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Türkei: Auf dem Weg in den Islamofaschismus?
Der folgende Text ist die Niederschrift eines Referats, das Ende August auf einem Plenum der Gruppe Klassenkampf in Wien gehalten wurde. Verschiedene Punkte, wie etwa eine genauere Einschätzung der kurdischen Frage, wurden aus zeitlichen Gründen nur angeschnitten. Auf der Homepage der Gruppe Klassenkampf www.klassenkampf.net finden sich dazu aber ausführliche Analysen und Stellungnahmen unserer internationalen Strömung, des Kollektivs Permanente Revolution.
Nach dem missglückten Putschversuch vom 15 /16
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Juli 2016 hat Staatspräsident Recep Erdoğan mit der seit dem Militärputsch 1980 umfassendsten Säuberung von Staat, Medien, Wirtschaft, Justiz, Polizei und Armee in der Türkei begonnen Gewiss das AKPRegime ist noch weit von den mutmaßlich 650.000 damals von der Militärjunta unter General Evren festgenommenen „Oppositionellen“ entfernt Aber klare Anzeichen weisen darauf hin, dass Erdo an die Daumen schrauben enger anziehen will unter anderem mit seinen wiederholten Forderungen nach der Wiedereinführung der Todesstrafe (1980 wurden 517 Todesurteile verhängt und 50 vollstreckt)
Der Putsch hat eine ganze Reihe von Fragen aufgeworfen: Wer waren die treibenden Kräfte, was waren die Ziele dieser „Militärerhebung“? Warum haben die „Putschisten“ so unprofessionell agiert? (Losschlagen, während Erdoğan nicht in Istanbul ist; keine Besetzung der Radio und Fernsehstationen; kein Versuch, die Regierungsmitglieder zu verhaften; Luftangriffe auf das leere Parlamentsgebäude, aber nicht auf den Sitz des Geheimdienstes und Polizeikasernen). Hatten die offenbar dilettantisch agierenden „Putschisten“ gleichzeitig die Intelligenz und das KnowHow, um das Internet und die sozialen Medien abzuschalten?
Warum gab es kein Blutbad unter den AKPAnhängern, die von Erdoğan aufgefordert waren, auf die Straßen zu strömen, wie das bei früheren Putschversuchen der Fall gewesen wäre? Einen Tag nach dem gescheiterten Coup erklärte Erdoğan: „Der versuchte Putsch war ein Geschenk des Himmels Jetzt können wir die Armee säubern“
Gleichzeitig begann der Präsident, laut über die rück wirkende Einführung der Todesstrafe nachzudenken Ein Erklärungsversuch für den Putschversuch könnte eine geplante großangelegte Verhaftungswelle unter Offizieren, Soldaten, Richtern und Staatsbeamten gewesen sein, die in Verbindung mit der HikmetBewegung Fethulla Gülens stehen
Gülen, der in zahlreichen westlichen Medien lange Zeit als Verfechter eines moderaten, modernen, prowestlichen Islam präsentiert wurde, verkörpert mit seiner “Bewegung“ lediglich eine Strömung im türkischen Islam, die tatsächlich von den „HardcoreIslamisten“ teilweise gewalttätig bekämpft wurde. Sie beruft sich auf Said Nursi (1876 – 1960) und dessen NurcuBewegung und propagiert offiziell eine Spielart des Islam, der keine eigene Partei bilden, sondern be stehende (bürgerliche) Parteien unterstützen will Statt einer Umwandlung des Staates in einen Islamischen Staat sollen die einzelnen Staatsbürger „islamisiert“ werden. Im Gegensatz zum historischen „Stammvater“ Nursi, der selbst Kurde war, verfolgt die GülenBewegung einen klaren türkischnationalistischen Kurs. Die von ihr betriebenen Schulen propagieren auch im Ausland einen türkischen Nationalismus
Die GülenBewegung unterstützte die brutalste Miltärdiktatur in der Geschichte des Landes, die 1980 errichtet wurde; auch wenn sich die EvrenDiktatur in der Tradition von Staatsgründer Kemal Atatürk sah und eine klare Trennlinie zwischen Staat und Islam zog, hatte die militant antikommunistische Bewegung Fethulla Gülens keinerlei Skrupel, die Junta zu unterstützen Diese zerschlug brutal die Arbeiterorganisationen und beseitigte gleichzeitig islamistische Konkurrenten der HikmetBewegung, die sich ja als „individuellislamisch“ ausgab
Dass die „Bewegung“, wie sie gerne genannt wird, eine ganz andere Agenda hatte, wurde spätestens nach der Krise 1997 klar: Die „Wohlfahrtspartei“ von Premierminister Erbakan war immer offener als islamische Kraft aufgetreten, worauf hin die Militärführung in einem „Memorandum“ aktive Schritte gegen den politischen Islam forderte und Erbakan schließlich zum Rücktritt zwang
In einer Reihe von Prozessen wurde enthüllt, dass die GülenBewegung systematisch den Staatsapparat – Armee, Polizei, Gerichtsbarkeit, Schulen, Universitäten – unterwandert hatte. Kinder, die in den Schulen der Bewegung ausgebildet wurden, sollten als jahrelange Schläfer auf den Moment warten, an dem sie auf Anweisung Gülens, Deckname: Hocaefendi, die politische Agenda der Hikme tisten umsetzen sollten: Eine westlich orientierte, marktwirtschaftlich geprägte islamische Ausrichtung des Staates zu befördern
Die Krise von 1997 führte zum Aufbrechen der alten Parteienlandschaft – die 2001 als Nachfolgerin der „Wohlfatrpartei“ gegründete „Tugendpartei“ wurde ebenfalls rasch von der Armee verboten, die „Glückseligkeitspartei“ war auch nicht wesentlich glückseliger
1999 strahlte der türkische Fernsehsender ATV eine (zusammengeschnittene) Rede Fethulla Gülens vor seinen Anhängern aus:
„Man muss die Stellen im Justiz und Innenministerium, die man in seine Hand bekommen hat, erweitern Diese Einheiten sind unsere Garantie für die Zukunft Die Gemeindemitglieder sollten sich jedoch nicht mit Ämtern wie zum Beispiel denen der Richter oder Landräte begnügen, sondern versuchen, die oberen Organe des Staates zu erreichen Ohne Euch bemerkbar zu machen, müsst Ihr immer weiter vorangehen und die entscheidenden Stellen
Freunde zu früh zu erkennen geben, wird die Welt ihre Köpfe zerquetschen, und die Muslime werden dann Ähnliches wie in Algerien erleben Die Welt hat große Angst vor der islamischen Entwicklung Diejenigen von uns, die sich in diesem Dienst befinden, müssen sich so wie ein Diplomat verhalten, als ob sie die ganze Welt regieren würden, und zwar so lange, bis Ihr diese Macht erreicht habt, die Ihr dann auch in der Lage seid, mit eigenen Kräften auszufüllen, bis Ihr im Rahmen des türkischen Staatsaufbaus die Macht in sämtlichen Verfassungsorganen an Euch gerissen habt“ (Quelle: wikipedia)
Um einer wahrscheinlichen Strafverfolgung zu entgehen, setzte sich Gülen in die USA ab und baute von dort aus sein Netzwerk weiter aus –immer in enger Fühlung mit amerikanischen Politikern und Medienleuten, denen er sich als „vernünftiger“ und „demokratischer“ Prediger präsentierte
2001 hatten sich jüngere, dynamische islamische Kräfte von der Wohlfahrtspartei abgespalten und die AKP („Par weltlichen, nicht religiösen) Medien, Religion nicht für politische Zwecke einsetzen zu wollen In der traditionellen „Kopftuchdebatte“ (die kemalistische Tradition untersagte das Tragen des Kopftuchs in Schulen, Universitäten, Ämtern ) würde die AKP nicht am gesamtgesellschaftlichen Konsens rütteln Die AKP bekannte sich zum freien Markt und der parlamentarischen Demokratie
Dass die Partei auf dem Boden „islamischer Werte“ stand, verhehlte sie nicht Aber ihr modernistischer Anspruch machte sie für den westlichen, vor allem den amerikanischen, Imperialismus und breitere, nicht fundamentalistische Schichten der türkischen Gesellschaft attraktiv Die AKP und die von ihr geformte Türkei sollte zum „modernen“ Gegenstück der gefährlichen Regionalmacht Iran mit ihrer „Islamischen Republik“ aufgebaut werden Der Fundamentalismus der Mullahs hatte offensichtlich dabei versagt, trotz der Zerschlagung der kampferprobten iranischen Arbei
Ziemlich beste Freunde: Bis 2013 bildeten Erdoğan und Gülen (rechts) ein verschworenes islamisches Duo des Systems entdecken Ihr dürft in einem gewissen Grad mit den politischen Machthabern und mit denjenigen Menschen, die hundertprozentig gegen uns sind, nicht in einen offenen Dialog eintreten, aber ihr dürft sie auch nicht bekämpfen. Wenn sich unsere tei für Gerechtigkeit und Aufschwung“) gebildet Mit ihr begann die Erfolgsstory des „liberalen Islam“ nicht nur in der Türkei, sondern als „internationales Erfolgsmodell“
Die Führer der AKP versprachen den säkularen (also terklasse ein funktionierendes Wirtschaftssystem zu errichten. Nicht nur die ausländischen Embargos machten dem Land zu schaffen, das Beharren auf einer „islamischen Wirtschaftsordnung“, die sich der Industrialisierung widersetzte und auf internationalen Märkten nicht agieren konnte und wollte, führte den Iran von Stagnation zu Stagnation und in die Krise
Die türkische Bourgeoisie hatte den Vorteil, dass ihr die Militärdiktatur die lästige Arbeiterbewegung weitgehend vom Hals geschafft hatte. Unter Evren und seinen Nachfolgern waren die Gewerkschaften teilweise aufgelöst oder unter Zwangsverwaltung gestellt worden, führende ArbeiteraktivistInnen waren als „Terroristen“ verschleppt, gefoltert und oft genug ermordet worden. Sich „kommunistisch“ oder „sozialistisch“ nennende Organisationen und Parteien wurden verboten.
Die GülenBewegung schloss sich der AKP nicht nur an, ihre Mitglieder nahmen bald Schlüsselpositionen in der Partei ein Die gemeinsame Front von exportorientierten Geschäftsleuten, religiösen Intellektuellen und der unteren Ebene der Staatsbediensteten schufen die Basis einer politischen Stabilität, die das „türkische Wunder“ möglich machten. Es war die Zeit, in der Ministerpräsident Abdullah Gül erklärte, die „AKP sind die WASPS der Türkei“ [in den USA sind „weiße angelsächsische Protestanten“ der Inbegriff der leistungsorientierten, aufstrebenden bürgerlichen Mittelschichten]
Am 29 Juni 2004 erklärte USPräsident George Bush am Ende des NatoGipfels in Istanbul programmatisch:
„Dieses Land gewann aufgrund seiner geografischen Lage an Bedeutung – hier an dem Punkt, wo Europa, Asien und der Nahe Osten aufeinander treffen Jetzt ist die historische Bedeutung der Türkei aufgrund Ihrer Eigenschaft als Nation noch größer geworden Die Türkei ist eine starke, säkulare Demokratie, eine mehrheitlich muslimische Gesellschaft und ein enger Bündnispartner freier Nationen Ihr Land, das 150 Jahre demokra tischer und gesellschaftlicher Reform erlebt hat, dient als Beispiel für andere und als Brücke Europas zur ganzen Welt Ihr Erfolg ist entscheidend für eine fortschrittliche und friedliche Zukunft Europas sowie des Nahen und Mittleren Ostens – und die Republik Türkei kann sich auf die Unterstützung und Freundschaft der Vereinigten Staaten verlassen
( ) Jetzt zieht die Europäische Union die Aufnahme der Türkei in Betracht, und Sie arbeiten an der raschen Erfüllung der Beitrittskriterien Mustafa Kemal Atatürk hatte eine Vision der Türkei als starke Nation unter anderen europäischen Nationen Dieser Traum kann für die gegenwärtige Generation von Türken in Erfüllung gehen
Nach Ansicht der Vereinigten Staaten gehört die Türkei als europäische Macht in die Europäische Union Ihre Mitgliedschaft wäre auch ein entscheidender Fortschritt in den Beziehungen zwischen der muslimischen Welt und dem Westen, weil Sie ein Teil beider Welten sind Die Aufnahme der Türkei in die EU würde beweisen, dass Europa nicht der alleinige Klub einer
Religion ist, und sie würde den “Kampf der Kulturen‘ als vorübergehenden Mythos der Geschichte entlarven “ (Quelle im Internet: http://blogs usembassy gov/amerikadienst/2004/06/29/demokratiebringtgerechtigkeitfreiheitundwohlstand/)
Es war offensichtlich: Die Türkei nahm in den strategischen Plänen der imperialistischen Mächte eine Schlüsselstellung ein, wenn es um die Einflussnahme in der „arabischen Welt“ ging.
Die kemalistische CHP, die Mitglied der „Sozialistischen“ Internationale ist, saugte mittlerweile zwar Mitglieder der vorhergehenden Arbeiterorganisationen auf, parallel zum Wachstum der AKP ging die Partei aber immer stärker zu ihren kemalistischen und nationalistischen Wurzeln zurück. Forderungen nach demokratischen Freiheiten oder der Anerkennung von Gewerkschaften wurden zugunsten von Forderungen nach der „Wahrung der nationalen Integrität“ des Landes zurückgestellt Erst der Sturz von Parteivorsitzenden Deniz Baykal im Mai 2010 führte zu einem „Links“schwenk Ab 2008 zog die AKP die Schrauben fester an: Die Aufdeckung einer angeblichen Offiziersverschwörung unter dem Decknamen „Ergenekon“, die seit 2003 planmäßig durch Attentate, Terror und Desinformation den Sturz der Regierung Erdoğan betrieben haben sollte, lieferte den Vorwand, um den Staatsapparat und die Armee von kemalistischen Elementen zu säubern Erstmals stellte sich eine türkische Regierung offensiv gegen die Armee.
Tatsächlich ist die Existenz derartiger Umsturzpläne höchst wahrscheinlich – ähnlich agierten Teile der politischen Elite und der Geheimdienste etwa in Italien Die ErgenekonErmittlungen wurden aber zum jahrelangen Vorschlaghammer, mit dem wahllos Oppositionelle, bis hinein in die kurdische Bewegung, niedergeschlagen und wegen Hochverrats inhaftiert wurden
Zwischen 2008 und 2010 war das Bild der AKPRegie rung schillernd: Nach außen hin gab sich die Partei demokratisch Gesetze, die ethnische Minderheiten benachteiligten, wurden im Parlament abgemildert – in der Praxis wurde der Druck, vor allem überprüfen und sich dazu an das Direktorat für allgemeine religiöse Fragen zu wenden
Der „arabische Frühling“ brachte eine dramatische Änderung für die Türkei: revolutionäreMassenbewegungen monstrativer nach außen kehrte auf die Kurdinnen und Kurden, ständig erhöht
Als es 2010 zum landesweiten Streik der TekelArbeiter kam (Tekel war das staatliche Alkohol und Tabakmonopol, das privatisiert wurde), wurde dieser als „ProErgenekonAktion“ denunziert und brutal unterdrückt. Die AKPeigene Auslegung des Islam mit der Betonung auf das „Schicksal“ des einzelnen wurde von Erdoğan zynisch eingesetzt, um Kritik und Proteste der Ausgebeuteten nieder zu machen
Im Mai 2010 erklärte er in einer Ansprache vor Familienangehörigen der Opfer eines Bergwerksunglücks, dass das „Leiden der Bergleute Teil ihrer Arbeit“, ihr „Schicksal“ sei. Ähnlich wurden Erdbebenopfer abgekanzelt – sie seien selbst Schuld gewesen, wenn sie sich in unsicheren Gegenden angesiedelt hätten. „Schicksal“ Wer daran zweifelte, wurde zynisch aufgefordert, seinen Glauben zu drohten, das gesamte Gefüge der islamischen Welt zu verändern und damit die privilegierte Position der Türkei als „Vorbild“ und „Brücke“ zum Westen in Frage zu stellen
Andererseits hatten islamistische Bewegungen in Tunesien und Ägypten viel aus dem Scheitern der „islamischen Revolution“ im Iran gelernt Vor allem die Muslembruderschaft knüpfte daher enge Verbindungen mit der ErdoğanRegierung an, die ein Muster dafür war, wie man eine vom Imperialismus akzeptierte Synthese aus Islam und kapitalistischer Modernisierung wagen konnte
Der „demokratisch legitimierte“ Griff nach der Macht in Ägypten scheiterte am Militär Vielleicht einer der Gründe, warum Erdoğan, dem ähnliches aus der Geschichte seines Landes vertraut war, seine Unterstützung für die Muslimbruderschaft nach deren Unterdrückung noch de
Zugleich spitzten sich – unter dem Eindruck der internationalen Wirtschaftskrise, die auch das „türkische Wunder“ erfasst hatte gleich mehrere Krisen zu. Immer kritischer wurden die Stimmen, die Korruption und Bereicherung an der Spitze der AKP und beim ErdoğanClan selbst kritiierten Urbane, junge Schichten protestierten im Sommer 2013 rund um die geplanten Bauprojekte am GeziPark gegen die Regierung und wurden brutal niedergeschlagen Wahlweise wurden sie als kemalistische, kommunistische oder prokurdische Terroristen diffamiert
In dieser Situation kam es zum Bruch zwischen der GülenBewegung und der AKP
Die einflussreichen Medien der GülenBewegung kritisierten Erdoğan und die AKP nicht nur wegen des GeziPark Projekts; auch die überraschend kompromisslerische Haltung der AKP gegenüber der kurdischen Volksgruppe zu diesem Zeitpunkt (die wohl unter dem Druck der panarabischen islamistischen Ideologien, die wäh rend des „arabischen Frühlings“ grassierten, formuliert wurde) erregte den Zorn des Predigers im amerikanischen Exil
Der Bruch innerhalb der islamischen Bewegung war für Erdo an eine ernsthafte Gefahr Immerhin hatten sich mittlerweile neben Al Kaida mit Daesh Kräfte in der Region festgesetzt, die ein zwar komplett anderes, aber zumindest militärisch erfolgreiches islamistisches Projekt verfolgten: Die Errichtung eines Kalifats, wobei sich dieses plötzlich mit der Eroberung reicher Ölvorkommen in Libyen und der Ölindustrie im Irak zu einem gewichtigen regionalen Wirtschaftsfaktor entwickelt hatte.
Innenpolitisch hatte der Wahlerfolg der (prokurdischen) HDP die Alarmglocken schrillen lassen Die Armee, wegen ihrer säkularen kemalistischen Traditionen durch die AKP systematisch geschwächt, wurde nun wieder aufgewertet und in einen nicht deklarierten Krieg gegen die Kurdinnen und Kurden im eigenen Land geschickt Zugleich wurden die Grenzen gegenüber Syrien für Unterstützer und Waffen für Daesh und Dschihadisten durchlässig gemacht Das türkische „Wunder“ ging im Kanonendonner an der Grenze den Bach hinunter.
Der islamistische Charakter der AKPRegierung trat nun immer offener zu Tage Die Bombenanschläge auf kurdische Aktivisten und Demonstrationen wie jene vom Oktober 2015 in Ankara, die an die 100 Tote forderten, zeigten eine deutliche Radikalisierung der Methoden des Regimes, das immer offener die demokratische Maske fallen ließ
Das Attentat in Ankara wurde nach offiziellen Angaben von DaeshTerroristen verübt; Fakt ist aber, dass die massiv anwesende Polizei nach dem Anschlag Tränengas gegen die Demonstranten einsetzte, viele Teilnehmerinnen und Teil nehmer wegen „kommunistischer“ Symbole festnahm und Ambulanzen an der Bergung von Verletzten hinderten Das erinnert stark an – Ergenekon.
Nun begann die AKPSpitze, allen voran Erdoğan, auch die Parteibasis auf die Straße zu bringen. Dekrete zur Schließung kritischer und oppositioneller Zeitungen und Fernsehsender arteten zu Sturmangriffen bewaffneter AKPAnhänger auf Redaktionen und TVStudios aus Islamistische Banden überfielen in den Großstädten Lokale, in denen Alkohol ausgeschenkt oder westliche Musik gespielt wurde. Unverschleierte Frauen wurden angepöbelt und geschlagen. Mittlerweile verwüsteten die Panzer der Armee die kurdischen Städte und Dörfer
Diese Kombinationen aus staatlichem Terror und gewalttätigen Massenmobilisierungen erinnern stark an klassische bonapartistische Regimes. Also an eine bürgerliche Herrschaftsform, die zwar ähnliche Züge aufweist wie der Faschismus, aber noch nicht stark genug ist, zum Generalangriff auf die Arbeiterbewegung und die bürgerlichdemokratischen Einrichtungen überzugehen Vor allem beanspruchen die Führer bonapartistischer Bewegungen, „die Nation“ zu verkörpern, über den Klassen zu stehen. Genauso agiert Erdoğan mit seiner AKP
Dass der Putsch „wie gerufen“ kam, kann daher nicht wundern Jetzt hatte die AKP endgültig die Gelegenheit, die Armee gründlich zu „säubern“ und ihre Anhänger noch massiver auf die Straßen zu rufen.
Gewiss gingen in den ersten Stunden nach dem Bekanntwerden des Putsches nicht nur AKPAnhänger auf die Straßen, um sich den aufrührerischen Truppen entgegenzustellen Auch sozialistische Arbeiterinnen und Arbeiter, Gewerkschaftsaktivisten und die Reste der GeziParkBewegung wussten, was putschende Militärs in ihrem Land schon an Massakern angerichtet hatten Aber noch in der Nacht von 15. auf den 16. Juli klärte sich das Bild: die „Demonstrationen für die Demokratie“ arteten in Überfälle auf alevitische (die Aleviten sind eine vom Mainstream des Islam abweichende Sekte) Gemeinden und AKPfeindlich gesinnte Stadtteile in Ankara, Istanbul und anderen Städten aus In Ankara zerstörten die seltsamen Demokraten der AKP das Gedenkmal für die Opfer des Attentats auf die Friedensdemonstration vom vergangenen Oktober Noch ehe die Anführer des Putsches festgenommen worden waren, hatte Erdoğan bereits bekanntgegeben, wer hinter dem Aufstand stecke: Die GülenBewegung. Und wie aus dem Nichts tauchten sofort Listen mit tausenden Namen von „Verrätern“ auf, die umgehend verhaftet wurden.
Der Druck auf die kleinbürgerliche und bürgerliche Opposition war so groß, dass auch die CHP an der von Erdo an angeordneten „Demonstration für die Demokratie“ drei Tage nach dem Putschversuch teilnahm Skrupellos nutzt Erdoğan die Situation, um seine persönliche Macht auszubauen.
Das Scheitern des „türkischen Wunders“ hat zu einer deutliche Abkühlung des Klimas zwischen dem türkischen Staat, der USAdministration und den Regierungen der wichtigsten imperialistischen Länder der EU geführt
Im Eilzugstempo hat Erdoğan daher versucht, eine neue Achse mit dem ebenfalls verfemten jungen russischen Imperialismus zu schmieden
Das Zweckbündnis trägt nun erste, blutige, Früchte: Die AKPRegierung stößt mit Panzerverbänden nach Syrien vor, nicht, um dort ernsthaft Daesch zu bekämpfen, sondern um die mit den USA verbündeten kurdischen Verbände der Volksverteidigungskräfte zurückzudrängen
Denn nach wie vor will die Regierung einen möglichen kurdischen Staat an der türkischen Grenze verhindern
Auch unter dem Eindruck des seltsamen Putschversuchs kann es keinerlei Unterstützung für das AKPRegime geben:
Für den Sturz des ErdoğanRegime!
Nieder mit den putschistischen Offizieren!
Entwaffnung der Polizei, der Armee und der Geheimdienste!
Selbstverteidigungskomitees gegen die islamistischen Banden und das Militär in Fabriken, Universitäten, Stadtteilen und Dörfern!
Freilassung aller Klassenkriegsgefangenen in den türkischen Gefängnissen!
Anerkennung der nationalen Rechte der Kurden, Armenier und aller anderen unterdrückten Nationalitäten!
Sofortiger Rückzug der türkischen Truppen aus Syrien!
Für Rätemacht und Sozialismus!
Die Revolutionäre Arbeiterpartei auf dem Boden des marxistischen Programms aufbauen!