Skippers motor 9 de

Page 1


skippers Motor

Wood & Boat:

Die einzigartige Restaurierung eines

Chris Craft Silver Arrow

Der umfassendste Kauf-Ratgeber auf dem Markt

10 Tipps für den Kauf eines Occasionsbootes

Törn: Mit einem Powerkat durch die BVI

Trend: Wake- und Surffoilen für alle?

Tradition: Ein 120-jähriger Oldtimer elektrisch unterwegs

Mit Vollgas voraus!

In den acht Jahren seit der Erstausgabe hat Skippers Motor über unzählige Themen berichtet. Letztes Jahr haben wir das Scheinwerferlicht auf einen in jeder Hinsicht unkonventionellen Bootsbauer gerichtet. Auguste Lépine, der Gründer und Geschäftsführer von Wood & Boat, war gerade dabei, einen Boesch 650 modern zu interpretieren, und hatte für uns viele spannende Anekdoten auf Lager. Jetzt hat er erneut in seiner Schatzkiste gestöbert und weitere fantastische Geschichten zutage gefördert. Da sie unmöglich in ein Heft gepasst hätten, können Sie in der Titelstory den zweiten Act seiner Erzählungen nachlesen. Diesmal berichtet er über einen Chris Craft Silver Arrow Baujahr 1959, der dank der kunstvollen Massarbeit der Werftteams originalgetreu restauriert wurde.

Unser Reporter Emmanuel van Deth nimmt uns mit auf einen exklusiven Törn in den Britischen Jungferninseln mit einem Powerkat. Motorbetriebene Multis punkten immer häufiger durch Innovation, weshalb auch dieses Thema auf den folgenden Seiten eine wichtige Rolle spielt. In einer Zeit, in der mit Hochdruck nach Alternativen zu fossilen Brennstoffen geforscht wird, zeigen wir Ihnen, was auf diesem Gebiet jetzt schon alles möglich ist. In sportlicher Hinsicht innovativ ist das Wake- und Surffoilen. Es steht momentan hoch im Kurs und lockt immer mehr Foilverrückte auf die Heckwellen der Motorboote. Nicht zuletzt ist Skippers Motor eine Fundgrube für wertvolle Tipps – zum einen dank des traditionellen Kauf-Ratgebers, zum anderen dank der sachkundigen Empfehlungen des Fachjournalisten Dominique Salandre, der weiss, worauf beim Kauf eines Occasionsbootes zu achten ist. Lassen Sie uns weiterhin gemeinsam träumen und schöne Geschichten über den Wassersport schreiben – egal, ob unter Segeln oder mit Motor.

Folgen Sie uns auf facebook, Youtube und skippers.ch!

Auf instagram finden Sie uns unter skippersmagazine.

S.

TITELSTORY

Sebastien Aubord
Sinan Saral

Wood & Boat

Mit Leidenschaft dabei

Wood & Boat, 2. Akt. Letztes Jahr hat Skippers Motor einen Boesch 650 vorgestellt, der von Augustin Lépine und seinem Team mit viel Liebe restauriert wurde.

In der Werkstatt konnte man schon damals das Entstehen weiterer Kunstwerke erahnen. Das jüngste Werk, die Chris Craft Silver Arrow von 1959, wurde erst vor Kurzem komplettsaniert wieder eingewassert.

Text ) Quentin Mayerat

An Bord eines Chris Craft Silver Arrow aus dem Jahr 1959 ziehen wir unsere Spur durchs Wasser und fühlen uns dabei in die glorreiche Zeit der amerikanischen Autos und Motorjachten zurückversetzt. Das letzte Boot, das von Wood & Boat in Meinier restauriert wurde, lässt Nostalgie aufkommen. Sein glitzerndes Blau, das träge Brummen des Motors und die Heckflossen im Cadillac-Stil katapultieren die Passagiere mitten in die Sixties und den American Way of Life. Man könnte fast vergessen, dass man in einem Boot sitzt. Willkommen am Steuer eines klassischen Automobils, das mit viel Leidenschaft und Liebe zum Detail restauriert wurde!

Routine ist ein Fremdwort

In dieses neue Projekt haben die begnadeten Handwerker der kleinen Genfer Werft 2800 Arbeitsstunden gesteckt. Fast ein Jahr machten sie sich mit viel Hingabe an dem klassischen Boot zu schaffen. Es war in einem denkbar schlechten Zustand und benötigte eine umfassende Sanierung. Wie so oft bei Augustin Lépines Restaurierungsvorhaben war auch diesmal ein Stückchen Wahnsinn mit dabei. Der fast vollständig verrottete Rumpf und der morsche Holzboden erforderten einen kompletten Wiederaufbau. «Jede Restaurierung ist einzigartig, das war auch der Grund, warum ich mich für diesen Beruf entschieden habe», verrät der Schiffbauer. Im Gegensatz zum letzten Projekt, einem Boesch 650 (siehe Skippers Motor Nr. 8), der zeitgenössisch aufgehübscht wurde, sollte der Chris Craft originalgetreu restauriert werden. Warum diese andere Herangehensweise? «Etwas anderes hätte keinen Sinn ergeben», so Augustin Lépines lapidare Antwort. Um seine Haltung zu verstehen, muss man die Geschichte dieses Modells kennen. In den 1950er-Jahren war Chris Craft der marktführende Hersteller von Freizeitbooten. Er ging nicht nur im Bereich der Verbundwerkstoffe neue Wege (das Deck des Silver Arrow besteht aus GFK), sondern

RESTAURIERUNG ODER WIEDERAUFBAU?

DIE TEAMS VON WOOD & BOAT HABEN

DEN CHRIS CRAFT SILVER ARROW FAST VOLLSTÄNDIG ZERLEGT.

auch bei der Fliessbandproduktion à la Ford. Damals gehörte zum vielbeschworenen amerikanischen Traum neben einem Haus und einem Auto auch ein schönes Boot. Rund 90 Einheiten des Chris Craft Silver Arrow gingen vom Stapel. Sie waren dem legendären Cadillac Eldorado mit seinen markanten Haifischflossen am Heck nachempfunden.

Altes und Neues

DIE NEUE HOLZWERKSTATT VON AUGUSTE LÉPINE, WO WIR DAS FRISCH RESTAURIERTE DECK UND DEN RUMPF DES PEDRAZZINI AQUAMAR SPECIAL BESTAUNEN KONNTEN

DAS SKELETT DES PEDRAZZINI AQUAMAR SPECIAL WÄHREND DER RESTAURIERUNG

Der von Wood & Boat restaurierte Silver Arrow wurde vor langer Zeit von einem Botschafter in die Schweiz importiert und wechselte dann mehrmals den Besitzer und sein Aussehen, bevor er mehrere Jahrzehnte in einer Scheune vor sich hinrottete. «Ein Vorbesitzer hatte die Heckstruktur komplett verändert, um eine grosse Sonnenliege zu montieren», erklärt Augustin Lépine. «Wir haben gründlich recherchiert, damit wir die ursprünglichen Formen hinbekommen.» Dort, wo es gerechtfertigt war, hat sich die Werft aber dennoch die eine oder andere Abweichung vom Original erlaubt. «Wir wenden moderne Restaurierungstechniken an und nehmen kleine Verbesserungen vor. Beispiele hierfür sind die eleganten und praktisch mit Druckknöpfen montierbaren Fenderleinen, die LED-Leuchten der neuen Generation im Rumpf und das hydraulische Wendegetriebe, das im Motor anstelle des mechanischen Wendegetriebes eingebaut ist. Wie so oft machten die Holzarbeiten einen grossen Teil des zeitlichen Aufwands aus. «Wir haben die Beplankung nahezu ganz entfernt und alle Klüsen sowie zwei Drittel der Spanten ausgetauscht», so der Schiffbauer.

Nach den Aufbauarbeiten im Holzatelier kamen die Kompositmaterialien, die Mechanik, die Elektrik und schliesslich die Farbe an die Reihe. Mithilfe der Verbundwerkstoffe wurde die Motorhaube nachgebaut, wobei die Formen und Befestigungen für mehr Stil und Zweckmässigkeit angepasst wurden. Zudem wurde zwischen den Sitzen eine kleine Luke integriert und die rot-weisse Polsterung aufgefrischt. Am Steuer hat man das Gefühl, in einem Auto der Nachkriegsjahre zu sitzen. Die Panorama-Windschutzscheibe, das schlichte Armaturenbrett und die Handhupe am «Lenkrad» verstärken diesen Eindruck zusätzlich. Eigentlich fehlt nur noch das Gaspedal anstelle des Gashebels, dann wäre die Illusion perfekt!

Sébastien
Kéan Opitek

HINTER JEDEM RESTAURIERUNGSPROJEKT STECKT EINE GESCHICHTE. DIESER CHRIS

CRAFT GÉNÉRATIONS IST EIN ERBSTÜCK, DAS IN DER FAMILIE BLEIBEN SOLL.

Wir drehen den Schlüssel. Der von Chris Craft wassertauglich gemachte Motor von General Motors mit seinen 283 cm3 Hubraum brummt. Seine tiefen Töne machen ihn unverkennbar. In Fahrt verkörpert das Boot Stil, Luxus, Emotionen und vor allem Leidenschaft in Reinkultur.

Alles Unikate

In den Werkstätten von Augustin Lépine geht es stets hoch her. Die nächsten Projekte warten bereits. Neben Restaurierungen werden auch immer wieder neue Boote gebaut und andere eingewintert. Jetzt gerade wird ein Pedrazzini Aquamar Special. instand gesetzt. Auch an diesem Boot hat der Zahn der Zeit genagt, bevor es in die Hände von Wood & Boat gelangte. Nach einer Havarie wurde es komplett ausgebeint. Es wird in der nächsten Saison auf dem Genfersee bestimmt alle Blicke auf sich ziehen. Auch die deutlich jüngere One-Off-Jacht Miss Geneva wird garantiert für Aufsehen sorgen. Wood & Boat verpasst ihr gerade ein komplettes Refit: «Wir behalten nur den Rumpf und ändern alles», sagt Auguste Lépine. In Meinier kommt keine Routine auf. Auf ein einzigartiges Projekt folgt ein nächstes, das genauso einmalig ist.

Kéan Opitek (20), bester Lehrling der Schweiz

Kéan hat bei Wood & Boat gerade seine vierjährige Lehre zum Bootsbauer abgeschlossen. In seiner Ausbildung hat er sich mit allen Facetten seines Berufs auseinandergesetzt und auch sonst viel aus dieser Zeit mitgenommen. «Ich habe nicht nur einen Beruf, sondern auch viel über das Leben gelernt. Die Jahre in der Werft haben mich stark geprägt», betont der frisch diplomierte Bootsbauer. Während seiner Lehre hat Kéan Opitek eine breite praktische, technische und theoretische Ausbildung genossen. Er arbeitete mit Holz und Verbundwerkstoffen, lernte Pläne zeichnen und eignete sich den Schulstoff an. Bei Wood & Boat hat er seinen Beruf schätzen und lieben gelernt. «Die vierjährige Ausbildung ist erst der Anfang», sagt er bestimmt. «Ich möchte mich noch intensiver mit Schiffen befassen und mir ein umfassendes Wissen aneignen. Mich interessiert, was im Ausland, gemacht wird und kann mir auch gut vorstellen, an Segelbooten zu arbeiten.» Sein Lehrmeister freut sich über die Begeisterung und den Wissensdurst von Kéan, dem eine spannende und erfolgreiche Zukunft bevorsteht.

Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.