Kapitel 4 - Verpackung und Innovation

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VERPACKUnG UnD InnOVATIOn


„Die Verpackung spielt eine große Rolle. Doch was den Verbrauchern wirklich wichtig ist, ist der Inhalt und dass sich dieser in ihren Lebensalltag optimal integriert.“ Axel Dahm, Vorsitzender der Geschäftsführung, Marketing, Vertrieb und International, Gerolsteiner Brunnen

Vom Stempel zum Etikett: Schon immer schmückte der Stern die Gerolsteiner Gebinde.

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verpackung


Vom Tonkrug bis zur PET-Flasche – 125 Jahre innovative Verpackungen der Marke Gerolsteiner Verpackungen spielen bei Getränken von jeher eine elementare Rolle, denn sie schützen das Produkt vor biologischen, klimatischen und mechanischen Einflüssen. Außerdem erlauben sie einen wirtschaft-

Liter

wurden

braunen Färbung, einen Blick auf den

lichen Arbeitsablauf – angefangen bei der

bereits vor ihrer Brennung durch einen

Inhalt. Der Wechsel zu den industriell

maschinellen Verpackung über den Trans-

Stempel mit dem Gerolsteiner Markenzei-

gefertigten Glasflaschen hatte auch für

port und die Lagerung bis zur marken-

chen versehen. Per Tauchverfahren befüllt

den Gerolsteiner Sprudel Vorteile: Sie

gerechten Präsentation im Handel.

und mit einem Siegelverschluss abgedich-

waren nicht nur günstiger, sondern auch

tet, boten sie die erste sichere Verpackung

leichter und weniger bruchanfällig als die

für natürliches Mineralwasser.

bis dahin eingesetzten Tonkrüge. Dies

Als Wilhelm Castendyck vor 125 Jahren den Gerolsteiner Sprudel ins Leben rief, wird er sich über viele Dinge den Kopf zerbrochen haben. Etwa wie das Produkt genau heißen sollte, welches Markenzeichen es tragen würde oder wie er den Sprudel bekannter machen könnte. Nach einer geeigneten Verpackung musste er jedenfalls nicht lange suchen, denn Tonkrüge waren 1888 noch immer die Standardver-

Mineralwasser

fassten,

Der Wechsel zu den industriell gefertigten Glasflaschen hatte auch für den Gerolsteiner Sprudel Vorteile: Sie waren nicht nur günstiger, sondern auch leichter und weniger bruchanfällig als die bis dahin eingesetzten Tonkrüge.

packung für Mineralwasser. Gerolsteiner

Ab der Jahrhundertwende begann sich

bezog seine Tonkrüge aus dem Kan-

mit der Glasflasche eine neue Getränke-

nenbäckerland,

Kulturlandschaft

verpackung durchzusetzen. Für den Ver-

zwischen Westerwald und Mittelrhein-

braucher bot die Flasche viele Verbes-

tal, die seit dem 15. Jahrhundert über-

serungen gegenüber dem Tonkrug: Sie

regional für ihre Töpferware bekannt

war handlicher, wiederverschließbar und

war. Die Tonkrüge, die bis zu einem

ermöglichte, trotz ihrer grünen oder

einer

verringerte die Transportkosten erheblich und erlaubte den kostendeckenden Verkauf in weiter entfernte Gebiete. Mit den Glasflaschen änderten sich auch die Verschluss-Systeme: Konnten TonkrügeSiegel nach dem Öffnen nicht wieder verwendet werden, bot der sogenannte Innenverschraubverschluss die Möglichkeit, die Glasflasche mit Hilfe eines Dichtgummis wieder zu verschließen.

verpackung

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„Auch sonst werden wir ständig bemüht sein, in jeder Hinsicht ,vorn’ zu bleiben. So können unsere Kunden in Zukunft im Interesse einer schnellen und bequemen Abfertigung auf Wunsch mit Paletten beliefert werden. Die leichten, handlichen Kunststoffkisten werden in immer weiteren Bezirken eingesetzt werden.“ Valentin van Horn, ehemaliger Geschäftsführer, Gerolsteiner Sprudel

400.000 Füllungen pro Schicht: die Gerolsteiner Hebelverschlussflasche.

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Bei der Anfang der 1950er Jahre eingeführten Bügelflasche war der Hebelverschluss direkt an der Glasflasche befestigt, benötigte aber nach wie vor einen austauschbaren Gummiring. Erst der Drehverschluss der Brunnenein-

Die neuen Kisten waren auch bei den

dukt sämtliche dieser Stufen erfolgreich

heitsflasche der Genossenschaft Deut-

Kunden beliebt – mussten sie sich doch

durchlaufen hatte, wurde anhand der

scher Brunnen (GDB) bot 1970 eine prak-

nun nicht mehr mit den schweren und

prognostizierten Absatzchancen über die

tische Alternative. Auch die technischen

sperrigen Holzkisten abmühen.

tatsächliche Markteinführung entschie-

Möglichkeiten hatten Einfluss auf die Wahl

den – ein System, dessen Aufbau noch

des Verschluss-Systems: Bis in die 1960er

Die

Jahre mussten Hebelflaschen mangels

Deutschland für einen Wandel von einem

maschineller Möglichkeiten von Hand

Verkäufer- zu einem Käufermarkt, in dem

geschlossen werden. Eine Mammutauf-

sich die Ansprüche und Bedürfnisse der

gabe – denn innerhalb einer Acht-Stun-

Verbraucher ständig änderten. Die Ge-

den-Schicht wurden bis zu 400.000

tränkeindustrie und vor allem ein Mar-

Flaschen abgefüllt.

kenanbieter wie der Gerolsteiner Sprudel

Wirtschaftswunderzeit

sorgte

in

heute Bestand hat.

musste vermehrt in die Entwicklung neuer Für den Transport der ersten Glasflaschen

Produkte und Verpackungen investieren,

wurden noch sperrige Holzkisten genutzt,

um sich von anderen Marken abzugren-

die nicht nur schwer waren, sondern auch

zen und am Markt zu bestehen. 1965 legte

häufig defekt oder demoliert an ihrem

das Unternehmen erstmals Richtlinien

Zielort ankamen. Erst ab den 1960er

für die Produktentwicklung fest: neue

Jahren setzte Gerolsteiner testweise die

Produkte und Geschmacksrichtungen

ersten Transportpaletten und Kunststoff-

wurden zunächst getestet, mit moder-

kisten ein. Mit den aufkommenden Kunst-

nen Marktforschungsmethoden auf ge-

stoff kisten ließen sich die vormals perso-

schmackliche Eignung geprüft und zum

nal- und zeitintensiven Verladeprozesse

Probeverkauf in ausgewählten Testmärk-

nun schneller und bequemer abwickeln.

ten angeboten. Erst wenn ein Pro-

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Bei der Entwicklung neuer Produkte standen die Wünsche des Verbrauchers im Vordergrund, die wiederum gesellschaftlichen Trends folgten. So sorgte die „Reisewelle“ für eine erhöh-

Mit den geplanten Einwegverpackungen

ter in einer Kartonumhüllung ein Vorläufer

te nachfrage nach Zitrusfrüchten, was

sollten die Konsumenten ihren Durst auch

der heutigen Tetraverpackung war, konnte

1966 zur Einführung von Gerolsteiner

unterwegs löschen können. Geeignete Ab-

sich im Praxistest durchsetzen. Zu groß war

Grapefruit führte. Der „Gesundheitstrend“

nehmer wären vor allem mobile Verkaufs-

die Geschmacksbeeinträchtigung der ers-

brachte das kohlensäurereduzierte Gerol-

stellen, Tankstellen oder Campingplätze

ten Eisendosen, zu hoch die Bruchquote

steiner „Tafelwasser“ hervor, den Vorläufer

gewesen, aber auch Supermärkte, Waren-

bei den Einwegglasflaschen und zu groß

des heutigen Gerolsteiner Medium.

häuser

der nachteil, das Mineralwasser durch

und

Lebensmittelgroßhändler.

Die vorgeschlagene Dosenverpackung Die Broschüre „Gerolsteiner Informatio-

stieß beispielsweise bei den großen

nen“ berichtet 1968 davon, dass innerhalb

Luftfahrtgesellschaften auf Interesse.

der Getränkeindustrie ein rasanter Sortimentswechsel einsetzte und bestehende Produkte immer weiter verbessert wurden. Die Innovationen waren für den Gerolsteiner Sprudel eine Chance, die Marke mit dem roten Stern zu profilieren.

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die Verpackung nicht sehen zu können.

„Wir haben gelernt, Verpackung bei Mineralwasser möglichst klar und transparent zu machen. Denn Wasser ist absolut klar und weil es ein Naturprodukt ist, will der Verbraucher es auch sehen können.“ Bernd Engelhaupt, ehemaliger Geschäftsführer Technik, Gerolsteiner Brunnen

Dazu gehörte auch die Gestaltung des

Im Vergleich zu Glasflaschen war sie

Etiketts, das einen möglichst hohen Wie-

leichter, konnte nicht zerbrechen und ließ

dererkennungswert haben sollte. In den

sich aufgrund ihres geringen Umfangs

1960er Jahren versuchte Gerolsteiner erst-

besser transportieren. Praxistaugliche Lö-

mals, neue Verpackungsmaterialien aus

sungen konnten aber in den 1960er Jah-

Einwegglas, Blech, Kunststoff oder Papier

ren noch nicht gefunden werden: Weder

einzusetzen. Ausschlaggebend dafür war

die Dose noch die Einwegglasflasche

die gestiegene Mobilität der Verbraucher.

noch der „Cubitainer“, der als Plastikbehäl-


„Als erster Brunnen führten wir ein natürliches Mineralwasser mit wenig Kohlensäure in einer grünen Flasche ein. Wir nannten es Tafelwasser, wohl wissend, dass dies eigentlich eine Bezeichnung für künstliches Mineralwasser war. Mit dem Begriff Tafelwasser wiesen wir auf einen besonderen, damals noch nicht üblichen Verwendungszweck hin: dem Konsum von Mineralwasser zum Essen. Aus dem Tafelwasser wurde die über Jahrzehnte sehr erfolgreiche Gerolsteiner Stille Quelle und das heutige Gerolsteiner Medium.“ Rolf Hermes, ehemaliger Verkaufsdirektor, Gerolsteiner Brunnen

Begleiter zum Essen: Gerolsteiner Tafelwasser, Vorläufer des Gerolsteiner Medium.

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Als bedeutende branchenweite Mineralwasserverpackung kann sicher die Brunneneinheitsflasche der Genossenschaft Deutscher Brunnen gesehen werden. „Wir glauben mit einiger Sicherheit an-

die neu entwickelte Perlenflasche mit nur

Die uniforme Verpackung ließ jedoch nur

nehmen zu können, daß diese Flasche

26 Pfennig zu Buche schlug. Auch die

wenig Spielraum für individuelle Vertriebs-

sich im Markt durchsetzen und die bis-

Transporteure und Getränkegroßhändler

und Marketingmaßnahmen. Als Marke war

herige 0,7-Liter-Hebelflasche verdrängen

profitierten von der standardisierten Ver-

es schwierig, zwischen den identisch

wird“, lautete auch die Einschätzung des

packung, bestehend aus Glasflasche,

präsentierten Wässern hunderter anderer

Gerolsteiner Sprudel, der bereits während

Kunststoff kasten und Holzpalette.

Mineralbrunnen hervorzustechen. Abge-

der Entwicklungsphase an der Gestaltung mitwirkte. Bereits im Januar 1970 begann das Unternehmen mit der Auslieferung der 0,7-Liter-Einheitsflasche mit Drehverschluss und setzte damit als einer der ersten deutschen Mineralbrunnen auf das neue Gebinde. Schon nach kurzer Zeit war die „Perlenflasche“ mit ihrem unverwechselbaren Perlendekor am Flaschenhals bei den Verbrauchern beliebt – auch weil der

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sehen von dem eigentlichen Produkt konnte man sich nur durch die Etiketten und individuell bedruckbare Verschlüsse abheben. Für den Gerolsteiner Sprudel war es deshalb umso wichtiger, an einer verbesserten Flaschenausstattung zu arbeiten und die Aufmerksamkeit erregende Wirkung des Markenzeichens „Roter Stern“ zu erforschen. Im Sommer 1974 brachte der Gerolsteiner

neue Drehverschluss im Vergleich zur

Weil nahezu die gesamte Branche auf das

Sprudel mit der „Plasti-Shield-Flasche“

alten Hebelflasche einfacher zu bedienen

einheitliche System setzte, konnten ein-

eine neue Getränkeverpackung auf den

und bedeutend hygienischer war. Für die

heitliche Förderfahrzeuge für alle Paletten

deutschen Markt. Die Besonderheit dieser

deutschen Brunnenbetriebe bedeutete

genutzt werden. Ein weiterer Vorteil für

in den USA entwickelten Einwegflasche

die Einheitsflasche ein enormes Einspar-

die Händler war die verkaufsfördernde

lag in der Verbindung einer herkömm-

potenzial:

Wirkung der Qualität versprechenden

lichen Glasflasche mit einem Styropor-

Brunneneinheitsflasche.

Schutzmantel, der bei besserer Stabilität

Eine

Hebelverschlussflasche

kostete 50 Pfennig im Einkauf, während

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Schon nach kurzer Zeit war die „Perlenflasche“ mit ihrem unverwechselbaren Perlendekor am Flaschenhals bei den Verbrauchern beliebt – auch weil der neue Drehverschluss im Vergleich zur alten Hebelflasche einfacher zu bedienen und bedeutend hygienischer war.


„Wir waren alle identisch: 100 andere Brunnen in Deutschland mit einheitlichen Flaschen, Kisten und Verschlüssen. Das hatte natürlich riesige Handlings- und Kostenvorteile, aber innovativ war das sicher nicht.“ Bernd Engelhaupt, ehemaliger Geschäftsführer Technik, Gerolsteiner Brunnen

den Glasanteil deutlich verringerte. neben dem verminderten Transportgewicht bot die Styropor-Ummantelung einen um mehr als 30 Prozent höheren Isolationseffekt. Die neuen Flaschen waren deshalb nicht nur leichter, sondern hielten die Getränke auch länger kühl als es Glasflaschen konnten. Dennoch musste die „Plasti-Shield-Flasche“ schon im folgenden Jahr wieder aus dem Sortiment genommen werden, weil die herstellende Glashütte die Produktion einstellte und ein Import dieser Flaschen aus Amerika zu kostspielig gewesen wäre. Heute setzt Gerolsteiner im internationalen Geschäft auf verschiedene Leichtglasflaschen, die nach dem Prinzip der damaligen „PlastiShield-Flaschen“ funktionieren.

Der Klassiker: Die „Perlenflasche“ der Genossenschaft Deutscher Brunnen kam 1970 auf den Markt.

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gourMet erobert die gastronoMie Als einer der ersten deutschen Mineralbrunnen führte Gerolsteiner 1992 eine exklusive Flasche für die Gastronomie und Hotellerie ein: die Gourmetflasche. Das hochwertige und durchsichtige

tritts nur wenig attraktiv erschien. nach

das neue Gourmetsortiment 1992 auf-

Flaschengebinde unterstrich dabei den

über 20 Jahren im Einsatz wurde 1977 mit

bauen. Der von Gerolsteiner geprägte

Anspruch, gerade auch in der Gastrono-

dem Austausch der markanten Einbrand-

Begriff „Gourmet“ ist bis heute zum

mie die führende Marke auf dem deut-

flasche begonnen. Die neuen Gastro-

unbestrittenen Synonym für spezielle

schen Markt zu werden. Die edle Ver-

nomieflaschen behielten die gewohnte

Gastronomiegebinde geworden.

packung sollte den Qualitätsanspruch

Vichy-Form bei, waren aber mit Papier-

unterstreichen. Ihren Vorgänger hatte die

etiketten versehen.

heutige Gourmetflasche in der 0,25-LiterEinbrandflasche, die in den 1950er Jahren

Es war Willi Schmittem, der als Verkaufs-

auf den Markt kam. Ihren namen ver-

leiter für Gastronomie und Großverbrau-

dankte die Flasche ihrem Etikett und der

cher 1983 den Bedarf der gehobenen

angedeuteten weißen Spitzenmanschette

Gastronomie an kohlensäurereduzierten

im Halsbereich, die fest in die Flasche

Mineralwasser

eingebrannt war. Damit war die Ein-

die Einführung von Gerolsteiner Stille

brandflasche einzigartig und sorgte für

Quelle in der 0,125-Liter-Gourmetflasche

einen hohen Wiedererkennungswert des

und schuf damit ein neues Marktseg-

Gerolsteiner Sprudel in der Gastronomie.

ment. Er war es auch, der bereits 1984

erkannte.

Er

forcierte

eine spezielle Tischkühlbox für den

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Die verschiedenen Etikettenversionen

Gerolsteiner Sprudel entwickelte und

hatten sich wortwörtlich in die Flaschen

die Marke innerhalb kürzester Zeit in

eingebrannt. So konnte es vorkommen,

der

dass sich in einem Kasten unterschiedlich

etablierte. Seine Kühlbox verkaufte sich

etikettierte Gebinde wiederfanden, was

allein in den ersten fünf Jahren über

aus Sicht eines einheitlichen Markenauf-

10.000 Mal. Auf diesem Erfolg konnte

Konferenz-

und

Tageshotellerie


„Ein großer Schritt war für mich die Einführung der Gastro-Individualflasche, die wir als erstes deutsches Mineralbrunnenunternehmen eingeführt haben. Diese schöne Formflasche hat großen Erfolg in der Gastronomie, weil es eben ein wirklich schönes Gebinde ist.“ Hans-Jürgen Mertes, ehemaliger Geschäftsführer kaufmännischer Bereich, Gerolsteiner Brunnen

Von der Einbrandflasche bis zum Gourmetgebinde: Gerolsteiner auf dem Weg zu einer der führenden Gastronomiemarken.

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die MineralwasserverPackung wird neu erfunden Es gibt nur wenige Innovationen in der Mineralbrunnenindustrie, über deren revolutionären Charakter sich alle einig sind. Bei der im Jahr 1998 eingeführten 1-Liter-

damaligen

überhaupt

mitgebracht, wo sich ähnliche Flaschen

Mehrwegflasche aus Polyethylentereph-

Kunststoff verpackungen akzeptiert hät-

bei den Verbrauchern sehr gut verkauf-

thalat (PET) ist dies jedoch der Fall:

ten, war im Übrigen auch nicht abzu-

ten. nachdem er seine beiden Geschäfts-

Zu groß waren die Auswirkungen auf die

sehen. Eine 1979 durchgeführte Studie

führerkollegen von der Idee überzeugte

gesamte Mineralwasserbranche, nach-

des Bundesministeriums für Forschung

hatte, gab es kein Zurück mehr.

dem Gerolsteiner als erster Brunnen-

und Technologie über die bevorzugten

betrieb eine PET-Flasche für kohlensäure-

Getränkeverpackungen kam zu dem

haltiges Mineralwasser auf den Markt ge-

Ergebnis, dass die deutschen Verbraucher

bracht hatte.

Pfandflaschen bevorzugten. An zweiter

Konsumenten

Stelle wurden Einwegflaschen genannt, Doch wie so oft in der 125-jährigen

erst danach folgten Dosen-, Papier- und

Markengeschichte liegen die Anfänge

schließlich Kunststoff verpackungen.

viel weiter zurück – im Fall der Kunstder 1960er Jahre war das Unternehmen

„Die Entscheidung war gefallen: vorwärts und durch – Kapitulieren stand nicht im Plan.“

der Frage nachgegangen, ob Kunststoff-

Dr. Peter Traumann, ehemaliger Vorsitzender der Geschäftsführung, Marketing und Vertrieb, Gerolsteiner Brunnen

stoff flasche sogar 30 Jahre: Bereits Ende

flaschen sich als Verpackung für kohlen-

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säurehaltige Getränke eignen könnten.

Anfang der 1990er Jahre beschäftigte

Die Ergebnisse waren jedoch ernüch-

sich

ternd, weil die damals eingesetzten

Dr. Peter Traumann ganz neu mit der

Kunststoffe den Geschmack verfälschten

Entwicklung einer Mehrweg-Getränke-

und

hochwertige

verpackung aus PET für Mineralwasser.

Mineralwasser der Marke Gerolsteiner

Die Idee dazu hatte er von einer

nicht in Frage kamen. Inwiefern die

Geschäftsreise in die Vereinigten Staaten

deshalb

für

das

der

damalige

Geschäftsführer


„Zu viele Neuheiten können ein Unternehmen ganz schön alt aussehen lassen und zu wenig Neuheiten lassen ein Unternehmen auf jeden Fall alt aussehen. Ohne Innovationen und ohne Weiterentwicklung lässt sich keine Marke erhalten.“ Dr. Peter Traumann, ehemaliger Vorsitzender der Geschäftsführung, Marketing und Vertrieb, Gerolsteiner Brunnen

Revolutionierte die Mineralwasserbranche: die erste PET-Mehrwegflasche für Mineralwasser.

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„Es gab aber Dr. Traumann, der sagte, das machen wir, das Ding ziehen wir durch. Du stellst mir die Flasche auf den Tisch, und ich verkaufe die. Und dann gab es Herrn Mertes, der sagte, Engelhaupt, wenn das Ding in die Hose geht, haben wir ein Problem. Ich trage das alles mit, aber Sie müssen mir garantieren, dass das qualitativ stimmt. Ich sagte, Herr Mertes, vorher kommt die Flasche nicht auf den Markt.” Bernd Engelhaupt, ehemaliger Geschäftsführer Technik, Gerolsteiner Brunnen

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Damit begann 1993 ein langwieriges und schwieriges Unterfangen, denn die handelsüblichen PET-Flaschen waren damals weder geschmacks- noch geruchsneutral. Die anfängliche Schwierigkeit bestand

Folienetikett über die PET-Flasche zu

angesehen werden. Die PET-Mehrweg-

zunächst darin, die Rohstoff hersteller

bringen, das war schon abenteuerlich; es

flasche legte den Grundstein für eine

für die notwendige Entwicklung eines

wieder runterzubekommen, das war

deutschlandweite

geschmacksneutralen PET-Granulats zu

noch abenteuerlicher“, beschreibt Bernd

brachte Gerolsteiner dem Ziel, eine

gewinnen. Die größte Herausforderung

Engelhaupt den Prozess. Trotz aller Hin-

nationale Marke zu werden, einen

war es jedoch, gegen die Widerstände

dernisse und einer fünfjährigen Entwick-

großen Schritt näher.

der deutschen Brunnenindustrie, der

lungszeit war die 1998 eingeführte

Umweltverbände und der Lebensmittel-

1-Liter-PET-Mehrwegflasche nichts Ge-

einzelhändler eine individuelle Lösung

ringeres als einer der wichtigsten Meilen-

für die Marke Gerolsteiner zu entwickeln.

steine in der 125-jährigen Geschichte der

Die spezifische Gestaltung betraf nicht

Marke Gerolsteiner.

nur die PET-Flasche selbst, sondern auch

„Im Grunde genommen waren wir immer Vorreiter – und das war eine spannende Geschichte. Denn wir hatten ein Ziel, bei dem wir sicher waren, es zu erreichen, auch wenn auf allen Ebenen eigentlich nur dagegen geschossen wurde.”

die Flaschenausstattung, bestehend aus Etikett und Verschluss. Gerade im Bereich der Etikettierung wurde eine neue Lösung benötigt, weil sich die bisher genutzten Klebstoffe nicht für Kunststoff eigneten. Es wurden deshalb Folieneti-

Distribution

und

Bernd Engelhaupt, ehemaliger Geschäftsführer Technik, Gerolsteiner Brunnen

ketten und eine spezielle Maschine ent-

Die neue PET-Flasche war nicht nur leich-

wickelt, die mittels eines Wasserstrahls

ter als ihre Glaskonkurrenz, sondern

die Etiketten auch wieder rückstandslos

gleichzeitig unzerbrechlich – zwei Eigen-

entfernen konnte, ohne die Flasche dabei

schaften, die von den Verbrauchern seit-

zu beschädigen. „Das neu entwickelte

dem als geradezu selbstverständlich

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glas erlebt eine renaissance Trotz des durchschlagenden Erfolgs der PET-Verpackung hatte Glas nach wie vor seinen treuen Kundenstamm. Im Jahr 2010 komplettierte Gerolsteiner sein Verpackungssortiment um eine 1-Liter-Glas-Mehrwegflasche in einem handlichen 6er-Kasten. Das neue Glasgebinde war die erste bundesweite neueinführung einer Glasflasche im Jahr 1970. Es spricht vor allem

„Das Unternehmen muss die Verpackungen bringen, die der Verbraucher wünscht, dann ist es erfolgreich.“

diejenigen Verbraucher an, die Mineral-

Hans-Jürgen Mertes, ehemaliger Geschäftsführer kaufmännischer Bereich, Gerolsteiner Brunnen

verpackung seit der Brunneneinheits-

wasser aus Glasflaschen bevorzugen. Mit der Gerolsteiner Klassikflasche haben sie eine zeitlose Alternative zum Einheitsgebinde erhalten. Damit werden die Gerolsteiner Mineralwässer und Erfrischungsgetränke auf Mineralwasserbasis in den drei heute gängigen Gebinden Glas-Mehrweg, PETMehrweg und PET-Einweg angeboten. Doch während sich die Verpackungen im Laufe der Zeit immer wieder den Kundenwünschen anpassten, hat sich am Gerolsteiner Mineralwasser und seiner ursprünglichen Qualität nichts geändert.

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„Gerade die marken- und qualitätsbewussten Verbraucher empfinden Glasflaschen als höherwertige Gebinde für Mineralwasser und entscheiden sich gezielt dafür.“ Axel Dahm, Vorsitzender der Geschäftsführung, Marketing, Vertrieb und International, Gerolsteiner Brunnen

Zeitlose Alternative für Ästhetiker: die Gerolsteiner Glas-Mehrwegflasche.

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1888

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1900

1936

1958


1970

1998

2008

2010

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„Die Investitionen in innovative Abfülltechnologie, modernste Lagerkapazität und optimierte Abläufe, die der Gerolsteiner Brunnen alle aus eigener Kraft getätigt hat, sind Teil unserer Qualitätsstrategie und sichern auch für die Zukunft die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens am Standort Gerolstein.” Ulrich Rust, Geschäftsführer Technik, Gerolsteiner Brunnen

Grundstein des Gerolsteiner Erfolgs: motivierte Mitarbeiter und modernste Maschinen.

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investitionen für die zukunft Entscheidende Voraussetzung für den Erfolg des Unternehmens und der Marke Gerolsteiner war neben der Produkt- und Verpackungsentwicklung immer auch eine hohe Innovationsbereitschaft im Bereich Technik. Den Konsumentenbedürfnissen folgend,

eine hohe Flexibilität beim Bedienen der

entwickelt sich Gerolsteiner seit 2007 vom

nachfrage. Die neue Technik und Logistik

klassischen Mineralbrunnen zum moder-

gewährleisten, dass der Standort euro-

nen Abfüller von Mineralwasser und Er-

paweit einzigartig für die Zukunft ge-

frischungsgetränken. Doch um die kom-

wappnet ist. Profitieren werden davon

plexe Verpackungsvielfalt bedienen zu

Kunden und Konsumenten, Mitarbeiter

können, mussten die erforderlichen Strukturen erst geschaffen werden. Im Jubiläumsjahr 2013 wird dieses wohl bedeutendste Investitionsprogramm in der 125jährigen Geschich-

Die neue Technik und Logistik gewährleisten, dass der Standort europaweit einzigartig für die Zukunft gewappnet ist. Profitieren werden davon Kunden und Konsumenten, Mitarbeiter und das Unternehmen.

und

das

Unter-

nehmen. Möglich wurde dieses umfangreiche Projekt durch ein durchdachtes Konzept, hoch

motivierte

Mitarbeiter in der Umsetzung

und

durch Gesellschaf-

te abgeschlossen und damit ein neues

ter, die an die Zukunft der Marke

Kapitel für Gerolsteiner aufgeschlagen.

glauben und – wie in den vergangenen

Produktion, Verladung und Versand von

125 Jahren – bereit sind, das Unternehmen

Einweg- und Mehrwegprodukten wur-

zu unterstützen.

den gänzlich neu strukturiert und für beide Verpackungsformen eigene Bereiche geschaffen. Das ermöglicht nicht nur kurze Wege, effiziente Abläufe und

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