.
Aus Deutschland haben sich Volocopter und Wingcopter als Branchenakteure in Japan einen Namen gemacht. Volocopter ist gemeinsam mit anderen Partnern für ein Projekt in der Tokyo Bay ausgesucht, um dort die Möglichkeiten der Mobilität im Luftraum sowohl für Drohnen als auch Flugtaxis auszuloten. Die Tokyoter Stadtregierung plant, ab 2025 einen Flugtaxidienst für küstennahe Teile der Metropole einzurichten.
Den Anfang soll jedoch Osaka machen. Mit der Weltausstellung im Jahr 2025 will die Metropole ein neues Kapitel der Mobilität aufschlagen. Ein regelmäßig verkehrender Flugtaxidienst wird das auf einer Insel gelegene Expo-Gelände mit anderen Teilen der Stadt verbinden. Dabei wird auch Volocopter mit seinem eVTOL (electrical Vertical Take-off and Landing)-Fluggerät zum Einsatz kommen.
Lieferung per Drohne
Mit der Advanced Air Mobility Roadmap haben Japans Ministerien für Wirtschaft und Transport 2021 eine Strategie erarbeitet. Diese sieht für das Jahr 2025 regelmäßi-
ge kommerzielle Dienste vor. Air Mobility umfasst dabei automatisierte Luftfahrzeuge ohne Besatzung, die in geringeren Höhen als Flugzeuge betrieben werden. Dazu zählen Drohnen und Senkrechtstarter (VTOL).
In Japan laufen Tests für die Paketlieferung mit ferngesteuerten Drohnen. Der Telekomkonzern KDDI und der Kartendienst Zenrin haben im Januar 2023 einen Drohnenlieferservice in einer bergigen Region der Präfektur Saitama gestartet. Zudem arbeitet KDDI mit seiner Tochter KDDI SmartDrones und dem Startup Aeronext zusammen. Ziel ist es, eine Drohnenlogistik auch für andere Gebiete in Japan zu entwickeln.
Das Start-up Aeronext ist auf die Entwicklung von Drohnendiensten spezialisiert. Es arbeitet seit 2021 mit dem Logistikkonzern Seino und dem Drohnenhersteller ASCL im Rahmen einer Geschäfts- und Entwicklungsallianz zusammen. Um leistungsfähige Geräte für die zukünftige Paketlieferung per Drohne zu sichern, kooperiert auch Japan Post mit ASCL. Anfang 2022 starteten Tests für Drohnenpaketdienste. Dafür hat Japan Post mit dem Internetkonzern Rakuten ein Joint Venture gegründet.
Regulatorisches Umfeld erweitert
Für diese neue Logistik ist das regulatorische Umfeld bereits geschaffen. Im Dezember 2022 hat Japan den Level 4 für Drohnenflüge freigegeben. Damit sind Aktivitäten auch über bewohntem Gebiet und ohne direkten Sichtkontakt der „Piloten“ erlaubt. Dies erhöht die Reich-
Die Regierung in Tokyo verschafft unbemannten Luftfahrzeugen mehr Freiraum. Im Bereich Air Mobility gibt es viele Chancen für Kooperationen.
Sobald die Modelle kommerziell einsatzfähig sind, wird die Nachfrage des Dienstleistungssektors für Flugtaxis und Drohnen wohl riesig sein.
weite von Logistikdiensten per Drohne deutlich. Für Drohnenflüge in nichtbewohnten Gebieten (Level 3 und darunter) oder Drohnenflüge über bewohntem Gebiet (Level 4) ist eine spezielle Lizenz notwendig.
Im Segment Air Mobility waren nach Angaben des Ministry of Land, Infrastructure, Transport and Tourism Mitte 2022 etwa 210.000 Fluggeräte angemeldet. Alle Fluggeräte, die mehr als 100 Gramm wiegen, müssen seit dem 20. Juni 2022 bei der Transportbehörde registriert werden und den Regularien des Civil Aeronautics Act genügen. Drohnen, die leichter als 100 Gramm sind, fallen unter den Drone Act.
Rapides Wachstum im Servicebereich
Das Geschäft mit Drohnen im zivilen Bereich wird in den nächsten Jahren deutlich dynamischer. In Japan soll sich die Marktgröße zwischen den Fiskaljahren 2023 und 2026 auf rund 6 Mrd US-Dollar verdoppeln. Das Segment der Dienstleistungen, das ohnehin bereits den größten Anteil im Drohnenmarkt ausmacht, wird besonders schnell wachsen, geht aus einer Branchenstudie von Impress Media vom Mai 2022 hervor.
Bereits jetzt sind die Luftüberwachung von Infrastruktur sowie Luftaufnahmen und Anwendungen in der Landwirtschaft wichtige Dienstleistungen. Beispielsweise bietet das japanische Startup Terra Drone, das mit dem heimischen Ölkonzern Inpex und dem Handelshaus Mitsui finanzkräftige Rückendeckung hat, Vermessungs- und Kontrolldienste für den Bau- und Energiesektor.
Flugtaxis bald am Himmel zu sehen
Der Transport von Personen soll ebenfalls zeitnah im praktischen Einsatz erfolgen. Im Februar 2023 hat der erste Praxistest mit zwei Insassen in einem automatisierten Flugtaxi in Japan stattgefunden. Diesen führte die Okayama Kurashiki Aero & Space Industry Cluster Study Group (MASC) durch. Sie kooperiert mit dem chinesischen Hersteller EHang.
In die neue Mobilität im Luftraum fließen hohe Investitionen. Japans Fluggesellschaften JAL (Japan Airlines) und ANA (All Nippon Airlines) unterstützen Startups. So hat sich JAL an der Finanzierung der deutschen Volocopter beteiligt und ANA ist ein Investor der ebenfalls deutschen Wingcopter. Beide Airlines, ebenso das
Handelshaus Marubeni und das japanische eVTOL-Startup SkyDrive haben für die Expo 2025 in Osaka Lizenzen für Flugtaxidienste erhalten.
Internationale Kooperationen
Japans Drohnen- und VTOL-Markt ist international aufgestellt. Toyota investiert in das US-Unternehmen Joby Aviation. Ein Investitionsfond des saudi-arabischen Ölriesen Saudi Aramco beteiligt sich an der Finanzierung von Terra Drone. Die europäische Airbus kooperiert mit dem japanischen Flugdienstanbieter Hiratagakuen.
Die Liste der Kooperationschancen für Services wie auch Hardwarezulieferung ist lang. Japans größter KfzTeile-Produzent Denso liefert elektrische Motoren für das Flugauto der deutschen Firma Lilium. Internationale Drohnen- und VTOL-Entwickler greifen auf den japanischen Karbonfaserhersteller Toray zurück, um stabile und leichte Rümpfe für ihre Fluggeräte zu konstruieren. :::
Entwicklung des Servicemarktes für Drohnen in Japan in den Fiskaljahren 2022 bis 2027* (in Mio US-Dollar)
Wichtige Adressen
Regularien: Flight Rules for Unmanned Aircraft www.mlit.go.jp/en/koku/uas.html
Drone Act www.npa.go.jp/english/uas/uas.html
Radio Equipment for Unmanned Aircraft www.tele.soumu.go.jp/e/sys/others/drone/
Institutionen: Japan UAS Industrial Development Association (JUIDA) uas-japan.org/en/
Japan UTM Consortium (JUTM) jutm.org/en/
Thailands Biokraftstoff-Hersteller suchen nach Alternativen
Die Nachfrage nach Biodiesel und -ethanol in Thailand wird mittelfristig sinken. Die Produzenten haben aber schon neue Vorhaben im Blick.
VON THOMAS HUNDT, GTAI ::: Thailand war im Jahr 2021 der weltweit siebtgrößte Hersteller von Biokraftstoffen. Umgerechnet in Öläquivalente wurden durchschnittlich etwa 6,4 Mio l pro Tag produziert. Die Hersteller steigerten ihren Output seit 2008 um das Vierfache.
Erfolgsgeschichte von Bioethanol geht zu Ende Eigentlich sollte die Herstellungsmenge gemäß dem „Nationalen Plan für alternative Energien“ aus dem Jahr 2018 inzwischen bei 7,5 Mio l Ethanol und 8 Mio l Biodiesel pro Tag liegen. Die Nachfrage wuchs aber nicht so stark wie prognostiziert.
Das Energieministerium erstellt derzeit neue Pläne für alternative Energien und geht davon aus, dass mittelfristig noch weniger Biokraftstoffe benötigt werden. Der Kraftstoffabsatz für Verbrenner dürfte im Jahr 2027 seinen Höhepunkt überschreiten.
Elektrofahrzeuge werden auch im Königreich Verbrenner verdrängen, so Experten. Die Regierung möchte, dass 2030 rund 30% der in Thailand hergestellten Fahrzeuge emissionsfrei sind. Sie will damit die Emissionen von Kohlendioxid senken und das Land zum führenden Produktionszentrum für E-Autos in der Region machen. Bis zu einer emissionsfreien Fahrzeugflotte ist es aber ein weiter Weg. Ende 2022 waren 43,4 Mio Kraftfahrzeuge registriert, davon waren nur knapp 32.000 vollelektrische Modelle.
Benzinmischungssätze werden überarbeitet
Ein Regierungskomitee passt die Mischungssätze von Bioethanol und Benzin an. Dabei berücksichtigen die Experten auch die Versorgungslage des Landes mit den beiden Rohstoffen Melasse und Maniok. Ungefähr zwei Drittel des Bioethanols wird aus Melasse, einem Nebenerzeugnis der Zuckerproduktion, erzeugt. Der Rest wird aus Maniok gewonnen.
Im Jahr 2024 sollen Mischungen mit 10% (E10) und 85% (E85) Ethanol auslaufen und nur das E20-Benzin bestehen bleiben. Die Absatzmengen an Bioethanol dürften mit der Beendigung von E85 zurückgehen. Das Energieministerium berichtet, dass Ende 2022 in Thailand 27 BioethanolAnlagen über eine Gesamtkapazität von etwa 6,6 Mio l pro Tag verfügten.
Neue Chancen dank Bioplastik
Einige Hersteller wollen nun in neue Verfahren wie die Herstellung von Biokunststoffen investieren. Der thailändische Konzern SCG Chemicals und die Firma Braskem aus Brasilien prüfen beispielsweise, ob sie in eine
Bioethanol-Dehydrationsanlage in Thailand investieren. Diese könnte zur Herstellung von Bioethylen und biobasiertem Polyethylen dienen. Braskem ist einer der weltweit größten Hersteller von Biopolymeren. Bild: faak,
Palmöl speist Biodiesel
Thailand stellt seit 2007 außerdem Biodiesel her. Die Hersteller verwenden als Rohstoff Palmöl. Ungefähr die Hälfte der Palmölernte fließt in die Produktion von Biodiesel. Dieser wird dann dem Standarddiesel beigemischt.
Die Regierung ändert je nach Bedarf die Mischverhältnisse, um die Produktion der Biovariante an die Verfügbarkeit und Preise von Palmöl anzupassen. Die Erntemengen schwanken allerdings je nach Wetterbedingungen erheblich.
Der Beimischungsanteil startete bei 2%. Im Jahr 2012 wurde der Satz auf 5% und 2014 dann auf 7% erhöht. Das Energieministerium führte 2019 eine Beimischung von 10% (B10) und eine Variante mit 20% (B20) für Nutzfahrzeuge ein. B10-Biodiesel soll nach den aktuellen Plänen als einziger Standard bestehen bleiben.
Die insgesamt 15 Hersteller von Biodiesel haben ihre Kapazitäten seit 2020 von 8,5 Mio auf über 10 Mio l pro Tag erweitert. Im Jahr 2022 waren sie jedoch zu weniger als 40% ausgelastet. Ihr Produkt wird vollständig im Inland verbraucht. Auch Einfuhren spielen keine Rolle und würden eine Genehmigung benötigen.
Umstellung auf nachhaltiges Flugbenzin
Auch die CO2-Emissionen des Luftverkehrs sollen sinken. Daher erarbeitet eine Arbeitsgruppe des Energieministeriums derzeit Richtlinien für Produktion und Absatz von nachhaltigem Flugkraftstoff (Sustainable Aviation Fuel, SAF). Flugzeuge tankten 2022 in Thailand ungefähr 3,3 Mrd l Kerosin. Der Verbrauch dürfte spätestens 2024 wieder das Niveau vor der Corona-Pandemie von mehr als 7 Mrd l erreichen. Dann sollen die Flugzeuge auch mit SAF betankt werden.
Der internationale Markt für SAF gilt als vielversprechend. Allein die Europäische Kommission plant eine Beimischung von SAF in Kraftstoffe, die an EU-Flughäfen geliefert werden. Die Mindestanteile des nachhaltigen Kraftstoffs sollen schrittweise von 2% im Jahr 2025 auf 63% im Jahr 2050 erhöht werden.
Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation legt genaue Nachhaltigkeitskriterien für erneuerbare Biomasse als Ausgangsstoff für SAF im Rahmen ihres „Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation“ fest. So sollen Ausgangsstoffe, die sich auch für die Herstellung von Nahrungsmitteln eignen, nicht eingesetzt werden. Das SAF aus Thailand muss diese Kriterien erfüllen, um zertifiziert zu werden.
Die Aktiengesellschaft Bangchak kündigte im Dezember 2022 an, dass sie SAF aus gebrauchtem Speiseöl gewinnen möchte. Der Raffineriebetreiber gründet dafür ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Biokraftstoffhersteller BBGI und dem Pflanzenölverwerter Thanachok. Die Anlage soll über eine Kapazität von 1 Mio l an SAF pro Tag verfügen und bis Ende 2024 den Betrieb aufnehmen.
Mehrere Unternehmen des nationalen Öl- und Gaskonzerns PTT untersuchen, ob sie SAF aus Ester, Fettsäuren oder Alkohol erzeugen können. Die thailändische Firma Energy Absolute möchte eine Biodieselerzeugungsanlage auf nachhaltige Kraftstoffe für Flugzeuge umstellen. Die neue Technologie soll der Schweizer Spezialist Sulzer Chemtech implementieren. :::
Elf neue Flughäfen für Vietnam
Acht neue Airports will die vietnamesische Regierung bis 2030 errichten. Drei weitere sollen bis 2050 folgen, und bestehende Flughäfen werden erweitert.
VON PETER BUERSTEDDE, GTAI ::: Vietnams Flughäfen sind stark überlastet. Die Passagierzahlen dürften in den kommenden Jahren noch weiter steigen. Die Regierung in Hanoi erwartet für 2030 einen Anstieg auf 278 Mio Passagiere pro Jahr. Zum Vergleich: Im Vor-Corona-Jahr 2019 waren es nur 55 Mio Besucher gewesen.
Nationaler Masterplan zum Ausbau
Der Ausbau der Flughafeninfrastruktur erfolgt in Vietnam nach dem Nationalen Masterplan. Die Ausgabe für den Zeitraum 2021 bis 2030 steckt in den letzten Zügen. Der Plan ist wichtig, weil Vorhaben, die dort nicht aufgeführt sind, kaum eine Chance auf eine Verwirklichung haben. Entsprechend haben viele Provinzen in den vergangenen Monaten versucht, ihre Projekte dort unterzubringen.
Das zuständige Transportministerium hat wiederholt Anpassungen vorgenommen. Dabei hat es Vorschläge für neue Flughäfen in Bac Giang, Ha Giang, Ninh Binh, Ha Tinh und Bin Phuoc verworfen. In der jüngsten Vorlage von Mitte Februar 2023 hat das Ministerium mit Thanh Son und Bien Hoa aber noch zwei Militärflughäfen aufgenommen, die gleichzeitig für eine zivile Nutzung umgerüstet werden.
Zu den 22 zivilen Airports, die derzeit in Vietnam in Betrieb sind, könnten laut Plan bis 2030 acht und bis 2050 drei weitere hinzukommen. Für neue Flughäfen und den
Ausbau der bestehenden Infrastruktur sollen bis 2025 rund 12 Mrd US-Dollar investiert werden. Bis 2030 könnten es etwa 17 Mrd bis 18 Mrd Dollar sein.
Sechs kleinere Flughäfen mit bis zu 1,5 Mio Passagieren in der ersten Bauphase sollen vor allem die regionale Wirtschaftsentwicklung und den Tourismus vorantreiben. Weitaus größer sind zwei Vorhaben im Großraum HoChi-Minh-Stadt (HCMS). So soll ein Militärflughafen nordöstlich der Stadt in Bien Hoa für die zivile Nutzung umgerüstet werden und 2030 immerhin 5 Mio Passagiere aufnehmen können. Das Vorhaben soll aber nur umgesetzt werden, wenn sich ein privater Investor findet.
Bereits in der Umsetzung befindet sich das mit Abstand größte Projekt des Masterplans. Der neue Flughafen Long Thanh östlich von HCMS soll schon im September 2025 etwa 25 Mio Passagiere abfertigen können und den Airport von HCMS entlasten.
Neben dem Bau neuer Flughäfen sieht der Masterplan den Ausbau bestehender Airports vor. Der Flughafen von Hanoi, Noi Bai, zählte 2019 rund 29 Mio Passagiere, ist aber lediglich auf 25 Mio ausgelegt. Auch die zwei Terminals des Flughafens Tan Son Nhat in HCMS waren für 25 Mio Passagiere gedacht. Im Jahr 2019 wurden dort sogar 41 Mio Menschen abgefertigt. An beiden Standorten sowie in Danang soll jeweils ein dritter Terminal hinzukommen. In HCMS hat der Bau Ende 2022 begonnen.
Für 2030 erwartet man in Vietnam jährlich 278 Mio Passagiere.
Immer mehr Waren heben ab
Der Luftfrachttransport wird sich gemäß Prognosen ebenfalls sehr dynamisch entwickeln. Die Wachstumsaussichten gelten als gut, da in den vergangenen Jahren Hersteller von Elektronik wie Samsung und LG sowie Auftragshersteller von Apple, wie Luxshare, Foxconn und Pegatron, ihre Investitionen in Vietnam massiv ausgebaut haben. Deren höherwertige Produkte werden vielfach per Luftfracht verschifft. Der Flughafen Long Thanh soll neben 25 Mio Passagieren ab 2025 auch 1,2 Mio t Fracht abfertigen können.
Knackpunkte: Umsetzung und Finanzierung
Nach Meinung von Experten sind die größten Hürden für die Verwirklichung des Masterplans die technische Umsetzung und die Finanzierung. Bei der Umsetzung großer Infrastrukturprojekte kommt es in Vietnam immer wieder zu starken Verzögerungen, die zu Konflikten zwischen den Bauherren und den ausführenden Firmen führen. Ein Problem ist häufig die Enteignung der Grundstückbesitzer und die Räumung der Grundstücke für die Arbeiten. So hat sich beim neuen Flughafen Long Thanh die Räumung der Grundstücke verzögert. Sie soll aber noch im ersten Quartal 2023 abgeschlossen werden. Unklarheit darüber, wer bei Verzögerungen die Verantwortung
trägt sowie die kurze anvisierte Bauzeit sollen internationale Baukonzerne abgeschreckt haben. Daher bewarb sich bei einer Ausschreibung im September 2022 für die technische Infrastruktur des Flughafens trotz wiederholt aufgeschobener Abgabefrist nur ein Konsortium um den Auftrag.
Ein weiterer Knackpunkt ist die Finanzierung. Der Staat und das Staatsunternehmen Airports Corporation of Vietnam (ACV) wollen etwa zwei Drittel der Investitionen des Masterplans direkt finanzieren. ACV hat derzeit ein Monopol auf den Betrieb von Flughäfen. Ausländische Unternehmen dürfen laut Gesetz einen Anteil von maximal 30% an Betreiberfirmen von Terminals besitzen.
Geplant ist daher keine Privatisierung, sondern die Einbeziehung privater Investoren über Public-privatePartnership-(PPP-)Vorhaben. Größere Projekte und die wichtigsten Neubauvorhaben wollen Staat und ACV direkt finanzieren. Kleinere Flughäfen oder auch einzelne Ausbauprojekte plant die Regierung als PPP-Vorhaben.
Allerdings gilt die Gesetzgebung trotz eines neuen PPP-Gesetzes aus dem Jahr 2021 noch nicht als ausgereift. Die Regierung will sie anpassen. Vor allem fehlt es aber an praktischer Erfahrung mit der Umsetzung. Daher soll der Ausbau des Flughafens in Dong Hoi als Pilot-PPP-Projekt erfolgen. Zuvor war 2018 als erstes der Van-Don-Flughafen in Quang Ninh vom inländischen Konglomerat Sungroup mit Unterstützung des niederländischen Beratungsunternehmens Naco fertiggestellt worden.
Auf wie viel Investoreninteresse die Vorhaben stoßen werden, wird erst die Zeit zeigen. Die Rückzahlungszeiträume gelten mit bis zu 50 Jahren als sehr lang. Zudem machten nach Informationen des Transportministeriums alle Flughäfen in Vietnam mit weniger als 2 Mio Passagieren in den vergangenen Jahren Verluste. :::
Flughafeninvestitionen in Vietnam 2021 bis 2025 (Investitionssumme in Mio US-Dollar)
Flughafen
Long Thanh International, Long Thanh
Noi Bai International, Hanoi
Cam Ranh International, Cam Ranh
Da Nang International, Da Nang
Vorhaben
Phase 1 für neuen Flughafen mit Terminal für 25 Mio Passagiere jährlich
Ausbau Terminal 1 und 2, neuer Terminal 3
Ausbau Terminals und Parkplätze
Ausbau Terminals und Parkplätze
Tan Son Nhat International, Ho-Chi-Minh-StadtTerminal 3
Chu Lai International, Chu Lai
Dien Bien Phu
Con Dao, Insel Con Dao
Quelle: Masterplan zur Flughafenentwicklung 2021
Ausbau Landebahn und Terminal
Ausbau Landebahn, Terminals und Parkplätze
Ausbau Landebahn, Terminals und Parkplätze
Neue Infrastruktur für Thailands Wirtschaftsader
Chinesische Unternehmen sind beim Aufbau von Thailands Eastern Economic Corridor (EEC) wesentlich beteiligt. Doch bei der Finanzierung möchte das Land unabhängiger von der Volksrepublik bleiben.
VON MARCUS HERNIG,GTAI ::: Der Eastern Economic Corridor (EEC) in Thailand soll bis 2027 zu einem führenden Industriestandort Südostasiens werden. Er umfasst die drei Provinzen Chachoengsao, Chon Buri und Rayong, die schon den wichtigsten Wirtschaftskorridor des Landes bilden. Dazu ist der Ausbau von Transport- und digitaler Infrastruktur nötig. Chinesische Firmen werden die Digitalisierung des Korridors umsetzen und zudem neue Hafenterminals bauen.
Deutsche Unternehmen wie Mercedes-Benz und BMW sowie zahlreiche Zulieferer der Automobilindustrie wie Bosch, Brose oder Schaeffler produzieren bereits innerhalb des Korridors. Für die Industrieproduktion im EEC erwartet das Direktorium des Korridors 2023 ein Wachstum von 3,8%. Das ist mehr als doppelt so hoch wie der Landesdurchschnitt von nur 1,6%.
Huawei steuert Digitalisierung bei
Der EEC verbindet die Hauptstadt Bangkok im Norden Thailands mit einer neuen Smart-City-Region um den Flughafen U-Tapao und den Industriehafen Map Ta Phut im Süden. Die hohe Dichte an 26 Industrieparks und sieben Zonen für Forschung und Entwicklung sollen unter anderem den Bau von Elektrofahrzeugen, Innovationen in Medizin- und Biotechnologie sowie die Entwicklung von künstlicher Intelligenz, Big Data und die Flugzeugfertigung ermöglichen.
Dafür wird ein leistungsfähiges und flächendeckendes 5G-Netz ebenso benötigt wie gut ausgebildete IT-Spezialisten. Das amerikanische Telekommunikationsunternehmen CISCO und der chinesische Huawei-Konzern lieferten die Netztechnologie. Im Jahr 2021 hat das EECDirektorium Huawei den Zuschlag erteilt, Trainingszentren für den Betrieb der digitalen Wirtschaft aufzubauen. Bereits 2021 wurden 6.000 Menschen geschult. Im Jahr 2024 sollen weitere 30.000 in die neuesten Huawei-Technologien eingearbeitet werden.
Mit High-Speed zur Airport-City
Bis 2027 sollen Hochgeschwindigkeitszüge Bangkoks Flughäfen Don Mueang und Suvarnabhumi mit der neuen rund 200 Kilometer südlich gelegenen Airport-City U-Tapao verbinden. Die Reisegeschwindigkeit der Züge wird 250 km/h betragen. Die Gesamtkosten der Bahnverbindung betragen rund 8 Mrd US-Dollar. Hauptinvestor ist der thailändische Mischkonzern Charoen Pokphand, der rund 4,5 Mrd Dollar bereitstellt. Den Rest übernimmt der Staat in Form einer Public-private-Partnership (PPP). CP wird voraussichtlich chinesische Hochgeschwindigkeitszüge auf der Strecke einsetzen, da der Konzern eng mit der Volksrepublik verflochten ist. Die chinesischen Modelle sind zudem vergleichsweise günstig.
Der neue Airport U-Tapao im Süden des EEC soll mit einer jährlichen Kapazität von 60 Mio Passagieren der mo-
Der Industriehafen Map Ta Phut soll beim Umschlag von LNG eine noch größere Rolle spielen – diese sind die Grundlage der Energieversorgung im EEC.
dernste und attraktivste Flughafen der Metropolregion Bangkok werden. Um den Flughafen entsteht eine neue Smart City. Sie wird von thailändischen Planern nach Vorbild der Aerotropolis von Zhengzhou in China entwickelt.
Unweit des Flughafens liegt der Industriehafen Map Ta Phut. Ab 2026 soll dieser Hafen pro Jahr bis zu 31 Mio t Güter umschlagen. Besonders wichtig ist der Import von flüssigem Erdgas, denn Gaslieferungen sind Grundlage der Energieversorgung im EEC. Jährlich sollen 11 Mio t LNG angelandet werden.
Verknüpfung zwischen Schiff und Schiene Häfen spielen eine zentrale Rolle für die globale Anbindung des ECC. Laem Chabang ist Thailands größter Hafen und ein wichtiger Teil des EEC-Entwicklungskonzepts. Ein Konsortium der thailändischen Konzerne Gulf Energy Development, der Öl- und Gasgesellschaft PPT und des Staatsunternehmens China Harbour Engineering Company wird die Ausbauphase III des Hafens bis 2027 mit zwei neuen Containerterminals umsetzen. Mit Inbetriebnahme bis 2029 soll sich der Warenumschlag des Hafens von 8 Mio auf 18 Mio TEU verdoppeln.
Der vergrößerte Hafen soll es unter anderem erleichtern, die Staaten des Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) mit Produkten aus dem EEC zu beliefern. Die Frachtkapazitäten Richtung Indien und Europa sollen außerdem stark erweitert werden. „Mit den neuen Terminals sind wir in der Lage, Containerschiffe mit einer Ladekapazität von bis zu 22.000 TEU abzufertigen“, sagt Tienchai Makthiengtrong, Direktor der Serviceabteilung des Hafens.
Die Fracht wird verstärkt intermodal über Zug und Straße transportiert. „Züge befördern aktuell nur 7% aller Güter weiter. Das neue Güterzugterminal, was in der Entwicklungsphase III entstehen soll, wird den Anteil auf 30% erhöhen“, erläutert Tienchai Makthiengtrong die Zukunftspläne. Laem Chabang soll an die langfristig geplante Kunming-Singapur-Eisenbahnverbindung von Chinas Belt&Road-Initiative (BRI) angeschlossen werden.
Finanzkraft privater Investoren gefragt
Für solch ambitionierte Pläne benötigt der der Wirtschaftskanal viel Kapital. In den ersten vier Jahren zwischen 2018 und 2022 wurden rund 19 Mrd US-Dollar allein in den Aufbau der Infrastruktur investiert. „Wir setzen dabei auf die Privatindustrie“, sagt Phetcharatana Nongnuth, Thailands ehemalige Botschafterin in Deutschland und nun Sonderberaterin für auswärtige Angelegenheiten des EEC.
Private Investoren müssen 70% des Kapitals beisteuern. Daher werden Projekte des Korridors über das PPPModell finanziert. Die Privatwirtschaft investiert in Infrastruktur und Industrieparks, die öffentliche Hand stellt Flächen und gibt steuerliche Anreize. Phetcharatana Nongnuth betont: „Wir haben aus der Asienkrise 1997 gelernt. Thailand war von US-Banken abhängig und im Ausland extrem hoch verschuldet. Das darf sich mit China nicht wiederholen.“
Damit das PPP-Modell funktioniert, sind bis 2027 jährlich Investitionen von 11,5 bis 14,5 Mrd Dollar notwendig. Die Investoren wählen ihre Partner: Das können chinesische Unternehmen genauso wie Anbieter anderer Länder sein. Kredite an den Staat sind tabu. Die Verantwortung für die Finanzierung liegt bei der Privatwirtschaft, ebenso wie das Erfolgsrisiko. :::
Tiefbau,
Drohnen: „Made in South Korea“ kann alles
VON FRANK ROBASCHIK, GTAI ::: Im Infrastrukturbau gewannen
Hyundai E&C und Dong-Ah Geological sowie Lotte E&C Aufträge zum Bau von Eisenbahnabschnitten in den Philippinen. Diese werden von der Asian Development Bank gefördert. Südkoreanische Firmen beteiligen sich unter anderem am Bau eines Tunnels in Neom in Saudi-Arabien. Samsung C&T könnte in den kommenden Jahren am Bau eines neuen Flughafens südlich von Manila teilnehmen.
Im Bereich der Umwelttechnik baut Taeyoung Engineering & Construction eine große Kläranlage in Bangladesch. Zudem erwarb GS Inima im Februar 2022 einen Anteil von 30% am vietnamesischen Industriewasserversorger Phu My Vinh Construction & Investments. Samsung Engineering beteiligte sich Mitte des letzten Jahres mit 40 Mio US-Dollar am Wasserversorger DNP Water in Vietnam. Die südkoreanische Firma hält damit einen Anteil von 24% an DNP Water, dem nach eigenen Angaben größten privaten Wasserunternehmen in Vietnam.
Öko-Projekt im Herzen der Stadt
Die Lotte Group baut seit September 2022 in Vietnam an einer Eco Smart City (Thu Tiem Eco Smart City). Die Gesamtinvestition soll gemeinsam mit den japanischen Partnern Mitsubishi Corporation, Mitsubishi Estate und Toshiba bei circa 900 Mio Dollar liegen. Dafür entsteht ein Komplex aus Büros, Räumlichkeiten für Dienstleistungen, Hotels und etwa 1.200 Luxuswohnungen in Ho-Chi-MinhStadt. Die Onlinezeitung „The Korea Herald“ berichtet zudem, dass die geplante Shopping-Mall einen Drohnen-Lieferservice anbieten wird.
Das Tochterunternehmen Lotte Global Logistics leistet seinen Anteil zum Megaprojekt mit einem smarten Logistikzentrum in Dong Nai, einer südlichen Provinz des Landes. Es soll über ein Kühlkettensystem und automatisierte Anlagen verfügen und eigene Containerterminals betreiben.
Daewoo E&C begann im Oktober 2022 mit dem Bau des Projekts Starlake B3CC1 in Hanoi. Dieses beinhaltet unter
anderem den Bau von Hotels, Büro- und Handelsflächen auf 70.000 qm, die vornehmlich internationale Konzerne anziehen sollen. Für das Vorhaben erhielt Daewoo E&C im Januar 2022 die Zusage für einen Auftrag von der JR22 Viet Company über 250 Mio Dollar. Die Bauzeit beträgt 40 Monate ab Baubeginn.
Des Weiteren ist GS E&C in Europa im Bereich des modularen Bauens aktiv. Gemeinsam mit der Pickstock Group ist GS Eigentümer von Elements Europe im Vereinigten Königreich und von Danwood in Polen. Elements Europe baut unter anderem ein größeres Hotel in der Hauptstadt Großbritanniens. :::
King & Wood Mallesons (KWM) ist mit zahlreichen Büros in China und Australien nicht nur die führende Kanzlei im asiatisch-pazifischen Raum, sondern mit weit über 3000 tätigen Anwälten an 30 Standorten –darunter 15 Standorte in China und Hongkong – eine der größten Wirtschaftskanzleien weltweit. Wir begleiten nationale und internationale Mandanten bei Investitionskäufen (M&A) und sonstigen Corporate Finance-Transaktionen (einschl. relevanter steuer-, kartell-, arbeits- und kapitalmarktrechtlicher Aspekte) und geben pragmatische Antworten auf die rechtlichen Herausforderungen unserer Mandanten.
King & Wood Mallesons Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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Mark Schaub, International Partner Frankfurt, London, Shanghai mark.schaub@eu.kwm.com kwm.com
Logistik-Hubs,
Im Jahr 2022 akquirierten südkoreanische Firmen im Ausland unter anderem Aufträge zum Bau von Eisenbahnlinien, Tunneln, Straßen, Häfen und Wasseranlagen.
Wenn die Substanz bröckelt, muss ausgebessert werden!
Wenn Wohnungsleerstand und demografischer Wandel auf eine Multidauerkrise und eine ohnehin angeschlagene Wirtschaft treffen, antwortet Japan mit seiner Universalstrategie: niedrige Zinsen, während ausländische Zentralbanken die Zinsen erhöhen.
VON DR. ANNEROSE TASHIRO ::: Dass die Niedrigzinsstrategie mittelfristig zu einer weiteren Abwertung des Yen führen könnte, scheint ein Problem für einen anderen Tag zu sein. Auch könnten so die japanischen Immobilienpreise weiter in die Höhe getrieben werden. Doch trotz der schlechten Ausgangslage gibt es immer noch Spielraum für infrastrukturelle Verbesserungen im Katastrophenschutz.
Der japanische Wohnungs- und Baumarkt macht schwierige Zeiten durch. Eines der Phänomene sind sogenannte „akiya“: leerstehende, oft renovierungsbedürftige Häuser irgendwo im Nirgendwo. Die „akiya“ sind verlassen, nachdem die ältere Generation ausgezogen ist und die jüngere Generation aber nicht einzieht. Dieser fehlen oft – bedingt durch die Wirtschaftskrise, die hohe Staatsverschuldung und stagnierende Löhne – die Mittel für Reparaturen oder Neubauten oder schlicht die Motivation. Die japanische Regierung versucht, dieses Problem durch Steuererleichterungen für Hausbesitzer in den Griff zu bekommen, doch die Ursachen liegen tiefer. Makler finden zudem keine Käufer für diese Immobilien. Experten rechnen damit, dass der Leerstand in den nächsten Jahren immer weiter zunimmt, da die japanische Gesellschaft immer älter wird und stetig schrumpft.
Unbeliebte Erbobjekte
Bis 2038 rechnet das Nomura Research Institute mit einem Anstieg der Leerstandsquote auf 31,5%. Nach dieser Prognose wird die Quote vor allem nach 2025 stark ansteigen, dann werden die geburtenstarken Jahrgänge über 75 Jahre
alt sein. Im Jahr 2018 standen 8,5 Mio Häuser leer, was 15% des gesamten japanischen Wohnungsbestands entspricht – Ferienhäuser und Mietwohnungen nicht miteingerechnet. Viele der leerstehenden Objekte sind Holzhäuser und verfallen, sie werden nicht verkauft oder abgerissen, weil sich die Erben nicht von ihren Kindheitserinnerungen trennen wollen oder der Abriss schlicht zu teuer ist. Nicht selten liegt es aber auch einfach daran, dass sich die Erben nicht mit der vererbten Immobilie auseinandersetzen wollen. Im Jahr 2021 bearbeiteten japanische Gerichte rund 250.000 Fälle, in denen auf das Erbrecht an Häusern verzichtet wurde – 1,5-mal mehr als noch zehn Jahre zuvor. 2015 trat in Japan ein Gesetz in Kraft, das es den Behörden erlaubt, vom Verfall bedrohte Häuser abreißen zu lassen – auch wenn sie die Eigentümer nicht ausfindig machen können. Immobilien, auf deren Erbe verzichtet wurde, können wiederum von den Behörden verkauft werden. Dies ist jedoch insbesondere in ländlichen Gebieten schwierig, da der Schätzwert der Immobilien sehr niedrig ist.
Die leerstehenden Häuser auf dem Land, oft noch in traditioneller Holzbauweise, rotten langsam vor sich hin und werden baufällig –bis die Behörden sie abreißen.
Gleichzeitig gewährt die Regierung beim Kauf eines solchen Hauses eine Vorzugsbehandlung in Form von Hypothekensteuererleichterungen. Darüber hinaus soll im Haushaltsjahr 2023 ein neues System eingeführt werden, wonach die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer auf ein Sechstel des geschätzten Wertes für Wohngrundstücke reduziert wird, wenn das Grundstück kleiner als 200 qm ist. Darüber hinaus soll die Höhe der Steuergutschriften für die Eigentümer leerstehender Immobilien reduziert werden, um Anreize für den Abriss oder die Sanierung zu schaffen.
Teures Pflaster Tokyo
Als die Pandemie 2020 Japan erreichte, hatte sich die Einstellung der Menschen geändert: Viele spielten mit dem Gedanken, aufs Land zu ziehen. Der Grund war einmal wieder das liebe Geld, das Leben in Tokyo ist sehr teuer. Doch der Trend zur Stadtflucht ist mittlerweile wieder ruckläufig. Aktuelle Zahlen zeigen, dass rund 30% der 125 Mio Einwohner Japans in Tokyo und Umgebung leben. Nun bemühen sich immer mehr japanische Kommunen verstärkt um Städter – auch, wenn es „nur“ um einen Zweitwohnsitz geht. Ein Beispiel dafür ist die Präfektur Yamanashi, die in Zusammenarbeit mit einer regionalen Bank Anreize für Interessenten an einem ruhigeren Zweitwohnsitz bietet. Die Regierung hofft, mit solchen Maßnahmen und der Ausbreitung des Homeoffice die Abwanderung in die ländlichen Gebiete ankurbeln und die Bevölkerungskonzentration bis 2027 aufzubrechen.
Die Pandemie hat gute Voraussetzungen für die Arbeit ohne Büro geschaffen. Im Mai 2020, als Japan zum ersten Mal den Corona-Notstand ausrief, gaben 31,5% der Befragten an, außerhalb des Büros zu arbeiten. Laut einer Umfrage des Japan Productivity Center, bei der 1.100 Personen befragt wurden, ist dieser Anteil im Januar 2023 auf 16,8% gesunken. Das liegt daran, dass Japan nicht nur eine starre Arbeitskultur hat, sondern auch das Lohnwachstum seit Jahrzehnten stagniert. Hinzu kommt, dass der Unterschied beim Mindeststundenlohn zwischen Tokyo, dem höchsten in den 47 Präfekturen Japans, und dem niedrigsten in mehreren Gebieten, darunter Okinawa, rund 200 Yen (ca. 1,42 Euro) beträgt. Aktuell steigt das Interesse an einem Umzug nach Tokyo, doch die hohen Lebenshaltungskosten zügeln die Umzugswilligen.
Für Auslandsinvestoren attraktiv
Während also der Immobilienmarkt für Japaner, die einfach nur eine Wohnung suchen, aufgrund der allgemein niedrigen Löhne zu teuer ist, macht der schwache Yen den japanischen Immobilienmarkt für ausländische Investoren interessant. Viele kaufen Immobilien günstig ein und verkaufen sie dann zu überhöhten Preisen weiter. Besonders beliebt sind Immobilien in Tokyo, Osaka und anderen Großstädten, aber auch Urlaubsregionen wie Hokkaido und Okinawa sind mittlerweile für Investoren interessant.
Da die Bank of Japan an ihrer Niedrigzinspolitik festhält, während viele Zentralbanken im Ausland die Zinsen erhöhen, könnte es zu einer weiteren Abwertung des Yen
Vorgesorgt: Im Falle eines Erdbebens wird der Büroturm in Roppongi zur Versorgungsstation.
kommen. Dies wiederum könnte die Preise für japanische Immobilien weiter in die Höhe treiben und Immobilienkäufe für Japaner noch teurer machen, während sich ausländische Investoren über die vergrößerte Einflugschneise freuen werden. Wie kann das Zusammenspiel von japanischer Regierung und BoJ aufgebrochen werden? Das Verhältnis von Schulden zur Wirtschaftsleistung ist in Japan mittlerweile fast doppelt so hoch wie in den USA. Die BoJ hält derzeit mehr als die Hälfte der japanischen Staatsschulden und ist damit sozusagen der Staatsfinanzierer Japans.
Zinserhöhungen und Liquiditätsverknappung würden dem stark überschuldeten Japan den Rest geben. Eine zinsbedingte Aufwertung des Yen hätte mit Sicherheit zur Folge, dass japanische Großanleger ihre Auslandsinvestitionen in die Heimat zurückholen würden, was die globalen Vermögensmärkte heftig in Mitleidenschaft ziehen könnte. Nicht zuletzt wären internationale Investoren dazu gezwungen, ihre plötzlich zu teuer gewordenen Gegenfinanzierungen durch den schnellen Verkauf der damit weltweit getätigten Investitionen in Anleihen, Aktien und Immobilien zu liquidieren. Die BoJ wird daher allenfalls eine langsame und sanfte Zinsnormalisierung vornehmen, um den Yen nur behutsam aufwerten zu lassen. Eine Lösung der japanischen Finanzprobleme ist seit langem überfällig. Japan versucht zwar, kurzfristige wirtschaftspolitische Probleme zu lösen. Eine langfristige und nachhaltige Verbesserung bleibt aber leider aus.
Erdbebenschutz „made in Japan“
Das japanische Prinzip mit dem Ziel, immer „besser“ zu werden, heißt „Kaizen“. Dieses Prinzip wird schon in der japanischen Wirtschaft, insbesondere von Automobilherstellern, vorgelebt. Wenn es zwar noch nicht auf den Immobiliensektor anwendbar ist, überträgt Japan „Kaizen“ sehr erfolgreich auf den Erdbebenschutz. Die Bilder der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und in Syrien sind noch frisch: Hochhäuser wurden zur Todesfalle für viele Menschen. In Japan verwandelt modernste Bautechnik Gebäude in sichere Zufluchtsorte. So etwa der 238 m hohe Hochhauskomplex Roppongi Hills in Tokyo. Der Büroturm wurde vor rund 20 Jahren erbaut und dient im Falle einer Erdbebenkatastrophe als Evakuierungszone, Versorgungsstation und Kraftwerk für die Bewohner des
Stadtteils Roppongi. Betonverstärkte Stahlrohre und 192 elektronisch gesteuerte Öldämpfer stabilisieren den Turm bei starken Erdstößen. Das Gebäude verfügt auch über ein Gaskraftwerk, das bei einem Stromausfall die umliegenden Stadtviertel mit Elektrizität versorgen kann. Übrigens: Die Vorräte von Roppongi Hills reichen aus, um etwa 10.000 Menschen drei Tage lang mit Nahrung und Wasser zu versorgen. Diese Sicherheitsvorkehrungen wurden aus bitterer Erfahrung getroffen. Vor 100 Jahren hat das Große Kanto-Erdbeben weite Teile von Tokyo und Yokohama zerstört, ein nachfolgendes Großfeuer hat sein Übriges getan. Über 140.000 Menschen sind ums Leben gekommen. Bautechniken wurden verbessert. Nach dem schweren Beben in Kobe 1995 mit über 6.000 Toten wurden die Bauvorschriften nochmal zusätzlich verschärft. In der Katastrophenvorsorge wird weitgehend modernste Technik eingesetzt, um Infrastrukturen wie Hochhäuser, Wohnblöcke oder einzelne Gebäude erdbebensicher zu machen.
Mit einem Erdbebenwarnsystem, dessen Seismografen und Computer die Ausbreitung der Erdstöße berechnen und Züge, Unternehmen und die Smartphones der Menschen in den betroffenen Regionen warnen, tut Japan sein Bestes, um vorbereitet zu sein. Denn eine Katastrophe wie das Kanto-Erdbeben von 1923 kann sich wiederholen. Dann können Züge gestoppt und Menschen in Sicherheit gebracht werden. Das ist Japans KatastrophenschutzKaizen. Immer strengere Baurichtlinien, ganz besonders für Atomkraftwerke, sind bis heute auf der Tagesordnung. Selbst der historische Hauptbahnhof von Tokyo, der schon das Kanto-Erdbeben sowie Flächenbombardements des Zweiten Weltkrieges überstanden hat, wurde mit Betonplatten unterlegt, die durch Stoßdämpfer stabilisiert werden. Auch die Pfeiler der S- und U-Bahnen sind mit Betonschichten und Stahlmanschetten verstärkt. Bei all diesen Sicherheitsvorkehrungen wurden auch durch Seebeben verursachte Tsunamis berücksichtigt.
Der Großraum Tokyo gilt mit mehr als 36 Mio Einwohnern als die größte Stadt der Welt. Frühere Simulationen zeigten, dass ein erneutes großes Erdbeben mehr als zehntausend Todesopfer fordern und Schäden von bis zu einem Viertel des japanischen Bruttoinlandsprodukts verursachen könnte. Neuere Studien zeigen, dass die Zahl der Opfer durch die inzwischen vielfach vorgenommenen Verbesserungen des Katastrophenschutzes im Land um 80% gesenkt werden kann, sollte nochmal die Erde beben.
Durch massive bauliche Investitionen in den Katastrophenschutz kann eine Stadt wie Tokyo potenziell das Schlimmste verhindern. Aber die katastrophale Verschuldung des Landes lässt sich nicht so einfach durch Baumaßnahmen stabilisieren. Hier muss am Fundament angesetzt werden, damit der Haussegen nicht mehr schief hängt.
Dr. Annerose Tashiro ist Rechtsanwältin, Expertin für japanisches Insolvenzrecht und Leiterin der Internationalen Abteilung für Insolvenzrecht bei Schultze & Braun.
Kontakt: atashiro@schultze-braun.de
ChatGPT hinter der Great Firewall
Gesichtserkennung, mobiles Zahlen und autonomes Fahren – Künstliche Intelligenz drängt längst in den chinesischen Alltag. Mit Regierungshilfe aus Beijing treiben Konzerne nun Chatbots voran.
VON ROBERT HERZNER, GTAI ::: Die großen chinesischen Softwareunternehmen Baidu, Alibaba und Tencent sind globale Technologieführer in der Künstlichen Intelligenz. Mit Chatbots, elektronischen Dialogsystemen wie ChatGPT, erreicht KI neue Zielgruppen. Dabei verbinden sich kommerzielle und private Nutzung. Insbesondere die jüngere chinesische Generation ist neuen Technologien gegenüber aufgeschlossen. Die Nutzung von ChatGPT ist in China allerdings, wie die meisten ausländischen Software-Programme, kaum möglich. Daher entstehen hinter der „Great Firewall“ chinesische Alternativen.
Baidu stellt Ernie vor
Selbstverständlich ist der von OpenAI entwickelte Chatbot ChatGPT auch in China ein großer Trend. Für die Registrierung ist allerdings eine ausländische Telefonnummer sowie VPN erforderlich. Dies schränkt den Zugang ein. Internationale Aufmerksamkeit erzielte das chinesische Unternehmen Baidu mit der Präsentation des eigenen entwickelten Chatbots Ernie am 16. März 2023. Ernie ist das Akronym für „Enhanced Representation Through Knowledge Integration“.
Aufgrund der im Vergleich zu ChatGPT begrenzten Leistung hat die Bevölkerung das Programm kritisch aufgenommen. In Anbetracht der hohen Jugendarbeitslosigkeit sind viele mit ChatGPT-Erfahrung zudem besorgt, dass ihr Arbeitsplatz in Zukunft von der KI ersetzt werden könnte.
Ernie ist, wie sein westliches Pendant, ein Large Language Model (LLM). Es ist aber speziell für den chinesischen Markt konzipiert und der Fokus liegt auf chinesischen Compliance-Bestimmungen. Die Trainingsdaten basieren auf der chinesischen Sprache. Damit greift das Modell auf Quellen zurück, die dem heimischen Markt entsprechende Ergebnisse generieren. Was die Rechenleistung anbelangt, hat Baidu den selbst entwickelten KI-
CAC behält die Zügel in der Hand
Die Cyberspace Administration of China (CAC) hat am 11. April 2023 einen Maßnahmenentwurf zur Regulierung der Entwicklung und Nutzung generativer KI-Dienste veröffentlicht. Diese basiert auf dem bestehenden Rechtsrahmen zur Daten- und Cybersicherheit. Unter anderem müssen die mittels KI erzeugten Inhalte mit den sozialistischen Werten Chinas in Einklang stehen.
Der Entwurf sieht generell eine Sicherheitsprüfung durch die CAC vor, bevor neue Produkte oder Dienstleistungen durch generative KI der Öffentlichkeit angeboten werden. Bei Beschwerden von Nutzern – sei es bezüglich Inhalt oder Datenschutzverletzungen – muss der Anbieter reagieren. Gemäß Entwurf hat er drei Monate Zeit, die KI entsprechend zu trainieren, um künftig derartige Vorfälle zu vermeiden. Ebenfalls sind entsprechende inhaltliche Filter zu implementieren.
Der Zugang zu ChatGPT ist innerhalb Chinas eingeschränkt, das Festland hinter der Firewall wird so zur Spielwiese heimischer Tech-Giganten und Start-ups.
Volksrepublik hält 25% am globalen Markt
Für den Zeitraum 2022 bis 2027 gehen Analysten davon aus, dass der chinesische KI-Markt um 65,6 Mrd US-Dollar wachsen wird, dies entspricht einer jährlichen Zunahme (CAGR) um 20,9%. Damit liegt China im Rahmen den Erwartungen für den globalen Markt, dieser soll in diesem Zeitraum ein CAGR von 20,2% erzielen, so Precedence Research.
Somit ist bei KI keine überdurchschnittliche Entwicklung in China zu erwarten, der globale Marktanteil von 25% 2022 dürfte sich in den nächsten vier Jahren auf 16% reduzieren. Insbesondere bei Chatbots können Gründe in der Verfügbarkeit von GPU-Chips liegen, dies führt zu weniger guten Modelliterationen und Rechenleistungen. Es bleibt abzuwarten, wie Unternehmen die Vorteile des chinesischen Marktes nutzen – die schiere Anzahl an Nutzern, die Infrastruktur und der Zugriff auf Big Data.
Chip Kunlun eingesetzt. Außerdem verfügt die Software über umfangreiche Erfahrung in der Suchtechnik, laut MIT Technology Review „Billionen Websiten, zig Milliarden Such- und Bilddaten, Hunderte Milliarden täglicher Sprachdaten und 550 Milliarden Fakten.“
Breites KI-Ökosystem
Ausgehend von der vielfältigen Aufstellung chinesischer KI-Entwickler, lassen sich Unternehmen der Branche in drei Ebenen aufteilen, so Angaben des Chinese Institute of New Generation Artificial Intelligence Development Strategies. Die erste Ebene beinhaltet Plattformanbieter für Hardware und Cloud-Lösungen wie Baidu, AliCloud, JD, Tencent, iFlytek und Huawei.
So arbeitet Huawei aufgrund des hohen Datenvolumens für KI an der Entwicklung von 5.5G-Netzkomponenten, einer weiteren Evolution des 5G-Netzes. Auf der zweiten Ebene stehen Firmen in der Verbindung zu individuellen Softwarelösungen, die nicht über die HardwareInfrastruktur verfügen, etwa Xiaomi, PingAn, Sunin, Didi, Bytedance und Songshu AI. Der dritten Ebene gehören Unicorns an wie Sensetime, YITU, MEGVII und Cloudwalk. Firmen verschiedener Ebenen befassen sich mit der Entwicklung von Chatbot-Programmen. Viele der Firmen befinden sich auf amerikanischen Sanktionslisten.
Chatbots auf Grafikchips angewiesen
Um ein LLM-Sprachmodell zu kommerzialisieren, benötigen Microsoft & Co. laut TrendForce mehr als 30.000 Nvidia A100-Chips, deren Export von den USA nach China untersagt ist. Laut New Street Research hält Nvidia 95% Marktanteil bei Grafikprozessoren (GPUs), die für maschinelles Lernen eingesetzt werden können. Entsprechend muss China sich möglicherweise auf Quantität statt Qualität bei GPUs verlassen, nachdem es von den USA von den fortschrittlichsten Chips abgeschnitten wurde. Daher fördert die Regierung eine breite Anzahl von Unternehmen.
Selbstverständlich tragen diese Unternehmen substanziell zum globalen KI-Markt bei, mittelfristig zeichnet sich jedoch eine Schwächung des chinesischen Anteils ab.
Herausforderungen für Beijing
Für die Regierung stellt diese Form der KI eine große ungewisse Variable dar. Mit KI in Form von ChatGPT liegt eine Web-3.0-Technologie vor, deren Dezentralisierung eine Regulierung sehr erschwert. Die Regierung reagiert sensibel auf Dinge, die außerhalb ihres Kontrollvermögens liegen. Um die Kontrolle zu gewährleisten, bestehen Richtlinienbeschränkungen und technische Einschränkungen wie Netzwerkblockierung. :::
Carsten Metelmann von Eplan erklärt, warum Drittmarktkooperationen mit japanischen Unternehmen
interessant sein können und wie deutsche Firmen auf globalen Märkten umdenken müssen.
Was sind Ihre größten Erfolge mit japanischen Unternehmen auf Drittmärkten?
Herr Dr. Metelmann, warum arbeiten japanische Unternehmen gern mit Ihnen auf Drittmärkten zusammen?
Ganz einfach, weil unsere Lösungen gefragt sind. Unsere Kunden sind japanische Konzerne, welche die Produkte und Dienstleistungen mittelständischer Unternehmen weltweit benötigen. Deutsche Mittelständler können Dinge, die japanische Mittelständler nicht können. Daher sind wir für japanische Großunternehmen ein interessanter Partner. Ich rede hier bewusst von Großunternehmen.
Was können deutsche Mittelständler denn besser?
In Japan sind mittelständische Unternehmen abhängig von den Großbetrieben. Sie sind fixiert auf das Inlandsgeschäft. Dagegen zeichnen Erfahrung und Kompetenz im Direktgeschäft weltweit viele deutsche Mittelständler aus. Eplan verfügt über eigene Kompetenzen in einem weltweiten Netzwerk, das wir uns selbst und unabhängig von großen Konzernen aufgebaut haben. Wenn wir diesen Vorteil strategisch auf Drittmärkten einsetzen, sind wir gefragte Partner: Wir können zum Beispiel Mitsubishi und Co auf den Philippinen beraten und unsere Produkte und Lösungen dann auch in andere Großprojekte der Firmen weltweit einbringen.
Zu Person und Unternehmen
Dr. Carsten Metelmann ist Vizepräsident Asien-Pazifik des Softwareunternehmens Eplan. Die Firma entwickelt Softwarelösungen für den Maschinen-, Anlagenund Schaltschrankbau. Eplan beschäftigt 1.200 Mitarbeiter weltweit und gehört zur Friedhelm Loh-Group in Haiger, Hessen. Der Umsatz liegt im dreistelligen Millionenbereich. Das Unternehmen gehört neben Siemens, Thyssen, Kaeser Kompressoren und Continental zu den führenden Beispielen für erfolgreiche Kooperation mit japanischen Unternehmen.
Da ist zum einen die Implementierung unserer Planungssoftware in Technikzentren des Automatisierungsspezialisten Yokogawa in Singapur. Yokogawa ist federführend bei Energieprojekten in Südostasien, speziell im Sektor Öl und Gas. Zum anderen gab es eine direkte Zusammenarbeit mit dem Technologiekonzern Omron für ein Onlineportal zur Bewerbung von Niederspannungsbauteilen. Dabei ging es um den europäischen Markt. Zudem haben wir Automatisierungssoftware für japanische Erstausrüster (OEM) und ihre Zulieferer für die Automobilproduktion in China eingerichtet.
Wie kommt man denn überhaupt mit den Japanern ins Geschäft, wenn man zum Beispiel nach Südostasien möchte?
Die Geschäfte laufen in der Regel so: Ein japanisches Unternehmen fertigt oder baut in Thailand. Als Berater oder Lieferant für ein japanisches Unternehmen machen Sie als deutscher Spezialist vor Ort in Thailand die Beratung oder den Anlagenbau. Ihre Niederlassung in Tokyo hat die Vetorechte und hält als Türwächter den Kontakt zur Zentrale des japanischen Unternehmens. Mit Japan müssen Sie immer beides machen.
Zunächst einmal benötigen Sie eine Firmenniederlassung in Japan, um in die Projekte zu kommen und direkt mit den japanischen Zentralen zu verhandeln. Ihre Firma muss direkt mit Tokyo oder Osaka verbunden sein. Doch nicht alle Entscheidungen werden in Japan getroffen. Im Gegenteil: Jedes Projekt, jeder Markt in Südostasien, China oder Indien hat seine eigenen Gesetzmäßigkeiten. Daher müssen Sie vor Ort mit den japanischen Konzernen gemeinsam spezifische Lösungen erarbeiten.
Wie sehen solche spezifischen Lösungen aus?
Wir zum Beispiel kennen die Philippinen sehr gut als Direktmarkt für unsere Produkte und machen viel Beratung für international agierende Unternehmen, die dort tätig sind. Ich kann zu einem japanischen Partner wie Mitsubishi gehen, und ihm sagen, wie er sein Projekt mit un-
„Mit den Japanern werden wir Teil globaler Ökosysteme“
serer Software dort am besten umsetzt, welche Kontakte wichtig sind und was am besten zu den örtlichen Gegebenheiten passt.
Welche Märkte in Asien sind für Sie gemeinsam mit japanischen Partnern besonders attraktiv?
Indien steht sehr im Fokus japanischer Unternehmen. Mit vielen von ihnen arbeiten wir vor Ort zusammen. Und China ist als Absatzmarkt für die Spezialsoftware von Eplan weltweit unter den Top Drei. Auch dort sind wir mit japanischen Projekten verbunden.
Sie sind auch bei Infrastrukturprojekten in Asien dabei. Sind diese für deutsche Unternehmen überhaupt interessant?
In Asiens Infrastrukturbau wird immer deutlicher, dass deutsche Unternehmen immer seltener Generalunternehmer sind. Das erfordert strategisches Umdenken: Wenn Sie sich nicht als Konkurrent, sondern als Teil eines Ökosystems geführt von asiatischen Konzernen verstehen, dann eröffnen sich viel mehr Möglichkeiten. Natürlich spielen auch Ihre Produkte und Markterfahrungen eine Rolle. Wir sind kein Partner auf der ersten Ebene von Auftraggeber und Auftragnehmer in Infrastrukturprojekten. Eplan wird meist auf zweiter oder dritter Ebene eingesetzt – ist so aber in sehr vielen Infrastrukturprojekten involviert. Unser Kunde Yokogawa ist direkter Partner für viele Energiekonzerne. Mit den Japanern werden wir somit Teil globaler Ökosysteme.
Spielen außer Japan noch andere Länder Ostasiens auf Drittmärkten für Sie eine Rolle?
Klar, doch die Japaner sind die Nummer Eins für Drittmarktgeschäfte wie die genannten Beispiele. Das liegt auch daran, dass sie unsere Ingenieurstradition am besten verstehen. Dann folgen mit Abstand Taiwan, Südkorea und China.
Was unterscheidet japanische von chinesischen Partnern? Mit Japanern machen Sie, wie gesagt, eigene Designs für spezifische Märkte. Mit China sieht das anders aus, denn die Chinesen exportieren fertige Lösungen. Wenn Sie Ihr Produkt mit einem chinesischen Partner auf einem Drittmarkt etablieren wollen, dann müssen Sie direkt in China vorsprechen, wenn Sie erfolgreich sein wollen, beispielsweise in Dongguan oder Shenzhen. Auf den Drittmärkten selbst können Sie nichts direkt gestalten.
Welchen Rat geben Sie deutschen Mittelständlern mit auf den Weg? Versuchen Sie als deutsches Unternehmen, Teil des Ökosystems japanischer, chinesischer, indischer, taiwanischer Großunternehmen zu werden, um sich dagegen abzusichern, einseitig von europäischen Ökosystemen abhängig zu sein. Wir werden weiter erfolgreich sein als Zulieferer großer Unternehmen. Sie sind Teil unserer „Ökosystemstrategie“. So sind wir nicht von einem einzigen Markt abhängig. ::: DAS INTERVIEW FÜHRTE MARCUS HERNIG, GTAI
Bidirektionales Laden: ausgewählte best practices
Nachhaltige Mobilität ist machbar, wenn man einen Blick über den Tellerrand wirft.
Bidirektionales Laden kann einen Beitrag zur Netzstabilität leisten und gleichzeitig Speicherkapazitäten für private Solaranlagen dienen.
VON RAYMON DEBLITZ UND DIANA KISRO-WARNECKE ::: Durch die aktuelle geopolitische Lage, ausgelöst durch den UkraineKrieg, steigende Energiekosten und die fortschreitende Energiewende nimmt die Volatilität von Energieressourcen wie etwa der Windkraft in der mittleren oder Photovoltaik in der unteren Netzebene stark zu. Daneben erfährt die von der Bundesregierung forcierte Mobilitätswende einen starken Push und belastet damit insbesondere die untere Netzebene. Während Deutschland erst am Anfang der Bedarfsmessungen steht, wurden in Asien –besonders in Japan und China – frühzeitige und konsequente Maßnahmen eingeleitet.
Ein Ansatz für nachhaltige Mobilität
Eine Möglichkeit, das Stromnetz zu stützen, Umverteilungen vorzunehmen oder die Kostenstruktur zu optimieren, liegt in der Etablierung einer bidirektionalen Ladeinfrastruktur, der Einführung eines Lastmanagementsystems und eines Home Energy Management Systems (HEMS). Im Sinne eines auch kulturell ableitbaren Verständnisses für Ganzheitlichkeit und nachhaltiges Wirtschaften, wurde in Japan das bidirektionale Laden ab einer bestimmten Batteriekapazität gesetzlich festgeschrieben. So wurde ab dem 1. April 2022 eine Regelung eingeführt, die besagt, dass Elektrofahrzeuge ab einer Batteriekapazität von 30 kWh das bidirektionale Laden vor dem Hintergrund der hohen Anzahl vollelektrischer Fahrzeuge im Land und den Erfahrungen aus der Tsunami-Katastrophe unterstützten
müssen. Aus Japan stammende Fahrzeuge mit einer Akkuladekapazität von 30 kWh oder höher bieten daher in der Regel die Möglichkeit, Energie zurück ins Stromnetz im CHdeMO-Protokoll zu speisen, um etwa als Stromquelle für Häuser (V2H) oder andere externe Anwendungen (V2G, V2L) zu dienen (Stand: September 2021).
In der Zwischenzeit existieren auch in Europa Möglichkeiten, auf Basis des ISO-Standards 15118-20 mit den gängigen Ladepunkten bidirektional zu laden, sofern dieser Standard als Basis umgesetzt wurde. Dieser wurde im April 2023 verabschiedet. Fahrzeuge wie Volvo EX90, Polestar 3 und Mercedes EQE unterstützen das bidirektionale Laden, wobei gerade Volvo und Polestar sowohl in AC (3 Phasen 11KW) als auch im DC (Gleichstrommodus) verfügbar sind. Chinas Automarken sind weit fortgeschritten im Aufbau von Ladeinfrastrukturen, wovon der skandinavische Automobilbauer als Teil der chinesischen Investorengruppe Geely profitiert.
Netzdienliche Sicht
Durch den Rückbau non-volatiler Energiequellen wie zum Beispiel Kohlekraftwerke, aber auch durch die Zunahme von Elektrofahrzeugen steigen die Anforderungen an die Netzstabilität in allen drei Netzebenen. Um die Netzfrequenzvolatilität zwischen 50,2 und 49,5 Hz zu halten und im Extremfall einen Blackout zu verhindern, braucht es regelmäßig hohe Anstrengungen. Da sich der Betrieb von E-Fahrzeugen im Wesentlichen im unteren Netzsegment
Ladestationen mit Smart Charging müssen an höhere Ladeleistungen angepasst werden.
auswirkt, gibt es bereits seit einiger Zeit für konzentrierte Ladepunkte (E-Stationen) in Parkhäusern oder entlang der Autobahn das sogenannte Smart Charging. Wenn mehrere E-Autos gleichzeitig geladen werden müssen, erfolgt damit eine Zuteilung von Ladeleistung an einzelne Fahrzeuge. Ladeknoten werden hinsichtlich der maximalen Leistung limitiert, wodurch das Netzsegment nicht überlastet wird. Nachteil des Smart Chargings ist zurzeit daher die Limitierung der individuellen Ladeleistung und damit die Verlängerung der Ladezeit. Vor dem Hintergrund einer weiteren starken Zunahme von Elektrofahrzeugen ist Smart Charging allein nicht mehr zielführend: Netzsegment und E-Stationen müssen an höhere Ladeleistungen angepasst werden, was hohe Investitionen benötigt.
Experten der Automobilbranche gehen davon aus, dass ein Fahrzeug zu ungefähr 95% der Zeit steht. Damit können die Fahrzeugakkus als Pufferbatterien zur Netzstabilisierung eingebunden werden und damit hohe Investitionen in die Netzstabilität ermöglichen. Dieser Ansatz ist sowohl für den öffentlich-passiven Verkehrsraum wie Parkhäuser, als auch für den privaten Bereich interessant. Dem häufigen Einwand einer zusätzlichen Degradation der Batterie durch häufige Lade- und Entladevorgänge entgegnete der chinesische Automobilhersteller NIO mit einer aufwendigen Infrastruktur. Diese ermöglicht den Austausch der Batterie innerhalb weniger Minuten und etabliert sich auch zunehmend in Europa, allerdings mit zusätzlichen Lademöglichkeiten für Akkus.
Nach aktueller Planung wird von einer Kapazität von nur 10 bis 15 kWh als Energiemenge zum bidirektionalen Laden ausgegangen. Erfahrungswerte aus Schweden, China und Japan stützen diese Annahmen. Unter dieser Randbedingung ist das kalendarische Altern der Batterie gewichtiger, denn das technische Altern wird durch das bidirektionale Laden nicht signifikant beeinflusst. Hersteller wie Volvo oder Polestar geben dennoch eine Batteriegarantie von acht Jahren für einen SOH (Status of Health) von 70%. Netzbetreiber bevorzugen dieses Vorgehensmodell, da vorhandene Technologien nutzbar gemacht werden.
Der Ansatz des bidirektionalen Ladens lässt sich mit dem Konzept des Virtuellen Kraftwerks (VPP) effizient verbinden. Hierbei werden dezentrale Erzeuger/Einspeiser und damit auch bidirektional ladende Fahrzeuge zu einem Virtuellen Kraftwerk gebündelt, Ladedaten statis-
tisch erfasst und daraus Ableitungen gewonnen und Vorhersagen ermöglicht, zu welchem Zeitpunkt Energie zur Verfügung steht oder verstärkt benötigt wird. Die Kombination der Ansätze mit einem gesicherten Data Management kann maßgeblich dazu beitragen, dass trotz mehr E-Autos auf deutschen Straßen mit zeitgleichem Ausbau volatiler Energiequellen das Stromnetz mit überschaubaren Investitionen stabil gehalten werden kann und Ressourcen nachhaltig genutzt werden. Eine ganzheitliche Betrachtungsweise der Energiegewinnung und des -verbrauchs mit Beteiligung aller Stakeholder sowie eine innovative und konsequente Umsetzung von Infrastrukturprojekten haben Japan und China einen global eklatanten Wettbewerbsvorteil verschafft.
Marktdienliche Sicht
Für das Laden ins Netz (Vehicle-to-Grid, V2G) und damit zur Unterstützung der netzdienlichen Seite werden derzeit finanzielle Anreizmodelle für Fahrzeugbesitzer diskutiert, die weniger auf die Degradation der Batterie als auf das Lastmanagement abzielen. Unter dem Gesichtspunkt des Ladens im Privatumfeld (Vehicle-to-Home, V2H) lassen sich unterschiedliche Aspekte betrachten. Grundsätzlich können bidirektional ladbare Fahrzeuge auch als Puffer für die hauseigene PV-Anlagen betrachtet werden, was Investitionen für eine Hausbatterie (rund 8.000 Euro) reduziert. Rechnerisch betrachtet kann der Energiebedarf einer vierköpfigen Familie (etwa 3.600 kWh/J entspricht rund 10 kWh/Tag) für fünf Tage gespeichert werden, wenn die Autobatterie eine Kapazität von 50 kWh umfasst. Bei den erwähnten Modellen von Volvo, Polestar und Mercedes wäre eine Pufferung von etwa 10 Tagen möglich, da diese Fahrzeuge eine Nettokapazität von rund 100 kWh aufweisen.
Die dritte Möglichkeit des marktdienlichen Nutzens im Rahmen des bidirektionalen Ladens setzt zeitabhängige Energietarife voraus. In Japan oder Schweden erfolgt das Laden und Puffern des Stroms im Auto während des Niedrigpreisfensters; die Energierückspeisung erfolgt dann zur lokalen Nutzung im Haus (V2H) während der Hochpreisfenster. Am Beispiel Schweden (vierköpfige Familie, Jahr 2021) wurde so ein zusätzlicher Erlös von 600 bis 800 Euro pro Jahr ermöglicht. Damit können auch Lastspitzen im Netz gekappt werden. Die gerade in Asien üblichen zeitabhängigen Stromtarife werden bereits in Deutschland diskutiert. Das Fortschreiten der Mobilitätswende wird die vorgestellten technischen Ansätze zur Netzstabilität umzusetzen als notwendiger denn je aufzeigen. Es wird Zeit, die Mobilitätswende ganzheitlich und konsequent anzugehen und globale best practices zu nutzen. :::
Dr. Diana Kisro-Warnecke ist Principal bei NTT DATA DACH.
Kontakt: Diana.Kisro-Warnecke@nttdata.com
Raymon Deblitz ist Managing Director bei T&B ChinaConsulting.
Kontakt: rde@chinaconsulting.org
Ziel globales Wachstumszentrum
Anlässlich des 42. ASEAN-Gipfels in Labuan Bajo auf der indonesischen Insel Flores bekundeten die Staats- und Regierungschefs Anfang Mai, ihre Region zum globalen „Epizentrum des Wachstums“ machen zu wollen. Dies würde diversifizierungswilligen Unternehmen sehr zupasskommen. Wie sehen die wirtschaftlichen Aussichten der Gruppe und ihrer Mitglieder aus?
VON DANIEL MÜLLER ::: Ein Blick auf die Makrodaten verheißt für die im ASEAN-Verband vereinten Staaten Südostasiens grundsätzlich Gutes. Auch wenn IWF und Weltbank in ihren letzten Ausblicken die Wachstumsprognosen der Gruppe aufgrund von Corona-Nachwehen, UkraineKrieg und erschwerten Finanzierungskonditionen leicht gesenkt haben, wird für 2023 noch immer ein solides Plus erwartet. Für die größeren und entwickelteren ASEAN-5 Staaten (Indonesien, Malaysia, Philippinen, Singapur, Thailand) soll dieses bei knapp unter 5% liegen. Der agile Aufsteiger Vietnam soll in diesem Jahr noch um 6,3% zulegen. Abgesehen davon, dass einige dieser Ökonomien 2022 als Erholungseffekt ein teils sehr hohes Wachstum aufwiesen, schlägt sich aktuell vor allem deren starke Abhängigkeit vom globalen Handel und ausländischen Investitionen nieder. Dies spricht dafür, neben der ausgeprägten Weiterverarbeitung auch die eigene Wertschöpfung zu stärken, um unabhängiger vom Auf und Ab der Weltwirtschaft zu werden.
Wirtschaftsvertreter vor Ort regen denn auch besonders eine weiter vertiefte Integration unter den ASEANStaaten – etwa bei Dienstleistungen – zur Reduzierung der erheblichen Entwicklungsgefälle an. Vorteilhaft hat sich zuletzt die Wiedereröffnung Chinas ausgewirkt, dem bei weitem wichtigsten ASEAN-Handelspartner. Will die heterogene Gruppe weiter ein über dem Weltdurch-
schnitt liegendes Wachstum erzielen, sind dafür konkrete Initiativen und Reformen notwendig. Der Handlungsbedarf hierfür wurde auf Flores klar benannt. Mit Projekten zur ländlichen Entwicklung und für regionale digitale Zahlungen gab es auch erste Schritte, denen aber weitere folgen sollten. Speziell müssen Innovation und Produktivität deutlich gesteigert werden, wozu deutsche Technologien und Forschungskooperationen einen wichtigen Beitrag leisten können.
Diverse Assets
Die nötigen Zutaten für einen weiteren Aufstieg sind fraglos vorhanden. Zu den Vorzügen der ASEAN-Gruppe gehören etwa ein sukzessive besser ausgebildeter Arbeitskräftepool sowie eine rapide Urbanisierung. Größere Beachtung hat jüngst der Reichtum an natürlichen Ressourcen erfahren. Dies gilt allen voran für den Rohstoffriesen Indonesien, der die weltweit größten Nickel-Reserven besitzt und auch beim Abbau von Kupfer, Bauxit, Zinn, Erdgas, Gold, Silber und Kohle an Spitzenpositionen liegt. Hinzu kommen höhere Infrastrukturausgaben, wobei gerade im Rahmen von Chinas Belt&Road-Initiative (BRI) neue Transport- und Frachtverbindungen vom Süden der Volksrepublik nach Laos, Thailand und Vietnam errichtet werden, was Logistikkosten minimieren hilft und somit die Perspektiven von „China+X“-Strategien zur Diversifi-
Auf den chinesischen Markt möchte kaum ein Unternehmen verzichten, die ASEAN-Länder bieten sich aber als Produktionsstandort an.
zierung von Produktionsstätten in Asien verbessert. Ein Beispiel ist die im Dezember 2021 gestartete China-LaosEisenbahn, an die bis 2028 eine Verbindung bis nach Bangkok angeschlossen werden soll. Bereits mit der kumuliert weltweit drittgrößten Bevölkerung ausgestattet, wird für Südostasien ein weiterer Anstieg von momentan 640 auf mehr als 710 Mio Menschen im Jahr 2030 erwartet.
Darin enthalten ist auch eine große und expandierende Mittelklasse mit neuen Konsumwünschen, die von Gesundheitsservices über Versicherungen und Convenience-Produkten bis zu Freizeit- und Bildungsangeboten reichen. Für 2025 wird eine Anzahl von 125 Mio ASEANHaushalten mit einem Jahreseinkommen über 7.000 Euro vorhergesagt. All diese Aspekte und Indikatoren sind stets auf die einzelnen Länder und Sparten herunterzubrechen. Positiv stellt sich für Auslandsfirmen dar, dass die meisten ASEAN-Staaten infolge des regionalen Wettbewerbs an einer Verbesserung ihrer Investitions- und Standortbedingungen arbeiten. Dazu gehört, dass man weiter für liberalen Handel und neue Abkommen offen ist. Zu sehen bleibt, wie sich die oft zitierte Regional Comprehensive and Economic Partnership (RCEP) mit China, aber ohne die USA auswirken wird, die etwa Beschränkungen für den Zwischenproduktehandel lockert. Während die USA und die EU für die ASEAN-Gruppe weiter wichtige Exportmärkte sind, besteht mit China ein Handelsdefizit. Last, but not least gerät die Region unaufhaltsam ins Visier der Geopolitik und kann daher Investitionen und Förderangebote von den USA und China verlangen. Vor die ultimative Wahl gestellt, würde sich wohl eine Mehrheit der Staaten für die USA entscheiden.
Fokussektor Elektromobilität
Indonesien als die mit Abstand größte ASEAN-Volkswirtschaft und aktuell auf Rang 16 in der Welt musste bei der jüngsten Prognose für 2023 mit 4,9% nur geringe Abstriche von seinem jahrelangen 5%-Niveau hinnehmen. Der Inselstaat will bis 2030 in die Top 10 der Wirtschaftsmächte aufsteigen und versucht, besagten Rohstoffreichtum strategisch zu nutzen und sich mit der Batterieproduktion als wichtiges Glied für globale Elektroauto-Lieferketten zu etablieren. Weitere nationale Fokusbranchen sind Elektronik, Chemie und Medizintechnik. Deutsche Unternehmen müssen sich auf umfangreiche Verarbei-
tungs- und Veredelungsauflagen im Land einstellen. Mit der derzeitigen Erholung des zentralen Tourismussektors dürfte Thailand am Jahresende wohl besser dastehen als die merklich nach unten revidierte Weltbank-Prognose von 3,6% ausweist. Der historische Erfolg des progressiven Lagers bei der Wahl im Mai nährt die Hoffnung, dass es zu einer gewissen Entbürokratisierung und zum Aufbrechen verhärteter wirtschaftlicher Strukturen kommt. Auch in Thailand, bereits der weltweit zehntgrößte Hersteller, wird die Autoindustrie weiter eine wichtige Rolle spielen. Nachdem ursprünglich japanische Konzerne die Aufbauarbeit leisteten, sind es nun Chinas E-Auto-Hersteller, die im Zuge ihrer globalen Expansion großflächig investieren, auch um den geo- und handelspolitischen Friktionen mit den USA auszuweichen und westliche Märkte zu bedienen. Auch das ist ein Zeichen für den großen Einfluss der Volksrepublik in der Region, deren eigene wirtschaftliche Dynamik sich aber absehbar markant abflachen dürfte.
Deutsche Kreativität gefragt
Singapur als Finanz-, Handels- und Transporthub macht indes die Unsicherheit im zunehmend politisierten und zum Protektionismus neigenden Welthandel zu schaffen. Die Folge ist, dass der IWF nur noch ein BIP-Zuwachs von 1,5% erwartet. Neben der KMU-Förderung, Forschung & Entwicklung versucht die Regierung vor allem bei der grünen Transformation zu punkten. Zudem hat der mit einer professionellen Führung ausgestattete, innovative und sich gesellschaftlich leicht liberalisierende Stadtstaat die alte Rivalität mit Hongkong für sich entschieden. Es ist anzunehmen, dass viele Professionals, die Hongkong im Nachgang des „Nationalen Sicherheitsgesetzes“ verlassen haben, nach Singapur übergesiedelt sind. Einen ähnlichen Trend gibt es auch aus Festlandchina. In der Löwenstadt müssen sie indes mit einem drastischen Anstieg der zuvor schon hohen Mietpreise umgehen, die für einige ausländische Unternehmen zum Standortproblem werden.
Auch das erfolgreiche Vietnam sieht sich mit den Folgen der globalen Volatilitäten und den Zyklen bei den Handelsgütern konfrontiert. Neben der Leichtfertigung und der Medizintechnik profitieren deutsche Firmen gerade vom Ausbau erneuerbarer Energien zum Stillen des großen Energiehungers in Vietnam. Vorerst abzuwarten bleibt, wie sich die neuen Regierungen in Malaysia und auf den Philippinen schlagen werden, für deren Länder mit 4,3% und 5,6% passable Werte vorhergesagt werden. Aus deutscher Sicht sind Engagement, Kreativität und Ausdauer gefragt, um trotz hoher Konkurrenz mit eigenen Angeboten den wirtschaftlichen Rang in der Region zu erhöhen. Durch den erwähnten Bedarf, das ASEANWirtschaftsmodell weiterzuentwickeln, sind die Spielräume hierfür vorhanden. :::
Praxischeck: Trotz Reformen bleiben viele Hürden
VON HEENA NAZIR, GTAI ::: Zu den größten Hemmnissen zählen die Sicherheitslage, die noch unzureichende Stromversorgung und schwierige Rahmenbedingungen für Investoren. Unternehmensvertreter beklagen beispielsweise eine langwierige Rechtsdurchsetzung. Kritisch sind zudem die oft überbordende Bürokratie und staatliche Regulierungen. „Es ist nicht einfach, an Informationen zu kommen und in der Vergangenheit war die Unterstützung durch Regierungsorganisationen oftmals unzureichend. Korruption stellt eine weitere Hürde für internationale Firmen dar“, erklärten ausländische Geschäftsführer in Pakistan in Interviews mit GTAI.
Ausländische Firmen in dem südasiatischen Land berichten, dass auch die Steuervorschriften von Bund und Provinzen schwer verständlich und die Veranlagungen nicht transparent sind. Seit 2013 fordert Islamabad von Unternehmen eine Vorauszahlung von Steuerabgaben, jedoch werden die Rückerstattungen oftmals verzögert ausgezahlt. Zu diesem Ergebnis kommt auch der „Doing Business“-Bericht der Weltbank aus dem Jahr 2020 (letzte verfügbare Version). Unternehmen müssen 34 verschiedene Steuern zahlen, verglichen mit durchschnittlich 26,8 in anderen südasiatischen Ländern. Für die Berechnung dieser Zahlungen müssen Firmen in der Regel mehr als 283 Stunden pro Jahr aufwenden.
Das Potenzial ist vorhanden
Trotz aller Hemmnisse bietet die Islamische Republik mit seiner großen Bevölkerungszahl und wachsenden Mittelschicht Entwicklungsmöglichkeiten. Das Investitionsklima hat sich trotz anhaltender Schwierigkeiten zuletzt aufgehellt. Gründe sind eine verbesserte Sicherheitslage, Investitionen in die Stromversorgung und das Megaprojekt China-Pakistan Economic Corridor (CPEC).
Investoren weisen auf die verbesserte Unterstützung durch das Board of Investment (BOI) hin, der offiziellen Organisation für die Förderung von Investitionsmöglichkeiten in Pakistan. So wurde im Jahr 2020 ein One-StopService für den Immobiliensektor errichtet. Er soll auf weitere Sektoren ausgedehnt werden und das BOI zur zentralen Anlaufstelle machen.
In Kooperation mit der Weltbank wurden eine Reihe von Prozessen vereinfacht. Grundbucheinträge erfolgen jetzt beispielsweise automatisch. Auch die Vergabe von Baugenehmigungen wurde optimiert. Steuern können online entrichtet werden und der grenzüberschreitende Handel wurde durch die elektronische Einreichung und Verarbeitung von Dokumenten erleichtert.
Wichtig für das Wirtschaftswachstum war die Sicherstellung der Stromversorgung, eines der größten Hindernisse. In diesem Bezug hat sich einiges getan. Im Jahr
2015 dauerte es, laut Doing Business Report der Weltbank, 117 Tage, um in Lahore einen Stromanschluss zu bekommen. Im Jahr 2020 waren es nur noch 73 Tage. Obwohl die Wartezeit in Karachi von 215 auf 134 Tage reduziert werden konnte, liegt sie dennoch weit über dem regionalen südasiatischen Durchschnitt von 86 Tagen.
Lukrative Anbindung an China
Zu einer starken Aufhellung des Investitionsklimas führte die Ankündigung des CPEC, einen auf 60 Mrd US-Dollar geschätzten Wirtschaftskorridor, der Kashgar im Nordwesten Chinas mit dem 3.000 km entfernten Gwadar Hafen im Südwesten Pakistans verbinden soll. Der Bau von Straßen, Schienenwegen, Pipelines für Öl und Gas sowie Stromerzeugungsanlagen schreitet voran. China verschafft sich durch den Korridor Zugang zum Arabischen Meer; Pakistan profitiert vom Bau der Infrastruktur und erhofft sich positive Spill-over-Effekte auf andere Sektoren.
Deutsche Unternehmen erhielten bei den öffentlichen Ausschreibungen jedoch kaum einen Zuschlag. In der Vergangenheit konnten sich zumeist chinesische Firmen gegenüber der deutschen Konkurrenz durchsetzen. Das hat unterschiedliche Gründe: Einerseits werden die meisten Großprojekte in Pakistan durch China finanziert, das wiederum seine eigenen Firmen bevorzugt. Andererseits sind die qualitativ höherwertigen Angebote preislich oft nicht wettbewerbsfähig. :::
Pakistan ist grundsätzlich recht offen für ausländische Direktinvestitionen, aber es lauern viele bürokratische Hindernisse.
DEUTSCHLAND/SINGAPUR/CHINA
Siemens investiert dieses Jahr 2 Mrd Euro
::: Siemens wird in diesem Jahr Investitionen für insgesamt 2 Mrd Euro in Angriff nehmen, um sein Wachstum zu beschleunigen und Innovationen voranzutreiben. Vornehmlich fließe das Geld in neue Produktionskapazitäten, aber auch in Innovationseinrichtungen und Ausbildungszentren, wie der Münchner Technologiekonzern mitteilte.
Siemens kündigte aktuell den Bau einer neuen HighTech-Fabrik in Singapur für rund 200 Mio Euro an und den Ausbau der bestehenden digitalen Fabrik im chinesischen Chengdu für 140 Mio Euro. Mit den bisher in diesem Jahr angekündigten verschiedenen Investitionen, darunter für 220 Mio Dollar der Bau einer neuen Fertigungsanlage für Züge in North Carolina, sind bereits knapp 1 Mrd Euro gebunden, wie ein Siemens-Sprecher sagte.
Mit der Fabrik in Singapur will Siemens die stark wachsenden Märkte in Südostasien noch besser bedienen, wie es hieß. Sie werde einen neuen Standard für Vernetzung setzen. Mit dem Ausbau in Chengdu will Siemens die regionalen Wachstumschancen in China für China bestmöglich nutzen können.
CHINA/SÜDOSTASIEN
Überdies sollen in diesem Geschäftsjahr rund 500 Mio Euro mehr in Forschung und Entwicklung fließen als im Vorjahr. Konzentriert werden die Investitionen auf die Felder Künstliche Intelligenz und industrielles Metaversum. ::: Dow Jones
USA/CHINA
Micron trotzt Verkaufsverbot
::: Micron Technology will rund 600 Mio US-Dollar in den Ausbau seiner Produktion in Xi'an investieren, obwohl Beijing den US-Chiphersteller kürzlich auf eine schwarze Liste gesetzt hat. Teil des Vorhabens ist die Übernahme einer Packaging-Anlage, die das taiwanische Unternehmen Powertech Technology seit 2016 in dem Werk betreibt, so der Konzern. In Xi'an soll auch ein neues Werk zum Packaging und Testing von Chips errichtet werden. Außerdem ist dort eine Produktionslinie für Speicherchips vorgesehen.
INDONESIEN
100 Elektrobusse bis Ende 2023
::: Der städtische Busbetreiber Transjakarta plant, seine E-Busflotte bis Ende dieses Jahres um 70 weitere Fahrzeuge zu erweitern. „Wir arbeiten derzeit an dem Pilotprojekt, 100 E-Busse bis Ende 2023 einzusetzen“, sagte Welfizon Yuza, Präsident des Konzerns. Transjakarta will bis 2027 die Hälfte seiner Busse mit Strom betreiben und bis 2030 eine vollständig elektrifizierte Flotte einsetzen. ::: Jakarta Post
TikTok investiert kräftig in Wachstumsmarkt
::: Die Kurzvideoplattform TikTok will in den kommenden Jahren zum Ausbau ihres E-Commerce-Geschäfts Milliarden in die Märkte in Südostasien pumpen. Die Inhalte würden immer vielfältiger, da das Unternehmen immer mehr Nutzer gewinne und der E-Commerce-Bereich expandiere, so Konzernchef Shou Zi Chew auf einer Veranstaltung in Indonesien.
TikTok habe 8.000 Mitarbeiter in Südostasien und 2 Mio Kleinstanbieter, die ihre Waren auf der Plattform verkaufen. Nutzer können während
Live-Übertragungen über WerbeLinks in der App die Waren erwerben. Südostasien ist nach Nutzerzahlen einer der größten Märkte für TikTok. Die besonders bei Jugendlichen beliebte App kann jedoch beim OnlineShopping noch nicht mit größeren Konkurrenten wie Shopee von Sea, Lazada von Alibaba und Tokopedia von GoTo mithalten. TikTok und der Mutterkonzern ByteDance stehen wegen Sicherheitsbedenken aufgrund ihrer Nähe zur Regierung in Beijing weltweit in der Kritik. ::: Handelsblatt
1.200 Powertech-Mitarbeiter sollen übernommen und 500 neue Jobs geschaffen werden, sodass Micron insgesamt mehr als 4.500 Mitarbeiter in der Volksrepublik beschäftigt. Laut Research-Firma Gavekal Dragonomics macht der Konzern dort etwa 10% seines Umsatzes. ::: Dow Jones
TAIWAN/USA
Infineon und Hon Hai kooperieren
::: Infineon Technologies und Hon Hai Technology (Foxconn) haben Anfang Mai ein Memorandum über die Zusammenarbeit unterzeichnet. Die beiden Konzerne werden eine langfristige Kooperation im Bereich der E-Mobilität aufbauen und gemeinsam an der Entwicklung von E-Autos mit hoher Energieeffizienz und fortschrittlichen intelligenten Funktionen arbeiten.
Die Vereinbarung sieht vor, dass sich beide Parteien auf die Einführung der Siliziumkarbid-Technologie in Hochleistungsanwendungen konzentrieren, wie etwa Traktionswechselrichter, Onboard-Ladegeräte und Gleichstromwandler. Infineon nutzt sein Fachwissen in den Bereichen Automobilsysteme, -technologie und Siliziumkarbid-Ressourcen, um sich mit dem Know-how von Hon Hai im Bereich Elektronikdesign und -fertigung sowie seiner Fähigkeit zur Integration auf Systemebene zu verbinden. ::: GTO Taipei
Asien trifft Bayern: Diversifizierung ist angesagt!
Nach der Corona-Pause wieder live vor Ort: Das 15. AsienPazifik-Forum Bayern bietet Unternehmen die Gelegenheit, sich über aktuelle Geschäftsmöglichkeiten zu informieren.
Asien-Experten und Vertreter der Auslandshandelskammern präsentieren ihre Dienstleistungen und bieten individuelle Beratungsgespräche an. Die Geschäftsführer Dr. Tim Philippi (AHK Singapur) und Dr. Roland Wein (AHK Thailand) geben im Interview einen ersten Einblick in zwei spannende
Märkte: Singapur, der Logistik-Hub schlechthin, und das Mekka der Automobilindustrie Thailand.
Warum ist Ihr Standort eine echte Alternative zu China?
» Philippi: Die Entscheidung für einen Standort hängt von verschiedenen Faktoren ab. Und Singapur bietet vieles: Da ist die vorteilhafte geographische Lage, die gute „Connectivity“, ein verlässliches Rechtssystem, stabile politische Verhältnisse, keine Korruption, hohe Internationalität, gut qualifizierte Fachkräfte und – last, but not least – Englisch als Sprache.
Heute sind über 2.000 deutsche Firmen in Singapur aktiv. Diese bearbeiten in aller Regel vom Stadtstaat aus die Region Südostasien, zusätzlich in vielen Fällen Australien und Neuseeland, manches Mal geht das Verantwortungsgebiet bis nach Indien, Japan oder Korea.
» Wein: Thailand bietet deutschen Firmen hervorragende Bedingungen zur Diversifizierung der Lieferketten, sowohl für die Produktion als auch für den Einkauf. Das Königreich verfügt über gut ausgebaute Verkehrsnetze per Luft, Wasser und Land. Der Eastern Economic Corridor (EEC) in den Provinzen Chachoengsao, Chonburi und Rayong ist das industrielle Herz des Landes. Das produzierende Gewerbe bietet deutschen Firmen umfangreiche Sourcing-Möglichkeiten in den Bereichen Automobile und Kfz-Teile, Chemie und Petrochemie, Elektronik und Elektrotechnik sowie Agrar und Nahrungsmittel. Zudem ermöglicht die zentrale geografische Lage eine einfache Distribution innerhalb der ASEAN-Region und nach China. Die thailändische Regierung fördert Direktinvestitionen in High-Tech und umweltfreundliche Industrien mit ihrer Wirtschaftsstrategie „Thailand 4.0“.
In welchen Sektoren engagieren sich deutsche Firmen in Singapur und Thailand?
» Philippi: Deutsche Firmen engagieren sich in Singapur in verschiedenen Sektoren. Dazu gehören Elektronik, Halbleiter, Chemie und Pharmazie, Maschinenbau, aber auch Handel, Logistik und der Finanzsektor. Künftige Möglichkeiten bieten sich in Singapur generell im High-End-Bereich, etwa bei Elektrotechnik, Chemie und Energie, Medizintechnik oder Aerospace. Smart Urban Development und Sustainability sind dabei Bereiche, die immer wichtiger werden.
» Wein: Rund 600 deutsche Firmen sind bereits in Thailand aktiv und haben über 200.000 Arbeitsplätze geschaffen. Sie engagieren sich erfolgreich in den Bereichen Automobile und Fahrzeugteile, Werkzeugmaschinen, Nahrungsmittel, Verpackungen, Druckmaschinen, Pumpen, Medizintechnik, Labortechnologien, Automation, Chemie und Arzneimittel. Die Bedeutung von Klimaschutz, Umwelttechnologien, Abfallwirtschaft, Energieeffizienz und Erneuerbaren Energien wird in den bilateralen Beziehungen weiter zunehmen.
Welche Chancen bieten sich beim Markteintritt?
» Philippi: Singapur ist der wichtigste Exportmarkt für deutsche Produkte in Südostasien. Gerade im Bereich Investitionsgüter ist der Markt interessant, da die Produktion in Singapur einen hohen Stellenwert einnimmt. Darüber hinaus bietet der Stadtstaat einen wettbewerbsfähigen und beispiellosen Zugang nach Südostasien, einem Markt mit mehr als 650 Mio Einwohnern und hohem Wirtschaftswachstum.
» Wein: Deutschland ist Thailands größter Handelspartner in der EU. Vor Ort können deutsche Firmen auf ein breites Angebot an industriellen Vorprodukten zurückgreifen und von einer hohen Technologiekompetenz profitieren. Zudem sind die thailändischen Partner eng in die internationalen Lieferketten eingebunden und verfügen über ausgeprägte Erfahrungen im Export.
Auf welche Stolpersteine muss man beim Markteintritt vorbereitet sein?
» Philippi: Beim Auslandsgeschäft ist es wichtig, die spezifischen Bedürfnisse und Anforderungen des lokalen Marktes zu verstehen und sich darauf einzustellen. Singapur ist transparent und macht den Markteintritt leicht. Eine gründliche Marktforschung und sorgfältige Planung sind jedoch unerlässlich, um sicherzustellen, dass die Geschäftstätigkeit in Singapur und in der Region erfolgreich ist. Da kommen dann die deutschen Auslandshandelskammern (AHK) ins Spiel, die entsprechenden Dienstleistungen und Unterstützung anbieten.
» Wein: Thailand wartet mit gut ausgebildeten Fachkräften auf, besonders im Bereich Automobil und Elektronik. Bei der Umfrage „AHK Business Outlook Frühjahr 2023“
Die Weltwirtschaft ist im Wandel –bleiben Sie auf Erfolgskurs!
Beim 15. Asien-Pazifik-Forum Bayern am 26. Juli 2023 im Haus der Wirtschaft in Nürnberg beleuchten wir Ihre Möglichkeiten für Absatz, Sourcing, Investment und Innovation.
Das spannende Konferenzprogramm erklärt die Neuordnung der Weltwirtschaft, zeigt Chancen auf und unterstützt Sie bei Ihrer Strategieentwicklung.
Die deutschen Auslandshandelskammern in Asien bieten Ihnen individuelle Beratungsgespräche und über 20 Aussteller präsentieren ihre Asien-Pazifik-Dienstleistungen in Form einer kleinen Messe.
Nutzen Sie das Forum als Ihren Kompass im dynamischsten Wachstumsmarkt, wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!
haben dennoch 44,6% unserer teilnehmenden Mitgliedsunternehmen angegeben, dass der Fachkräftemangel für sie eine Herausforderung darstellt. Es ist wichtig, Rücksicht auf kulturelle Unterschiede zu nehmen und thailändischen Partnern und Arbeitnehmern auf Augenhöhe zu begegnen. Die AHK Thailand unterstützt deutsche Unternehmen kompetent beim Markteintritt und dem Ausbau ihres geschäftlichen Engagements in Thailand.
Können deutsche Unternehmen vom Eastern Economic Corridor profitieren?
» Wein: Im EEC haben sich Industrie-Cluster gebildet, die hoch spezialisiert in den Bereichen Nahrungsmittel, Automobil, Elektrik und Elektronik sowie Petrochemie produzieren. Firmen profitieren dort von zuverlässigen, flexiblen Zuliefernetzwerken und einer modernen Infrastruktur mit dem internationalen Flughafen U-Tapao sowie den Tiefseehäfen Laem Chabang und Map Ta Phut. Zahlreiche deutsche Unternehmen haben sich im EEC angesiedelt, darunter Robert Bosch, BMW, Schaeffler Manufacturing, Continental und Brose. ::: DAS INTERVIEW
Absatz, Sourcing und Innovation –Erkennen Sie Ihre Chancen in Asien!
26. Juli 2023, 9:30 bis 16:00 Uhr Haus der Wirtschaft, Hauptmarkt 25, 90403 Nürnberg
Auch 2023 deutliches Lohnwachstum
Die Konjunktur läuft rund, an Fachkräften mangelt es oftmals noch – und so steigen die Gehälter. Je nach Region, Branche und Hierarchiestufe gibt es jedoch große
Unterschiede. Gleichzeitig muss der Arbeitsmarkt jedes Jahr Millionen von Menschen aufnehmen.
VON FLORIAN WENKE UND JULIA MERLE, GTAI ::: Die Konjunktur läuft rund, an Fachkräften mangelt es oftmals noch – und so steigen die Gehälter. Je nach Region, Branche und Hierarchiestufe gibt es jedoch große Unterschiede. Gleichzeitig muss der Arbeitsmarkt jedes Jahr Millionen von Menschen aufnehmen. Weil mehr als 80% der Erwerbsbevölkerung im informellen Sektor beschäftigt sind, ist die Aussagekraft von Angaben zu den durchschnittlichen Bruttolöhnen relativ gering. Nach Hochrechnung auf der Basis von Daten des Informationsanbieters Trading Economics soll der durchschnittliche Bruttomonatslohn 2022 umgerechnet bei 137 US-Dollar gelegen haben.
Für Löhne und Gehälter in regulären Arbeitsverhältnissen erstellen diverse Personalberatungen Gehaltstabellen nach Branchen, Positionen und Regionen. Diese dienen als Orientierungshilfe zur Messung der Lohnkostenentwicklung. Auch hier gibt es Unterschiede. So erwartet das Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen
Aon für 2023 einen Anstieg der Bruttomonatslöhne um durchschnittlich 10,3% gegenüber dem Vorjahr. Die Unternehmensberatung Ernst & Young geht von 10,2% aus, Willis Towers Watson hingegen nur von 10% und Deloitte prognostiziert eine Steigerung von 9,1%. Die Japan External Trade Organization befragt regelmäßig japanische Unternehmen in Indien nach der Lohnentwicklung vor
Ort. Hier war ein erwartetes Gehaltswachstum von durchschnittlich 8,7% im laufenden Jahr das Ergebnis. Mit diesen Zuwachsraten liegt Indien innerhalb Asiens in der Spitzengruppe.
Nicht alle Branchen profitieren gleichermaßen. Für Berufsgruppen mit IT-Bezug erwarten Experten erneut die größten Zuwächse. Fachkräfte wie Softwareingenieure sind auch in Indien nicht problemlos verfügbar - insbesondere, wenn es sich um Spezialisten handelt. Unternehmen locken daher mit kräftigen Lohnzuschlägen. Die gute konjunkturelle Lage gibt vielen Arbeitnehmern einen zusätzlichen Grund, um höhere Gehälter zu fordern.
Im Zuge von Reformen hat das Land 2019 und 2020 vier neue Arbeitsgesetzbücher verabschiedet, darunter 2019 den „Code on Wages“. Wann die gesetzlichen Regelwerke in Kraft treten, ist unklar. New Delhi drängt auf eine zügige Umsetzung. Allerdings hapert es weiterhin an der entsprechenden Implementierung der Gesetze auf Ebene der Bundesstaaten. Viele Arbeitgeber haben trotzdem bereits mit Anpassungen begonnen.
Gehaltsverhandlungen entscheiden
Vom mittleren Management aufwärts werden Gehälter meist individuell verhandelt. Daher können sie innerhalb einer Branche und für vergleichbare Positionen variieren.
Fachkräfte wie etwa Softwareingenieure sind auch in Indien nicht problemlos verfügbar.
Auch die Vergütung nach Funktionen in einem Unternehmen sind oft unterschiedlich. Entscheidend für die Höhe des Gehaltes sind beispielsweise Standort, Berufserfahrung und die besuchte Hochschule.
Es gibt keinen landesweit gültigen gesetzlichen Mindestlohn, sondern nach Qualifikation, Industrie und Region gestaffelte Tarife. Diese sind auf der Homepage des Chief Labour Commissioner abrufbar. Im Zuge von Arbeitsmarktreformen soll künftig landesweit eine Lohnuntergrenze gelten, die sich an den Lebenshaltungskosten orientiert. Die Bundesstaaten können dann frei entscheiden, ob sie einen separaten Mindestlohn festlegen, der dem zentralstaatlichen entspricht oder darüber liegt.
Starke Unterschiede
Branche und Region eines Beschäftigten beeinflussen die Höhe des Gehaltes, allerdings liegen keine genauen Daten zu Durchschnittsgehältern vor. Personalberatungen erstellen vorwiegend Gehaltsspannen für Positionen in bestimmten Industrien und für ausgesuchte Städte oder geben Werte aufgrund von Stichprobenbefragungen an. Die Daten sind daher lediglich Orientierungshilfen –auch, weil sie nur die Grundvergütung berücksichtigen. Die tatsächlichen Kosten für den Arbeitgeber können um bis zu 50% darüber liegen.
Die Lohnauszahlung erfolgt im Allgemeinen zum Ultimo für den abgelaufenen Monat. Vorauszahlungen sind allerdings keine Seltenheit.
Zusatzleistungen und Abfindungen
Zu den wichtigsten Zusatzleistungen gehört das 13. Monatsgehalt, üblicherweise ausgezahlt anlässlich der DiwaliFeiertage im Oktober oder November. Die Zulage beträgt minimal 8,33% und maximal 20% eines Jahresgehalts. Gültig ist die Regelung für Unternehmen mit mindestens 20 Mitarbeitern und in Abhängigkeit vom erzielten Gewinn. Angestellte haben nach Beendigung des Arbeitsvertrages Anspruch auf eine Abfindungszahlung. So sieht es zumindest der in Umsetzung befindliche „Code on Social Security 2020“ vor. Bereits jetzt sind solche Zahlungen in einigen Firmen üblich.
Allowances sind die Regel Zulagen (Allowances) stellen einen erheblichen Teil des Arbeitsentgeltes dar und können ausschlaggebend für die Wahl des Arbeitgebers sein. Sie dürfen, abgesehen von „Dearness Allowance“ (Teuerungszulage) und „Retaining Allowance“ (Bleibeanreiz), nicht mehr als 50% des Gehalts ausmachen. Die Zulagen können etwa Fahrtkosten oder Unterkunft umfassen.
Sozialversicherungsbeiträge
Für Arbeitgeber und -nehmer fallen zwei Beiträge an. Die staatliche Altersvorsorge erfolgt durch den Employees' Provident Fund (EPF), in den Arbeitgeber für Beschäftigte mit einem Monatseinkommen bis zu 15.000 indischen Rupien (rund 166 Euro) verpflichtend einzahlen müssen. Darüber hinaus sind sie freiwillig, wenn sie 20 oder mehr Beschäftigte haben. Der Satz für Arbeitgeber und -nehmer beträgt 12%. Arbeitgeber, die in den EPF einzahlen, sind darüber hinaus auch Teil des „Employees' Deposit Linked Insurance Scheme“. Dadurch sind Arbeitnehmer für den Todesfall versichert.
Der „Employees' State Insurance Act“ soll Geringverdiener im Fall von Krankheit und Arbeitsunfällen schützen. Die Versicherung ist für Arbeitnehmer mit einem Monatseinkommen von weniger als 21.000 Rupien verpflichtend, wenn ein Betrieb zehn oder mehr Beschäftigte hat. Die Beiträge für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind 3,25 beziehungsweise 0,75%.
In den Bundesstaaten kann es zusätzliche beziehungsweise abweichende Regelungen geben. Auch auf Bundesebene sind Ausnahmen und Sonderregelungen möglich. :::
Prognostizierter Lohnanstieg 2023 (Veränderung im Vergleich zum Vorjahr in %)
Luft- und Raumfahrtindustrie; Biowissenschaften; Transport/Logistik; Groß- und Einzelhandel; Telekommunikation (Dienstleistungen und Produktion)
Quelle: Aon India Salary Increase Survey 2023
Überholte Kritik und echte Chancen
im
es um Indien geht. Jahrzehntelang wurde Kritik an der indischen Steuergesetzgebung und -verwaltung geübt, doch trifft das heute, 2023, noch zu?
VON TILLMANN RUPPERT, RÖDL & PARTNER INDIEN ::: Klar, die Geschäfte mit Indien laufen gut. Das Land hat es geschafft, sich als attraktiver Markt und Standort für Unternehmen zu etablieren: zunächst im Bereich Dienstleistungen, vom Call-Center bis zur technologieintensiven Auftragsforschung, und zunehmend auch im Bereich Produktion. Gerade die Spannungen in anderen Teilen in der Welt und die disruptiven Auswirkungen der Corona-Pandemie auf etablierte Lieferketten beschleunigen die Entwicklung in den letzten Monaten. Die Auftragsbücher deutscher Maschinenbauer füllen sich derzeit mit Anfragen für Produktionsanlagen aus Indien. Lohnt sich der Blick auf den Subkontinent trotz „viel Bürokratie und hohen Steuern“ doch? Eine Gegenüberstellung soll helfen, einen Eindruck zu gewinnen.
Die Steuersätze
Für neu gegründete Produktionsunternehmen hat Indien den Körperschaftsteuersatz bereits vor einigen Jahren auf effektiv etwa 17% gesenkt, ein Kernbestandteil der „Make in India“-Initiative der Regierung unter Narendra Modi und durchaus auch ein Kriterium, das die Wahl eines Produktionsstandorts beeinflussen kann.
Allerdings gilt die Steuerbegünstigung nicht dauerhaft. Eine „Sunset Clause“ verlangt die Aufnahme der Produktion bis Ende März 2024, später startende Unternehmen gehen leer aus. Ob die Frist noch einmal verlängert
wird, ist unklar. Diese Unsicherheit erschwert die Planung von Investoren, braucht der Aufbau einer Produktion doch mehrere Jahre.
Ohne Steuervergünstigung liegt der Körperschaftsteuersatz im Regelfall bei effektiv etwa 35% und damit über dem asiatischen Durchschnitt von rund 22%. Es gibt aber Alternativen: Viele ausländisch investierte Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis 45 Mio Euro fallen unter eine (unbefristete) Steuervergünstigung für kleine und mittlere Unternehmen. Für sie beträgt der Körperschaftssteuersatz effektiv rund 29%. Wiederum alternativ hierzu können indische Unternehmen jeder Größe zu einer (ebenfalls unbefristeten) Besteuerung von effektiv etwa 25% optieren, müssen dann jedoch auf gewisse Begünstigungen wie beschleunigte Abschreibungen verzichten. Auch diese Möglichkeit nutzen viele Unternehmen.
Die Finanzverwaltung
Die indische Finanzverwaltung hat einen schwierigen Ruf. Er stammt aus einer Zeit, in der in den Büros viel „unter dem Tisch“ geschah. Diese Zeiten sind jedoch weitgehend vorbei. Heute erfolgen viele Abläufe online und digital. Seit 2020 gibt es das „faceless assessment“, das persönliche Kontakte zwischen Beamten und Steuerzahlern und damit das Korruptionsrisiko reduziert. Das Verfahren funktioniert. Allerdings ist es damit auch schwieriger geworden, mit Anliegen und Argumenten Gehör
„Viel Bürokratie und hohe Steuern“ hört man häufig
Gespräch mit Unternehmen, wenn
zu finden. Das indische Central Board of Direct Taxes begann daraufhin vor kurzem ein Projekt, mit dem Ziel, die Finanzverwaltung zu öffnen, die digitalen Prozesse jedoch beizubehalten.
Kritisch beäugt die indische Finanzverwaltung ausländische Unternehmen. Hintergrund sind Jahrzehnte der halb- oder illegalen Steuervermeidung bis Anfang der 2000er Jahre. Die Finanzverwaltung prüft vor allem beim Thema Verrechnungspreise, also der Bepreisung von Transaktionen verbundener Unternehmen, ob Gewinnverschiebungen ins Ausland passieren und greift gegebenenfalls ein. Dabei folgt sie weitgehend den von der OECD entwickelten Grundsätzen. Für ausländisch investierte Unternehmen bedeutet dies zwar eine höhere Prüfungsdichte, aber keinen Standortnachteil. Die Planung und Dokumentation der Verrechnungspreise hat lediglich akkurat und detailliert zu erfolgen.
Die neue Steuergesetzgebung
Die faire Zuordnung von Steueraufkommen zwischen Staaten ist seit einigen Jahren ein zentrales Thema auf Ebene der OECD. Indien ist zwar kein Mitgliedstaat, aber Beobachter und engagiert sich in dieser Rolle stark. Im Fokus der OECD steht die Besteuerung der digitalen Industrie, die es aufgrund ihrer Mobilität schafft, sich einer Besteuerung weitgehend zu entziehen. Um dies zu unterbinden, hat Indien als eines der ersten Länder eine sogenannte Equalisation Levy eingeführt, die Online-Geschäfte im Absatzland Indien besteuert, unabhängig von einer realen Präsenz der Unternehmen vor Ort. Leider blieb die indische Regierung in der Gesetzesformulierung so vage, dass aktuell wohl auch klassische Unternehmensmodelle von der Equalisation Levy betroffen sind, die digitale Mittel nur zur modernen Abwicklung von Prozessen einsetzen.
Ähnliches gilt für das neue indische Rechtsinstitut der „Significant Economic Presence“. Es begründet laut ihrem Wortlaut eine beschränkte Steuerpflicht ausländischer Unternehmen, beispielsweise bereits bei Warenverkäufen nach Indien im Wert von über 250.000 Euro pro Jahr. Zwar gilt diese Regelung nicht für durch Doppelbesteuerungsabkommen geschützte Unternehmen (wie deutsche Körperschaften), doch die vielen als Personengesellschaft organisierten deutschen Familienunternehmen haben aufgrund des fehlenden Abkommensschutzes Schwierigkeiten.
Die Wirtschaft hofft, dass Indien die Gesetze entweder klarstellt oder wieder abschafft, sobald die kürzlich auf Ebene der OECD beschlossene Mindestbesteuerung sowie Gewinnzuteilung für Großunternehmen (bekannt als „Pillar 1 und 2“) in nationales Recht umgesetzt werden. Die scheinbaren Schwierigkeiten Ausländische Unternehmen, die Geschäfte mit Indien machen, kennen Schlagworte wie „Quellensteuer“, „Steuerregistrierung“, „Ansässigkeitsbescheinigung“ und ähnliches gut. Ihnen gemein ist, dass die indische Finanzverwaltung die Kontrolle darüber haben will, wer welche Geschäfte mit Indien macht und wer seine Steuern zahlt – oder auch nicht. Den Regelungen gemein ist aber auch, dass sie unkritisch sind, wenn man sie befolgt. Sie sind klar formuliert. Steuerregistrierungen sind vorzunehmen, Ansässigkeitsbescheinigungen und Begleitdokumente sind vorzulegen. International erfahrene Berater kennen die Themen und ihre steuerlichen Auswirkungen und können ausländische Unternehmen auf sie vorbereiten.
Das Rechtssystem Einsprüche gegen Steuerbescheide landen in zweiter Instanz vor dem Income Tax Appellate Tribunal (ITAT). Es ist interessant, dass die Entscheidungen des ITAT ganz überwiegend zugunsten der Steuerpflichtigen ausfallen. Dies zeigt zum einen, dass die Finanzverwaltung auf Veranlagungsebene eher einseitig zulasten der Steuerpflichtigen entscheidet, zum anderen aber auch, dass der Rechtsstaat Indien funktioniert. Auch die Entscheidungen der indischen High Courts und des Supreme Courts sind überwiegend gut ausbalanciert und logisch.
Das hohe Gut des Rechtsschutzes gilt übrigens auch in anderen Bereichen, wie dem Schutz geistigen Eigentums. Indien kann hier gerade innerhalb Asiens punkten.
Die großen Reformen
Indien hat erkannt, dass der Wettstreit um Investoren eine moderne Finanzverwaltung und eine moderne Steuergesetzgebung erfordert. Bereits 2017 hat Indien mit der Einführung der neuen Umsatzsteuer, der Goods and Services Tax, bewiesen, dass es auch große Schritte kann.
Ein Fazit
Im Ergebnis zeigt sich Indien als Schwellenland, das Reformen umsetzt und seine Steuergesetze und Steuerverwaltung modernisiert. Gleichzeitig wünscht sich die Wirtschaft klarere Steuergesetze und Planungssicherheit. Die Gerichte sind effektive Korrekturinstanzen. Die alte Kritik an „viel Bürokratie und hohen Steuern“ ist im Bereich Steuern heute in der Tat weitgehend überholt. :::
Kontakt: tillmann.ruppert@roedl.com
AKTUELLE BUCHTIPPS
In 16 Orten, darunter auch eher unbekannte wie Shiogama, Akita oder Fukuoka, listet die Designerin und Bloggerin die besten Ausflüge, Hotels, Museen, Cafés, Bars und Shops auf und beschreibt die Geschichte dahinter. Typisch japanische Themen wie Kissaten, Sake, Games oder Sento stellt sie auf eigenen Doppelseiten vor und gibt dazu praktische Vorschläge, genauso wie Tipps zu Sprache, Geld und Sicherheit, LGBTQ+, japanischer Etikette und Feiertagen. Freunde peppigen Designs werden den Reiseführer doppelt lieben, denn neben vielen Infos überzeugt er auch durch das Layout.
Ebony Bizys: Japan, 24,95 Euro, 327 Seiten, DK Dorling Kindersley Verlag, erschienen im September 2022
Keine Region der Welt wird auch nur annähernd so intensiv elektronisch überwacht wie Chinas westliche Provinz Xinjiang. Und nicht nur das: Rund ein Zehntel aller Uiguren sind derzeit in Umerziehungslagern interniert. Der Sinologe und Journalist Mathias Bölinger beleuchtet nicht nur die aktuelle Lage, sondern blickt auch zurück in die Geschichte und erklärt das schwierige Verhältnis Chinas zu den Turkvölkern. Zudem hat er Xinjiang mehrfach selbst bereist.
Mathias Bölinger: Der Hightech Gulag, 18 Euro, 256 Seiten, C.H. Beck, erschienen im Februar 2023
Tausende jüdische Familien rettete der japanische Diplomat Chiune Sugihara im Zweiten Weltkrieg vor dem sicheren Tod – und wurde dennoch nahezu vergessen. In diesem Buch widmet sich erstmals ein deutschsprachiger Autor der spannenden Geschichte Sugiharas. 1940 stellt der japanische Vizekonsul (und Spion!) in Litauen jüdischen Flüchtlingen quasi am Laufband Visa nach Japan aus und ermöglicht ihnen damit die Reise durch die Sowjetunion nach Japan.
Andreas Neuenkirchen: Codename: Sempo, 24 Euro, 232 Seiten, Europa Verlag, erschienen im Oktober 2022
Asien-Termine
22.08.2023, online Mitarbeiterentsendung nach China
Für Unternehmen, die Mitarbeiter nach China entsenden, gilt es zahlreiche Vorschriften zu beachten. Wann liegt eine Entsendung nach China vor?
Hierüber informiert Ingo Xu von der AHK Greater China. Die Veranstaltung ist kostenfrei.
IHK Mittlerer Niederrhein
Jörg Raspe
Tel. +49 (0) 2131-9268-561
Joerg.Raspe@mittlerer-niederrhein.ihk.de www.mittlerer-niederrhein.ihk.de
11.07.2023, Mannheim
Vertrieb in Indien: Auf- und Ausbau
Das Seminar bietet das nötige Rüstzeug, um mit der richtigen Vertriebsstrategie den indischen Markt zu bearbeiten oder zu optimieren. Die Veranstaltung bietet Tipps für die Auswahl des Vertriebspartners und die anschließende Zusammenarbeit.
IHK Rhein-Neckar
Kim Büttner
Tel. +49 (0) 621-1709-221
kim.buettner@rhein-neckar.ihk24.de www.ihk.de/rhein-neckar
14.08.2023, online
ASEAN Market Insights:
Singapur und Malaysia
Die Veranstaltung „ASEAN Market Insights: Singapur und Malaysia“ zeigt die Chancen und Herausforderungen des ASEAN-Marktes auf: Lassen Sie sich von Expertinnen und Experten den Markt erklären.
Singapur zählt zu den wirtschaftlich fortschrittlichsten Volkswirtschaften und pflegt enge Handelsbeziehungen zur EU und Deutschland. Das Land bietet Unternehmen eine attraktive Geschäftsumgebung mit niedrigen Steuersätzen, hoher Effizienz und langfristiger Planungssicherheit. Malaysia zählt zu den größten Volkswirtschaften in Südostasien und bietet eine vielfältige Geschäftsumgebung für Investoren. Das Land verfügt über eine wachsende Fertigungsindustrie, insbesondere in den Bereichen Elektronik, Automobil und Lebensmittel. Die Teilnahme an dem Webinar ist kostenfrei.
IHK Mittlerer Niederrhein
Ella Pauline Belz
Tel. +49 (0) 2131-9268-587
ella-pauline.belz@mittlerer-niederrhein.ihk.de www.mittlerer-niederrhein.ihk.de
20.07.2023, online
Global China Conversations #23: Russlands Bindung an China
Die „grenzenlose Freundschaft“ zwischen China und Russland, die die Staatschefs der beiden Länder noch zum Anlass von Winter-Olympia in der Volksrepublik Anfang Februar 2022 beteuert haben, hat im letzten Jahr seit dem Beginn des Russland-UkraineKriegs nicht an Bedeutung verloren. Wird diese Entwicklung den Weg des chinesischen Yuan zur internationalen Währung fördern oder erschweren?
Welche geopolitische Bedeutung hat die vertiefte Partnerschaft? Die Global China Conversation #23 wird auf Englisch abgehalten.
IfW Kiel Institut für Weltwirtschaft
Silas Dreier
Tel. +49 (0) 431-8814-1
silas.dreier@ifw-kiel.de www.ifw-kiel.de
FEIERTAGE IM JULI 2023
Bhutan 21.Buddha's erste Predigt
Hongkong 1.Tag der Übergabe Hongkongs an China
Indien 29.Muharram
Indonesien 19.Islamisches Neujahr
Japan 17.Tag des Meeres (Umi no Hi)
Laos 3. Boun Khao Phansa Tag
Malaysia 19.Islamisches Neujahr
Mongolei 11.-15.Naadam (Nationalfeiertage)
Myanmar 19.Tag der Märtyrer
Nordkorea 27.Waffenstillstandsvereinbarung (Koreakrieg)
Pakistan 27.-28.Tasoua und Aschura
Philippinen 20.El Am Hejir Neujahr (Nur moslemische Provinzen)
Singapur 2.Tag der Jugend
Sri Lanka 3.Adhi Esala Poya
Thailand 28.Geburtstag des Königs (Rama X)
Quelle: GTAI
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High-Tech trotz Hürden ::: Chip-Produktion
An US-Sanktionen vorbei gebastelt
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::: Singapur
Rohstoffe
Asia Bridge stützt sich neben umfangreicher Eigenberichterstattung auch auf Dow Jones Newswires und weitere Nachrichtenagenturen sowie auf Berichte der gtai – Germany Trade and Invest, Bonn. Inhalt nach bestem Wissen, aber ohne Gewähr. Alle Rechte vorbehalten. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der Inhalte Urheberschutz besteht. Kopien, Nachdrucke, Weitergaben im Umlauf, Bearbeitungen, Auswertungen oder sonstigen Vervielfältigungen jeglicher Art bzw. die Verbreitung oder Nutzung für Verbreitungen in allen Medien (gedruckt oder elektronisch) sind nur mit vorheriger, ausdrücklicher Genehmigung durch MBM GmbH gestattet. Zuwiderhandlungen werden rechtlich verfolgt!
Grüne Metropole: Täglich grüßt der Waran
Beijing riskiert Milliarden für Lithium
Acht gute Gründe länger zu bleiben
Tausende Geschäftsreisende besuchen jedes Jahr Taiwan. Schade ist nur: Die meisten sitzen nach den Geschäftsverhandlungen sofort wieder im Flieger zurück, dabei gibt es so viele Gründe, noch ein paar Tage länger zu bleiben und die Insel auch privat zu entdecken.
VON FRANÇOISE HAUSER ::: Bleisure Travel, also die Kombination von beruflichen und privaten Reisen, ist im Trend. Immerhin ist das Flugticket in die Ferne bereits bezahlt und so schadet es auch beruflich nicht, die kulturellen Hintergründe der Geschäftspartner genauer kennenzulernen. Auch in Sachen Nachhaltigkeit ist diese Kombi kein Nachteil, schließlich soll sich der Langstreckenflug ja lohnen. Hier die besten Ideen für gestresste Geschäftsreisende:
1. Taipei entdecken
Natürlich hat die Hauptstadt so viel mehr als moderne Meeting-Räume zu bieten. Für den ersten Überblick geht es zum 508 m hohen Taipei 101, dem Wahrzeichen der Stadt. Bis 2007 war der bambusförmige Wolkenkratzer das höchste Gebäude der Welt, dann legte Dubai mit dem mehr als 800 m hohen Burj Khalifa nach. Sehenswert ist das Taipei 101 dennoch, denn an guten Tagen reicht der Blick bis zum Meer. Mindestens genauso beeindruckend, vor allem in der Abenddämmerung, ist der Blick vom Elephant Hill. Er liegt so günstig nah an einer MRT-Station, dass es eigentlich keine Ausrede geben kann, nicht mindestens einmal die rund tausend Stufen auf den steilen Berg heraufzuklettern. Weniger anstrengend, aber atmosphärisch wunderbar entspannend sind die historischen
Straßen Bopiliao Old Street im Wanhua Distrikt und die Dihua Street im Datong Viertel.
2. Kunst vom Feinsten erleben
Die republikanischen Truppen des General Chiang Kaishek reisten nicht gerade mit Handgepäck, als sie 1949 das Festland übereilt verließen und sich nach Taiwan retteten. Denn mit im Schlepptau hatten sie die wichtigsten Kunstschätze des Landes. Was normalerweise als dreister Kunstraub in die Geschichte eingegangen wäre, erwies sich 20 Jahre später als Glücksfall: Als die Roten Garden in der Kulturrevolution auf dem Festland alles kurz und klein schlugen, schlummerten Chinas wichtigste Artefakte und Kunstschätze unbeschadet in den Räumen und Kellern des Nationalen Palastmuseums von Taipei. Anschauen kann der Besucher sie natürlich auch: Sie werden dem Publikum in wechselnden Ausstellungen präsentiert.
3. Schamlos Shoppen
Kleidung, Computerteile, Tee, seltsame Snacks (Lust auf getrocknete Quallen anstatt Chips für den Fernsehabend?) und Süßigkeiten und natürlich jede Menge Schnick-Schnack, den niemand braucht, und der irgendwie doch seinen Weg ins Gepäck findet: In der ausgedehnten Fußgängerzone des Ximending-Viertels kann man lo-
Wer schon auf Geschäftsreise ist, sollte sich den Blick von Oben auf Taipei noch gönnen: ob vom Taipei 101 oder den umliegenden Bergen.
cker ein paar Tage shoppen, zumal viele Waren ein gutes Stück günstiger sind als in Deutschland. Nach Einbruch der Dunkelheit geht der Shopping-Rausch dann auf dem Nachtmarkt weiter – oder in Asiens wahrscheinlich größtem Buchladen Eslite in Taipei; denn der hat sogar rund um die Uhr geöffnet und bietet weitaus mehr als nur Bücher. Wenn es richtig günstig sein soll, ist das Wufenpu Fashion im Osten Taipeis ein Tipp. Mehr als 1.000 Händler verkaufen hier Kleidung aus lokaler und koreanischer Fertigung zu Großhändlerpreisen.
4. Grandiose Bergwelten entdecken
Auch wenn es den wenigsten Reisenden gewahr ist: Flachland ist in Taiwan eine Ausnahme. Gleich hinter Taipei beginnt mit dem Yangmingshan ein ausnehmend gut erschlossenes Berggebiet, das zudem auch noch mit Schwefelquellen und Fumarolen lockt! Und das sind noch die „flachen“ Gebiete. Und um es mal direkt zu sagen: Das taiwanische Zentralgebirge lässt die Alpen geradewegs goldig klein aussehen. 268 Dreitausender zählt dieser Gebirgsblock. Da wundert es nicht, dass er hin und wieder spektakuläre Aussichten bietet – und jede Menge gut erschlossener Wanderwege, denn auch die Taiwaner selbst ziehen gerne in die Natur. Zum Beispiel in die Taroko Gorge, einer der tiefsten Schluchten der Welt. Wem das noch nicht aufregend genug ist, meldet sich für den ZhuiluTrail an, der an vielen Stellen gerademal einen halben Meter breit ist, dafür aber in 700 m Höhe am Berghang liegt.
5. Den Stress rauskochen lassen
Wandern kann man überall auf der Welt. In Taiwan freilich entspannt der Freizeitsportler danach seine müden Beine in einer der heißen Quellen, die fast überall auf der Insel aus dem Boden sprudeln, manch ein Hotel bietet vom Becken aus auch noch einen gigantischen Blick über die umliegenden Berge. Alternativ kann man natürlich auf den aktiven Teil verzichten und einfach ein paar Badegänge mehr einlegen. In jedem Fall muss man sich nach drei, vier Badegängen, bis zur Willenlosigkeit entspannt, keine Sorgen um den Jetlag machen.
6. Traditionelle Kultur
Taiwan mag auf den ersten Blick ausnehmend modern wirken. Doch je mehr man sich gen Süden bewegt, desto traditioneller wird das Land. So gilt Tainan, die ehemalige Hauptstadt der Insel, mit seinen hunderten von Tempeln als Hort der traditionellen Kultur. Egal ob in Anping vor den Toren Tainans oder in der Straße Shennong Jie,
hier fällt es leicht, sich das Leben vor 100 oder 200 Jahren vorzustellen. Und die Anreise ist absolut unkompliziert. Dank der Verbindung mit dem Highspeed-Zug brauchen Reisende gerademal 90 min von Taipei nach Tainan.
7. Mehr als chinesische Kultur
Die chinesischen Einwanderer, die die Insel ab der MingDynastie besiedelten, waren nicht die ersten Bewohner: Austronesische Völker wie die Bunun, Ami, Paiwan oder Kavalan leben heute noch auf der Insel, auch wenn sie keine 3% der Bevölkerung mehr ausmachen. Lange Zeit unterdrückt, werden sie heute von der demokratischen Regierung in Taipei gefördert und verwalten ihre Siedlungsgebiete selbst. Vor allem im Osten des Landes sind sie heute zu Hause und nutzen ihr kulturelles Erbe mittlerweile auch touristisch. Einfach zu erreichen ist beispielsweise das Wulai Atayal Aboriginal Village. Interessant sind dabei nicht nur die kulturellen Vorführungen, sondern auch die Küche, die mit allerhand interessanten Zutaten wie Farnen arbeitet.
8. Das Qi auf Vordermann bringen lassen Unsichtbar fließt der Lebenshauch des Qi entlang der sogenannten Meridiane durch den menschlichen Körper und versorgt die Organe mit lebensnotwendiger Energie. Oder eben nicht: Einmal aus dem Gleichgewicht gebracht, kann der Qi-Fluss blockieren oder stocken, sodass die Organe entlang des betroffenen Meridians erkranken. Dann greift die traditionelle Massage – und die gibt es in Taiwan nicht nur ausnehmend günstig, sondern auch wirklich gut. Eines muss man allerdings wissen: Taiwanische Massage, egal ob am Körper oder nur am Fuß, ist eine harte Disziplin, die sich lediglich am Ergebnis misst und mitunter unbarmherzig zugreift. Geht es dem Kunden am Ende gut, fühlt er sich nach der Massage besser, ist das Ziel erreicht, die Leiden davor sind dann vergessen. :::
Tainan bietet sich von Taipei aus für einen Kurzausflug an und ist besonders für Kulturinteressierte einen Abstecher wert.
„Mut haben, mal etwas Neues zu probieren“
Mike Hofmann ist unter anderem Managing Director bei Melchers China am Standort Beijing. Aus anfänglich geplanten sechs Monaten, sind mittlerweile 16 Jahre in China geworden – ein Ende ist nicht in Sicht.
Das erste Mal in Asien war ich ... im Jahr 2004 für einen zweiwöchigen Urlaub auf der indonesischen Insel Bali. Das erste Mal nach China hat es mich dann 2007 aus purer Neugierde verschlagen, für ein Praktikum in der Geschäftsleitung der China-Gesellschaft eines schwäbischen Automobilkonzerns. Aus zunächst angedachten sechs Monaten wurde schnell ein knappes Jahr, aus welchem nunmehr bereits 16 Jahre in China geworden sind.
Anders, als ich erwartet hätte, ... war China ein sehr offenes Land mit unbegrenzten Möglichkeiten. Zu jener Zeit der Hochwachstumsphase war mit der nötigen Risikobereitschaft und mit Einfallsreichtum nahezu alles möglich. In der Bevölkerung herrschte ein unbeschreiblicher Aufstiegsdrang.
Am meisten verändert hat sich seit damals ... eigentlich alles. Ob Wirtschaft, Technologie, Gesellschaft oder Politik – man könnte einen Roman verfassen.
Z ur Person
Mike Hofmann lebt und arbeitet seit mehr als 16 Jahren in China. Er ist Managing Director von Melchers China am Standort Beijing sowie Chairman of the Board of Directors des Joint Ventures Koehler Pharamceuticals Beijing Ltd. Seit 2021 ist Hofmann Mitglied des Vorstandes der deutschen Handelskammer in Beijing und agiert ferner seit 2021 als Mentor von deutschen Start-ups bei German Entrepreneurship Asia im Rahmen des vom BMWK geförderten German Accelerator Programms. Mike Hofmann hält regelmäßig Vorträge und verfasst Artikel über den chinesischen Markt.
Die Bedeutung Chinas and Asiens für die Welt sind dabei heute in jeglicher Hinsicht komplett anders. Asien hat sich in vielen Bereichen zum Vorreiter und Trendsetter entwickelt.
Zum Stichwort „interkulturelle Unterschiede“ fällt mir spontan ein, ... dass wenn man offen ist und Unterschiede in Kulturen wertfrei akzeptiert, interkulturelle Unterschiede eine Bereicherung sein können. Man sollte sich stets davor hüten, seine eigenen Werte und Ansichten als die der anderen Seite überlegen anzusehen.
In das größte Fettnäpfchen getreten bin ich … als wir bei der Sitzordnung eines Geschäftsessens die anwesenden Wirtschaftsvertreter chinesischer Unternehmen gegenüber einem chinesischen Politiker bevorzugt behandelt haben. Wir hatten uns schlicht von Titeln blenden lassen. Ein aufmerksamer Mitarbeiter konnte das Schlimmste abwenden.
An den Asiaten schätze ich besonders … ihren Optimismus, Pragmatismus, ihre Neugierde und Offenheit für stetigen Wandel und Technologien.
Wenn ich in Asien bin, bin ich am liebsten … in einem lokalen Restaurant des Landes oder der Stadt, in der ich mich gerade aufhalte, und probiere ausgiebig die lokale Küche.
Asien-Reisende sollten … nicht immer alles mit zu Hause vergleichen und Unterschiede akzeptieren. Und unbedingt: im Restaurant den Mut haben, mal etwas Neues zu probieren.
Kennenlernen würde ich gern einmal … die zentralasiatische Region.
Wenn ich in die Zukunft blicke, denke ich, dass wir noch einmal überrascht sein werden, … dass es doch wieder anders kommt als jeder „Experte“ es prognostiziert hat.
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