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Die Reaktion in der Offensive
Der folgende Text ist die Zusammenfassung einer Diskussion in der Gruppe Klassenkampf zur Einschätzung der Situation in Österreich nach der 2. Runde der Präsidentenwahlen. Er steckt den politischen Rahmen für unsere Arbeit in der kommenden Periode ab.
Nach dem 2. Wahlgang der diesjährigen Bundespräsidentenwahl ging ein hörbares Aufatmen durch das Lager der kleinbürgerlichen Demokratie: Mit 50,3 gegen 49,7 hatte Alexander Van der Bellen nun doch noch über seinen freiheitlichen Kontrahenten Norbert Hofer gesiegt, damit schien der „Griff nach der Macht” der FPÖ zumindest bis zu den kommenden Nationalratswahlen (fahrplanmäßig 2018) verzögert worden zu sein
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Diese erste Euphorie war in vielerlei Hinsicht unverständlich. 2,22 Millionen Stimmen für den Vertreter einer arbeiterfeindlichen, rassistischen, frauenfeindlichen, nationalistischen Partei alleine sind schon eine ernste Warnung für alle werktätigen Menschen in diesem Land, die sich ihrer Lage auch nur halbwegs bewusst sind; 2,25 Millionen Stimmen für einen eingefleischten Verfechter des seinem Ende entgegentaumelnden EUProjekts, das europaweit das Feigenblatt für Sozialabbau, Sparpakete und den Abbau demokratischer Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter (das Proletariat) ist, als positiv anzupreisen, ist unverfroren und zynisch
Dass das Ergebnis Van der Bellens bis weit hinein in Kreise der Sozialdemokratie und der kritischen Jugend als „Sieg” aufgefasst wurde, ist das Ergebnis des jahrzehntelangen Verrats der sozialdemokratischen Parteibürokratie an den Interessen der arbeitenden Bevölkerung und der Jugend. Als Stütze der bestehenden kapitalistischen Wirtschaftsordnung haben sich die Funktionäre der traditionellen österreichischen Arbeiterpartei schon seit Beginn des 1 Weltkriegs an die herrschende Klasse (Bourgeoisie) verkauft und wurden mit staatlichen oder kommunalen Posten oder Pöstchen belohnt Solange sie für das regierende bürgerliche System nützlich waren, indem sie die Arbeiterinnen und Arbeiter vom Klassenkampf für ihre Interessen ablenkten, sie angesichts der bürgerlichen Angriffe entwaffneten, wurden sie von der Bourgeoisie gefüttert. Als die Masse der Arbeiterbewegung dann schon so demoralisiert und verwirrt war, dass sie sich nicht mehr in großer Zahl wehren konnte (1934), wurde nicht nur das Proletariat niedergeworfen, auch die sozialdemokratischen Bonzen bekamen einen Tritt, wurden ebenso verfolgt und eingesperrt wie ihre Basis, die sie wehrlos gemacht hatten.
Nach der Zerschlagung des Nationalsozialismus setzte die alte Führung der österreichischen Sozialdemokratie ihr altes
Spiel, wenngleich anfangs unter dem neuen Markennamen „Sozialistische Partei” fort Der im Vergleich zu „Sozialdemokratische Partei” kämpferische Name war ein Zugeständnis an den linken Flügel der Partei, an jene Arbeiterinnen und Arbeiter, die in der Illegalität gegen die aufeinanderfolgenden faschistischen Regime in diesem Land gekämpft hatten
Die Worte waren andere als in der 1 Republik, die (Un)Taten die gleichen: Statt Klassenkampf Sozialpartnerschaft, statt einer Politik, die visionär das Ziel des Sozialismus propagierte, das muckerische bescheidene Predigen der „Realpolitik”, der „kleinen Schritte”.
In der Aufschwungphase des österreichischen und internationalen Imperialismus ab den 50er Jahren („Wiederaufbau”) genügte die objektive Stärke der Arbeiterklasse, um der herrschenden Klasse soziale und politische Zugeständnisse abzutrotzen Die gewerkschaftlich hochorganisierten österreichischen Arbeiter waren für die Unternehmer potenziell gefährlich, also gönnte man nach Außen hin ihren sozialdemokratischen Führern den einen oder anderen Erfolg in der Sozialpolitik, damit die SPÖBonzen weiter die Kontrolle über die Parteiund Gewerkschaftsbasis behalten konnten.
In den 70er Jahren, der KreiskyÄra, konnte die Sozialdemokratie erfolgreich ihre Rolle im Dienste des Kapitals erfüllen: Im Gegensatz zur behebigen Volkspartei, die Rücksicht auf ihre bäuerliche, kleinbürgerliche und beamtete Basis nehmen musste, konnte die SPÖ Österreich modern gestalten, wie einer ihrer Wahlslogans lautete Im Gegenzug konnten Reformen im gesellschaftlichen Bereich (mehr Rechte für Frauen und Jugendliche, frischer Wind in der antiquierten Kulturpolitik, Reformen im Bildungsbereich ) und eine Anhebung der Sozialleistungen durchgesetzt werden.
Die SPÖ als „Staatspartei” verlor allerdings in weiterer Folge deutlich an Schwung: Der Glaube, dass nun ein lange anhaltendes „sozialdemokratisches Zeitalter” angebrochen wäre, musste bald korrigiert werden International gingen die reaktionären Kräfte in die Offensive der Putsch in Chile 1973, die „islamische Revolution” im Iran 1979, die Niederschlagung der Arbeiterproteste in Polen 1980 und schließlich die verheerende Niederlage der amerikanischen und englischen Arbeiter klasse gegen Reagan und Thatcher leiteten auch international eine Wende gegen die Arbeiterklassen ein
Je mehr sich die SPÖ im bürgerlichen Staat heimelig gefühlt hatte, desto mehr löste sie die alten Parteistrukturen auf Wozu auch nur ansatzweise die Idee einer „Gegenkultur” gegen die herrschende Klasse, wenn man doch ganz famos mit dieser kooperieren konnte? Wenn die SPÖFührung schon den Kapitalismus modernisiert hatte, dann auch gleich die Partei Die „Durchflutung aller Lebensbereiche mit Demokratie” machte die innerparteiliche Demokratie hinfällig, die Schulungstätigkeit wurde zurückgefahren, der kleine Kassier musste dem Bankeinzug weichen
Die SPÖ als Partei reagierte wie der vereinzelte und verängstigte Arbeiter oder Angestellte, dem vom Chef immer mehr aufgebürdet wird, nach dem Motto: „Geht’s dem Herrl gut gehts dem Hunderl gut” Statt sich mit den anderen Gedemütigten, Übervorteilten und Ausgenützten zusammenzuschließen, kriecht der verängstigte Werkttätige noch mehr vor seinem Boss, will ja alles Recht machen, damit er seinen (immer schlechter werdenden) Arbeitsplatz halten kann Am Ende der Erniedrigung steht dann, wenn sich die Kolleginnen und Kollegen wehren, die Rolle des Streikbrechers dem Tritt in den Hintern, der ihn hinausbefördert, entgeht er trotzdem nicht
Und so machten sich die aufeinander folgenden SPÖRegierungen (egal, in welcher Koalitionskonstellation) zu braven Verwaltern der kapitalistischen Krise Sie waren die ersten, die Sparpakete schnürten; die von ihnen dominierten Gewerkschaften befleißigten sich einer „vernünftigen” Lohnpolitik, d.h., sie trugen dazu bei, dass die Schere zwischen Kapital und Arbeit immer weiter aufging
2000 kam dann der Tritt: Die „Wenderegierung” von FPÖVP begann getreu dem Motto „Speed kills” mit massivem Sozialabbau (Stichwort: Pensionsreform), eine ihrer Hauptstoßrichtungen ging in Richtung Verlagerung von Lohnverhandlungen weg von Kollektivverträgen hin zu Vereinbarungen auf Betriebsebene
Während sich die FPÖ im Wahlkampf als die „Partei des kleinen Mannes” verkauft (ein Vorgeschmack auf die „Soziale Heimatpartei”) und gegen die „korrupten Altparteien” gewettert hatte, bugsierte sie in der Regierung sofort ihre Parteigänger in gut bezahlte Positionen und Jörg Haider, seit 1999 Landeshauptmann von Kärnten, bescherte der Republik mit seinen zwielichtigen Bankgeschäften (Hypo Alpe Adria) einen „Beitrag” zum Budgetdefizit von 19 Milliarden Euro und richtete seine Wahlheimat finanziell zu Grunde Mittlerweile schwadro nierte sein gegelter Finanzsunnyboy Grasser was von Nulldefiziten und propagierte für die sozial Schwachen eine neue Runde des GürtelengerSchnallens Dass vor dem Hintergrund einer solchen abenteuerlichen Abzockpolitik die FPÖ überhaupt noch existiert, verdankt sie der unglaublichen Servilität der sozialdemokratischen Parteibürokatie vor dem herrschenden System
Die Jahre 2000 2003 sahen einen für österreichische Verhältnisse unglaublichen Anstieg der Klassenauseinandersetzungen, Mobilisierungen auf der Straße, unter dem Druck aus den Betrieben musste der ÖGB erstmals nach Jahrzehnten wieder massiv mit Streiks auf die Angriffe der Regierung antworten Aber die abwieglerische Haltung der SPFührung, ihre Angst vor einer tiefgehenden Radikalisierung, führte an der Basis zu Enttäuschung, Entmutigung, oft zu einer Abkehr von der Politik überhaupt.
Mit Beginn der weltweiten Wirtschaftskrise 2007 wurde die Frage des Widerstands der arbeitenden Bevölkerung und der Jugend in allen Ländern auf die Tagesordnung gesetzt Das bedeutet nicht, dass damit eine vorrevolutionäre Periode eröffnet wurde im Gegenteil Aber die notwendigen Defensivkämpfe wären eine hervorragende Gelegenheit gewesen, die reaktionären Attacken zumindest zu stoppen, in den Klassenkämpfen Erfahrungen zu sammeln und revolutionäre Organisationen aufzubauen, welche die Kerne der künftigen Revolutionären Arbeiterpartei sind
Zwei Kernsätze des revolutionären Marxismus vom Beginn des vorigen Jahrhunderts bestätigten sich weltweit: „Politische Reaktion auf der ganzen Linie ist eine Eigenschaft des Imperialismus.” und „Kann man vorwärts gehen, wenn man Angst hat, zum Sozialismus zu gehen?”
Die bürgerliche Arbeiterpartei SPÖ denn das ist sie unserer Einschätzung nach nach wie vor kann und will nicht zum Sozialismus vorangehen Sie ist der „Transmissionsriemen der herrschenden Klasse” in die organisierte Arbeiterklasse Dieser Transmissionsriemen hat sich über die Jahre abgenützt, wird immer dünner Die Bindungen zur Klasse lockern sich, weil die Sozialdemokratie immer weniger Zugeständnisse an die arbeitende Bevölkerung und die Jugend machen kann; ihre totale Unterordnung unter die Kapitalsinteressen hat ihren „proletarischklientelistischen” Spielraum deutlich verringert Ihre aktive Mitarbeit an Privatisierungen im staatlichen und kommunalen Bereich hat zur Zerstörung traditioneller gewerkschaftlicher Bastionen geführt
Breite Teile der Arbeiterklasse haben das Vertrauen in die SPÖ verloren Sie sehen in ihr nicht mehr „ihre” Partei Die Unbeweglichkeit, Starrheit, Ignorierung der Probleme der arbeitenden und arbeitslosen Menschen und der Jugend haben zahlreiche Sympathisanten und Mitglieder der sozialdemokratischen Bewegung aus Protest in die Arme der sich sozial gebärdenden reaktionären FPÖ getrieben.
Die bürgerlichen Massenmedien präsentieren die FPÖ als „die neue Arbeiterpartei” Sie leisten damit der reaktionären, bürgerlichen FPÖ, die sich demagogisch als „soziale Heimatpartei” bezeichnet, Schützenhilfe Vor allem die einflussreichen Boulevardgazetten wie Kronen Zeitung und Heute agieren unverschämt und unverblümt als Sprachrohre der Freiheitlichen Auffallend ist dabei, wie sie bei dieser „Mission” die Spaltung der Gesellschaft in Klassen umlügen, um neue Feindbilder zu schaffen In den Spalten der Massenblätter stehen einander nicht gesellschaftliche Klassen gegenüber, sondern „die kleinen Leute” der „Elite”. Die „Elite” sind natürlich nicht die Reichen, die Großunternehmer, die Bankerdas sind Intellektuelle, Künstler, die Kaste der Berufspolitiker Unbildung wird zur Tugend erhoben, während ein widerlicher Antiintellektualismus gepredigt wird.
Und dann natürlich das Feindbild schlechthin „die Ausländer”, „die Asylanten”, „die Muslims”,„die Flüchtlinge”.
Als im September vergangenen Jahres zum ersten Mal Flüchtlinge von Ungarn kommend in großer Zahl nach Österreich kamen, gab es eine erste Polarisierung: Einer spontanen Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft, die sich auch öffentlich manifestierte, stand eine Ablehnungsfront gegenüber, die sich jedoch auf Grund der positiven Massenstimmung nicht allzu aggressiv nach Außen kehrte
Klarerweise versuchten die reaktionärsten bis hin zu faschistischen politischen Bewegungen, diese latent ausländerfeindliche Stimmung politisch auszunützen Die FPÖ war der Katalysator, der „die Ängste der Bevölkerung” (dazu weiter unten mehr) anheizte, um ein entsprechendes Klima zu schaffen Das Zusammenspiel zwischen ohnehin weit rechts angesiedelten Presseorganen wie der Krone, Heute und Österreich, der FPÖ und faschistischen Kleingruppen machte es erstmals möglich, dass bei von offenen Faschisten organisierten Demonstrationen (Spielfeld, Graz ) erstmals seit den 60er Jahren ein paar tausend Menschen faktisch ungehindert aufmarschieren konnten
Die „parlamentarische” FPÖ goss über ihre facebookSeiten (die wirkungsvoller sind als ihre Parteihomepages) immer weiter Öl ins Feuer, indem unkommentiert und ungehindert bewusste Falschmeldungen (Plünderung von Supermärkten durch Asylwerber, Entführungsversuche von blonden [arischen?] Kindern auf offener Straße, usw ) verbreitet wurden und das Klima der Angst und des daraus resultierenden Has ses weiter geschürt wurde
Was den Reaktionären zu Gute kam, waren die massiven Fehler der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften in den vorangegangenen Jahrzehnten, als Arbeitsmigranten nach Österreich geholt wurden, um in schlecht bezahlten und wenig attraktiven Branchen das Wirtschaftswachstum zu garantieren. Hätten die Gewerkschaften schon damals eine klare internationalistische Position bezogen die Gleichstellung aller Lohnabhängigen in politischen und sozialen Fragen und die Organisierung der beschönigend „Gastarbeiter” genannten Migrantinnen und Migranten in den Gewerkschaften wäre das eine Basis gewesen, die auch in Zukunft dem Rassismus weitgehend den Boden unter den Füßen entzogen hätte
Allein: eine sozialdemokratische, vom Geist der Klassenzusammenarbeit und Anpassung an den Kapitalismus erzogene Gewerkschaftsbürokratie, hätte von sich aus diesen Weg nicht beschritten Das erdrückende Übergewicht der SPÖ in den Massenorganisationen der Arbeiterinnen und Arbeiter verhinderte alle möglichen Schritte in diese Richtung
Zur „traditionellen” Spaltung der Arbeiterklasse in männliche und weibliche Lohnabhängige, in Junge und Alte, kam nun zusätzlich die Spaltung nach Herkunft und Geburtsort. Die widerwillige Gewährung von sozialen Rechten für migrantische Arbeiter auch in den Gewerkschaften verhindert eine Solidarisierung So bekommen Arbeitsmigranten mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft erst 2006 (!) das passive Wahlrecht für Betriebsratskörperschaften (Betriebsräte sind zwar keine gewerkschaftliche Institution, starke Gewerlschaften hätten hier aber schon früher eine entsprechende Gesetzsänderung erzwingen können)
Seit den 90er Jahren hat die FPÖ kontinuierlich und mit wachsender Aggressivität das Ausländerthema zum Kern ihrer Propaganda gemacht. Im Rahmen der allgemeinen Sparpolitik, die von der Sozialdemokratie mitgetragen beziehungsweise vorangetrieben wurde, nahmen die Konfliktpotenziale zu: Einsparungen im Bildungssektor schlugen vor allem auf die ärmsten Schichte der Bevölkerung zurück Kinder aus migrantischen Arbeiterfamilien hatten so zwar Zugang zu Kindergärten und Volksschulen, das Sparen bei qualifizierten Lehrkräften verschlechterte aber das allgemeine Lernniveau, was reaktionäre Populisten dann den Ausländern anlasteten Ähnlich in der Wohnungspolitik: Die Wohnungsfrage ist seit dem Entstehen des modernen Proletariats ein Dauerbrenner Die Parallelgesellschaft, die Entstehung von Klein Istanbuls oder Klein Sarajewos in Wien, liegt nicht ursächlich im Wunsch der migrantischen Bevölkerungsschichten „unter sich” zu bleiben hohe Mieten und rassistische Vermieter und Hauseigentümer haben dieses Problem tatkräftig verstärkt.
Die Ausgrenzung der migrantischen Werktätigen und ihrer Kinder war natürlich ein Nährboden für reaktionäre, haupt sächlich nationalistische und religiöse, Strömungen So, wie wir gegen die Fremdenfeindlichkeit der „einheimischen” Reaktionäre (FPÖ, ÖVP, Teile der SPÖ, diverse neofaschistische Kleinparteien und Bewegungen ) kämpfen, müssen wir gegen reaktionäre, nationalistische und faschistische Kräfte unter den Migranten kämpfen. Es ist fatal, aus einem kurzsichtigen „antirassisischen” Reflex heraus die Augen vor echten faschistischen oder nationalistischreaktionären Bewegungen, die sich aus Migranten rekrutieren, zu verschließen (gemeint sind hier nicht nur Frontorganisationen der türkischen AKP oder der GülenBewegung, Graue Wölfe, MHP, Salafisten, Dschihadisten und so weiter, sondern auch serbische Tschetniki, kroatische Faschisten, polnische faschistische Klubs, etc ), wobei gerade serbische Reaktionäre gern gesehene Bündnispartner der FPÖ sind.
Wir müssen klar dazu stehen, dass die revolutionäre Arbeiterbewegung versucht, alle positiven Errungenschaften der vorherigen Gesellschaften aufzugreifen, zu verteidigen und voranzutreiben Das heißt auch, das wir im gemeinsamen Kampf mit migrantischen Arbeiterinnen und Arbeitern grundlegende Positionen beibehalten und nicht opportunistisch aufgeben dürfen. Dazu gehört etwa die Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Frauen; dazu gehört die unzweideutige Trennung von Staat und Religion. Die Antwort auf den als antimuslimisch verkleideten Hass gegen Menschen aus der Türkei, dem Mittleren Osten, Nordafrika und Westasien kann keine Kapitulation vor dem Islam sein Wir verteidigen das Recht auf freie Religionsausübung, gleichzeitig sind wir aber entschiedene Feinde der Religionen, die in der Geschichte der Menschheit (als Funktion der Klassengesellschaften) Verfolgung, Kriege, Vertreibungen, Massenmorde an Minderheiten hervorgebracht haben. Das heißt nicht, dass wir der oder dem individuellen Gläubigen ablehnend gegenüber stehen; wir werden aber die Verbreitung des religiösen Gifts auf keinen Fall unterstützen
Das heißt aber im Umkehrschluss, dass wir genauso entschieden gegen die Mythen von der christlichen Leitkultur kämpfen müssen Faschistische Bewegungen wie die Identitären suchen den Schulterschluss zwischen alten klerikalfaschistischen und nationalsozialistischen Ideen zu vollziehen. Plötzlich sind sie nicht mehr Deutschnational, sondern österreichische Patrioten; und auf einmal ist das christliche Abendland und die Reconquista hoch in Kurs wo doch das Christentum mit seiner Nächstenliebe den gestandenen Nazis als jüdische Gefühlsduselei immer ein Dorn im Auge war
Unsere Tradition, die Tradition der Arbeiterbewegung, ist eine andere sie fußt in den revolutionären Ideen der Aufklärung, den fortschrittlichen Ansätzen der Revolutionen von
1848, der Rätemacht der Pariser Commune von 1871
Durch den gemeinsamen Kampf mit den proletarischen oder mit dem Proletariat verbündeten Schichten unter den Migranten aus dem Mittleren Osten, dem Maghreb und Machrek müssen wir nicht nur das verschüttete Klassenbewusstsein der österreichischen Arbeiterinnen und Arbeiter wieder anheben, wir müssen auch reaktionäre, durch die dort herrschenden Klassengesellschaften zum Massenbewusstsein gewordene, Vorurteile zurückdrängen. Nur wenn wir das glaubhaft vermitteln können, werden wir die fortschrittlichsten Elemente der Klasse gewinnen können
Wir gehen in die künftigen Auseinandersetzungen mit jenen Forderungen hinein, die wir am 1 Mai den Genossinnen und Genossen der SPÖ vorgeschlagen haben:
•Die Gewerkschaften müssen wieder ihrer ureigensten Aufgabe nachkommen – der Vertretung der grundlegenden Interessen der Werktätigen, unabhängig von Geschlecht, Religion oder Nationalität.
•Um Arbeitsplätze für alle zu schaffen und den geflüchteten Arbeiterinnen und Arbeiter die Möglichkeit zu einem menschenwürdigen Leben zu geben und zu verhindern, dass sie von profitgierigen Unternehmern als Lohndrücker eingesetzt werden können: Drastische Verkürzung der Tages und Lebensarbeitszeit, bezahlt aus Progressivsteuern auf das Vermögen der Reichen und Superreichen!
•Weg mit allen „Notstandsverordnungen“! Sie haben schon einmal dem Faschismus den Weg gebahnt! Offene Grenzen –nicht für das Kapital und die Geldschieber, sondern für die Opfer der imperialistischen Kriege, der raffgierigen herrschenden Eliten und der Islamofaschisten!
•Um Arbeitsplätze für alle zu schaffen – öffentliche Bauarbeiten zur Schaffung von leistbarem Wohnraum und Infrastruktur, die den arbeitenden Menschen und der Jugend zu Gute kommt!
•Um Arbeitsplätze zu schaffen – Geld für mehr Personal in Kindergärten, Schulen, Universitäten, Spitälern, Gemeinschaftspraxen Eine Gesellschaft kann nie genug Lehrerinnen, Pflegerinnen oder Ärztinnen haben!
•Für kostenlose, qualitativ hochwertige Bildungs und Gesundheitseinrichtungen! Errichtung von selbstverwalteten Jugendzentren und entsprechend ausgebildetem Personal, das die Jugendlichen beim Aufbau dieser Zentren unterstützt, ohne sie zu gängeln!
•Für echte Reichensteuern, weg mit den Massensteuern (Mehrwertsteuer, Mineralölsteuer etc )! Steuerliche Entlastung der Klein und Kleinstbetriebe, die oft nur versteckte Formen
“outgesourcter” Lohnarbeit sind!
•Offenlegung der Geschäftsbücher!
•Komitees der Beschäftigten sollen – gegebenenfalls unter Beiziehung von ihnen verantwortlichen Buchprüfern –kontrollieren, ob Vermögenssteuern und Sozialversicherungsabgaben korrekt abgeführt werden!
•Enteignung angeblich unrentabler Betriebe unter Arbeiterkontrolle!
•Abschaffung des Stiftungsrechts und der Gruppenbesteuerung!
•Höhere Grundsteuer für Luxusimmobilien!
•Einführung der Erbschaftssteuer für Vermögen über 1 Mio EUR!
• Rücknahme der „Pensionsreform“ von 2004! Senkung des Pensionsantrittsalters für Frauen und Männer auf 60 Jahre!
•Gegen den Abbau demokratischer Freiheiten! Gegen Vorratsdatenspeicherung und den Einsatz “verdeckter Ermittler”! Weg mit dem § 278!
•Für die völlige Trennung von Religionen und Staat! Keinen Cent für klerikale Erziehung! Pfaffen, Imams, Kleriker aller Religionen raus aus den Schulen! Freiheit der Religionsausübung, finanziert aus den Mitteln der Gläubigen der jeweiligen Religionsgemeinschaften!
•Überparteiliche Selbstverteidigungskomitees gegen Angriffe faschistischer Banden auf Migrantinnen und Migranten und
Einrichtungen der Arbeiterbewegung!
Die SPÖ versucht, mit typisch bürokratischen Methoden noch einmal auf der Wahlebene die FPÖ auszubremsen Den unseligen Faymann gegen den rhetorisch gewandten Christian Kern auszutauschen, war ein Versuch, das Auseinanderdriften der Partei zu verhindern Die „linken” Sprüche von Kern pro Wertschöpfungsabgabe, gegen Anhebung des Pesnsionsalters etc können für uns vielleicht Anknüpfungspunkte in Diskussionen mit SPMitgliedern sein; bei den Arbeiterinnen und Arbeitern die aus Protest die FPÖ und Hofer wählen, weil sie sich von ihrer ehemaligen Partei im Stich gelassen fühlen, zieht das nur wenig Kern kann eher bei Anhängern der Grünen und der Neos punkten, das bedeutet aber von einem Klassenstandpunkt aus betrachtet keinen wirklichen Durchbruch
Die nächste Phase und diese kann Jahre dauern wird für die österreichischen Arbeiterinnen und Arbeiter aber auch international! schwere Belastungen auf allen Ebenen bringen. Der Druck auf die bewussten Elemente der Klasse die politischen Aktivistinnen und Aktivisten wird zunehmen. Darauf müssen wir uns vorbereiten und beharrlich daran arbeiten, unsere Kräfte zu konsolidieren und unsere theoretische Ausbildung zu verbessern, um für unsere politische Praxis ein solides Grundgerüst zu schaffen p://groupemarxiste.info