Atlas 02 Deutsch

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ATLAS Die Welt bewegt: Das Magazin von Gebrüder Weiss

Ausgabe 02

Zukunft Rainer Groothuis

Die Katze jagen Matthias Politycki

Leuchtende Stadt Harald Martenstein

Zukunft, Zauberer, Zauderer Familiengewinnspiel

Wie soll die Welt einmal werden? Außerdem: Geschichten des ­Gelingens, Reisen in der Röhre, Punk und Soul in the machine.


2 ATLAS

Zurück in die Zukunft: Aus den 1960er Jahren ­grüßen Die Jetsons.


»Es gibt keinen Grund, dass jeder einen Computer bei sich zu Hause hat.« Ken Olsen, 1977

Bis in die 1970er Jahre hinein waren Computer meist noch raum- oder mindestens schrankgroße Rechenmaschinen. Begeistert von der Idee eines »per­sön­ lichen Computers« waren nur einige wenige T ­ üftler. Ken Olsen, Gründer einer damals führenden Computerfirma, der Digital Equipment Corpora­­tion, trieb die Entwicklungen auf dem Gebiet der PCs seit den 1960er Jahren maßgeblich voran und ebnete den Weg für die digitale Revolution. Die Bezeichnung »Computer« für seine Rechenmaschinen vermied er dabei geflissentlich, um sich von der Konkurrenz abzugrenzen.


»In Amerika mag es einen ­Bedarf für das Telefon geben, aber nicht bei uns. Wir ­haben ausreichend Laufburschen.« Sir William Preece, 1876

Trotzdem installierte William Preece 1876 als Chef­ ingenieur des British Post Office das erste Telefon in Großbritannien. Es gelang ihm außerdem als einem der Ersten, Morsesignale über eine Distanz von mehr als einer Meile über Wasser zu senden und zu empfangen; als Pionier auf dem Gebiet des drahtlosen Telegrafierens schuf Preece zudem die Grundlage für zukunftsweisende Entwicklungen in der Kommunikationstechnik. Für seine ­Verdien­s­te um das britische Informationswesen wurde er nach seiner Pensionierung zum Ritter geschlagen.




»Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorüber­ gehende Erscheinung.« ­ Kaiser Wilhelm II., 1895

Um 4.000 v. Chr. wurde das Rad erfunden und damit schon fast das Auto. Mit Beginn des 20. Jahrhun­derts lösen die motorisierten Fahrzeuge nach und nach die Pferdefuhrwerke ab – natürlich nicht ohne Widerstand durch das Handwerk, das von dem Geschäft rund um das Fuhrwerk lebte und nun zer­fallen mus­s­te. Auch die Zivilbevölkerung war nicht nur be­­gei­s­ tert, als die ersten Autos lärmend durch die Straßen kurvten. Der Kaiser schaffte sich dann übrigens auch einen motorisierten Fuhrpark an.


6  Zahlen und Fakten

Seit 30 Jahren im Einsatz für Gebrüder Weiss: Klaus Schwärzler, unser Mann für alle Fälle. Früher fuhr er Lkw, dann kümmerte er sich um die Haus­ technik. Und obwohl er 2005 pensioniert wurde, ist er weiterhin zur Stelle. Zuverlässig, gut gelaunt – Tag für Tag.


D

ie Zukunft selbst ist ja eigentlich nichts Neues. Es hat sie immer schon gegeben. Und immer noch können wir etwas aus ihr ­machen – in dieser Ausgabe des ATLAS ­widmen wir ihr einen Schwerpunkt. Wir berichten aus China, wo sie, die Zukunft, ­fünfzehn Jahre d ­ auert, reisen mit Zeitkapseln ein Stück zurück und mit dem Hyperloop weit nach vorn, b ­ egegnen unterwegs David Benedek auf dem Burning Man-Festival, treffen Punks in Peking und sprechen mit dem Trucker Alois Tement. Wir danken Ihnen sehr für die Reaktionen auf den ersten ATLAS und hoffen, dass Ihnen diese Ausgabe noch besser gefällt. Denn nach oben ist immer Platz. Und da wollen wir doch hin. Herzlich, Gebrüder Weiss Wir freuen uns über einen International Cor­porate Media Award (icma) in ­Silber für ­»vorbildliches Konzept und ­Design« in der ­Kategorie »Customer Magazines B2B«.


Beliebt

Verbrüdert

Verbracht

Anzahl der Freunde von Gebrüder Weiss bei Facebook:

Durchschnittliche Zahl der Freunde in sozialen Netzwerken j­ e Nutzer in:

Durchschnittliche Nutzungsdauer von sozialen Netzwerken je Nutzer in Stunden/Woche in:

6.950

Österreich

119

USA

179

Türkei

190

Österreich

3,8

USA

4,7

Türkei

Beliefert

bewegt

Die größten Exportländer nach Exportwert in Mrd. USD (2012):

Der GW-Landverkehr transportierte 2013 10,2 Mio. Sendungen mit insgesamt mehr als 7,6 Mio. Tonnen. Das entspricht dem Gewicht von so vielen Blauwalen:

China

2.049

USA

1.547

Deutschland

1.407

Japan

799

Niederlande

656

Frankreich

569

Südkorea

584

7,7

40.000

Quelle Statistisches Bundesamt

Beschleunigt

gebAUT

Dynamik des Individualverkehrs in Österreich und China

650.000.000 € hat der Nachbau des österreich­i­ schen Alpendorfes Hallstatt in der subtropischen Pro­vinz Guangdong (China) ­ge­kostet.

4 % autobesitzer

50 % autobesitzer

Unterwegs

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort – dafür sorgen bei GW täglich:

8.192.900 bevoelkerung

6.000 Mitarbeiter

1.313.973.800 bevoelkerung 40

40 80

0

oesterreich

wachstum 2013 in %

china

– 5,1% PKW-Neuzulassungen 2013

+ 23% PKW-Neuzulassungen 2013

Quelle Prof. Stephan Bratzel, Center of Automotive Management, FH Bergisch Gladbach

befördert

Eine Umfrage unter Experten zeigt, welche weltweiten Handelsströme in Zukunft das größte Wachstumspotenzial haben:

0

wachstum 2013 in %

Verbunden 80

Anzahl der Tage, die ein Güterzug vom Hafen Zhengzhou (China) bis nach Hamburg unterwegs ist:

18

Verfrachtet

2012 innerhalb Chinas transportierte Güter nach Frachtwegen in Mrd. Tonnen:

31, 885

13%

asien

Nennungen

europa

24%

Nennungen

4,587 3,904

16%

Nennungen

0,5

afrik a

Quelle Transport Intelligence – Expert Research & Analysis

Quelle China Federation of Logistics and Purchasing


Die Welt bewegt: Rainer Groothuis

David Benedek

10

Die Katze jagen

48

Burning Man

Justus wille

54

Wie der  nach China knuP kam und blieb

Matthias Politycki

Leuchtende Stadt

58

Zwischen Orient und Okzident

62

65

66

Zukunftsstimmen

28

30

32

33

Nachgelesen Alles im Fluss

56

Die Welt orange

Dana Giesecke

Wer will ich einmal ­gewesen sein?

Geschichten des ­Gelingens Weiss in Grün

34

Alois Tement

»Romantik? Vergesst’s das.«

Reisen in der Röhre – Elon Musks Hyperloop

36

Harald martenstein

heike hansen

Zeitkapsel: Plunder­kiste, Archiv und Pop-Art

44

Das Familiengewinnspiel

Wie soll deine Welt einmal werden?

46

Zukunft, Zauberer, Zauderer

70

72 Impressum



Die Katze jagen Moden, tempo, Stimmungen – Fährtenlesen in Westchina


12  DIE KATZE JAGEN

Hier sind Fremde noch willkommene Anlässe für das Staunen über die Welt, die so groß ist, dass es ­tatsächlich Blonde gibt aus einem Jenseits der Mitte.

reportage:  Rainer Groothuis

A

uch Chengdu wurde in den letzten Jahren von »Go West« mehr oder weniger unsanft geweckt. GoWest – Name der ­Strategie der »Großen Erschließung« Westchinas, 1999/2000 von der Zentralregierung in Peking beschlossen und begonnen, jene Erschließung, die den unter­ entwickelten Westen des großen Landes voranbringen und viele Menschen aus seinen ländlichen in die städtischen Räume bringen sollte. Chengdu ist heute eine feste Burg des »Money, just make money«, ist einer der Motoren der wirtschaftlichen Entwick­ lung Westchinas, wobei das benachbarte Chongqing noch mehr PS auf die Straße der Dynamik bringt. Chengdu, nur 14 Millionen Bewohner, Stadt mit reicher Geschichte, Haupt­ stadt der westchinesischen Provinz Sechuan, 2.400 Kilometer westlich von Shanghai, 1.900 südlich von Peking. Längst gibt es hier alles für diejenigen, die alles bezahlen können. An Chengdus Renmin South Road prangt das »Maison Mode« mit Gucci und Fendi, auf der Häuserzeile gegenüber leuchten die Namen Vuitton, Dior, Zegna; man spielt Golf und Polo. Am Ende des Boulevards winkt ein über­großer Mao den vorfahrenden Limousinen – gern deutscher Oberklassen­ bauart – zu, die Damen und Herren mit ihren Einkaufstaschen abholen. Kreuzung in Chengdu in einer ruhigen Minute des städtischen Verkehrs.


DIE KATZE JAGEN

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14  DIE KATZE JAGEN

Mäuse, Massenware Deng Xiaoping wird ab Ende der 1970er Jahre Nachfolger Maos im Zentrum der Macht. Er will China modernisieren, wirtschaftlich revolutionieren und dabei den Führungs­ anspruch von Partei und Kommunismus mit einer »demokra­ tischen Diktatur des Volkes« erhalten. Mit seinem Bonmot »Es spielt keine Rolle, ob die Katze schwarz oder weiß ist – ­solange sie Mäuse fängt, ist sie eine gute Katze« beginnt die Öffnung Chinas im Zeichen eines unbegrenzten, allein profit­ orientierten Kapitalismus – ein kolossaler Kurswechsel, der das Land bis heute atemlos hält und das »Alte China« in wei­ ten Teilen zu einer romantischen Erinnerung macht. 1989, das Jahr der Demonstrationen, und deren furcht­ bares Ende auf dem Platz des Himmlischen Friedens wurde ein Trauma für die Partei, und scheint es noch immer zu sein. »Vieles hat sie seitdem unternommen, das Volk besser zu stimmen und zu beruhigen«, sagt Jack, 43, Sales Manager eines internationalen Logistik­unternehmens. Auch aus dieser Absicht der Beruhigung durch wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt entstand GoWest – was spontan nach Planwagen, nach John Wayne und Calamity Jane klingt, ist eines der größ­ ten Wirtschafts- und Strukturprogramme, das die Mensch­ heitsgeschichte kennt. Und eines der erfolgreichsten, was die Erreichung seiner Zielsetzungen betrifft. 2020 sollen sie auch im Westen des Landes geschaffen sein, die Bedingungen des »kleinen Wohlstands«. Im Zuge von GoWest wurden von 1999 bis 2009 allein 1,74 Trillionen Yuan (das sind 209 Billiarden Euro) investiert: in Straßen, öffentliche Gebäude, Flughäfen und Häfen, Bahnhöfe. Außer­ dem in immense steuerliche Förderungen von Industrie­ ansiedlungen in diesem Westen, der 71 Prozent der chinesi­ schen Landesfläche darstellt, in dem 400 Millionen Menschen ­leben. Das regionale Bruttoinlandsprodukt stieg von 1999 bis 2008 um das 3,7-Fache, das Wachstum im Westen lag in den letzten ­beiden Jahren über dem Durchschnitt Chinas.

Es gibt sie noch, die Fahrräder, die früher das Straßenbild ­Chinas prägten und inzwischen fast von motorisierten Zwei­rädern abgelöst sind.


DIE KATZE JAGEN

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DIE KATZE JAGEN  17

links: Blick in den Wangjiang Tower Park in Chengdu; oben und unten: Szenen im People’s Park.

Die Welt, ein Park Chongqing, People’s Park: Nicht nur am Morgen wird Tai-Chi gemacht, es gibt Tanzgruppen zu westlichem Pop und öst­ lichen Klängen, eine schräg improvisierte öffentliche Moden­ schau von flotten 50-plus-jährigen Frauen, da sind Hip-Hopper und Punks, Karaoke wird gesungen. Die Alltagskultur West­ chinas ist geprägt von Lässigkeit, mit der man auch den Tra­ ditionen nachgeht, wie der Kalligraphie, dem Straßenessen in Gruppen, dem familiären Zusammensein. Und da die Eltern viel arbeiten müssen, werden viele Enkel inzwischen von ­ihren Groß­eltern betreut, die so lebendiger Teil dieser Öffent­ lichkeit bleiben. Ein fast Zahnloser tritt auf mich zu, malt mit Kreide »US?« auf das Pflaster. Als ich den Kopf schüttle, folgen »France?«, »DK?«. Bei »GER?« nicke ich, er strahlt und vervollständigt mit »many« und »Goete« und »Leiden des jungen Werthes« – längst steht eine Traube neugieriger Chinesen um uns herum, die erfahren wollen, was der Landsmann herauskriegt aus der Langnase. Wie überall reichen ein paar Brocken Englisch, Gestik und Mimik, die Augen vor allem. In denen wohnt die Seele, sagt man in China. Verstohlen werden Fotos von dem Fremden gemacht, die Kinder staunen, und die Großen la­ chen, albern, rufen sich Fetzen zu – und alle sind’s zufrieden, als diese Begegnung zwischen Ost und West nach zehn Minu­ ten heiter auseinandergeht. So ist das in Westchina. Noch sind Fremde willkommene Anlässe für das Staunen über die Welt, die so groß ist, dass es tatsächlich Blonde gibt aus einem Jenseits der Mitte.


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Abendliche Rushhour.


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Oben Politik, unten Kommerz.

Das Lächeln am Ende einer wilden Fahrt.

Life und Fun China hat rund 1.400 Millionen Einwohner, muss mit nur 7 Prozent der Erdoberfläche 20 Prozent der Weltbevölkerung versorgen. Da bleiben viele zurück bei den Hürdenläufen der rapiden Entwicklung: Die Zahl der Wanderarbeiter wird auf derzeit etwa 250 Millionen geschätzt – entwurzelte Landbe­ völkerung, die, getrieben von den Entscheidungen der Zentral­­ regierung, Arbeit, Auskommen, Überleben in den Städten sucht; die Frauen mit den zerfurchten Gesichtern, die durch die Shopping Malls und über die Boulevards schlurfen, Klei­ nigkeiten feilzubieten, die aus Mitgefühl auch gekauft werden. Jene Radfahrer, die auf ihren Gepäckträgern Lumpen oder Alt­­ papier türmen und damit durch den Verkehr balancieren, die gebückten Männer, die ihre Lastkarren mühsam vor sich her­ schieben, oder jene Knochigen, die für wenige Yuan auf ihren Schultern die Einkäufe anderer von den Märkten nach Hause tragen. Motive eines Alten China, einer Logistik der Armut. Das neue China, das aktuelle, ist global. Das Design des 16 -kanaligen Staatsfernsehens CCTV ist gezeichnet in kräfti­ gen Farben, sein Programm bietet alles zwischen Soap und Show und Show und Soap, ein bisschen italienisch vielleicht. Gut aussehende, westlich gestylte und make-up’te Menschen preisen in der Werbung ihre Produkte, kraftvoll, hübsch, cool, smart. Kein Kommunismus, der da blinzelte, kein Unter­ schied zum Rest der konsumistischen Welt. Jeder ist ein IchMagazin und der beste Freund das eigene Smartphone, das übrigens ein jeder hat, egal wie alt oder arm.

Sinfonie der Bewegung Walther Ruttmann würde seinen Film Die Sinfonie der Großstadt von 1927 heute wohl eher in einer der chinesischen Städte drehen, kaum mehr in Berlin. Schon wegen des wun­ derbaren Verkehrs: Nichts scheint zu gehen, aber alles fließt. Es wird geschnitten, gedrängelt, geschubst, geschoben, die Musik dazu schreibt das ununterbrochen lärmende Quie­ ken, Röhren, Brummen, Bellen, Quaken, Fiepsen der Hupen von Mofas, Motorbikes, Vespagleichem, Pkws, Lkws, TukTuks und all den Eigenbauten dazwischen. Dieser Verkehr und seine Inszenierung sind nichts für jene, die sich zum ­Brötchenholen einen Helm aufsetzen, in jeder Muschel eine Hepatitis sehen und Ampeln brauchen, um Straßen zu queren: Es gibt zwar Zebrastreifen, aber auf ihre Wirkung verlassen sollte man sich nicht. In Chengdu sind die Taxen laubfrosch-neongrün und ­zumeist ein kantiges Modell des VW Jetta, in Chongqing sind sie gelb wie die Cabs in New York und ein buntes Marken­ gemisch. Die Fahrer sprechen kein Englisch und sind von grandioser Sturheit. Spottbillig ist das Taxifahren. Sie können sich auch einem Tuk-Tuk anvertrauen, einem motorisierten Dreirad, mit mehr oder weniger Karosserie drum herum: Da sitzen Sie dann wie in einer Loge im Verkehr, hören nicht nur seine Geräusche, sondern genießen auch seine Gerüche unmittelbar. Und kommen all den Passanten ganz nah, die fast, immer nur fast, angefahren werden.


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Blick von Ciqikou auf das andere Ufer des Jialing.

Rundköpfe und Spitzköpfe GoWest hat Wirkung gezeigt, vielen in Western China geht es heute besser als vor Jahren. Die Wohnungen haben Bäder und fließend Wasser, es gibt Raum für die Kinder, man fährt in Urlaub. »Vor zehn Jahren stand hier fast kein Auto«, sagt Will, als wir aus einem übervollen Parkhaus fahren, »heute haben viele Familien sogar zwei.« Und die meisten sind neu. Doch habe das Reich seine Mitte aus stolzer Kultur, Tradi­ tion und Geschichte verloren. Was die Kulturrevolution nicht vermochte – die Zerstörung der »vier Relikte« (alte Gedanken, alte Kultur, alte Gebräuche, alte Gewohnheiten) –, schleifen jetzt Dauerboom und Globalisierung. Orte der Erinnerung, Häuser, Plätze, Straßen verschwinden, Sagen, Mythen, Legen­ den werden vergessen. Ein Leben, nur dem Geld gewidmet – was wäre das auf Dauer? Es sei eine Herausforderung für die Zentralregierung, den Fragen von Perspektive und Sinnsuche neue Antworten zu geben.

Vor zehn Jahren gab es in China keinen Dollarmilliardär, inzwischen sind es über 300, hinzu kommen circa 2,8 Millio­ nen Millionäre. Und es gibt eine wachsende soziale Mitte. Gerade dieser Mitte, die hart arbeitet, ist Korruption beson­ ders verhasst, sie begrüßt die Maßnahmen der Regierung, die Korruption einzudämmen und hart zu bestrafen. Denn Chine­ sen, so sagen Umfragen, haben nichts gegen Reichtum an sich, aber gegen unverdiente Privilegien haben sie sehr viel. Früher, als man gleicher zu sein schien, gab es weniger Unzu­ friedenheit, weniger Wut und weniger Scham bei jenen, die unten waren; heute wird das Leben im Wenig oft als Demüti­ gung empfunden. Nebel, Not und Nippes Zwischen den Städten das Alte China? Auf der Bahnfahrt von Chengdu nach Chongqing erzählt kaum etwas von Früher.

Sichuan

Mit einer Fläche von 485.000 km2 ist Sichuan größer als Deutschland und Österreich zusammen. Aufgrund des milden Klimas und der fruchtbaren Böden ist die Provinz stark landwirtschaftlich geprägt, erwirtschaftet aber mehr als ein Fünftel des Bruttoinlandsprodukts aller westlichen Provinzen Chinas. Hauptstadt

Chengdu

Kasachstan

Russland

Ürümqi

Einwohnerzahl Nordnord Korea Korea

Xinjiang Innere Mongolei

ca. 82 Mio.

Peking

Dichte Ningxia Qinghai

Gelbes Meer

ca. 179 Einw./km2

gansu Shaanxi

Shanghai

Tibet Sichuan Nepal

Chengdu Jangtsekiang

69,7 Jahre

chongqing

Ostchinesisches Meer

Bhutan Guizhou Indien

Guangdong Yunnan

Burma

Guangxi

Guangzhou (Kanton)

Hong Kong Vietnam

Durchschnittliche Lebenserwartung

Fläche

485.000 km 2



Im Abendlicht glänzt ein fünfstöckiges Restaurant auf dem Jangtse.


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DIE KATZE JAGEN 25

Szenen in Jiefangbei.

Man sieht Gehöfte, Ansiedlungen, Dörfer, in denen vieles aus Beton ist, gekrönt von blauen Wellblechdächern. Und durch diese Landschaften ziehen sich schon wieder neue Ständer­ trassen, für neue Straßen, neue Gleise, während unter ihnen einzelne Bauern noch auf ihren kleinen Feldern stehen. Chongqing, eigener Stadtstaat, direkt der Zentralregie­ rung unterstellt, mit 30 Mio. Menschen das größte Stadtgebiet der Erde, durchflossen von Jangtse und Jialing. Oft genug schicken die Flüsse Nebel, was ihr den Beinamen »Stadt der Nebel« gegeben hat. Jiefangbei, Einkaufs­vier­tel der Kleinhändler, Ärmeren und Armen, in Laufnähe zum Jangtse. »Kaufen, kaufen!«, gellt es in den Straßen, durch die sich Zehntausende drängen. Unter den neuen Türmen das alte Basarleben, in dem es um jeden Yuan geht, der heraus­gefeilscht wird – in einem unglaublichen Lärm. Hier preisen Jungs via Megafon Polyesterjacken oder Decken, sitzen M ­ ütterlein und verkaufen Ratschen, Ballons, Federn; wer nichts mehr kann und gar nichts hat, stiert in den Strudel, ein Schild vor sich, das erklärt, warum gerade ihm gegeben werden soll. Vor dem Arhat-Tempel hocken, stehen, liegen die Versehrten und Missgebildeten, auf Krücken, selbst­ gebauten Rollstühlen, um­funktionierten Skateboards halten sie den Tempelbesuchern fordernde Hände entgegen. Wie anders ist es doch in Ciqikou, einem westlich gelege­ nen Disneystadtteil am Jialing, dem zweiten Fluss, der durch Chongqing fließt. An diesem Morgen scheint die Sonne noch milchig über diesem Stück eines Alten China. Das wind­ schiefe Fachwerk, die abgetretenen Steine der Gassen, über allem Treiben der Pu-Lun-Tempel, in dem es wieder buddhis­ tische Mönche gibt. Denkmalgetreu restauriert, wurde Ciqi­ kou ein Magnet, vor allem für die chinesischen Touristen, die hier Ein­drücke von ihrer Vergangenheit sammeln, Krims, Krams, Souvenirs kaufen und von einer Essbude zur nächsten wandern. Ciqikous Hauptgasse endet am Jialing. Hier finden sich dutzende Tee- und Garküchen, angerostete Karussells, Kar­ tenleger, Weissager, zwei alte Autoscooter. Die Menschen haben Spaß, flanieren, spielen, sitzen in der Sonne. Es könnte schon immer so gewesen sein und immer so bleiben. Doch am anderen Ufer strecken sich bereits die Fährten der Zukunft in einen inzwischen klaren Himmel.


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DIE KATZE JAGEN  27

Blick auf einen der Container­häfen in Chongqing.

Go west, go future Chongqing ist der Treiber für GoWest. Schon 200 der 500 weltgrößten Unternehmen sind hier vertreten. Hier werden weltweit die meisten Motorräder gebaut, BASF liefert über den Jangtse Container nach Shanghai, andere beschicken von Chongqing aus Mexiko und Südafrika. Die Hafenwirtschaft floriert, können doch jetzt auch Schiffe mit 500 Containern und mehr den Jangtse hinauffahren, um in den Fluss­häfen der Stadt abgeladen oder auf andere Schiffe verteilt zu wer­ den, mit denen es noch weiter flussauf geht. Mittlerweile gibt es eine Güterbahnverbindung zwischen Chongqing und Duis­ burg, 16 Tage sind die Züge unterwegs, queren Kasachstan, Russland, Weißrussland, Polen. China knüpft in diesen Jahrzehnten an seine Geschichte als große Handelsnation an – noch 1820 war Chinas Wirt­ schaftsleistung größer als die Europas. Und Wirtschaft und Handel werden abermals einen Wandel erfahren, denn das Land und seine Unternehmen werden dazu übergehen, ­weniger Arbeit, aber mehr eigene Produkte herzustellen und zu verkaufen. Während jene Unternehmen, denen es um die billigste Arbeit geht, schon nach Bangladesch oder Kam­ bodscha weiterziehen, entwickelt China eine eigenständige ­Automobil- und Luftfahrtindustrie, bietet das Land konkur­renz­ fähige Hochgeschwindigkeitszüge, Chemiefabriken, Stahl­ werke, Solarlösungen auf den Weltmärkten an. Erfolgreicher Handel braucht, sucht und findet immer auch Handelswege, Wege, die mit moderner Logistik effizient bewältigt werden. Dabei kommt die historische Seidenstraße wieder in den Blick, dieser Landweg von Europa über Mittelnach Ostasien, ein gewaltiges Straßennetz, das nicht nur ­Waren, Kaufleute, Weise und Soldaten, sondern auch Ideen, und Kulturen transportiert hat. Und so, wie Marco Polo seinen Weg nach China fand, werden chinesische Waren ihre Wege nach Europa finden und umgekehrt. Und mit ihnen neue ­Ideen für die Zukunft. 2014 ist übrigens das Jahr des Pferdes – in China Symbol unter anderem für Tatendrang und Beschleunigung.

Rainer Groothuis, geboren 1959 in Emden/Ost­ friesland, ist Gesellschafter der Kommunikations­ agentur Groothuis. www.groothuis.de Mit herzlichem Dank an Jack Li, Shawn Wang, Will Wu, William Xiong, Quick Zhou und David von Schwerin für ihre Unterstützung.


knuP nach China Wie der  kam und blieb Oder: Wie ausrangierte Kassetten der Subkultur eine Zukunft geben


Punk ist auch in China vor allem eine Lebenseinstellung: Eine rebel­lische ­Attitüde (links) und nonkonformes Aus­ sehen (rechts) gehören dazu. Eindrücke aus der Szene fi ­ nden Sie mit dem QR-Code.

text:  Justus Wille  fotos:  Matthew Niederhauser

E

igentlich waren sie Überschussware, die Musikkas­ setten mit dem auffälligen Loch, die auf Chinesisch ­dakou (»löchern«) genannt werden, welche die gro­ßen west­lichen Plattenlabels in den 1990er Jahren als Elek­tro­ schrott ins Ausland verkauften. Über Umwege gelangten viele davon nach Südchina – und auch wenn die fingernagelgroßen Ausstanzungen die Tonträger eigentlich unbenutzbar hätten ­machen sollen, konnten die meisten mit etwas gutem Willen weiterhin abgespielt werden. Bald schon bemerkten findige chinesische Geschäftsmänner, dass auf dem Schwarzmarkt ein reges Interesse an dem bunten Mix aus westlicher Musik bestand, der da unverhofft »angeschwemmt« worden war. Und so dauerte es nicht lange, bis auch in chinesischen Wohn­ zimmern und Studentenbuden die »Spice Girls«, »Morrissey« oder »Sting« aus den Boxen klangen. Aufnahmen der großen Punkbands der 1970er und 1980er Jahre waren damals eben­ falls dabei – »Ramones«, »Sex Pistols«, »The Clash«, oder »The Cure«. Gemeinsam mit von ausländischen Studenten ins Land gebrachter Punkmusik bedeuteten diese Kassetten die Stunde null des chinesischen Punks. Bereits Mitte der 1990er Jahre gründeten sich die ersten chinesischen Punk­ bands mit klingenden Namen wie »Anarchy Boys«, »Shitdog«, »Brain Failure«, »Underbaby«, »Hang on the Box« oder ­»New Pants«. Rebellische Attitüde mit Leder­jacke, Nieten­ gürtel und Irokesenschnitt inklusive. Zunächst war es für die Punker nicht leicht, in der Musik­ szene Fuß zu fassen. In den 1980er Jahren hatte Cui Jian, der Godfather of Chinese Rock, die Rockmusik bei der chine­ sischen Jugend populär gemacht, das darauffolgende Jahr­ zehnt war immer noch stark von Rock und Heavy Metal ge­ prägt. Ein wichtiger Fixpunkt für die Punkmusiker wurde der Pekinger Scream Club, dessen Eigentümer später auch als einer der Ersten Platten mit chinesischer Punkmusik produ­ zieren sollte. Frühe Zentren des chinesischen Punks waren neben Peking auch Wuhan und Nanning in den südlichen Provinzen Hubei und Guangxi. Heute konzentriert sich die immer noch recht überschaubare Szene stark auf die Haupt­ stadt.

Anfang des Jahrtausends geriet auch die chinesische Musik­industrie durch Raubkopien und Digitalisierung in eine finanzielle Krise. Für junge Punkbands wurde es immer schwieriger, Produzenten für ihre Platten zu finden. Nichts­ destotrotz entwickelte sich die Szene stetig weiter und wurde

»Auf dem Schwarzmarkt bestand   ein reges Interesse an dem bunten Mix aus westlicher Musik.« immer lebendiger und differenzierter. Auch der Westen wur­ de nun auf das Phänomen »chinesischer Punk« aufmerksam. Große Labels nahmen einzelne Bands unter Vertrag und schickten sie als Vorgruppe internationaler Acts auf Tourneen durch Europa und die USA. Filmdokumentationen brachten diese wütenden jungen Chinesen, die so gar nicht in das Bild des braven und fleißigen Asiaten passen wollten, und ihre laute, wilde Musik einem staunenden westlichen Publikum näher. Die Helden der ersten Stunde wurden längst von neuen Bands wie »Carsick Cars« oder »Snapline« verdrängt, und nicht nur in Peking gibt es mittlerweile große Musik­festivals, auf denen international berühmte Bands aus dem Westen gemeinsam mit den Stars der chinesischen Szene die Head­ liner bilden und vor Zehntausenden von Fans spielen. China hat in atemberaubendem Tempo aufgeholt. Auch in Sachen Punk.

Justus Wille, geboren 1981, studierte Sinologie und Musikwissenschaften in Oxford, Hamburg und ­Peking. Sein besonderes Interesse gilt der chinesischen ­Musikkultur. Er arbeitet als Künstlervermittler für die Konzertdirektion Dr. Rudolf Goette in Hamburg.


30  ET CETERA: CHINA

Leuchtende Stadt Matthias Politycki über Kanton – eine Stadt, die man kennen sollte

A

ls ich im Mai 1985 zum ersten ­Mal dort war, war Kanton alias Guangzhou ein verschlafenes Millionendorf. Die einzige wirkliche ­Attraktion war der QingpingMarkt: ein riesiges Are­al, auf dem in Verschlägen Hunde, ­Katzen, Eulen, Adler, aber auch Käfer, Tausendfüßler, Schlan­ gen oder Schild­kröten zum Verkauf standen, allesamt lebend, versteht sich, und zum bal­digen Verzehr bestimmt. Heute, fast dreißig Jahre später, steht der Qingping-Markt noch immer in jedem Reiseführer, doch abgesehen vom Qing­ ping Drug Market, auf den die Touristen sogar mit einem Schild hingewiesen werden (um dort dann allerdings nur ­getrocknete und geschredderte Meerestiere zu finden), sucht man ihn vergebens. Die eigentlichen Sehenswürdigkeiten, lebend zum Verkauf angebotene Hauptspeisen, sind mitsamt den Spucknäpfen, den melodisch bimmelnden Einheits­ fahrrädern und den Teebechern für »Helden der Arbeit« ver­ schwunden. In Vororte, sagen die einen; in Hinterhöfe, sagen die anderen. Dabei ist das alte Kanton längst noch nicht so brutal weg­ saniert wie das alte Peking oder das alte Shanghai; nach wie vor machen die Rentner mitten auf der Stra­ße Leibesübungen, sind die Ladenschilder in Maggi-Gelb mit Maggi-roter Schrift, und wenn man Pech hat, ist der Weg durch einen Haufen ­enthäuteter Zie­gen versperrt, die sehr weiß und schlaff auf dem Bürgersteig liegen. An lebenden Tieren entdeckt man bloß noch Hühner, ­Fische und … Hunde, allerdings an der Leine: Neureiche ­führen ihre neuen Statussymbole aus. Hunde, die man sogar ­füttert, statt sie zu essen? Sobald sie stehen bleiben, sind sie von einer Menschenmenge umringt. Ansonsten hat das einst so verschlafene Kanton heute ­keine Zeit zu verschenken: Jedes zweite Fahrrad fährt mit ­Elektroantrieb, wer schneller und größer ist, hat in China Vorfahrt. Das gilt erst recht auf den Hauptstraßen, die zum Teil als mehrstöckige Stadtautobahnen auf zehn oder fünf­

zehn Meter hohen Pfeilern Breschen durch die Stadt geschla­ gen ­haben: Während der Rushhour habe ich drei Polizisten zugesehen, wie sie mit Müh und Not einen Fußgängerüber­ gang sicherten, damit die Autofahrer bei Rot auch wirklich ­stehen blieben. Unter den Stadtautobahnen haben die Verlierer der landes­ weiten Dynamisierung in großen Lagern zusammengefunden. Und auch die Bettler in den Straßen sind neu. An Sonntagen, wenn die halbe Stadt unterwegs ist, reisen angeblich sämtliche Krüppel des Umlands an: Ein Beinamputierter zeigt auf ­einem Podest Kraftübungen, zeitlupenlangsam drückt er seinen Rumpf in den Handstand, dazu lässt er chinesischen Pop laufen. Auf der Uferpromenade am Perlfluss eine dreiköpfige Musi­ kantentruppe in Rollstühlen bzw. auf Krücken, ebenso bizarr wie trostlos. Wer in diesem rastlosen Trubel Aufmerksamkeit erhei­ schen will, muss sich etwas einfallen lassen. Das gilt auch für Frau­en – der Hit sind im Moment klobige schwarz-weiße Schuhe von Hello Kitty, dazu Netzstrümpfe, Topfhüte oder mar­tialisch anmutende Rollenspielkleidung, irgendwo zwi­ schen Gothic und Harry Potter. Konterkariert wird der GirlieLook nicht selten durch einen Mundschutz; man begreift erst am zweiten Tag, wenn man mit heiserer Kehle aufwacht, dass er nicht aus Angst vor Infektion getragen wird, sondern des ­Feinstaubs wegen. Die Luftverschmutzung, in anderen chinesischen Megacitys neuerdings als Stadtnebel ein auf­se­ hen­erregendes Fotomotiv, hat in Kanton zumindest schon mal den Himmel gelb eingefärbt. Im Drehrestaurant des Canton Tower werden keine Suppen serviert: Der schlanke Turm schwankt bei Wind bis zu 1,5 Meter hin und her.


ET CETERA: CHINA 31

Sowie man dann mit der U-Bahn ­endlich auch ins neue Stadtzentrum von Kanton gefahren ist, ans südliche Ufer des Perlflusses, wird die Dynamik der Stadt zum überwältigen­ den Schauspiel: Zhujiang New Town wurde ab 1997 in der für China typischen Zentralachsen-Symme­trie aus dem Boden gestampft; steigt man an der gleichnamigen U-Bahn-Station aus, steht man exakt im Schnittpunkt beider Achsen. Der An­ blick ist entsprechend gewaltig, nicht wenige der Bürotürme rundum werden in der Welt­rangliste der höchsten Gebäude geführt, und auf sechs der fünfzehn nächstste­henden Wolken­ kratzern, wie ich sie gesehen habe, sind sogar Kräne – baut man also noch höher, während weiter unten schon gearbeitet wird und noch tiefer, zwei, drei Stockwerke unter Tage, in weitläu­figen Einkaufspassagen geshoppt. 1985 habe ich hier nur Brach- und Acker­land gesehen, eini­ ge Dörfer da und dort. 1997 kam der Beschluss der Partei­ führung, den Landstrich aus dem kommunistischen Dornrös­ chenschlaf direkt in die Hypermoderne zu katapultieren. Der Fotograf Xu Peiwu, der die Erschließung in einer Foto­serie eindrucksvoll dokumentiert hat, schreibt dazu: ­»Ein Museum hat den Platz der Schweineställe eingenommen, das Opern­ haus hat die Behausungen der Fischer ersetzt, und das Inter­ nationale Finanzzentrum steht jetzt auf dem Land der frühe­ ren Obst­plan­tage.«* Für Xo Peiwu verweist das neue Stadtzentrum nach wie vor auf das verlorene Paradies; für den touristischen Besucher ist es ein Lehrstück der Turbo-Urbani­sierung, vor allem auch darüber, wie sehr die Entwicklung westlicher Metropolen im

Vergleich dazu stillzustehen scheint. In Kanton, so der Ein­ druck, wird alles gerade neu gebaut, immer. Einen Stadtplan zu drucken lohnt nicht; selbst das Streckennetz der U-Bahn, so versichert man, ist nach drei Jahren vollkommen anders. Was gewiss für Jahrzehnte unverändert bleiben wird, steht genau gegenüber am Nordufer des Flusses: der Canton Tower. Mit seinen 600 Metern ist er mittlerweile zwar nur mehr der zweithöchste Fern­sehturm der Welt, der schönste ist er nach wie vor. Von seinen Architekten bewusst als »weiblicher« Turm konzipiert, verzaubert er mit seiner elegant taillierten Silhou­ette auf den ersten Blick. Sein Inneres ist unter einer spielerisch gedrehten Außenhaut an Stahlrohren verborgen, die den Eindruck eines mit Leichtigkeit darum herumgelegten Netzes erweckt – schon unter ästhe­tischen Gesichtspunkten nichts weniger als ein modernes Weltwunder. Auf verschiede­ nen Aussichtsplattformen kann man in vollverglaste Erker treten, beim unverstellten Blick in den Abgrund einen ExtraKick bekommen. Um schließlich auf einer »Bubble Tour« in gläsernen Aussichtskugeln rund um die oberste Aussichts­ plattform zu fahren und den Blick dabei weit in die Zukunft schweifen zu lassen. Dabei kommt die Hauptsache erst noch! Sobald die Däm­ merung einsetzt, illuminiert sich die Stadt in sämtlichen ­Farben, die Neonverzierungen der Hochhäuser verdreifachen sich, geraten in ­Be­­we­gung, sind ständig dabei, sich zu ver­­ färben, zu anderen Motiven zusammenzufügen: Die Gebäude fangen an zu tanzen. Als Betrachter fällt man bald in eine Art Neontrance. Auch die Brücken über den Perlfluss und sogar die Ausflugsdampfer spielen mit und verwandeln sich in Licht­ skulpturen, einige Brücken changieren komplett ihre Farbe, andere ab­schnittsweise. Der Mensch ist auch in China nur da ganz Mensch, wo er spielt. Nimmt man die vollautomatische Ka­binenbahn unterm Fluss zurück zum ­Süd­­ufer, so sieht man von dort, dass sich natürlich auch der Canton Tower längst im Neonkleid präsen­ tiert. In fließenden ­Über­­gängen wechselt seine Außenhaut die Farbe, hat er eben noch violett gestrahlt, so strahlt er in der nächsten Sekunde grün oder blau … Seine unvergleichliche Anmut bei Tageslicht ist bereits Erinnerung, jetzt ist Showtime.

Matthias Politycki, 1955 geboren, gilt als Welt­­ reisender unter den deutschen Schriftstellern und zählt mittlerweile zu ihren renommiertesten Ver­ tretern. Er publiziert seit 1987 Romane, Erzählungen, Essays sowie Gedichte, zuletzt den Aben­teuer­roman Samarkand Samarkand. Sein Werk erscheint bei Hoffmann und Campe. www.matthias-politycki.de

*  Katalog zu Von Berlin nach Guangzhou – zwei Städte im Wandel. Foto-Ausstellung von Peter Frischmuth und Xu Peiwu. Hg. vom Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland Kanton 2009; Zit. S. 48


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Zwischen Orient und Okzident Gebrüder Weiss entlang der »Neuen Seidenstraße«

I

n China ist Gebrüder Weiss bereits seit 1992 vertreten. Um im Fernen Osten Fuß zu fassen, bedurfte es mehrerer ­Anläufe, beharrlichen Glaubens in die wirtschaftliche und politische Entwicklung des Landes und eines starken persön­ lichen Engagements der Menschen, die diese Pionierleistung auf sich nahmen. Mittlerweile sitzt Gebrüder Weiss in China fest im Sattel: Insgesamt 17 Standorte gibt es gegenwärtig, seit 2000 in ­Allianz mit dem Air & Sea-Spezialisten Röhlig Logistics. Über 340 Mitarbeiter sind für das Unternehmen tätig, viele sind von der ersten Stunde an dabei. Sogar in den äußersten Nord­ westen im uigurischen autonomen Gebiet reicht das Netzwerk von Weiss-Röhlig: Ürümqi, die Hauptstadt der Provinz Xin­ jiang, ist mit 2000 Kilometern Distanz die am weitesten vom Meer entfernt gelegene Großstadt der Welt. Aber durch den Handel ist Ürümqi gefühlt schon immer etwas näher am Ge­ schehen: Die Stadt liegt an der Seidenstraße. Der Handel entlang der Seidenstraße, des ältesten aller Han­ delswege, der Europa und Asien verbindet, boomt wie eh und je und gewinnt im internationalen Warenverkehr immer noch an Bedeutung. Auf der Strecke, die früher Karawanen durch entlegene Wüstengebiete und unwegsame Gebirgsketten nahmen, um neben Seide vor allem auch Gewürze, Jade, Pelze und Keramik vom Morgenland ins Abendland zu transportieren, nimmt heute die sogenannte »Neue Seidenstraße« zunehmend Ge­ stalt an. Örtliche Regierungen und internationale Organisa­ tionen haben erkannt, dass Investitionen in Infrastruktur­

vorhaben eine wesentliche Voraussetzung für die nachhaltige soziale und wirtschaftliche Entwicklung eines Landes sind. Zahlreiche neue Verkehrswege und Transportangebote zwi­ schen Europa, Zentralasien und Fernost entstehen oder sind in Planung. Ein Fokus liegt dabei auf dem (Aus-)Bau des Schienennetzes zwischen China und Europa über Zentralasien. Auch über eine Ausweitung des Breitspurnetzes der Trans­ sibirischen Eisenbahn bis nach Wien wird derzeit nachge­ dacht. Studien prognostizieren auf dieser Strecke bis 2050 Güterverkehr zwischen 16 und 24 Millionen Tonnen pro Jahr. Die Länder entlang der »Neuen Seidenstraße« bieten für den zukünftigen Handel große Chancen: Überdurch­ schnittliches Wachstum wird vor allem den zentralasiatischen Ländern vorausgesagt; auch Chinas Wirtschaft wächst weiter. Die Binnennachfrage und der intraregionale Handel nehmen zu, und die asia­tischen Länder gewinnen an Bedeutung als logistische Drehscheiben. Auch GW verdichtet das Netz an der Seidenstraße weiter: Seit 2013 gibt es eine Nieder­lassung in Georgien, Anfang 2014 eröffnete eine in der Türkei. | ib

Team von Weiss-Röhlig von links: Jack Li und Will Wu (Chengdu), Quick Zhou, ­William Xlong, Candy Xie, Shawn Wang, Kelly Wang (Chongqing).

Die neue Seidenstrasse

Teilstücke der alten Seidenstraße Russland

Moskau Brest Duisburg

Slawkow

Deutschland

bestehende Eisenbahnverbindung geplante Eisenbahnverbindung

Kiew

Volgograd Astana

Tschop

Wien

Ürümqi

Istanbul Rom

Andischan Peking Kaschgar China

Gwadar

Xi’an

Chongqing


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Nachgelesen »The baby works« Im letzten ATLAS stand sie noch bevor, die Eröffnung des neuen Logistikzentrums von Gebrüder Weiss in Tiflis, Geor­ gien. Im September 2013 war es dann so weit: Zu dem Festakt kamen führende Politiker Georgiens, Aufsichtsratsmit­glieder und der GW-­Vorstand. Inzwischen ist die Arbeit für die bisher 50 Mitarbeiter am neuen Hub schon zur Routine geworden. Auf 10.500 Quadrat­ meter Logistikfläche und 600 Quadratmeter Bürofläche wi­ ckelt GW Geschäfte zwischen Europa und dem Kaukasus ab. An dem Standort transportiert Gebrüder Weiss zuweilen auch außergewöhnliche Ladungen – darunter etwa einen Heli­ kopter zum Heli-Skiing in den kaukasischen Bergen oder zu­ letzt 150 Traktoren für das georgische Landwirtschaftsminis­ terium.

Madelaine

Borisz und Rajmund

Georgien wird übrigens 2018 das Gastland der Frankfurter Buchmesse sein, damit rücken die georgische Literatur und Kultur in eine große internationale Öffentlichkeit.

Gewinner unseres ersten ­ ATLAS -Familiengewinnspiels Im Rahmen unseres Wettbewerbs haben uns tolle Flugzeuge erreicht. Gewonnen haben Madelaine aus Rumänien, die ­Brüder Borisz und Rajmund aus Ungarn und die ­Geschwister Patricia, Cornelius und Linus aus Österreich. Herzlichen Glückwunsch! »Im Namen meiner Kinder und meiner Frau möchte ich mich herzlich für die Zusendung des Hauptgewinns bedan­ken. ­Unsere drei Kinder haben bis jetzt noch nie bei einem Ge­ winnspiel gewonnen. Dementsprechend war die Freude bei allen dreien enorm groß, kurz nach Weihnachten wiederum mit einem Geschenk verwöhnt zu werden. Sie waren mit Feuer­eifer dabei, das tolle Frachtflugzeug samt Zubehör schnellstmöglich zusammenzubauen.« Robert Janschek, Vater von Patricia, Cornelius und Linus In dieser Ausgabe finden Sie das Familiengewinnspiel auf Seite 46. Wir wünschen Ihren Kindern viel Freude bei der ­Teilnahme!

oben: Giorgi Kvirikashvili, Vizepremierminister und Wirt­ schaftsminister von Georgien (l.) und Alexander Kharlamov, Branch Manager GW Tiflis, im Lager des neuen Terminals; unten, von links: Wolfram und Heidi Senger-Weiss, Caspar ­Einem mit Ehefrau Sylvia Krieger-Einem, Paul Senger-Weiss, Sophie mit Ehemann Heinz Senger-Weiss.


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Alles im Fluss Die Warenstrรถme werden breiter: Zur Logistik von morgen


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D

er Handel ist so alt wie die Menschheit. Die Römer zog es zum Salz des Nordens, die Germanen zum Wein des Südens. Marco Polo ging nach China, in das Land der goldenen Dächer, brachte aber kein Edelmetall, sondern Nudeln nach Italien, und Christoph Kolumbus fand erfolgreich keinen weiteren Handelsweg nach Indien. Auch die Weltumsegelung von Sir Francis Drake war trotz des Ver­ lustes zweier Schiffe alles andere als ein Reinfall: Die Lade­ räume der Elcano, die 1580 nach Plymouth zurückkam, waren voller exotischer Gewürze von den Molukken. Der finanzielle Gewinn des dreijährigen Abenteuers belief sich auf unglaub­ liche 4.700 Prozent. Nelken, Muskatnuss und Ingwer trafen den Geschmack der Engländer und wurden zu einer wesent­ lichen Motivation für den Auszug der Europäer in die Welt. Heute ist unser Konsumverhalten global, die Warenströme ebenso, und Zukunftsprognosen sind schwierig. Da die Logis­ tik ein Geschäft ist, das den je­ weiligen Notwendigkeiten und Sehnsüchten der Menschen folgt, offenbaren sich jedoch einige Trends. Feinverteilung Der Umsatz mit E-Commerce hat sich in Deutschland in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppelt – von 15 auf über 30 Milliarden Euro pro Jahr, mit weiterhin steigender Tendenz. Für die Logistik bedeutet das: Neue Kommunikations­kanäle, vermehrt im Social-Media-­ Bereich, neue Infrastruk­turen, bestehend aus Webshops, Call­ centern und PaketShops mit ausreichender Lagerfläche, so­ wie neue Systeme der Feinver­ teilung bis hin zum Endkunden. All das wird die Branche in den kommenden Jahren in Bewe­ gung halten. Gebrüder Weiss begegnet diesen Rahmenbedin­ gungen und Herausforderun­ gen durch den Ausbau seines E-Commerce-Geschäfts – eines Bereichs, in dem das Unterneh­ men seine langjährigen Erfah­ rungen bündelt und den Kunden von der Einrichtung eines Web­ shops über die Lagerung sensi­ bler Güter bis hin zur Feinvertei­ lung als Partner zur Seite steht. www.gw-world.com/ecommerce

Ein prüfender Blick beim ­Verpacken des Abgasturbo­laders.

Hinein in die Lieferketten Logistik in der Automotive-Industrie bedeutete früher, Zu­ liefer- und Ersatzteile von A nach B zu bringen und am Ende das fertige Auto von B nach C. Heute spielt sich für Logistik­ spezialisten noch zusätzlich einiges in der Mitte ab – und zwar teilweise direkt an der Werkbank, wie das Beispiel der Zu­ sammenarbeit mit dem Automobilzulieferer Bosch Mahle Turbo Systems (BMTS) zeigt: In enger Abstimmung mit BMTS stellt Gebrüder Weiss das Material für die Fertigung der Ab­ gas­turbolader bereit und passt die Lagerlogistik an die Pro­ duk­tionsverhältnisse an – ein Vordringen in die Wertschöp­ fungskette, das weit über herkömmliche Logistikleistungen hinausgeht. Gute Kommunikation und Verständnis für den Kunden sind dafür die Basis, ebenso wie bei der Bereitstel­ lung von Systemleistungen, wie sie GW etwa in Rumänien für den Mineralölkonzern OMV im Rahmen von weitreichenden Qualitätskontrollen und Sicherungsmaßnahmen erbringt. www.gw-world.com/logistikloesungen Verdoppelung des Seehandels Bis 2030 wird die Weltbevölkerung voraussichtlich auf über acht Milliarden Menschen ansteigen. Schon heute entstehen zahlreiche neue Häfen und neue Gateways zu einstmals ent­ legenen Gegenden wie Kleinasien, die früher kaum zugäng­ lich schienen. Der Konsum und die Produktionsleistung der BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) werden zunehmen, was sich vor allem auf den Seehandel auswirken wird. Aktuellen Prognosen zufolge wird er sich bis 2030 ver­ doppeln und zu einer entsprechenden Ausweitung von Hafenund Ladekapazitäten führen. Übrigens: Auch als Unternehmen mit Hauptsitz in Österreich ist Gebrüder Weiss ein ausge­ wiesener Seefrachtspezialist. GW verschifft über jeden Hafen weltweit und importiert schwerpunktmäßig über die Gate­ ways Antwerpen (Belgien), Hamburg (Deutschland), Cons­ tanta (Rumänien) und Koper (Slowenien) (siehe ­ATLAS 1), in dessen Ausbau bis 2016 mehr als 100 Millionen Euro investiert werden sollen. Denn dies ist gewiss: Auch in Zukunft werden die Handels­ ströme fließen – und es ist die Logistik, die die Verbindungen dafür schafft. www.gw-world.com/consolution | fh


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»Romantik?   Vergesst’s das.« GW-Fahrer Alois Tement über Disziplin, die richtige­Ernährung »on the road« und die ­Zukunft des Fahrens


»ON THE ROAD« 37

interview:  Frank Haas Herr Tement, Sie sind seit 34 Jahren als Lkw-Fahrer für ­Gebrüder Weiss im Einsatz. Was hat Sie in den Job geführt?

Ich habe mit einer Kfz-Lehre begonnen. Damit hatte man früher die besten Chancen, Lkw-Fahrer zu werden. Die Fahr­ zeuge waren damals noch nicht so standfest. Es war ein Vor­ teil, wenn man sich mit der Technik auskannte. Heute spielt das nicht mehr so eine große Rolle. War Fernweh eine Motivation für Sie? Ja, natürlich, ich hatte das Bild von der Weite und Ferne im Kopf. Einen Beruf, bei dem man täglich geregelt von 7 bis 17 Uhr arbeitet, konnte ich mir nicht vorstellen. Ich habe mehr gesehen als viele andere. In Europa war ich in jedem Land, bis auf Finnland – bleibe zwar nicht länger an einem Ort, sehe aber unterwegs sehr viel. Ich fahre ja nicht ganz stupide die Straße lang und schaue nicht rechts oder links. Das ist nicht der Sinn meiner Fahrerei. Andere Fahrer praktizieren das vielleicht anders. Wenn Sie Ihre Reisen mit einem Urlaub vergleichen – was ist da anders? Ich gehe ohne Erwartungen an die Fahrt, es ist ja meine Ar­ beit. Das macht wohl den größten Unterschied zum Urlau­­ber aus. Der will auf seiner Reise etwas erleben und hat ganz be­stimmte Erwartungen. In Irland erwartet man sich sattes grünes Gras und gute gesalzene Butter. Wenn der Urlauber das nicht vorfindet, ist er enttäuscht. Für mich ist es eine schöne Überraschung, wenn ich das unterwegs erlebe. Welche Momente sind Ihnen auf Ihren Fahrten besonders haften geblieben? Das waren ganz verschiedene Erlebnisse. Zum Beispiel sind mir Fährfahrten nach Mallorca oder Schweden noch beson­ ders in Erinnerung geblieben. Das macht ja sonst niemand. Ich habe das Glück, dass ich verschiedene Strecken fahren kann und dadurch Unterschiedliches erlebe. Das Fahren selbst ist immer dasselbe. Es wird zwar besser durch die Technik, bleibt aber grundsätzlich gleich. Das, was ich rundherum sehe und höre, das ist das Schöne. Vor allem, weil es spontan ist.


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Hat sich Ihr Menschenbild über die Jahre hinweg verändert?

»Elefantenrennen« ist ein gutes Stichwort. Wo lernt man

Ja, das hat es. Ich bin immer schon auf Menschen zugegangen und rede gerne mit ihnen. Selbst wenn es mit Händen und Füßen ist. Es ist spannend zu sehen, wie verschieden die Leu­te sind, welche Eigenschaften und welche Mentalität sie haben. Mir ist es wichtig, ohne Vorurteile auf andere zuzugehen. In welches Land fahren Sie am liebsten? Ich bin sehr gerne in Großbritannien unterwegs. Aber jedes Land hat seinen eigenen Reiz. Auch die osteuropäischen Länder sind interessant. Ich habe im Laufe der Jahre gesehen, wie sich die Städte dort entwickelt haben und die Wirtschaft aufgeblüht ist. Wenn man auf der Straße unterwegs ist, erlebt man das ganz unmittelbar. Was macht für Sie den Reiz Großbritanniens aus? Hier geht es sehr respektvoll zu. Auf der Straße gibt es kein Drängeln, die Leute nehmen Rücksicht aufeinander. Das ist leider nicht überall so. In den deutschsprachigen Ländern – und besonders in Deutschland – gilt das Gesetz des Stärkeren. Keiner hat 30 Sekunden Zeit. Lichthupe, Faust zeigen, drän­ geln ist hier an der Tagesordnung. Wenn du versuchst, Ab­ stand zu lassen, fährt dir bestimmt einer vor die Stoßstange. Die Elefantenrennen sind ein Wahnsinn. Wenn einer nur 2 km/h schneller fährt als der andere, muss er nicht über­ holen. Das bringt gar nichts.

denn, wie man sich als Lkw-Fahrer zu benehmen hat?

Ende der 1990er Jahre mit Hund in Holland.

Das liegt im eigenen Ermessen. Es gibt immer schwarze Schafe. Ich denke, das ist auch kulturell bedingt. In England

»Je nördlicher, desto respekt  voller und gelassener geht es auf den Straßen zu.« hält sich einfach jeder an die Regeln. Selbst in den größten Ballungszentren – wie Manchester, Birmingham oder London – kann ich mit dem Lkw reibungslos einfädeln und überholen. Von den Engländern und Benelux-Ländern kön­nten wir hier viel lernen. Man kann sagen: Je nördlicher, desto respektvoller und gelassener geht es auf den Straßen zu. In den letzten Jahren haben Telematik-Systeme immer mehr an Bedeutung gewonnen. Inwiefern wirken sie sich auf Ihre Arbeit aus? Da hat sich sehr viel getan! Früher ist man weggefahren und war dann wirklich weg. Es gab kein Navi und kein Mobil­ telefon. Wenn man Kontakt zur Familie wollte, musste man eine Telefonzelle suchen. Man war schon »mobil«, wenn man ein Funkgerät hatte. Heute ist man durch die Telematik viel


Mit der Fähre nach Mallorca.

stärker mit der Zentrale verbunden. Der Lieferschein kommt elektronisch rein, die Adresse ist digital erfasst. Ich muss als Fahrer fast nichts mehr tun, brauche nichts über die Gegend oder den Zoll zu wissen. Das erledigt alles das System. Waren Sie also früher freier und weniger kontrollierbar? Ja, das kann man so sagen. Das System zeichnet heute genau auf, wie hoch mein Verbrauch ist, wann ich bremse, wie schnell ich unterwegs bin, wie lange ich für die Strecke brau­ che etc. Früher gab es mehr Freiheiten. Aber man musste sich auch selbst mehr Gedanken machen.

»Ich fahre ja nicht ganz stupide   die Straße lang und schaue nicht rechts oder links.« Die Daten sind da, aber werden sie auch wirklich genutzt? Wird Ihnen vorgeschrieben, wie Sie fahren sollen?

Nein, gar nicht. Es wird geprüft, ob Verbrauch, Geschwindig­ keit und Fahrzeiten im Schnitt liegen. Wenn das nicht so ist, wird genauer geschaut. In der Regel sind die Fahrzeuge im Tempo limitiert, geprüft und abgenommen. In erster Linie geht es um Wirtschaftlichkeit … Ja, ganz genau, sparsam fahren ist enorm wichtig. Der Ver­ brauch darf nicht über 33 Liter pro 100 Kilometer liegen. Der Verbrauch hängt stark davon ab, wofür der Lkw eingesetzt wird und wie viele Stopps er einlegen muss. Der größte Kraft­ aufwand entsteht durchs Beschleunigen. Die 40 Tonnen müssen ja erst einmal in Bewegung kommen. Je mehr Stopand-go ich habe, desto höher wird der Verbrauch.

Was ist eigentlich Telematik? Der Begriff »Telematik« ist aus der Verbindung von »Telekommunika­ tion« und »Information« entstanden. Mit Hilfe von Telematik-Syste­ men werden Infor­mationen im Straßenverkehr koordiniert und ausge­ wertet, z. B. die Position des Lkws in Echtzeit, Treibstoffverbrauch, Fahrverhalten, Lenkzeiten und Geschwindigkeiten. Die GPS-basierte Technik soll helfen, den Fuhrpark effizient und kostensparend einzu­ setzen. Telematik-Lösungen werden von der GW-Tochterfirma inetlogistics entwickelt. www.inet-logistics.com

Alois Tement vor seinem ersten Lkw, einem Volvo F89.

Propeller im Hamburger Hafen.

Wie hoch war der Verbrauch früher?

40 Liter und mehr. Früher hatte das aber auch eine geringere Bedeutung, da der Treibstoffpreis niedriger war. Es ging mehr darum, wie standfest ein Fahrzeug war. Wir haben es heute der Technik und dem Umdenken der Wirtschaft zu v ­ erdanken, dass die Lkws bis zu 25 Prozent weniger Treibstoff verbrau­ chen und standfester geworden sind. Wie sehen eigentlich Ihre Arbeitszeiten aus? Meine Arbeitswoche beginnt am Sonntag um 22 Uhr und endet – wenn es gut geht – am Freitag um 21 Uhr. Die wöchent­ liche Fahrzeit ist auf 47 Stunden begrenzt. Diese Zeit muss so effizient wie möglich genutzt werden. Am besten ist es, wenn man im Rhythmus 9:9:9 fährt. Das heißt 9 Stunden fahren, 9 Stunden Pause, wieder 9 Stunden fahren. Wenn ich einen Tag weniger fahre, entsteht wegen der vorgeschriebenen Ruhe­­ zeiten ein Minus, das sich schwer abbauen lässt. Das hört sich stressig an. Nein, das ist es nicht. Stress macht man sich selbst. Ich teile es mir ein. Wenn ich diszipliniert bin und nicht zu viele Pausen einlege, dann klappt es. Disziplin ist das A & O auf der Straße. Wann haben Sie Feierabend? Wo übernachten Sie? Mein Feierabend ist der Lkw-Feierabend, also das Wochenende von Freitagabend bis Sonntagabend. Unter der Woche ist der Lkw mein Zuhause. Ich versuche dann einen Parkplatz zu fin­ den, der nicht gerade in der Pampa liegt. Es kommt aber häufig vor, dass die Parkplätze voll sind und man ausweichen muss. Gerade in Deutschland, im Ruhrgebiet, ist das ein großes Prob­ lem. Hier drängen sich viele Lkws aus dem Osten, die die Park­ plätze besetzen. Als junger Fahrer ist das schwierig. Mit der Erfahrung weiß man aber, welche Plätze man anfahren kann. Wie ist es denn um die viel besungene Freiheit und Romantik im Beruf des Lkw-Fahrers bestellt? Romantik? Vergesst’s das. Die Technik hat die Romantik längst überholt. So ist es viel besser, wir haben viel weniger Stress. Was tut der Fernfahrer, um nicht müde zu werden? Das ist eine gute Frage. Der vernünftige Fernfahrer nimmt kein Nikotin, keinen Kaffee und keinen Alkohol zu sich und schaut, dass er fit ist. Aufputscher machen dich nur für kurze Zeit wach. Das Ganze spielt sich nur im Kopf ab.


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Aus dem Cockpit eines Lkw.


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Wie ernähren Sie sich?

Alois Tement ist verheiratet, Vater von zwei Kindern und stets »auf Zack«. Er trinkt weder Alkohol noch Kaffee, ernährt sich gesund und ist vielseitig interessiert. Als Trucker ist er seit über 30 Jah­ ren eine fixe Größe im Transportgeschäft von Gebrüder Weiss. 1961

Geboren in Slowenien 1976 – 1979

Kfz-Lehre, Abschluss mit Gesellenbrief 1980

Beginn als Lkw-Fahrer im Nahverkehr und als Zweitfahrer im Fernverkehr 1982

Jüngster Sieger in der Hängerzug-Klasse beim Geschicklichkeitswettbewerb 1982

Wechsel in den Deutschlandverkehr – früher war das aufgrund des gesetzlich vorge­ schriebenen Mindestalters von 21 Jahren nicht möglich. Danach 25 Jahre lang Fahrten nach Deutschland, davon 20 Jahre zum Hamburger Hafen 1995

Nach der EU-Grenzöffnung Fahrten nach BeNeLux, Skandinavien, Spanien, ­Osteuropa und Italien 2005 bis heute

Fahrten nach Großbritannien und Irland 2006

Gewinner des Golden Truck als vielseitigster Lkw-Fahrer Österreichs

Meine Frau sagt, ich wäre sehr heikel. Ich nehme mein Essen immer mit. Ich esse hauptsächlich kalt. Dem Körper ist es egal, ob du kalt oder warm isst. Ich esse auch nichts, was ich nicht kenne. Ich esse wenig Fleisch und wenig Fett, viel Obst und Salat. Vorbildlich. Haben Sie keine Schwächen? Nein. In Ihrem Beruf gibt es derzeit ein Nachwuchsproblem. ­Woran liegt das? Das Image des Lkw-Fahrers ist auf der Straße nicht gut. Lkws sind für Pkws ein Hindernis. Heute will aber auch kein Junger bei uns 4.000 bis 6.000 Euro für den Lkw-Führerschein

»Die Technik hat die   Romantik längst überholt.« investieren. Höchstens ein Frächtersohn. Auf den Straßen sehe ich heute nur ältere Lkw-Fahrer, aus meiner Generation, oder ausländische Fahrer. Den heimischen Nachwuchs gibt es nicht. Was muss getan werden, damit der Beruf wieder Zukunft hat? Der Job sollte familienfreundlicher sein. Das kann man zum Beispiel durch kürzere Touren erreichen, etwa durch Prit­ schentransporte, bei denen sich zwei Lkws auf halber Strecke entgegenkommen. Als Lkw-Fahrer sollte man aber auch ein Mensch sein, der mit Entbehrungen umgehen kann. Familie und Freunde sieht man nur an den Wochenenden, damit muss man klarkommen. Man braucht ein gutes soziales Netz, damit es klappt. Ich habe großes Glück: Meine Frau steht seit über 30 Jahren voll und ganz hinter mir. Viele andere Fahrer sind schon zum zweiten oder dritten Mal verheiratet. Wie sieht Ihre Zukunft aus? Ich werde noch sieben Jahre fahren und dann mit 60 in Pen­ sion gehen. Mal sehen, was der Gesetzgeber dazu sagt! Ich bin dann über 40 Jahre Lkw gefahren und war bisher so gut wie nie krank. Das sollte reichen. Können Sie sich vorstellen, in Ihrer Pension sesshaft zu werden? Ich fühle mich pudelwohl daheim und muss nicht immer unterwegs sein. In der Pension habe ich dann wieder mehr Zeit für meine Interessen, vor allem für den Motorsport. Wo führt Ihre nächste Fahrt hin? Nach Großbritannien natürlich.

2006

Erster Transport mit Sattelzug (vorher Hängerzug) 2014

6 Millionen Kilometer unfallfrei

Frank Haas wurde 1977 geboren und studierte ­Geschichte und Philosophie. Er ist verantwortlich für die Unternehmenskommunikation bei Gebrüder Weiss und Chefredakteur des ATLAS.


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Zeitkapsel: Plunderkiste, Archiv und Pop-Art Erinnern, Bewahren und Konservieren sind den Menschen ein Bedürfnis

text:  Heike Hansen mit Alexander von Chmaladse

D

as Bedürfnis, Zeit festzuhalten, ist tief in uns verwur­ zelt. Wir schießen Fotos, schreiben Tagebücher, ­teilen Freunden und Familie mit, wo wir sind, wo wir waren und wo wir sein werden. Oft können wir uns nur schwer von Dingen trennen, denn häufig hängen ideelle Werte und ­Er­innerungen daran. Unseren Kindern, Enkeln und Urenkeln möchten wir etwas mitgeben, etwas, das man mit Geld nicht kaufen kann. Wir geben Erfahrungen und Geschichten in Form von Erzählungen, Familienalben und Erbstücken weiter, um unser Selbst zu konservieren. Zeitkapseln leisten für uns diese Erinnerungsarbeit, sie erhalten Botschaften aus der jetzigen Zeit für die Zukunft. Sie bilden ein individuelles und kollektives Gedächtnis des alltäg­ lich Erlebten, verleihen der Menschheitsgeschichte ein Stück haptische Erfahrbarkeit; ein ungewöhnliches Archiv, welches für künftige Zeiten und Lebensformen gut verschlossen aufbe­ wahrt wird. Zeitkapseln sind zugleich Wunderkammer, Archiv und Antiquariat. Sie existieren ausschließlich für den Moment der Erinnerung; zwischen den beiden Ereignissen des Befül­ lens und Öffnens schweben sie transzendent im Raum zweier Zeitdimensionen und sind zugleich fest in diesen Dimensio­ nen verankert. Zunächst sind Zeitkapseln allerdings einfach nur beliebige Lagerstätten, etwa aus Glas, Stahl oder Kupfer, für alte Zeitun­ gen, Fotos, Briefe – also kleine private Sammelsurien, die hof­ fen, auf diese Weise nicht in Vergessenheit zu geraten. Unzäh­ lige Zeitkapseln liegen wohl irgendwo auf unserem Planeten ­vergraben, wurden eingemauert oder in beschwerten Kisten auf dem Grund der Weltmeere versenkt. Einige kreisen auf einer direkten Umlaufbahn stetig um uns, andere sind bereits auf dem Weg in entfernte Sonnensysteme und Galaxien, als Radiobotschaft, oder an Bord von Raumsonden – so wie die beiden wohl kuriosesten »Zeitkapseln« im Orbit: die Golden Records. Jeweils eine goldene Langspielplatte mit dem »Bestof« der Menschheit haftet an der Verkleidung der beiden

­ oyager-Raumsonden. Musik, Bilder, Geräuschcolla­ V gen und Grüße in 55 Sprachen, sogar Walgesänge, sind auf den Platten für eventuelles außerirdisches Leben festgehalten. Ab 1977 kreisten sie wie Satelliten um uns herum, 2013 verließen sie unser Sonnensystem und ­fliegen jetzt durch den interstellaren Raum – Ziel unbe­ kannt. Die Idee, die hinter der Zeitkapsel steckt, ist Jahrtau­ sende alt. Bereits 680 v. Chr. lies Asarhaddon, König von Assyrien, Schrifttafeln in die Fundamente von Gebäuden und Denkmälern mauern. Sein Sohn, Assurbanipal, sammelte ebenjene Schrifttafeln und legte eine Bibliothek an, deren Überreste für Archäologen heute eine wichtige Quelle für die Geschichte des Vorderen Orients dar­ stellen. Auch antike Stätten wie Pompeji werden häufig als Zeitkapseln bezeich­ net – ­obwohl diese unfreiwillig zu Bot­ schaftern für die Zukunft wurden. Die Asche des Vesuvs legte sich wie eine Zeit­ kapsel über die Stadt, und Jahrhunderte später wurde der »Gruß« aus der Vergan­ genheit entdeckt. Und schon im Mittelalter wurden zeittypische Gegenstände für die Nachwelt in Kirchturmspitzen oder in das Fundament von Gebäuden eingemauert. In den 1930er Jahren erlebte das Phäno­ men der Zeitkapsel in den Vereinigten Staaten eine Renaissance. Thornwell Jacobs, damals Präsident der Oglethorpe University in Atlanta, Georgia, befüllte eine Kammer, so groß wie ein Schwimmbecken, mit diversen Gegen­ ständen, die unsere Zivilisation widerspie­ geln sollten. Er nannte diese Ansammlung in Form von Mikrofilmen und Alltagsuten­


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Magie der Zahlen: Am 21. 12. 2012 wurde unter den Gebäudekern des neuen GW Head Office in Lauterachs eine Edelstahlschatulle ein­ betoniert. Sie enthält eine Urkunde mit den Unterschriften aller Gäste der Spatenstichfeier, ein Weissbuch sowie eine Tageszeitung.

silien The Crypt of Civilisation und ordnete an, dass sie erst im Jahre 8113 wieder zu öffnen sei. Das Guinness-Buch der Rekor­ de bezeichnete infolgedessen diese Krypta als ersten erfolg­ reichen Versuch einer Aufzeichnung unserer Kultur für alle künftigen Bewohner des Planeten Erde. Von der Crypt of Civilisation inspiriert, vergrub die Wes­ tinghouse Company bei der Weltausstellung in New York im Jahre 1939 eine Kapsel aus Stahl, die unter anderem mit ­Briefen bedeutender Persönlichkeiten befüllt wurde, auch Albert Einstein gehörte zu den Autoren. Mit dieser Aktion, die 1964 wiederholt wurde, prägte die Westinghouse Company den Begriff »Time Capsule«, Zeitkapsel. Die­ sem Vorbild folgten zahlreiche Privatleute, Bauherren, Städte und weitere Weltausstellungen. Als Echo auf die »Popularitätswelle« der Zeit­ kapsel gründete sich 1990 schließlich die ITCS, die Interna­tional Time Capsule Society, die es sich zum Ziel gesetzt hat, über sämtliche Zeit­ kapseln auf der ganzen Welt Buch zu führen, das Phänomen der Zeitkapsel wissenschaft­ lich aufzubereiten und die Öffentlichkeit darü­ ber aufzuklären. Für den Ausnahmekünstler Andy Warhol war das Prinzip Zeitkapsel dagegen auch eine Möglichkeit, Alltagsballast abzuwerfen: 611 »Time Capsules« schuf Warhol von Anfang der 1970er Jahre bis zu seinem Tod 1987. Warhols Zeitkapseln sind jedoch keine gewöhnlichen Kapseln, die mit Sorgfalt befüllt und aus massi­ vem Stahl geschmiedet für künftige Generatio­ nen irgendwo vergraben wurden: Es sind viel­ mehr einfache Umzugskartons, von denen jeweils einer immer neben Warhols Schreibtisch stand. Alle überflüssigen Dinge – Zettel, Grußkar­ ten, Rechnungen, Unter­hosen, Briefe, Geschenke,

Fotos, Bücher und vielerlei anderes – warf der Künstler dort hinein. War ein Karton voll, verschloss ihn einer seiner Assis­ tenten, versah ihn mit einem Datum und lagerte ihn ein. Diese »Time Capsules« gehören heute dem Andy Warhol Museum in Pittsburgh, welches es sich zur Aufgabe gemacht hat, sämt­ liche Kapseln nach und nach zu öffnen und zu inventarisieren. Bei all dem Plunder, einer Mischung aus Nutzlosem und ­Sonderbarem, handelt es sich vielleicht um sein größtes Ver­ mächtnis und Werk. Bis zu seinem Tod dachte Warhol ständig darüber nach, die Kartons zu verkaufen und den Krempel endlich loszuwer­ den. In seinem Buch Philosophie schildert er die Sehnsucht nach leeren Räumen und das unmögliche Unterfangen, seiner ­Unordnung mittels Schränken und Regalsystemen Herr zu werden: »Du willst ja schließlich nicht Tür an Tür mit deinem eigenen Schrott wohnen. Der Schrott von jemand anderem würde dich nicht so belasten, weil du ja nicht so genau wüss­ test, was du lagerst, wenn du aber an deinen eigenen Schrank denkst und genau über jede Kleinigkeit Bescheid weißt, wirst du noch verrückt.« Warhol rät uns: »Besorgen Sie sich für jeden Monat einen Karton, werfen Sie dort alles hinein und kleben Sie ihn am Ende des Monats zu. Dann datieren Sie ihn und schicken ihn nach Jersey rüber. Versuchen Sie, ihn im Auge zu behalten, aber wenn das nicht klappt und er verloren geht, ist das auch okay, denn dann gibt es eine Sache weniger, über die Sie nachdenken müssen, und Sie sind eine weitere Bürde los.« So kann man es natürlich auch sehen.

Heike Hansen gewann mit ihrer Abschlussthesis im Fach Kommunikationsdesign Time Capsules – Don’t open before bereits zwei der renommiertesten ­Designpreise Deutschlands. Seit 2013 arbeitet sie als selbstständige Designerin im Bereich Corporate Design und Editorial. www.heike-hansen.de


46 FAMILIE

nd Eltern – u r e d in K r fü e it e s n e Die Famili usprobieren A , n e s e L , n e m h e n e s zum Mitnachhau

r i D n o v t f n u k   rzähl der Zpusel! E   astel eine Zeitka B r etwas dafür nz allein, ohne dass wi Die Zeit vergeht von ga r bewegen, nicht en die Zeiger an der Uh tun müssen. Wir könn festhalten. mente lassen sich nicht aber die Zeit selbst: Mo ng daran. Wohl aber die Erinneru

st, wirst Du die Kapsel wieder öffne Wenn Du eines Tages dest und schon er, was Du darin vorfin ­vielleicht staunen darüb der Inhalt so ­ cherweise kommt Dir vergessen hattest. Mögli lt dreht sich nun fremd vor. Denn die We ch au als ut tra ver hl wo schmäcker ändern sich. mal, und Zeiten und Ge

rden, wie sie wieder geöffnet we Zeitkapseln sind, wenn eine Moment­ enheit. Du kannst darin ­Fenster in die Vergang er für andere Leben für Dich selbst od aufnahme aus Deinem n. Menschen aufbewahre

Schneide diesen

lege ihn mit in Deine Fragebogen aus und

Du aber bleibst, wer Du

Zeitkapsel

Mein Name ist

: Ich bin ungefä hr so groß nd: Meine Lieblingslieder si : Meine Freunde heißen he: Was ich am liebsten mac m Was ich ga r n icht gerne

ache:

: Was ich lernen möchte ku Mein Wunsch an die Zu

nft:

bist.


FAMILIE 47

Die Gewinner werden postalisch oder per E-Mail ­benachrichtigt und erhalten die Gewinne bis Ende September 2014. Leider, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die Teilnahme von Gebrüder-Weiss-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern aus rechtlichen Gründen nicht gestattet. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die Gewinne sind nicht in bar ablösbar.

Und so geht’s:

GEWINNSPIEL Wie soll Deine Welt einmal werden? Schicke uns bis zum 31. 07. 2014 Deinen Wunsch an die Zukunft – als Mail an: ­ redaktion@gw-atlas.com oder auf einer Postkarte an: Gebrüder Weiss GmbH Redaktion Atlas Bundesstraße 110 A-6923 Lauterach Österreich Unter allen Einsendungen verlosen wir drei fern­gesteuerte GW-Spielzeugtrucks.

1

Nimm ein großes Einmachglas, eine Chips­dose oder eine Brotbüchse. Wichtig ist, dass Deine Kapsel fest verschließbar ist. Bemale oder beklebe sie so, wie es Dir gefällt.

2

Fülle den ATLAS -Fragebogen aus und ­platziere ihn in die Kapsel.

3

Lege ein Foto von Dir dazu, die T ­ itelseite der Zeitung von diesem Tag, die Verpackung Deiner allerliebsten Süßig­keit oder ­einen kleinen Glücksbringer und ­andere Dinge, die zu Dir gehören: Eine Haar­spange, ein Spielzeug, einen Stempel, einen Auf­ kleber.

4

Verschließe die Kapsel mit Klebeband und beschrifte sie mit dem Datum, an dem Du sie wieder öffnen willst.


Soul in the Machine Von einem Ingenieur und Bildhauer aus Las Vegas kons­tru­iert, besteht diese fahrende Skulptur beinahe zu 100 Prozent aus Stahl. Das Chassis des Wagens umschließt eine ausrangierte Vakuumkammer der Los Alamos National ­Laboratories, die ursprünglich Laserstrahlen auf mehrere ­Millionen Grad erhitzte, um damit Wasserstoff-Moleküle zu bearbeiten.


Burning Man


50 BURNING MAN

text und bilder:  David Benedek

E

inmal im Jahr entsteht inmitten der Wüste Nevadas eine tem­ poräre Stadt von beachtlichem ­Aus­maß – Altar der Lebenskunst, Musik­festival und soziale Utopie. Was ur­sprüng­lich einmal als kleines Lager­ feuer in San Francisco begann, hat sich in den vergangenen 25 Jahren zu etwas entwickelt, das sich nur schwer unter einem Begriff vereinen lässt. Wo sich Lebenskünstler der amerikanischen Westküste mit den Technikern des Sili­ con Valley vermischen, entsteht aller­ dings zweifelsohne eine Vielzahl ausge­ fallener und amüsanter Kreationen. Mittendrin, auf einem der unzähligen Gefährte, bewegt man sich durch die karge Wüstenlandschaft, die ein Heer an Bastlern, Technik-Freaks und Alt­ hippies für diese eine Woche bevölkert. Nichts als heller Sand und blauer Him­ mel, man könnte sich dem »Nirgendwo« kaum näher wähnen als hier, den

endlosen Weiten von Black Rock City, der temporären Metropole, die mit ihren 70.000 Einwohnern alljährlich zur dritt­ größten Stadt Nevadas heranwächst und das Zentrum vom Burning Man darstellt. Und es ist leicht, in diese Subkultur abzutauchen. Denn basierend auf einem festen Regelwerk der Gründer steht im Kern des Festivals die selbstständige Aktivität der Teilnehmer, das eigene Schaffen und der Austausch mit anderen. Was unter Begriffen wie »Radical Self Ex­ pression«, dem Ausleben der eigenen Kreativität, oder »Inclusion«, der abso­ luten Einbindung seines Gegenübers, mitunter sehr pathetisch klingen mag, bekommt in der Praxis schnell ein ­konkretes Gesicht. Denn beinahe alles, was es während dieser Woche zu be­ staunen oder zu hören gibt, wird von den Teilnehmern selbst kreiert, nicht von den Organisatoren. In gewisser Weise könnte man Burning Man als

Die Super-Mario-Wolke Der dreidimensionale Nachbau einer ­Pixelwolke aus dem ComputerspielKlassiker Super Mario Brothers kann über ein iPad-App gesteuert werden und neben verschiedenen Licht- und Toneffekten auch tatsächlich regnen. Die Plattform aus CNC-gefrästen Wür­ feln befördert bis zu fünf Passagiere und verfügt zudem über eine TrapezAufhängung für professionelle Artisten.

Fischerboot Das Fischerboot mit intern verbauter LED- und Tontechnik wurde von zwei Software-Ingenieuren aus San Fran­ cisco konstruiert. Neben dem Fahrer, der auf einem Pferdesattel sitzt, kön­nen noch zwei Gäste auf original Eames Stühlen Platz nehmen. Die ­verkehrt herum g ­ ehisste niederländi­ sche Flagge war als Köder für hollän­ dische Schönheiten ­gedacht.



oben: Rat Taxi Gänzlich aus gesammelten Schrottteilen ­erbaut, ­bietet sich das Rat Taxi Teil­nehmern als kostenlose Mitfahrgelegenheit an. Hinter dem Kopf der Ratte, der aus einem alten Schwedenofen besteht, können mehrere Fahrgäste im Inneren des Käfigs Platz neh­ men.

rechts oben: F-15 Falcon Ursprünglich als Empfangsfahrzeug für den örtlichen Flughafen gebaut, war es ­Aufgabe dieses F-15-Nachbaus, die echten Flugzeuge nach ihrer Landung auf dem ­Wüstenboden zu ihrem Parkplatz zu begleiten. Neben sei­ nem elektronischen Antrieb durch 36-VoltBatterien und ­einen 2.000-Watt-Generator besitzt der Kampf­jet zudem eine Bier-Kanone im rechten Flügel, die über eine Hochdruck­ leitung an ein Fass in der Fahrerkabine ange­ schlossen ist.

rechts unten: Kissy Fish Das kleine, fischartige Gefährt, das sich durch seine beweglichen Beine wie eine Am­ phibie fortzubewegen scheint, wurde von ­einer Grup­pe von Raumfahrtwissenschaftlern der University of California in Berkeley konst­ ruiert. Die Lippen des ­Wagens können durch einen Zugmechanis­mus so bewegt werden, dass alles und ­jeder, der sich vor dem Fahr­ zeug befindet, geküsst werden kann. Die CDRoms, welche die Schup­­pen der Fischhaut darstellen, stammen von ­einem gescheiterten Start-up-Unternehmen.


ATLAS 53

­ eltgrößtes Kleinkunstfestival bezeich­ w nen, versehen mit eigener Leitkultur. Zwar mag man einer kollektiv verordne­ ten Offenheit zunächst misstrauisch gegenüberstehen, der gemeinsame Nenner wird aber durch eine zentrale Regel sehr real manifestiert: »Uncon­ ditional Gifting«, das beding­ungs­­lose Beschenken der anderen, ist das Haupt­ prinzip hinter Burning Man. In ganz Black Rock City gibt es, abgesehen von Kaffee und Eis, nichts gegen Geld zu ­erstehen. Jeglicher Konsum muss als ­Geschenk zwischen zwei Parteien erfol­ gen. Was schon in der Theorie schwer vorstellbar scheint, ist in der Praxis nicht weniger unglaublich, vor allem angesichts der angebotenen Bandbreite:

Von riesigen Cocktailbars über Roll­ schuhbahnen bis hin zu Massage-­Salons – die Teilnehmer selbst stellen auf eigene Kosten ihre Kreationen oder Dienste zur Verfügung. Was dabei entsteht, ist ein skurriler Wettbewerb von vermeint­ licher Selbstlosigkeit, ein humorvoller Versuch, sein Gegenüber mit noch ver­ rückteren Geschenken, noch absurde­ ren Fahrzeugen oder Kunstwerken zu beeindrucken. So verwirrend schön diese kollek­ tivistische Harmonie auch anmutet, gegen Ende der Woche erahnt man die Grenzen dieser sympathischen Utopie. Eine Müdigkeit legt sich langsam über das gesamte Festival, und man spürt, dass es nicht mehr lange hin sein wird

bis zur »Dekompression«, dem, was die Teilnehmer das Auftauchen in die echte Welt nennen. Die wahren »Burner« ­wür­den das natürlich niemals zugeben. Außerhalb von Black Rock City, so sagen sie, gebe es schließlich nur die »default world«, die genormte Existenz. Das ech­ te Leben findet beim Burning Man statt.

David Benedek, geboren 1980, ist Designer und ­Filmemacher in München. Das Magazin Neon führte ihn mehrfach in der Liste der »100 wichtigsten jungen Deutschen«. Sein ­letztes Buch, Current State: Snowboarding, ­wurde mit dem Bayerischen Printmedienpreis aus­ gezeichnet. www.davidbenedek.com


54  ZUKUNFTSSTIMMEN

»An vieles, was ich erst ­erlebe, kann ich mich schon erinnern.« Karl Kraus, österreichischer Publizist und Satiriker, 1874–1936 Junge GW-Mitarbeiter blicken nach vorn

»Ich stelle mir für die Zukunft vor, dass in der Gesellschaft Gleichberechtigung für alle – egal welche Religion, Kultur oder Hautfarbe – vorherrscht. Dass Menschenrechte auch ­wirklich anerkannt und gelebt werden. Und dass der gleiche Lohn für die gleiche Arbeit ­gezahlt wird. Egal ob Mann oder Frau, egal ob mit oder ohne ­Migrationshintergrund.«

Larissa Grabner, 19, GW Maria Lanzendorf

»Im Jahr 2030 wird die Globali­ sierung noch weiter vorange­ schritten sein. Viele Berufe, die es heute noch gibt, wird es dann nicht mehr geben. Roboter ­werden viele Arbeiten ersetzen. ­Außerdem stelle ich mir die ­Gesellschaft aufgrund des demo­ grafischen Wandels sehr alt vor, glaube aber, dass sich genau ­diese Generation stark engagie­ ren wird.«

Jakob Sauer, 19, GW Memmingen

»Ich glaube, dass Straßenfahrzeuge im Jahr 2030 mit Alternativkraftstoffen – wie z. B. Wasserstoff oder ­flüssiges Erdgas – fahren werden, um Kosten und die Luftverschmutzung zu reduzieren. Flugzeuge werden dann neu gestaltet, damit Menschen und Cargo gleich­ zeitig transportiert w ­ erden können. In Bezug auf die Gesellschaft glaube ich, dass diese wegen der Nutzung von elektronischen Geräten noch weiter gespalten und entfremdet sein wird. Es wird weniger persönliche Kommunikation und Beziehungen geben, während das Web und soziale Netzwerke die wichtigste Rolle im Leben der Menschen einnehmen werden.«

Matic Saksida, 22, GW Ljubljana


ZUKUNFTSSTIMMEN 55

»Schon heute läuft die Welt unglaublich schnell. In der ­Zukunft wird sie sich noch schneller drehen, und auch die Technologie wird sich rasant entwickeln. Ich glaube, dass die Welt dann eine große Familie sein wird. Eine Welt, in ­welcher Distanzen kein Hindernis mehr darstellen und in der die Schwierigkeiten, mit denen wir heute in der Arbeit, beim Studieren oder im Alltag konfrontiert sind, dann ­überwunden sein werden.«

Nino Khorbaladze, 22, GW Tif lis

»Zur Halbzeit meiner Lehre habe ich meine Zukunftsvorstel­ lungen genauer definiert: einen erfolgreichen Abschluss zu er­ reichen und die Welt zu erkun­ den. Täglich habe ich in meinem Beruf Kontakt mit Chinesen, Amerikanern und Südafrika­ nern – und diese Kulturen möchte ich auch erkunden. Im Jahr 2030 möchte ich den Shin­ juku Gyoen National Garden in Japan und die Chinesische Mauer besucht, die atemberau­ bende Aussicht über Kapstadt vom Tafelberg genossen und mein Glück in Las Vegas ver­ sucht haben. Wie auch schon Saint-Exupéry sagte: ›Geh nicht nur die glatten Straßen. Geh Wege, die noch niemand ging, damit du Spuren hinterlässt und nicht nur Staub.‹ Und ich bin davon überzeugt, dass ich in meiner Zukunft die Chance dazu haben werde!«

Azra Draganovic, 22, A & S Wolfurt

»Da ich schon immer eine große Optimistin war, sehe ich meine Zukunft sowie die der Menschen um mich sehr positiv. Was mei­ ner Meinung nach zählt, ist die Einstellung der Menschen heute. Obwohl es manchmal so aus­ sieht, als ob sich die Gesellschaft in eine falsche Richtung entwi­ ckelt, bleibe ich positiv und glau­ be daran, dass die Menschheit prinzipiell an den richtigen Wer­ ten festhält und diesen auch fol­ gen wird.«

Dominika Nagyova, 19, GW Senec

»Im Jahr 2030 sehe ich mich in einer Gesellschaft, die noch offener ist. Sie wird von modernen Medien ge­ prägt sein. Und sie wird noch multikultureller sein, als sie heute schon ist. Ich persönlich werde bis zum Jahr 2030 schon einige Jahre Berufsleben auf dem Buckel haben. Daher sehe ich mich in einer Position mit Ver­ antwortung – gerne in der Logistikbranche. Und privat werde ich mit Mitte dreißig die Frau fürs Leben gefun­ den haben und vielleicht auch schon Vater sein.«

Marcel Reimann, 19, GW Pratteln


56  DIE WELT ORANGE

Geflogen

Verschifft

Das bislang schwerste Luftfrachtpackstück in der Firmengeschichte von GW ist ein 70,5 Tonnen schwerer Stahlkochkessel, der von Zürich (Schweiz) nach Houston, Texas (USA) geflogen wurde.

Das längste Containerschiff der Welt ist 59 Meter breit und etwa viermal so lang wie ein Fußball­ feld, nämlich 399 Meter. Es hat eine Ladekapazi­ tät von 18.270 Containern.

Slowakei 1993 eröffnete Gebrüder Weiss den ersten Standort in der Slowakei. Zwanzig Jahre später, Anfang Sep­ tember 2013, gingen am bestehen­ den Logistikterminal in Senec, nahe Bratislava, zwei weitere Logistik­ hallen von insgesamt 4.600 Quad­ ratmeter in Betrieb. Gebrüder Weiss bearbeitet in dem kleinen Binnenstaat jährlich ca. 400.000 Sendungen, Tendenz steigend.

Serbien Im April feiert Gebrüder Weiss Ser­ bien sein 10-jähriges Jubiläum und blickt auf ein erfolgreiches Jahrzehnt zurück. Ursprünglich mit zwei Mit­ arbeitern gestartet, sind heute mehr als 150 Angestellte an den Stand­ orten Dobanovci (Belgrad) und Strojkovce (Leskovac) tätig. So hat es GW Serbien geschafft, die Nr. 2 am heimischen Transport- und Logistik­markt zu werden.

Türkei Gebrüder Weiss ist mit multimo­­ dalem Leistungsportfolio nun auch in Istanbul aktiv. Das Team der neuen Niederlassung bietet Dienstleistungen in den Bereichen Landtransporte, multi­modale Lösungen sowie See- und Luftfracht an und stellt ein wichti­ges Tor zum Kaukasus und nach Vorderasien dar.

USA Die seit 1999 bestehende Partner­ schaft zwischen Röhlig und Gebrüder Weiss wurde neu strukturiert und gefestigt. Während Gebrüder Weiss seine Anteile an den Joint Ventures in China, Taiwan, Japan, Vietnam, Kanada und den Vereinigten Arabischen Emiraten auf 100 Prozent erhöht hat, wird Weiss-Röhlig USA weiterhin zu je 50 Prozent von beiden Unternehmen gehalten.


DIE WELT ORANGE  57

Geradelt

Gelaufen

GW-Mitarbeiter sind 213.112 Kilometer im Rahmen eines internationalen Fahrradwett­ bewerbs geradelt – mehr als die halbe Strecke zum Mond.

Von Peking zu Fuß nach Hause wollte der deutsche Student Christoph Rehage gehen. Innerhalb eines Jahres kam er immerhin bis Ürümqi, wo er seine Wanderung nach 4.646 Kilometern abbrach.

Australien Für einen österreichischen Stahl­ konzern transportierte Gebrüder Weiss Eisenbahnschienen nach Australien. Insgesamt 2.500 Tonnen schwer und zwischen 16,2 und 25 Metern lang waren die Einzelteile, die mit der Dolfijngracht über einen rund 11.000 Seemeilen langen Weg von Antwerpen, Belgien nach Australien verschifft wurden.

Österreich DPD Österreich, an dem Gebrüder Weiss maßgeblich beteiligt ist, hat 2013 rund 39 Millionen Pakete verschickt und damit die Paketmenge um 2,1 Prozent gesteigert. Der Umsatz des Paketdienstes stieg im Jubiläumsjahr – 2013 wurde DPD Österreich 25 Jahre alt – sogar um 3,6 Prozent auf 166,6 Millionen Euro.

Russland Mit der Übernahme des Wiener Frachtunternehmens Far Freight hat Gebrüder Weiss jetzt nach Georgien einen weiteren Standort im Kau­kasus sowie einen in Turk­menistan. Mit dem operativen Schwerpunkt auf dem Bereich Landtrans­ porte baut Gebrüder Weiss mit Hilfe des Far-Freight-Teams insbesondere seine Services für Turkmenistan, Georgien, Armenien, Aserbaidschan und Südrussland aus.

INDIEN Speziallieferung um den halben Globus: Per Schiff wurden 34 Meter lange Rotorblätter von Spanien nach Indien transportiert. Dort betreibt Weiss-Röhlig 16 Nieder­ lassungen, das Leistungsspektrum umfasst Air & Sea-Transport­ abwicklung, Projektlogistik, Zoll­ abwicklungen, Lagerung und Distribution.


58  DIE ZUKUNFT GESTALTEN

ich

Wer will einmal gewesen sein?


DIE ZUKUNFT GESTALTEN 59

Dana Giesecke ist Diplom-Soziologin und Master of Science Communi­cation and Marketing. 2011 übernahm sie die ­wissenschaftliche Leitung von FUTURZWEI. Stiftung Zukunfts­ fähigkeit. Die vom Sozialpsychologen Harald Welzer mitge­ gründete Stiftung dokumentiert beispielhafte Formen nach­ haltigen Handelns.

Acht Fragen an Dana Giesecke über Handlungsspielräume und Utopien

interview:  Miriam Holzapfel Frau Giesecke, Sie als Spezialistin ­können es mir bestimmt sagen: Muss ich Angst vor der Zukunft haben? (lacht) Diese Frage stellen wir uns bei FUTURZWEI so nicht. Wir sind für den

positiven Blick in die Zukunft verant­ wortlich. Angstszenarien motivieren nicht zum Handeln – sie blockieren. ­Wir sammeln positive Geschichten von Vorbildern, die uns zeigen, wie das Leben anders sein könnte, denn das motiviert zum Handeln. Wenn ich den Fernseher anschalte oder die Zeitung aufschlage, dann habe ich das Gefühl, dass ich als Einzelner aber eher ohnmächtig bin. Ja, weil es sich um Mega-Themen wie CO2-Emmissionen, Peak Oil oder Fi­ nanzkrisen handelt. Die erscheinen so groß und abstrakt, dass der Einzelne denkt, er stehe dem hilflos gegenüber. Deswegen hat sich FUTURZWEI zur Aufgabe gemacht, zu zeigen, wie jeder mit seinem Handeln die Zukunft inner­ halb seiner Lebenswelt konkret beein­ flussen kann. Jeder muss sich selbst die

Frage stellen, ob er einer von denen gewesen sein will, die dazu beigetragen haben, dass unsere Lebensgrundlagen über alle Maßen belastet worden sind. Und dann kann man sich seinen Lebens­

Akteuren gar nicht bewusst. FUTUR­ ZWEI sagt: Wir sind eine PromotionAgentur für eine soziale Bewegung, die noch nicht weiß, dass sie bereits eine Bewegung ist. Was macht die Leute, die sich für eine bessere Zukunft engagieren, so zu­ frieden? Ist es nur die moralische Entlastung, am verantwortungslosen

»Wir sind eine Promotion-Agentur für eine   soziale Bewegung, die noch nicht weiß, dass sie bereits eine Bewegung ist.« stil und sein soziales Umfeld anschauen und dort durchaus Handlungsspiel­ räume erkennen. Natürlich sind die Spielräume sehr unterschiedlich, der eines Unternehmens ist größer als der einer Studentin. Das Anliegen unserer Stiftung ist es, all das, was »von unten« machbar ist, zu sammeln und als Ge­ schichten zum Nachmachen bereitzu­ stellen. Dass viele dieser Initiativen die Avantgarde einer zukunftsfähigen Gesellschaft bilden, ist den meisten

­Umgang mit unserer Welt etwas weniger beteiligt zu sein als andere? In der Psychologie nennt man das »Selbst­

wirksamkeitserfahrung«, das heißt: Sobald man einen ersten Schritt macht und etwas verändert – etwas repariert, eine kleine Genossenschaft gründet, sich bei einem Gemeinschaftsgarten engagiert –, macht man dabei die Erfah­ rung, wirksam zu sein. Und das möchte man wiederholen, also macht man den zweiten Schritt.


60  DIE ZUKUNFT GESTALTEN

Es gehört zum Wesen einer verbind­ lichen Beziehung, dass sie mitunter anstrengend ist, sie ist eher eine langfristige Investition. Fehlt uns dafür die Geduld? Durch die schnelle Taktung von Bedürf­

FUTURZWEI Verantwortungsbewusste Unternehmer, kreative Kommunalverwaltungen, Bürger­ initiativen, Start-ups oder einzelne Bür­ gerinnen und Bürger: An vielen Orten ­werden neue Formen des Produzierens, des Wirtschaftens und des sozialen ­Umgangs erprobt. Die gemeinnützige ­Stiftung FUTURZWEI macht es sich zur Aufgabe, diese Projekte in einem Zu­ kunfts­archiv gesellschaftlich sichtbar und politisch wirksam zu machen. Der FUTURZWEI Zukunftsalmanach 2013 ist zum Schwerpunkt Mobili­tät erschie­ nen, für den kommenden Herbst ist ein neuer Almanach mit dem Schwerpunkt­ thema »Material« geplant. www.futurzwei.org

Die Schriftstellerin Sybille Berg plädiert dafür, den Lebenssinn in ver­ bind­lichen Beziehungen zu anderen Menschen zu suchen, anstatt im ­Konsum: »Wer liebt, kauft weniger«, sagt sie. Das gefällt mir. Wenn man so will,

machen wir das in unserer Stiftung FUTURZWEI bereits auch: Wir verzich­ ten auf oberflächliche Klick-und-LikeAktivitäten in sozialen Netzwerken und lernen stattdessen die Menschen ken­ nen, über die wir Geschichten erzählen, und die lernen wieder die anderen kennen, die in unseren Büchern, Filmen und auf unserem Portal vorkommen. Wir haben letztes Jahr eine große Veran­ staltung in einem Zirkus gemacht, wo sich viele »unserer« Weltveränderer getroffen haben. Daraus haben sich dann wieder eine Menge Kooperationen und enge Beziehungen ergeben. Es führt zu nichts, wenn man alle möglichen unverbindlichen Beziehungen pflegt, nur um die Kommunikation um ihrer selbst willen am Laufen zu halten. Und ja: Das ist selbstverständlich anstren­ gender, aber eben auch bereichernd.

nissen und deren Befriedigung werden lang gehegte Wünsche und langfristige Träume seltener. Es hemmt die Phanta­ sie, wenn wir immer alles sofort be­ kommen, was wir wollen. Es gibt kaum noch Traumwelten und kaum noch die Bereitschaft, etwas geduldig zu erwar­ ten, sich langfristig zu freuen. Wenn alles zumindest theoretisch immer verfügbar ist, müssen wir auch nicht mehr zwischen »wollen« und »unbedingt haben müssen« differenzieren. Die Begriffe sind identisch geworden. Stimmt. Wenn wir beide jetzt beschlie­ ßen würden, nächste Woche auf eine Weltumseglung zu starten, dann wäre das machbar. Aber vermutlich würden wir auf dem Segeltörn schon wieder über das nächste machbare Projekt nachdenken, weil nicht nur die Zeit­ spanne bis zur Erfüllung eines Wun­ sches immer kürzer wird, sondern auch die Zufriedenheit schwächer wird, die uns die Erfüllung unserer Wünsche beschert. Insofern sind diese Beschleu­ nigungen tatsächlich beunruhigend.


DIE ZUKUNFT GESTALTEN 61

»Sobald man einen ersten Schritt macht und etwas verändert, macht man dabei die Erfahrung, wirksam zu sein. Und das möchte man wiederholen.«

Das heißt, gegen Zukunftsangst helfen Geschichten und Utopien, die wir beschützen und gegen Pessimismus verteidigen müssen? Ja. Zukunftsweisende Veränderungen

Was ist der kleinste gemeinsame Nenner in der Diskussion um Zukunfts­ strategien, mit dem jeder etwas an­ fangen kann? Jeder kann überall und jederzeit Bei­­­spie­

l­ e von gelungener Praxis weiter­erzählen und Geschichten verbreiten, wie man anders wirtschaften und leben kann. Da­ für haben wir bei FUTURZWEI schon eine Menge Erzählvorlagen be­reit­ge­stellt. Und wenn man sich dann ent­schließt, etwas zu machen, gibt es viele Möglich­ keiten. Man muss nicht alles selbster­

finden, man kann sich auch einer be­ stehenden Initiative anschließen und sich engagieren. Der allererste Schritt ist immer, zu schauen, wo die eigenen Handlungsspielräume sind. Wenn ich auf dem Dorf lebe, dann sehen die Handlungsspielräume natürlich anders aus als die in der Stadt, und natürlich unterscheiden sich die Möglichkeiten, die sich in Westeuropa bieten, von de­ nen, die sich möglicherweise in Fern­ ost auftun.

im Alltag kommen meist nicht aus der Wissenschaft, sondern aus der Zivilge­ sellschaft. Und die braucht Utopien und Geschichten, die die Welt deuten und Orientierung geben. Ich brauche einen positiven Anreiz, ein positives Bild, wie das Leben sein könnte, um meine Zu­ kunft zu entwerfen: Wer will ich einmal gewesen sein? Und daran kann ich mein Handeln dann ausrichten.

Miriam Holzapfel, geboren 1975, ist Kulturwissen­schaftlerin und Redakteurin für den ATLAS.


62  DIE ZUKUNFT GESTALTEN

Erfinden wir die Zukunft doch einfach so, wie wir sie haben wollen. Gute Beispiele ­dafür gibt es ­bereits zuhauf, wie das Engagement von FUTURZWEI zeigt. Erzählen Sie diese Geschichten weiter und lassen Sie sich d ­ avon inspirieren. Wir wünschen ­gutes Gelingen für Ihre eigenen Ideen. Ein zweites Leben für den Monatsknüller In der Steiermark haben sich Möbelhäuser, Landesregierung und Sozialunternehmen zusammengeschlossen, um gebrauchte Möbel vor der Verschrottung zu retten. In ReUse-­Läden werden Sessel und Schränke von ehemals Arbeitslosen zu günstigen Preisen verkauft.

Die Ausgangssituation Nichts welkt schneller als menschliche Modevorstellungen. Was gestern noch als »Knaller des Monats« in einer Hauswurf­ sendung beworben wurde, wird schon morgen oftmals als »schiach« und »oid« empfunden und landet auf dem Müll. Dabei wären viele der ausrangierten Möbelstücke noch brauch­ bar. Bis 2008 aber war es in der Europäischen Union verboten, funktionsfähige Geräte oder heile Möbel vom Recyclinghof abzuholen. Abfall ist Abfall, hieß es. Zugleich ist die Nachfrage nach Gebrauchtem groß, und Secondhand-Läden könnten viel mehr verkaufen, wenn sie entsprechende Ware hätten. Die Maßnahme Das Pilotprojekt Retourmöbel Steiermark bringt die Möbel­ häuser kika und Leiner auf der einen Seite zusammen mit der sozialökonomischen BetriebsGmbH BAN und weiteren Sozial­ unternehmen auf der anderen Seite; der Dritte im Bunde ist die steirische Landesregierung, die finanzielle Mittel zuschießt, weil Langzeitarbeitslose unterstützt und weitergebildet wer­ den. Ausrangierte Gegenstände der Einrichtungs­häuser ­werden von Mitarbeitern der BAN übernommen und aufge­ möbelt, um sie anschließend zu erschwinglichen Preisen ­weiterzuverkaufen. Das Ergebnis Funktionsfähige Gegenstände werden wiederverwendet statt vernichtet, das reduziert die Abfallmenge und unterstützt Leute mit kleinem Geldbeutel, die sich fabrikneue Möbel mög­ licherweise nicht leisten können. Darüber hinaus stellt das Projekt Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose – eine Win-winSituation für alle Beteiligten. www.abfallwirtschaft.steiermark.at www.ban.at


DIE ZUKUNFT GESTALTEN 63

»Die Zukunft kann nicht vorhergesagt werden, aber sie lässt sich erfinden.« Dennis Gábor, Nobelpreisträger und ­Erfinder der Holografie*

Bitte alle ­umsteigen! In Zürich werden Autos systematisch ausgebremst, Busse und Bahnen haben eingebaute Vorfahrt. Das verdanken ­die Einwohner hauptsächlich dem früheren Autonarren Rudi Aeschbacher. Die Ausgangssituation Als Ruedi Aeschbacher Ende der 1970er Jahre Leiter des ­Zü­richer Bauamts wurde, floss der Verkehr in der Stadt nur noch zäh, die Luft war schlecht, und wenn morgens und am Nachmittag Blech an Blech stand, suchten sich viele Pendler Schleichwege durch Wohnquartiere. Dort war der Straßen­ lärm dadurch nahezu unerträglich. Die Maßnahme Aeschbacher vollzog eine Kehrtwende, um den Autoverkehr drastisch zu reduzieren. Während der Ausbau von Bus- und Bahnverkehr genau wie die Bevorzugung von Radfahrern und Fußgängern noch all­ gemeine Zustimmung fand, stieß sein Plan, die Zahl der Park­ plätze drastisch zu reduzieren, auf erbitterten Widerstand: »Bis zum Bundesgericht wurde darüber gestritten. Das war sehr mühsam«, erzählt Aeschbacher. Heute existieren von den ehemals 60.000 öffentlichen Parkplätzen nur noch 40.000. Viele frei gewordene Flächen wurden in Straßencafés oder Fahrradstationen umgewandelt; der Röntgenplatz, über den früher täglich 25.000 Fahrzeuge rauschten, gehört heute komplett Fußgängern, Radlern und spielenden Kindern. Darüber hinaus wurde eine grüne Welle für öffentliche Verkehrsmittel eingerichtet und Autofahrstrei­ fen zugunsten von Straßenbahnschienen drastisch reduziert. Außerdem liegt mittlerweile jede Wohnung und jedes Büro im Züricher Stadtgebiet maximal 300 Meter von der nächsten

Haltestelle entfernt. Weil Busse, Straßen- und S-Bahnen da­ rüber hinaus bestens vertaktet sind und eine automatische Standortbestimmung alle 14 Sekunden die genaue Lage jedes Fahrzeugs überprüft, ist der öffentliche Verkehr in Zürich sen­ sationell pünktlich. Das Ergebnis Nur jeder zweite Haushalt in Zürich besitzt heute noch ein Auto. Die Zahl der Bus- und Bahnpassagiere steigt und steigt, die gesamte Stadtverwaltung kommt mit dem Rad, zu Fuß oder per Straßenbahn zur Arbeit. Auch für Banker ist es selbst­ verständlich, öffentlich zu fahren. Und nach langen Konflikten erlaubt es die konservative Kantonsregierung nun, dass Woh­ nungsbaugenossenschaften in Zürich Häuser ohne Autostell­ plätze bauen. Rudi Aeschbacher selbst hat bereits 1996 sein letztes Auto verkauft. Zwei Jahre lang hat er noch den Wagen eines Nachbarn mitbenutzt. Dann hat er den Schlüssel zurück­ gegeben. www.zuerich.ch

*  einer Methode zur dreidimensionalen Darstellung von ­Gegenständen, im Alltag bekannt durch die Verwendung auf Aus­weisen und Geldscheinen


64  DIE ZUKUNFT GESTALTEN

Natürlicher Kunststoff Der Chemiker Michael Gass hat ein Verfahren zur Gewinnung von Kunststoff aus Gras entwickelt. Die Ausgangssituation Den größten Teil seines Berufslebens hatte der Chemiker und Ingenieur Michael Gass damit verbracht, eine steile Karriere­ leiter zu erklimmen. Ein Gedanke tauchte jedoch immer ­häufiger auf, pochte immer hartnäckiger und ließ sich schließ­ lich nicht mehr überhören: Fast die gesamte Chemieindustrie basiert auf dem Ausgangsmaterial Erdöl; viele Rohstoffe ­müssen von weit her antransportiert werden; und bei der Her­ stellung und nach der Nutzung entstehen Berge von Abfall, die häufig hochgiftig sind. Gass stieg aus, und zusammen mit einem Kollegen begann er zu experimentieren. Die Maßnahme Ihr Ziel war eine Kunststoffproduktion nach dem Vorbild der Natur: Alle Rohstoffe sollten vollständig verwertet werden, und es sollten keine Abfälle zurückbleiben. Als Ausgangsstoff wählten die beiden Gras. Das ist nicht nur weltweit verfügbar und billig, sondern es steht außerdem kaum in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion. Im Labor fanden die beiden heraus, wie sich aus Grassilage flauschig-flexible Fasern ge­ winnen lassen. Dafür setzten sie ausschließlich mechanische Mittel ein und fügten der Silage nichts hinzu als Wasser. Das Ergebnis Seit 2007 läuft sie nun – die weltweit erste industrielle Gras­ veredelungsanlage. Die von seiner Firma BIOWERT produ­ zierten Computertastaturen und -mäuse, Taschenlampen, Werkzeugkisten und Terrassenbretter bestehen immerhin zur Hälfte aus Grasfasern. Alle eingesetzten Produktionsstoffe, die nicht am Ende in die erzeugten Kunstfasern einfließen, wandern in den großen, runden Tank einer Biogasanlage. Daraus entstehen in einem kleinen Blockheizkraftwerk Strom und Wärme, die BIOWERT zur Trocknung der Fasern benö­ tigt. Das Wasser zum Spülen der Fasern wird ebenfalls hier gewonnen und in die Grasfabrik gepumpt. Zuletzt entsteht noch wertvoller Biodünger, den die Bauern aus der Umgebung ­regelmäßig abzapfen. Fast sein gesamtes Geld hat Gass in das Projekt investiert – »und damit in meine Seele. Das Ganze war ein Gesundungsprozess«, meint der heute 56-Jährige. Zwölf Menschen verdienen gegenwärtig bei BIOWERT ihr Geld ­damit, Gras in Kunststoff zu verwandeln – vor allem Leute, die früher in der Landwirtschaft gearbeitet haben. Auf der Suche nach geeigneten Partnern tingelt Gass über viele Messen. Bis nach New York ist er dabei schon gekommen. Auch dort stieß sein Naturplastik auf Interesse. www.biowert.de

Wir danken der Stiftung FUTURZWEI und der Autorin Annette Jensen für die Bereitstellung der »Geschichten des Gelingens«, die wir hier stark gekürzt ­abdrucken. Noch mehr Beispiele finden sich in Der FUTUR­ZWEI Zukunftsalmanach 2013, Fischer Taschenbuch Verlag


ATLAS 65

Weiss in grün

Gebrüder Weiss investierte 2011 in einen eigenen Windpark aus vier Wind­energieanlagen mit einer Nennleistung von je zwei Megawatt. Die Anlagen mit einer Nabenhöhe von 108 Metern sind getriebelos, wartungsarm und kosteneffizient. Der dadurch jähr­ lich erzeugte saubere Strom deckt den Verbauch des gesamten Unternehmens mehr als ab. Damit ­werden 12.000 Tonnen CO2 eingespart.

Seit Januar 2008 pendelt der Orange Combi Cargo (OCC) von Gebrüder Weiss täglich zwischen ­Vorarlberg und Wien – und ersetzt rund 12.000 Lkw-­ Fahrten pro Jahr. Durch die Verlagerung dieser ­Verkehre auf die Schiene wurden bislang CO2-Emis­ sionen von über 40.000 Tonnen eingespart. Zudem werden seit den 1970er Jahren alle neuen Niederlas­ sungen an das Eisenbahnnetz angeschlossen.

Bereich

Bereich

Energie

Verkehr

Ort

Ort

Norddeutschland

Vorarlberg – Wien

Bei der Planung neuer Standorte werden grundsätz­ lich verschiedenste Umwelt- und Energieaspekte ­berücksichtigt. So setzt Gebrüder Weiss auf Erd­ wärme- und Fernwärmeheizungen, entsprechende Wärme- und Kälteisolierung sowie ­Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung und Freecooling-Funk­ tion für umweltschonende Temperaturregelung.

Am Standort Wörgl wurde mit einer Investitions­ summe von zwei Millionen Euro 2011 die österreich­ weit erste klima­neutrale Logistikhalle errichtet. ­Dadurch sind dort 1.300 Quadratmeter neue Um­ schlag- und K ­ ommissionierfläche sowie ein ergänzen­ des Kühl­lager mit 150 Palettenplätzen entstanden.

Bereich

Bereich

Heizung/Klima

Heizung/Klima

Ort

Ort

Weltweit

Wörgl



Reisen in der Röhre Elon Musks Pläne für den Hyperloop


68 HYPERLOOP

text:  Imke Borchers

E

s muss ja nicht immer gleich der Mars sein. Während man in München noch davon träumt, den Flug­hafen vom Hauptbahnhof aus in zehn Minuten erreichen zu können, und die Reisezeit Wien – Prag ab Dezem­ ber 2014 immerhin auf vier Stunden und zehn Minuten verkürzt wird, hat der Elektroauto-Pionier und Raumfahrt­ unternehmer Elon Musk Pläne für ein weitaus schnelleres Transportsystem vorgelegt: Der Hyperloop soll San Fran­ cisco und Los Angeles verbinden, in wenig mehr als einer halben Stunde. Der Entwurf sieht vor, knapp unter­halb der Schallgrenze Menschen in Kapseln durch Röhren zu schießen und damit die fünfte Form der Beförderung zu erschließen – nach Schiff, Zug, Auto und Flugzeug. Indes: So verrückt sie auch klingen mag – die Idee ist nicht neu. Bereits 1869 baute ein Unternehmer einen Tunnel

Elon Musk, 1971 in Südafrika geboren, Vater von fünf Kindern, ist Pionier auf v­ erschiedenen ­Gebieten: Seit 2000 als Unternehmer an mehreren I­nternet-Unternehmen beteiligt, unter anderem an P ­ ayPal, gründetet er 2002 das Raumfahrtunternehmen SpaceX, mit dem er den ­privaten Raumfrachter Dragon zur ISS geschickt hat. Seit 2003 e ­ ntwickelt er mit Tesla Motors Elektroflitzer, die er ­fortan auch als Leasing-Angebote beim größten deutschen Auto­vermieter ­an­bietet.

unter dem Broadway in New York, durch den mit Hilfe von Pneu­matik Passagier­ kabinen »gleiten« konnten. Seitdem hat es viele Vorschläge für ein alternatives Transportmittel gegeben – ­erfolg­reich durchgesetzt hat sich bisher jedoch kei­ nes von ihnen. Angeregt wurde Musk durch das ge­ plante Streckennetz für einen Hoch­ geschwindigkeitszug in Kalifornien, das ihm nicht nur zu teuer, sondern schlicht­

weg zu langsam erschien. Und so mach­ te sich der Visionär, der mit seinem ­Unternehmen Tesla bereits die Elektro­ auto-Industrie aufmischte, an einen ­Gegenentwurf. Da Energieverbrauch und nachhaltige Produktion ­bekanntlich zu den größten Herausforderungen an die Menschheit in diesem Jahrhundert zählen, soll der Hyperloop aber nicht nur schneller, sondern gegenüber allen anderen Transportmitteln auch sicherer und günstiger sein, darüber ­hinaus wetter­­unabhängig und erdbebensicher und im Betrieb möglichst energie­neutral. Teleportation wäre ideal, allein: Sie ist noch nicht erfunden. Also dachte Musk bei der Suche nach einer Alter­ native zum geplanten System zunächst an das gute alte Rohrpost-Prinzip – einst ebenfalls eine Vision für die Zukunft, heute längst Geschichte. Menschen in Containern nach dem ­gleichen Prinzip durch eine Röhre zu pusten ist aufgrund der ­hohen Reibung, die dabei erzeugt wird, einfach nicht möglich.

Heute hier, morgen dort Mobilität ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Die Frage, wie wir uns noch besser von A nach B, horizontal und ­vertikal bewegen ­können, treibt den Menschen seit jeher um. Was uns heute noch vorkommt wie Science-­Fiction, ist schon morgen oder über­morgen ­viel­leicht unser Alltag. Einiges, was vor nicht ­allzu langer Zeit noch als völlig ­abwegig galt – die Verbreitung des brenn­ stoff­betrie­benen Automobils etwa, siehe Kaiser Wilhelm II. auf S. 5 –, wird bald schon überholt sein. Anderes, was als Idee sofort überzeugte, wurde danach nie umgesetzt. Und viele Entwürfe ­befinden sich gerade irgendwo dazwi­ schen. | mho

Transition Eine Mischung aus Auto und Flugzeug ist der Transition, den das Unternehmen Terrafugia entwickelt hat. Der rund 600 Kilogramm schwere Zweisitzer ist für den US-amerikanischen Verkehr zu­ gelassen, passt in jede herkömmliche Garage und kann mit eingeklappten Flü­ geln auf der Straße gefahren werden. In nur 60 Sekunden kann sich das Auto zum Flugzeug wandeln und von einem Flughafen aus abheben. Zum Tanken geht es an eine normale Tankstelle. An­ geblich liegen für den Transition bereits zahlreiche Vorbestellungen vor, obwohl er nicht ganz billig ist: Die ersten Serien­ exemplare sollen ab 279.000 US-Dollar kosten und voraussichtlich 2015 aus­ geliefert werden. Am viersitzigen Nach­

folge­modell TF-X, der das vertikale, flug­ hafen­­un­abhängige Abheben und Landen ­erlauben soll, wird bereits getüftelt. www.terrafugia.com


HYPERLOOP 69

Mit zweiminütigem Abstand zwischen den einzelnen Kapseln könnte der ­Hyperloop 840 Passagiere pro Stunde transportieren – 28 pro Kapsel in 14 Zweierreihen.

Die Lösung, die der Unternehmer daher vorschlägt, stelle man sich stark vereinfacht folgendermaßen vor: Die Passagier- oder Güterkabinen, die auf einem Luftpolster durch einen e ­ ngen Tunnel gleiten, haben einen Ventilator am Bug, der die Luft von vorne nach hin­ ten pustet und so die Reibung verrin­ gert. Die Röhre, durch die die Kabinen schweben, wird von Stelzen gehalten, die entlang der schon bestehenden ­Autobahn zwischen San Francisco und Los Angeles im Boden verankert wer­ den. Diese sind in sich flexibel, sodass sie Bewegungen im Erdboden ausglei­ chen und so Erdbeben stand­halten kön­ nen. Die Energie, die zum Betrieb des Hyperloop benötigt wird, kann größten­ teils durch auf der Röhre angebrachte Solarzellen selbst erzeugt werden. So abenteuerlich diese Pläne klingen, so kühn sind auch die konkreten Zahlen,

Space Elevator Wie wir durch Felix Baumgartner wis­ sen, kann man auch ganz ohne Verkehrs­ mittel aus der Stratosphäre zurück auf die Erde kommen. Für den umgekehrten Weg wird möglicherweise eines nicht allzu fernen Tages ein Weltraumfahrt­ stuhl Raketen und Shuttles ersetzen. An einem gespannten Kabel, das auf ­einer beweglichen Plattform im Meer westlich der Galapagos-Inseln befestigt werden könnte, sollen sich Transport­ plattformen bis zu einer Raumstation oder einem Satelliten in die Höhe ­hangeln. Alle erforderlichen Techno­ logien zum Bau des Aufzugs sind schon heute verfügbar, auf jährlichen Konfe­ renzen des International Space Elevator Consortium ISEC beraten sich Wissen­ schaftler über die Details.  www.isec.org

die Musk zum Hyperloop vorstellt: Die 560 Kilome­ ter zwischen San Francis­ co und Los Angeles sollen in 35 Minuten zurückgelegt werden – für diese Strecke braucht ein Auto circa fünfeinhalb ­Stunden, ein Flugzeug eine Stunde und 15 Minuten, und der derzeit geplante Hochgeschwindigkeitszug soll die ­Distanz in zwei Stunden und 38 Minuten ­zurücklegen. Bei einem Startintervall von zwei Minuten, in der Stoßzeit sogar von 30 Sekunden, könnten mit dem ­Hyperloop über das ganze Jahr gesehen bis zu 7,4 Millionen Menschen zwischen den beiden Metropolen transportiert werden. Dafür veranschlagt Musk Kosten von etwa 6 bis 7,5 Milliarden ­US-Dollar, einen Großteil davon allein für den Bau der Strecke. Und auch wenn Experten skeptisch sind, ob eine ökono­mische und ener­ getisch sinnvolle Realisierung des Pro­ jekts möglich ist, sehen viele von ihnen technisch zunächst keine Hinderungs­

Skytran Eine Magnetschwebebahn könnte nach der Vorstellung des Unternehmens Sky­ tran schon bald das Verkehrsproblem in den Großstädten der Welt lösen. Die ­Pläne dafür, die in Zusammenarbeit mit der Raumfahrtbehörde NASA entwickelt wurden, sehen vor, Fahrgäste in ZweiPersonen-Kapseln computergesteuert

gründe. Musk hat daher eine Gesell­ schaft gegründet, die sich mit der Ent­ wicklung eines Prototypen befassen wird. Nach dem Open-Source-Gedan­ ken ist jeder Interessierte herzlich dazu eingeladen, Verbesserungsvorschläge oder ­eigene Ideen einzubringen. Schade bloß, dass Elon Musk, der ­zwischen ­seinen beiden Firmen Tesla und SpaceX in San Francisco und Los Angeles hinund hereilt, sich der Entwicklung des Hyperloop nicht weiter persönlich ­widmen kann – er verbringt einfach zu viel Zeit mit dem Pendeln. Den Mars hat Elon Musk mit seinem Raumfahrtunter­nehmen übrigens durchaus auch schon im Visier. Bis zur Internationalen Raumstation ISS ist er bereits gekommen.

Imke Borchers, geboren 1982, ist Literatur­ wissenschaftlerin und ­Redakteurin des ATLAS.

vom gewünschten Einstieg bis ans Ziel zu befördern – ohne festen Fahrplan und über alle Staus und Ampeln hinweg. Die Kapseln sind stets abrufbereit und bestellbar über eine App. Da Tel Aviv ­bereits ernsthaftes Interesse am Skytran bekundet hat, könnte dort schon bald eine Teststrecke errichtet werden.  www.skytran.us


Die Zukunft liegt in den Händen der Wahrsager – aber vielleicht schon bald im 3-D-Drucker.


71

Zukunft, Zauberer, Zauderer HARALD MARTENSTEIN über die Versuche, das Morgen heute in den Griff zu kriegen

S

ie sind also etwa 20 Jahre alt, in der beruflichen Fin­ dungsphase und möchten etwas über die Zukunft un­ serer Gesellschaft wissen? Die Zukunft ist ja leider ­unbekannt. Nur eines steht fest, die Zukunft ist mehr als bloß eine Verlängerung der Gegenwart. Die Trends der Gegenwart in die Zukunft einfach fortzuschreiben, das ist easy, obwohl etliche sogenannte Zukunftsforscher davon leben können. Die Zukunft: Alles wie heute, bloß mehr davon. Solche Prophezeiungen kriegt jeder hin. Nur, so läuft es nicht. Mein Tipp: Machen Sie nichts, was mit dem Internet zu tun hat. Das Internet wird überschätzt. Das Internet ist im Grunde schon durch. Wenn Sie heute auf das Internet setzen, dann ist das so, als ob sie im Jahre 1914 eine Eisenbahngesellschaft gegründet hätten. Dann ist das zu spät, verstehen Sie? Wenn jemand 1990 auf das Internet abgefahren ist, dann war dieser Jemand ein Genie und ist heute stinkreich, oder meinetwegen sogar noch 2000, für richtig gute Ideen war da noch Luft. Aber heute? Denken Sie an die Börse. Wenn alle sagen, diese Aktie musst du kaufen, wenn es sogar schon im Wirtschaftsteil der FAZ steht – dann wissen die echten Insider, dass sie von dieser Aktie mal besser die Finger lassen. Der nächste Schritt sind die 3-D-Drucker. Als ich zum ers­ ten Mal von dieser Erfindung gehört habe, konnte ich es nicht glauben. Ich dachte, das ist Spinnerei. Das denkt man zuerst immer. Es steht noch am Anfang, ungefähr so wie der Computer in den 70ern. In ein paar Jahren können die Leute zu Hause ein T-Shirt, einen neuen Küchenquirl, einen Blumentopf, ein Kondom, einen Feuerlöscher und Gott weiß was alles ein­ fach ausdrucken. Im nächsten Schritt dann vielleicht auch Kühlschränke, Smartphones und Fahrräder. Hängt ganz vom ­Drucker und der Größe der Wohnung ab. Die Rohstoffe wer­ den in riesigen Druckerpatronen ins Haus geliefert – für die Logistikbranche sehe ich rosa. Denken Sie über Logistik nach.

Leider wird man auch Pistolen ausdrucken können, erste ­Versuche gab es bereits. Die Pistole funktionierte, allerdings konnte man nur einen einzigen Schuss abfeuern, dann flog das Ding auseinander. Das wird sicher perfekter werden. Die Sicherheitsbranche – meiner Ansicht nach hat sie Zukunft. Wenn die 3-D-Drucker eines Tages Atombomben drucken können, ist natürlich Feierabend. Finden Sie ein Sicherheits­ system, das den Druck von Atombomben verhindert, und sie werden Milliardär. Ein weltweit beliebter Milliardär oben­ drein. Es läuft darauf hinaus, dass in ein paar Jahren jeder seine kleine Universalfabrik bei sich zu Hause stehen hat. Deswegen sprechen manche von der »dritten industriellen Revolution«, die bevorsteht. Für die Fabriken in Indien oder China, die jetzt noch zu Niedriglöhnen billigen Krimskrams herstellen, tickt die Uhr. Aber nicht nur für die. Manuelle Arbeitskraft, auch billige, wird in 50 Jahren kaum noch gebraucht, nur noch zum Abbau von Rohstoffen und für Dienstleistungen. Karl Marx hat diese Entwicklung übrigens vorausgeahnt, Marx war schon ein großer Denker. Ob der 3-D-Drucker zu dem von Marx prophezeiten »Reich der Freiheit« führen wird oder zu neuen Formen von Unterdrückung, wird sich zeigen. Ich bin eher pessimistisch. Mich wundert allerdings, dass über diese Zukunft nicht schon längst heftig in den Feuilletons diskutiert wird. Über den 3-D-Drucker steht heute so selten etwas in der Zeitung wie in den 70er Jahren über den Com­ puter. Intellektuelle – immer ein bisschen langsamer als die Unternehmer. Sie diskutieren über das Internet, ach Gottchen. Das Internet ist doch so was von 90er Jahre. Falls Sie nicht technisch begabt sind: Seien Sie kreativ. Legen Sie sich ein un­ verwechselbares Äußeres zu, werden Sie der Sascha Lobo der dritten industriellen Revolution! Falls ich das nicht selber mache.

Harald Martenstein, ist Autor der Kolumne »Marten­ stein« im ­ZEITmagazin und Redakteur beim Berliner ­Tagesspiegel. Der mehrfach ausgezeichnete Jour­na­ list, u. a. mit dem Egon-Erwin-Kisch-Preis und Theo­ dor-Wolff-Preis, veröffentlichte zahlreiche B ­ ücher, darunter Romantische Nächte im Zoo und Ansichten ­eines Hausschweins. Zuletzt ist Freuet Euch, Bernhard kommt bald! erschienen.


Der nächste ATLAS: Leidenschaft

Der nächste ATLAS erscheint im Herbst 2014 – wir freuen uns, dass Sie bis hierher ­gelesen oder zumindest geblättert haben. Noch mehr freuen wir uns, wenn Sie uns ­sagen, wie Ihnen dieser ATLAS gefallen hat, damit wir das, was wir tun, noch besser tun können. Schreiben Sie uns doch per E-Mail: redaktion@gw-atlas.com ATLAS ist das Kundenmagazin der Gebrüder Weiss

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licher Sorgfalt zusammengestellt und auf ihre Richtigkeit hin

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Redaktionsschluss: 15. März 2014

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Artikelnummer: 6032 Der ATLAS erscheint in einer deutschsprachigen und einer ­englischsprachigen Ausgabe. Bild- und Copyrightnachweis: Cover und Rückseite: Rainer Groothuis. Wenn als Einzelnachweis auf der Seite nicht anders vermerkt: Gebrüder Weiss Gesellschaft m. b. H. für die Seiten: 6, 33 (und privat), 34/35, 37–41 (und privat), 45 (oben), 54/55 (und privat); picture alliance: U2, 3, 4, 44/45 (unten); corbis: 30/31; Rainer Groothuis: 32; photocase: 36; iStock: 43; Jens Gyarmaty: 59; www.terrafugia.com: 68; Tesla Motors Inc.: 69 (oben); www.skytran.us: 69 (unten); plainpicture: 70; Illustrationen von Max Schulz: 27, 29, 31, 42, 45, 53, 61, 68, 69, 71; Illustrationen von Carolin Hüttich: 46/47, 58, 60–65; Illustrationen von Klaus Bürgle: 66/67; Illustrationen von Lars Hammer: 71, 72.

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ATLAS 3

über morgen krieg ich ne frau? frisst mich ein hai? nobelpreis? reichtum? kinder? bleib ich gesund? wann küsst mich kai? was wartet im zylinder? der mensch (so ist er halt gebaut) denkt immerzu an morgen doch ist der ausblick oft versaut durch ängste und durch sorgen viel besser wär es, ließe man das schwarze sehen bleiben los! schnallt die rosa brille an und lasst euch vorwärtstreiben die zukunft, sie hat immer recht das gilt in allen ländern es kommt, wie’s kommt: mal gut, mal schlecht das ist ja nicht zu ändern ingo neumayer schreibt Gedichte und unterhält den Blog Zwölf Zeilen zur Zeit (www.zwoelfzeilen.de). Er lebt in Köln.

Selbstverständlich haben alle unsere Artikel (bis auf die »Geschichten des­Gelingens« auf S. 62–64) noch keine Vergangenheit, sprich: Sie wurden exklusiv für den atlas verfasst. So auch dieses Gedicht.


ATLAS 4

Mit Nachrichten aus den Regionen, Kolumnen, Interviews, vielen Bildern und der Lust, die Welt zu bewegen.


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