GRUNDSATZFRAGE
WIE VIEL „ALEXA“ VERTRÄGT DATENSCHUTZ?
abhängen, ob die Konsumenten ihm
genügend Vertrauen entgegenbringen. Es geht um den Datenschutz. Schon allein die Vorstellung, ein Aufnahmegerät im Haus zu haben, das wie eine „Wanze“ alles mithören kann, wird viele abschrecken. Auch wenn die Hersteller versichern, dass Alexa, Siri und Google sich erst nach einem entsprechenden Aufruf selbst aktivieren – sind sie, zumindest potenziell, immer „on“. 2019 wurde bekannt, dass AmazonMitarbeiter dazu abgestellt sind, Audioauf-
Ist Voice-Commerce, also der E-Commerce mithilfe von Sprachsteuerung, das „nächste große Ding“ an der Schnittstelle zwischen Konsument und Elektronik? Und wie steht es dabei um den Datenschutz? Eine vorsichtige Annäherung.
zeichnungen anzuhören und zu analysieren. Sie tun das zwar, um die Algorithmen
Text / Harald Sager
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er reale Impact von Voice-Commerce liegt in Österreich derzeit noch bei null“, erklärt Jan Königstätter, Co-Geschäftsführer der Wiener Online-Consultingfirma Otago. „Aber neue Kanäle – siehe E-Commerce – können sehr rasch Wirklichkeit werden. Da muss man als Onlinehändler aufpassen, dass man nicht zu spät dran ist.“ Die Trefferquote der Sprachassistenten liegt bereits bei über 90 Prozent; und die User kennen das System der Spracherkennung schon von ihren Smartphones – auch wenn sie es im Moment nur rudimentär einsetzen, so etwa zum Abfragen des Wetters oder zum Abspielen von Musik. Man muss kein Prophet sein, um vorauszusehen, dass Voice-Commerce künftig eine Rolle im E-Commerce zukommen wird – aber sie wird ergänzend und nicht
Foto / Pixabay
ersetzend sein: Es ist schwer vorstellbar, dass man „ein Herrenhemd, Baumwolle, blau-weiß gestreift“ sprachlich bestellt. Schließlich will man es sehen und Vergleiche anstellen. Voice-Commerce wird wohl zur neuerlichen Bestellung von Artikeln, die man bereits kennt, eingesetzt werden. Trotzdem wird der Onlinehandel gut beraten sein, sich mit den Anbietern ins Einvernehmen zu setzen, denn Alexa und Co. fungieren als Gatekeeper: Die Produkte des Onlinehändlers werden nur vorgeschlagen, wenn sie auf dem „Radar“ sind. Im Fall von Alexa bedeutet das, auf Amazon zu sein.
EINE FRAGE DES VERTRAUENS Ob sich der neue Vertriebskanal VoiceCommerce durchsetzt, wird vor allem davon / Q2/2020
Vertrauensfrage. Ob wir mit Alexa & Co. künftig auch einkaufen werden, ist eine Frage des Vertrauens – und des Datenschutzes.
» Neue Kanäle können rasch Wirklichkeit werden. Da muss man als Onlinehändler aufpassen, dass man nicht zu spät dran ist. « Jan Königstätter Co-Geschäftsführer Otago
der Spracherkennung von Alexa zu verbessern, aber es lässt sich wohl kaum vermeiden, dass sie dabei immer wieder auch höchst private Dinge zu hören bekommen. Amazon hat jedoch darauf verwiesen, dass die Daten anonym bleiben. Die aufgezeichneten Sprachdaten landen übrigens auf den Cloud-Servern der Sprachassistenten-Hersteller. Damit hat der Nutzer nicht nur wichtige Daten wie etwa die seiner Kreditkarte sozusagen „abgegeben“, sondern auch ein essenzielles biometrisches Merkmal, nämlich die eigene Stimme. Er setzt sich damit in doppelter Weise der Gefahr von Hackerangriffen und Identitätsmissbrauch aus, wie sie im Netz und auf Clouds gang und gäbe sind.
JURISTISCHE PROBLEMZONEN In den USA mögen die Dinge lässiger gehandhabt werden. Aber in Europa gilt die EU-Datenschutz-Grundverordnung, will heißen, dass der Nutzer des Voice-Commerce – ganz wie beim herkömmlichen E-Commerce – bei jedem Schritt seiner Bestellung einschließlich der Verarbeitung seiner Daten auch ausdrücklich zustimmen muss. Nur kann er, anders als beim E-Commerce, weder die Produkteigenschaften des ins Auge gefassten Artikels noch die allgemeinen Geschäftsbedingungen einsehen. Und da könnte es sich, sollte Voice-Commerce in unseren Breiten erst einmal in großem Stil anlaufen, juristisch spießen. Als negatives Präjudiz kann in dem Fall gelten, dass im Vorjahr die sogenannten Dash-Buttons von Amazon (automatisierte Kaufvorgänge mittels Knopfdruck) in Deutschland für unzulässig erklärt worden sind, weil dem Konsumenten dadurch Nachteile entstehen könnten, beispielsweise eine Preisänderung ohne Vorabinformation oder die Lieferung eines anderen Produkts als des bestellten. Wie auch immer es weitergeht im E-Commerce, es bleibt – nicht nur elektronisch, sondern durchaus auch juristisch – spannend.
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