Handelszeitungbeilage November 2017

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| 2. November 2017

Special

Marketing

Neue Wege Die Wissenschaft als Ideengeberin Seite 10 GfM-Marketingpreis 2017 Das Preisträger-Unternehmen hat es vom Startup bis zum ­Marktführer geschafft. Seite 6

Erfrischendes Storytelling Gutes Dienstleistungsmarketing ist Ausdruck der Kultur einer Firma. Seite 16


SPECIAL MARKETING

Marketing und Innovation gehören zusammen

N IMPRESSUM Der Magazin-Special «Marketing» ist eine redaktionelle Beilage der «Handelszeitung». Gesamtverantwortung Eckhard Baschek Redaktionelle Mitarbeit Flavian Cajacob, Volker Richert, Pirmin Schilliger, Isabel Steinhoff, Susanne Wagner Chefredaktor Stefan Barmettler Stv. Chefredaktor Marcel Speiser Ressortleitung Eckhard Baschek, Roberto Stefàno Layout Roger Cavalli Bildredaktion 13 Photo Korrektorat Simone Abegg ­(Leitung), Sandra Bolliger, Beat Koch Adresse Redaktion «Handelszeitung» Flurstrasse 55 8021 Zürich ­Telefon: 058 269 22 80 Mail: redaktion@handelszeitung.ch Online: www.handelszeitung.ch Leitung Wirtschaftsmedien Uli Rubner Leitung Marketing Ringier Axel Springer Schweiz Stefan Wilberg Brand Manager Wirtschaftsmedien Patrizia Serra Vermarktung Admeira AG. Sales-Service­Anzeigen, Telefon: 058 909 99 62, Mail: salesservices@admeira.ch, www.admeira.ch Adresse Verlag Ringier Axel Springer Schweiz AG Flurstrasse 55 8021 Zürich Telefon: 058 269 22 20 Mail: verlag@handelszeitung.ch

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icht nur im Marketing fragt man sich: Wohin geht die Reise? Mit welchen Strate­ gien werde ich erfolgreich sein? Dabei wird klar: Bei der Geschwindigkeit der Veränderungen im Markt – Stichworte Technologie, Social ­Media, starke internationale Konkurrenz – reicht es nicht mehr, nach den heute Bes­ ten zu schielen. Folgerichtig steht die nächste Marketing-Trend-Tagung der Schweizerischen Gesellschaft für Marke­ ting (GfM) am 21. März 2018 unter dem Motto «From Best Practice to Next Practice – schneller lernen als die Konkurrenz». Dazu gehört auch der Blick auf Startups, denn hier findet ein grosser Teil der Inno­ vation statt, die oft auch unter dem Stich­ wort «Digitalisierung» daherkommt. Wich­ tig ist idabei vor allem, dass man nicht iso­ lierte Ansätze untersucht und sie einfach in die Unternehmensprozesse integriert. Man wird nicht darum herumkommen, den Ge­ samtprozess zu analysieren und das Wesen des Unternehmens integriert auf den Prüf­ stand zu stellen. Und sich nicht vor Um­ denken zu scheuen. Denn wer das nicht selber tut, dem dürfte es bald von aussen

Eckhard Baschek Redaktor der «Handelszeitung»

vorgemacht werden, mit schmerzlichen Folgen. Also lieber jetzt ausprobieren, auch scheitern, und daraus – schnell – lernen. Den Tatbeweis für solches Denken hat die diesjährige Trägerin des GfM-Marketing­ preises erbracht: Das ehemalige Startup Digitec Galaxus ist trotz Konkurrenz aus dem In- und Ausland zum Marktführer auf­ gestiegen und ergreift Marketingmassnah­ men, die viel Mut beweisen. Marketing ist in Bewegung, mehr als je ­zuvor, und entscheidet zunehmend über Erfolg oder Versinken im Mittelmass. Ich wünsche allen Verantwortlichen daher viel Mut. Nutzen Sie die Zeit, denn Sie agieren heute aus einer Position der Stärke, und das soll auch so bleiben.

INHALT Zukunftsthemen Welche Themen die GfM jetzt ­verstärkt aufgreifen will. 4 Preisträger Digitec ­Galaxus hat den GfMAward 2017 gewonnen. 6 Curt S. Harlinghausen Der Digital-Experte zeigt mit dem Finger auf die Geschwindigkeit und die Umsetzung der Projekte. 8 Investition in Kunden ­Michael Schrage vom MIT will, dass das Marketing endlich die Kunden in den Mittelpunkt setzt. 10

TITELBILD Lebensmittel Im Schatten von Amazon haben laut einer Namics-Studie Schweizer Online-Händler noch Luft nach oben. 12 Manchester United Die Schweizer Swissquote Bank setzt mit 360-GradVideos neue Standards. 14 Bossard Storytelling in der Industrie? Die Zuger Firma macht es vor. 16 Employer Branding Die ­Arbeitgebermarke ist ein wichtiges Tool bei der ­Rekrutierung. 22

Google Driverless Car, das autonome Auto von Google aus dem Jahr 2017, wurde von der Firma ­Waymo gebaut, Tochter der Google-Mutter (heute Alphabet). Es wurde vor allem als ­führerloses Taxi konzipiert. Mehr PrototypBilder zur Mobilität der ­Zukunft in dieser Beilage.

HANDELSZEITUNG | Nr. 44 | 2017

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SPECIAL MARKETING

«Der Dialog prägt die Transformation» Dominique von Matt und Jean-Marc Grand Der Präsident und der Geschäftsführer der GfM zu den künftigen Entwicklungen des Marketings und der Rolle des Verbands.

Die GfM-Mitglieder haben an der Generalversammlung im Oktober 2016 Dominique von Matt als neuen Präsidenten gewählt. Herr von Matt, welches Fazit ziehen Sie nach Ihrem ersten Amtsjahr? Dominique von Matt: Ueli Moser als Präsi­ denten abzulösen, war etwa so, wie wenn man Jogi Löw ersetzen müsste. Eine echte Herausforderung. Ich freue mich natürlich, eine hervorragend funktionierende Com­ munity von 700 loyalen Firmenmitgliedern weiterzuführen. Und habe klar das Ziel, die GfM so schnell weiterzuentwickeln, wie sich das Umfeld verändert. Und, im Idealfall, der ­Zukunft einen Schritt voraus zu sein. Konnten Sie Ihre Ideen bereits mit konkreten Massnahmen umsetzen? Von Matt: Marketing und Innovation sind heute untrennbar miteinander verbunden. Bei neuen Geschäftsmodellen treiben oft die technischen Innovationen neue Mar­ keting-Chancen. Darum werden wir uns ­bewusst noch stärker auf die Themen Inno­ vation und digitale Transformation ausrich­ ten. Erste Ergebnisse sind etwa die Ein­ ladung von Alexander Nix von Cambridge Analytica für einen GfM-Brush-up und die Lancierung der GfM Coding Academy. Das zentrale Thema der GfM im laufenden Jahr lautet Marketing-Agilität. Welches sind die Hauptlehren aus Ihrem Leitmotto? Jean-Marc Grand: Marketing-Agilität ist eine umfassende Transformation für Unter­ nehmen, um sich in einer digitalen Welt und sich ständig ändernden Zeit den höchst­ möglichen Erfolg im Marketing zu sichern. Zielgruppenkenntnis durch Zuhören, Mo­ nitoring und professionelles Community Management in Social Media bildet ­dabei die Grundlage.

MARKUS SENN

INTERVIEW: KLAUS RIMNOV

«Unternehmen müssen ihre Geschäftsmodelle ­radikal überdenken.»

«Der Kunde steht im ­Fokus. Das ist immer noch der Kern des Marketings.»

Dominique von Matt Präsident GfM

Jean-Marc Grand Geschäftsführer GfM

befassen. Wir wollen Themen wie Conversa­ tional Marketing im Kontext mit «Voice» als Betriebssystem aufnehmen, um schnell auf die Lernkurve zu kommen. Es ist egal, ob Voice sich durchsetzt, ob Blockchain breit eingesetzt wird und AI alle Erwartungen ­erfüllt. Wer jetzt nicht lernt, hat verloren, wenn sich die Technologie durchsetzt.

in der Transformation. Unternehmen müs­ sen in Echtzeit auf verändertes Kundenver­ halten reagieren: vom Kampagnenmanage­ ment zu Real Time Marketing Automation. Die Personalisierung wird zum Megatrend.

Ist es nicht etwas spekulativ, über die Best Practice hinausgehen zu wollen? Von Matt: Wie wollen Sie die Zukunft gestal­ ten, wenn Sie nur die Praxis der Gegenwart analysieren? Unternehmen müssen ihre Geschäftsmodelle radikal überdenken. Die Frage lautet nicht mehr «Wie können wir Bestehendes immer besser machen?», son­ dern «Wie können wir Neues schaffen und uns fundamental anders aufstellen?». Grand: Der Kunde muss im Fokus stehen. Es klingt elementar, aber es ist immer noch der Wo geht die Reise 2018 hin? Kern des Marketings. Wir reden jetzt von Von Matt: An der nächsten GfM-Trend-­ Customer Centric Experience, das heisst, Tagung werden wir uns mit Next Practice der digitale Dialog übernimmt die Leitrolle

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HANDELSZEITUNG | Nr. 44 | 2017

Mit Digitec Galaxus zeichnet die GfM dieses Jahr ein starkes E-Commerce-Unternehmen aus. Warum wurde diese Firma für ­exzellentes Marketing ausgezeichnet? Grand: Unser Stiftungsrat prämiert Kandi­ daten, die nachhaltige, erfolgreiche unter­ nehmerische Resultate erzielen. Aus Sicht der marktorientierten Unternehmensfüh­ rung hat uns Digitec Galaxus durch klare Ausrichtung auf die Kundenbedürfnisse, den konsistenten Markenaufbau und eine kontinuierliche Wachstumsstrategie in Rich­ tung Multi-Channel überzeugt. Von Matt: Bei der Jurierung wussten wir noch nicht, dass Digitec Galaxus jetzt auch den deutschen Markt erobern will. Wir hof­ fen, dass es zum Flaggschiff für den DigitalStandort Schweiz wird.

Unkrautentfernung auf dem Naturaplan-Rüeblifeld

Natürlich.

Richtig.

Gut.

Weil es natürlich ist, der Umwelt und ihren Ressourcen Sorge zu tragen. Hier und überall auf der Welt.

Weil es richtig ist, respektvoll und achtsam mit der Natur und ihren Produkten umzugehen und nachhaltig zu handeln.

Weil es gut ist, sich selbst etwas Gutes zu tun und das Beste der Natur mit gutem Gewissen zu geniessen.


SPECIAL MARKETING

SPECIAL MARKETING

Nicht zu viel bürokratisieren GfM-Marketingpreis 2017 Digitec Galaxus hat sich in 16 Jahren zum Marktführer im Bereich Elektronik entwickelt und erhält dafür den GfM-Marketingpreis.

enau 29 Jahre. Das war bis vor kurzem der Altersdurchschnitt der Mitarbeitenden bei Digitec Galaxus. Mittlerweile liegt dieser Wert bei 31. Im Jahr 2000 gründeten Florian Teuteberg und Oliver Herren ihr eigenes Geschäft aus Passion für Computerkomponenten. Dritter im Bunde war Marcel Dobler in Rapperswil, der in der Zwischenzeit ausgestiegen ist und heute unter anderem als Vertreter der FDP St. Gallen im Nationalrat sitzt. Den Geschäftsgründern ist in den letzten 16 Jahren gelungen, was ihnen zu Beginn kaum zugetraut worden war: Sie entwickelten Digitec zum schweizerischen Onlineshop-Marktführer in der Elektronik. 2012 erweiterten sie das Sortiment mit der Gründung des Online-Warenhauses ­Galaxus mit Produkten in den Sparten Wohnen, Sport, Spielsachen und Do it yourself. Für ihre unternehmerische Gesamtleistung hat Digitec Galaxus den GfM-Preis für Marketing erhalten. Digitec Galaxus überzeuge mit der k­ laren Positionierung der Marke und mit e­ inem breiten und tiefen Sortiment und ­einem einfachen Filtermechanismus, der das Einkaufen intuitiv und schnell mache – so begründet die Jury den Preis. Einfach ist gemäss CEO Florian Teuteberg auch die Unternehmensvision: «Wir wollen den Einkauf für die Kunden einfacher, komfortabler und lebendiger gestalten.»

Unabhängig von der Migros Doch wie schafft man es, die extrem ­breite Produktpalette von Digitec Galaxus im Marketing abzubilden? Das sei in der Tat eine Herausforderung, antwortet der zweifache Familienvater Teuteberg, welcher mit seinem gestreiften T-Shirt jugendlicher wirkt, als ein CEO eines Unternehmens mit tausend Mitarbeitenden es vermuten liesse.

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HANDELSZEITUNG | Nr. 44 | 2017

DER PREISTRÄGER

Vom Startup zum Marktführer Digitec Galaxus AG Der Schweizer Online-Marktführer besteht aus den Online-Shops digitec.ch und galaxus.ch. Das 2001 gegründete Unternehmen hat heute über tausend Mitarbeitende, elf Standorte und setzt jährlich über 700 Millionen Franken um. Seit 2015 hält die Migros 70 Prozent der ­Digitec­Galaxus-Aktien; 30 Prozent ­besitzen Florian Teuteberg, ­Mit­begründer und CEO, und Oliver Herren, Mitbegründer und CIO. Im Bereich Elektronik ist Digitec ­Galaxus heute Marktführer. Galaxus gilt als grösstes Schweizer Online-­ Warenhaus und führt ein breites Sortiment in Sparten wie Wohnen, Haushalt, Do it und Garten, Sport.

«Wir trennen die Imagewerbung für die Marke vom Produktmarketingteil, der nur online stattfindet», so Teuteberg. Ins Produktmarketing investiert Digitec Galaxus zu ­einem grossen Teil mit Text- und Shoppinganzeigen bei Google. Auch bei den organischen Suchresultaten kann das Unternehmen gute Rankings vorweisen. Die Imagewerbung fiel in jüngster Zeit vor allem mit der Kam­ pagne auf, in welcher reale Digitec-Kunden ­gekaufte Produkte bewerten (siehe Interview rechts). «Der CEO muss Werbekampagnen nicht absegnen. Ich erschrecke manchmal selber etwas», gibt Florian Teuteberg schmunzelnd zu. Ebenso wenig hat die Migros, die 70 Prozent Aktienanteil besitzt, einen Einfluss auf allfällige Kampagnen. In dieser Hinsicht

Digitec-Chef Florian Teuteberg vereint die Kultur eines Startups mit der eines ­Grossunternehmens.

MARKUS SENN

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SUSANNE WAGNER

s­ eien sie unabhängig, so Teuteberg. Selbstverantwortung und Autonomie der Abteilungen und jedes einzelnen Mitarbeitenden werden bei Digitec Galaxus gross­­ ge­ schrie­ ben. Teuteberg ist davon überzeugt, dass sich der Startup-Spirit mit viel Herzblut und Eigeninitiative jedes Einzelnen auch in ein stark wachsendes Gross­ unternehmen übertragen lässt. Man müsse dafür kämpfen, dass man nicht zu viel reglementiere oder bürokratisiere. «Wir sind nicht nur ein H ­ andels-, sondern auch ein Technologie­unternehmen», meint hierzu Florian Teuteberg.

Augmented Reality bei Digitec Hinter der Entwicklung und Wartung der Onlineshops steht eine bald hundertköpfige Softwareabteilung. In einem Technologieumfeld, das sich rasant wandelt, ist es entscheidend, mit der Dynamik Schritt zu halten. Bald wird Digitec sein Angebot ausbauen und den Kunden auch Tools wie etwa Augmented Reality anbieten: Damit wird es möglich sein, ein Produkt, das man kaufen möchte, wie etwa ein Sofa, via Smartphone virtuell ins eigene Wohnzimmer zu setzen.

«Es braucht schon Mut, so zu werben» Welche Bedeutung hat Marketing für ­einen Online-Player wie Digitec Galaxus? Florian Teuteberg: Im Online-Handel ist eine starke Marke fast noch wichtiger als für stationäre Händler mit einem ­Geschäft an guter Passantenlage. Bei uns kommen die Leute nicht zufällig vorbei. Damit der Kunde auf unsere Seite kommt, wenn er ans Online-Einkaufen denkt, muss man sehr präsent sein im Kopf der Kunden. Dafür muss man viel in die Marke investieren. Was machen Sie im Marketing anders als andere? Wir stellen die Konsumenten stark in den Mittelpunkt und machen freche Werbekampagnen, die sich andere nicht trauen würden. Zum Beispiel die teil­ weise negativen Produktbewertungen von Kunden auf digitec.ch. Diese Bewertungen sind übrigens alle echt. Genauso wie die Galaxus-Live-Kampagne, in ­denen sich Kunden mit ihren Produkten auf Fotos oder Videos inszenieren.

Wer kam auf die Idee für die Produkte­ bewertungen? Das Team unserer internen Marketingabteilung. Alle Kreativleistungen von uns finden intern statt. Es braucht schon

Offline-Bereich, auf Plakatanzeigen, TVWerbung und Prospekte konzentriert. Denn wir hatten den Anspruch, nicht nur ­Online-Kunden anzusprechen, sondern auch Kunden, die bisher noch nicht so vertraut waren mit der Online-Welt.

«Wir machen freche ­Werbekampagnen, die sich andere nicht trauen würden.»

Wie sieht die künftige Marketingstrategie aus? Zum einen werden wir der Galaxus-LiveKampagne einen neuen Dreh geben. Neu präsentieren sich Kunden nicht mehr mit gekauften Produkten, sondern mit einem Wunsch, den sie an eine ganz bestimmte Person richten. Zum anderen bauen wir unser Contentmarketing aus. Unsere 16-köpfige Redaktion verfasst journalistische Beiträge, die wir prominent auf die Websites stellen. So sind sie nicht nur Bestelltools, sondern auch Unterhaltungsplattformen mit Geschichten rund um die Produkte. Diese Storys integrieren wir auch in unsere Prospekte.

e­ twas Mut, mit schlechten Sätzen in die Werbung zu gehen. Die Werbung polarisiert, aber letztlich bleiben wir so im ­Gedächtnis der Kunden und gehen nicht in der Masse unter. Weshalb setzen Sie auch so stark auf ­Offline-Werbung? Vor allem in den Anfangszeiten haben wir uns stark auf klassische Medien im

INTERVIEW: SUSANNE WAGNER

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SPECIAL MARKETING

Inhalte wie ein Snack

Curt Simon Harlinghausen Der Digitalexperte und die Regeln für Content Marketing.

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DIE SECHS S

ISABEL STEINHOFF

Für erfolgreiches Content Marketing Snackable Shareable Surprising Strategic Speed Simple

ZVG

m Kunden heute zu bewegen, ist es wichtig, dass sich In­ halte – ähnlich wie ein Snack, also ein kleiner Imbiss für zwischendurch – schnell, ein­ fach und flexibel konsumieren lassen. Typi­ sche Beispiele sind kurze Videos, Infografi­ ken oder Memes. Die leichte Verdaulichkeit muss sich auf Format, Quantität, Qualität sowie Techno­ logie beziehen und auch noch individuell auf den Nutzer zugeschnitten sein. Denn für eine wirkungsvolle Ansprache sind ­gemäss Harlinghausen vor allem auch das Timing und der Kontext von Inhalten ent­ scheidend: «Content immer noch King, Content in Echtzeit King Kong und Content in Echtzeit mit Kontext sogar Donkey Kong», fasst er zusammen. Das allein reicht aber noch nicht. Con­ tent muss auf den sozialen Netzwerken teil­ bar sein. Nur so können Inhalte zu viralen Hits werden wie zum Beispiel das YoutubeVideo-Lied «Alles nur e Phase» von Sammy Frey alias Sam National oder die «Supergeil»Clips von Edeka. Aber nicht nur Buttons zum Teilen machen Inhalte «shareable», dazu gehören auch kurze URL, passende Call-to-Actions, individualisierte Landing Pages und gute Titel. Und im besten Fall ist

Curt Simon Harlinghausen gründete bereits 16 Unternehmen und ist laut seinen Angaben als ­Angel oder Investor an über vierzig weiteren beteiligt. Zudem ist er ­Dozent und arbeitet als EMEA Lead ­Business Transformation bei Publicis ­Media; daneben ist er CDO bei ­Starcom und CTO bei Akom360.

der Content auch noch völlig überraschend für die Nutzer. Um nicht nur Einzelerfolge zu feiern, sondern Kunden langfristig zu binden, müs­

sen Unternehmen auch bezüglich Content Marketing strategisch vorgehen. Konti­ nuierliche Planung und konsistente Umset­ zung sind ein Muss. Im Idealfall paart sich das strategische Vorgehen aber mit einer gewissen Ge­ schwindigkeit. «Man erinnere sich an den ‹You can still dunk in the dark›-Tweet von Oreo während des Stromausfalls am ameri­ kanischen Superball vor einigen Jahren», so Harlinghausen, «das perfekte Beispiel für Gespür für den richtigen Moment und kurze Entscheidungswege.» Zum Schluss ist aber auch die jeweilige Umsetzung ausschlag­ gebend. Hier lautet der Tipp des Experten: «Keep it simple – make it real. Schliesslich ist eine Idee nur so gut wie ihre Umsetzung.»

«Text performt auf allen Kanälen gut» Mit welchem S haben die Unternehmen Ihrer Meinung nach am meisten ­Probleme und woran liegt das? Curt Simon Harlinghausen: Surpri­ sing ist das schwierigste Thema. Da fehlt es oft an Mut, Ressourcen und/ oder Zeit für das passende Targeting, Visual oder eine gute Headline. Video-Content boomt. Ist Video ­immer die Lösung? Nein, aber Video zahlt oft in die ­Bequemlichkeit der Menschen ein. Ein Video ohne Untertitel sollte es aber nicht mehr geben, da die Men­ schen überall Inhalte konsumieren, aber nicht immer den Ton anhaben.

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Wo wirkt Text noch? Text performt auf allen Kanälen gut, wenn er gut gemacht ist. Dennoch haben Videos vor allem auf Face­ book zurzeit noch eine höhere orga­ nische Reichweite. Wie können Unternehmen ihr Timing verbessern? Es scheint über Programmatic besser geworden zu sein, aber das ist ja nicht das Ende der Fahnenstange. Das heisst? Primär durch besseres Monitoring und Analytics Kontexte erkennen und mittels genauerer Daten bessere

An alle, die dieses Mal keinen Preis gewonnen haben:

Vorhersagen machen. Zudem ist A/B-Testing immer noch ein ­probates Mittel und wird leider ­unterschätzt.

Eine kurze Auszeit wirkt oft Wunder.

Wer oder was inspiriert Sie? Alle Menschen, die mit offenen ­Augen durch die Welt gehen und ihre Ideen, Träume und Visionen teilen. Am liebsten authentisch und ohne Angst, etwas falsch zu machen. Wer ist Ihr berufliches Vorbild? Eine Mischung aus Steve Jobs, Dalai Lama und Jeff Bezos. INTERVIEW: ISABEL STEINHOFF

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SPECIAL MARKETING

SPECIAL MARKETING

«Investieren Sie in Ihre Kunden» INTERVIEW: ISABEL STEINHOFF

DER PRAGMATIKER

Ihre Grundthese ist, dass Innovation eine ­Investition in das Humankapital der ­Kunden des jeweiligen Unternehmens ­darstellt. Was bedeutet das? Michael Schrage: Die klassische Definition von Innovation ist nicht mehr so relevant und hilfreich, wie sie einst war. Die meisten Organisationen suchen unter dem Schlag­ wort «Innovation» nach Wegen, ihren Kunden bessere Produkte oder Services ­ ­anzubieten. Und das ist auch nicht falsch, aber sehr transaktional gedacht.

Name: Michael Schrage Funktion: Research Fellow (Forscher) am MIT Center for Digital Business, Boston (USA); Visiting Fellow, Imperial College Department of Innovation and Entrepreneurship Alter: 55 Wohnort: New York (USA)

Das heisst? Firmen fragen: Wie bekommen wir die Leute dazu, etwas zu kaufen? Aber eine Transak­ tion ist weder Kundenbeziehung noch Inves­ tition. Wozu ich Organisationen ermutigen möchte, ist, Innovation als Investition in ihre Kunden zu betrachten. Das heisst zu fragen: Wie kann unser Produkt oder unsere Dienst­ leistung die Fähigkeiten – oder eben das Hu­ mankapital – unserer Kunden verbessern? «Making customers better, makes better ­customers» nennen Sie das. Können Sie uns ein Beispiel nennen? Der Fahrassistent oder die Möglichkeit, den Kofferraum über einen Sensor mit dem Fuss zu öffnen, das sind Weiterentwicklungen der Fähigkeiten von Konsumenten. Natür­ lich macht das auch das Produkt besser, aber nur kurzfristig. Es geht darum, wie die Interaktion der Kunden mit dem Unterneh­ men die Kunden verändert. Werden sie smarter, stellen bessere Fragen oder fahren sie besser oder lieber? Der Kunde und was er kann – seine Skills –, stehen im Fokus und nicht, was der Kunde kauft. Werden Consultants bald obsolet, wenn man die Kunden dazu befähigt, ihre ­Probleme selber zu lösen? Nein, denn Consultants sollten ja so smart sein, dass sie lernen zu antizipieren, was ihre Kunden als Nächstes benötigen. Auf­

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Michael Schrage Der Influencer ist Buchautor («The Innovator’s Hypothesis», «Serious Play», «Shared Minds») und schreibt regelmässig Kolumnen in der «Harvard Business Review» und bei «Fortune».

«Die meisten Unternehmen, die mich an Bord holen, wollen etwas anders machen und sind empfänglich.» grund der zukünftigen Bedürfnisse können sie ihre Kunden dann auch entsprechend segmentieren. Das ist der erste Schritt Ihres Dreiklanges «segment, socialize, skillify». Genau, die Kunden zum Beispiel anhand ih­ rer Bedürfnisse segmentieren. Sozialisieren hiesse in diesem Fall zu fragen, welche Kun­ den zum Beispiel miteinander ins Gespräch kommen sollten. Skillify oder befähigen meint: Über welche Skills sollten unsere Kunden verfügen? Wie das dann genau um­ gesetzt und unterhalten wird, welche Rolle digitale Hilfsmittel dabei spielen, das ist alles eine Operationsfrage. Aber die von mir vor­ geschlagene Grundstruktur ist universell in allen Arten von Organisationen anwendbar. Wie setzen Sie Impulse in den Unternehmen, die Sie beraten?

Für Schrage sind ­viele Firmen zu ­verliebt in ihr ­Produkt und sollten kundenzentrierter denken.

MARKUS SENN

Michael Schrage Der MIT-Forscher bezeichnet sich als «Bernoulli der günstigen und schnellen Experimente».

Die meisten Firmen, die mich an Bord ho­ len, wollen ja etwas anders machen. Sie sind deshalb empfänglich für solche Gedanken. Besonders herausfordernd sind Firmen, die zu vertikal oder hierarchisch organisiert sind. Es wird zuerst nach oben geschaut, be­ vor man nach links oder rechts blickt. Hier setze ich an. Wie? Ich stelle sicher, dass man kollaborieren kann. Marketing- und Sales-Verantwortliche können mit Kundenservice-Mitarbeitern, Designern und so weiter zusammenarbei­ ten. Die Abteilungsleiter müssen Vertrauen mitbringen, damit das Ganze funktioniert. Und das ist nicht überall selbstverständlich.

das beste Auto baut, es seine Fahrer aber nicht transformiert, ist es dann das beste Auto? Ihre These ist ja, dass wir uns vom klas­si­ schen Forschen und Entwickeln hin zum ­Experimentieren und Skalieren bewegen. Genau, meine Experimente sind günstig und schnell durchführbar und danach kann man die Erkenntnisse entsprechend skalie­ ren. Ich würde mich als den Bernoulli der

günstigen und schnellen Experimente be­ zeichnen. Ich kann jede Herausforderung in ein kostengünstiges Experiment umwan­ deln, zu dem Sie unbedingt die Lösung ken­ nen wollen. Ein Beispiel? Airlines haben das gemacht, um die Zah­ lungsbereitschaft für verschiedene Up­ grades zu testen. Die Opportunitätskosten sind praktisch null, es ist quasi eine Zeile

Gibt es weitere Erfolgsfaktoren? Weiterhin ist zentral, ob die Organisationen wirklich kundenzentriert denken. Viele sind einfach verliebt in ihr Produkt. Und das ist nicht per se falsch, aber es braucht ein­ fach eine gewisse Balance, damit die Pro­ dukte auch genutzt werden. Wenn man nur

Die Swiss führt ja Auktionen durch für ihre Upgrades. Sehr gut! Die Schweizer Kultur ist ohnehin sehr pragmatisch und auf die Weiterent­ wicklung von Humankapital bedacht. Per­ fekt für meinen Ansatz.

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Peter Drucker sagte ja, «Kultur isst Strategie zum Frühstück». Wie helfen Sie Ihren ­Kunden dabei, die Experimentierfreude in ihre Firmenkultur aufzunehmen? Wenn ich von Firmen verlange, ihre Kultur zu verändern, beisse ich auf Granit. Die ­entscheidende Frage lautet: Auf welchen Aspekten der bereits vorhandenen Kultur können wir aufbauen? Und wenn die Kultur sehr von Analytik ­geprägt ist? Experimente stehen dort sicherlich nicht an der Tagesordnung. Die Devise lautet viel­ mehr: Wir haben ein beschränktes Budget und wenig Zeit, der ROI in Analytics ist ­sicher höher als der von Experimenten. Aber hier sage ich: Ich kann ein günstiges Experiment designen, das die Qualität eurer Datenlage verbessert. Im Sinne einer Ergän­ zung, nicht eines Ersatzes. So komme ich zu einem Ja.

Code im Buchungssystem. Und dadurch auch schnell. Aber die Erkenntnisse, die man aus einem solchen Experiment ge­ winnt, sind bares Geld wert.

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Noch kein wahres Kundenerlebnis

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Online-Lebensmittelhandel Tritt Amazon auch in der Schweiz an? Eine kleine Studie zeigt, was hiesige Shops besser machen könnten.

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} Lieferung In welchem Zustand erreicht die Bestellung den Kunden? Erfolgt die Lieferung pünktlich? Wer auch diesen vierten Schritt meistert, hat beste Chancen auf wiederkehrende Kunden. Bis auf einen Shop lieferten alle im vereinbarten Zeitraum. Ein Händler punktete durch die Vorankündigung per SMS zusätzlich. Generell waren die Lebensmittel von zufrieden­ stellender Qualität, nur bei ­frischen Waren gab es Kritik. Punktabzug: Bei einigen Be­ stellungen fehlten Waren. Die Händler wiesen den Kunden nicht immer explizit darauf hin und boten auch nur selten ein Ersatz­ produkt an.

JULIA LAYTON

} Produktauswahl und Suche Während des Shopping-Prozesses kommt es darauf an, immer für den Kunden da zu sein. Doch in keinem der Shops fanden die Probanden alle Produkte, die sie sich auf ihrem Einkaufszettel notiert hatten. Viele der Lebensmittel sind nicht im Sortiment enthalten, manche erst nach mehreren Suchvarianten auffindbar und andere schliesslich nicht ­lieferbar. Begrifflichkeiten aus dem Fach­ jargon und die Zuordnung der Produkte zu einzelnen Kategorien bereiten den Nutzern ebenfalls Probleme. Was verbirgt sich hinter Dauerwurst, Brühwurst oder Quickies? Um ein gutes Shopping-Erlebnis zu schaffen, müssen sich die Anbieter noch mehr in ihre Kunden hineinversetzen und

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ISTOCKPHOTO

s stellt sich die Frage, wie sich Unternehmen im harten Wettbewerb behaupten können – auch in der Schweiz. Die im Sommer von der Digitalagentur Namics veröffentlichte Studie hat darauf eine ­klare Antwort. Um zu bestehen, braucht es vor a­ llem eins: ein positives Kundenerlebnis entlang der kompletten Customer Journey. Welche Schwachstellen hier bei Anbietern wie LeShop, Coop@home und Kaufland lauern, konnte durch umfassende User-Tests identifiziert werden: } Willkommen im Shop Der erste Blick in den Shop sollte einen bleibenden Eindruck hinterlassen – im positiven Sinne. Alle Startseiten der getesteten Shops sind zwar ansprechend gestaltet und grundlegend strukturiert, gleichzeitig wirkten sie auf die Probanden überladen und unübersichtlich. Der Nutzer muss sich über den Aufbau der Seite in Kategorien oder Liefer- und Zahlungsmodalitäten einarbeiten. Insgesamt kann keiner der Shops die Kunden intuitiv abholen.

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Apfel: Einige Schweizer ­Online-Shops ­haben noch ein paar Dellen.

beim Angebot in jeder Hinsicht an das vom Konsumenten im stationären Lebensmittelhandel Gelernte anknüpfen. } Check-out Die Check-out-Prozesse sind bei den meisten Shops userfreundlich optimiert. Die Formulare sind grösstenteils übersichtlich und verständlich gehalten. Sie führen in wenigen Schritten zum Ziel. Jedoch werden Kosten, die erst beim Check-out auftauchen, immer als negativ empfunden. Als besonders wichtig erachten die Nutzer flexible Lieferzeiten. Die Angabe eines nur taggenauen Lieferdatums ist mit den Ansprüchen der Kunden nicht vereinbar. Nur in einem Shop ist die Eingrenzung auf eine Stunde möglich.

Das müssen Unternehmen beachten Zusammenfassend kann man noch von keinem wahren Kundenerlebnis sprechen. Das könnte es Amazon leicht machen, den Schweizer Markt zu erobern. Doch wenn die Lebensmittelhändler die potenziellen Stolperfallen aus der Studie beachten, haben sie eine gute Chance, gegenüber dem Internetriesen zu bestehen. Und dass der Lebensmittelhandel über das Internet zwar generell bekannt, aber noch nicht im «Relevant Set» der Nutzer ist, bietet den Unternehmen eine grosse Chance: Sie können viel aus­ probieren. Aber die Händler müssen ihre Kunden aktiv einladen, den Service zu nutzen. Und sie sollten ihnen durch Parallelen zum sta­ tionären Handel bei der Erstnutzung helfen und zeigen, dass sie ihren kompletten Wocheneinkauf auch bequem online erledigen können. Julia Layton, Principal Consultant, Namics, St. Gallen. Unter dem Link http://bit.ly/2ey6HHp kann man die ganze Studie nach dem Ausfüllen eines Formulars ­herunterladen.

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Fussballer ganz nah

Bewegtbilder Die Swissquote Bank und Manchester United verbindet eine mehrjährige Partnerschaft. Teil ist eine Kampagne mit 360-Grad-Videos.

ie Kooperation mit Manchester United ist laut SwissquoteCEO Marc Bürki deshalb naheliegend und sinnvoll, «weil wir mit dem Fussballverein viele gemeinsame Werte teilen». Dazu gehörten etwa Leidenschaft, Teamarbeit und ein unermüdliches Streben nach Bestleistungen. Tatsächlich ist Swissquote nicht ­zuletzt dank diesen Tugenden in der Schweiz Marktführer für Online-Handel- und Finanzdienstleistungen. Zudem zählt die Bank mittlerweile zu den Top Ten der ForexHändler. Manchester United wiederum

ist längst schon viel mehr als «bloss» einer der erfolgreichsten Fussballclubs weltweit. Der Verein operiert als ein börsenkotiertes Unternehmen an der New Yorker Stock ­Exchange, verkörpert eine führende Sportmarke und bildet eine globale Fangemeinschaft mit über 660 Millionen Anhängern. Ähnlich wie ManUtd seinen Spielern gute Infrastrukturen bietet, damit sie ihre Talente voll entfalten können, versucht die Swissquote Bank ihren Kunden ein optimales Handlungsumfeld zu offerieren. Zudem winkt ihnen die Chance, Hospitality-Tickets zu gewinnen, etwa für einen Trainings­ besuch in Carrington bei Manchester, oder eine Reise zu einem Spiel von ManUtd, ob in

England oder irgendwo in Europa. Selbstverständlich ist Swissquote im Rahmen dieses Sponsoring-Deals auch im Old Trafford auf den LED-Banden präsent, ebenso als Brand im Hintergrund bei den Interviews nach den Spielen. Diese Gemeinsamkeiten zwischen der Welt des Fussballs und jener des Forex-Handels sind auch das Thema der Online-Kampagne, die Swissquote im Rahmen dieses Sponsorings in diesem Jahr lanciert hat. Diesmal geht es um die Daten und Analysetools, die Trader wie Fussballtrainer einsetzen, um ihre Entscheidungen zu treffen. Wobei auf dem Rasen Laufwege, Leistungskurven und Passgenauigkeit, in der Banken-

welt die Daten der Finanzmärkte minutiös erfasst und ausgewertet werden. Wichtig bleibt, so jedenfalls die Erwartung der Auftraggeber, dass die Parallelen zwischen Fussball und Forex-Trading eingängig vermittelt werden. Ob diese Botschaft beim eingefleischten Fussballfan angekommen ist, bleibe dahingestellt. Jedenfalls freut er sich, endlich einmal Stars wie Wayne Rooney (mittlerweile beim FC Everton), Sergio Romero, Anthony Martial oder Marcus Rashford im Alltag und ganz aus der Nähe zu begegnen, wenn auch nur auf dem Bildschirm. Auf die vier 360-Grad-Videos – betitelt mit «strength», «security», «expertise» und «potential» und damit auch abgestimmt auf den Claim – folgen vier weitere 30-SekundenSpots sowie ein Clip von 90 Sekunden.

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PIRMIN SCHILLIGER

360-Grad-Video: Wayne Rooney (links) und der «Forex-Trader».

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das Know-how, wie Marketingprozesse kundenzentriert zu gestalten sind,

die Anregungen für gelingende Veränderungen,

das hochkompetente Dozententeam,

und nicht zuletzt durch den anregenden Teilnehmerkreis.

360 Grad Die Berner Agentur Maxo­ media, seit Jahren für die Marketingkommunikation von Swissquote zuständig, hat die Parallelen zwischen Finanz- und Fussballwelt mittels 360-Grad-Videos ­inszeniert. Hier also der Trader, dort der Fussballer, und beide sollen energisch das Heft in die Hand nehmen.

Beginn: 29. Januar 2018

Relevantes, praxisgestaltendes Marketing Knowhow. Mit echtem Nutzen für Ihre Zukunft im Marketing. Berufsbegleitend.

Millionen von Besuchern Für Jan De Schepper, Head Marketing von Swissquote, ist die Kampagne wichtig für den Bekanntheitsgrad des Brands. «Unsere Partnerschaft mit Manchester United eignet sich perfekt für den Markenaufbau in Asien, im Nahen Osten und in Europa. Studien zeigen, dass damit das Image unserer Marke signifikant gesteigert werden konnte», verrät er. Die jüngste Kampagne war während eines halben Jahres online und ist kürzlich beendet

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worden. Speziell angesprochen wurden natürlich alle Devisenhändler mit einer Leidenschaft für die strategisch-analytischen Seiten des Fussballs. Neu ist die 360-Grad-Tech­ nologie zum Darstellen der beiden Parallelwelten. «Das Ganze war nicht nur eine technische, sondern auch eine organisatorische Herausforderung, denn vorgängig brauchte es viele Meetings und Gespräche, um den Dreh überhaupt ins Rollen zu bringen», sagt Reto Schild von Maxomedia.

Strategische Gemeinsamkeiten

Take the Lead «Übernimm die Führung» lautet denn auch der sinnige Claim. Die einzelnen Spots sind in zwei 180-GradPerspektiven gedreht, beleuchten also jede Episode aus zwei Blickwinkeln. ­Zusammen ergibt sich so dem Betrachter eine komplette Rundsicht von 360 Grad. Wo er dabei genauer hinschauen

möchte, kann er dabei interaktiv selber bestimmen. Credits Produziert wurden die Episoden in Studios in Hamburg und Manchester, wo die Ballkünstler neben Schauspielern als Models übten. «Die Fussballer waren vor der Kamera absolute Profis», lobt Reto Schild, Creative Director bei Maxomedia. Bei der technischen Umsetzung kooperierte man mit der Hamburger E+P Films. Das Ergebnis ist eine Kombination von ­Real-Set und Greenscreen. Die Schau­ spieler wurden in den extra gebauten Wohnungen in Hamburg gefilmt, während die Fussballer in Manchester vor Green­ screens agierten und einkopiert wurden.

Für den Erfolg der Kampagne spricht, dass die Zahl der Neuregistrierungen auf der Forex-Plattform von Swissquote jeweils steil in die Höhe schnellte, sobald ein neues Video geschaltet wurde. Zum ganzen Programm gehörten weiter eine eigens kreierte Landingpage und Webbanner für die ManUtd-Site und für Fussballportale wie goal.com. Gepostet wurden die Bildsequenzen vor allem in den sozialen Medien. Schliesslich zählt der englische Fussballgigant auf Facebook nicht weniger als 73 Millionen, auf Twitter 15 Millionen und auf der chinesischen Plattform Weibo weitere Millionen Followers. Auf Youtube sind die Videos in verschiedenen Sprachversionen zu sehen. Insgesamt verzeichneten die vier gestaffelt aufgeschalteten 360-Grad-Videos über 15 Millionen Views. Derzeit wird bereits an der Folgekampagne gearbeitet, die gegen Ende November starten wird. Sie wird wiederum als sogenannte Viralkampagne in den sozialen Medien laufen. «Denn ­diese Kanäle bieten sich bei ManUtd mit über 90 Millionen Followern insgesamt für eine gezielte Nutzung einfach an», betont Schild. Apropos Rooney: Der Fussballer soll in den eigenen Wänden auch schon Geschirr zerschlagen haben. Davon ist in den Videos nichts zu sehen – der Star gibt sich hier nett und adrett. «Und das war er auch während des Projekts», versichert Schild. HANDELSZEITUNG | Nr. 44 | 2017

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SPECIAL MARKETING

SPECIAL MARKETING

Storytelling Blosses ­Marketinginstrument oder wichtiger Ausdruck der Unternehmenskultur? Ein Einblick in die ­Einführung einer neuen Kultur des Marketings bei Bossard.

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JEREMIAS NÄF UND MATTHIAS RUOSS

er Mensch unterlegt Entscheidungsprozesse gerne mit Zahlen und Fakten. Letztlich tragen sie jedoch nur einen kleinen Teil zu seiner Wahl bei. Entscheide werden Studien zufolge zu 80 Prozent mit dem Bauch gefällt, also überwiegend im Unbewussten. Dem Wunsch nach Transparenz folgend, wird im Anschluss gerne versucht, den Entscheid mithilfe verschiedener Instrumente rational zu begründen. Insbesondere beim Verkauf von Dienstleistungen gilt es deshalb, eine besondere emotionale Bindung zum Kunden entstehen zu lassen. Darauf baut der Storytelling-Ansatz auf. Im Gegensatz zu althergebrachten Vorgehensweisen werden die zu verkaufenden Produkte und Dienstleistungen nicht mehr nur mit Zahlen, Fakten und quantifizier­ barem Nutzen angepriesen. Stattdessen wird mit diesem Ansatz um die Dienstleistung herum eine Geschichte aufgebaut, die eng mit den Werten der Unternehmung verbunden ist. Eine Geschichte, die den Entscheider emotional überhaupt erst in die Lage versetzt, ein positives Bauchgefühl zu entwickeln. Die Gewissheit, richtig zu entscheiden, entsteht mit dem Vertrauen, das man in sein Gegenüber aufbauen kann. Dies auf Basis der Fakten erzählend entstehen zu lassen, ist das Ziel von Storytelling. So auch für die Firma Bossard, einen weltweit tätigen Anbieter von Produktlösungen und Dienstleistungen in der industriellen Verbindungs- und Montagetechnik in Zug.

Code der Unternehmenskultur Die besten Geschichtenerzähler sind diejenigen Menschen, die sich mit der Geschichte identifizieren und mit dem Herzen dabei sind. Daher liegt es nahe, dass das Markenversprechen einer Firma untrenn-

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HANDELSZEITUNG | Nr. 44 | 2017

bar mit ihrer Kultur verbunden ist. Was der Mitarbeiter wirklich (er-)lebt, kann er auch authentisch erzählen. Um diesem Ansatz gerecht zu werden, geht es also bei der Festlegung einer Branding-Strategie nicht um eine neue Marketingkampagne: Stattdessen soll überlegt werden, wie die bestehende, starke Unternehmenskultur codiert, also in ein Marken- respektive Nutzenversprechen über­ geführt werden kann. Hauptaufgabe ist nicht die Findung eines neuen Slogans, sondern eine «brand cultivation», die von allen Mitarbeitenden im Unternehmen getragen wird.

Identität als Schlüsselfaktor «Wer sind wir und wofür stehen wir?» So lautet die erste, die entscheidende Frage. Sie basisdemokratisch in Workshops zu beantworten, hilft mit, die Belegschaft an Bord zu

VERTRAUENSSACHE

«Es geht ums ­Erleben»

Beat Grob, CEO von Bossard Central Europe, über Kommu­ nikation mit ­Kunden: «Ehrliches, emotionales und ­authentisches Handeln und Kommunizieren schafft Vertrauen. Der Kunde spürt sehr schnell, ob wir selber glauben und verstehen, was wir kommunizieren. Storytelling ist eine sehr geeignete Art, den ­Kunden die Values wie Vertrauen, Convenience oder auch Kompetenz erleben zu lassen. Ja, es geht ums Erleben.»

JANNIS CHAVAKIS/13 PHOTO

Kühlem Kopf wirds warm ums Herz holen. So entsteht die neue Formulierung des Markenversprechens aus den über lange Zeit bewährten Werten und Erfahrungen aus den Kundenbeziehungen. Die Umsetzung und der Rollout in der Organisation sind eine Herausforderung. Eine Verkaufsmannschaft ist oft gut durchmischt mit langjährigen und neueren Mitarbeitenden und sie alle sollen sich darüber hinaus des neuen Markenversprechens bewusst werden und es ins tägliche Handeln aufnehmen. So werden alle, quer durch die Fachabteilungen, beim Launch miteinbe­ zogen und realisieren bei der Einführung: Was hier entsteht, ist nichts, was sie nicht schon kennen – es ist bereits in ihrer DNA! Die konsequente Einbindung der Mitarbeitenden führt dazu, dass sie sich umso mehr mit dem Unternehmen und den Dienstleistungen identifizieren und die Geschichte mit ihren eigenen Worten und «aus dem Bauch heraus» erzählen können. Bei Bossard sind als wichtigste Meinungsbildner auch ausgewählte Kunden mit an Bord; was sie tun, geht jedoch über Testimonials hinaus – sie erzählen nämlich die Geschichte, warum genau Bossard ihr Partner rund um die Verbindungstechnik ist und welchen konkreten Nutzen sie daraus ziehen. Heute steht bei Bossard ein in Leinen gefasstes Buch bereit (siehe Bild), in dem zwölf Kunden ihre Geschichte mit ihren eigenen Worten und unter eigenem Namen erzählen. So erläutert Herbert Villiger, Systems Controls Software Engineer bei Bystronic Laser in der Schweiz: «0 Defekte dank 360° Engineering! Sie (die Firma Bossard, Anmerkung der Redaktion) konzipierten einen innovativen Getriebemotor mit einem niedrigeren Strombedarf und einer höheren Belastbarkeit. Ergebnis: Keine einzige Schliessung ist seitdem kaputtgegangen, keine Anlage stand auch nur eine Minute wegen der Schliessung still.» Und der Vice President der chinesischen State Grid Shandong Power Equipment Co.

«Proven Productivity»: Ein Buch mit Erfolgsgeschichten, erzählt von Bossard-Kunden.

erzählt: «Mit der Einführung dieser SmartBin-Technologie von Bossard (…) können wir die Mitarbeitenden für produktivere ­Tätigkeiten einsetzen. Dadurch erhöhen wir die Produktivität bei unseren Arbeitskräften um 37 Prozent.» Ein Teil dieser Geschichten ist bereits verfilmt und steht auf Youtube, laufend kommen Beiträge dazu. Die Ver­

kaufsmit­arbeiter werden gezielt geschult, Fakten und Erfolge mit Kunden als Geschichten zu erzählen. Dies ermöglicht es dem Kunden, Fakten und Zahlen besser ­einzuordnen und den Deal mit seinem vertrauenswürdigen Partner abzuschliessen. Gelingen tut das lange nicht immer, doch was motiviert mehr als die Geschichte eines

Kollegen, bei dem der Storytelling-Ansatz zum gelungenen Abschluss beitrug? Jeremias Näf, Vice President Sales & Marketing, ­Bossard Central Europe, Zug; Matthias Ruoss, Facility Services Manager, ISS Facility Services AG, Zürich. Die Autoren sind Teilnehmer des Executive MBA der Hochschule Luzern.

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„Wer nichts verändert, der lebt gefährlich, wer alles verändert auch.“ Christian Belz Setzen Sie Ihre Ideen erfolgreich in die Tat um und sichern sich einen Platz in der passenden Weiterbildung. Alle Weiterbildungen des Instituts für Marketing finden Sie unter www.ifm.unisg.ch/weiterbildungen Kontakt Institut für Marketing an der Universität St.Gallen, Führungskräfteweiterbildung, Doris Maurer, Dufourstrasse 40a, CH-9000 St.Gallen, Telefon +41 71 224 28 55, doris.maurer@unisg.ch


SPECIAL MARKETING

ISTOCKPHOTO

Gutes Geld für gute Leute – also solche, die spezialisiert oder online-affin sind.

Spezialisten sind top

Gehälter Laut einer Studie der Page Group für Vertrieb und Marketing übersteigt die Nachfrage nach digitalen Vermarktern das Angebot bei weitem.

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LUIS GRANATO

ie Pharmaindustrie zahlt die höchsten Gehälter für Vertriebs- und Marketingspezialisten. Mit 23 Prozent aller im Oktober 2017 ausgeschriebenen Fachkräftestellen entfielen 23 Prozent auf Vertrieb und Marketing, was einer Zunahme von 14 Prozent (Oktober 2016 bis Oktober 2017) gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die Top drei bestbezahlten Verkaufs- und Marketingjobs: Internationaler Verkaufsleiter 200 000 bis 250 000 Franken, Marketing Direktor 160 000 bis 240 000 Franken, Leiter Digitales Marketing 150 000 bis 220 000 Franken – sowie zusätzliche Bonuszahlungen von bis zu 30 Prozent. Die Exportnachfrage war der stärkste Treiber für die Vertriebs- und Marketingspezialisten der Pharmaindustrie. Die Nach­ frage nach digitalen Vermarktern wurde durch Unternehmen angeheizt, die die wichtigsten Aspekte ihrer Geschäftstätigkeit digitalisieren wollten, da durch die hohe Nachfrage qualifizierte Kandidaten in allen Geschäftsbereichen fehlten.

Ausgetrockneter Digitalmarkt Unternehmen mit Sitz in der Schweiz stehen, wie auch viele Unternehmen weltweit, vor einem wachsenden Problem. Die Digitalisierung schreitet immer schneller voran und die Bildungsprogramme haben mit der Nachfrage nicht Schritt gehalten.

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HANDELSZEITUNG | Nr. 44 | 2017

Diese Talentlücke im digitalen Marketing verursacht erhebliche Kosten. Sie ist die ­Ursache für erfolglose Kampagnen, die zu Fehlverteilung des Budgets, Fehlinterpretation von Daten und Werbeausgaben für nicht mehr funktionierende Techniken führen. Am häufigsten fehlen nach Angaben des Online Marketing Institute: Social Media (27 Prozent), Analytics (37 Prozent), ­Mobile (29 Prozent) und Content Marketing (27 Prozent). Die Banken- und Versicherungssektoren waren die Early Adopter des digitalen Marketings, obwohl sich die Nachfrage nach Fachkräften in diesem Bereich inzwischen eingependelt hat. Wir erwarten, dass der fortschreitende digitale Wandel sowie die anhaltende Innovation in der Pharmaindustrie die Nach­

frage nach Marketingspezialisten und die damit verbundenen Gehälter in den nächsten zwei bis drei Jahren antreiben wird. Im Einklang mit dem Trend in der Banken­ branche passen einige Unternehmen ihre Vergütungsmodelle an. Wir empfehlen Marketingfachleuten ­einen lebenslangen Lernprozess ins Auge zu fassen, um ihre Fähigkeiten in wachsenden Bereichen wie Content Marketing, Analytics, Mobile, Social Marketing, Programmierung, SEO, In-Store-Marketing, Location Targeting, Personalisierung/Anpassung und Omnichannel-Integration zu verfeinern. Damit schaffen sie eine höhere Nachfrage nach ihren Dienstleistungen und eine bessere Rendite für ihre Arbeitgeber. Luis Granato, Executive Manager, Michael Page, Genf.

SCHLÜSSELSEKTOREN

Hohe Nachfrage nach digitalen Vermarktern Konsumgüter und Einzelhändler Sie müssen den gestiegenen Erwartungen der Verbraucher gerecht werden, insbesondere der mobilen Endverbraucher an den mobilen Online-Konsum «überall und jederzeit». Industrie Sie hat ihre Beschaffungs- und Lieferkettenfunktionen vollständig um­ gestaltet, um den Kundenerwartungen

gerecht zu werden, Kosten zu senken und die Effizienz zu steigern. Gesundheitswesen und Life Sciences Zum Beispiel Pharma und Medtech ­wollen verbesserte Dienstleistungen für Verbraucher und medizinisches Fach­ personal sowie verbesserte Diagnostik und Einhaltung der Vorschriften für ­bessere Gesundheitsergebnisse.

FLIRTEN SIE MAL WIEDER Nur Mut! Treten Sie mit Ihrer Zielgruppe in den Dialog. Wie Sie erfolgreich den ersten Schritt tun, um eine feste Kundenbeziehung einzugehen: post.ch/directpoint


SPECIAL MARKETING

SPECIAL MARKETING

Marken müssen sich neu involvieren

Mobilität der Zukunft Elektro-Kleinflugzeug Der vollelektrische Jet der ­Münchner Firma Lilium hat fünf Sitze und soll als Lufttaxi zum Einsatz kommen. ZVG

Markenkommunikation Sie kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie auch auf kulturelle Resonanz stösst.

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MATTHIAS KIESS UND SANDRA LEHNER

nsere Gesellschaft befindet sich im Wandel von der Industrie- hin zur Wissens­ gesellschaft. Wissensgesellschaft meint die wachsende Bedeutung von Wissen in fast allen Lebensbereichen der modernen Gesellschaft, vor allem aber in der Wirtschaft. In unserer von Technologien und Informationen dominierten Gesellschaft wird Wissen zum alles entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Das lässt sich nicht nur daran erkennen, dass der Dienstleistungssektor das grösste Wachstum verbucht, sondern auch daran, dass in der Industrie der Faktor Wissen immer mehr zum entscheidenden Wachstums­ treiber wird. Wissen ist Macht und schafft entsprechend Wettbewerbsvorteile.

Die Wissenskultur pflegen Wie kann die Marketing- und Werbebranche damit umgehen und was sind die Konsequenzen? Zum einen sind Daten ­unterschiedlicher Natur eine wichtige Wissensquelle, anderseits gilt aber auch, die schiere Observation des menschlichen Um-

felds zu fördern. Wir Agenturen sind gefordert, Anstrengungen zu unternehmen, um die Wissenskultur zu pflegen und in unserem alltäglichen Tun einzusetzen. Denn so können gesellschaftsrelevante Trends frühzeitig erkannt werden und daraus resul­ tierende Insights gewinnbringend in der Marktbearbeitung eingesetzt werden. Doch wie eignet man sich in unserer schnelllebigen Gesellschaft dieses Wissen an und hält es à jour? Mit strukturierten Prozessen, die Daten auf lokaler und interna­

dualisierung, Neo-Ökologie, Gender Shift, Konnektivität und Wissenskultur. Mega­ trends bilden die Grundlage für den struk­ turellen Wandel wie auch den Wertewandel und spiegeln den Zeitgeist.

Motor des Wandels Werbung sollte sich ständig mit dem Zeitgeist synchronisieren. Welche Themen beschäftigen die Menschen? Welche Stilrichtungen entwickeln sich? So wird Markenkommunikation zum wichtigen Indikator für kulturelle Veränderungen und wie sie sich auf die Gesellschaft und Marken auswirken. Sie ist somit zugleich Motor und Seismograf des gesellschaftlichen Wandels, und genau dies macht Werbung als Quelle der Gesellschaftsbeobachtung so wertvoll. Verschiedene Tools können helfen, Trends relativ früh zu erkennen und für Kampagnen zu nutzen, jedoch kann Werbung nur selten neue Trends erzeugen. Wünsche und Werte können nicht geschaffen, sondern lediglich früh entdeckt und von den Marken genutzt werden. Wenn Marken es schaffen, ihre Kommunikation mit dem Zeitgeist abzugleichen und hippe Trends frühzeitig aufzunehmen, schafft dies Relevanz und steigert das Engagement mit der Zielgruppe. Für Unternehmen und deren Agenturen geht es also darum, laufend relevante Trends mit Impact auf die Kultur und Gesellschaft frühzeitig zu erkennen und diese kreativ in der Interaktion mit ihrer Zielgruppe zu nutzen. Nur so kann Werbung in der Zukunft relevant bleiben.

Wünsche und Werte können nicht geschaffen, sondern ­lediglich früh entdeckt und von den Marken genutzt werden. tionaler Ebene nach spannenden Erkenntnissen screenen, kann man gewährleisten, immer am Puls der Zeit zu sein und Mega­ trends und Subtrends frühzeitig zu erkennen. Beispiele für aktuelle Megatrends etwa sind (gemäss dem Zukunftsinstitut): Indivi-

Mobilität der Zukunft Elektro-Rollbrett

ZVG

Das Elektro-Rollbrett Lou der ­­Firma E-Xperience aus dem sankt-gallischen Flawil kostet ­zwischen 300 und 800 Franken.

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Es gibt auch Negativbeispiele Agenturen identifizieren Mega- und Subtrends so früh wie möglich und nutzen sie für die Kreation neuer, zeitgemässer Kommunikationsansätze. Beispiele sind Arbeiten wie «America first, Sunrise second», die etwa auf einer Tagesaktualität mit hoher soziokultureller Relevanz aufgebaut wurden. Die Nutzung von kulturellen Trends in der Werbung kann aber auch fehlschlagen,

wie das neuere Beispiel von Pepsi zeigt. Im April dieses Jahres brachte Pepsi einen ­neuen Werbespot mit Influencerin Kendall Jenner in der Hauptrolle heraus. Der Spot wurde heftig kritisiert, da er in Anlehnung an die zahlreichen Proteste in den USA, unter anderem den Women’s March und die Black-Lives-Matter-Bewegung, zu sehen ist, jedoch die politischen Botschaften zu sehr für die eigenen kommerziellen Zwecke missbraucht.

Weil Kendall Jenner an der Demo Pepsi verteilt und damit sogar einen zuvor schlecht gelaunten Polizisten zum Schmelzen bringt, wirkt ihr Auftritt einfach nur ­lächerlich und der Spot entbehrt jeglicher Authentizität. Dieses Beispiel zeigt, dass die sorgfältige Evaluation eines Trends alleine nicht reicht, sondern dass dessen Nutzung in der Marketingkommunikation professionell gehandhabt werden muss und in der Ausgestaltung der werberischen Inhalte

der Zeitgeist ebenfalls berücksichtigt werden muss. Es ist also ein schmaler Grat, wenn es ­darum geht, kulturelle Trends für die Werbung zu nutzen. Aber wer dabei Feingefühl beweist und emotionale Geschichten rund um diese kulturellen Trends erzählt, wird auch in Zukunft erfolgreich sein. Matthias Kiess, CEO, Sandra Lehner, Head of Content, TBWA, Zürich.

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HANDELSZEITUNG | Nr. 44 | 2017

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SPECIAL MARKETING

SPECIAL MARKETING

Die Pflege lohnt sich

Employer Branding Wie erregt ein Unternehmen mit dem Instrument der ­Arbeitgebermarkenbildung die Aufmerksamkeit talentierter Berufseinsteiger?

er irische Abenteurer Ernest Shackleton (1874–1922) war ein Mann der klaren Worte. Sein Stelleninserat, mit dem er im Jahre 1907 Mitstreiter für eine Polarexpedition suchte, formulierte er deshalb knochentrocken und ohne falsche Versprechungen: «Suche Freiwillige für ­gefährliche Reise. Niedriger Lohn, bittere Kälte, lange Stunden in vollständiger Fins­ ternis garantiert. Rückkehr ungewiss. Ehre und Anerkennung im Fall des Erfolges.» Abenteuerliche Momente und in Aus­ sicht gestellte Ehre allein reichen heutzutage

bei weitem nicht mehr aus, um talentierte Studienabgänger und junge Berufsleute auf das eigene Unternehmen aufmerksam zu machen. Die Generationen Y (geboren 1984–1996) und Z (1997–2002) sind überaus anspruchsvoll, was ihren Broterwerb anbe­ langt. Denn sie wollen neben einem guten Salär auch Sinnhaftigkeit in ihrem beruf­ lichen Tun ausmachen können. Unterneh­ men sind also gefordert, sich entsprechende Gedanken darüber zu machen, wie sie von den z­ ukünftigen (und den derzeitigen) ­Arbeitnehmern gesehen, interpretiert und erlebt w ­ erden wollen. Die Losung der ­Stunde lautet Employer Branding, zu gut Deutsch ­Arbeitgebermarkenbildung.

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GfM Marketingpreisträger 2017

Neben der expliziten Stellenbeschrei­ bung mit Ausführungen zu Verdienst und Arbeitszeiten rücken beim Rekrutierungs­ prozess mehr und mehr «weiche» Faktoren und konkrete Benefits in den Mittelpunkt. «Weshalb ist mein Betrieb einzigartig, wo­ durch hebe ich mich eindeutig von der Kon­ kurrenz ab? Diese Frage steht im Zentrum des Employer Branding», sagt Leo Marty, Managing Director Schweiz und Österreich des Beratungsunternehmens Universum Communications mit Sitz in Zürich. «Und es tut gut daran, wer darauf eine stimmige und nachzuvollziehende Antwort liefern kann.» Nach «Unternehmensmarke» und «Pro­ duktmarke» nun also «Arbeitgebermarke».

Der Terrafugia TF-X ist ein Auto, das dereinst mit 320 km/h fliegen kann. Dabei soll es sich auch wie ein normales Auto fahren lassen. ZVG

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FLAVIAN CAJACOB

Mobilität der Zukunft Fliegendes Auto

Universum führt regelmässig Befragungen durch bei Rekrutierern und HR-Professio­ nals, um das Level zu eruieren, auf dem sich Schweizer Firmen im Umgang mit dem ­Thema Employer Branding bewegen. Resul­ tat: «Was die Sensibilität angeht, hat sich in den letzten zwei Jahren ungemein viel getan», hält Esther Senecky, Marketing ­ ­Manager von Universum Communications Switzerland, fest. Inzwischen seien, so Senecky, vier von zehn HR-Managern felsenfest davon über­ zeugt, dass die Arbeit­gebermarken-Bildung eine hohe Priorität im Unternehmens­gefüge geniesse. «Spannend ist die Tatsache, dass sich immer mehr auch mittlere und sogar kleine Unternehmen für das Thema inte­­r­essieren.»

HR und Kommunikation synchron Arbeitgeber sollten die Wünsche von Studienabgängern und jungen Berufstalen­ ten kennen. Und sie müssen diese in die ­Arbeitgebermarke einfliessen lassen. Da­ hingehend ist nicht nur der HR-Bereich ­gefordert, sondern auch das Marketing und

die Kommunikation. Gemeinsam wird an der Marke Unternehmen geschliffen, wie ansonsten an der Entwicklung eines Pro­ duktes aus dem eigenen Hause und dessen Vermarktung gearbeitet wird. Leo Marty plädiert dahingehend an das Topmanage­ ment, sich ebenfalls in den Prozess zu ­in­volvieren. «Einer der häufigsten Fehler ist erfahrungsgemäss, dass die EmployerBranding-Strategie nicht mit der darüber­ liegenden Personalstrategie und auch der übergreifenden Businessstrategie verbun­ den ist. Deshalb ist die Einbindung der Füh­ rungsetage entscheidend.» Eine attraktive Firma sein, zufriedene Kunden haben und die talentiertesten Leute ihres Fachs auf der Payroll – all diese Ziele zu erreichen, bedingt Knochenarbeit, logisch. Und ein eingehendes «Studien-Studium». Denn was junge Berufsleute sich von ihrem Arbeitsplatz respektive ihrem Arbeitgeber wünschen, wird regelmässig erforscht. «Die Daten sind vorhanden, die Schlüsse können also durchaus gezogen werden», sagt Esther Senecky. Allerdings nützt die Kenntnis da­ rüber, ob nun gerade flexible Arbeitszeiten,

UNTERNEHMENSBEISPIELE EMPLOYER BRANDING

Von Diversität bis Zukunftsvisionen

Herzliche Gratulation Florian Teuteberg, CEO von Digitec Galaxus AG

} ABB Mitarbeitende sind aufgerufen, dank ABB Ability an der Zukunft des ­Unternehmens mitzuschreiben. } Axa Setzt auf Flexwork, also eine ­Vielfalt an verschiedenen, flexiblen Arbeits­modellen. } Axpo Bewirbt ganz besonders «inter­ nationales Arbeiten». } Deloitte Lässt Passion mit Gamification in die Arbeit einfliessen. } EY Bewirbt sein internationales New Horizons Program, um Studenten ­anzusprechen. } Helvetia Bewerber lernen ihr zukünf­ tiges Team bereits während des Evalua­ tionsprozesses via Livestreaming kennen.

} Ikea Setzt auf Diversität, Gleich­ berechtigung und Frauenförderung. } Novartis Stellt Architektur in den Fokus, welche Interaktion und Kreativität ­fördert. } Schindler Kampagne mit Personen – die Vielfalt an Menschen und Berufen wird in den Vordergrund gerückt. } Sicpa Zeigt mit der «international ­mobility initiative» seine internationale Ausrichtung auf. } Swisscom Wirbt mit Startup-Kultur und Förderprogrammen für sich.

QUELLE: UNIVERSUM COMMUNICATIONS SWITZERLAND

Homeoffice oder eine ausgeprägte WorkLife-Balance bei den möglichen Bewerbern hoch im Kurs stehen, reichlich wenig, wenn sich das Unternehmen über seine eigenen Werte nicht im Klaren ist. Leo Marty: «Kurzfristige Bedürfnisbefrie­ digung bei Talenten ist natürlich wichtig, auch das Aufzeigen von Karrierezielen – aber eben auch das Hervorheben des ‹Wieso›, der Gründe, wie und weshalb ein Kandidat, die Firma und deren Mission zusammenpassen.» Das wiederum führt ­ zwangsläufig zur Definition von Zielgrup­ pen. Und die fällt bestimmt vielfältig aus, ist sich Marty sicher. «Wenn ich vermehrt ­Frauen anstellen will, muss ich andere Werte und Inhalte vermitteln, als wenn es darum geht, Informatiker für ein grosses IT-Projekt zu gewinnen oder freie Stellen nach einer Umstrukturierung neu zu besetzen.»

Der richtige Kanal für die Botschaft Der Zielgruppe entsprechend fällt auch dann die Wahl des Ansprechkanals aus. Für ­Esther Senecky ist klar: «Wichtig ist der rich­ tige Mix. Job Boards, ein guter Auftritt auf der Karriereseite der Firma, Karrieremessen und natürlich Social Media, wobei je nach­ dem das eine oder andere schwerer gewich­ tet wird.» Gerade hinsichtlich Social Media steigt die Zahl der Talente, die sich über ­diese Kanäle informieren, unvermindert an. Da die Arbeitgebermarke die Wahrneh­ mung des Unternehmens jedoch nicht nur extern, sondern auch intern prägt, werden vermehrt und nicht ganz überraschend auch die eigenen Angestellten zu eigentli­ chen Markenbotschaftern. Denn sie können schliesslich am besten beurteilen, wie es um das Klima, die Möglichkeiten – kurz, um das Employer Branding im eigenen Haus steht. Davon war vor über hundert Jahren auch Abenteurer Ernest Shackleton überzeugt, als er in seinem Stelleninserat schonungslos offen schilderte, was seine Mitarbeiter auf der Reise zum Südpol erwarten würde. Im­ merhin 27 Männer meldeten sich schliess­ lich auf die Anzeige. Und überlebten. HANDELSZEITUNG | Nr. 44 | 2017

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SPECIAL MARKETING

SPECIAL MARKETING

Mobilität der Zukunft Killer-Trike

Image ist gut, messen besser

Die französische Lazareth hat den Wazuma V8M ersonnen. Er ist halb Rennmotorrad und halb Roadster und hat 460 PS.

ZVG

Content Marketing Beim Benennen des Werbeerfolgs ist Umdenken angesagt, wie das Beispiel der Post zeigt.

eschichtenerzählen ist im Marketing zurück. Ob mit einem Newsletter, Magazin, Video, ­einer Studie oder etwa einer Infografik spielt keine Rolle ­ mehr. Wesentlich ist vielmehr, dass im Gegensatz zur klassischen Werbung jetzt präzise gemessen wird, auf welchem Weg solche Geschichten wie beim potenziellen Kunden ankommen. Die technische Entwicklung mit CRM-Systemen (Customer Relationship Management), Datenanalysen, Internet­ Tracking und vielen anderen Tools macht es möglich. In den Marketingabteilungen der Unternehmen ist denn auch das Umdenken in vollem Gange. Resultate und budget­ relevante, überprüfbare Auswertungen des Kundennutzens sind gefragt. Ein Beispiel für den Gang in die neue Welt hat zuletzt die Schweizerische Post geliefert. Sie hat im Sommer mit einer Direct Point ­genannten Plattform ihrer 2016 entworfenen Content-Marketing-Strategie ein Gesicht ­gegeben. Darüber werden nicht nur die eige-

nen Aktivitäten abgewickelt – Direct Point steht auch Geschäftskunden zur Verfügung. Zentral sind dabei wenige Elemente, die auf neuster Technik basieren und keineswegs nur online angeboten werden. So steht hinter der komplett erneuerten Website ein sogenannter Content Hub, der unter anderem erlaubt, Social-Media-Kampagnen zu fahren. Doch zusätzlich ist auch das viermal jährlich verschickte Magazin unter neuem Namen – «Direct Point» natürlich – genauso wie der traditionelle Newsletter vom Inhalt bis zum Layout einem drastischen Lifting unterzogen worden.

Die ganze Content-Palette Diese kurze Zusammenfassung verbirgt allerdings die Auswirkungen, die mit der neuen Strategie Hand in Hand gegangen sind und noch gehen. Marketing und Communications sind nun bei der Post viel enger als bisher verzahnt, erklärt Marketingchef Oliver Egger. Organisatorisch wie vom benötigten Know-how her setze man auf Interdisziplinarität und habe deshalb neue Wege gehen müssen. Ungewohnt sei beispiels-

weise für den Verkauf und das Marketing gewesen, in grösseren Horizonten zu denken, statt wie bisher mit Kampagnen den schnellen Verkaufserfolg über in der Regel nur einen Kommunikationskanal zu fixieren. ­ Langfristige Kundenloyalität, so Egger, bedeute aber, über unterschiedliche Kanäle in mehreren Schritten den Erfolg anzuvisieren. Zudem habe man einen Newsroom ­eingerichtet, fügt er an. Dort werden regelmässig Formate wie Videos, Infografiken, Fachbeiträge, Kundenporträts, Cases, Checklisten oder Tipps für Führungskräfte und Reportagen neu geschaffen. Die Inhalte ­ würden dann auf den jeweiligen Kanal optimiert. Aber schon beim Aufgleisen der ­Inhalte zeigt sich laut Egger eine Schwierigkeit. Denn das Erzählen einer Story sei im Marketing traditionell stark von den Absendern bestimmt gewesen. Jetzt müssen die Geschichten allerdings empfängerorientiert erarbeitet werden, dafür brauche es die richtigen Mitarbeiter. Denn nicht nur vom Produkt her zu ­denken, schaffe nicht jeder. Zumal beispielsweise bei der Post auch Printbeiträge für

Mobilität der Zukunft Aerodynamik-Coupé

Interdisziplinarität ist gefragt Allerdings funktioniere das nicht ohne Informationen über die Personen, ihre Interessen oder die von ihnen genutzten sogenannten Touchpoints. Hier setzt die Post denn auch auf moderne Analysewerkzeuge, die in der Lage sind, aus den vorhandenen Daten die nötigen Informationen herauszukristallisieren. Auch hier stand die Post vor einer Hürde, wie sie in vielen Unternehmen besteht. Müssen doch die Daten meist aus verschiedenen Silos zusammengeführt werden, um überhaupt erst eine Basis für das Content-Marketing zu schaffen. Was trivial klinge, entpuppe sich nicht selten als echte Herausforderung, sagt Egger. Erst wenn das gelungen sei, sei es möglich, Auswertungen auch grosser Datenmengen durchzuführen, die verlässliche Entscheidungsgrundlagen liefern. Die zentrale Einsicht hier sei, dass die bisherigen Bauchentscheide im Marketing

erheblich an Bedeutung verlieren. Vielmehr lassen sich etwa über das sogenannte Data Mining neue Trends und Gesetzmässigkeiten für einzelne Kundengruppen ermitteln oder vorhandene Hypothesen überprüfen. Interessant sei, so sagt Egger, dass die ­Resultate im Fokus seien, während die Erklärungen dafür zurücktreten. Es habe sich gezeigt, dass etwa kurze Texte oder Videospots, die aus längeren Geschichten gezogen wurden, den Dialog mit den Kunden stärker unterstützten als die ausführlicheren Vorlagen. Je nach Zielgruppe seien Grafiken und Studien beliebter als ganze Referenz-Storys. Solche und weitere Einsichten müssten aufgenommen und schnell genutzt werden, um die Zielgruppe entsprechend zu adressieren. Der Kundenfokus müsse einfach im Vordergrund stehen. Bei der Post habe man deshalb Mitarbeiter aus unterschiedlichen Abteilungen zusammengebracht. Dieses interdisziplinäre Team, zu dem auch Technologieprofis gehören, müsse sich einlassen können, sagt Egger, um ein gewisses Gespür für die neuen Marketingformate zu entwickeln.

Das Weapon R38 hat Rennsport in seiner DNS. Er ist noch in der Entwicklung, tritt aber bald in die Testphase (weaponboards.com). ZVG

HANDELSZEITUNG | Nr. 44 | 2017

chen werden. Also möglichst in dem Kaufzyklus und dem Geschäftskontext, in denen sie sich gerade befinden.

Mobilität der Zukunft Motor-Skateboard

Der Mercedes-Benz Concept IAA verändert im Aerodynamik-Modus während der Fahrt ab 80 km/h ­seine Form und seine Gestalt.

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­ nline-Formate anzupassen seien. Dass O ­dieser Content nicht nur für das Magazin und den Newsletter verwendet werde, verstehe sich dabei von selbst, lasse er sich doch unter anderem auch für Social-Media-Kanäle ­nutzen. Egger sieht bereits erste Erfolge in dieser Flexibilisierung: Drei Minuten Verweildauer seien schon jetzt eine relativ hohe Nutzungszeit. Das Ziel des Marketings ist dabei klar. Die Post will ihre Kunden besser verstehen, um ihnen mit relevanten Inhalten einen echten Mehrwert zu liefern. Unternehmen, die wie die Post selbst die Chancen der crossmedialen Kommunikation nutzen wollen, sollen Inspiration, Wissen und ­geeignete Werkzeuge finden. Um jedoch den dafür nötigen Dialog in Gang zu setzen, so Egger weiter, sei eine ­individuelle Ansprache nötig. Denn es könne eben nicht darum gehen, die ContentSchwemme, die mit der Digitalisierung ohnehin einhergehe, noch zu vergrössern. Vielmehr müssten die diversen Zielgruppen zur richtigen Zeit über die richtigen Kanäle mit für sie nützlichen Inhalten angespro-

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VOLKER RICHERT

HANDELSZEITUNG | Nr. 44 | 2017

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SPECIAL MARKETING

Der Umgang mit ihnen will gelernt sein

28. GfM Marketing-Trend-Tagung

Influencer Marketing Was macht eine erfolgreiche Kampagne aus, und wie ­generiert man einen enormen Return on Investment?

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MARCUS SCHÖGEL UND JASMIN FAROUQ

hne Zweifel – kaum ein Phänomen hat in den vergangenen Monaten die Marketingwelt so beherrscht. Unternehmen ­sehen eine grosse Chance von Influencer-Marketing in der Erreichung junger Zielgruppen, deren Medienkonsum vor allem in sozialen Plattformen stattfindet. Durch die Content Creation der Influencer können markenrelevante Inhalte authentisch an die Follower weitergegeben werden. Dass Influencer mit ihren Posts auch für mehr als nur die Steigerung der Markenbekanntheit und der Verbesserung des Images beitragen können, zeigen aktuelle Studien. Bereits 60 Prozent der jungen Erwachsenen können Käufe auf Influencer-Empfehlungen zurückführen. Die Influencer sind sich ihres Einflusses und ihrer Bedeutung be­ wusst. Die in den digitalen Medien grossgewordenen Celebrities agieren als kleine Medien-Powerhouses und vermarkten professionell ihre Reichweite und ihre wahr­ genommene Werbefläche. Unternehmen, die das Potenzial bereits verstanden haben, setzen für zukünftiges Wachstum auf die neuen Kommunikationswege und damit in der Content-Generierung auf Influencer. Digital Companies wie Daniel Wellington arbeiten ausschliesslich mit den Bildern der digitalen Celebrities.

Glaubwürdiger Fit? Doch das Potential von Influencer-Marketing kann nur nachhaltig genutzt werden, wenn die Zusammenarbeit von Unternehmen und Influencern gezielt gestaltet wird. Ein erster Schritt ist die Identifikation der richtigen Partner. Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist der glaubwürdige Fit zwischen Influencer und Unternehmen. Das Beispiel der Marke Coral aus dem Hause Unilever zeigt, dass schlecht positionierte Influencer-Kooperationen der Marke langfristig schaden können. Hingegen kann eine strategisch gut positionierte Kampagne mit

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HANDELSZEITUNG | Nr. 44 | 2017

How To: Influencer-Marketing

Influencer identifizieren

Authentische Partnerschaften

InfluencerManagement

Auswahl basierend auf harten Kriterien (z.B. Anzahl Follower und ­Klickzahlen) und weichen Komponenten (etwa Interessensgebiete und ­persönliche ­Eigenschaften). Prüfen intelligenter Online-Tools zur Identifizierung, um die erste ­Eingrenzung effizienter zu gestalten.

Influencer mit der Kernbotschaft des Unternehmens vertraut machen. Bei der kreativen Gestaltung Freiraum gewähren: Einbindung der ­markenrelevanten Inhalte im persönlichen Stil der Influencer.

Entscheidung, ob das Management der Influencer-Kooperationen intern oder über eine Agentur läuft. Kernentscheidungen von erfahrenem Influencer-Experten begleiten.

der passenden Kooperation in vielen unterschiedlichen Unternehmensbereichen eingesetzt werden. Neben der klassischen Steigerung der Markenbekanntheit und Verbesserung des Images können Unternehmen die Influencer mit ihrer Community für Marktfor-

Influencer-Marketing etabliert sich in vielen Unternehmen ­zunehmend als essenzieller T ­ eil der Marketingstrategie. schungszwecke oder der Entwicklung von Prototypen einsetzen. Doch auch konkrete Absatzziele können mit Influencern erreicht werden. Durch die direkte Verknüpfung der Influencer-Posts mit dem Web­ shop oder den Einbezug von Rabattcodes für die Community beweisen Digital Consumer Brands wie Westwing und das Müns-

teraner Uhrenstartup Kapten & Sons, dass der Erfolg von Influencern messbar gemacht werden kann.

Fähigkeiten für veränderte Verhältnisse Für die Kommunikationsarbeit von Unternehmen stellt die Geschwindigkeit, mit der sich die mediale Umwelt ändert, eine Herausforderung dar. Influencer-Marketing etabliert sich in vielen Unternehmen zunehmend als essenzieller Bestandteil der Marketingstrategie. Dabei bestehen jedoch noch erhebliche Unterschiede darin, wie die Zusammenarbeit mit Influencern gestaltet wird. Im gegenwärtigen Kampf um Konsumenten aus jungen Zielgruppen müssen Unternehmen Kenntnisse über die Unterschiede der Kooperationen mit Influencern erwerben: Fähigkeiten müssen aufgebaut werden, um sich mit der veränderten Medienlandschaft auseinandersetzen zu können. Prof. Dr. Marcus Schögel, geschäftsführender Direktor, Jasmin Farouq, wissenschaftliche Mitarbeiterin, ­Institut für Marketing der Universität St. Gallen.

Anmeldung und weitere Informationen finden Sie unter www.marketing-trend-tagung.ch


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