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Cannabinoide in der Praxis

von Christian Bödefeld

Um in Deutschland ein Rezept für medizinisches Cannabis zu erhalten, muss eine vorangegangene Therapie mit herkömmlichen Medikamenten fehlgeschlagen sein.

In der Theorie erhalten somit nur schwer kranke Patienten Zugang zu medizinischem Cannabis. Viele Ärzte stehen einer natürlichen Therapie jedoch immer noch skeptisch gegenüber. Die Firma HAPA will mithilfe sogenannter Cannabinoid-Praxen jedem Patient in Deutschland eine Therapie mit Cannabis ermöglichen. Wir haben mit dem CEO Ricardo Pendon über Cannabinoid-Praxen und kommende Projekte gesprochen.

Die offensichtlichste Frage zuerst, welche Idee/Überlegungen führten zur Gründung von HAPA?

R. Pendon: Die Idee ein Unternehmen, wie die HAPA, zu gründen entstand durch die Erfahrungen im Umfeld des Familien- und Freundeskreises. Es gab Berichte über Menschen, die zu Kriminellen wurden, nur weil sie schwerkranke Menschen mit Cannabisöl versorgen wollten. Als wir dann Ende 2015 die ersten Anzeichen dafür sahen, dass sich in der Politik zu dem Thema medizinisches Cannabis etwas tut, haben wir uns entschlossen, ein Unternehmen zu gründen.

Welche Leistungen können Patienten bei HAPA in Anspruch nehmen?

R. Pendon: HAPA ist in mehreren Bereichen tätig: Wir planen den Import von Cannabisölen und -Blüten und rechnen mit der ersten Lieferung im Juli 2018. Außerdem bauen wir in zwei südlich gelegenen europäischen Ländern selbst medizinisches Cannabis an. Der erste Anbau startet im August. Über Hanfpassion bieten wir Superfood-Produkte sowie medizinische Produkte oder Nahrungsergänzungsmittel wie CBD an. Zusätzlich haben wir ein Praxiskonzept der HAPA Clinic GmbH für Ärzte im Angebot, die sich in einer Privatpraxis niederlassen und sich auf die Cannabinoidmedizin spezialisieren wollen.

Welche Kassenpatienten können die Leistungen von HAPA in Anspruch nehmen?

R. Pendon: Wir schließen niemanden aus. Alle Kassenpatienten können Leistungen von den niedergelassenen Ärzten in Anspruch nehmen, auch wenn es sich um Privatpraxen handelt. Natürlich immer nur nach Zusage der Krankenkassen selbst. Aber wie genau, das bespricht der niedergelassene Arzt mit jedem Patienten durch. Bei schweren Fällen auch mit anwaltlicher Unterstützung aus dem Hause HAPA Clinic.

Wo genau kann man in Zukunft mit „Cannabinoid-Praxen“ rechnen?

R. Pendon: Patienten können unsere Dienste in der bereits eröffneten Praxis in Berlin in Anspruch nehmen. Des Weiteren planen wir die Eröffnung einer unserer Praxen in Dortmund zum 01.06.2018, in Köln/Düsseldorf zum 01.07.2016, in Stuttgart zum 01.09.2018 und in München ebenfalls zum 01.09.2018. Außerdem planen wir für das Jahr 2019 fünf weitere Standorte, deren Auswahl wir uns aber je nach Bedarf noch offen lassen.

Gibt es Erfahrungswerte über Reaktionen von anderen Medizinern und Partnern der Branche?

R. Pendon: Bis dato haben wir in Berlin nur positives Feedback bekommen. Ärzte, die mit uns kooperieren wollen, sowie Apotheker, die mehr zu unserer Arbeit zum Thema Cannabinoidmedizin und dem Praxismodell wissen wollen. Ich denke, dass Sie sich ja vorstellen können, dass schwerkranke Patienten froh darüber sind, endlich einen Arzt sprechen zu können, der eine Cannabistherapie in Erwägung zieht.

Wie gestaltet sich die Umsetzung des Konzepts und wie stellen Sie sicher, dass sich Ärzte mit der Materie auskennen?

R. Pendon: Unser Praxiskonzept ist ja eher ein vollwertiges Franchise-Konzept, welches keine Wünsche für den Arzt offen hält. Eher sind das Nichtwissen und die erforderliche Ausbildung, die vorher geleistet werden muss, eine Herausforderung. Wir freuen uns aber natürlich über jeden Arzt, der sich in einer Cannabinoid-Praxis niederlassen und diese Herausforderung annehmen möchte. An schwerkranken Menschen, denen man in diesen spezialisierten Privatpraxen helfen kann, mangelt es nun wirklich nicht. Für interessierte Ärzte bieten wir in Zukunft auf hapa-medical.com und auf hapa-clinic.com ein sehr umfängliches Education-Online-Tool an. Das war die meist genannte Anforderung, die man uns gestellt hat. Weil doch so einige Ärzte mit Cannabinoiden in der Praxis arbeiten wollen, aber die Erfahrungen dazu einfach noch zu gering sind.

Gibt es wirklich so viele Anfragen von Patienten in Berlin?

R. Pendon: Die Anfragen für einen Termin kommen nicht nur aus Berlin, sondern aus ganz Europa. Ungefähr 45% der Anfragenden bekommen beim Arzt aber keinen Termin, da schon bei der ersten telefonischen Befragung klar wird, dass eine Cannabinoidtherapie beim Patienten nicht eingesetzt werden kann. Ehrlich gesagt konzentriert der Arzt sich aktuell nur auf schwerwiegende Krankheitsbilder und damit hat er schon mehr als genug zu tun.

Unter dem Namen Hanfpassion vertreibt HAPA auch CBD-Produkte. Werden die dafür verwendeten Hanfpflanzen selbst angebaut?

R. Pendon: Das Material für unsere CBD-, oder auch für unsere zukünftigen THC-Öle, stammen von Bedrocan aus Holland. Zum Ende des Jahres werden wir auf unsere eigenen Cannabisblüten zurückgreifen.

Wie werden die CBD-Produkte produziert?

R. Pendon: Die CBD-Produkte werden im CO 2-Extraktionsverfahren hergestellt. Das herstellende Unternehmen arbeitet dabei nach EU-GMP-Standard. Wir könnten unsere Produkte also auch in deutschen Apotheken verkaufen, haben das aber bis dato vermieden, um die Preise nicht explodieren zu lassen. Damit sind wir in Deutschland wohl die Einzigen, die nach EU-GMP- Standard derartig hochwertige Produkte zu solchen Preisen anbietet.

Welche Produkte sind am meisten begehrt?

R. Pendon: Alle Produkte sind bei uns sehr gefragt und wir hatten fast vier Wochen lang kein einziges CBD-Produkt auf Lager. Aber wir haben auf die Nachfrage reagiert und mussten das CBD Femme Produkt deutlich aufstocken. Wir haben die Erfahrungen gemacht, dass gerade das CBD Femme von Frauen erfolgreich gegen Regelschmerzen eingesetzt wird. Das hat uns überrascht, aber natürlich auch sehr gefreut.

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