Handelszeitungbeilage Oktober 2016

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| 27. Oktober 2016

Special

Marketing

Marketing im Wandel

75 JAHRE SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR MARKETING

FOTOS: PETER FROMMENWILER

VERANTWORTLICH FÜR DIESEN SPECIAL: ECKHARD BASCHEK


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Marketing | 3 HANDELSZEITUNG | Nr. 43/2016

Ulrich H. Moser Alter 60 Wohnort Zug Funktion Präsident der GfM (seit 2007); diverse VR-Mandate, u. a. Alfred Müller AG, Hug AG, Rivella AG, Biomed AG Ausbildung Ökonom FH, AMP Harvard ­Business School

Jean-Marc Grand

PETER FROMMENWILER

Alter 52 Wohnort St. Gallen Funktion Geschäftsführer GfM (seit 2006) Ausbildung lic. oec. HSG

«Es gewinnt der Agilste»

Herausforderungen Ulrich H. Moser, der Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Marketing GfM, und der Geschäftsführer, Jean-Marc Grand, sehen in der Digitalisierung eine spannende Marketingherausforderung. INTERVIEW: ECKHARD BASCHEK UND PETER FROMMENWILER (FOTO)

Die GfM feiert dieses Jahr ihr 75-Jahre-Jubiläum. Was hat sich in einem Dreivierteljahrhundert im Marketing verändert? Ulrich H. Moser: Unsere Mission, Marketing als Denkhaltung einer nachhaltigen Unternehmens­ führung zu fördern, ist heute so relevant wie vor 75 Jahren. Bei der Umsetzung im täglichen Arbeits­ leben hat sich natürlich sehr viel verändert. Aktuell muss sich auch das Marketing den Herausforde­ rungen der digitalen Transformation stellen. Vie­ les, was wir an der Uni gelernt haben, ist nur noch ­beschränkt anwendbar. Permanente Lernbereit­ schaft ist ein Must, wenn man in diesen für Mar­ keteers zunehmend komplexeren Welt Erfolg ha­ ben will. Als Präsident haben Sie während der vergangenen neun Jahre die Stossrichtung der GfM massgeblich beeinflusst. Welches Fazit als Präsident ziehen Sie nach dieser Zeit? Moser: Als Präsident ist man bei der GfM ein Pri­ mus inter Pares und kein Alleinherrscher. Die stra­ tegische Ausrichtung wurde deshalb im Vorstand gemeinsam erarbeitet und verabschiedet. Während meiner Amtszeit hat sich die GfM kontinuierlich weiterentwickelt, modernisiert und verjüngt. Ein klares Indiz dafür ist, dass wir heute im Vorstand und Stiftungsrat – und auch bei unseren Firmen­ mitgliedern – zahlreiche Vertreter der digitalen Welt haben und auch die Diversity signifikant ge­ steigert haben. Das Jahr 2016 stand bei der GfM unter dem ­Motto «Marketing und Innovation». Welches sind Ihre Hauptlehren aus dem selbst verordneten Leitmotiv? Jean-Marc Grand: Die Schweizer Firmen sind Weltklasse in der technischen Innovation. Wir ha­ ben versucht, die Wichtigkeit des Marketings, also der erfolgreichen kommerziellen Vermarktung von Innovationen, zu betonen und unsere Mitglieder­ firmen bei dieser Thematik zu unterstützen. Welche Hauptlehren haben Sie gezogen?

Grand: Schon der Marketingvordenker Peter Dru­ cker hat Marketing und Innovation für die wichtigs­ ten Faktoren für den Unternehmenserfolg gehal­ ten. Wir haben versucht, das Zusammenspiel von Innovation und Marketing aufzuzeigen. Wo gibt es nach 75 Jahren noch Herausforde­ rungen? Moser: Die drei Cs des Marketing gemäss Professor Stefan Michel vom IMD – er ist auch der Präsident unseres Stiftungsrats – umschreiben die zentralen Herausforderungen für das Marketing aus meiner Sicht am besten: Erstens «create value», also Mehr­

«Zentral wird sein, den Mitgliedern bei der Digitalisierung Mehrwert zu bieten.» wert für den Kunden schaffen. Zweistens «communi­ cate value», das heisst eine wirksame Kommunika­ tion dieses Mehrwerts. Und drittens «capture value», also eine Prämie für das Unternehmen zu erwirt­ schaften. Die digitale Revolution hat das Potenzial, nicht nur die Kommunikation, sondern alle Prozesse entlang der Wertschöpfungskette massivst zu beein­ flussen. Hier den Mitgliedern mit Infos und Hilfeleis­ tungen Mehrwert zu bieten, wird zentral sein. Wie geht die Entwicklung der GfM-Online-Plattformen weiter? Grand: Wir folgen in diesem Bereich den Bedürf­ nissen unserer Mitglieder. Die Kommunikation ver­ schiebt sich immer mehr auf unsere Online-Kanä­ le. In der Zukunft werden wir unsere Präsenz auf den Social-Media-Kanälen verbessern, damit wir auch dort vermehrt mit unseren Mitgliedern in den Dialog treten können.

Wie erfolgreich war die von der GfM geforderte marktorientierte Unternehmensführung Ihrer mehr als 700 Mitgliedfirmen im laufenden Jahr? Moser: Wir beobachten bei unseren Mitgliedern ganz klar eine qualitative Verbesserung im Bereich der marktorientierten Unternehmensführung. Es ist uns natürlich bewusst, dass die GfM eher Firmen und Personen anspricht, die bereits eine hohe Affi­ nität zum Kunden und dessen Bedürfnissen, zum Markt und damit zum Marketing haben. Gerade auch, um eine erweiterte Zielgruppe vermehrt für das Thema Marketing zu sensibilisieren, sind wir die Kooperation mit der «Handelszeitung» und die­ sem Special eingegangen. Die Weisse Arena Gruppe erhält den Marketingpreis 2016, der heuer zum 32. Mal verliehen wird. Warum sticht das Tourismusunternehmen aus der Masse hervor? Moser: Bei der Weisse Arena Gruppe überzeugte den Stiftungsrat der Weitblick und das unterneh­ merische Geschick bei der Entwicklung der Desti­ nation Management Organisation basierend auf ­einem detaillierten Verständnis der Bedürfnisse der unterschiedlichen Kundensegmente in einem international stark umkämpften Markt. Marketing ist dabei ein wesentlicher und sichtbarer Treiber für diesen Unternehmenserfolg. Das Jahr 2017 steht bei der GfM unter dem Motto «Marketing-Agilität». Was verstehen Sie darunter und warum ist dieses Thema wichtig? Grand: Wie schon von Charles Darwin in seiner Evolutionstheorie postuliert, gewinnt langfristig nicht der Grösste oder der Stärkste, sondern der Anpassungsfähigste und Agilste. Marketing-Agilität ist eine umfassende Transformation für Unterneh­ men, um sich in einer digitalen Welt und sich stän­ dig ändernden Zeit den bestmöglichen Erfolg im Marketing zu sichern. Zielgruppenkenntnis durch Zuhören, Monitoring und professionelles Commu­ nity Management in den Social Media bilden dabei die Grundlagen.

Welche Chancen sollten Unternehmen dabei nutzen? Grand: Die Schweizer Unternehmen waren immer sehr nahe am Markt und bei ihren Kunden. Diese Kundennähe gepaart mit schnellen und flexiblen Marketingaktionen – zugegebenermassen nicht wirklich ­Paradedisziplinen von uns Schweizern – werden den Firmen helfen, sich aus der Masse hervorzu­heben. Welche Gefahren gilt es in Zukunft zu ­verhindern? Grand: Agilität hat viel mit «trial and error» unter Zeitdruck zu tun. Dabei geht die von uns geliebte Kontrolle und Planbarkeit teilweise verloren. Auch Fehler sind Teil dieses Vorgehens. Der Markt for­ dert aber ein agileres Vorgehen und das Lernen aus Fehlern und der transparente und ehrliche Um­ gang mit Fehlern ist eine weitere Chance, sich zu profilieren. Und wie hilft die GfM ihren Mitgliedfirmen ­diesbezüglich? Moser: Wir versuchen, als «honest broker» oder als Relais-Station zwischen Wissenschaft und For­ schung auf der einen Seite und der Praxis auf der anderen Seite zu vermitteln. Dabei hilft uns unsere über Jahrzehnte erarbeitete Glaubwürdigkeit als neutrale, kompetente Plattform im Marketing in der Schweiz. Wir versuchen, die vielen Signale und Impulse, die wir im Marketing beobachten, zu strukturieren, zu priorisieren und danach unseren Mitgliedern sowie der interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Welche kollegialen Tipps könnten Sie Ihrem Nachfolger geben? Moser: Ich kenne meinen Nachfolger und seinen exzellenten Track Record seit 30 Jahren. Ich werde nach meinem Rücktritt programmatisch sicher nicht intervenieren wollen. Ich bleibe dem Motto «servir et disparaître» treu. Als Tipp würde ich sa­ gen «be yourself – stay as you are», dann kommt es ganz gut mit der weiteren Entwicklung der GfM.


4 | Marketing HANDELSZEITUNG | Nr. 43/2016

Dominique von Matt Alter 57 Wohnort Küsnacht Funktion Verwaltungsratspräsident Jung von Matt/Limmat Ausbildung Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Zürich

PETER FROMMENWILER

Mitglied im Vorstand der GfM

Lebensgefühl inbegriffen

GfM-Marketingpreis 2016 Die Weisse Arena Gruppe hat ein Paradies für Snowboarder und Freestyler geschaffen und wird mit dem Preis für Marketing geehrt. SUSANNE WAGNER

Veranstaltung 27. GfM Marketing-Trend-­ Tagung «Marketing-­Agilität» 22. März 2017 von 9–17 Uhr im «The Dolder Grand» in ­Zürich. Referenten: Professor Jörg ­Niessing, Michael Schrage, ­Michel Péclard, Fabian Plüss, Stefan Baumann, Carmen Spielmann, Rafael Horzon, ­Roland Smart, Professor Wolfgang Jenewein, Philipp ­Riederle. Tagungsgebühr: 690 Fr. für GfM-Mitglieder, 890 Fr. für Nicht-GfM-Mitglieder. marketing-trend-tagung.ch

IMPRESSUM Der Special «Marketing» ist eine r­ edaktionelle ­Eigenbeilage der ­«Handelszeitung» und ­Bestandteil der aktuellen Ausgabe. Herausgeber: ­Redaktion und Verlag, «Handelszeitung», Ringier Axel Springer Schweiz, 8021 Zürich.

B

eim Wort «Skifahren» denken viele an Kuhglocken, Ländlermusik und «Kafi Fertig». Einen ganz anderen Lifestyle ­findet die Freestyle- und Snowboard­ generation in Laax. Dass sich der kleine Ort in Graubünden zu einem Mekka dieser Community entwickelt hat, verdankt sie auch Reto Gurtner, CEO und VR-Präsident der Weisse Arena AG. Für diese ­Leistung ist das Unternehmen mit dem diesjährigen GfMPreis für Marketing ausgezeichnet worden. Die Jury begründet ihren Entscheid mit der kundenorientierten, innovativen und langfristigen Unternehmenspolitik und den mutigen Ideen der Weissen Arena. «Unser Ziel war es, die junge Generation in die Berge zu bringen», sagt Reto Gurtner, der als junger Student in Kali­ fornien vom amerikanischen Beachboy- und Surfer-Lifestyle geprägt wurde. Die Antwort hiess in den 1990er-Jahren Snowboarden und heute Freestyle-Skifahren. «Diese Ausrichtung aufs Ziel­ pu­blikum ziehen wir konsequent durch. Laax soll ein Ort sein, an dem sich die Community wohlfühlt», so Gurtner. Es gehe ­dabei nicht nur um die perfekte Halfpipe, sondern auch um ein Lebensgefühl mit der passenden Musik und Atmosphäre. Der Durchschnittsgast in Laax ist 38 Jahre alt. Doch nicht alle Laax-Besucher heissen Iouri Podladtchikov wie der erfolg­

Weisse Arena Stark in der Tourismus- und Freizeitbranche Dienstleistungsunternehmen Zur Weissen Arena Gruppe gehören eine Bergbahnunternehmung, Hotel- und Gastro­ nomiebetriebe, die Vermietung und der Verkauf von Sport­ausrüstung, eine Ski- und Snowboardschule und eine Managementgesellschaft. Die Weisse Arena beschäf­ tigt 1075 Mitarbeitende im Winter und 277 im Sommer. Im Geschäftsjahr 2015/16 stieg der Nettoumsatz der Konzern­ gruppe um 1,6 Millionen Franken. Erstmals in der Geschich­ te des Unternehmens wies es unter dem Strich jedoch einen Verlust von 1,1 Millionen Franken aus. Der Cashflow betrug 17,5 Millionen Franken.

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Titelseite Monique Bourquin, Ulrich H. Moser, Jean-Marc Grand, Elke Guhl (1. Reihe, v. l.); Peter Schmid, Dominique von Matt, Stefan Michel, Christoph Brand (2. Reihe, v. l.); Ludovit Szabo, Alice Šáchová (3. Reihe, v. l.); Patrick Warnking, Maili Wolf, Adrian Bult, Christian H. Wipf (4. Reihe, v. l.); Geri Aebi, Marco F. Taborelli, Elmar Wohlgensinger, Marcus Schögel (5. Reihe, v. l.).

reiche Schweizer Freestyle-Snowboarder. Zwei Drittel der ­Gäste in Laax sind klassische Skifahrer. Mit Skischule, Bergbahnen, Gastronomie und Übernachtung deckt die Weisse Arena als integriertes Dienstleistungsunternehmen die gesamte Wertschöpfungskette ab. Nach dem Vorbild amerikanischer Ski-Resorts fährt man in Laax von der Piste direkt zum Hotel oder zur Ferienwohnung. Der coole «Riders Palace» richtet sich an die Freestyle-Gäste, in den Häusern des eleganten «Rocksresort» übernachten ­Familien. Die Fokussierung auf die Jungen wäre nicht möglich ohne starken digitalen Auftritt. Als eine der Ersten überhaupt ­lancierte Laax 1995 eine eigene Website und schon sehr früh war die Marke auf den sozialen Medien wie Facebook und Twitter aktiv. Auch die Zukunft liegt für Reto Gurtner in der Digitali­ sierung und im Internet als Distributions- und Kommunika­ tionskanal. Dies sei vor allem im internationalen Geschäft von entscheidender Bedeutung. Eine neu überarbeitete App Laax Inside dient heute schon als direkter Schlüssel zu zahlreichen Dienstleistungen wie der Parkplatzreservation oder dem Kauf eines Skipasses. Zudem sollen neue Kunden im Ausland wie etwa China angesprochen werden (siehe Interview unten). Zum Beispiel mit dem Angebot, innerhalb von drei Tagen ­Skifahren zu lernen – wenn es nicht gelingt, ist der vierte und fünfte Tag Skiunterricht gratis.

«Die Jungen sind kritisch, man darf nicht zu aufdringlich sein» Was ist die Marketingphilosophie der Weissen Arena? Reto Gurtner: Die Vermittlung von Glaub­ würdigkeit und ein kontinuierlich gutes Pro­ dukt. Heute reagiert der Kunde unmittelbar und direkt. Eine schlechte Leistung breitet sich viral im ganzen Freundeskreis aus. Die ganz Jungen sind sehr kritisch heute, man darf nicht zu aufdringlich sein. Um die Glaubwürdigkeit zu wahren, heisst zum Beispiel unser Lokal an der Halfpipe Café No Name. Was macht die Weisse Arena im Marketing anders als andere? Wir fokussieren klar auf das Zielpublikum: Junge Freestyle-Skifahrer und Snowboarder. Die Marke

Cracks dieser Szene YouToube-Filme ins Inter­ net laden, die klar erkennbar in Laax aufge­ nommen worden sind, ist dies sehr wertvoll. Vor ­allem, wenn sich in kürzester Zeit 100 000 Likes ergeben – von der richtigen Zielgruppe. Reto Gurtner VR-Präsident Weisse Arena AG

Laax steht für ein Lebensgefühl, dazu gehört auch eine Gruppenzugehörigkeit. Statt auf TVSpots oder Imagekampagnen setzen wir auf die Digitalisierung mit all ihren Möglichkeiten. Wenn

Das letzte Geschäftsjahr war schwierig, die Tourismusbranche steht vor Herausforderungen – Stichwort Frankenstärke. Nach der Einführung des Euro hat der Touris­ mus enorm profitiert. In den letzten drei Jah­ ren haben wir die Hälfte der deutschen Gäste verloren, weil wir preislich nicht mehr kompeti­ tiv sind. Das Lohnniveau in der Schweiz ist hoch und die Frankenstärke können wir nicht beeinflussen. Wir sehen aber ein enormes

­ otenzial in den asiatischen Ländern. In China P ist das Skifahren in der Schweiz enorm beliebt. Sie wollen die Chinesen zum Skifahren bringen? Wir wollen nicht alle Chinesen ansprechen, sondern nur diejenigen, die es sich leisten kön­ nen. Die Gruppe der Social Climbers wächst enorm in China. Solche Touristen wünschen sich alles aus einer Hand: Sie wollen sich nicht darum kümmern, wie sie vom Flughafen an­ reisen oder wo sie Skier mieten können. Wir bieten ihnen dieses Erlebnis – vom Abholen am Flughafen bis zum Schweizer Skilehrer. INTERVIEW: SUSANNE WAGNER


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6 | Marketing HANDELSZEITUNG | Nr. 43/2016

Monique Bourquin Alter 50 Wohnort Rüdlingen Funktion Verwaltungsrat Emmi Ausbildung Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität St. Gallen

PETER FROMMENWILER

Mitglied im Vorstand der GfM

Wir müssen Ballast abwerfen

Bertrand Piccard Um Sponsoren für sein Projekt Solar Impulse 2 zu finden, musste der Schweizer Pionier kulturelle Barrikaden und festgefahrene Denkmuster durchbrechen.

A

uch drei Monate nach der erfolgreichen Erdumrundung mit dem treibstofflosen Flugzeug Solar Impulse 2 ist Bertrand Piccard irritiert, wenn er hört, er habe Unmögliches erreicht. Schliesslich bewies er gemeinsam mit seinem Abenteuerkollegen André Borschberg, dass das Unmögliche möglich war. Für den Westschweizer Psychiater und Visionär geht es ­immer darum, konventionelle Denkweisen zu hinterfragen, die Angst vor dem Unbekannten abzubauen und festgetretene Pfade zu verlassen. «Um Pionierleistungen zu erbringen, ­müssen wir den Ballast abwerfen, der aus Dogmen, Erziehung, Gelerntem und unserem Bedürfnis nach Sicherheit besteht», sagt Piccard. Er ist überzeugt davon, dass die grossen technischen Innovationen der Menschheit viel früher möglich gewesen wären, wenn sie nicht herrschende Ideologien und Vorstellungen ­infrage gestellt hätten. «Leonardo da Vinci verfügte über ­genug Wissen, um zu fliegen, fürchtete aber die Repressionen der Kirche», erklärt Piccard. Innovation sei nichts anderes als ein alter Glaube, den man hinter sich lasse. Der Sohn einer Pionierfamilie – Grossvater Auguste stieg mit einem Ballon in die Stratosphäre, Vater Jacques erreichte Rekorde in der Tiefseeforschung – hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, mentale und kulturelle Barrikaden niederzureissen. Im 21. Jahrhundert bedeutet dies vor allem, Sponsoren von den eigenen Visionen zu überzeugen.

Marketing nach innen Die Idee zum Projekt Solar Impulse 2 kam Piccard während der Nonstop-Ballonfahrt mit der Breitling Orbiter 3 im Jahr 1999, bei der ständig das Kerosin auszugehen drohte. «Ich habe mir geschworen, dass ich das nächste Mal die Welt ohne Treibstoff umrunden werde.» Doch als Piccard seine ­Vision eines schadstofffreien Weltumflugs realisieren wollte, stiess er auf Widerstand. Trotz einer positiv ausgefallenen Machbarkeitsstudie der ETH Lausanne (EPFL) gestaltete sich die Suche nach finanziellen Partnern für das mit 34 Millionen Franken budgetierte Vorhaben als schwierig. Ausgerechnet bei den naheliegendsten Geldgebern hatte Piccard keinen ­Erfolg: «Es ging um ein Luftfahrtprojekt zum Thema Energie, doch weder die grossen Luftfahrt- noch die Stromkonzerne

zeigten Interesse daran», erklärt der Pionier. Dies sei bedauerlich gewesen, aber schliesslich seien die Leute, die Kerzen verkauften, auch nicht diejenigen, die die Glühbirne erfinden würden. Innovation komme immer von aussen. Zwar konnte Piccard andere, branchenfremde Unternehmen wie Solvay, Omega, Schindler und ABB für seine Mission gewinnen, doch auch hier musste er Überzeugungsarbeit ­leisten. «Am Anfang konzentrierten sich unsere Marketing­ anstrengungen auf die Mitarbeitenden der Partner statt nach aussen», sagt Piccard. Schliesslich siegte die Aussicht, einen Beitrag zur Förderung erneuerbarer Energie leisten zu können, über die allgemeine Skepsis. «Wenn die Sonne scheint, bewirken saubere Technologien Wunder», meint Piccard, der sich diesen Grundsatz auch in den vielen einsamen Nächten an Bord des Solarflugzeugs in Erinnerung rief.

Andere Länder, anderes Argumentarium Während die Solar Impulse 2 in Europa dank ihrer öko­ logischen Mission auf Akzeptanz stiess, musste Piccard in ­anderen Märkten ganz andere Argumente anführen, um ­Auf­merksamkeit zu erzielen. In den Vereinigten Staaten sorgte nicht der Einsatz von Sonnenenergie für Furore, sondern ­Piccards Versicherung, man habe viel mehr Kontrolle, wenn man ins Energiesparen investiere, als wenn man Energie ­produziere. In China dagegen machte der Abenteurer Schlagzeilen, weil er Parallelen zwischen seinem Projekt und Aspekten der chinesischen Philosophie zog. «Die verschiedenen Kulturkreise mussten ganz unterschiedlich angesprochen werden. Überall ging es jedoch darum, nicht nur zu erklären, was wir tun, sondern auch, weshalb wir es tun», sagt Piccard. Dieser Ansatz hatte Erfolg. Denn obwohl das Projekt ­insgesamt 170 Millionen Franken kostete und 15 Jahre dauerte, gelang es dem Abenteurer, dank Marketinggeldern eine ­In­novation zu schaffen und Löhne zu zahlen. «Das Ganze hat länger gedauert und war teurer, als wir angenommen ­hatten, aber es war nicht unmöglich», resümiert Piccard. Er geht davon aus, mit seiner Pionierleistung auch Skeptiker von der Möglichkeit des umweltfreundlichen Fliegens ­überzeugt zu haben: Drei Monate bevor die Solar Impulse 2 ihre Weltumrundung vollendete, kündigten Airbus und ­Siemens an, gemeinsam ein Flugzeug mit Elektro-Trieb­ werken zu planen.

ZVG

DENISE WEISFLOG

Zeit für ein Selfie: Bertrand Piccard auf der letzten Etappe seiner ersten Weltumrundung ohne Treibstoff.

Solar Impulse 2 Weltrekorde als Mittel zum Zweck Erdumrundung Am 26. Juli 2016 landete das Solarflug­ zeug Solar Impulse 2 in Abu Dhabi, nachdem es 40 000 Kilometer ohne Treibstoff zurückgelegt hatte. Zwischen dem Start am 9. März 2015 und dem letzten Touchdown waren die Schweizer Piloten Bertrand Piccard und André Borschberg rund 700 Stunden in der Luft, die Erdum­ rundung umfasste 17 Etappen. Nächster Schritt Das Projekt hatte nicht in erster Linie Weltrekorde zum Ziel, sondern wollte aufzeigen, wie saubere Technologien den Verbrauch der natürlichen Ressourcen und unsere Abhängigkeit von fossilen Ener­gien verringern können. Am GfM Brush Up vom 2. September 2016 an der HWZ in Zürich betonte Piccard, seine Mission sei längst nicht abgeschlossen. Um ener­ gieeffiziente Lösungen v­ oranzutreiben, will er gemeinsam mit André Borschberg das International Committee of Clean Technology (ICCT) aufbauen.


Handy aus, Aufmerksamkeit an. Manchmal sind wir so sehr von der digitalen Welt eingenommen, dass die schรถnen Momente unbemerkt an uns vorbeiziehen. Deshalb sollten wir zwischendurch mal abschalten und unsere Aufmerksamkeit bewusst unseren Liebsten schenken. Mehr zu einem bewussten Umgang mit digitalen Medien auf: swisscom.ch/medienkompetenz Willkommen im Land der Mรถglichkeiten.


8 | Marketing HANDELSZEITUNG | Nr. 43/2016

Christoph Brand Alter 47 Wohnort Hedingen Funktion Mitglied der Unternehmensleitung Tamedia Ausbildung Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Bern

PETER FROMMENWILER

Mitglied im Vorstand der GfM

Die Stunde der Disruptoren Wettbewerb Den Kunden ihre Sorgen abnehmen – und vier weitere Wege, sich im harten Konkurrenzumfeld zu behaupten. DOMINIQUE TURPIN

Es gibt fünf wichtige Marketingprinzipien. Sie werden von heutigen Disruptoren wie Mediq (siehe mittlere Spalte) befolgt:

1. Kundensorgen verfliegen lassen Zwar schlugen Marketing-Gurus immer vor, die Geschäftsführer sollten wissen, was ihre Kunden möchten und brauchen. Aber in der Tat wissen nur sehr wenige Kunden, wessen sie selber bedürfen. Der Ford-Gründer sagte immer: «Wenn ich meine Kunden gefragt hätte, was sie wollen, sie hätten gesagt: ‹Ein schnelleres Pferd!›» Bis noch vor kurzem war die grösste Herausforderung für Marketingverantwortliche, den wachsenden Kundenbedürfnissen nachzukommen. Dabei erhält man den besten Einblick in die Kundenwünsche, wenn man sie beobachtet und einfach gesunden Menschenverstand walten lässt. Steve Jobs hat das gut verstanden, als er iPhone, iPod und iTunes erfand. Niemand schrieb Jobs ein E-Mail, um ihm zu sagen, «wir wollen diese Produkte, Services und Kundenerlebnisse». Was einige «Vision» nennen, könnte man auch «Verständnis-Beobachtung» nennen. Obwohl es kein korrektes wissenschaftlich gültiges Rezept gibt, um die Kundenbedürfnisse zu erfassen, können sie in vier Schritten eingefangen werden: Beobachtung des Kundenverhaltens, herausbekommen, was den Kunden «Kopfweh» bereitet, Reflektion und Versuchsanordnungen. Ein solches «Kopfweh» ist beispielsweise eine grosse Stereoanlage mit Hunderten von CDs dazu. Beobachtung sammelt Fakten, beispielsweise «es wäre toll, wenn ich meine 10 000 Songs in einem Gerät bei mir haben könnte, das in meine Tasche passt». Reflektion verbindet diese Fakten sinnvoll mitei­ nander («Gelingt das in Form eines Gadgets, das kleiner ist als eine Packung Zigaretten?»). Versuchsanordnungen testen mögliche Kombinationen der ersten drei Schritte, etwa «eine kleine Festplatte könnte die Lösung sein». So wurde der iPod geboren! Es geht immer um Kundenkopfweh.

2. Das Beste aus Big Data machen Heute ist es dank Big Data einfacher als früher, Trends mit ­ issenschaftlicher Genauigkeit zu identifizieren und neues Kunw denverhalten wahrzunehmen. Mediq nutzte Big Data, um vorhersagen zu können, an welchem Tag genau Patienten mit chronischen Krankheiten genau welches Medikament brauchen ­würden – und so allen Seiten helfen konnte, Geld zu sparen: Kunden, Versicherungen und dem staatlichen Gesundheitssektor.

Big Data war das Herzstück des Web-Marketing und des Erfolgs der meisten Disruptoren unserer Zeit. Es versetzt Marketingfachleute in die Lage, Kundenprobleme zu erkennen und zu gewichten. Die Frage der Kunden, ob sie einem bestimmten Restaurant oder Hotel vertrauen können, war das Kundenkopfweh – ein Quell des Erfolgs von TripAdvisor und anderen Reise-App-Herstellern.

3. Branchen-Limits von aussen betrachten Viele der heutigen Disruptoren haben nichts weniger als die Grenzen der Branchen neu definiert, indem sie auf ­Kundenbedürfnisse fokussierten. Amazon ist solch ein Beispiel. Das Unternehmen konnte ehrliche Bücherempfehlungen aussprechen, um Zusatzkäufe auszulösen. Die Grenzen

Mediq Kunden verstehen statt einfach nur bewirtschaften Carlos Cordón Wir alle kennen Uber, Airbnb, Tesla als Beispiele für Disruptoren, die ihre Branchen quasi von aussen aufmischen. Aber wer kennt Mediq? Das niederländische Unternehmen hat nichts Geringeres im Sinn, als die althergebrachten Apotheken wie Relikte der Vergangenheit aussehen zu lassen. Carlos Cordón, Professor am IMD in Lausanne und Insead-Absolvent, beobachtet Mediq ­genau. Er kommt zum Schluss, dass die führenden Pharmakologen ihr Business eher nach dem Modell des erfolgreichen Abverkaufs über den Tresen gegen Rezept betreiben, als sich wirklich für das Wohl ihrer Patienten zu interessieren. Umbruch Gemäss Professor Cordón stehen die Apotheker dank Firmen wie Mediq vor einem grösseren Umbruch. Chronisch Kranken, beispielsweise Diabetikern, kann Big Data helfen, ihre nächste Insulingabe besser vorauszu­ planen. Damit entfallen die Gänge zur Apotheke, nur um herauszufinden, dass das benötigte Medikament gerade nicht an Lager ist. Die grossen aktuellen Umbrüche haben einen entscheidenden Punkt gemeinsam: Sie vereinen Unternehmen mit einem gemeinsamen Marketingverständnis, das nötig ist, um Kundenanliegen mit technologischer ­Unterstützung und dabei kostensparend zu erfüllen. (dt)

des Begriffs «Buchhändler» können heute kaum mehr ­ge­zogen werden: Sind es Online-Wiederverkäufer, Logistik­ unternehmen oder etwas anderes? Ist Google ein Such­ maschinenunternehmen oder ein zukünftiges Transportunternehmen? Eine Vielzahl von Unternehmen erhebt den Anspruch, kundenorientiert zu sein. Aber bei näherem Hinsehen entpuppen sie sich eher als produktorientiert. Sie produzieren und suchen dann Käufer – ein typisches «inside out»-Geschäftsmodell. Es geht ihnen darum, mögliche Käufer von ihrem Produkt zu überzeugen. Nur wenige Unternehmen gehen von den Kundenbedürfnissen aus und bringen so «outside in»-Mehrwert zu geringeren Preisen auf den Markt.

4. Mehrwert durch neue Ökosysteme Das nächste Schlüsselelement beim Aufbrechen von Branchen und dem lindern von Kundenkopfweh ist das Generieren von neuen Ökosystemen. So erklärte Apple-Chef Tim Cook einmal, sein Unternehmen unterscheide sich von anderen durch die Kompetenz sowohl in Sachen Software als auch Hardware und Service: «Apple ist in der Lage, in allen drei Bereichen wie wahnsinnig zu erfinden und Magie zu erzeugen.» Andere ­Unternehmen versuchen verzweifelt, hier Schritt zu halten, aber das ist alles andere als einfach. Google, Microsoft und Amazon griffen die Märkte mit ihren eigenen Ökosystemen an, mit Geräten, Büchern, Spielen, Musik und Speichergeräten.

5. Kosten senken Schliesslich macht es Disruptoren aus, dass sie die Kosten für ihre Kunden drastisch senken. Man denke etwa an Uber oder Amazon. Ein Weg, die Verkaufspreise zu senken, besteht darin, das Internet zu nutzen und den Zwischenhandel auszuschalten. Ein anderer wesentlicher Punkt ist die Skalierung – einfach aufgrund seiner schieren Grösse ist Alibaba dazu ­fähig, trotz Spottpreisen Gewinne einzufahren. Wenn man diese fünf Prinzipien internalisiert, ist das eine gute Basis sowohl für Startups als auch für etablierte Unternehmen, sich für das Aufbrechen eines Marktes in Position zu bringen. So geht Business heute, und das wird sich so schnell nicht ändern. Dominique Turpin, President und Nestlé-Professor, IMD, Lausanne.


«So soll es bleiben, auch wenn ich 70 bin. Darum plane ich schon jetzt.» Credit Suisse Finanzplanung Für alles, was kommt. credit-suisse.com/finanzplanung

*Erwirtschaftete Rendite p.a. eines der CSA Mixta-BVG-Produkte im Zeitraum vom 29.7.2011 bis zum 29.7.2016. Historische Wertentwicklungen und Finanzmarktszenarien sind kein verlässlicher Indikator für laufende und zukünftige Ergebnisse.


10 | Marketing HANDELSZEITUNG | Nr. 43/2016

Die Idee wird facettenreicher

Alice Šáchová Alter 53 Wohnort Zürich Funktion Partnerin Vendbridge AG Ausbildung Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Köln Mitglied im Vorstand der GfM

Dienstleister Die Digitalisierung gibt dem Marketing die Chance besserer Messbarkeit. Überlegungen zur «schönen neuen Welt des Marketings». DANIEL FISCHER

1.

Der neue alte Marketing-Hero ist und bleibt die zentrale Idee – nur facettenreicher erzählt Die Basis jeder Marketingerfolgsgeschichte ist die zentrale Idee. Die Digitalisierung bringt uns hier lediglich einen entscheidenden Mehrwert. Durch sie lässt sich eine Idee mehrdimensional erzählen und mit immer mehr Sensorik anreichern. So ­lassen sich auch im Bankenmarketing scheinbar trockene Themen durch neue digitale Räume deutlich facettenreicher erzählen. Neue technische Spielformen ermöglichen ­beispielsweise im Jugendmarketing, neue Flughöhen zu ­erreichen. Und bringen für das Storytelling erwünschte ­Entertainment-Elemente wie Gamification, 360 Grad und Virtual Reality mit sich. Damit reichern sich die Möglich­ keiten an, die unterschiedlichen Segmente zielgerecht zu ­bedienen. Doch im Zentrum steht nach wie vor die Idee, mit kanal- und zielgruppengerechter Ausgestaltung. Digitali­ sierung schafft hier lediglich mehr Entfaltungsspielraum, ­für die G ­ estalter wie auch die Betrachter. Und beflügelt dadurch die ganze Marketinglandschaft.

Bewegtbild-Plattformen umzuschichten. Alleiniger Fokus auf Views und Klicks ist aber wertlos, wenn dahinter nicht klar übergeordnete Parameter stehen, auf deren Entwicklung es am Ende ankommt. Nur wer Einzelmesskriterien in einen grösseren Kontext stellt und ebenso lenkt, kann langfristige Erfolge sichern und endet nicht im trügerischen kurzfristigen Erfolg.

4.

Return on Marketing Invest wird im Zeitalter von Content Marketing noch wichtiger Auch Content Marketing erhöht die Facetten einer Story-Erzählbarkeit um ein Vielfaches. Im Sinne einer seriösen MROI-Betrachtung muss jeder – noch so kleine – Beitrag seinen gerechtfertigten ROI erbringen oder zumindest unerlässlich für die Erzählung der gesamten Storyline sein. Benötigt werden deshalb neue Messmodelle, die dieser Mehrteiligkeit gerecht werden und zeitgleich den Blick für den Gesamteffekt messbarer machen.

5.

Branchengerechte MROI-Berechnungsmodelle machen die Zuordnung von Marketing-Spendings schliesslich erst zur «wissenschaftlichen» Disziplin Marketing­erfolge werden in der digitalen Welt plan- und ­argumentierbarer. Die Crux dabei ist, den nachweislichen Markterfolg klar zu beziffern – und den Anteil des Marketing daran klar aus- und zuzuweisen. Dies ist insbesondere im ­­ Dienstleistungsmar­ keting eine Herausforderung. ­Ein ­beratungsintensiv getriebenes Business-Modell, fehlende Instant-buy-Angebote, mehrteilige Marketingimpulse, eine verzögerte Handlungsauslösung und hohe regulatorische Datenschutzauflagen erschweren die konsequente ­Erfolgszuordnung. Durch klare Systematisierung und ­Priorisierung der Erfolgsparameter ist aber auch hier eine Performance-Messung möglich. Im digitalen Zeitalter ­werden Erfolge plan- und nachweisbarer, wenn man getreu dem Motto ­«Wohin schaue ich?» klar fokussiert bleibt. ­Marketing erhält durch die Messbarkeit der Durch digitale Einzelmesskriterien droht Marketing Digitalisierung die Chance, sich mit einem faktenbasierten zur taktischen Kurzdisziplin zu verkümmern Die schier Erfolgsargumentarium zur neuen Wissenschaft zu entwiendlose Auswahl an messbaren digitalen Erfolgszahlen ckeln. Jede Zutat – in unserem Falle Channel, Touchpoint ­beschäftigt weltweit die Marketingabteilungen. Jedes noch oder Stream – wird durch gemessene ROI-Werte und Leadso winzige Messkriterium wird in Reports als Erfolgsnach- Eigenschaften ­kategorisiert und ­zugeteilt. Womit sich Marweis missbraucht. Und die verführerisch hohen Erfolgs-­ keting-Investments besser ­begründen lassen und gewünschReportings haben in den letzten Jahren verschiedene Marke- te Marketingeffekte ­vorhersehbarer werden. Die Reise hat tingorganisationen dazu verleitet, einen erheblichen Teil begonnen … ihrer Marketinginvestitionen ungefiltert zu den grossen ­ ­Digital-Playern wie Google, Facebook, YouTube und Online-­ Daniel Fischer, Leiter Marketing UBS Switzerland AG, Zürich.

2.

Ohne zentrale Idee verkommt Marketing zur reinen digitalen Distribution von selbstähnlichen Inhalten Im Zeitalter der digitalen Multioptionalität nimmt der Stellenwert der zentralen Idee sogar noch zu. Sie ist bei weitem der wichtigste Marketing Invest. Denn ohne eine zentrale Idee verkommt Marketing zur reinen Ausspielung und Abfüllung selbstähnlicher Inhalte. Denn so lobenswert die neue Vielfalt der digitalen Möglichkeiten ist, so gefährlich ist deren ­administrative Aufbereitung. Es geht hier um Varianten und Optionen, um die Auswahl der passenden Kanäle, nicht um ­Selbstähnlichkeit über alle Kanäle. Wichtiger, als alle Kanäle zu bedienen, wird die sinnvolle Auswahl und Orchestrierung gezielter Räume, um die volle Kraft und Erzählbarkeit einer Story in ihren Einzelteilen zu entfalten. Ohne dabei der ­Selbstähnlichkeit zu verfallen.

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3.


Marketing | 11 HANDELSZEITUNG | Nr. 43/2016

Neue Impulse umsetzen

Christian Wipf Alter 59 Wohnort Küsnacht Funktion Vorsitzender der Gruppenleitung Wipf Holding Ausbildung Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität St. Gallen Mitglied im Vorstand der GfM

Luxusmarkt Mit ihrem Ansatz plädiert die HSG für ein professionelles, aktives Management der Schweizer Luxusbranche im Wettbewerb.

D

er Markt für höchstwertige Uhren, Hotellerie, Schmuck, Textilien und viele weitere Güter gehört zur Schweizer Volkswirtschaft genauso wie der typisch schweizerische Anspruch an Qualität und Wert. ­ Lange Zeit war der Luxusmarkt ein Synonym für starkes Wachstum. Dieses Wachstum ist aber längst nicht mehr selbstverständlich. Luxusmarken müssen sich ­zunehmenden Herausforderungen stellen. Dieses Jahr ver­ zeichnen Schweizer Luxusuhren einen prozentual zweistel­ ligen Exporteinbruch. Vor allem Edelmetalluhren im höheren Preissegment ab 3000 Franken sind betroffen. Der Markt in Asien sowie im Mittleren Osten bleibt hinter den Erwartungen zurück. Nach Jahren des starken Wachstums im asiatischen Raum stagniert der Umsatz von Luxusuhren, vor allem aufgrund des Antikorruptionsgesetzes in China. Des Weiteren bringen schwankende Wechselkurse, Entwicklungen in Politik und Wirtschaft sowie die Digitalisierung neue ­Herausforderungen für Schweizer Luxusmarken mit sich. Zudem haben sich die Kundenbedürfnisse gewandelt: Für viele Kunden bedeutet Luxus heute nicht mehr das logo­ beladene und eindrucksvolle Produkt. Stattdessen ist ver­ mehrt ein steigender Bedarf an immateriellem Luxus – mehr Zeit, mehr Freiheit, grössere Gestaltungsspielräume – zu be­ obachten. Gerade die jüngere Zielgruppe der Millennials sucht weniger nach dem repräsentativen Besitz und mehr nach bleibenden Erlebnissen und Eindrücken. Der Kern des Luxusbegriffs verschiebt sich damit hin zum Genuss hoch­ wertiger Erlebnisse. Zur detaillierteren Segmentierung dieser neuen Zielgruppe führt die Universität St. Gallen derzeit eine globale Studie durch, um Kundenbedürfnisse von Millennials besser zu verstehen und Marken dabei zu unterstützen, diese Zielgruppe differenzierter zu bedienen.

PETER FROMMENWILER

Grund zum Aufatmen Es gibt aber auch Gründe zum vorsichtigen Aufatmen. Der Brexit-Entscheid bescherte der Uhrenindustrie in Grossbri­ tannien unverhofft zusätzliche Verkäufe im britischen Markt aufgrund des schwachen Pfunds. Zudem hat Apple einge­ sehen, dass es unter den Uhrenanbietern nicht zum Luxus­ anbieter avancieren wird. Seit dem Launch der zweiten Edi­ tion der Apple Watch verzichtet Apple auf die Goldversion und ­fokussiert auf Markenkooperationen wie beispielsweise

WALTER BIERI/KEYSTONE

BENJAMIN BERGHAUS UND SOPHIE SCHÜLLER

Besucher an der Baselworld: Nicht nur besitzen, auch erleben.

mit Hermès für Uhrenarmbänder. Der Launch der Apple Watch hatte zwar keinen Einfluss auf den Umsatz von höher­ preisigen Luxusuhren, allerdings haben Firmen wie TAG Heu­ er und Montblanc daraufhin die Initiative ergriffen, Uhren mit elek­tronischen Funktionen zu lancieren.

Lösungsansätze für Wettbewerbsfähigkeit Turbulenzen im Luxusmarkt sind aber per se keine schlech­ ten Neuigkeiten, denn die aktuell durchwachsene Marktlage bringt auch Chancen mit sich: Wettbewerbsfähigkeit lohnt sich wieder. Die wachsenden Herausforderungen im Luxus­ markt bedeuten, dass sich nur Unternehmen mit einem pro­ fessionellen, aktiven Management im Wettbewerb langfristig durchsetzen. Schweizer Luxusmarken müssen aus den ver­ gangenen Monaten lernen, jetzt agieren und neue Impulse unmittelbar umsetzen. Von zentraler Bedeutung wird es sein, Lösungen für folgende Herausforderungen im Luxusmarkt zu finden: Marketingprozesse weiter zu digitalisieren und in ein intelligentes Mehrkanalmarketing zu integrieren, Konsum­ verhalten von Millennials besser zu verstehen, Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen, Innovationen in Zeiten von fortschreitender Technologisierung sicherzu­ ­ stellen und das Management der Emerging Markets besser vorauszusehen. Benjamin Berghaus, Leiter des Kompetenzzentrums für Luxusmanagement, Sophie Schüller, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Institut für Marketing der Universität St. Gallen. Vom 24. bis 28. April 2017 findet zum ersten Mal das Intensivseminar ­Competitive Edge in Luxury an der Universität St. Gallen statt.

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12 | Marketing HANDELSZEITUNG | Nr. 43/2016

Peter Schmid Alter 55 Wohnort Buonas Funktion Mitglied der Generaldirektion ­Union Bancaire Privée, UBP Ausbildung Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität St. Gallen

PETER FROMMENWILER

Mitglied im Vorstand der GfM

Was wirkt wirklich?

Marktorientierung Aktuelle Forschung macht deutlich, dass nur eine intelligente Marktorientierung zum Erfolg führt. Ein smarter Ansatz ruht auf sechs Eckpfeilern. CLEMENS KOOB, ANDRE M. SCHMUTTE, SERGE PETIT

M

arktorientierte Unternehmen verstehen die aktuellen und potenziellen Bedürfnisse ihrer Kunden besonders gut und sind daher in der Lage, bessere Angebote als die Mitbewerber zu bieten. Was einfach klingt, erweist sich in der Praxis für viele Unternehmen als schwer. Das zeigt ein Forschungsprojekt der Hochschule für ange­ wandtes Management mit der h&z Unternehmensberatung und der Retail Performance Company, für das im deutsch­ sprachigen Raum über 100 Führungskräfte befragt wurden. Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Wer sich am Markt orientiert, ist erfolgreicher. Der Studie nach bewäl­ tigen marktorientierte Unternehmen wichtige Kernaufgaben des Marketings deutlich besser als weniger marktorientierte Firmen – und sind damit auch unter finanziellen Gesichts­ punkten erfolgreicher. Marktorientierung erklärt 32 Prozent des Umsatzwachstums, 23 Prozent der Profitabilitätssteige­ rung und sogar 37 Prozent des profitablen Umsatzwachstums der in der Studie untersuchten Unternehmen. Worin diese ­finanzielle Erfolgssteigerung begründet liegt, wird ersichtlich, wenn man die Kernaufgaben des Marketings betrachtet. So wird die Innovationskraft von Unternehmen wesentlich von der Marktorientierung beflügelt (33 Prozent). Die Marktorien­ tierung erklärt zudem 39 Prozent des Erfolgs, den die Unter­ nehmen in Sachen Kundengewinnung haben; im Bereich Kundenbindung sind es 22 Prozent.

Drei zentrale Erfolgshebel nutzen Um ein Optimum an Marktorientierung zu erreichen, s­ ollten Unternehmen drei besonders erfolgswirksame Hebel nutzen. Erstens gilt es, kundenzentriert statt finanztaktisch zu investieren. Unternehmen, die das tun, bedienen vorhandene Kundenwünsche besser, antizipieren künftige Bedürfnisse eher, erarbeiten für den Kunden wertvollere Lösungen als der Wettbewerb und können das Kundenverhalten verändern. Un­ ternehmen, die kundenorientierte Investitionsentscheide tref­ fen, verbessern ihr Umsatzwachstum und ihre Profitabilitäts­ entwicklung. Eine um 10 Prozent stärkere Kundenorientierung in diesem Bereich erhöht im Schnitt das Umsatzwachstum um 2,7 Prozent und die Profitabilität um 3,2 Prozent – sowohl ­Kundengewinnung als auch Kundenbindung profitieren.

Zweitens sollten Unternehmen ihre Mitarbeiter kunden­ zentriert bilden und fördern. Mitarbeiter, die Kunden besser verstehen und beraten, erhöhen die Chancen für neue Ge­ schäftsabschlüsse. Kunden können leichter gebunden, Crossund Up-selling-Möglichkeiten besser erkannt und genutzt werden. 10 Prozent höhere Aus- und Weiterbildungsinvestitio­ nen führen zu einer Steigerung der Effektivität der Kunden­ gewinnung um 3,2 Prozent. Sie steigern auch wesentlich die Innovationskraft (+2,7 Prozent). Das macht sich auch finan­ ziell bemerkbar: Marktorientierte Aus- und Weiterbildung wirkt sich positiv auf das Umsatzwachstum aus (+3,5 Prozent). Kundenzentrierte Strukturen und Prozesse sind der dritte Erfolgshebel. Sind sie auf die Markt- und Kundenanforderun­ gen ausgerichtet, erhöht sich die Erfolgswahrscheinlichkeit bei der Akquisition von Kunden. Unternehmen, die sich hier um 10 Prozent verbessern, sind in der Lage, ihre Kunden­ gewinnung um 2,2 Prozent effektiver zu gestalten.

Gängige Fallstricke vermeiden Nicht alle populären Massnahmen der marktorientierten Führung wirken automatisch positiv. Ein erster Trugschluss ist die geläufige Annahme, dass sich Marktforschungsaktivitäten und Managementinstrumente grundsätzlich positiv auswir­ ken. In der Praxis ist eher das Gegenteil der Fall. Unter­nehmen, die ihre Marktforschungsaktivitäten um 10 Prozent intensi­ vieren, bremsen ihr Umsatzwachstum im Schnitt um 2,3 Pro­

Marktorientierung und Erfolg finanziell

32 23

Profitabilitätssteigerung

37

Profitables Wachstum

Clemens Koob, Professor für Marktforschung und strategisches Marketing an der Hochschule für angewandtes Management, Erding, und Managing ­Director, zehnvier, Zürich; Andre M. Schmutte, Professor für marktorientierte Unternehmensführung, Hochschule für angewandtes Management, Erding, und Managing Director, beratendes Institut für Managementkompetenz, München; Serge Petit, Senior Project Leader und Leiter Practice «Vertrieb und Wachstum», h&z Unternehmensberatung, München.

Kundenzentrierte Investitionen

Wie stark die Kennzahlen profitieren (in Prozent) Umsatzwachstum

zent und die Effektivität der Kundengewinnung um 2,1 Pro­ zent. Marketingverantwortliche sollten daher noch stärker ­darauf hinarbeiten, Marktforschung professionell zu betrei­ ben. Das heisst, Marktforschung angemessen zu skalieren, den Fokus auf die Ableitung von Handlungsempfehlungen zu rich­ ten und Marktforschung nicht zur Rechtfertigung getroffener Entscheide, sondern zukunftsgerichtet zu nutzen. Ein zweiter gängiger Fallstrick: Empowerment als ein­ fachen Weg zum Erfolg sehen. Eigenständige Mitarbeiter sind an der Kundenfront leistungsfähiger, so die Hoffnung vieler Führungskräfte. Die Studiendaten zeigen jedoch keine posi­ tiven Einflüsse einer kundenorientierten Autonomie auf ­finanzielle Erfolgsgrössen oder die Marketingeffektivität. Der Grund: Eigenständigkeit der Mitarbeiter im Umgang mit Kun­ den ist nur erfolgreich, wenn sie in sinnvollen Bahnen verläuft. Das Stichwort lautet: «Autonomy through boundaries». Hier zeigt die Praxis Schwächen. An der Schnittstelle zum Kunden benötigen Mitarbeiter stringente Rahmenvorgaben, innerhalb deren sie eigenständig agieren und sich orientieren können.

Entscheide und ihre Auswirkungen (in Prozent)

Marketingkernaufgaben

33

Innovationskraft

39

Kundengewinnung

22

Kundenbindung

Lesebeispiel: Die Marktorientierung erklärt 23 Prozent der Profitabilitätsentwicklung der Unternehmen.

+10 Kundenorientierte statt finanztaktische Investitions­ entscheidungen

finanziell

+2,9

+3,2 +2,7

Marketing

Profitables Wachstum

+3,0

Kunden­ gewinnung

Profitabilitäts­ steigerung

+2,5

Kunden­ bindung

Umsatz­ wachstum

Lesebeispiel: Wird kundenorientiert statt finanztaktisch ­investiert, steigt die Chance auf Kundengewinnung um 3 Prozent. QUELLE: H&Z

QUELLE: H&Z


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14 | Marketing HANDELSZEITUNG | Nr. 43/2016

Kein gutes Erlebnis

Elke Guhl

Customer Experience Monitor 2016 4000 Kunden wurden nach ihren Erlebnissen mit 48 Schweizer Unternehmen befragt. Über fünf ­Branchen betrachtet, hat sich das ­Kundenerlebnis verschlechtert.

Mitglied im Vorstand der GfM

K

undenerlebnisse sammeln sich im Lang­ zeitgedächtnis. Jeder Mensch macht im ­Zusammenhang mit einem Unternehmen unzählige Erfahrungen. Wenn eine Kauf­ entscheidung ansteht, wägt man unwillkür­ lich positive und negative Erlebnisse ab. Da Kunden dasselbe Angebot heute von diver­ sen Anbietern erhalten, unterscheidet nur noch das Kunden­ erlebnis die Anbieter voneinander. Deshalb ist es zentral. Für die repräsentative Studie dazu beantworteten über 4000 Kun­ den von 48 Schweizer Unternehmen Fragen zur Customer ­Experience, zur Weiterempfehlungsbereitschaft und zur Ein­ lösung von Werbeversprechen. Im Vergleich zur ersten Messung 2013 sind die Kunden­ erlebnisse mit Medien, Online-Händlern, Telekommuni­ kationsanbietern, Versicherungen und Banken schlechter ­geworden. Der bisherige Spitzenreiter Nespresso büsste Vor­ sprung ein. Einzelne Unternehmen gewannen entgegen dem Trend. Grösster Gewinner ist ausgerechnet Assura, eine der günstigeren Krankenversicherungen der Schweiz. Umgekehrt hat Salt trotz teurem Rebranding in den Augen der Kunden verloren. Im Bereich Medien war die NZZ, die zuvor das beste Ergebnis unter den Zeitungen gehabt hatte, grösste Verliere­ rin. «Le Nouvelliste» hat dagegen gewonnen.

Das Richtige versprechen Die Analyse der Diskrepanz zwischen den Werbeaussagen der Unternehmen und der erlebten Wirklichkeit der Kunden zeigt, dass insbesondere Sach- und Lebensversicherer mehr liefern, als sie den Kunden versprechen. Natürlich ist es rich­

Vier gewinnt – Customer Experience Design Wer sich jetzt auf die Gestaltung der Erlebnisse seiner ­ unden konzentriert, kann sich abheben. Es empfiehlt sich, K zunächst zu definieren, wie die Markenidentität sein sollte. Dann kann man ein Markenversprechen kommunizieren, ein entsprechendes Markenerlebnis schaffen und die Marken­ wahrnehmung beständig überprüfen. «Vier gewinnt» nennt die Managementberatung dieses vierstufige Modell, das sie ­gemeinsam mit der Universität St. Gallen entwickelt hat. Inner­ halb dieses Prozesses empfehlen sich die Methoden des Custo­ mer Experience Design: Mit Prototypen lassen sich Angebote und Interaktionen auf die Zielgruppe zuschneiden. Man darf nicht alles für alle anbieten, dann passt es für keinen. Customer Journeys in ihrer ganzen Länge erlauben, Schwachpunkte im Erleben des Kunden zu identifizieren und zu verbessern.

Customer Experience macht erfolgreich Der Customer Experience Monitor 2016 hat nach der Aus­ gabe von 2013 bestätigt, dass Kundenerlebnis und Weiter­ empfehlungsrate in direktem Zusammenhang stehen. Wer ­einen Customer Experience Score von 3,7 hat, kommt gleich­ zeitig auf einen NPS von null Prozent. Schafft man es auf die gute «4», steigt der NPS um 20 Prozent. Schon eine Steigerung des NPS um 10 Prozent ist ein anstrebenswertes Ziel. Kunden­ erlebnisse zu verbessern, lohnt sich also schnell. Mitunter ge­ ben Quick Wins, die über Customer Experience Design immer wieder zustandekommen, den Anstoss, ein Unternehmen grundsätzlich kundenfokussiert auszurichten. Ein Projekt, das auf eine Zielgruppe ausgerichtet ist, das über Prototypen mit Kunden getestet wurde und deshalb erfolgreich ist, bewirkt viel für die Unternehmenskultur. Stefan Leuthold, CEO und Partner, Stimmt AG, Zürich. Download Customer Experience Monitor 2016 Booklet: www.stimmt.ch/publikationen

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GfM Marketingpreisträger 2016 www.gfm.ch

Die GfM gratuliert der zum Gewinn des GfM-Marketingpreises 2016.

PETER FROMMENWILER

STEFAN LEUTHOLD

tig, die Erwartungen der Kunden zu übertreffen, aber wenn potenzielle Kunden ein Angebot nicht zur Kenntnis nehmen, dann hat man es mit der Bescheidenheit übertrieben. Hier hilft es nur, die Value-Proposition aus Kundensicht zu über­ arbeiten. Oft wird in der Werbung nicht das angepriesen, was den Kunden wichtig ist.

Alter 48 Wohnort Kilchberg Funktion Chief Marketing Officer Swiss Life Ausbildung Studium der ­Betriebswirtschaftslehre an der Universität Essen


Marketing | 15 HANDELSZEITUNG | Nr. 43/2016

Chancen im Netz

Internet of Things Die allumfassende Vernetzung wird bald Realität. JÜRG STUKER

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Ludovit Szabo

ine der Möglichkeiten der Digitalisierung be­ steht darin, dem Kunden durch gesammelte Daten näher sein zu können, seine indivi­ duellen Wünsche zu identifizieren und perso­ nalisierte Angebote zu entwickeln. Vor allem das Marketing kann, wenn es rechtzeitig die nötigen Kompetenzen aufbaut, einen grossen Mehrwert für den Kunden und damit auch für das Unter­ nehmen bieten. Doch was braucht es, um ein erfolgreiches «Internet of Things (IoT)»-Marketing aufzubauen, und warum ist es so wichtig? Die folgenden Aspekte geben darauf eine ­erste Antwort.

Alter 55 Wohnort Luzern Funktion Managing Director GfK Switzerland Ausbildung Philosophiestudium an der Palacký University Olomouc, Tschechien Mitglied im Vorstand der GfM

Datenkompetenz IoT generiert fortlaufend riesige Datenmengen. Um diese Daten, möglichst in Echtzeit, auszuwerten und aus den Ergeb­ nissen die richtigen Handlungen abzuleiten, müssen nicht nur die notwendigen technischen Voraussetzungen vorhanden sein, sondern auch das entsprechende mathematische und analytische Know-how. Data Scientist ist daher ein Beruf, der im Marketing auf jeden Fall Zukunft hat.

Fokus auf Sicherheit Datensicherheit und Datenschutz spielen eine entschei­ dende Rolle dabei, dem Internet der Dinge zum Durchbruch zu verhelfen respektive dessen Fortschritt zu verhindern. Der Wert der Daten ist für Dritte so hoch, dass man unbedingt ­gegen jegliche Form von Hacker-Angriffen gewappnet sein muss. Zudem versucht der Gesetzgeber, Personen mit immer dichteren Regulierungen zu schützen. So beispielsweise mit der «General Data Protection Regulation» der EU, die am 25. Mai 2018 in Kraft tritt und einheitliche Datenschutzricht­ linien für europäische Unternehmen schafft.

Mut zum Experiment Nicht von jeder Idee lässt sich der Kunde sofort begeistern. Deshalb ist es wichtig, neue Marketingstrategien prototypisch auszuloten und dabei die Nutzer miteinzubeziehen. Schindler etwa hat seine Kunden frühzeitig in die Entwicklung des ­Serviceportals sowie der App involviert, um deren Bedarf zu verstehen. Das Resultat: Die Fahrtreppen und Aufzüge des Schweizer Unternehmens werden nach und nach mit vernetz­ ten Sensoren ausgerüstet, die den Wartungsbedarf prospektiv ermitteln. Eine App hilft den Servicekräften zudem bei der Einsatzplanung, zeigt Bau- und Wartungspläne von Anlagen und ermöglicht das Bestellen von Ersatzteilen unabhängig von Ort und Zeit. Und warum lohnt es sich, jetzt Internet of Things für das Marketing zu nutzen?

Verbesserung der Kundenbeziehung

PETER FROMMENWILER

Durch ein neues, datenbasiertes Kundenverständnis kann das Marketing gezielter und individueller auf den Bedarf der Kunden eingehen – etwa in der Produktkommunikation. Dank der Relevanz für den Empfänger ist die Kommunikation in ­diesem Kontext gewünscht. Tritt beispielsweise ein Servicefall ein, kann die Datenauswertung dabei helfen, dass alle Infor­ mationen zum Produkt zeitgleich verfügbar sind und auf dem richtigen Kanal sofort ein Ausgleichsangebot unterbreitet wird.

Gezielte Verkaufsförderung Dank IoT müssen Kunden nicht einfach das Produkt k­ aufen, das auf Lager ist. Vielmehr werden sie proaktiv in die Produktion integriert und können ihre individuellen Anforde­ rungen einbringen. Das fördert letztlich Kundenbindung und Abverkauf. Ein aktuelles Beispiel ist Trumpf: Das Unter­ nehmen stellt Stanzwerkzeuge nach Kundenwunsch her. ­Kunden suchen sich über den Web-Shop Basiskomponenten für ihr Stanzwerkzeug heraus und können Parameter wie Form und Grösse individuell festlegen. In Zukunft sollen auch die Werkstücke selbst per Laser mit wichtigen Informationen des einzelnen Kunden versehen werden. Das hilft dem Nutzer beim Einbau in die eigene Fertigung.

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Mehr Effizienz durch Synergien Durch das Internet of Things beziehungsweise den damit generierten Datenflüssen werden interne Silos durchlässiger. Mit den relevanten Informationen zur rechten Zeit am rechten Ort bekommt zum Beispiel der Vertrieb aus der Nutzung der Produkte neue Vermarktungsargumente für einen erfolg­ reichen Abschluss an die Hand. Anderseits profitiert das ­Marketing von einer besseren Vernetzung mit der Produktion und dem Service. Das Internet der Dinge birgt für das Marketing ein riesiges Potenzial. Marketingverantwortliche sollten sich jetzt mit dem Thema befassen und in die strategische Planung gehen. Dabei geht es vor allem darum, zunächst eine «vernetzte» Vision für das eigene Unternehmen zu entwickeln und die Möglich­ keiten von IoT auf die eigenen Produkte und Services zu ­übertragen. Jürg Stuker, Partner und CEO, Namics, St. Gallen.

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16 | Marketing HANDELSZEITUNG | Nr. 43/2016

Durchs Gehör mitten ins Herz

Stefan Michel Alter 49 Wohnort Hünenberg See Funktion Marketingprofessor IMD Ausbildung Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Zürich

Sound Branding Was hat Käuferverhalten mit dem Klang einer Marke zu tun? Sehr viel, und als Folge der digitalen Revolution mehr denn je.

Mitglied im Stiftungsrat der GfM

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ie digitale Revolution hat ein Um­ denken in der Markenführung aus­ gelöst – vom rein visuellen hin zum multisensorischen Markenerlebnis. Besonders die Beschäftigung mit dem Gehörsinn kann dabei über­ raschende Vorteile liefern. Auch in Bezug auf die ökonomische Bilanz. Täglich senden Unternehmen Hun­ derte visuelle Botschaften aus, ob TV-Werbung, YouTube-Vi­ deos oder am Point of Sale. Wie eine Marke dabei klingt, das wird kaum einen Verbraucher beschäftigen. Im Käufer­ bewusstsein hat anderes Vorrang: Qualität, Preis, Verläss­ lichkeit, Service. Unterbewusst besteht zwischen der erfolgreichen Vermittlung von Marken­ versprechen und dem gezielt eingesetzten Markenklang jedoch ein unmittelbarer Zusammenhang – eine Erkenntnis, die auch im Marketing von Schweizer Unternehmen eine immer grösser ­ werdende Rolle spielt. «Die Nutzung von Klang als Iden­ tifizierungsmerkmal sowie zur Ver­ mittlung von Markenwerten erhöht den Erfolg unserer Markenkommu­ nikation dramatisch», erklärt Peter Brabeck-Letmathe, Präsident des Ver­ waltungsrates und ehemaliger CEO der Nestlé Group. Der Konzern beschäftigt sich schon seit einiger Zeit mit der audi­ tiven Seite seines Markenportfolios. «Weil Klang eine so wichtige Rolle in der Wahrnehmung der Marke spielt, legen wir sehr grossen Wert darauf», so Brabeck-Letmathe.

Von der Markenidentität zum Musikprofil Die Erwartungen von Kunden an Unternehmen sind hoch, gleichzeitig schwindet die Bereitschaft, Markenversprechen auf traditionellen Kanälen Glauben zu schenken. Wie also ver­ mittelt man seine Marke dem Kunden auch implizit und stärkt das Vertrauen in ein Produkt noch vor der bewussten Kaufent­ scheidung? Diese Frage stellte sich auch die Firma Triumph aus Bad Zurzach. Der weltweit führende Hersteller von Unter­ wäsche entwickelte ein Konzept für seinen Markenklang. «In Abstimmung mit dem Brand-Management haben wir die ­Markenidentität von Triumph archetypisch in ein Musikprofil übersetzt und mit der sogenannten Sound DNA den Kern der auditiven Marke geschaffen», sagt Michele Arnese, CEO und

Gründer von amp. Darauf basierend entstand eine Bibliothek mit verschiedenen Interpretationen der Markenmusik zur ­flexiblen Vertonung von Videos auf digitalen und nicht digita­ len Kanälen. Auf der Grundlage der Sound-DNS wurde zudem ein wiedererkennbares, markenkongruentes Musikkonzept für alle Triumph-Filialen entwickelt. Eine neue Beziehung, die Auswirkungen auf die Verkaufszahlen hat. «Durch das neue Musikkonzept wird die Marke progressiver wahrgenommen als zuvor», erklärt Arnese, «plötzlich werden neue kaufkräftige Kunden auf die Marke aufmerksam.» Der Einsatz von Musik in der Markenführung wird oft mit hohen Kosten ohne finanziellen Nutzen assoziiert – auch weil die Gebühren für zeitlich begrenzte Lizenzierungen von Fremdmusik in die Millionen gehen kön­ nen. Demgegenüber birgt die Investition in eine ganzheitliche, markeneigene SoundStrategie viele Vorteile: Sie ist kosten­ günstiger, erhöht die Markenkennung und schafft langfristig Markenwert. Das wird auch immer mehr Mar­ kenmanagern bewusst. «Der rich­ tige Klang kann die Qualität und die Wirkung meiner Arbeit auch in wirtschaftlicher Hinsicht immens fördern», weiss Monika Schulze, CMO der Zurich Insurance Group. Auch Silvio Santini, Head of Group Brand Management von Unicredit, kann das bestätigen: «96 Prozent der potenziellen Kunden erinnern sich an Marken mit markenkongruenter Musik.» Unicredit liess sich von amp im vergangenen Jahr eine umfassende Sound-Identität entwickeln, die das Unicredit-Mantra «Real Life Banking» klanglich übersetzt und so die Marke dem Kunden nahbar macht. Die Entschei­ dung für das Sound-Branding spart der in 17 Ländern aktiven Bank mittlerweile enorme Kosten ein, so Santini. Eine ergebnisorientierte Beschäftigung mit dem Marken­ klang, die längst mehr als ein blosses Sound-Logo umfasst. Es gibt mittlerweile viele auditive Berührungspunkte zwischen Marke und Verbraucher: Verschiedene Apps, die Telefon­ schleife beim Kundenservice, die Musik am Point of Sale, ­Videos in den sozialen Medien, TV-Werbung und vieles mehr. Gerade bei Unternehmen mit einem Fokus auf Innovation und Kundennähe ist deshalb das Interesse an strategischen Soundkonzepten in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Clemens Fachinger, Account Director Switzerland, amp GmbH Schweiz, Richterswil.

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Marketing | 17 HANDELSZEITUNG | Nr. 43/2016

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Markenentwicklung Kosten- und Preisdruck, die Welt ein einziger ­Marktplatz. Und mittendrin die Digitalisierung.

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en Preis nicht wert, viel Fassade, unredliches Verhalten – der VW-DieselSkandal ist ein aktueller und prominenter Ausdruck dieser Entwicklung. Die Konsumentensicht bringt ein weiteres Fragezeichen auf den Tisch: Das Misstrauen gegenüber Markenunternehmen. Unternehmen sind mit anderen Worten umfassend herausgefordert. Die Antwort darauf im Buch «Marken für Menschen» darauf lautet: Wer sein Unternehmen als Ganzes auf Menschen ausrichtet, gewinnt ihr Vertrauen und dringt auf dem Markt durch. Die dafür zentrale Achse lautet «Leistungsdifferenzierung – Leistungskommunikation – Leistungspreis».

PETER FROMMENWILER

Differenzierende Leistung im Zentrum Menschen suchen starke Emotionen und wollen sich mit Besonderem verbinden. Die Bewunderung Federers oder der renommierten Architekten Herzog und de Meuron ist exemplarisch. Ausrichtung auf den Menschen bedeutet für Unternehmen deshalb, auf differenzierende Leistung zu setzen. Differenz ist dabei nicht gleich USP. Es ist die Summe kleiner Leistungsunterschiede, die die Kundschaft bindet. Und was, wenn nicht die eigene überzeugende Differenz, kann den Unterschied in einem durch die Digitalisierung grösser werdenden Marktplatz machen? Die Stanserhorn-Bahn (auch Cabrio-Bahn) illustriert die zentrale Bedeutung von Leistung. Als die Konzession auslief, galt es, eine zukunftsfähige Bahn zu kreieren. Die weltweit erste Luftseilbahn mit Oberdeck und freier Aussicht war die Lösung. Auch sonst wird auf dem Stanserhorn Aussergewöhn­ liches geleistet – von der Buchung über den Gästebetreuer in der Bahn, den Wander-Rangern, bis hin zum neuen kulinarischen Angebot im Panoramarestaurant. Die positive Entwicklung bei Gästezahlen und Bewertungen spiegeln den Leistungsfokus – auch die Tatsache, dass Leistung Emotion ist, nicht etwas dazu Paralleles. Dort, wo Menschen nahe dran sind, haben sie eine feine Wahrnehmung. Das Schmecken des erhöhten Salzgehalts im Lieblingsgericht oder das Bemerken der sich leicht geänderten Sohle eines Laufschuhs sind Belege dafür. Mit feiner Wahrnehmung verfolgt die Kundschaft aus diesem Grund auch die Kommunikation. Ausrichten auf den Menschen bedeutet für Unternehmen deshalb, die feinen Leistungsunterschiede auch in der Kommunikation nach vorne zu rücken – und so für die eigenen besonderen Leistungen den Markt zu machen. Erfolgreiche Leistungskommunikation spricht die Besonderheit der Leistungen direkt, fassbar und konkret an; sie er-

schliesst die Leistungstiefe, indem sie den Blick auf die gros­ sen Anstrengungen hinter besonderen Leistungen richtet. Dieser Ansatz unterscheidet sich grundsätzlich von der heute weitverbreiteten emotionalen Kommunikation, gekennzeichnet durch austauschbaren Botschafte und Bildwelten. Fleischmann Immobilien vermittelt als führendes Makler­ unternehmen Liegenschaften im Kanton Thurgau. Das Unternehmen reagierte im Vorjahr auf die neuen OnlineImmobi­ lienplattformen und lancierte eine Kommunika­ tionskampagne. Als zentrale Botschaft wurden die über 250 Arbeitsschritte vermittelt und konkret dargestellt, mittels derer Fleischmann Immobilien für Seriosität und Berechen­ barkeit bei jeder Immobilienvermittlung sorgt. Damit wurde in der potenziellen Kundschaft das Bewusstsein für die Ri­siken geschaffen, die mit einer Immobilientransaktion verbunden sind, und damit das für das Geschäftsmodell notwendige Gegenbild zur Online-Welt gezeichnet, die vorgibt, dass sich die Transaktion einfach und fast kostenlos mit ein paar Klicks abwickeln liesse.

Den notwendigen Preis durchsetzen Menschen speichern Eindrücke fortwährend. Dies schafft die Voraussetzung dafür, der Kundschaft eine Preispolitik erklären zu können. Ist ein Preis mit den Aktivitäten, die hinter der besonderen Leistung stehen und den Kunden bekannt sind, verknüpft, wird er auch bezahlt. Ausrichten auf den Menschen bedeutet somit leistungsbasierte Preise. Ein Blick in die vom digitalen Trend nicht unberührte Schweizer ­Uhrenindustrie ist illustrativ. Breitling ist es – auch mit Leistungskommunikation – gelungen, ihre Preise Hand in Hand mit dem Leistungsausbau wie selbst hergestellten Werken oder 100-Prozent-Chronographen-Zertifizierung über das gesamte Segment im letzten Jahrzehnt zu erhöhen. Leistungsbasierte Preise sind zentral, wenn die notwendigen Investitionen in die Leistung bereitgestellet werden sollen. Die gewählte Preispolitik ermöglichte Breitling die heutige Positionierung als «die Uhr für Piloten» konsequent zu stärken. Stanserhorn-Bahn, Fleischmann Immobilien, Breitling – alle zeigen Wege auf, wie man den heutigen Herausforderungen begegnen kann, wenn man Unternehmen als Ganzes auf den Menschen ausrichtet, indem Leistung zur zentralen Achse in Entwicklung, Kommunikation und Preisfest­legung wird. Thomas Harder, Gründer, und Nicolas Wüthrich, Partner, Swiss Brand ­Experts, Zürich. «Marken für Menschen» ist im Zürcher Versus Verlag erschienen und über den Buchhandel und www.swissbrandexperts.ch beziehbar.

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Banken machen viel – zu wenig Studie «Emotionen» lautet das Passwort zur Differenzierung im Retail-Banking. Den Schweizer Banken ist dies bewusst, aber mit der Umsetzung hapert es noch. PHILIPP ZUTT, DONATO VIRGILIO

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ie Schweizer Banken sind bemüht, ihr Retail-Banking zu verändern. Die Branche ist im Umbruch: Austauschbare Produkte sowie die auch von den Banken vorangetriebene Digitalisierung führen dazu, dass die Kundschaft in den Filialen mehr und mehr fehlt. Die Banken setzen für die verbleibenden Standorte auf neue Filialkonzepte mit unterschiedlichsten Strategien, die alle dasselbe Ziel verfolgen: Den Kunden einen emotionalen Mehrwert bieten. Doch genau bei der Schaffung emotionalisierender Erlebnisse ist das Potenzial noch riesig. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle mit dem EmoCompass (siehe Kasten) durch­ geführte Neuromarketing-Studie. Untersucht wurden im Austausch mit dem Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ die unausgesprochenen Emotionen von 1002 Personen zu den sieben grössten Retail-Banken in der Deutschschweiz. Bewertet wurde nach den fünf relevantesten emotionalen Kriterien:

1. Überhaupt Emotionen auslösen Unabhängig von der Art der ausgelösten Empfindungen gibt es bezüglich Emotionsmenge im Schweizer Retail-Banking heute zwei Sieger, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Postfinance und UBS. Ein Hauptfaktor dabei ist das sogenannte Multisensual Enhancement: Der emotionale Eindruck beim Kunden steigt exponentiell, je mehr Sinne gleichzeitig und geschickt miteinander verknüpft angesprochen werden.

2. Klare Profilierung gesucht Neben einer hohen Emotionsmenge gilt es, ein klares e­ motionales Profil beim Zielpublikum zu zeigen. Wer gezielt bestimmte Empfindungsbereiche verstärkt anspricht und ­ ­dafür andere weniger oder ganz weglässt, ermöglicht dem Hirn der Kunden eine raschere Erkennung und eine Unterscheidung von Mitbewerbern.

3. Seine Marke in den Filialen leben Nur wenn jeder Touchpoint auf ein und dasselbe Markenkonto einzahlt, wenn jeder Kontaktpunkt innerhalb der Kundenreise im Gesamtkontext immer die gleichen Grundemp-

Bankfilialen-Gesamtranking

Sieger ist Postfinance, aber es gibt noch Luft nach oben Maximal erreichbare Punkte 35 Postfinance 25 UBS 22 Raiffeisen 20 Basler Kantonalbank 20 Zürcher Kantonalbank 19

findungen auslöst, wird das Kundenerlebnis stimmig. Vergleichbar mit einem roten Emotionsfaden, der im Kundenhirn für Überzeugung und positive Impulse sorgt. Wenn die Filiale also dieselben emotionalen Werte wie die Marke selbst vermittelt, steigt die Chance, begehrt zu werden. Diese Chance wird nur von wenigen Banken genutzt. Den Markenemotionen, die sich eben nicht im reinen Wiederholen der Logofarben beim Mobiliar erschöpfen, wird entweder zu wenig Bedeutung geschenkt, oder aber die Filialen sind Teil eines Weges, den der Brand noch nicht nachvollzogen hat.

4. Swissness und Vertrauen sind wichtig

Migros Bank 17 Credit Suisse 15 QUELLE: ZUTT & PARTNER

Methodologie Qualitative EmoCompass-Befragung Emotionen Die Resultate basieren auf einer qualitativen EmoCompass-Befragung vom September 2016 von Zutt & Partner. Analysiert wurden die ermittelten Gemütsbewegungen von 1002 Teilnehmenden aus der Deutschschweiz. Die Befragung erfolgte in online geführten Einzelinterviews – komplett nonverbal über neuropsychologisch ­codierte Muster. Die Arbeit mit abstrakten Farben und ­Formen ermöglicht das Erschliessen der Emotionen auf tiefem individuellem Assoziationslevel, fast unter Ausschluss von Kognition und von reinen Likes und Dislikes. Es werden für die Methodologie die Erkenntnisse aus der Neurologie sowie Fuzzy Logic genutzt. Links und Leserangebot Mehr Hintergrundinformationen zur Methodologie gibt es unter www.zutt.ch. Mehr Resul­ tate, ein Experteninterview und eine Kolumne sowie die ­Möglichkeit, die komplette Studie zu bestellen, mit Detailauswertungen, konkreten emotionalen Gaps pro Bank, ­Vertiefungen zu den Themen persönliche vs. digitale Bank, ­Swissness und Vertrauen, Hypobank vs. Anlagebank sowie Finanzplatz Schweiz vs. Versicherungen inklusive Moodboards, gibt es unter www.globalemotionsforum. com ­(Rabattcode für «Handelszeitung»-Leser: CODE).

Je näher eine Bank an die wirklichen Wunschemotionen der Kunden herankommt, desto grösser ist die Erfolgschance. Dieses Wunschbauchgefühl wurde einerseits als «perfekte persönliche Bank», anderseits als «perfekte digitale Bank» ­eruiert. In der Summe treffen sie interessanterweise ziemlich exakt den ebenfalls eruierten Wunsch einer «perfekten Bank» schlechthin – die Menschen wünschen sich also für die ­Zukunft einen emotionalen Mix aus digital und persönlich.

5. Digital-Filiale mit Profil Das Wunschbauchgefühl der Bankkunden für die «perfekte digitale Bank» kann folgendermassen charakterisiert werden: Oberflächlich, schnelllebig, offen und zum Sharen da. Man kann diese Gefühle unter den Stichworten «Treffpunkt» und «Community» zusammenfassen. Basierend auf den vorgestellten fünf Kriterien wurde ein ­Gesamtranking erstellt. Dieses zeigt dreierlei: • Keine der untersuchten Banken kann sich klar von der Gruppe als Ganzem abheben. •  Der Unterschied zwischen erst- und letztplatzierter Bank ist immerhin bemerkenswert, es gibt offensichtlich Unternehmen, die mehr, und andere, die weniger von der Emotions­ profilierung verstehen. •  Der Gap von der bestplatzierten Bankfiliale zur möglichen Gesamtpunktzahl und damit das Potenzial in Sachen perfekte Filialen-Emotionalisierung ist in der Branche noch sehr gross. Philipp Zutt, Managing Partner, Zutt & Partner AG, Wolfhausen ZH, Dozent für Neuromarketing an verschiedenen Hochschulen; Donato Virgilio, Projektleiter Zutt & Partner AG, Dozent an der Swiss Marketing Academy.


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Bayer & Basel Als modernes Unternehmen sind wir stolz darauf, verschiedene Sprachen, Kulturen und Nationalitäten in unserem vielfältigen Team zu vereinen. Gleichzeitig schätzen wir die individuellen Stärken unserer engagierten Mitarbeiter und bieten ein persönliches Arbeitsumfeld, das von guter Zusammenarbeit geprägt ist. www.basel.bayer.com

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20 | Marketing HANDELSZEITUNG | Nr. 43/2016

Marcus Schögel Alter 49 Wohnort Zürich Funktion Direktor Institut für Marketing an der Universität St. Gallen Ausbildung Studium der Betriebswirtschaftslehre an der TU Berlin und der Freien Universität

PETER FROMMENWILER

Mitglied im Stiftungsrat der GfM

Super-CMO in digitalen Zeiten

CMO Der Super-Chief-Marketing-Officer und sein Team sind der Dreh- und Angelpunkt der Digitalisierung im Business-to-Consumer-Bereich. GUIDO STILLHARD

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as Marketing hat die beste Ausgangslage, um die neu entstehenden digitalen Ökosysteme aus einer Vielzahl an Kanälen und Kontaktmöglichkeiten ­heraus online und offline zu bewirtschaften, die Übersicht darüber zu behalten und diese zu gestalten und zu steuern. Dies gilt speziell in Business-to-Consumer-Organisationen. Die Digitalisierung verschafft dem CMO, dem Chief Marketing Officer, beste Voraussetzungen, um mittels ­einer wirksamen und effizienten Kundenkommunika­ tion und -interaktion den Geschäftserfolg zu prägen. Der Job an der Spitze des Marketings verändert sich dadurch grundlegend und entsprechend verändern sich auch die Ansprüche. Die Marketingleiterin, der Marketingleiter werden zum «Super-CMO». Entfalten kann der Super-CMO seine Wirkung allerdings erst, wenn der CEO die Weichen dafür stellt.

Ist das Marketing bereit? Marketingabteilungen können viel mehr Führungsarbeit leisten, um den digitalen Wandel voranzutreiben. Die Voraussetzung dafür sind auch in der digitalen Welt kreative, neugierige Menschen und eine Organisation, die Talente fördert und befähigt. Am Beginn der erfolgreichen Veränderung stehen Know-how und Kreativität: Verständnis der Chancen, die die Digitalisierung bei den individuellen Kunden bietet, Kreativität bei der Suche nach Lösungen und der Schaffung von Content und das Know-how, diese Lösungen wirksam umzusetzen. Für viele Unternehmen und ihre Marketingchefs stand bisher die Kreation im Zentrum. Finanz und Controlling waren Supportaufgaben. Betreffend Techno­ logie oder IT hat man sich gerne auf den CIO-Bereich verlassen. In der digitalen Welt gewinnen Daten und IT massiv an Bedeutung. Marketing bleibt kreativ, kann sich aber den neuen Anforderungen nicht verschliessen. Der Content schafft Differenzierung und Erlebnisse, die Kunden begeistern. Wer dies erreichen will, muss das ganze Spektrum an Aufgaben beherrschen. Dafür braucht es kluge, kreative Köpfe mit Digital-Skills. Sind Wissen, Kreativität und Know-how betreffend Imple-

mentierung vorhanden, braucht es eine Organisation, um die Ideen zu schaffen und diese dann umzusetzen. Fest steht, dass bestehende Strukturen dafür oftmals ­ungeeignet sind. Deshalb müssen die Legacy-Struk­ turen überprüft und falls nötig aufgebrochen werden. Unternehmen erkennen heute, dass sie den neuen Anforderungen zu lange mit angestammten Strukturen gerecht werden wollten und nun mit der Entwicklung nicht mithalten können. Die Marketingabteilung wird im B2C-Sektor der Dreh- und Angelpunkt dieser Transformation. Tradi­ tionell sind Marketingabteilungen nach eher starren, analogen Kanälen organisiert und durch die dadurch herausgebildeten «Silostrukturen» geprägt. Im Zentrum von Digital Marketing stehen Daten. Daten sind nun wichtiger als Marktsegmente. Ein vor kurzem noch ­ungeahnter Reichtum an Daten zu Kunden steht heute zur Verfügung. Digital Data und die Flexibilität der Kanäle ermöglichen dadurch ganz neue Kombinationen. Sie verlangen Zusammenarbeit hinsichtlich Kreativität, Technologie und Controlling quer über alle Touchpoints. Big Data wird zum entscheidenden Marketingthema. Es wäre fatal, wenn der CMO das umfas­ sende Wissen über den Kunden und dessen Wünsche sowie die Touch-Points zur Interaktion mit dem Kunden dem IT-Departement überliesse oder delegierte. Trotz offensichtlichem Handlungsbedarf sind die ­Reaktionen auf die Notwendigkeit der Integration von IT/Datenanalysen und Marketing/Kreation noch sehr zaghaft. Oft werden dafür zwischen der IT-Abteilung und der Marketingabteilung neue Spezialabteilungen gebildet. Die Unternehmen sammeln dadurch zwar digitale Expertise. Die bleibt jedoch isoliert neben dem eigent­ lichen Stammgeschäft – mit dem Ergebnis, dass der klassische und der digitale Bereich nebeneinander geführt werden und nicht wirklich zusammen funktionieren. Diese Haltung zeigt sich auch in aktuellen Umfragen: Gemäss Adobe und Econsultancy gilt für 90 Prozent der Befragten der entsprechenden Umfrage datenge­ steuertes Marketing als Priorität. Und das Internet der Dinge gehört gemäss derselben Umfrage für nur 6 Prozent zu einer Priorität für 2016. Wie kann es gelingen, beide Bereiche zusammen­ zuführen, um ein digital handelndes Unternehmen zu schaffen? Entscheidend ist, dass die Geschäftsleitung

die Digitalisierung ins Unternehmen trägt, die nötigen Strukturveränderungen vorantreibt und damit den ­Talenten Möglichkeiten bietet, sie zu gestalten. Weil die Welt und darin die Konsumenten digital sind, müssen Marketingstrategie und Markenerlebnis digital konzipiert sein. Das ist keine Frage von Wachstum, Produk­ tivität oder Effizienz in einem alten Paradigma, sondern schlicht eine Frage des wirtschaftlichen Erfolgs in der neuen digitalen Welt. Wie kann der C-Level sicherstellen, dass das Unternehmen digital agiert? Wie müssen interne Kommunikationsprozesse aufeinander abgestimmt, einzelne ­Abteilungen miteinander vernetzt sein? Letztlich geht es im B2C-Bereich darum, die neue Beziehung zum digi­ talen Kunden zu gestalten und zu nutzen; darauf aufbauend werden die klassischen Geschäftsziele in Ziele für die digitale Geschäftstätigkeit übersetzt. Es werden Kennzahlen definiert, gemessen und kontrolliert. Ein Vorteil der digitalen Welt ist, dass sie viele Daten liefert, mit deren Hilfe man den Erfolg messen und steuern kann. Ein Unternehmen agiert dann digital, wenn es Technologie nutzt, um den Kunden zu verstehen und seine Erwartungen wirksam und effizient zu erfüllen. Diese Entwicklungen zu vollziehen ist eine organisatorische Herkules-Aufgabe und kann nicht alleine, auch nicht von einem Super-CMO, gestemmt werden. Für die Durchsetzung und Erfüllung einer erfolgreichen digi­ talen Transformation braucht es ein Super-CMO-Team. Es muss durch kombinierte Fähigkeiten aus Kreation, Technologie, Marketing und Controlling überzeugen.

Warum werden Super-CMO verlangt? In B2C-Märkten wird die Digitalisierung einen direkten Einfluss auf die Touchpoints mit dem Endkunden haben. Das heisst, dass sich der Erfolg von Digitali­ sierungsprojekten immer an der Aufnahme-Conversion bei den Endkunden zu messen hat. Das führt zum ­Anfang zurück: Das Marketing hat die beste Ausgangs­ lage, um die digitalen Ökosysteme aus einer Vielzahl an Kanälen und Kontaktmöglichkeiten heraus online und offline zu bewirtschaften, um die Übersicht darüber zu behalten und um diese zu gestalten und zu steuern. Guido Stillhard, CEO, JLS Digital, Luzern.

Das Super-CMO-Team Data-Treasurer Hat Zugang zu sehr vielen relevanten Daten. Er bewirtschaftet Daten als strategisches Asset eines Unter­ nehmens aktiv, sichert deren Rendite und stellt einen verantwortungsvollen Umgang mit den Daten sicher. Analysiert Daten, kennt Kunden, Produkte, Dienstleistungen. Er verknüpft dieses Wissen und kann es in erfolgreich genutzte Information und ­Insights übersetzen. Channel-Navigator Kennt die technischen Möglichkeiten j­edes Kanals, die Wirkung und die Leute, die ihn konsumieren. Weiss, wie man jeden Kanal wirksam be­ spielt. Entwickelt das Kanalspektrum weiter. Creative-Hunter Sucht in der ­digitalen Welt nach Ideen und schafft daraus Inhalte, die das Unternehmen erlebbar machen. POS-Specialist Versteht, wie der POS funktioniert. Steht mit einem Bein in der alten Welt, um das wertvolle Wissen zu be­ wahren, und mit einem Bein in der neuen digitalen Welt und ist dadurch eine unent­ behrliche Stütze für den Super-CMO. Super-CMO Kennt alte und neue Welt. Versteht Technolo­ gie, den Kunden aber noch bes­ ser. Weiss, wie die beste kreative ­Lösung aussieht und verfügt über um­ fassendes Wissen und Informationen, um die wirksamste Lösung zu wählen. Vor ­allem setzt er auf Wissensaustausch.


27. GfM Marketing-Trend-Tagung MARKETING-AGILITÄT

22. März 2017 von 9 bis 17 Uhr The Dolder Grand in Zürich

Referenten Prof. Jörg Niessing, Michael Schrage, Michel Péclard, Fabian Plüss, Stefan Baumann, Carmen Spielmann, Rafael Horzon, Roland Smart, Prof. Wolfgang Jenewein, Philipp Riederle Tagungsgebühr 690 Fr. für GfM-Mitglieder 890 Fr. für Nicht-GfM-Mitglieder Weitere Informationen und Anmeldung: www.marketing-trend-tagung.ch


22 | Marketing HANDELSZEITUNG | Nr. 43/2016

Marco Taborelli Alter 55 Wohnort Wilen Funktion Verwaltungsratspräsident Thurella Ausbildung Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Zürich

PETER FROMMENWILER

Mitglied im Stiftungsrat der GfM

Die Zukunft nicht verbauen

Digitale Transformation Wir müssen uns aktiv und mutig mit ihr auseinandersetzen, um die sich bietenden Chancen zu nutzen. RUEDI NOSER

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ie Digitalisierung hat viele Ge­ sichter. Sie durchdringt sämt­ liche Lebensbereiche und ver­ ändert tradierte Strukturen und Prozesse in Wirtschaft und Ge­ sellschaft. Dies erfordert auch ein Umdenken in der Politik. Der Wahlkampf etwa ist nicht mehr derselbe wie noch vor zehn Jahren. Soziale Medien, damals noch kein Thema, spielen jetzt eine wesentliche Rolle in der Kommunikation. Die Reichweiten sind dabei ähnlich denen einer Regio­ nalzeitung vor 20 Jahren – und das kostenfrei. Ihr Einsatz ermöglicht gezielte Werbung und schnelle Reaktionen. Dennoch: Mit sozialen Medien allein gewinnt man keinen Wahlkampf. Sie sind lediglich ein hilfreiches «Add-on», denn sie ersetzen nicht den persönlichen Kontakt, den Händedruck oder das direkte Gespräch mit den Wählern. Traditionelle Kanäle sind nicht zu unterschätzen, gerade wenn man das Durchschnittsalter der Wählerschaft von 65 Jahren bedenkt, die sich grossenteils noch über Radio und Fernsehen orientiert. Zudem: Grosse Risiken ergeben sich durch den unbedachten Einsatz von sozialen Medien. Seriöse Politiker sollten nur über politisch relevante ­Themen informieren und Tweets stets gegenchecken ­lassen.

Daten, das Gold der Zukunft Eine bahnbrechende Veränderung durch die Digitali­ sierung ist die grosse Datenmenge, welche die Art und Weise, wie wir ein Produkt auf den Markt bringen, revolu­ tioniert. Die Schweizerische Post, die SBB, Coop und ­Migros sammeln höchst wertvolle Daten, die marketing­ technisch ganz gezielt und spezifisch eingesetzt werden können. Nehmen wir die SBB-App als Beispiel: Idealer­ weise erhalte ich Werbung im direkten Zusammenhang mit meiner Destination, beispielsweise zu regionalen Spezialitäten, Restaurants oder Aktivitäten. Dass die ­Bewegungsdaten der SBB nicht genutzt werden dürfen, ist nicht richtig. Wenn Daten das Gold der Zukunft sind, kann es sich die Schweiz nicht leisten, sie nicht zu nutzen. Dadurch verpassen wir die Chancen der Digitalisierung. Die digitale Transformation erfordert ein radikales Umdenken und den Blick in die Zukunft. In der Schweiz

BEWEGTBILDER

Das neue Zeitalter JASMIN FAROUQ UND MARCUS SCHÖGEL

gibt es eine Lobby, die sich für digitale Angelegenheiten einsetzt. Dennoch werden die Chancen der Digitalisie­ rung in der Politik viel zu oft nicht gesehen. Dahinter steckt die Natur der Politik, die sich meist für den risiko­ armen Status quo einsetzt und sich kaum je für die ­Zukunft starkmacht. Zudem melden sich mehrheitlich die potenziellen Verlierer dieser Entwicklungen zu Wort, wohingegen diejenigen, welche die Chancen der Digita­ lisierung ergreifen und damit Erfolg haben, nicht sichtbar sind. Während Uber das traditionelle Taxigewerbe ­aufmischt, beschwert sich der Taxifahrer über sinkende Umsätze. Dies ergibt ein einseitiges Bild und macht Chancen nicht sichtbar.

Heute haben wir es mit neuen Arbeitsmodellen und abgeschwächten Hierarchien zu tun. Sich selbstständig zu machen, ist deutlich einfacher als noch vor 50 Jahren. Die Arbeitgeber sind gefordert, ihre Attraktivität gegen­ über Angestellten unter Beweis zu stellen, um diese langfristig halten und motivieren zu können. Eine patro­ nale Haltung schafft kein fruchtbares Klima für Innova­ tionen. Mit diesen neuen Gegebenheiten muss sich auch die politische Diskussion auseinandersetzen. Ein Beispiel hierfür ist die Regelung der Zeiterfassung: Die Flexibilisierung der Arbeitszeit ist mit der Digitalisie­ rung noch einfacher geworden; wir sind nicht mehr auf fixe Bürozeiten angewiesen, sondern haben die Mög­ lichkeit, mobil und zeitlich ungebunden zu arbeiten und zu kommunizieren. Diese Flexibilisierung gibt dem ­Arbeitnehmer mehr Freiheiten, den Arbeitsplan an ­eigenen Bedürfnissen auszurichten und Job und Freizeit aufeinander abzustimmen. Damit die Politik der Zukunft nicht im Wege steht, ist es wichtig, dass sie sich in manchen Angelegenheiten zurückhält und nicht versucht, das Steuer zu überneh­ men. Nur so können die Vorteile der Digitalisierung ­genutzt werden, und nur dadurch kann sich die Schweiz ­be­züglich Innovation und Wirtschaftskraft langfristig im inter­nationalen Wettkampf in den vordersten Rängen behaupten.

Der Konsum von Videos in sozialen Netzwerken steigt, und die digitalen Plattformen reagieren mit neuen Funktionen. Mittlerweile wird die Entwicklung im Bewegtbildsegment von allen Seiten getrieben. Ob nun Netflix oder YouTube mit seinen Multi-Channel-Netzwerken – Online-Videos haben viel Bewegung in die Kommunikation gebracht. Neben Face­ book widmen sich Google und viele andere Medienunter­ nehmen intensiv dem digitalen Bewegtbild. Verschiedene Studien zeigen, dass mehr als die Hälfte der Unternehmen bereits das Medium nutzen – eine Zahl, die ­voraussichtlich grösser wird. Das Marktforschungsinstitut Nielsen behauptet, dass 64 Prozent der Marketingverantwort­ lichen erwarten, Bewegtbild werde in naher Zukunft ihre Kommunikationsstrategie dominieren. Bei der Vielfalt an ­Video-Plattformen liegt für Unternehmen die Herausforde­ rung im Management von Online-Videos vor allem darin, den richtigen Inhalt für die jeweilige Plattform zu finden. Die Orchestrierung der Videos in der Medienlandschaft wird zu­ sehends komplexer und die Anpassung des Mediums an ­Kanal und Plattform wichtiger. Da zum jetzigen Zeitpunkt häufig keine Corporate Guidelines für Bewegtbildformate existieren, gilt es für Unternehmen, potenziell relevante und passende Bewegtbildformate zu identifizieren und sie gezielt einzusetzen. Auch der Umgang mit benutzergenerierten In­ halten, die zurzeit den grössten Anteil der Online-Videos aus­ machen, und die Zusammenarbeit mit Social Influencern muss von vielen Unternehmen noch gelernt werden. Für die Kommunikationsarbeit von Unternehmen stellt die Geschwindigkeit, mit der sich die mediale Umwelt ändert, eine Herausforderung dar. Im gegenwärtigen Kampf um Zu­ schauer müssen Unternehmen Kenntnisse über die Unter­ schiede der Gestaltungsarten und Erzählweisen von Bewegt­ bildern erwerben: Fähigkeiten müssen aufgebaut werden, um sich mit der sich stets verändernden Medienlandschaft auseinandersetzen zu können. Bewegtbild kann als neuer Layer der Kommunikation verstanden werden und die Me­ thoden des Einsatzes gilt es zu verstehen und anzuwenden. Um auch in Zukunft im Wettbewerb um Aufmerksamkeit zu bestehen, benötigen Unternehmen einen neuen Zugang zum Thema. Sie müssen Bewegtbildformate schaffen, die ihre Kunden in der Informationsflut erreichen und gleich­ zeitig einen Mehrwert bieten können.

Ruedi Noser, Präsident ICTswitzerland, Ständerat und Inhaber der ­Noser Group, Zürich.

Jasmin Farouq, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, und Prof. Dr. Marcus Schögel, Titularprofessor und Direktor, Institut für Marketing, Universität St. Gallen.

Freiheiten schaffen und bewahren


«Die Zukunft lässt sich nicht mit der Perspektive der Vergangenheit bewältigen.» Morten Hannesbo, CEO AMAG

Innovation und Fortschritt bewegen nicht nur die Automobilindustrie. Auch die Schweizer Medien- und Werbelandschaft profitiert vom technologischen Wandel. Und damit von den vielen Möglichkeiten, welche Admeira bietet. Mit dem TV-, Radio-, Print- und Digital-Medienportfolio erzielt Admeira eine crossmediale Gesamtreichweite von rund 95%*. Und erreicht damit Menschen dort, wo sie wirklich sind. Im Zug, vor dem Fernseher, im Web oder überall gleichzeitig. Admeira – Neue Perspektiven für Ihren Erfolg. www.admeira.ch *Quelle: MedienKonsumstudie 2016


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