GfM Agenturmodelle im digitalten Zeitalter

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GfM – Schweizerische Gesellschaft fßr Marketing w w w.gfm.ch

Agenturmodelle im digitalen Zeitalter von The Observatory International


Komplexität bringt neue Bedürfnisse

Der Konsument steht im Mittelpunkt

Jeder Auftraggeber von kommerzieller Kommunikation kämpft mit der Fragmentierung des Marktes. Um die ständig wachsende Viel­­falt an Kommunikationskanälen und möglichen Touchpoints mit dem Zielpublikum auch nur einigermassen zu beherrschen, sind mehr und mehr Disziplinen entstanden, die geführt und koordiniert werden müssen.

Für was für ein Agenturmodell man sich auch immer entscheidet, zentral ist, dass diese Entscheidung mit Blick auf den Konsumenten gefällt wird. Ziel ist in jedem Fall die Ausstrahlung eines einheitlichen, relevanten und attraktiven Gesamtbilds, auch wenn – oder gerade wenn – sich dieses aus vielen Einzelfacetten zusammensetzt.

Alles aus einer Hand ist in der Agenturwelt heute praktisch nicht mehr zu haben. Soll man trotzdem eine Leadagentur beschäftigen, die als Filter wirkt und für den Auftraggeber der zentrale Ansprechpartner bleibt? Oder soll man vielmehr den genau gegenteiligen Weg beschreiten und den Kontakt zu allen Spezialisten völlig selbständig pflegen? Beides gibt es, beides ist möglich. Und noch ganz viele Mischformen dazwischen.

Dies lässt sich nur mit hohem strategischem Können aller Beteiligten, viel gegenseitigem Verständnis und kontinuierlicher, enger Zusammenarbeit erreichen. Silodenken ist von gestern. Vorhang-auf-Präsentationen ebenso. Hier Regie zu führen, ist anspruchsvoll. Überlegen Sie sich als Auftraggeber gut, wem Sie diese Hauptrolle anvertrauen möchten.

Auf Grund langjähriger Erfahrung im Rahmen diverser Beratungsmandate in aller Welt sowie der Erkenntnisse unserer globalen internen Arbeitsgruppe haben wir 10 Grundmodelle für die Zusammenarbeit mit Kommunikationsagenturen im digitalen Zeitalter definiert. 6 davon gibt es schon länger, 4 neuere sind in letzter Zeit hinzugekommen. Sicher ist: jeder Auftraggeber muss für sich entscheiden, was für ihn das Richtige ist. Unsere Grundmodelle sollen ihm für diese Entscheidung Orientierungshilfe bieten.

Veränderung heisst Verunsicherung Wird ein bestehendes Agenturmodell durch ein neues ersetzt, ist viel Fingerspitzengefühl angesagt. Veränderungen und Restrukturierungen sind disruptiv und verunsichern die meisten Beteiligten. Ausserdem stehen in solchen Fällen immer geschäftliche Beziehungen zu vorhandenen Agenturpartnern auf dem Spiel. Gehen Sie sensibel und fair damit um, haben Sie Verständnis für vorhan­dene Skepsis. Und setzen Sie sich nicht zeitlich unter Druck. Ein echter Modelling-Prozess kann je nach Komplexität der Organisation ohne weiteres ein Jahr in Anspruch nehmen. Und dann geht die Implementierung erst los.


DAS MAPPING Die 10 vorgestellten Modelle als Übersicht. Single Access Point

New Wave

Dream Team

In-house Agency

Managementberatung

One-stop Shop

Complexity

-

In

Control Lead Agency +

Integrated Network Consortium Specialist Roster Multiple Access Point © The Observatory International 2018

IN-HOUSE AGENCY Die Agentur im eigenen Haus. Erfreut sich steigender Beliebtheit. Wird entweder selbst aufgebaut oder als komplette Firma zugekauft. Eignet sich besonders dann, wenn Content Marketing oder Real Time Communication über Social Media höher gewichtet wird als Krea­ tivität. Praktisch auch bei grossem Einsatz von Marketing Technologies und Marketing Analytics.

Vorteile: • Hilfreich bei hohem Automatisierungsgrad und grosser Regelmässigkeit • Zuverlässige Abdeckung von Ausführungsleistungen • Hohe Kostenkontrolle Nachteile: • Meist wenig Innovation und Kreativität • Kein Blick von aussen • Tendenziell Mangel an Spezialwissen und Expertentum • Geringe Flexibilität


SPECIALIST ROSTER

LEAD AGENCY

Durch den Kunden selbst zusammengestellte, individuell beauftragte und geführte Gruppe von Spezialagenturen. Die Agenturen ergänzen sich, teilweise stehen sie miteinander im Wettbewerb. Marketing trifft Auswahl projektbezogen auf Grund jeweiliger Eignung und kümmert sich um Koordination und Stringenz. Verbreitung massiv gefördert durch inflationäre Anzahl bespielbarer Kommunikationskanäle.

Die bekannteste und wahrscheinlich noch immer verbreitetste Form der Arbeits­ teilung im Kommunikationsbereich. Die Leadagentur ist zentraler Ansprechpartner des Auftraggebers, sie führt und überwacht alle Spezialagenturen. Ein Klassiker mit Wandlungsfähigkeit und Zukunftspotenzial.

Vorteile: • Hohe Flexibilität • Hohe Spezialisierung • Hohe Kompetenz in jeder Einzeldisziplin • Allfälliger Wettbewerb fördert Qualität Nachteile: • Grösstmöglicher Steuerungsaufwand • Ständige Sorge um Integration und Stringenz • Gefahr von Silodenken bei Agenturen • Kaum Transparenz

ONE-STOP SHOP Die Agentur, die sämtliche Leistungen selbst erbringt und für den Auftraggeber die Rolle des alleinigen Ansprechpartners für Kommunikationsaufgaben übernimmt. Ein Klassiker, der ausstirbt. Praktisch keine Agentur ist heute noch in der Lage, alle Kanäle in gleicher Qualität zu bedienen.

Vorteile: • Einfaches Agenturmanagement • Hohe Integration und Konsistenz • Klare Verantwortung und Arbeitsteilung Nachteile: • Oft mangelnde Transparenz • Meist geringe Flexibilität • T endenz zu höheren Kosten • K omplexe Abläufe mit Gefahr von Zeitverlusten

Vorteile: • Äusserst einfaches Agenturmanagement • Hohe Integration und Konsistenz • Relativ gute Transparenz • Agilität und Schnelligkeit Nachteile: • Akuter Mangel an Spezialisten • Absolute Bindung, keine Freiheit • Geringe Durchsetzungskraft


Managementberatung

LEAD AGENCY +

LEAD AGENCY +

(LEAD DURCH MANAGEMENTBERATUNG)

(LEAD DURCH KERNTEAM)

Eine weiterentwickelte Form des Leadagenturmodells. Leitung und Führung wird durch ein klassisches Beratungsunternehmen übernommen, der Schwerpunkt liegt auf Strategie, Data Handling und techno­ logischer Infrastruktur. Eingesetzte Spezialisten sind oft Schwesterfirmen. Wird sich bei grossen Auftraggebern mehr und mehr durchsetzen.

Noch eine Weiterentwicklung des Leadagenturmodells, aber in anderer Richtung. Wird durch ein fast schon virtuelles Kernteam geführt, das zusammenfindet, um eine tragende Idee zu entwickeln, mit anschliessendem Outsourcing von Umsetzung und Implementierung. Speziell geeignet für zeitlich begrenzte Projekte und eher kleinere Kunden.

Vorteile: • Strategie im Mittelpunkt • Ganzheitliche Betrachtungsweise • Nahe an der Unternehmensführung

Vorteile: • Schnell, agil, kostengünstig • Meist hochkarätige Besetzung • Hoher Stellenwert der Kreativität

Nachteile: • Äusserst kostenintensiv • Kreativität eher zweitrangig • Alltagstauglichkeit noch nicht restlos erprobt

Nachteile: • Höherer Koordinationsaufwand für Auftraggeber • Begrenzte Konstanz • Geringere Belastbarkeit und Stabilität

DREAM TEAM Spezialistenteam, massgeschneidert auf die Bedürfnisse eines spezifischen Kunden. Funktioniert als eigene Gesellschaft, innerhalb einer bestehenden Agentur oder auf Ebene von Werbeholdings. Ist in der Lage, die gesamte Customer Journey punktgenau abzubilden. Ideale Lösung für ganz grosse Kunden, die es sich leisten können.

Vorteile: • Nur das Beste ist gut genug • Einfaches Handling, hohe Kontrolle • Hoher Integrationsgrad • Funktionierende Kooperation Nachteile: • Hohe Abhängigkeit • Sehr hohe Kosten • Gefahr von Abnützung und Ermüdung


INTEGRATED NETWORK Einzelne, meist der gleichen Werbeholding zugehörige Spezialagenturen arbeiten auf vertraglicher Basis als verbundene Gruppe mit einem Auftraggeber zusammen. Hohe Kompetenz in allen benötigten Disziplinen bei überschaubarem Koordinationsaufwand. Gewinnt auch wegen neuer Marktteilnehmer (Managementberatungen mit Agenturkompetenz) an Bedeutung. Vorteile: • Hohe Managementqualität • Gute Kontrolle • Bereitstellung aller nötigen Disziplinen • Gute Zusammenarbeit Nachteile: • Tendenziell höhere Kosten • Oft nicht völlig transparent • Relativ hoher Steuerungsaufwand

CONSORTIUM Freiwilliger, gegebenenfalls zeitlich beschränkter Zusammenschluss von (meist kleineren) rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Unternehmen, um umfassende Dienstleistungen gemeinsam anbieten zu können. Die Be­auftragung erfolgt individuell, die Parteien koordinieren sich weitgehend selbst. Macht für Projektauf­träge mehr und mehr Schule.

NEW WAVE Im Mittelpunkt steht keine Agentur, sondern eine Art Enabler, welcher aus den gesammelten und (richtig) interpretierten Insights über den Konsumenten (sein In­formations- und Einkaufsverhalten, ja seine Persönlichkeitsmerkmale) situativ die Ansprache kreiert und die nötigen Plattformen zur Verfügung stellt. Zukunft pur, zurzeit fast noch Science Fiction. Vorteile: • Daten als Treiber • Consumer Centricity • Höchste Agilität • Zukunftsorientierung Nachteile: • Hohe Anforderungen an alle Beteiligten • Noch praktisch keine Erfahrung vorhanden

Vorteile: • Nur das, was wirklich nötig ist • Keine Kostenexplosion • Hoher Spezialisierungsgrad Nachteile: • Hoher Steuerungsaufwand • Gefahr von Missverständnissen und Ineffizienz • Minuziöse Planung nötig


DIE AUTOREN

John Sealey Regional Managing Partner von The Observatory International, verantwortlich für den D/A/CH-Raum und Osteuropa. Gründer und Leiter der Niederlassung Hamburg seit September 2008. Zuvor in leitender Position auf Kunden- und Agenturseite tätig.

Roland Sutter Partner Schweiz von The Observatory International. Gründer und Leiter der Niederlassung Zürich seit Oktober 2013. Zuvor Mitinhaber und kommerzieller Leiter einer Werbeagentur.

The Observatory International ist die führende Unternehmensberatung, die sich auf bestmögliche Nutzung von Marketing-­ Ressourcen spezialisiert. Die Beratungsleistung fokussiert vier Kernbereiche: Optimierung von Strukturen, Agenturauswahl, Agenturvergütung, Performance Monitoring. The Observatory International unterhält zwölf Büros in elf Ländern, betreut renommierte Kunden aus der ganzen Welt und ist strategischer Partner der World Federation of Advertisers.

www.observatoryinternational.com

PERFOR MANCE

neutral Drucksache No. 01-17-100214 – www.myclimate.org © myclimate – The Climate Protection Partnership


Schweizerische Gesellschaft für Marketing, Löwenstrasse 55, 8001 Zürich Telefon +41 (0)44 202 34 25, Fax +41 (0)44 281 13 30, www.gfm.ch, info@gfm.ch


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