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«Getroffen»: Eine andere Weltmeisterschaft

auf ihr Gehör angewiesen, um zu merken, woher der Ball kommt. Auch die Schweiz ist mit einigen Teilnehmenden beteiligt.

Text: Erica Brühlmann-Jecklin

Die Einladung klingt spannend und auch ein wenig geheimnisvoll. Sie darf am Wochenende an einer Weltmeisterschaft teilnehmen. Der Name dieser Sportart: Showdown. Zum ersten Mal findet sie in der Schweiz statt. Vertreten sind Blinde und schwer Sehbehinderte aus verschiedenen Ländern. Was sie sportlich erwartet, wird ihr vor Ort, das heisst in einem kleinen Raum eines Zürcher Hotels, erklärt.

Im Raum steht ein Spezialtisch, gut drei Meter lang. Auf beiden Seiten steht je eine Turnierteilnehmerin. Ihre Aufgabe: Es gilt, gegenseitig zu versuchen, mit einem Tischtennis-ähnlichen Schläger einen Ball dem Gegner ins winzig kleine in der Mitte angebrachten Netz zu schlagen. Und weil einige noch einen – wiewohl kleinen – Sehrest haben, werden der Gerechtigkeit wegen allen die Augen verbunden. Gespielt wird also blind. Die Besucherin staunt. Die klaren Regeln erlauben kein Reden während des Spiels. Sehende Schiedsrichter überschauen das Ganze und rufen die Punkte aus, die eine oder einer macht. Trifft ein Spieler bzw. eine Spielerin ins Netz, gibt das zwei Punkte. Macht eine oder einer einen Fehler, bekommt der Gegner bzw. die Gegnerin einen Punkt. Wer zuerst elf Punkte hat, gewinnt den Satz, und wer drei Sätze gewonnen hat, ist Siegerin bzw. Sieger. Die Teilnehmenden sind absolut

KOLUMNE «FC DIETIKON»

Jetzt kommt es zu den Finalspielen. Nein, leider keine Schweizerin, wie sehr auch diese trainiert haben. Die Französin Elvina Vidot schlägt die Polin Donenika Czuj in drei Sätzen mit 11:6, 11:7 und 11:6. Jetzt das Herrenfinal. Die Spannung bei den schweigenden, manchmal flüstern den eng an den Wän den stehenden Zuschauenden, von denen sich einige auch ganz auf ihr Gehör verlassen müssen, wächst. In die Stille hinein tönen nur die regelmässigen Schläge der hochkonzentrierten Spieler. Jetzt ste hen sich der Süd-Koreaner Jong Kyong Lee und der Slowake Stefan Marcin gegenüber, damit an der Reihe der jüngste Teilnehmer, der sechzehnjährige junge Koreaner. Und gewinnt 3:1.

Nun kommt, wie bei jeder Weltmeisterschaft das Wichtigste: Die Siegerehrung. Klein ist der Raum, in den nun alle geführt werden, klein und dunkel. Gespannt sitzen Turnierteilnehmer und Gäste in den Sitzreihen, einige stehen an den Wänden entlang, nicht für alle gibt es einen Sitzplatz. Die Sehenden erkennen, dass das Licht angeschaltet ist, ein Fenster mit Tageslicht fehlt, wirklich stören tut dies hier niemand.

Jetzt stehen als erste die drei Siegerinnen vorne. Die französische Nationalhymne wird von einem Tonband abgespielt. Es herrscht eine eindrückliche Stille im Publikum. Sehende Helferinnen führen die stolzen Gold-, Silberund Bronzemedaillengewinnerinnen an ihre Plätze zurück und die Sieger nach vorne. Bühne braucht es keine, die we- nigsten erkennen, wo genau die drei stehen.

Zuerst jetzt die Ehrung des Bronzegewinners. Applaus. Dann jene für den Silbermedaillengewinner. Erneuter Applaus. Endlich wird der Sieger der Goldmedaille genannt und die südkoreanische Nationalhymne ab Tonband gespielt. Was die meisten hier nicht sehen, die Besucherin aber sehr wohl, ist etwas, was anderen Weltmeisterschaftsehrungen in nichts hintansteht: Im Moment, in dem die Hymne leicht schäppernd ab Konserve erklingt, bewegt der junge Südkoreaner Lee seine rechte Hand Richtung Herz, wo er sie ruhen lässt, seine Lippen bewegen sich, und wer immer es erkennen kann sieht: Er singt mit. Voller Stolz und gerührt. Was sie heute gelernt hat? Für ein grosses Erlebnis braucht es keine Öffentlichkeit. Ja, sie behauptet sogar, dass dies die schönste Siegerehrung war, die sie je miterleben durfte. 

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