Familie – Der Einzelne im System

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Familie

Der Einzelne im System

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ÂťIf you want to go fast, go alone. If you want to gor far, go together.ÂŤ Afrikanisches Sprichwort

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Einleitung Familien in Deutschland 1996 und 2013 Familienformen in Deutschland Die Bilderbuchfamilie

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Familienbegriff Allgemeine Definition Von der Differenzierung zur Systematisierung Gesetzliche und politische Definition Definition der deutschen Bevölkerung Psychologische Annäherung an den Familienbegriff Die Familie in der Gesellschaft

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Umwelt Der soziale Wandel Schnelllebigkeit Streben nach Glück

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Harmonie Zuflucht / Geborgenheit Harmoniebedürfnis Vertrauen Erwachsen werden Zusammenleben

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Systemdefinition Grundlagen der Systemtheorie Familie als System Aufgaben einer Familie

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Funktion einer Familie Kernfamilie Wandel der Familie Aufgabe und Funktion der Familie Sozialisationsfunktion Wirtschaftliche Funktion Politische Funktion Niemand lebt in einem Vakuum

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Fotoserie „Niemand lebt in einem Vakuum“

Beziehungsgeflecht Bindungs und Bedeutungsvarianten einer Familie Bedeutung der intimen Beziehung einer Familie Kriterien einer Beziehungsdynamik Phasen einer Beziehungsentwicklung Fürsorge und Bindung Beziehungssystem Wir- und Ich-Orientiert Seite

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Menschen machen Fehler

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Problem- und Konfliktlösung Gemeinsam Probleme lösen Gegenseitigkeit Intime Kommunikation Kommunikation im System Rückkopplungsprozess in einer Familie Anpassungsfähigkeit und Grenzen Rolle im System Offene und geschlossene Familiensysteme Zielorientierte Familie Regelhaftigkeiten in einer Familie Zirkuläre Kausalitäten Selbstorganisation in der Familie Wandel der Selbstorganisation Betrachtungsebenen Einzelne im System Beitrag des Konstruktivismus Sensiblen Antennen

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Misslagen und ihre Zeichen Vulnerabilitäts-Stress-Modell Auffälligkeiten bei Kindern Faktoren einer psychischen Störung (bei Kindern) EXKURS | Psychische Störungen Verteilung in Deutschland Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) Bipolare Störung Affektive Störung (Depression) Essstörung Schizophrenie Missbrauch / Abhängigkeit von Substanzen Angststörung Persönlichkeitsstörung Hilfesuchen Potential einer Familie

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Familientherapie Vorteile einer (systemischen) Familientheraphie Nachteile einer (systemischen) Familientheraphie Wertung Text „Italienische Autokorrektur“ von Lena Konopka, Juni 2013


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Forderungen

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Zum Schutz der Familien Politische Forderunen Familienspezifische Forderungen DGSF – Informationsportal Familientherapie und Familienberatung

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Danke

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Fotoserie „Die Familienportraits“

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Literaturverzeichnis Quellenverzeichnis Index – Familie von A bis Z Legende CD mit dem Film zum Buch Sprecher Text zum Film

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Familie In Deutschland

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Einleitung

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Einleitung Tucholskys (1985):

»Die Familienzugehörigkeit befördert einen Krankheitskeim, der weit verbreitet ist: alle Mitglieder dieser Innung nehmen darunter übel. (…)«

Die Arbeit mit dem Thema „Familie – Die Rolle des Einzelnen im System“ geht näher auf die Veränderungen und das Verständnis von Familie ein. Es wird die Auswirkungen der Sozialisation, Entwicklung und individuellen Lebensphasen auf die Familie heute und der in ihnen lebenden Individuen beleuchtet. Die Pluralisierung der Lebensformen ist in den letzten Jahren sehr weit fortgeschritten und daher heute eine aktuelles Thema der Gesellschaft. Jeder ist Teil der Gesellschaft und Teil einer oder mehr Familien. Doch welche Bedeutung hat die Familie heute noch? Und in wieweit ist das Zitat von Tucholsky zeitgemäß? Welche Auswirkung hat das Familienleben auf die Mitglieder in der heutigen Zeit und unter den heutigen Gegebenheiten? Ist das klassische Bild der Familie noch zeitgemäß? Die vorliegende Bachelorarbeit untersucht das Verhältnis von Familie und Individuum sowie der Positionierung und Bedeutung der beiden Bereiche in der heutigen Gesellschaft. Familie umfasst, beinhaltet und berührt viele weitere Lebensformen, korrespondiert mit anderen Bereichen und Themen, wie Politik, Wirtschaft und Zukunft. Darüber hinaus durchlebt eine Familie Entwicklungsschritte und hat schließlich Konsequenzen für das Lebenihrer Mitglieder und die Familie selbst. Somit werden in dieser Arbeit nicht nur die Familie und ihre Sozialisationsfunktion, ihre Rolle, die Teilrollen, Aufgaben, Entwicklung und Funktion, sondern auch die verschiedensten Zusammenhänge untereinander näher untersucht. Im Laufe der Arbeit werden verschiedene Bereiche, Problematiken bzw. kritische Punkte deutlich. Kann man von einer Überforderungen der Familie in Bezug auf die - an sie gerichteten Erwartungen ausgehen? Abschließend wird näher auf die Chancen und die Lösungsansätze, wie die einer familientherapeutischen Zusammenarbeit, eingegangen. Durch Notwendigkeiten haben sich Forderungen zur Hilfe und Unterstützung ergeben. Durch eine genaue Untersuchung und Beschreibung der heutigen Familien wird deren Stellenwert deutlich. Zum Schutz der Familien müssen Probleme von verschieden Seiten (politisch, gesellschaftlich, sozial, psychologisch) bearbeitet werden. Zugleich stehen Instanzen wie die Politik in der Pflicht mehr das Leben der Familien zu erleichtern.

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Die Familie bewegt sich in einem Geflecht aus Konfliktbereichen: Umgeben von Erwartungen, Vorstellungen und Herausforderungen, durchwachsen von verschiedensten Emotionen, Entwicklungen und Erfahrungen, im Spannungsfeld von Individuum, Umfeld und der Familie als Ganzes, zwischen Beziehung und Bindung, zwischen Ressourcen und Problemen, zwischen Alltag und Privatsphäre. Sie muss allem gerecht werden. ( – Illustrationsreihe Nr. 01; auf der linken Seite – )

In diesem Funktionskonstrukt der Familie und ihrer Umwelt bewegen sich individuelle Köpfe mit Persönlichkeit, eigenen Vorstellungen, Wünschen, Interessen und Zielen, welche irgendwie zusammenleben müssen: All das birgt Konfliktpotenzial. Trotzdem oder gerade deswegen sollte eine Familie funktionieren. Transparenz und Aufmerksamkeit beim Thema Familie, keine Scham offen über Probleme zu reden und die Stärke Probleme anzugehen, anstatt sie zu ignorieren: das ist der Anfang einer gesunden und zukunftsweisenden Familienentwicklung.

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Familien in Deutschland 1996 und 2013

Knapp die Hälfte (49 %) der Bevöl­kerung in Deutsch­land lebte 2011 in Fami­lien. Vor 15 Jah­ren lag dieser Anteil mit 57 % noch deut­lich höher. = Anzahl der in Familien lebenden Menschen in Deutschland 2013 = Anzahl der in Familien lebenden Menschen in Deutschland 1996 = Menschen, die nicht in Familien leben Zeit

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MA L 10 0 0 Me nsche n in D eu ts c hlan d 20 1 3

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FamilieNFormen in Deutschland in Prozent

Die Verteilung und die Vielfalt der Familienformen 채ndert sich stark. Familien mit minderj채hrigen Kindern nach Familienformen von 1996 bis 2011: = Alleinerziehende = Ehepaare = Lebensgemeinschaft Zeit

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Die Bilderbuchfamilie

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Die Bilderbuchfamilie »Die klassische Bilderbuchfamilie: Eltern, 2 Kinder (Junge, Mädchen), ein Hund, Haus, Karriere, zusammen und glücklich. Zusammengehörigkeit, Zuflucht und Harmonie. Von jeher ist die Familie eine Projektionsfläche unserer Wertvorstellung und Ideale.« *

Es stellt sich die Frage, woher haben wir die Ideale und Werte, die wir auf das allgemein vorherrschende Bild von „der Familie“ zuschreiben? Inwieweit projizieren die Medien – wie das Fernsehen, als das Kommunikationsmedium unserer Zeit – diese Vorstellungen in die Köpfe der Menschen? Einerseits schlagen sich die demographischen Veränderungen der Gesellschaft und das damit veränderte Bild der Familie auch in den Programmen der Fernsehsender nieder, andererseits wäre zu erwarten, dass das Fernsehen selbst als ein Produzent und „Motor des gesellschaftlichen Wandels“ den Verständigungsprozess der deutschen Gesellschaft über ihre Zukunft mit vorantreibt. Dass Medien nicht die Realität darstellen, ist eigentlich jedem bekannt - nur längst nicht immer bewusst. Die verschiedensten Medien haben in allen Lebensbereichen einen unvorstellbaren Einfluss - unterbewusst. Egal ob ein Film nur unterhalten, eine Werbung verkaufen oder ein Test-/Servicebericht die Qualität von Produkten und Dienstleistungen vergleichen soll. Gleichzeitig wird immer ein verklärtes Bild der Wirklichkeit gezeigt. Egal ob es um Familienbilder und Familienthemen im fiktionalen und nicht-fiktionalen Fernsehen geht. Sei es nur, ob Werbung mit ihren Produkten eine bestimmte Stimmung am Frühstückstisch vermittelt. Schleichend transportieren diese auch Werte wie Zusammenhalt, Harmonie und Stärke. Der Zuschauer identifiziert sich mit diesen Werten und der vermittelten Perfektion. Parallel projiziert jeder das Wahrgenommene auf sich und seine Umgebung, somit auch auf seine Familie. Erwartungen an ein realitätsfernes, unerreichbar glückliches familiäres Leben werden gebildet. ( – Illustrationsreihe Nr. 02; auf der linken Seite – ) Ohne Frage werden oft auch andere Seiten gezeigt, meist sind diese Familien dann jedoch alles andere als identifizierungswürdig und präsentieren die Kehrseite – das so-nicht. Serien wie „Shameless“ oder „Modern Familie“ schildern einen chaotischen Alltag mit vielen Probleme, doch bei jedem Folgenende werden Lösungen gefunden und die Familienidylle ist wieder hergestellt. Schließlich bleibt beim Zuschauer das eher positiv geprägte Bild: Die Harmonie überwiegt. Dabei ist das glatte, realitätsferne „Happy-End“ in jeder Folge, in jedem Film und jeder Werbung eigentlich unübersehbar. Ein typisches Beispiel für die Realitätsferne im vielen Serien beziehungsweise Filmen ist die Fernsehhausfrau: Sie hat selten viel zu tun, Stress oder sonstige Belastungen. Sie ist weder physisch noch psychisch durch die Beschäftigung mit ihren Kindern in irgendeiner Form gestört. Auffällig perfekt und einfach. Diese Unbeschwertheit steht in klarem Gegensatz zur realen, durch familiäre und berufliche Zwänge geprägten Situation vieler Frauen. Hier müsste sich eigentlich bei jedem rational denkenden Menschen die Frage einstellen, warum das so ist. Was bedingt diese unrealistische, alltagsferne Darstellung von Frauen und Familien in den fiktionalen Formaten? Wie bei allem folgen auf hohe Erwartungen die Enttäuschungen. Trotz aller Bemühungen kommt schnell Frust auf, warum es im eigenen Haushalt so unperfekt zugeht. Oft folgt das Klagen, warum die eigene Familie, das eigene Leben so anders und anstrengend ist. Auch heute noch reden die meisten Menschen selten über schlechtere Zeiten; Schwächen und Probleme werden seltener zugegeben und kaum mit anderen diskutiert. Hier hinkt die Wirklichkeit den Träumen der fiktiven Welt sehnsüchtig hinterher. Beinahe gegensätzlich ist es bei Nachrichten, Magazinen und sonstigen informationsbezogenen Formaten: Hier scheint das Fernsehen eher der Realität hinterherzuhinken. Doch die Medien können nicht alleine schuldig sein. Denn schon die Familienfotos unserer Vorfahren vermitteln eindeutig das Bild einer glücklichen und unbeschwerten Familie. Das Bild der perfekt scheinenden Familie geht somit über die Anfangszeit der Medien hinaus. Nur wenn man hier genauer hinschaut und hinhört, kann das Bild anfangen zu bröckeln. Um Fragen zur Familie beantworten zu können, hat dieses Buch den Anspruch die Familie Stück für Stück in ihre Einzelteile zu zerlegen und zu untersuchen, um dann genauer verstehen zu können, wie diese funktioniert. ( – Illustration Nr. 03; auf den folgenden Seiten – ) Seite

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Die Bilderbuchfamilie

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DEr Familienbegriff

Der Familienbegriff Organ des Familienbundes der Deutschen Katholiken (Grundgesetzbuch, 1994):

»Die Familie ist das Fundament unserer Gesellschaft. Unser Grundgesetz stellt Ehe und Familie unter den besonderen Schutz des Staates.« Original Grundgesetzbuch: »Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung«

Ist Familie einfach eine Definitionsfrage? Wie vieles andere hat sich auch der Familienbegriff im Wandel der Zeit verändert. Oder sind grundliegende Strukturen gleich geblieben? Definieren bedeutet Sachen und Phänomene deutlich einzuordnen. Das heißt jedoch gleichzeitig, dass Grenzen gezogen werden und dass Unpassendes oder Missliebiges ausgegrenzt wird. Definition kommt vom lateinisch Wort für Abgrenzung, „definitio“ (zusammengesetzt aus „de“ = „(von etwas) he ab/weg“ und „finis“ = „Grenze“). Um etwas genauer zu untersuchen und greifbarer zu machen, muss eine Bestimmung gefunden werden. Zum Beispiel aus politischer Sicht: Um Gesetze und Regeln zu beschließen, braucht die Politik eine Definition, welche Lebensformen in der Familienpolitik mit eingeschlossen sein sollen und welche nicht. Doch ist in der heutigen Zeit eine eindeutige Definition der unterschiedlichen und vielfältigen Lebensformen überhaupt möglich? Was wären die Definitionskriterien für eine Familie heute? ( – Illustrationsreihe Nr. 04; auf der rechten Seiten – )

Definition Der Begriff Familie stammt von dem lateinischen Wort „familia“ ab, was so viel bedeutet wie Hausgemeinschaft. Sie ist eine Lebensgemeinschaft, welche aus soziologischer Sicht auf einer Heirat oder Partnerschaft basiert. Der Begriff Familie hat sich im Laufe der Zeit (der letzten 40 Jahre) stark verändert. Im klassischen Sinn besteht die Familie aus Eltern und ihren Kindern. Auch weitere im Haus lebende Verwandte der Familie können dieser Gemeinschaft zugerechnet werden. Durch neue, offenere Lebensformen und freier denkende Menschen ist die Definition in den letzten 20 Jahren mehrere Male verändert und in manchen Zusammenhängen freier und offener geworden. Die erschwert eine genaue Definition des Familienbegriffs. So ist im allgemeinen die Familie als eine enge Verwandtschaftsgruppe zu definieren, die aus mindestens zwei Generationen besteht. Eine Befragung in der Bevölkerung zeigt hingegen, dass sich das emotionale Bild der Familie, welche meistens mit Begriffen und Werten wie Vertrauen, Geborgenheit und Liebe in Verbindung gebracht wird, nicht geändert hat und immer noch aktuell ist. Menschen sehnen sich nach stabilen Beziehungen und nach familiärem Zusammenhalt.

Von der Differenzierung zur Systematisierung In altertümlichen bzw. früheren Gesellschaften, also solchen, die sich durch eine segmentäre Differenzierung auszeichneten, war die Familie die Grundform der gesellschaftlichen Gliederung1. Schon in der Frühzeit der Menschen war die Gesellschaft in viele Clans oder Stämme aufgeteilt. Schon immer war der Mensch ein Lebewesen, das in einer Gemeinschaft aufwuchs und lebte, großgezogen und erzogen wurde. Alleine ist ein Säugling, ein Neugeborenes, hilflos und ist auf die Unterstützung der Älteren angewiesen. Distanz wurde damals zu anderen Stämmen bzw. Familien gehalten. Innerhalb eines Stammes herrschte jedoch eine Abhängigkeit. Heute kann man diese Lebensform auf Teilen der Erden noch finden, beispielsweise bei Nomaden.

1 Informationen vom 1. April 2013: http://www.uni-muenster.de/FNZ-Online/theorien/modernisierung/unterpunkte/ differenz.htm: „Segmentäre Differenzierung: Einfache, kleine, räumlich voneinander getrennte, gleiche Gesellschaften mit face-to-face-Kommunikation (Stämme, Dörfer etc.); alle Mitglieder haben im Wesentlichen die gleichen sozi alen Rollen inne.“

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Lebensqualit채t: * Zusammenleben im st채dischen Raum; ** Zusammenleben im l채ndlichen Raum

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Das Zusammenleben war vorwiegend zweckgebunden ( – Illustration Nr. 05; auf der linken Seite – ); als Gruppe war vieles einfacher, man konnte Erfahrungen austauschen und Arbeit bzw. Aufgaben teilen: Beispielsweise, dass der Mann die Ernährung der Familie übernahm und die Frau die Kindererziehung und den Haushalt. Dies erinnert noch stark an die klassische Rollenverteilung in einer Familie vor etwa 50 Jahren, der sogenannten Idealzeit der klassischen Familie. Aus dieser Zeit stammt auch unser lange vorherrschendes, traditionell-bürgerliches Familienbild ab. Scanzoni (1989) prägte durch seine soziologische Arbeit im Bereich Familie sehr stark den Begriff der traditionellen Familie2. Dieses Bild orientiert sich an der Vorstellung von »einem Mann und einer Frau, legal verbunden in einer dauerhaften und sexuell exklusiven Erstehe mit Kindern in einem gemeinsamen Haushalt lebend. Dabei widmet sich der Mann voll dem Berufsleben, während die Frau sich vorwiegend aus der Berufstätigkeit zurückzieht, um voll Verantwortung für Haushalt und Kindererziehung zu übernehmen.«3 Durch gesellschaftliche Veränderungen und neue Denkweisen, welche eine Gleichheit der einzelnen Segmente anstrebten, entwickelte sich die segmentäre Differenzierung zu einer stratifizierten4 Differenzierung. Die stratifizierte bzw. geschichtete Gesellschaft ist hierarchisch differenziert. Ein Beispiel wäre die mittelalterliche Gesellschaft: In dieser Zeit gab es eine deutliche Ungleichheit zwischen der Oberschicht, dem sogenannten „Adel“, und der Unterschicht, dem „Volk“. Innerhalb der jeweiligen Schichten bestanden die Familien in ähnlicher Form wie in der segmentären Gesellschaft weiter. Die Stratifikation, die sogenannte “soziale Schichtung”, bot der Oberschicht die Möglichkeit sich mit anderen Problemen als denen des „Überlebens“ zu beschäftigen. Anhand dieses Beispiels ist zu sehen, dass: Die Komplexität der gesellschaftlichen Strukturen zunahm und eine eindeutige Auswirkung auf das Leben der Menschen hatte. Schließlich führte diese Entwicklung, durch ein gesellschaftliches und politisches Umdenken, zum Zerbrechen der hierarchischen Ordnung, da diese der Komplexität nicht mehr gewachsen war. Die ersetzende und immer noch vorhandene Differenzierungsform der Gesellschaft wurde zur funktionalen Differenzierung5 ausgeweitet: Jedes Teilsystem ist hinsichtlich seiner Funktion in der Gesellschaft ausdifferenziert, untereinander sind die Teilsysteme ungleich. Die Familie wird nicht mehr in Schichten eingeschlossen, sondern ist nur mehr ein Funktionssystem von vielen, welches wiederum in kleinere Subsysteme untergliedert ist (vgl. Subsysteme 068). Die Familie ist dabei ein ganz besonderes System, denn anders als zum Beispiel das Wirtschaftssystem, das Religionssystem oder das Rechtssystem existieren Familien einerseits in nahezu unzählbarer Häufigkeit sowie Vielfalt und andererseits tangiert und schließt das System Familie zahlreiche andere Systeme mit ein. Hinzu kommt, dass jedes Mitglied einer Familie gleichzeitig in vielen anderen Funktionssystemen involviert ist. Als Betrachter und Mitglied eines solchen Geflechts kann man schnell den Überblick verlieren. Die Pluralisierung der Lebensformen im Zusammenhang mit den beschriebenen Funktions- und Subsystemen kann rasch zu einer Überforderung des Systems und jedes Einzelnen führen.

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Leitbild der bürgerlichen Kleinfamilie nach Scanzoni (amerikanische Soziologe John Scanzoni) 1989: Die traditionelle Normalfamilie besteht „aus einem Mann und einer Frau [...], die legal verbunden in einer dauerhaften und sexuell exklusiven Erstehe mit ihren Kindern in einem gemeinsamen Haushalt leben. Dabei widmet sich der Mann voll dem Berufsleben, während die Frau sich weitgehend aus der Berufstätigkeit zurück zieht, um volle Verantwortung für Haushalt und Kindererziehung zu übernehmen“

3 Auszug Seite 17 aus dem Buch Familienpsychologie von Klaus A Schneewind, 3. überarbeitete und erweiterte Auflage 4 Informationen vom 1. April 2013: http://www.uni-muenster.de/FNZ-Online/theorien/modernisierung/unterpunkte/ differenz.htm: „Stratifikatorische Differenzierung (antike Hochkulturen, Mittelalter): Gesellschaft differenziert sich nach hierarchischen sozialen Schichten als Teilsystemen (Adel, Bürger, Bauern, Besitzlose o.ä.); ein Individuum gehört jeweils nur einem Teilsystem an. Im Laufe der Frühen Neuzeit findet in Europa ein historisch einzigartiger Wandel zu funktionaler Differenzierung statt. 5 Informationen vom 1. April 2013: http://www.uni-muenster.de/FNZ-Online/theorien/modernisierung/unterpunkte/ differenz.htm: „Funktionale Differenzierung: An die Stelle von hierarchischen Schichten als sozialen Teilsystemen treten in einem langen Transformationsprozess autonome Funktionssysteme (Politik, Wirtschaft, Recht, Religion, Wissenschaft etc.), die sich verselbständigen und autonome Regeln und einen je eigenen „Code“ entwickeln, so dass sie nicht mehr auf andere Funktionssysteme zurückgreifen, sondern nur auf sich selbst („Selbstreferentialität“). Das Individuum gehört in verschiedenen sozialen Rollen verschiedenen Funktionssystemen an („Inklusion“ aller in alle Funkt-ionssysteme). Das stellt neue Anforderungen an die Individuen, die sich zwischen den Teilsystemen hin- und herbewegen müssen (Zeitökonomie, Selbstkontrolle etc.).“

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DEr Familienbegriff

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Die Definition von Familie und die Festlegung einer bestimmten Familienform ist in der heutigen Gesellschaft schwierig, weil sie zum einen in ein komplexes System eingebettet ist und weil es divergierende Sichtweisen auf sie gibt. Der Begriff „Familie“ ist von unterschiedlich, wie vielseitig und schwammig. ( – Illustration Nr. 06; auf der linken Seite – ) Im folgenden werden verschiedene Definitionen von verschiedenen Blickrichtungen genauer erläutert:

Gesetzliche und politische Definition „Das Schicksal des Staates hängt vom Zustand der Familie ab.“6

Objektiv versuchen die Gesetzgebung und die Politik auf aktuelle soziale Themen zeitnah zu reagieren und Problemen entgegenzuwirken. Um konsequent handeln zu können, sucht die Politik stetig nach der korrektesten Definition der Familie, um ihren Handlungsbereich, durch einen Definitionsbereich festzulegen. Helmut Kohl, der damalige deutsche Bundeskanzler, hielt am 20. Oktober 1993 zum Anlass des 40-jährigen Bestehens des Familienministeriums eine Rede. Das folgende Zitat ist in aus der Rede und steht zudem in der „Stimme der Familie“ (dem Organ des Familienbundes der Deutschen Katholiken von 1994) geschrieben:

§

»Die Familie ist das Fundament unserer Gesellschaft. Unser Grundgesetz stellt Ehe und Familie unter den besonderen Schutz des Staates (die genaue Formulierung des ersten Satzes von Artikel 6 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland lautet […] >Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung<, K.A.S.)«7

Seit 1965 ist die Regierung zur regelmäßigen Vorlage von Familienberichten8 gesetzlich verpflichtet. Das entsprechende Gesetz geht zurück auf einen Beschluss des Deutschen Bundestages im Jahre 1965. Die in Deutschland familienpolitischen Forderungen folgenden gesetzgeberischen Handlungen sollen auf Basis der im Familienbericht festgelegten Familiendefinition ausgeführt werden. Es sind seit 1965, bereits sieben Änderungen an diesem Bericht an der Familiendefinition vorgenommen und neue Berichte erstellt worden. Dadurch wird der Wandel des Familienleitbilds noch einmal verdeutlicht. Dies hat einmal mit dem Wechsel der Regierungen zu tun, jedoch sekundär. Primär ist ein verändertes Verständnis von Familie der Grund für diesen Wandel. Im folgenden wird der erste Familienbericht von 1968, vorgelegt vom damaligen deutschen Bundeskanzler Georg Kiesinger (CDU) mit dem aktuellsten Bericht von 2006, präsentiert von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verglichen. Die Extreme sprechen für sich. Je nach politischer Zielsetzung und gesellschaftlicher Entwicklung wurde der Familienbegriff um verschiedene Definitionskriterien erweitert und verändert. Der erste Bericht ist noch von einem sehr traditionellen Familienbegriff geprägt:

»{Unter Familie wird} eine Gruppe verstanden, in der ein Ehepaar mit seinen Kindern zusammenlebt. Diese reine Eltern-Kind-Gemeinschaft (>Kernfamilie<) stellt eine soziale Gruppe besonderer Art dar, gekennzeichnet durch eine biologisch-soziale Doppelnatur und eine in anderen sozialen Gruppen in diesem Umfang nicht anzutreffende >Totalität< der sozialen Beziehungen. […] Die (Kern-)Familie bildet eine soziale Einheit, die in ihrer Grundstruktur fast universell verbreitet ist.«

Hier wird Familie noch als etwas Alleinstehendes, speziell Definierbares dargestellt, wobei die eheliche Verbindung der Eltern, zweier verschiedener „biologischen Geschlechter“, noch als notwendige Voraussetzung angesehen wird, um die Reproduktion und Entwicklung der Gesellschaft garantieren zu können.

6 Alexandre Rodolphe Vinet (1767-1847), schweizer. ev. Theologe u. Literaturhistoriker 7 Auszug Seite 15f. aus dem Buch Familienpsychologie von Klaus A Schneewind, 3., überarbeitet und erweiterte Auflage 8 Unter der folgenden Internet Adresse sind alle bisherigen Familienberichte legal downlaodbar: http://www.bildungsserver.de/Familienberichte-2089.html

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Hingegen ein Auszug aus dem Bericht von Bundeskanzlerin Angela Merkel: »Familie bedarf zur Herstellung gemeinsamer Güter für die Gesellschaft und zur all täglichen Herstellung ihrer persönlichen Beziehungen neuer Balancen im Lebenslauf und im Alltag. […] Der Wandel von Familie ist bedingt durch Einflüsse aus Kultur, Sozialstruktur und individueller Orientierung - Kontinuität, Brüche und Widersprüche. […] Familie bedeutet eine Vielzahl von Beziehungen, die einer permanenten Gestaltung unterliegen. […] Familie steht in gegenseitiger Wechselbeziehung mit diversen Ressourcen. […] Zeitkonflikte werden durch verschiedene ungünstige Rahmenbedingungen verursacht.«9

Zwischen diesen beiden Berichten, dem ersten von 1968 und dem letzten von 2006, hat es einige Nachtragungen gegeben. Der Familienbericht wurde um Punkte erweitert, wie gleichgeschlechtliche Ehen (sogenannte Regenbogenfamilien), adoptierte Kinder, Mehr-Generationen-Familien und nicht biologisch verbundene Familien, wie Stieffamilien, Pflege- und Adoptivfamilien. Die Berichte spiegeln familienspezifischer Themen und Entwicklungen in ihren jeweiligen aktuellen Kontexten wieder. Schließlich wird die Familie in den Berichten sehr objektiv gesehen. Familie wird verdinglicht und als Produzent gemeinsamer und privater Güter dargestellt, womit man hauptsächlich sowohl die „[Produktion und Bereitstellung einer] ausreichenden Kinderzahl zur Reproduktion der Gesellschaft“10 assoziiert, als auch die „die Fürsorge für andere, insbesondere der älteren Generation“10. Außerdem versteht man unter den privaten Gütern einer Familie „die Befriedigung emotionaler Bedürfnisse von Menschen, wie Intimität, Liebe und persönliche Erfüllung“. Diese privaten Güter werden jedoch als „notwendige Voraussetzung“10 anerkannt, „damit überhaupt je gemeinsame Güter entstehen können, die bis heute als eine quasi natürliche und unerschöpfliche Ressource der Entwicklung des Wohlstandes einer Gesellschaft angesehen werden“10. Die Familie als Reproduktionsfunktion. Anhand des Vergleichs der Berichte lässt zeigen, wie sich der Familienbegriff, auch durch unterschiedliche Zielsetzungen motiviert und wandelt. Je nach politischer und gesetzlicher Zielsetzung, ergibt sich eine variantenreiche Begriffsdefinierung. Wertet man die familienrhetorische Perspektive positiv, werden folgende Vorteile sichtbar: Einerseits setzt die Konfrontation mit der Definition der Familie bzw. die Begriffsfindung voraus, dass sich mit dem Konstrukt Familie intensiv auseinander gesetzt wird. Andererseits impliziert diese Grenzsetzung bzw. Entscheidung, ob eine gesellschaftliche Lebensform als Familie oder als „alternative Lebensform“ deklariert ist. Daraus leitet sich indirekt ab, ob die untersuchte Gemeinschaft gesellschaftliche Anerkennung genießt oder zu den „Randgruppen“ gezählt wird und somit mit gesellschaftlichen Vorurteilen und Widerstand zu kämpfen hat. Um diese Differenzierung zu verdeutlichen, hat Macklin11 (1987) der traditionellen Sicht auf die Familie acht Definitionselemente zugeordnet und dieser acht „nicht-traditionelle“ Alternativen gegenübergestellt. Diese Gegenüberstellung in Tabelle 1 zeigt, auch wenn die nicht-traditionellen Stichpunkte, dass die Reihe alternativer Lebensformen zahlreich vorhanden ist. Die meisten der aufgelisteten „nicht-traditionellen“ Lebensformen sind in der heutigen Zeit als Lebensform selbstverständlich und gesellschaftlich größtenteils anerkannt. Doch es gibt noch immer genug Menschen, die trotzdem, oder gerade durch diese Differenzierung bzw. Ausgrenzung auf Grund einer zu vagen Definition leiden: Sie haben mit Ausgrenzung und Vorurteil zu kämpfen. Außerdem lässt sich durch die Kombination von traditionellen und nicht-traditionellen Kennzeichen eine Summe weiterer Lebensformen vorstellen. Nur ist hier die gesellschaftliche Anerkennung noch kritischer und unwahrscheinlicher zu sehen. Somit hinken Aufklärung und gesellschaftliche Anerkennung immer dem Ist-Zustand der heutigen familiären Lebensformen hinterher. An dem Punkt der familiären Vielfalt erkennt die Soziologin Beck-Gernsheim (1994) den Wandel von einer „Notgemeinschaft“ zu einer „Wahlverwandschaft“. Das Ergebnis dieses Wandels nannte sie „postfamiliale Familie“. 9 Auszug aus dem siebten Familienbericht von 2006, verfasst in der Regierungszeit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (PDF kostenlos downloadbar unter: http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Service/Publikationen/publikatio nen,did=75114.html) 10

Bundesministerium für für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2006. Auszug aus Seite 5

11 Macklin, Elenoar (amerikanischer Autor). D. (1987). Nontraditional familiy forms. In M. B. Sussman & Steinmetz (Eds), Handbook of marriage and the familiy (pp. 317- 353). New York/London: Springer

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Traditionelle Perspektive

Nicht-traditionelle Perspektive

Legal verheiratet

Singles; nicht eheliche Lebensgemeinschaft

Mit Kindern

Bewusste Kinderlosigkeit

Zwei Elternteile

Ein-Elternteil-Familie

Permanenz der Ehe

Scheidung, Wiederverheiratung (binukleare Familie, mit oder ohne gemeinsames Sorgerecht, Steiffamilien)

Mann als primärer Verdiener

Androgyne Ehe (eine schließlich offene Ehe, Zwei-Karrieren-Ehen)

Sexuelle Exklusivität

Außereheliche Beziehung (z.B. sexuell offene Ehe, Partnertausch)

Heterosexualität

Gleichgeschlechtliche intime Beziehung

Zwei-Erwachsenen-Haushalt

Multi-Erwachsenen-Haushalt (z. B. erweiterte Familie, Kommunen, Wohngemeinschaften)

Tab. 1: Gegenüberstellung traditioneller Kennzeichen der Familie und ihrer nicht-traditionellen Alternativen (Quelle: E. Macklin, 1987)

Familienbild der amtlichen Statistik

Familienbild der Bevölkerung

73 %

95 %

3 Generationen, die zusammen leben

77 %

Unverheiratet zusammenlebendes Paar mit Kind(ern)

6%

68 %

Alleinerziehender Elternteil mit Kind

21 %

47 %

Ehepaar ohne Kinder

28 %

32 %

Unverheiratet zusammenlebendes Paar ohne Kind(er)

28 %

17 %

2 Männer/Frauen, die in einer festen Lebensgemeinschaft leben

20 %

13 %

Ehepaar mit Kindern

Tab. 2: Das Familienbild der amtlichen Statistik im Vergleich zum Familienbild der Bevölkerung. (Quelle: Mikrozensus, 2007; Statistisches Bundesamt, 2008) Seite

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DEr Familienbegriff

Der Begriff der Familie wird immer schwammiger, fast grenzenlos. Die Grenzen zu anderen, alternativen sozialen Bindungen, Lebensformen und öffentlichen Institutionen werden dünner und undefinierbarer. Die Bemühungen, die Pluralität der Lebensformen zu berücksichtigen, haben zur Folge, dass der ursprüngliche Begriff Familie immer weniger greifbar wird. Schließlich kann dies dazu führen, dass durch eine angestrebte Liberalisierung des Familienbegriffes, das wesentliche Wort „Familie“ zu einer undefinierbaren Formel wird. Abschließend ist anzuführen, dass Themen im politischen Bereich bzw. Themen aus der politischen Perspektive verzerrt werden. Oft beeinflussen andere Gründe, wie zum Beispiel der finanzielle Aspekt, die Definition eines Begriffes, wie den der „Familie“. Dadurch, dass die Familie auf viele andere Bereiche einwirkt und tangiert, steht die politische Definition der Familie vor einem Hintergrund mit Folgen. Eine Festlegung im politischen Sinne zieht einen Schweif an Folgen nach. Somit ist die politische und gesetzliche Definition der Familie stark zweckgebunden. Bei jeder Neuauflage des Familienberichts muss abgewägt werden, welche Folgen jede nächste Überarbeitung hat und in wieweit dies finanziell tragbar ist.

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Hingegen müsste der menschliche Gedanke und das Wohlergehen jeder Familie im Vordergrund stehen.

Definition der Bevölkerung Eine objektive Definition des Begriffs „Familie“ ist schwer bis unmöglich. Das liegt zum einen daran, dass emotionale Empfindungen und Bindungen schwierig zu objektivieren sind. Zum anderen zieht jede Definition Konsequenzen nach sich. Somit sind das Verständnis von Familie in der amtlichen Statistik und das Familienbild in der Bevölkerung keineswegs ähnlich oder deckungsgleich. Erstaunlicherweise hat sich das Bild der Familie im Laufe der Jahrzehnte beim überwiegenden Teil der Bevölkerung wenig verändert. Auf der einen Seite sind die Menschen offen für neue Definitionen, doch auf der anderen Seite ist das Familienbild in vielen Köpfen beinahe veraltet und verklärt romantisch. In nicht-wissenschaftlichen Vorstellungen bilden nicht festgelegte Begriffe primär die Grenzen einer Familie, sondern es sind andere Dinge, die Menschen mit ihrem Bild einer Familie verbinden. Diese sind emotionaler. Da Menschen in der Familie, in ihrer Lebensgemeinschaft, Werte erfahren und vermittelt bekommen, die andere Institutionen und Gesellschaftsformen gar nicht oder nur teilweise weitergeben können. Die Unterschiede in der Wahrnehmung und im Verständnis von Familie zwischen Ämtern und Bevölkerung führt zu Konflikten von Erwartungen, Forderungen und Umsetzungen. Dies führt zu einem unzureichenden Umgang mit familiären Angelegenheiten und Situationen seitens der Ämter. In diesen Konfliktbereichen liegt ein Ursprung für viele Probleme innerhalb von Familien, da das Zusammenleben bei alltäglichen Angelegenheiten in den diversen Lebensbereichen erheblich erschwert wird.

Nachvollziehbar ist, dass die Politik und der deutsche Staat eher auf Geschehnisse reagiert. Jedoch sollte im Sinne einer zukunftsweisenden Politik gehandelt werden und nicht Ankündigungen von Vorhaben wie ein Echo bei einer Neuwahl immer wieder aufhallen und irgendwann im Dunkeln verhallen. Befragt man heute die deutsche Bevölkerung, ist die Begriffsdefinition der Familie längst nicht mehr die, die sie früher einmal war. Bei der Befragung ergibt sich ein viel breiteres und weiter gefasstes Bild. Tabelle 2 (vorherige Seite) zeigt diese Differenzierung. Die Teilnehmer an der Umfrage mussten Auskunft darüber geben, welche Formen von Lebensgemeinschaften sie dem Begriff Familie zuordnen würden. Die Mikrozensus 2005 besagt: „Das traditionelle Familienbild in Deutschland bröckelt.“12

12 Zitat aus dem Focus-Online Redaktion (Artikel von: Donnerstag, 30.08.2012): http://www.focus.de/gesundheit/gesundleben/partnerschaft/beziehung/ostdeutsche-heiraten-seltener-und-tren nen-sich-schneller-die-traditionelle-familie-wird-zum-auslaufmodell_aid_809660.html

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Nr. 07

Abb. 1: Vom traditionellen Familienbild (oben) zu den breitgefächerten und sehr vielseitigen Möglichkeiten, des heutigen Zusammenlebens. Die Statistik zeigt eine Veränderung der Familienformen in den letzten fünfzehn Jahren: Das traditionelle Familienbild rückt immer weiter in den Hintergrund. In den 12,6 Mio. Familien mit Kindern gibt es nur 73 Prozent verheiratete Eltern (1996 sind es noch 79 Prozent), 21 Prozent Alleinerziehende, sechs Prozent leben ohne Trauschein zusammen. Außerdem bleiben 28 Prozent aller Paare kinderlos, 30 Prozent der Akademikerinnen bekommen keinen Nachwuchs. 20 Prozent der Bevölkerung lebt allein (ledig, getrennt, geschieden, verwitwet). Dies entspricht einem Zuwachs von elf Prozent gegenüber 1996. Abbildung 1 zeigt , dass sich In der deutschen Gesellschaft familienbezüglich bereits seit Jahren ein sich exponentiell wandelndes Umdenken stattfindet. Doch das geht sehr langsam. Der Mensch ist ein Gewohnheitslebewesen. Nur schrittweise löst der Mensch sich von seinem traditionell geprägent Familienbild ( – Illustration Nr. 07; oben – ). Ein offenerer Umgang mit „neuen“ Lebensformen fördert die Akzeptanz im gesellschaftlichen Zusammenleben. Somit müsste die Politik diesbezüglich als Vorbild vora gehen und ihre Rolle verantwortungsvoll erfüllen: Ein Punkt könnte sein, dass sie den Weg für die verschiedensten familiären Lebensräume frei macht, um somit Vorurteilen entgegenzuwirken. Eine Definition sollte niemanden ausgrenzen und das familiäre Zusammenleben muss in jeder Hinsicht politisch unterstützt werden.

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DEr Familienbegriff

Verheiratetes Paar Zusammenlebend Verlobtes Paar Streitend Unverheiratetes Paar Getrennt Partnerschaft mit einem immigrierten Partner

Ehe mit einem immigrierten Partner

Partnerschaft mit beiden immigrierten Partnern Bilderbuch Ehe mit beiden immigrierten Partnern

Geschieden

Verwitwet

Beide Elternteile verstorben

Elternteil mit Behinderung Elternteil mit Krankheit

Klassische/traditionelle Immigriertes Ehepaar

Elternteil mit psychischer Störung

Nicht-traditionelle Homosexuelle Partnerschaft

Stiefeltern Homosexuelle Ehe

Nicht eheliche Lebensgemeinschaft

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Adoptionseltern

Leben bei den Großeltern

Single

Leben bei anderen Verwandten

Minderjährige Elternschaft

Leben bei einer Pflegefamilie


Alltag

Ein Elternteil Berufstätigkeit

Beide Elternteile Berufstätigkeit

Baby

Pendeln oder Job mit Entfernung

Einzelkind

Zwei oder mehr Kinder

Zwei-Generationen Haushalt

Vollzeitjob

Erwachsenen Kindern Mehr-Generationen Haushalt

Teilzeitjob

Adoptivkind Mehrere Jobs Großeltern Kind aus künstlicher Befruchtung

Freiberuflich Pflegebedürftige Großeltern Selbstständig

Kind mit Behinderung Patchworkfamilie Auffälliges Kind

Haushalt Haustier

Krankes Kind

Gesellschaft

Unerfüllter Kinderwunsch

Erziehung

Kinderlos

Studium

Schule

Arbeitslosigkeit Armut

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DEr Familienbegriff

Freiheit Altersversorgung Selbstachtung Wohnraum Privatsphäre Medikamente Gesundheit Atmung Kleidung Wärme Bewegung Getränke Flüssigkeit Nahrung Ernährung Existenzbedürfnisse Möbel Schlaf Identität

Sicherheit Sorglosigkeit Schutz vor Gefahr Kommunikation Hygiene Ordnung Liebe Sexualität Rituale Grundbedürfnisse Bildung Regeln Gesetzte

Subsistenz Geborgenheit Vertrauen Kollektivitätsbedürfnisse / Anerkennung Individualbedürfnisse Zuwendung Verständnis Partizipation Kontakt Beziehung(en) Nächstenliebe Zuverlässigkeit Intimität Selbstverwirklichung

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Ruf Schönheit Schminke Luxusbedürfnisse / Wissen Kulturbedürfnisse Kompetenz Zugehörigkeit Prestige Behausung Status Schmuck finanz. Sicherheit Luxus Gerechtigkeit Mobilität Auto Wunsch nach Kultur Reisen Kreativität Kunst Muße (Entspannung) Ausstellungen Aufführungen Aufführungen

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Abb. 2: Materiellen* und immateriellen** Bedürfnisse eines Menschen in Deutschland. Individuelle Quellen des Unbehagens sowie Kenntnisse und Erwartungen hinsicht lich der Befriedigungshandlungen machen Bedürfnisse sehr subjektiv.

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Hygieneartikel

Einen Großteil dieser Bedürfnisse muss eine Familie erfüllen, jedem Familienmitglied mitgeben oder bieten bzw. befriedigen. Damit ein Mensch gestärkt sowie zufrieden leben kann.


Psychologische Annäherung an den Familienbegriff Eine Übereinstimmung zwischen der amtlichen, politischen, statistischen und gesetzlichen Familiendefinition und dem emotionalen, subjektiven und menschlichen Begriff „Familie“ ist schwierig zu finden. Diese mehrseitige Betrachtung zeigt deutlich, wo der Unterschied zwischen den beiden Sichtweisen liegt und welche Konflikte sich daraus ergeben. Außerdem wird deutlich, dass eine Definition eine Ausgrenzung mit sich bringt. Über die strukturellen Merkmale hinaus muss deshalb vielmehr ein soziales Verständnis für die Pluralität der verschiedenen Lebens- und Familienformen geliefert werden. Zu diesem Ansatz haben Soziologen und Psychologen Schemata erarbeitet: Sie haben Formen gesucht, wie sie möglichst objektiv verschiedene Familienformen unterscheiden. Ein Beispiel konzipierte Petzold13 (2001): Dieser hat zwölf verschiedene Merkmale14 von Konstellationen von Familienformen entwickelt, wobei er vier verschieden Systemebenen je drei Unterkategorien zuordnet: A) „Makroystem“15 bezeichnet (Übersetzung: Gesamtheit aller Beziehungen in einer Gesellschaft), wurde gesellschaftlichen Vorgaben zuordnet. Hierbei wird zwischen (1.) der ehelichen oder nicht ehelichen Beziehung, (2.) gemeinsamen oder getrennten wirtschaftlichen Verhältnissen und (3.) Zusammenleben oder getrenntem Wohnen unterschieden. B) „Exosystem“17 (Übersetzung: Mehrere Lebensbereiche), welche er den Indikatoren des sozialen Netzwerkes zuordnet. Kategorisiert wird nach (4.) Verpflichtung durch Verwandtschaft oder Ehe, (5.) der Selbstständigkeit oder Abhängigkeit des Anderen und (6.) einer kulturellen bzw. religiösen gleichen oder unterschiedlichen Ausrichtung. C) „Mesosystem“17, welche die Kinderperspektive miteinbezieht. Diese Ebene ist in die Unterkategorien (7.) mit oder ohne Kind(er), (8.) leiblich oder adoptiert und (9.) mit eigener oder Stiefelternschaft aufgeteilt. D) „Mikrosystem“17 (Übersetzung: Kleine Systeme) etikettiert, welche kleinere Lebensgruppen umfasst. Unterschieden wird zwischen (10.) Lebensstil als Single oder in Partnerschaft, (11.) hetero- oder homosexuelle Beziehung und (12.) Dominanz eines Partners oder Gleichberechtigung. Zuletzt aufzuführen ist die Familiensoziologin Nave-Herz (2007)16, welche einen weiteren Vorschlag für Klassifizierungen erarbeitet hat. Sie unterscheidet zwischen den fünf Kriterien: - Familienbildungsprozess - Zahl der Generationen - Rollenbesetzung der Kernfamilie (mehr Infos auf Seite 78) - Wohnsitz - Erwerbstätigkeit Alle aufgezählten psychologischen Annäherungen an den Begriff der Familie sind teilweise Annäherungen an ein systemisches Denken. Viele der genannten psychologischen Annäherungen an den Familienbegriff, zeigen ein Kategorisieren in Teilbereiche und ein Eingehen auf Beziehungen in einer Familie und der Umwelt. Im Vordergrund steht der Gedanke, dass eine Familie verschiedene Teilbereiche, Formen und und Subsysteme haben kann. All diese Teile fügen sich zu einem Ganzen zusammen. Es ist hilfreich zur Skizzierung des Familienbegriffs strukturelle Merkmale als Orientierung zu nutzen. Doch auch das Besondere einer Familie, was die humanistische Betrachtungsweise angeht, muss mit eingeschlossen werden. Qualitäten, wie die der Bindungen und die Dynamiken von Beziehungen. Diese inhaltlichen Merkmale bilden erst eine Einheit und bieten beziehungsweise fordern einen anderen Zugang auf die Betrachtung der Familie. Abschließend ist festzuhalten, dass eine Definition nicht mit der Absicht entstehen sollte, bestimmte Gruppen zu inkludieren und andere auszugrenzen. Das Ziel sollte schlussendlich immer ein positives Zusammenleben sein und den Alltag jeder Familie zu erleichtern und lebenswerter zu machen.

13

Hilarion Gottfried Petzold (* 25. März 1944 in Kirchen/Sieg) ist ein deutscher Psychologe und ein Mitbegründer des Fritz Perls Instituts. Petzold war Psychologieprofessor an der Freien UniversitätAmsterdam.

14 Quelle (03. April 2013): http://www.br-online.de/jugend/izi/text/petzold.htm und http://lexikon.stangl.eu/7116/topo logische-psychologie/ 15 Nachschlagewerk für verschiedene Begriffe: http://lexikon.stangl.eu/ 16

Rosemarie Nave-Herz: (* 29. März 1935 in Berlin) ist eine deutsche Soziologin, die vor allem im Bereich der Familienso ziologie forscht und publiziert. (12. Mai 2013: http://de.wikipedia.org/wiki/Rosemarie_Nave-Herz)

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Familie in der Gesellschaft »Doch die Wirklichkeit der Familie sieht anders aus: Konflikte, Ängste, Streitigkeiten. Diese und weitere Punkte lassen die nostalgischen schwarz-weiß Erinnerungen verblassen. – Kurz: Der Alltag kehrt ein. Träume treffen auf Realität. Leben trifft auf Sorgen und Ängste. Aufgaben auf Herausforderungen. Eltern auf Überforderung. Individualität auf Mechanismen. Vergangenheit auf Gegenwart. Entwicklungen von Persönlichkeiten trifft auf gemeinschaftliches Zusammenleben. Daraus resultiert zahlreiches Konfliktpotenzial, welches sich schon allein innerhalb einer Familie entwickeln kann.« *

Zwei Menschen haben sich gefunden, gehen den Bund des Lebens ein, feiern eine traumhafte Hochzeit und der nächste Schritt ist – fast selbstverständlich – eine Familie zu gründen. Seine Gene weiterzugeben und Kinder zu kriegen. Meistens gehen Menschen mit großen Erwartungen und Hoffnungen diese Schritte. Doch bald schon merken viele Paare, dass die Wirklichkeit anders ist. Nicht nur die Liebe bedeutet Arbeit, auch einen gemeinsamen Alltag aufzubauen fällt nicht so leicht wie gedacht. Jedes Individuum ist Teil eines Geflechts von Pflichten und Erwartungen( – Illustration Nr. 08; auf der linken Seite – ). Eine kleine Änderung kann also einen ganzen Lebensrhythmus durcheinander bringen. Als allein lebender Mensch hat jeder seinen eigenen Rhythmus, seine Macken und Gewohnheiten. Durch das neue Zusammenleben verändert sich vieles. Jeder muss Kompromisse eingehen und Rücksicht nehmen. Dieser Prozess wird noch einmal mit der Gründung einer Familie stark umgeworfen. Das Gewohnte, der Alltag muss stark umstrukturiert werden. Das Paar muss gemeinsam Punkte wie Kindererziehung, Berufstätigkeit und Haushalt klären. Es muss gemeinsam eine Richtung eingeschlagen werden. Diese Prozesse der Weiterentwicklung innerhalb einer Beziehung bringen Konflikte und Konfrontationen unterschiedlicher Ansichten mit sich. Persönlichkeiten treffen aufeinander, welche im Laufe ihres Lebens unbewusst oder bewusst Vorstellungen von einem eigenen, familiären Zusammenleben gebildet haben und diese nun am Punkt der Familienbildung, am Ist-Zustand sehen und somit ihre Vorstellungen anpassen müssen.

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Die Familie in der Gesellschaft

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Die Umwelt Zitat von Hannelore More:

»In der Einsamkeit müssen wir unsere Gedanken überwachen, in der Familie unsere Launen und in der Gesellschaft unsere Zunge.«

Die Umwelt, die Gesellschaft, als das, was das System einer Familie umgibt. Und infolgedessen oftmals die Familie genauer bestimmt, als die Definition des Familienbegriffs. Wo die Umwelt anfängt, hört die Familie auf. Dennoch hat der Einfluss der Umwelt auf die Familie eine starke Relevanz.

Der soziale Wandel Die Umwelt kann im systemischen Denken der Bereich sein, der andere Systeme beinhaltet oder als der Bereich beschrieben werden, welcher keinerlei systematische Aspekte hat. Wie jedes System ist die Gesellschaft ständig in Bewegung. Der sogenannte „soziale Wandel“ wird durch Worte wie Entwicklung, Evolution, Wachstum oder Modernisierung definiert und zielt auf den vielsagenden Begriff des Fortschritts ab. Der Mensch will sich weiter entwickeln. Es resultiert ein ständiger Druck auf die Gesellschaft und das Leben jedes Einzelnen. Jeder will teilhaben, was zugleich zur Konsequenz hat, dass Menschen sich selbst einem enormen Leistungs- und Erfolgsdruck aussetzen. Die Bestimmung der Ursachen von sozialem Wandel ist komplex. Es wird von einer weitreichenden Abhängigkeit der sozialen Handlungsfelder und Handlungsbereiche ausgegangen, wobei einzelne Bereiche anderen Bereichen vorauseilen können. Karl Marx17 sah die Triebkraft des sozialen Wandels in der Verschärfung der Widersprüche zwischen der Entfaltung der Produktivkräfte und den bestehenden Produktionsverhältnissen und den dadurch ausgelösten Klassenkämpfen. Der Überbegriff ist der Erfolg, das Streben nach Weiterentwicklung; der Mensch will Superlative und dabei wird der Mensch selbst immer schneller. Verliert viele andere Aspekte aus dem Blick, wie beispielsweise Erholung, Wunschlosigkeit und Zufriedenheit. Die Modernisierung als Fortschritt: Dieser geht mit einem verbesserten Bildungssystem einher, hier bleibt der Großteil der Menschen auf der Strecke. Ein effizienteren Wettbewerb und ein damit verbundener Zugewinn an Wohlstand ist im Endeffekt nur einem kleinen Teil der Bevölkerung vorbehalten. Doch fast jeder Mensch hat den Wunsch zum Kreis der Gewinner zu gehören, daher laufen alle im Rennen des sozialen Wandels mit.

Schnelllebigkeit Die Gesellschaft fordert Superlative. Die Wirtschaft und die Politik, die Träger unserer Modernität, verlangen unmenschliche Arbeitseinstellungen in Form von Höchstleistungen. Der Mensch soll hochkonzentriert und schnell viel schaffen und am besten alles auf einmal. Mehrere Dinge auf einmal erledigen und oft auch noch außerhalb der vereinbarten Arbeitszeiten. Das führt schnell zu Dauerstress. Es ist wissenschaftlich belegt worden, dass man sich höchstens auf zwei Dinge gleichzeitig voll konzentrieren kann. Darüber hinaus sind Fehler unvermeidbar, die Aufmerksamkeit geht schnell verloren und man ist überfordert. Doch das darf eigentlich nicht passieren, man ist heute sehr schnell austauschbar, denn der nächste steht bereits vor der Tür.

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Karl Marx (* 5. Mai 1818 in Trier; † 14. März 1883 in London) war ein Philosoph, Nationalökonom, Gesellschaftstheo retiker, politischer Journalist, Protagonist der Arbeiterbewegung und Kritiker der bürgerlichen Gesellschaft. Kurzbeschreibung von http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Marx 12. Mai 2013


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Zudem wird die Überschneidung von Privat- und Berufsleben immer normaler: Man bleibt länger auf der Arbeit oder nimmt sich Arbeit mit nach Hause. Karriere und Privatleben sind nicht mehr trennbar und schließlich unvereinbar. Das Resultat sind immer mehr alleinstehende oder einsame Menschen, soziale Kontakte verschwinden. Der Mensch muss unmenschliches leisten, um dem sozialen Druck standhalten zu können. Als menschliche Maschine missbraucht folgen physische und psychische Krankheiten und Störungen. Ob bewusst oder unbewusst sind Menschen Teil vieler, diverser Funktionssysteme, mit anderen Anforderungen an diesen. ( – Illustration Nr. 09; auf dieser Seite – ) Dabei reagieren sie unterschiedlich auf diese Überbelastung. Doch meistens sind es Familien, die die erschöpfte Seite eines Menschen mitbekommen. Die Familie sollte im besten Fall einen erholenden Ausgleich zum stressvollen Berufsleben darstellen. Doch auch in der Familie sind genug Stressfaktoren vorhanden, sodass ein Feierabend meist kein wirklicher Feierabend ist. Schließlich sind meist die Familie und ihre Familienmitglieder häufiger die Leidtragenden von Stress als der Vorgesetzte. Hierbei ist für viele die berufliche und somit finanzielle Konsequenz weniger tragbar als die familiäre. Der Mensch ist in diesen Kampf zugleich antreibende Kraft, ausführender Produzent und leidtragender Anteilhaber. Kurz: Auslöser und Opfer seines eigenen Handelns. Der Mensch produziert seine eigene Unzufriedenheit, denn irgendwo sind immer Grenzen. Das Resultat dieses ständigen Fortschreitens sind Interessengegensätze, Konflikte sowie Entwicklungsrückstände des Wohlbefindens. Im Endeffekt fördert dies sozialen Spannungen. Oft leiden die Menschen am häufigsten, die einem berufstätigen und sozial stark eingebundenen Menschen am nächsten sind. Wie viel Platz hat die Familie, das Familienleitbild in dieser schnelllebigen Ellenbogengesellschaft? Bleibt die Frage schließlich: Ist der soziale Wandel eine Überforderung für den Menschen? ( – Illustrationsreihe Nr. 01; auf den folgenden Seiten – ) + +

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Die Familie in der Gesellschaft

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Streben nach Gl端ck

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Streben nach Glück »Der Mensch strebt nach Glück, er ist harmoniebedürftig, das bedeutet, dass jeder Einzelne Erwartungen an sich und an die Familie hat – somit lastet ein hoher Druck, allem gerecht zu werden. Konflikte fordern Lösungen. Lösungen können nur zusammen erarbeitet werden. ’Alle glücklichen Familien sind einander ähnlich; aber jede unglückliche Familie ist auf ihre besondere Art unglücklich.‘ Ein Zitat von dem russischen Schriftsteller Lew Nikolajewitsch Graf Tolstoi, auch kurz Leo Tolstoi genannt.« *

Jeder Mensch sucht nach Glück, Zufriedenheit und der Erfüllung seiner Lebensträume. Den so emotional und ethisch überladenen „Sinn des Lebens“. Die meisten wünschen sich - und zumindest auch den ihnen nahe stehenden Menschen - ein angenehmes Leben. Doch inwiefern kann dieser Wunsch erfüllt werden? Ist der moderne Mensch dazu noch fähig und bekommt er neben allen Existenzängsten und Forderungen überhaupt die Möglichkeit, an sich zu denken und ein gesundes, ausgeglichenes Leben führen zu können. Neben allen Konflikten und sozialem sowie persönlichem Druck haben viele Menschen keine Chance Luft zu holen. Im heutigen Wettlauf des Fortschritts bleibt man schnell links liegen und deshalb laufen viele lieber weiter, bis der Körper von selbst aufgibt. Doch die Sehnsucht nach Harmonie, Ruhe und Zufriedenheit bleibt. ( – Illustration Nr. 10; auf der linken Seite – ) Die letzten Instanzen, die das bieten können, sind Partnerschaft, Freundschaft und Familie. Somit ist die Familie oft auch der letzte Halt, bevor sich ein Mensch im Strudel des Alltags selbst verliert. Gleichzeitig muss die Familie der Erwartungshaltung, eine Tankstelle voller Glück und Zuversicht zu sein, standhalten. Erwartungen treffen auch hier auf die blanke Realität des familiären Alltags.

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Streben nach Glück

Harmonie Buchzitat von Antoine de Saint-Exupéry in „Der kleine Prinz“:

»Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.«

Werte, die Menschen stark machen und unangreifbar sind, sollten von der Familie jedem Kind mitgegeben werden. Geborgenheit, Sicherheit, Vertrauen und Harmonie sind Bedürfnisse, die eng miteinander verbunden sind. Diese sind Werte, welche oft selbstverständlich scheinen, aber es noch lange nicht sind. Längst nicht alle Familien können diese Werte vermitteln, da sie selbst diese Werte nicht erleben. Eine Familie hat sonstige Sorgen oder Probleme, die Kinder schnell unsicher machen. Dabei machen gerade diese Werte alle stark, besonders die Kinder für ihre Zukunft. „Die größten Menschen sind diejenigen, die anderen Hoffnung geben können.“18

Zuflucht / Geborgenheit Mit dem Ausdruck Geborgenheit wird ein Zustand des Sicherheits- und Wohlgefühls beschrieben. Geborgenheit ist mehr als nur Sicherheit, Schutz und Unverletzbarkeit; Geborgenheit symbolisiert auch Nähe, Wärme, Ruhe und Frieden. Der Ausdruck gilt allgein als unübersetzbar, existiert aber auch im Niederländischen und im Afrikaans, fehlt jedoch etwa im Englischen, Französischen und Russischen. Geborgenheit ist ein Fundament der Entwicklung des Lebens. Sicherheit und Schutz, aber auch Wärme, Vertrauen, Akzeptanz und Liebe gelten unter Psychologen als Bestandteile dieses komplexen Gefühls. Wird man in den Arm genommen, schaffen Berührungen Vertrauen und damit Geborgenheit. Die Haut sendet Signale ans Gehirn. Warum dieses darauf mit Vertrauen reagiert, ist unklar. Geborgenheit entsteht aus Wiederholung und aus bekannten Mustern. Man fühlt sich geborgen, wenn man immer wieder die Erfahrung macht, sich auf etwas verlassen zu können - auf die Familie, Freunde, den Staat, Gott oder sich selbst. Auch Wärme schafft Geborgenheit, sogar ein Becher Kaffee. Menschen mit einem warmen Getränk in der Hand fassen mehr Vertrauen zu ihrem Gegenüber. Das zeigt: Schon Kleinigkeiten und Gesten können das Gefühl von Geborgenheit geben. In früher Kindheit ist es wichtig Körperwärme der Bezugsperson zu erfahren, um als Erwachsener emotionale Wärme wahrnehmen und geben zu können. „Aber das Schönste ist, wenn die Leute an sich selbst glauben - dann sind sie so geborgen, dann braucht man eigentlich gar keine Götter mehr.“21

Dieses Selbstvertrauen sollte man schon in der Entwicklung mit erzogen bekommen. Kinder erfahren Geborgenheit vor allem durch Bezugspersonen, welche sie zuverlässig ernähren, in den Arm nehmen, mit ihnen sprechen, spielen und sie beschützen. Fehlt dieses, können sich Kinder nicht richtig entwickeln. Frühe Trennungen, traumatische Erlebnisse und emotionale Kälte vermuteten Forscher schon lange als Auslöser für Krankheiten, wie Hyperaktivität, Autismus, Essstörungen, Schizophrenie oder Depressionen. „Wir können heute überall alles machen. Das ist kein Problem, solange die Grundgeborgenheit, also eine existentielle Sicherheit, da ist. Fällt die weg, führt das zu Orientierungslosigkeit und Depression.“ Das Gefühl, in einer komplexen Welt zu leben und Opfer von Ereignissen zu sein, die nicht zu beeinflussen sind, schaffe „Ungeborgenheit“.19

Geborgenheit schafft nicht nur Zusammenhalt. Sie hält gesund und macht Kinder stark. ( – Illustration Nr. 11; auf der rechten Seite – ) 18 Zitat von Sean Saures 19 Hans Mogel von der Universität Passau Zitat von Süddeutsche.de 27. Mai 2013 „Veränderungen im Gehirn“

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Streben nach Glück

Harmoniebedürftigkeit Dass Kritik oft wehtun kann und verletzt, diese Erfahrung haben wir wohl fast alle schon mal gemacht. Ganz besonders Frauen neigen dazu, Kritik schnell persönlich zu nehmen, da sie emotionaler darauf reagieren als Männer. Auch wenn wir wissen, dass man Kritik nicht immer gleich persönlich nehmen sollte, ist es doch oft schwer, dies auch zu beherzigen, denn Kritik kratzt doch an unserem Selbstbewusstsein. Wir fühlen uns oft als Mensch in Frage gestellt und gerade Personen, deren Selbstbewusstsein nicht besonders stark ist, trifft Kritik meist besonders. Die typischen Reaktionen auf Kritik sind Aggression, Flucht oder auch einfach nur Erstarrung, weil man so getroffen ist, dass man nichts entgegnen kann. Aber davon abgesehen, wird der Grundstein dafür, wie wir mit Kritik umgehen oft schon in der Kindheit gelegt. Wenn wir erst mal lernen, dass wir nur geliebt werden, wenn wir alles richtig machen, fällt es auch im späteren Leben schwer, mit Kritik sachlich umzugehen. Dabei kann Kritik eine Chance dafür sein, sich zu verbessern, und man hat als erwachsener Mensch die Möglichkeit die Verhaltensmuster aus der Kindheit zu ändern. Dazu gehört es auch selbst sachliche Kritik üben zu lernen. Gerade Menschen, denen es schwer fällt mit Kritik umzugehen, schweigen lieber, weil sie davon ausgehen, dass andere Menschen genau so reagieren. Aus diesem Bedürfnis nach Harmonie heraus staut man allerdings nur Gefühle an und wird depressiv und auch aggressiv. Wenn wir lernen, dass wir alleine die Verantwortung für unsere Gefühle haben und dafür, wie sehr uns andere verletzen, können wir besser mit Kritik umgehen. Natürlich werden wir auch immer mal wieder mit Kritik konfrontiert werden, die bewusst verwendet wird, um uns zu verletzen. Dies geschieht oft aus Machtgründen und ist, wenn wir uns über den Wahrheitsgehalt des Gesagten klar werden, leicht zu durchschauen. Hier gilt das gleiche, wie so oft im Leben: Übung macht den Meister. Ein zu großes Harmoniebedürfnis macht krank. Studien zeigen, dass beispielsweise Magersüchtige oftmals in einem sehr harmoniegeprägten Umfeld bzw. einer solchen Familie aufwachsen. Ursachen einer Magersucht können somit innerhalb der Familie der Betroffenen liegen. Es gibt jedoch nicht die Magersucht-Familie. Bei einem Teil handelt es sich äußerlich um „Bilderbuch-Familien“. Die Betroffenen werden in diesen Familien sehr stark von ihren Eltern behütet, Konflikte eher gemieden, es besteht großes Harmoniebedürfnis. Gleichzeitig setzen die Eltern hohe Erwartungen in ihren Nachwuchs. Fleiß, Tüchtigkeit und Pflichterfüllung gelten viel. Es bleibt nur wenig Raum für eigene Erfahrungen, Experimente oder gar Fehler. Diese Kinder und Jugendlichen fühlen sich fremdbestimmt und hohem Leistungsdruck ausgesetzt. Viele haben ein geringes Selbstwertgefühl und sehnen sich nach Anerkennung.

Vertrauen Vertrauen ist ein Phänomen, das in unsicheren Situationen auftritt: Wer sich einer Sache sicher sein kann, muss nicht vertrauen. Vertrauen ist aber auch mehr als nur Glaube oder Hoffnung, es benötigt immer eine Grundlage, die sog. „Vertrauensgrundlage“. Dies können gemachte Erfahrungen sein, aber auch das Vertrauen einer Person, der man selbst vertraut. Vertrauen ist teilweise übertragbar. Jemandem sein ganzes Vertrauen zu schenken, kann sehr aufregend sein. Der Mensch stützt sein Handeln im Alltag auf sein erworbenes Wissen, seine entwickelten Vorhersagen oder seine Erwartungen. Das heißt, dass ein gewissen Selbstvertrauen die Basis für viele Punkte im Leben ist. Somit kann hingegen auf der Grundlage von Misstrauen das individuelle Leben und Zusammenleben nur schlecht funktionieren. Viele weichen jedoch in diesem Punkt aus und trauen lieber Phänomenen, wie Religion und Empfehlungen, deren Richtigkeit nicht immer bewiesen wird (zum Beispiel Befragung von Horoskop oder Astrologie). Da sonst der Entscheidungs- und Handlungsdruck im Alltag ins Unermessliche wachsen würde. Unbewusst leben viele Menschen fremdgesteuert (Denkweisen wie „wenn ich das schaffe, rufe ich heute meinen Chef an“), um sich selbst von diesem Druck zu entlasten. Damit schließlich wiederum das alltägliche Handeln und Leben möglich machen kann. Enden kann diese Art des Entscheidens und Lebens in einem Teufelskreis von Unsicherheit und Zwängen. Zeit

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„Vertrauen ist der Wille, sich verletzlich zu zeigen“20

Dieser einfache Satz umfasst mehrere Vertrauensdimensionen: 1. Vertrauen entsteht in Situationen, in denen der Vertrauende (der Vertrauensgeber) mehr verlieren als gewinnen kann – er riskiert einen Schaden bzw. eine Verletzung. 2. Vertrauen manifestiert sich in Handlungen, die die eigene Verletzlichkeit erhöhen. Man liefert sich dem Vertrauensnehmer aus und setzt zum Vertrauenssprung an. 3. Der Grund, warum man sich ausliefert, ist die positive Erwartung, dass der Vertrauensnehmer die Situation nicht zu seinen Gunsten ausnutzt.

Erwachsen werden !

Leben ist ein ständiger Lern- und Reifeprozess.

Wir lernen viel von unseren Eltern und später auch von unserem Umfeld, aus den Erfahrungen und den Fehlern, die wir machen. Eltern haben die Chance, ihren Kindern viel für den späteren Weg mitzugeben. Auch unsere Eltern haben von ihren Eltern, ihren Erfahrungen und ihren Fehlern gelernt. Ihre Lebenserfahrung lässt sie so handeln, wie sie heute handeln und bestimmte Werte, Erfahrungen und Erziehungsmethoden weitergeben. Geht man davon aus, dass Eltern nur das Beste für ihr Kind wollen, muss man in allem nach etwas Gutem suchen, auch wenn das nicht immer offensichtlich ist. Trotzdem muss jeder für sich abwägen, was er mitnimmt und was für seinen eigenen Weg wichtig ist. Doch das Lernen hört nicht ab dem Zeitpunkt des Auszugs aus. Auch später muss jeder Mensch schauen, wie er seinen Alltag und sein Leben gestaltet und was er an andere Menschen weitergeben will. Denn man macht ständig neue Erfahrungen oder verarbeitet Probleme und Konflikte anders als seine Eltern. Dennoch ist außer Frage, dass jedes Kind Vertrauen und Geborgenheit erfahren sollte, um die Kraft aus einer Familie für sich und sein Selbstbewusstsein nutzen zu können.

20 Osterloh, M., Weibel, A. (2006), Investition Vertrauen. Prozesse der Vertrauensentwicklung in Organisationen, Gabler: Wiesbaden.

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Zusammenleben

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Zusammenleben »Nicht nur innerhalb einer Familie entwickeln sich Keime von Probleme. In der heutigen Zeit, zerbrechen immer mehr Systeme auch in anderen Bereichen (Naturkatastrophen, Aussterben von Tierarten). Die Familie ist ein sensibles System und auch dieses, kann wie jedes andere schnell aus dem Gleichgewicht geraten. Als Form des Zusammenlebens existiert die Familie seit der Frühzeit der Menschen. Das Konzept hinsichtlich ihrer Bedeutung und Funktion des Zusammenlebens verändert sich jedoch stetiger innerhalb der schnelllebigen Gesellschaft. Die Familie trifft einerseits bisher auf unbekannte Probleme (wie Arbeitslosigkeit, politische Unsicherheiten, Berufsrisiko, Erfolgs- und Karriereerwartungen) und andererseits auf bekannte Probleme (wie gesellschaftliches Ansehen, Tod, Krankheiten), mit denen jede Familie umgehen muss.« *

Biologie und Umwelt hängen eng zusammen. Das systemische Denken ist eine spezielle Betrachtungsweise der Umwelt. Die Welt besteht aus Systemen, Subsystemen und Teilsystemen. Der Mensch und die Familie ist nur ein Puzzelteil im „größeren Ganzen“. Ohne jeglichen Eingriff oder eine Beeinflussung eines Systems funktioniert dieses enwandfrei, auch nur kleine Störungen können einem System nichts anhaben, da jedes System durch ein Selbstregulierung, den vorherigen Ist-Zustand wieder erreichen kann. Systeme sind flexibel und können sich anpassen. Die Familie ist eine sehr spezielle Form im systemischen Denken. Sie ist schwer einzugrenzen, tangiert viele andere Systeme, hat zahlreiche Unter- sowie Subsysteme, und ist außerdem Teil eines größeren Systems. Grundstzsätzlich besteht jede Familie aus einem gewissen Basisgerüst, hat ein bestimmtes Muster, durchläuft immer wiederkehrende Phasen und sollte Schutz bieten für alle in ihr Lebenden Mitglieder ( – Illustration Nr. 12; auf der linken Seite – ). Dennoch hat jedes familiäre System, seine eigene Persönlichkeit, Geschichte, Entwicklung und somit auch Zukunft und Überlebenschance. Die Gefahr, dass ein familiäres System in der heutigen Zeit scheitert ist höher als das Scheitern vieler vergleichbarer, biologischer Systeme.

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Zusammenleben

System Definition Zitat von Marianne Krüll, Soziologin, 76 Jahre Stern Magazine Nr. 14; 27.03.2013, Seite 50):

Antwort auf die Frage, „Einen Satz, den man seiner Mutter sagen sollte?“: - »Du warst die beste Mutter, die du sein konntest.«

Definition Der Begriff System stammt aus dem Altgriechischen. „Systema“, heute „sístima“, bedeutet: „das Gebilde, das Zusammengestellte, das Verbundene“21. Es bezeichnet allgemein eine Einheit von Elementen, welche in einer bestimmten Weise aufeinander bezogen bzw. miteinander verbunden sind. Ein System kann wechselwirkend, als eine Aufgaben-, Sinn- oder zweckgebundene Einheit angesehen werden. Der Systembegriff stammt ursprünglich aus den Naturwissenschaften, man findet ihn heute auch in zahlreichen anderen Sinnzusammenhängen, wie Regelkreisen, Kybernetik und Mechanik. Systeme kommen in fast allen Bereichen der Umwelt vor. In unterschiedlichsten Fachdisziplinen gibt es verschiedene, spezifischere Begriffe für unterschiedlichen Formen von Systemen. Typische Beispiele aus anderen Bereichen wären das Sonnensystem, das Motorsystem, die Tonsysteme. Die Verwendung des Begriffs System fällt meist im Zusammenhang mit funktionalen Gebilden aus einzelnen Elementen, Körpern und Subsystemen.

Die Verwendung von „System“ bedeutet »eine einheitliche, nach einem bestimmten Prinzip, einer Grundidee, einer methodischen Einsicht durchgeführte Anordnung einer Vielfalt von Erkenntnissen zu einer logisch begründeten Gesamtanschauung, einem Lehrgebäude, in welchem jeder Teil seinen vernunftmäßig bestimmten Platz einnimmt.«22

Grundlagen der Systemtheorie Komplexe Zusammenhänge wurden erstmals 1950 von Ludwig von Bertalanffy23 (1901 - 1972) als Interaktionszusammenhänge angesehen und als aus Einzelelementen bestehende Einheit verstanden. Speziell darauf aufbauend, werden Forschungsrichtungen unterschiedlichster Fachrichtungen zusammenfassend als Systemtheorie bezeichnet, erstmals komplexe Zusammenhänge durch allgemeine Theorien beschrieben, um das Untersuchen und Funktionieren in Systemen überhaupt skizzieren zu können. Die von Bertalanffy erkannten Interaktionszusammenhänge grenzen sich je von ihrer Umwelt ab und können wiederum aus anderen Interaktionszusammenhängen, den sogenannten Subsystemen, bestehen.24 Systeme lassen sich als selbst organisierende Funktionseinheiten definieren, welche ihr Weiterfunktionieren und Überleben selbst produzieren (vgl. Autopoiesis25). Sie differenzieren sich auf unterschiedliche und individuelle Weise von ihrer Umwelt. Durch Außeneinwirkung oder Probleme im System kann beispielsweise das bestehende System aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Verglichen mit biologische Systeme, wo Fremdeinwirkungen in ein System sogar dazu geführt haben, dass ganze Lebewesen ausgestorben sind. Normalerweise sind Systeme selbstregulierend und streben nach einem Gleichgewicht.

21

Quelle 06. April 2013: http://de.wikipedia.org/wiki/System

22

Quelle 04. April 2013: So bereits Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Artikel System, in: Deutsches Wörterbuch, Bd. 20, Sp. 1433-1444, hier 1435f, sub 2. und bes. 2. b (Orthographie modernisiert) mit Anführungen von Belegen in deutscher Sprache seit dem frühen 18. Jahrhundert.

23 Karl Ludwig von Bertalanffy (* 19. September 1901 in Atzgersdorf, Österreich; † 12. Juni 1972 in Buffalo, New York, USA) war einer der bedeutendsten theoretischen Biologen und Systemtheoretiker des 20. Jahrhunderts. Informationen vom 12. Mai 2013: https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_von_Bertalanffy 24 Ludwig von Bertalanffy (1950): An Outline of General Systems Theory, in: The British Journal for the Philosophy of Science, 1/2, S. 134-165, hier: S. 143 25 Autopoiesis oder Autopoiese (altgriech. autos „selbst“ und poiein „schaffen, bauen“) ist der Prozess der Selbsterschaf fung und -erhaltung eines Systems. Informationen 12. Mai 2013: http://de.wikipedia.org/wiki/Autopoiesis

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Doch sehr starke Eingriffe von außen, können ein ganzes System zerstören. Bestehende Systeme in der Umwelt beispielsweise aus Tieren und Pflanzen geraten „durcheinander“. Dies kann zur Folge haben, das ganze Systeme verschwinden, aussterben oder ein neues System entsteht. Selten resultieren Endemiten26, sehr empfindliche und seltene Systeme, welche nur unter bestimmten Bedingungen weiterbestehen können. Die Systemtheorie unterscheidet zwischen diversen Systemen und Teilsystemen. Nach Niklas Luhmann27 zerfällt die Gesellschaft in unzählige soziale Systeme. Mit dieser Gesellschaftstheorie erhebt Herr Luhmann den Anspruch die soziale Wirklichkeit tiefenscharf zu erfassen. Der grundlegende Gedanke ist hierbei, dass Systeme immer durch ihr Verhältnis zur Umwelt bestimmt und definiert sind. Luhmann unterscheidet dabei allgemein vier übergeordnete Systeme: Mechanische, organische, psychische und soziale Systeme. Die ersten beiden Übersysteme (Maschinen und Organismen), fallen bei der Soziologie und in Betrachtung der Familie weg. Nur die sozialen und psychischen Systeme sind von soziologischem Interesse. Hier unterscheidet Luhmann drei verschiedene Typen von sozialen Systemen28: - Interaktion - Organisation - Gesellschaft Die Familie ist ein Interaktionssystem, umrahmt von der Gesellschaft. Soziale Systeme sind wiederum durch drei zentrale Eigenschaften definiert, welche sehr nah mit den Aspekten einer Beziehungs- bzw. Bindungsentwicklung zusammenhängen und Ähnlichkeiten vorweisen: Grundlegender Aspekt ist die Kommunikation, diese ist als Reproduzent für das Interaktionssystem fundamental und ist zudem operativ geschlossen. Die Kommunikation sieht Luhmann als Synthese aus Information, Mitteilung und Verstehen (vgl.: Intime Kommunikation)29. Alle selbst erhaltenden (autopoietischen) Systeme sind operativ geschlossen, das heißt, jedes System ist autonom und kann nicht direkt von anderen Systemen beeinflusst werden. Alles außerhalb eines Systems ist die Umwelt. Dem zufolge geht es immer um die Differenz von System und Umwelt. Wichtig ist die Frage, wie reagiert eine Einheit, ein zusammenhängendes System auf alles andere, beispielsweise eine Auswirkung von innen (beispielsweise eine gebrochene Kommunikation) oder eine Einwirkung von außen (wie sozialer und gesellschaftlicher Druck). Systeme bilden Grenzen, parallel filtern und verarbeiten sie Informationen aus der Umwelt. Inwieweit haben diese Informationen, äußerlichen Entwicklungen und Veränderungen Einfluss auf das bestehende System? Sobald ein System in die Operationen eines anderen Systems eingreifen kann, löst sich dieses System auf, da seine Grenzen nicht mehr zu erkennen sind. Die eben genannten autopoietischen Systeme haben zudem die Fähigkeit, die Spezifika, die sie von anderen Systemen unterscheiden, zur Strukturierung der eigenen Operationen zu nutzen. So hat man mit jedem System die ganze Welt im Blick und gleichzeitig Differenz von System und Umwelt. ( – Illustration Nr. 13; auf der folgenden Seite – )

26

Bedeutung: Pflanzen oder Tiere, die nur in einer bestimmten, räumlich klar abgegrenzten Umgebung vorkommen).

27 Niklas Luhmann (* 8. Dezember 1927 in Lüneburg; † 6. November 1998 in Oerlinghausen) war ein deutscher Soziologe und Gesellschaftstheoretiker. Als einer der Begründer der soziologischen Systemtheorie zählt Luhmann zu den her ausragenden Klassikern der Sozialwissenschaften im 20. Jahrhundert. 28 Vgl.: „Einführung in die Systemtheorie“, Autor:Niklas Luhmann, Herausgeber:Dirk Baecker, Verlag:Carl Auer Verlag, Jahr:2002 (1. Auflage) 29 Mehr Informationen auf Seite 118.

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Wenn man diese Theorie im Bezug auf die postmoderne Gesellschaft anwendete, käme Luhmann unwiderruflich zu der Frage, was die Grenzen in einer Gesellschaft ausmacht und andersherum, wie die Gesellschaft auf die Systeme einwirkt. Hierbei ist der entscheidende Schritt, die Gesellschaft nicht mehr als Gesamtheit der Menschen zu sehen, mit ihren vielen organischen, psychischen, physikalischen und auch chemischen Eigenschaften, und diese in die Gesellschaft hineinzunehmen. Sondern vorauszusetzen, dass die Gesellschaft nur Kommunikation ist und nur aus Kommunikation besteht. Wenn die Kommunikation fortgesetzt wird, setzt sich die Gesellschaft fort. Basierend auf diesem Grundgedanken kann man feststellen, wie durch Differenzierung in der Gesellschaft mittels Kommunikation immer neue autonome, kommunikative Einheiten gebildet werden. Die Kommunikation spezifiziert, isoliert einzelne Gruppen und schließt andere aus. Gesellschaft hat somit Einfluss auf das familiäre System, kann aber auch ausgeschlossen werden. Es kommt auf die Reaktion und den Umgang der unterschiedlichen Systeme miteinander an. Die systemische Betrachtungsweise baut also immer auf einer System-/Umweltdifferenz auf und immer mit klarer Bezeichnung derjenigen Operation, die diese Grenzen zieht, reproduziert und stärkt. Somit können sich schließlich Systeme und Einheiten aufbauen. Das setzt eine funktionale Differenzierung und die Systemtheorie voraus.

Familie als System Die systemische Familienpsychologie, basierend auf dem Verständnis der Familie als System, begann in den 1950er Jahren als Familientherapie und gilt als wichtige Basis für den heutigen Stand der systemischen Familienpsychologie. Der aus der Naturwissenschaft stammende Begriff des Systems wurde später auch auf andere Bereiche des Lebens, so auch auf die Familie und Gesellschaft, ausgeweitet. Daraus resultiert ein wachsender Anspruch mehr als nur eine Teiltherapieform zu sein. Die Familie ist, wie andere Funktionssysteme auch, ein Teilsystem des Ganzen, mit der Besonderheit, dass im Gegensatz zu anderen Funktionssystemen nahezu unzählig viele Familiensysteme existieren. ( – Illustration Nr. 14; auf der linken Seite – ) Jedes Individuum ist zwangsläufig Teil einer Familie, im Unterschied zu anderen Funktionssystemen. Die Familiensystematiker heben hervor, dass Familien nicht aus Menschen bestehen und auch nicht aus den Beziehungen zwischen den Menschen. Familien bestehen nur aus Kommunikation. In anderen Funktionssystemen der Gesellschaft hat jedes Individuum eine ganz bestimmte Rolle. »Die Frage ist, wie in sozialen Systemen Menschen gemeinsam ihre Wirklichkeit erzeugen und wie diese Wirklichkeit hinterfragt, verstört und verändert werden kann.30«

Der Begriff des Familiensystems dient als Metapher für menschliche, soziale Beziehungen und basiert auf dem Konzept der systemischen Psychologie. Grundlegend ist jedoch, dass jedes Familienmitglied sozusagen in eine angeborene Rolle hinein schlüpft und diese auch systematisch aufrecht erhalten werden muss, also nicht in eine andere Rolle innerhalb einer Familie bzw. eines Systems gewechselt werden darf, ohne die Stabilität eines Familiensystems zu gefährden. Ein Beispiel für einen Rollenwechsel innerhalb einer Familie wäre ein Kind, dass die Rolle eines Elternteils übernimmt, sei es durch Tod, Erkrankung oder Scheidung. Das Kind übernimmt eine Rolle, die nicht die seine ist und kann somit das System der Familie und deren Subsysteme, wie beispielsweise die Kommunikation zwischen Geschwistern, erheblich belasten. Obwohl das Kind, welches die Rolle eines Elternteils übernimmt, dies vordergründig nur macht, um die Familie zu stabilisieren. Doch dadurch ist der Normzustand verändert und das regulierende System, also alle Familienmitglieder, reagieren meist unbewusst darauf.

30 http://www.ph-ludwigsburg.de/fileadmin/subsites/1c-ppsy-t-01/user_files/Eickhorst/2006_SS/familie_01_ einfuehrung.pdf(Quelle: 05.April 2013)

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Aufgaben einer Familie »Somit ist Familie ein innerlicher Balanceakt im heutigen Dschungel des sozialen Wandel mit vielen Aufgaben: Die Aufgaben einer Familie 1. Objektiv ist die Familie in erster Linie eine Erziehungs- und Versorgungsinstanz 2. Sie ist Brutstätte sozialer und psychologischer Beziehungen. 3. Außerdem hat sie auch politische und wirtschaftliche Funktionen in der Gesellschaft, beispielsweise die biologische Funktion, als Reproduktionsfunktion. Generell sollte sie für jeden ein behütendes Netz bilden, welches sich aber schnell zu einem undurchsichtigen Geflecht aus Konfliktbereichen wandeln kann und so für jedes einzelne Mitglied zu einem übermächtigen Mechanismus mutiert, aus dem man sich nur schwer befreien kann.« *

Familie kann als Zuflucht im heutigen Dschungel aus Anforderungen und Druck gesehen werden. Ob ein Mensch einen persönliche Bezug zu seiner Familie hat oder nicht ist sehr unterschiedlich. Doch reduziert, objektiv gesehen hat jede Familie bestimmte Grundaufgaben zu erfüllen, um das Leben jedes Einzelnen in der heutigen Gesellschaft zu gewährleisten und ihre Kinder auf das Leben vorzubereiten. Hier sollte das Kind erzogen werden, gewisse Werte vermittelt bekommen, versorgt und eine Möglichkeit zur Bildung geboten werden. Aufgrund des Mangels an finanziellen Mitteln und eines möglicherweise fehlenden gesunden Familienlebens hat nicht jedes Kind die gleichen Chancen ( – Illustration Nr. 15; auf der linken Seite – ). Hier steht die Politik in der Verantwortung ihren Beitrag und Unterstützung zu leisten und die Chancengleichheit zu gewährleisten. Beispielsweise muss der Mangel an Bildung bei sozial schwachen bis armen Kindern entgegengewirkt werden. Überforderte Eltern müssen entlastet werden, um die Reproduktionsfunktion der Gesellschaft zu sichern. Die Familie ist nicht nur das System, in der ein Mensch lernt mit anderen Menschen umzugehen und zusammenzuleben, sie ist zugleich Ursprung und Zukunft der gesamten Gesellschaft. Eine Familie mit ihren Bindungen kann etwas Einzigartiges sein, jede funktioniert, ist anders und bedeutet jedem etwas anderes. Doch ein Grundgerüst hat jede Familie und bestimmte Phasen muss jede Familie durchleben. Jeder sollte die Chance haben, in einer intakten Familie aufwachsen zu können und mit ihr zu wachsen. Das ist leider sehr selten.

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Aufgaben einer Familie

Funktionen einer Familie Reinhard May:

»Je kaputter die Welt draußen, desto heiler muss sie zu Hause sein. «

Kernfamilie Die Normal- bzw. Kernfamilie basiert im traditionellen Familienverständnis auf einer heterosexuellen Ehe, die lebenslang und monogam verläuft. Das Ehepaar lebt dabei zusammen in einem Haushalt, in welchem die beiden Erwachsenen mindestens ein leibliches Kind aufziehen. Es ist also eine Familie, die aus zwei oder mehr Generationen besteht. Gemäß der traditionellen geschlechtsspezifischen Rollenverteilung stellt der Mann in dieser Familienform den Haupternährer sowie die Autoritätsperson der Familie dar und sorgt für die existenzielle Sicherung dieser. Für die Regelung des Haushaltes und die Erziehung der Kinder ist in erster Linie die Frau zuständig.31

Wandel der Familie In diesem Zusammenhang, bezüglich der „Kernfamilie“ ist es noch einmal wichtig, auf den Wandel der Familie einzugehen. Bis in die 1960er-Jahre war in der Gesellschaft die Kern- bzw. Normalfamilie das vorgelebte Grundmuster und somit die „kulturelle Selbstverständlichkeit […] als die einzig gesellschaftlich ‚richtige‘ und rechtlich legitimierte private Lebensform“32 Zu dieser Zeit war die Heirat zwischen Mann und Frau, meist bereits in jungen Jahren, Normalität. Scheidungen waren hingegen eher selten. Andere Lebensformen wurden allgemein weniger gebilligt und normalerweise mit offenen oder verdeckten Sanktionen geahndet. Durch die sich Mitte der 1960er-Jahre vollziehende Individualisierung der Lebensführung und die damit verbundene Emanzipation der Frau, den zunehmenden Bedeutungsverlust der Eheschließung, den Anstieg des Wohlstands und die Steigerung des Bildungsniveaus der Bevölkerung fand die Pluralisierung der privaten Lebensformen statt.33 Von da an wuchs der Anteil der kinderlosen Paare und der Alleinlebenden des Nicht-Familiensektors, schrumpfte. Gleichzeitig der Familiensektor, zu welchem Alleinerziehende und nicht eheliche Lebensgemeinschaften mit Kindern zählen. Dennoch macht der Familiensektor immer noch etwas mehr als die Hälfte aller privaten Lebensformen aus und ist bis heute das traditionelle Leitbild des Familienlebenszyklus sowie das vorherrschende Bild in der Gesellschaft.34 Die anderen Familienformen werden, da sie diesem Leitbild nicht exakt entsprechen, als von diesem abweichend definiert.35

Aufgaben und Funktionen einer Familie »An seinen Vorfahren kann man nichts ändern, aber man kann mitbestimmen, was aus den Nachkommen wird.«36

Diese Zitat von François de La Rochefoucauld zeigt, dass die Familie einer großen Erwartungshaltung und Herausforderung ausgesetzt ist.

31 Vgl. http://www.soziologie.phil.uni-erlangen.de/archiv/files/lehre/Familie_Geschichteab1950er Homepage-Handzettel.pdf 07.02.2013 32 Meyer, Thomas (2004): Die Familie im demographischen Wandel [Hrsg.] Herausforderung demo graphischer Wandel, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2004. S. 65 f. 33 http://www.bpb.de/politik/grundfragen/deutsche-verhaeltnisse-eine-sozialkunde/137995/ individualisierung-der-lebensfuehrung?p=all 06. Februar 2013 34 Vgl. Meyer a.a.O. S. 65 f. 35 Vgl. http://www.hausarbeiten.de/faecher/vorschau/97011.html 07.02.2013 36

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Ein Zitat von François de La Rochefoucauld


In einer Familie laufen verschiedene Funktionen zusammen und sie erfüllt eine Reihe von sozialen Aufgaben. Darunter fallen neben der Aufgabe der Erziehung der Kinder auch politische und wirtschaftliche Funktionen. So sichert sie beispielsweise den Bestand der Gesellschaft durch Nachkommen (vgl. Tabelle 3). Hierbei ist jedoch zu erwähnen, dass die Prämisse, dass die biologische Reproduktionsfunktion der Spezies „Mensch“ der Institution „Familie“ bedarf, ist teilweise umstritten ist. Zur biologischen Basis einer Familie gehören die Gebärfähigkeit und die Zeugungsfähigkeit. ( – Illustration Nr. 16; auf der folgenden Seiten – ) Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn zum Beispiel ein Ehepaar keine Kinder bekommen kann und ein Kind adoptiert. Anhand dieses Beispiels ist die Notwendigkeit einer Modernisierung des Denkens und Handelns nach dem traditionellen Bild der Familie sichtbar. Denn: Trotz der Tatsache, dass – wie im Beispiel – ihr Kind kein leibliches ist, kann von einer „Familie“ gesprochen werden. Kennzeichnend ist jedoch das Zusammenleben von mindestens zwei Generationen. Je nach der Form des Zusammenlebens ist entweder von einem Mehrgenerationenhaushalt oder einer Mehrgenerationenfamilie die Rede. Die Reproduktionsfunktion einer Familie dient des Erhalts der Generationsfolge durch Weitergabe des Lebens.

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Zusammengefasste Geburtenziffer in Deutschland, 1950 - 2011*: Deutschland insgesamt Westdeutschland Ostdeutschland Bestandserhaltungsniveau * Datenquelle: Statistisches Bundesland; Berechnung BiB 2012

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Zusätzlich sollte die Familie eine Sozialisationsfunktion, dass die Familienmitglieder zu verantwortlichen Mitgliedern der Gesellschaft heranwachsen, wobei auch das Umfeld einen nicht unerheblichen Beitrag hierzu beisteuert. Da zahlreiche Konsumgüter, wie z. B. Haushaltsgeräte in der Familie genutzt werden, stellt sie zudem einen Ort der Konsumtion dar. Die Gemeinschaft der Familie kann, gegenüber der anderen Funktionssystemen in der Gesellschaft, durch die Vermittlung von Geborgenheit eine eigene, persönliche Welt bieten. Im familiären Leben kann auf wechselseitige Zuneigung gebaut werden und Emotionen sowie Erfahrungen ausgetauscht werden. Dadurch, dass in der Familie gekocht, repariert und produziert wird, spricht man zusätzlich noch von der Funktion der Produktionseinheit der Familie37. Es lassen sich drei elementare soziale Funktionen hervorheben:

Die Sozialisationsfunktion Die religiöse Funktion (neutraler auch „Wertevermittlung“ genannt) lässt sich aus der Sozialisationsfunktion ableiten, zum Beispiel in der Gestaltung von Familienmustern und -ritualen. Ein Beispiele wäre, wenn ein Vater das Tischgebet spricht, eine Rollenverteilung, die unbewusst reguliert stattfindet. Anders und auffälliger sind Muster und Rituale beispielsweise in vor staatlichen Gesellschaften anhand vieler Bräuche zu erkennen. Unter der Aufgabe der Sozialisation versteht man nicht nur die Erziehung eines heranwachsenden Menschen in einer Familie, sondern auch den „Prozess der Eingliederung bzw. Anpassung in die ihn umgebende Gesellschaft und Kultur.“38 Dieser beginnt ab der Geburt und dauert das ganze Leben lang an. Vom Beginn seines Lebens an bekommt jedes Individuum eine bzw. mehrere soziale Rollen zugewiesen, an welche es sich anpassen muss, „um ein im jeweiligen sozialen Kontext handlungsfähiges und verhaltenssicheres soziales Wesen zu werden.“39 Dabei werden ihm bestimmte Verhaltensweisen beigebracht, welche das Zusammenleben in der Gesellschaft ermöglichen sollen. Das Individuum wird an bestimmte soziale Normen und Verhaltensstandards herangeführt, welche beim Leben in der Gesellschaft beachtet werden müssen. In diesem Prozess entwickelt es eine soziokulturelle Persönlichkeit. Sollte sich das Individuum jedoch den oben genannten Faktoren nicht gemäß verhalten, so drohen ihm später entsprechende gesellschaftliche Sanktionen. Der Träger der Sozialisation und somit der Übermittler der in der Gesellschaft geltenden Regeln ist das Umfeld des Individuums. Es besteht aus den sogenannten Sozialisationsinstanzen und Sozialisationsagenten. Darunter fallen beispielsweise die Familie, Schule, Altersgruppe und die Medien.40 Bei dem Verlauf der Sozialisation eines Menschen sind drei Phasen zu unterscheiden. Die erste dieser Phasen ist die primäre Sozialisation, auch frühkindliche Entwicklungsphase genannt. Sie beginnt ab der Geburt und dauert über die Zeit im Kindergarten bis zum Eintritt in die Schule an. Während dieser Zeitspanne formt sich mit dem Erwerb der Sprache sowie der grundlegenden sozialen Regeln und Umgangsformen die individuelle Persönlichkeit. Am wichtigsten sind in dieser Lebensphase die Mutter und der Vater, die anderen in der Familie lebenden Mitglieder sowie das soziale Milieu. Überschneidend mit der primären, beginnt die sekundäre Sozialisation meist im Schulalter des Individuums, kann jedoch auch bereits im Kindergartenalter anfangen. Mit ihr beginnt verstärkt der Erwerb von gesellschaftlichen Erwartungen und Rollen. Es spielt also die richtig organisierte Erziehung der Eltern eine zunehmend bedeutende Rolle, wobei der Umgang mit Gleichaltrigen, sogenannten Peergroups, und Medien zusätzliche Auswirkungen auf die Entwicklung haben.

37 Vgl. Hradil, Stefan (2004): Die Sozialstruktur Deutschlands im internationalen Vergleich. Wiesbaden 2004, S. 89 38

http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/sozialisation.html#definition 02.02.2013

39 Gabler Wirtschaftslexikon a.a.O. 02. Februat 2013 40 Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon a.a.02. Februat 2013

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Die tertiäre Sozialisation folgt auf die sekundäre und bezieht sich, im Gegensatz zu den vorangegangenen beiden Phasen, auf die Entwicklung im Erwachsenenalter. Hier sind vor allem dem entsprechend das berufliche Umfeld, Lebenspartner oder Familie sowie Freundschaften maßgebend. In dieser Phase eignet sich das Individuum bereits die wichtigsten Regeln der Gesellschaft an und hat sich eine stabile Basis mit einer persönlichen Rolle in der Gesellschaft geschaffen. Es kommen jedoch sein Leben lang noch weitere Erkenntnisse und Aufgaben hinzu.41

Die wirtschaftliche Funktion Die wirtschaftliche Funktion ist für viele Familien eine der wichtigsten und grundlegendsten Funktionen. Familie wird aus wirtschaftlicher Sicht als Funktion von Schutz und Fürsorge (auch materieller Fürsorge) für Säuglinge, aber auch für kranke und alte Familienangehörige. Alle Mitglieder sollen ernährt, gekleidet und behaust werden. Die „Freizeit- und Erholungsfunktion“ ist eine moderne Variante der Wirtschaftsfunktion. Sie umfasst Basisleistungen zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit der Familienmitglieder und die Bereitstellung von Erholungsmöglichkeiten bzw. Ausgleichsleistungen der Familie. Familie als Ressourcenfunktion, als Halt im Alltag.

Die politische Funktion * Die politische Funktion ist zunächst eine verordnende: Besonders früher, in der Klassengesellschaft, war die politisch Funktion der Familie, für die legitime Platzierung der in ihr geborenen Kinder in der Gesellschaft zu sorgen. In der heutigen Zeit einer (rechts)staatlich verfassten Gesellschaft ist die politische Funktion fast erloschen, findet sich aber oft noch informell in der Oberschicht. In nichtstaatlichen Gesellschaften tritt die politische Funktion jedoch als einziger politischer Rückhalt durch Verwandtschaft (wie Stamm, Sippe oder Clan*) deutlich hervor. Auch wenn die eigentliche politische Funktion einer Familie in der heutigen Gesellschaft nah zu erloschen ist, lassen sich aus ihr weitere Funktionen ableiten: Aus der früheren politischen Funktion einer Familie leitet sich die rechtliche Funktion ab. Diese ist verfassungs- und privatrechtlich (im Familienrecht) auch heute noch erkennbar. Nach dem deutschen Grundgesetz steht die Familie unter besonderem staatlichen Schutz. Im privatrechtlichen Bereich hat sie zahlreiche Gestaltungsrechte (so im Unterhalts-, Vormundschafts-, Adoptions- und Erbrecht). Somit fungiert die Familie heute als politische Funktion, indem sie für die in ihr lebenden Individuen eine Art Schutzraum bildet. In modernen Gesellschaften werden politische, religiöse, wirtschaftliche und erzieherische Funktionen der Familie zum Teil auf andere gesellschaftliche Bereiche und Institutionen (z. B. Staaten, politische Gemeinden, Versicherungsanstalten, Schulwesen, Freundschaften und Sport) übertragen, um so Familie und ihre Funktionen etwas entlasten zu können oder. Diese Beispiele können dann als Alternativen zur Familienfunktion fungieren und sich in Notzeiten eine gute Ergänzung bieten.

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41 Vgl.http://www.edu.lmu.de/apb/dokumente/materialien/material_ws2011/rf_sozialisation3.pdf 02. Februat 2013

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Niemand lebt in einem Vakuum »Ob positive oder negative Erinnerungen und Gedanken im Zusammenhang mit Familie. Niemand lebt in einem Vakuum, jeder ist das Kind von jemanden. Familie ist das machtvollste System in das ein Mensch gerät. Jeder ist eingebunden in die Geschichte ihrer Vorfahren. Ein biologischer Zusammenhalt ist immer da. Jeder Mensch wird als Säugling, als hilfloses Lebewesen geboren und ist auf Hilfe angewiesen. ( – Illustration Nr. 17; auf der linken Seite – ) Der Säugling entwickelt eine spezielle, überaus starke psychische und emotionale Beziehung zu den Menschen, die für ihn sorgen. Kinder lernen durch Nacharmen. Dies kann zum durchgehenden Muster werden. ’An seinen Vorfahren kann man nichts ändern, aber man kann mitbestimmen, was aus den Nachkommen wird.‘ – Ein Zitat des französische Schriftsteller François de La Rochefoucauld Trotzdem müssen sich Kinder irgendwann aus der Umklammerung der Eltern lösen und haben oft den Wunsch, die Muster zu durchbrechen und alles anders zu machen.« *

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Wir beeinflussen uns gegenseitig.

Nicht nur, dass die Eltern von ihren Kindern lernen. Man vergisst oft, dass auch unsere Eltern die Kinder von jemandem sind. Und diese auch Kinder waren und von ihren Eltern gelernt und bestimmte Werte beigebracht bekommen haben. Jede Erziehung ist genauso individuell und persönlich wie das Beziehungsgeflecht um diese. Verwandtschaft bezeichnet im biologischen Sinn allgemein die gattungsgeschichtliche Zusammengehörigkeit, kann aber auch auf die bloße Ähnlichkeit der Gestalt reduziert werden. Der Grad der stammesgeschichtlichen Verwandtschaft unterschiedlicher Arten oder Artengruppen wird nach der Reihenfolge bemessen, in der sie im Lauf der Stammesgeschichte aus gemeinsamen Vorfahren hervorgegangen sind. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – der biologische Zusammenhang ist nicht immer erkennbar; genauso verändern sich im Laufe der Jahre und in jedem Leben die Werte, Bedürfnisse und Erfahrungen. Niemand sagt, dass die Erziehung, die die Eltern vermitteln, die richtige ist, denn auch sie sind Menschen und machen Fehler. ( – Fotoserie Nr. 01; auf den folgenden Seiten – ) Auch sie sind Menschen, die von anderen Menschen gelernt haben, welche auch nur nach ihrem besten Gewissen und Wissen gehandelt haben. So wie es in ihrer damaligen Macht stand. Bestimmte Muster werden weitergegeben, auch über Generationen. Viele Kinder wollen daraus ausbrechen, etwas anders oder auch besser machen. Doch wer sagt, dass das, was das Beste für einen selbst gewesen wäre auch das Beste für seine eigenen Kinder in der Gegenwart oder Zukunft ist? Trotz allen Problemen, Konflikten und Herausforderungen ist der biologische Zusammenhalt immer da und selten hat der Mensch die Möglichkeit eine solche Beziehung zu erfahren wie die in einer Familie. Jeder sollte immer bedenken, dass man sein Bestes tut, doch nur ein Mensch ist und auch Fehler macht. Dafür sind wir alle doch zu verschieden, um es jedem recht machen zu können.

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Beziehungsgeflecht Ein Zitat von dem russischen Schriftsteller Leo Tolstoi: »Alle glücklichen Familien sind einander ähnlich; aber jede unglückliche Familie ist auf ihre besondere Art unglücklich.«

Bindungs- und Bedeutungsvarianten einer Familie Neben diesen eher funktionalen, nach außen gekehrten Aufgaben einer Familie, muss sie noch viel mehr leisten. Diese Funktionen definieren sich durch die nach innen gerichtet, zwischenmenschlichen Aufgaben in einer Familie. Das Besondere an der Familie ist, dass die Menschen mehr oder weniger den größten Teil ihres Lebens in dieser Gemeinschaft verbringen. Durch die Art, Dauer und Intensität des gemeinschaftlichen Zusammenlebens entstehen Bindungen, die einen Einfluss auf die Personen und ihre Beziehungen untereinander haben. ( – Illustration Nr. 18; auf der folgenden Seite – ) Auch hier kann man durch die Art der Bindung die verschiedenen Formen kategorisieren. Nach Karpel und Strauss42 (1986) werden Bindungen in fünf verschiedene Familienbedeutungs- und Familienbindungsformen differenziert: 1. die funktionale Familie 2. die rechtliche Familie 3. die wahrgenommene Familie 4. die Familie mit langfristigen Verpflichtungen 5. die biologische Familie Diese Differenzierung basiert im Groben auf der Art, Dauer und Intensität einer Bindung. Wobei Karpel und Strauß zwischen der bloßen Blutsverwandschaft (als „biologische Familie”), dem „praktischen“ Familienbild (dem täglichen Zusammenleben als „funktionale Familie“), dem Verpflichtenden (der „rechtlichen Familie“), dem subjektiv Wahrgenommenen (der „wahrgenommenen Familie“) und der Form der „langfristigen Familie“ unterscheiden, die auf einem hohen Maß an gegenseitigen Erwartungen, Dauerhaftigkeit und Stabilität basiert. »Bis das der Tod euch scheidet«43 Dieses Eheversprechen schnürt, übertragen auf die Familie, durch die biologische Zusammengehörigkeit in einer Familie ein Band um jedes Mitglied. Einer biologischen Verbundenheit kann man sich gar nicht entziehen, doch sie ist auch nicht die Voraussetzung für ein gemeinschaftliches Leben. Ob sich aus Verbundenheit trotz fehlender Dauer, Art (beispielsweise in einer zerrütteten Familie, die keinen Kontakt untereinander hat oder pflegt) und damit zusammenhängend fehlender Intensität überhaupt ein Beziehungsgeflecht entwickeln kann, ist für die generelle, biologische Verbundenheit zweitrangig, trotzdem wirkt es. Die Blutsverwandtschaft allein macht schon die biologische Familie zur besonderen Gemeinschaft und stellt eine gewisse Basis für den Verbund einer Familie dar. Eine derartige Lebensgemeinschaft löst sich beim Tod durch ein Mitglied auf. Gegenüber einer bloßen biologischen Verbundenheit steht die sogenannte „traditionelle Familie“ hingegen als Einheit:

»Die traditionelle Familie ist zugleich legale, biologische und funktionale Familie.«44

42 Vgl. http://80.92.48.160/addiction.de/fileadmin/user_upload/pdf/diplom/NStrahl.pdf 03. April 2013 43

Eheversprechen, welches hier im Bezug auf die Familie die Realität des Lebens zeigt.

44 Vgl. Klaus A. Schneewind „Familienpsychologie“ S. 22f

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Hier nehmen sich alle Familienmitglieder als zur Familie gehörend wahr und sind so in dem Lebensrahmen einer Familie mit eingebunden, was mit einem Verpflichtungscharakter zusammenhängt. Von einer alternativen Lebensform im familiären Zusammenhang wird dann gesprochen, wenn mindestens eines der Bedeutungs- und Bindungscharakteristika fehlt. Die muss jedoch nicht als Defizit gesehen werden. Die Varianten des Familienbegriffs werden in Gliederung von Karpel und Strauss bei jeder Familie auf andere Weise zutreffen. Doch auch viele Familienformen werden nicht außen vor gelassen. Eine Beispiel dafür wäre eine nicht-eheliche Partnerschaft mit einem Adoptivkind, diese wird dem Gesetz nach nicht als traditionelle Familie angesehen wird. Dennoch hat sie alle funktionalen Merkmale einer Familie und nur die Blutsverwandtschaft ist nicht vorhanden. Aber das sollte nicht als Ausschlusskriterium gelten, wenn sonst alle anderen wichtigen und familienbildenden Funktionen und Stabilitätsfaktoren ihrer Lebensform vorhanden sind. Somit ist sie im Sinne von Karpel und Strauss durch ihre Verbundenheit und ihr langfristig aufeinander bezogenes Erleben eine funktionale Familie. Ein wichtiges Kriterium um eine Bindung zu vertiefen, ist die Dauer. Die verbrachte Zeit einer Bindung gibt dieser eine gewisse Qualität. Gemeinsame Herausforderungen und Erlebnisse, beispielsweise eine überstandene Problematik, intensivieren eine Bindung. Schwieriger ist es für den »Einzelnen, sich aus einer Familie mit langfristigem Verpflichtungscharakter herauszulösen. Karpel und Strauss bezeichnen die diesem Familientyp zugrundeliegenden dauerhaften Beziehungen als ‚Lebensbeziehungen‘ und meinen, dass diese ‚Dauerhaftigkeit‘ einen wesentlich Faktor darstellt, der Familienbeziehungen von sozialen oder beruflichen unterscheidet‘«.45

Somit können Bindungen sowohl durch äußerliche bzw. genetische Gegebenheiten (vgl. legale oder biologische Familie) als auch durch innere, tiefgreifende Faktoren (vgl. durch funktionalen, wahrgenommenen oder langfristigen Verpflichtungscharakter anerkannte Familien) entstehen.

Bedeutung der intime Beziehung in einer Familie

»Die Herstellung von Sicherheit in Beziehungen und der Aufbau der entsprechenden inneren Arbeitsmodelle stellen […] immer einen Prozess dar. Sicherheit ist kein Zustand […] allerdings sind die Bedingungen von Sicherheit auch nicht beliebig. So wie das Immunsystem dazu dient den fortwährenden Ansturm von Krankheitserregern zu bewältigen und das Individuum gesund zu erhalten, dient das Bindungssystem dazu, allgegenwärtige und unvermeidbare psychische Bedrohungen für den Menschen bewältigbar und regulierbar zu machen. Wege zur Sicherheit zu suchen bedeutet somit nicht Belastungen aus dem Weg zu räumen, sondern Menschen zu helfen, sich mit ihren Bindungsmodellen und ihrer Beziehungsgestaltung auseinanderzusetzen, damit sie seelische Belastungen im Rahmen vertrauensvoller Beziehungen bewältigen können […]. Gelingt dies, hat der Einzelne und sein Familiensystem wieder Kräfte und Ressourcen für die Erkundung der Welt und die Entwicklung von Autonomie.«46

45 Vgl. Klaus A. Schneewind „Familienpsychologie“ S. 23f 46 Ziat aus der Bindungstheorie nach dem englischen Psychoanalytiker John Bowlby und der amerikanischen Entwicklungspsychologin Mary Ainsworth

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Durch immer wiederkehrende und in Wechselwirkung stehende Interaktion von mindestens zwei Personen entsteht bzw. besteht eine Beziehung. Eine Familie baut durch die Verwandtschaft immer auf eine oder meist mehrere vergangene Beziehungsgeschichte auf (egal, inwieweit diese funktioniert oder bestanden hat). Eine Beziehungspersönlichkeit wird durch die erfahrenen Beziehungspersönlichkei ten definiert, ist also eine interpersonelle Beziehung. Wenn man zwei oder mehr Beziehungspersönlichkeiten verbindet, schaffen diese durch wiederholte Interaktion eine gemeinsame Beziehungsgeschichte. Folglich entwickelt sich durch ein Interaktionssystem ein Beziehungssystem. Je nach Zusammensetzung der Personenanzahl, des Paar- oder Familiensystems ergeben sich verschiedene Beziehungskonstellationen, welche in Abbildung 3 abgebildet sind. Dies verdeutlicht, dass, je nach Anzahl der Beziehungspersönlichkeiten, sich die Beziehungskonstellation verändern und exponentiell vermehren kann.

Abb. 3: Verschiedene Paar- und Familientypen und ihre Beziehungskonstellationen47.

(Ehe-)Paar Mann

Ein-Kind-Familie Frau

Mann

Frau

Kind

Zwei-Kind-Familie

Drei-Kind-Familie

Mann

Frau

Mann

Frau

Kind

Kind

Kind

Kind Kind

Eine Zwei-Personen-Beziehung (z. B. Ehe, Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft ohne Kind: Eine Ein-Generationen-Gemeinschaft) hat lediglich eine Beziehungskonstellation zu pflegen und aufrecht zu halten, hingegen hat eine Drei-Kind-Familie eine viel höhere Anzahl an Beziehungskonstellationen. Ziel in einer Familie mit mehreren Beziehungskonstellationen sollte eine gleichberechtigte Pflege aller Beziehungen sein. Bei einer höheren Anzahl an Beziehungskonstellationen ist jedoch zu beachten, dass es zwei Teile gibt: den zu beobachtenden objektiven Teil der Konstellation und den subjektiven internen Teil. Dieser letzte Teil hebt sich dadurch ab, dass jeder Personenteil eine eigene Beziehungsgeschichte, einen Beziehungscharakter in jede Konstellation mitbringt. Somit gibt es gemeinsame erarbeitete und unabhängige, in die Konstellation mit eingebrachte Beziehungsgeschichten. Diesbezüglich sprechen Harold A. Kelley und Koautoren von „enger persönlicher Beziehung“ (close personal realtionship)48, wenn sie auf „starken, häufigen und sich in unterschiedlichen Aktivitäten äußernden Interdependenzen von beträchtlicher Dauer“ basieren.

Quelle am 8. Juni 2013: http://www.eb-regensburg.de/pdf-Dateien/ScheuererBindungLAG04.pdf

47

Quelle: nach Adams, 1985

48 http://books.google.de/books?id=yK04qdRGwtYC&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_ summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false ((Quelle: 03. April 2013)

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Kriterien einer Beziehungsdynamik Anhand der entstehenden Beziehungsdynamik49 lässt sich eine Beziehung durch folgende Kriterien einem engen oder distanzierten Beziehungstypen zuordnen: 1. Abgrenzung (zeitliche Abhebung von anderen Bekanntschaften) 2. Privatheit (räumliche Abhebung von anderen Bekanntschaften) 3. Dauerhaftigkeit (basierend auf längerfristiger Gemeinsamkeit, wechselseitiger Bindung, gemeinsamen und gegenseitigen Verpflichtungen und Zielorientierungen) 4. Nähe (Realisierung von psychischer, geistiger und emotionaler Intimität) Durch eine weitere Variante, von Nelson-Jones50 (2006), lässt sich eine persönliche Beziehung durch folgende, eher inhaltliche Merkmale definieren: – Verantwortung – Achtung – Innere Verpflichtung – Fürsorge – Vertrauen und Anvertrauen – Kritikfähigkeit – Kommunikation – Reflexionsfähigkeit – Konfliktfähigkeit – Nicht-ausbeutender Sex (falls Sexualität Definitionsbestandteil der Beziehung ist) – Gemeinsame Aktivitäten – Gemeinsam verbrachte Zeit So lässt sich umgekehrt, durch fehlende Merkmale, auch auf eine schlechte, belastende Beziehung schließen. Nach Hinde (1997) lässt sich die Qualität einer Beziehung anhand folgender Merkmale51 messen: 1. Ausmaß an Geben und Nehmen (Symmetrie und Komplementarität) 2. Muster der Ähnlichkeit bzw. Unähnlichkeit (beziehungsrelevante Merkmale wie Persönlichkeit, Interessenlage und Lebensstile der Beziehungspartner) 3. Unterschiedliche Formen von Macht- und Konfliktausübung (Entscheidungssituationen und Meinungsverschiedenheiten) 4. Ausprägung von Selbstöffnung und Privatheit in der Beziehung 5. Besonderheit der Selbst- und Fremdwahrnehmung in der Beziehung 6. Ausmaß an Vertrauen 7. Intensität der erlebten Verpflichtung bezüglich der Aufrechterhaltung der Beziehung Durch den Wert oder die Ausrichtung der aufgezählten Aspekte lässt sich allgemein die Qualität einer Beziehung festlegen. Eine gleichberechtigte Beziehung, also eine Beziehung mit ausgeglichenem und beidseitigem beziehungsrelevantem Verhalten, ist das Grundgerüst für einen gesunden Beziehungsprozess. Beziehungsprobleme können entstehen, wenn ein Ungleichgewicht von beziehungsrelevantem Verhalten in dieser vorherrscht oder der eine dem anderen dies vorwirft. Jede dieser Konstellationen baut auf einem Beziehungsprozess auf, wobei jeder Prozess jedem Beteiligten sowohl als Ressource zur Kraftschöpfung dient, als auch durch Konflikte und Druck zur Belastung werden kann. Beide Beteiligten sollten gleichberechtigten einen gleichwertigen Nutzen aus dem Prozess ziehen. Die Konstellation hat die Chance an jeder Problembewältigung zu wachsen. Eine gute Beziehung kann jedem Beteiligten Ressourcen bieten, die aus den guten Zeiten, der gegenseitigen Fürsorge und Liebe entstehen können. Eine positive Beziehung stärkt Personen und somit auch wiederum die gemeinschaftliche Beziehung. Durch das ständige Zusammenleben in einer Familie, durch die enge Zusammenarbeit und durch Faktoren wie unterschiedliches Alter, unterschiedliche Interessen und Entwicklungsphasen, durch die unterschiedlichen Konstellationen und Beziehungen birgt eine Familie ein hohes Maß an Konfliktpotential.

49 Vgl. Klaus A. Schneewind „Familienpsychologie“ S. 25f 50 Australischer Psychologen Richard Nelson-Jones 51 Vgl. Klaus A. Schneewind „Familienpsychologie“ S. 22f

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Wie jede Beziehung hat auch eine Familie Vor- und Nachteile, einerseits ist sie ständigen Problemen und Herausforderungen ausgesetzt, doch andererseits bietet sie Werte wie Rückhalt und Stabilität, aus der jeder Einzelne Kraft schöpfen kann. Die unterschiedlichen Persönlichkeiten ( – Illustration Nr. 19; Seite 108 – ) und ihrer verschiedenen, individuellen Beziehungen untereinander ( – Illustration Nr. 20; Seite 109 – ) macht eine Beziehungsdynamik und -konstellation in einem System, wie dem einer Familie, aus.

Phasen der Beziehungsentwicklung Nach Wynne52 (1985) durchläuft ein Beziehungsprozess eine lange Abfolge an Entwicklungsphasen. Wynne unterteilt und benennt die Phasen wie folgt:

Fürsorge und Bindung Diese beiden Begriffe umschreiben die affektiven Komponenten von internen Beziehungen, wie die in einer Familie. In einer Familie wäre das beispielsweise eine Eltern-Kind Beziehung. Allgemein bezeichnet Fürsorge (aus dem Lateinischen procuratio „für etwas Sorge tragen; pflegen; verwalten“)53 die Sorge für andere Menschen. Fürsorge kann in unterschiedlichen Zusammenhängen anders gedeutet werden, generell ist es die Sorge, auf welche jeder Menschen ein Recht haben, insbesondere Kinder in einer Familie. In religiösen als auch in sozialen Gegebenheiten bezeichnet es das aus der Ethik der Barmherzigkeit entstandene System der Sozialhilfe, Fürsorge, oder sozialen Sicherheit. In einer familiären Bindungsbildung, wie in einer Mutter-Kind Bindung, ist Fürsorge erkenntlich durch die Bindungsmitglieder gegenseitige Vertrauensbereitschaft, Tröstbarkeit, Schutz, Erkundungsinteresse, Fürsorgeverhalten, Reaktion auf Bedürfnisse und Nähe in bestimmten Situationen. Dabei wird davon ausgegangen, dass Menschen ein angeborenes Bedürfnis haben, enge und von intensiven Gefühlen geprägte Beziehungen zu ihren Mitmenschen aufzubauen. Dies ist der Basisgedanke für die Bindungstheorie von Bowlbys54. Die Bindungstheorie weist Verbindungen zur Systemtheorie und zur kognitiven Psychologie auf und hat einen großen Beitrag zur Familientherapie, zur kognitiven Therapie sowie zur Psychoanalyse, zur Entwicklungspsychologie und zu den Grundlagen der Pädagogik geleistet. Ein Fürsorgeverhältnis ist gekennzeichnet durch viele positive Emotionen und fördert so eine intensive emotionale und tiefgreifende Beziehungsintensität. Zudem liegt es nahe, dass ein Mensch eine solch besondere Verbindung auch zu anderen Menschen außerhalb der Familie aufbauen kann, beispielsweise bei der Partnerwahl. Hierbei spielen Aspekte wie das Bedürfnis nach Nähe und Wohlbefinden oder intensive Gefühle und Zuneigung eine wichtige Rolle. Durch die erwähnten Aspekte einer fürsorglichen Bindung geben diese den Beteiligten Ressourcen und besteht gleichzeitig aus gegenseitigem Ressourcenaustausch. Es muss jedoch durch das gegenseitige Beschützen, Sorgen und dem Bedürfnis nach Schutz und Sorgen, eine Balance zwischen Geben und Nehmen gefunden werden. Diese Unterschiede machen jeden Menschen, jede Bindung und jede Beziehung einzigartig ( – Illustration Nr. 21; auf der rechten Seite – ).

52

Quelle 05. April 2013: http://de.wikipedia.org/wiki/Lyman_Wynne

53

Quelle 05. April 2013: http://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BCrsorge

54 Edward John Mostyn Bowlby (* 26. Februar 1907 in London; † 2. September 1990 auf Skye) war ein britischer Kinder arzt, Kinderpsychiater, Psychoanalytiker und Pionier der Bindungsforschung. Informationen am 12_Mai 2013 von: http://de.wikipedia.org/wiki/John_Bowlby

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Beziehungssystem: Wir- und Ich-Orientierung Im Beziehungssystem gibt es zwei Orientierungsrichtungen: Einerseits ist es die Wir-orientierte Richtung, diese lässt sich in folgende Erfahrungsebenen einteilen: gemeinsames Wollen, gemeinsames Fühlen, gemeinsames Wissen, gemeinsames Tun und gemeinsame Zielerreichung. Für diese Erfahrungsebenen, werden die individuellen Energiepotenziale für gemeinsame Ziele wie die Befriedigung der Grundbedürfnissen und die Lebenserhaltung gebraucht. Ein fundierter Bestand von Wissen, Werten, Kenntnissen, Informationen und Überzeugungen zur ökonomischen und sozialen Lebensgrundlage bereichert eine Beziehung. Gemeinsame Aktivitäten werden zur Stabilisierung und zur Herausbildung eines Bewusstseins von gemeinsamem Können gebraucht. Und schließlich beinhalte die Wir-Orientierung das gemeinsame Tun, mit dem Ziel, gemeinsame Erfolge zu erreichen. Die Wir-Orientierungen zielen auf Grundkategorien der Allgemeinpsychologie ab, auf Motivation, Emotion, Kognition und die des Handelns, wobei diese als Ganzes, als Prozess dastehen und nicht isoliert zu verstehen sind. Die individuelle Entwicklung, die Ich-Orientierung zielt auf das individuelle Wollen, Fühlen, Wissen, Tun und Ziele erreichen ab. Die individuelle Autonomie und Eigenständigkeit ist sehr wichtig. Es gilt:

»Erst wenn individuelle Autonomie innerhalb eines Beziehungssystems zugestanden und ermöglicht wird, haben wir es mit einem Beziehungsbegriff zu tun. Zugestandene Autonomie ist somit ein Merkmal von intimen Beziehungssystemen, das sich am Ausmaß der von der Wir-Orientierung abweichenden Ich-Orientierung ihrer Mitglieder ablesen lässt. Die Wir-Orientierung und Ich-Orientierung sind zwei miteinander zusammenhängende, jedoch konzeptionell unterscheidbare Strukturmerkmale von intimen Beziehungssystemen, die zudem noch hinsichtlich des Ausprägungsgrads variieren können.«55

Das gesamte System der Beziehungen, Bindungen und Orientierungen ist ständig in Bewegung. Durch das Verhältnis von Beziehungsgeschichte (vor und mit einer aktuellen Beziehung), aktueller Beziehungserfahrung und Beziehungserwartungen lassen sich die Möglichkeiten, die Dynamik der Orientierungen, genauer untersuchen. Es ergeben sich bestimmte Strukturmerkmale eines Beziehungssystems. So können sich sehr unterschiedliche und komplexe Systeme entwickeln. Zusammenfassend kann man sagen: Die Familie verläuft in einem bestimmten System und nach bestimmten Phasen. Viele Zusammenhänge lassen sich systemisch und psychologisch nachvollziehen. Das System ist ein ständiges Geben und Nehmen bei ständiger Suche nach Gleichgewicht und in stetiger Weiterentwicklung, welches viele Herausforderungen, Probleme überwinden und lösen muss, allen Erwartungen gerecht und auf jeden Rücksicht nehmen sollte. Klar ist, dass eine Familie ein besonderes Beziehungsgeflecht ( – Illustration Nr. 22; auf der rechten Seite – ) ist, welches aus verschiedenen Köpfen, mit unterschiedlichen Vorstellungen, Bedürfnissen, Zielen, Wünschen und Interessen besteht. All diese Aspekte müssen unter dem Netz der Familie in Einklang gebracht werden und gleichzeitig mit der schnelllebigen Gesellschaft mitwachsen. So trifft außerdem jede Familie auf Herausforderungen und Situationen, wobei für deren Bewältigung noch keine Erfahrungen vorhanden sind. Ein weiteres uneinschätzbares und unvermeidliches Konfliktproblem. Außerdem gehören zu den Phasen einer Beziehungsentwicklung die Bereiche der intimen Kommunikation (mehr Informationen auf Seite 118), die Gegenseitigkeit und die Problemlösung.

55 Auszug Seite 33 aus dem Buch Familienpsychologie von Klaus A Schneewind, 3., überarbeitet und erweiterte Auflage

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Menschen Machen Fehler »Jedes Familienmitglied ist ein Mensch und macht Fehler, besonders in einem Konstrukt wie dem einer Familie. Jeder versucht in seinem Rahmen, sein Rolle so gut es geht zu erfüllen und gerecht zu werden. Die Konstruktivsten sagen zum Thema Wirklichkeit: »Das was wir für Wirklichkeit halten, ist nichts anderes als ein subjektives Konstrukt! Jeder Mensch konstruiert sich seine eigene subjektive Realität – die sich durchaus von der subjektiven Realität anderer Personen unterscheiden kann.« Dabei liegt of schon in der Kommunikation ein Grundproblem.« *

Anhand vieler Fallbeispiele kann man erkennen, wie wichtig es ist, gewohnte und bequeme Klischees hinter sich zu lassen: Es stimmt eben nicht, dass Eltern böse und Kinder hilflos sind, Männer rational und Frauen emotional. Mütter einfühlsam und Väter nicht. Wo andere vorschnell von Tätern und Opfern sprechen, sollte man in erster Linie Menschen sehen, die sich in destruktive Verhaltensmuster und Rollensystemen verstrickt haben. Man sollte lieber davon ausgehen, dass jeder Mensch, egal ob Kind, Eltern oder Großeltern aus einem Grund oder einer Absicht heraus handeln. Meist ist und sollte diese Absicht ein positiver Grund für alle sein. Man sollte in das Gute in einem Menschen glauben und bedenken, dass jeder das bestmögliche in einer Rolle und Position für sich und alle anderen Menschen zu machen versucht. Das beinhaltet auch, dass Menschen Fehler machen. Sie handeln aus dem Affekt, aus Erfahrung und aus ihrem Kontext heraus. Missverständnisse und das Gefühl von Benachteiligung, Ungerechtigkeit und Komplikationen sind somit vorprogrammiert. Wichtig ist nur, dass jeder versuchen sollte nicht vorschnell zu urteilen und zu handeln. Sondern jeder sollte probieren sich in die Rolle des anderen hineinzuversetzen und seine Wahrnehmungen nachzuvollziehen. Dieser differenzierte Umgang kann helfen, den Grund eines Handelns oder einer Entscheidung zu verstehen. Außerdem muss bewusst sein, dass wenn mehrere Probleme zusammenkommen, dies die zur Überforderung der Kraft der des Einzelnen und einer Familie führen kann. Überforderung verändert Menschen, sie sind oft nicht mehr diejenigen, die sie waren und sein wollen ( – Illustration Nr. 23; auf der linken Seite – ). Hierzu ein Beispiel aus elterlicher Sicht: Manche Familien haben mehr Belastungen zu tragen, als sie alleine bewältigen können. Die Eltern empfinden die Lage als ausweglos. Sie ziehen sich aus ihrem sozialen Umfeld zurück, weil sie Angst haben, abgelehnt und zurückgewiesen zu werden. Manche Eltern sind so erschöpft, dass sie nicht mehr die Kraft finden, ihren Alltag zu organisieren und die Kinder zu versorgen. Das kann zu Chaos und Vernachlässigung führen – aber auch zu Misshandlung und Gewalt in der Familie. Oft wird die Belastung erst dann für Außenstehende sichtbar. Meist fast zu spät.

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Problem- Und Konfliktlösung Buchzitat von Antoine de Saint-Exupéry in Der kleine Prinz:

»Die Sprache ist die Quelle aller Missverständnisse.«

Gemeinsame Probleme lösen Sehr eng verbunden mit der Kommunikation ist die Problemlösung. Die Problemlösung ist normalerweise bei positiver Entwicklung in drei Schritte eingeteilt: 1. Erfassen des problematischen Ist-Zustandes, d. h. meistens des vorliegenden Problems („Ist-Analyse“ gleich „Ist-Aufnahme“)56. 2. Anwendung oder Findung einer Problemlösung. Am besten ist dies gemeinsam zu tun. Die Problemlösung geschieht durch intelligentes Handeln und bewusste Denkprozesse. Die Unzufriedenheit gilt beispielsweise als eine Befindlichkeit, die jemanden dazu veranlassen kann, einen Ist-Zustand als Problem aufzufassen. Die Abfolge unterschiedlicher Teil-Tätigkeiten im Rahmen eines solchen Vorganges bezeichnet man auch als Problemlösungsprozess. 3. Bei positiver Entwicklung wird der angestrebte Soll-Zustand erreicht. In diesem Prozess werden die Grundlagen des Problemlösens von der Denkpsychologie, der Kognitionswissenschaft und der Entscheidungstheorie erforscht.

Gegenseitigkeit In der Soziologie bedeutet der Begriff Reziprozität57 Gegenseitigkeit (Prinzip der Gegenseitigkeit genannt) und stellt ein Grundprinzip menschlichen Handelns dar. Definiert wird die Gegenseitigkeit durch das aufeinander bezügliche, gegenseitige und wechselseitige Zugehen und Verhalten. Ein Gleichgewicht, eine Balance und der Austausch von verschiedenen Komponenten der gerade aufgezählten und näher erläuterten Beziehungsmerkmale sollte vorherrschen, um eine positive und intime Bindungsentwicklung zu gewährleisten.

Intime Kommunikation Die Kommunikation ist ein wichtiges Mittel zur Interaktion unter Anwesenden heute und in der Vergangenheit - besonders früher, als es keine technischen Mittel gab, andere zu erreichen, war eine weitreichende Kommunikation stark erschwert. Wenn eine Information von einem Individuum empfangen wird, wird eine Mitteilung aus der Information extrahiert. Die Mitteilung muss nicht die Information sein, sie muss von dieser durch „Verstehen“ getrennt werden. Probleme bei der Übermittlung sind möglich: die Mitteilung, die der Empfänger „versteht“, kann auch eine ganz andere sein, als vom Absender beabsichtigt. Solange jedoch der Empfänger eine Mitteilung wahrnimmt, ist, im soziologischen Sinne, die Kommunikation erfolgreich. Kommunikation wird in sozialen Systemen über einen binären Code identifiziert, zum Beispiel im Rechtssystem „richtig/ falsch“ oder im Wissenschaftssystem „wahr/unwahr“. Daher ist es möglich, die zum Funktionssystem gehörende Kommunikation von denen anderer Funktionssysteme zu unterscheiden. Kommunikationen beziehen sich auf vorangegangene Kommunikationen und bilden so ein Netzwerk, das sich immer weiter fortentwickelt und sich selbst reproduziert. Die Kommunikation ist eine der wichtigsten Komponenten einer fortlaufenden Beziehung und Bindung von Personen – somit eine kurze Exkursion zum Thema Kommunikation, insbesondere zum Thema intime Kommunikation: Die intime Kommunikation spielt in der Familie eine besondere Rolle. Sie wird zwar in allen sozialen Systemen betrieben, jedoch sollte die Kommunikation in der Familie auf einer persönlicheren Ebene möglich sein. Intimität bedeutet dabei, dass Persönliches nicht verschwiegen werden sollte.

Zeit

56

Quelle 05. April 2013: http://de.wikipedia.org/wiki/Probleml%C3%B6sung

57

http://de.wikipedia.org/wiki/Reziprozit%C3%A4t_(Soziologie) 12. Mai 2013

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Abb. 4: Ant wor t auf die Frage: „Gibt es eine Person, die Ihnen auch mal unangenehme Wahrheiten sagen dar f / kann?“*:

JA

13 , 80 %

Nein 86 , 2 0 %

Grundsätzlich kann man über alles kommuniziert, also sowohl das, was innerhalb der Familie passiert als auch das, was außerhalb der Familie passiert. Alle Erfahrungen und Handlungen der Familienmitglieder müssen kommuniziert werden, da für alle Mitglieder die „gesamte Welt eines Menschen“58 von Relevanz ist. Dies bedeutet aber nicht, dass alles, was ein Familienmitglied erlebt oder gefühlt hat, den anderen Familienmitgliedern mitgeteilt werden sollte. Dies ist in den seltensten Familien gegeben. Grundsätzlich gilt jedoch, dass nichts gegenüber anderen Familienmitgliedern verschwiegen werden sollte, wenn darüber kommuniziert wird – Geheimhaltung ist schwierig. Für den Zusammenhalt der Familie ist es wichtig, dass das Recht auf Gehör, aber auch die Pflicht des Rede-und-Antwort-Stehens eingehalten wird, da ansonsten ihre Verbundenheit gefährdet ist.59 Die Familie sollte für jeden Einzelnen als „System mit enthemmter Kommunikation“ gelten, da es keinerlei Hindernisse gibt, die der Kommunikation im Wege stehen sollten. Auf der Ebene der Interaktion findet in der Familie eine Umkehr der Beweislast statt. Wenn jemand etwas verschweigt. Das heißt, es muss nicht erklärt werden, wieso man etwas wissen will (wie dies in anderen Systemen der Fall ist), vielmehr soll der Befragte erklären, wieso er etwas verschweigen will.60 Da das System also keine Kommunikation ausschließen kann und auf jede Kommunikation reagieren muss, wird Kommunikation „wehrlos und irritierbar“.59 Hinzu kommt, dass die Familie und auch die Ehe darauf angewiesen ist, dass immer wieder Neues erfahren muss, da die Neuigkeiten zur Fortsetzung der Kommunikation unbedingt erforderlich sind. Ohne sie ist entweder die Ehe gefährdet und damit auch die Familie in jedem Fall oder aber die Familie insgesamt. Da aber, wie oben bereits gezeigt, in der Familie grundsätzlich alles Kommunikation sein kann, legt sich diese „Übertreibung und Verdichtung“ von Kommunikation wie ein Netz über die Familie und sichert ihre Stabilität.59 Die allumfassende intime Kommunikation ermöglicht zudem die Sozialisation der Kinder. Die Sozialisation in der Familie hat im Gegensatz zu anderen Systemen den Vorteil, das Kinder mit bekannten Personen „konfrontiert“ werden und die Last der Erwartung dadurch reduziert wird.59 Die Kommunikation zur Sozialisation ist zudem fast ausschließlich an Einzelpersonen, für gewöhnlich an ein Kind, adressiert. Dies könnte problematisch werden, wenn das Kind das einzige Kind ist, da es keinen Vergleich der eigenen Sozialisation durch die Eltern mit der Sozialisation von Gleichaltrigen hat, die Möglichkeit besteht, dass es „zu artig oder zu unartig“59 wird. So und so ähnlich wird die intime Kommunikation aus der Sicht des systemischen Denkens gesehen. Hingegen kann durch das Recht auf Privatsphäre, auch innerhalb einer Familie, der Zwang der Kommunikation auch außer Kraft gesetzt werden. Diese eindeutige Definition der Kommunikation innerhalb einer Familie, zeigt jedoch unzweifelhaft, wie wichtig eine ausgeglichene und ehrliche Kommunikation in einer Familie sein kann und wie schnell durch eine falsche oder lückenhafte Kommunikation Probleme, Missverständnisse und Konflikte entstehen können Um sich vor Angriffen und Verletzungen zu schützen, öffnen sich Menschen generell eher selten (vgl Abb. 4) und nur ganz bestimmten, ausgewählten Personen (vgl Tab. 4). Auch heute werden im Alltag in der Öffentlichkeit bestimmte Themen wie Geld, private und gesundheitliche Probleme eher selten offen besprochen.

58

(Baraldi 1997: 57)

59

(vgl. Luhmann 1988: 83)

60

(vgl. Kieserling 1994: 24)

* Deutschland; ab 18 Jahren; 22.358 Befragte; TNS Infratest Sozialforschung DIW Berlin; erstes Halbjahr 2006

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Tab. 4: Antwort auf die Frage: „Wer kann / darf Ihnen (am ehesten) auch mal unangenehme Wahrheiten sagen?“*:

61 , 80%

e he p ar t ne r , Pa r t ne r

10, 10 %

Mu t t e r

6, 20 %

T o cht e r

3, 30%

S o hn

3, 20%

S chw e s t e r

1, 60%

A r b e it s kolle ge n

1,40%

V at e r

1, 30 %

B r u de r

1 , 20%

E he malige r ( E he - ) Par t ne r

1, 10 %

P e r s o ne n au s Fr e ize it

1, 00 %

P e r s o ne n au s A u s b ildu ng

0, 70%

Nachb ar n

0, 4 0 %

V o r ge s e t zt e

0, 4 0 %

Tant e , N icht e

0, 20%

S chw ie ge r vat e r

0, 20 %

S t ie fvat e r od e r pfle ge m u tt er

0, 20 %

B e zah lt e r H e lf e r

0, 1 0 %

S t ie fm u t t e r ode r Pfle ge mut t er

0, 1 0 %

G r o SSmu t t e r

0, 1 0 %

e nke l

0, 10 %

S chw ie ge r m u t t e r

0, 10 %

Onke l, N eff e

0%

Gr o SSvat e r

0, 50 %

and e r e w e ibliche v e r wa ndt e

0, 20 %

and e r e m ä ae nn liche v e r wa n dt e

4, 80 %

and e r e P e r s o ne n( e n)

* Deutschland; ab 18 Jahren; 22.358 Befragte; TNS Infratest Sozialforschung DIW Berlin; erstes Halbjahr 2006

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Kommunikation im System Kommunikation ist die wichtigste Verbindung zwischen den Komponenten sozialer Systeme, diese wird fachspezifisch in zwei Ordnungen unterteilt: – Kommunikation über Inhalte (1. Ordnung) – Kommunikation über Kommunikation (2. Ordnung) In der systemischen Psychologie werden in Bezug auf die Bedeutung von Kommunikation und Handlung folgende Konzepte verfolgt: – die Bedeutung des Inhaltes ist oft wichtiger als der Inhalt selbst – der gleiche Inhalt kann völlig unterschiedliche Bedeutungen haben, abhängig von Absender, Kontext und Empfänger

Rückkopplungsprozess in einer Familie In einem Familiensystem gibt es positive und negative Rückkopplungsprozesse. Bei der positiven Rückkopplung bedingt sich das Verhalten der Interaktionspartner wechselseitig, es entstehen zwischenmenschliche Konflikte und durch das „Aufschaukeln“ von Problemen und Streitgesprächen entwickelt sich ein Teufelskreis, mit der Tendenz zur Eskalation. Bei der negativen Rückkopplung tragen die Interaktionspartner dazu bei, dass sich eine Deeskalationsdynamik etablieren kann, dieser wird auch „Engelskreis“ genannt. Hierbei ist Feedback eng mit der zirkulären Kausalitätsannahme verknüpft und harmonische Paarbeziehungen oder ein Familienleben mit respektvollem und einfühlsamem Umgang sind möglich. Somit zielen negative Rückkopplungsprozesse auf die Stabilität einer Beziehung, positive Rückkopplungsprozesse hingegen ermöglichen und zielen auf Veränderungen des Ist-Zustandes. So führen positive Rückkopplungsprozesse zu Ungleichgewichtszuständen, negative zu Rigidisierung. Ein Gleichgewicht beider Prozesse ist für das „homöostatische Plaetau“, das harmonische Wechselspiel zwischen Gleichgewicht und Ungleichgewicht, erforderlich.

Anpassungsfähigkeit und Grenzen Die Familiensystemtheorie beschreibt vielfältige Formen von familiären Selbstorganisationsund Rückkopplungsprozessen. Familiensysteme sind meist sehr anpassungsfähig im Hinblick auf Veränderungen, die die Familie betreffen. Anpassung bedeutet hier, dass das Familiensystem flexibel ist und sich wandelt, statt zu brechen. In der Familientherapie besteht die Besonderheit, die verschiedenen Beziehungskonstellationen der Familienmitglieder und das Funktionieren der Familie als Ganzes in den Blick zu nehmen.

!

Das hat zur Konsequenz, dass Probleme eines Familienmitglieds (z. B. Bettnässer, Alkoholproblem, Essstörung) nicht mehr als individuelles sondern als Familienproblem verstanden und bearbeitet werden.

Eine Auffälligkeit gilt als Zeichen einer Problematik in der Familie. Die Realitätswahrnehmung ist zudem mit den Komponenten der Beziehung, Wechselwirkung und Rückkopplung verbunden. Die Individuen befinden sich in ständiger Beeinflussung durch andere, das System ist in ständiger Bewegung und balanciert zwischen positiver und negativer Rückkopplung, dem Gleichgewicht zwischen Eskalation und Ausgleich, der sogenannte Problemlösungsprozess. Hierbei gilt: »Man kann nicht beobachten ohne zu beeinflussen und beeinflusst zu werden, man ist immer Teil des Systems.«

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Ein System charakterisiert sich durch seine Grenzen und Koalitionen. Systeme grenzen sich von ihrer Umgebung und von anderen Systemen ab. Die Flexibilität und Durchlässigkeit dieser Grenzen ist stark unterschiedlich. Da auch eine Familie aus Untersystemen besteht sind die Grenzen oftmals Binnengrenzen und es bilden sich Koalitionen innerhalb des Systems (z. B. zwischen den Familienmitgliedern). Das Konzept von Ordnung und Chaos herrscht in einem System, wie in dem der Familiensystem, vor. Ordnungs- und Kontrollparameter strukturieren das System wie in anderen bekannten Systemen auch: in der Natur gibt es beispielsweise Gesetze, Regeln und kognitive Strukturen, die ein System stabilisieren und Verhaltensweise festlegen. Ein auftretendes Chaos in der vorherrschenden Ordnung gilt als System-Verstörung und liefert gleichzeitig die Chance einer Neustrukturierung mit sich, um sich im Endeffekt zu einer neuen, alternativen oder der alten Ordnung zu regulieren. Systeme reagieren auf Chaos oder Probleme basierend auf gemachten Erfahrungen. Durch Erfahrungen wurden Regeln und Gesetze für ein System festgelegt, um auf ein weiteres Chaos rechtzeitig reagieren oder dies frühzeitig umgehen zu können. Auch ein System ist im stetigen Lernprozess, um sich rechtzeitig zu schützen: Somit bilden Erfahrungen und Regeln das Immunsystem eines Familiensystems. Doch auch langlebige Systeme können auf unbekannte Einflüsse und Probleme, zum Beispiel von außen, selten nicht vorrausschauend reagieren. So ist es möglich, dass Systeme aus dem Gleichgewicht geraten und sogar zerstört werden können.

Rollen im System Nun von den verschiedenen Kompetenzen eines Familiensystems noch einmal rückwirkend zu den verschieden Rollen in einem Familiensystem: Die Form, in der Rollen in einer bestimmten Person vorhanden sind, ist Zufall61. Das Prinzip, das innerhalb eines Funktionssystems nur die Rolle des Individuums innerhalb dieses System von Interesse ist, gilt in allen Funktionssystemen der Gesellschaft, nur nicht in der Familie. In der Familie ist das Gesamtverhalten der Individuen existentiell wichtig, denn sowohl familieninternes als auch familienexternes Verhalten (in anderen Funktionssystemen) werden einer Person zugerechnet. »Die Familiensystematik rückt die Familie als Ganzes in den Mittelpunkt der Betrachtung („Eine Familie ist mehr als die Summe ihrer Mitglieder.“).«62

Das Besondere an der Familie ist jedoch der „re-entry“-Gedanke63; das bedeutet, dass die Familie die Möglichkeit hat, alles Externe, alles was außerhalb ihrer Grenzen geschieht, zu behandeln und ihre Strukturen anzupassen, ohne die Grenze aufzuheben. Nur innerhalb von Familien wird die Vollperson64 integriert. Die Familie verfügt damit über ein sehr hohes Maß an Personenorientierung65 und erfüllt dadurch eine sehr spezifische Funktion, die in keinem anderen Bereich der funktional differenzierten Gesellschaft vorhanden ist. Denn nur in Familien werden die teilnehmenden Menschen ausschließlich als Personen behandelt ( – Illustration Nr. 24; auf der rechten Seite – ). Indirekt besteht also eine Beeinflussung des Systems Familie durch die Umwelt. Die Familie ist von Ereignissen in ihrer Umwelt betroffen. Für das Sozialsystem Familie bedeutet dies, dass es durch die Umwelt irritiert wer-

61

(vgl. Kieserling 1994: 21)

62 Zitat: „Familienpsychologie | Kompakt“, Jungbauer, Beltz PVU Verlag, 1. Auflage 2009, Seite 10 63

„Die Familie ist eine Form, die durch die Person in sich selbst wiedereintritt“. Quelle: Luhmann (nach Baraldi 1997: 56)

64 Vollpersonen sind, so Kieserling, vollständig sozial konstituierte Einheiten. Sie sind nicht als allein psychische Syste me zu verstehen. Die Einheit der Person, so Kieserling, ist keine operative Einheit sondern die Form des psychischen Systems, das an Kommunikation strukturell gekoppelt ist. (Kieserling 1994: 19) 65 André Kieserling verdeutlicht dies an einem Beispiel: In Supermärkten werden Süßigkeiten häufig berechnend plat ziert. Der Betreiber erhofft sich, daraus einen sichtbaren Interaktionskonflikt zwischen Eltern und Kind zu provozie ren. Dieser soll dazu führen, dass das Kind sich unter dem Umstand der Öffentlichkeit gegenüber den Eltern durchsetzen kann.

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den kann66 und darauf durch die Bildung neuer Strukturen reagieren kann. Zu betonen ist hierbei, dass die Familie zwar ein geschlossenes System ist, sie aber gleichzeitig nie von der Gesellschaft ausgeschlossen ist. Die Familie ist eine der ältesten Institutionen und der Ursprung der Gesellschaft. Eine weitere Besonderheit des Systems Familie besteht darin, dass die Teilnahme an diesem System nicht zugleich einen Zwang zur Teilnahme an der Gesellschaft ist. Hervorzuheben ist außerdem, dass die Nichtteilnahme am System Familie nicht zum Ausschluss aus anderen Systemen führt. Zwar ist, wie bereits oben gesagt, jedes Individuum Teil einer Familie, jedoch besteht die Möglichkeit sich zu entscheiden, nicht an der Familie teilzunehmen67. Diese Möglichkeit besteht bei anderen Funktionssystemen meistens nicht, eine Nichtteilnahme am System führt zwangsläufig zum Ausschluss aus anderen Funktionssystemen und letztendlich zum Ausschluss aus dem übergeordneten System der Gesellschaft. Es ist anzumerken, dass die Nichtteilnahme am System Familie, welches beispielsweise das System Erziehung impliziert, eine Teilnahme am übergeordneten System Gesellschaft erheblich erschwert.

Offene und geschlossene Familiensysteme Die „Offenheit“ und „Geschlossenheit“ einer Familie ist Familientyp-abhängig. Es gibt offene und geschlossene Familiensysteme. Die Grenzen von Familien und deren Subsystemen können unterschiedlich durchlässig sein. Es wird zwischen folgenden Systematiken68 differenziert: - mehr oder weniger offene Familiensysteme - relativ geschlossene Familiensysteme: diese haben rigide, unnachgiebige Grenzen Geschlossene Familiensysteme lassen sich durch äußerliche Merkmale charakterisieren: es gibt beispielsweise selten Besuch, familiäre Veränderungen werden misstrauisch beäugt und es gibt Tabuthemen, über welche mit Außenstehenden nicht gesprochen wird. Hingegen sind die Merkmale eines eher offenen Familiensystems gekennzeichnet durch: relativ offenes, durchschaubares Familienleben bezeihungsweise Familienkonstellationen. Diese haben zwar ebenfalls Grenzen, doch diese sind wesentlich durchlässiger. Außerdem ist ein häufigerer Besuchskontakte zu beobachten, die Familie ist durch Spontanität und gemeinsame Unternehmungen (auch mit anderen Familien) definiert. Aber auch hier gibt es Grenzen. Diese werden jedoch von allen Mitgliedern als wichtig und sinnvoll angesehen und dienen beispielsweise allen als Orientierung und Schutzfunktion im Familiensystem. Jedoch können zu vage und schlecht definierte Grenzen leicht negative Auswirkungen für einzelne oder sogar für alle Familienmitglieder haben. Ein Beispiel wäre ein Vater mit einer chronischen Krankheit: hier wird verschwimmt die Grenze zwischen Eltern- und Kindsystem. Dies kann dazu führen, dass der Sohn die Rolle und Verantwortlichkeit des Vaters – also eines erwachsenen Elternteils – übernimmt. Somit kann das Gleichgewicht innerhalb des Systems gestört werden.

Zielorientierte Familie Familien richten ihr gemeinschaftliches Leben nach Zielsetzungen aus, hierbei gibt es wiederum zwei verschiedene Orientierungen. Familien können explizite – d. h. nach innen und außen klar definierte und angestrebte – Ziele haben. Familien können aber auch Ziele haben, die den Familienmitgliedern nicht unmittelbar bewusst sind. Je nachdem in welchen Lebensumständen und Lebensphase eine Familie ist, rücken unterschiedliche Ziele in den Vordergrund.

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(genauer: „Die Kommunikation [des Systems Familie, d.A.] lässt sich von allem irritieren, was die psychischen Systeme der Partner10 betrifft“, Baraldi 1997: 57)

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Dies ist ein genannter, aber bei Luhmann nicht erläuterter Grenzfall. Damit ist möglicherweise gemeint, das die Möglichkeit besteht, sich vollständig zu isolieren (Einsiedlertum).

68 Zitat: „Familienpsychologie | Kompakt“, Jungbauer, Beltz PVU Verlag, 1. Auflage 2009, Seite 12

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Die Koordination der Ziele und der unterschiedlichen Erwartungen an Ziele erfordert im Familienalltag oft eine komplizierte Logistik und ein flexibles Management.

Ein Beispiel hierfür wäre die Balance zwischen elterlicher Verantwortlichkeit und zunehmenden Autonomie der Kinder bei der Erziehung: Einerseits die Regelung zwischen der entstehenden und verlangten Selbstständigkeit der heranwachsenden Kindern (deren Freiräume) und andererseit der immer noch bestehenden Verantwortung der Eltern.

Regelhaftigkeit in einer Familie Hier ist eine klare Regelhaftigkeit69 im Familiensystemen hilfreich, vergleichbar mit Regeln und Gesetzen in anderen Systemen. Strukturen von Verhalten, Kommunikation und der Rollenverteilung können mithilfe von expliziten Familienregeln definiert werden. Familienregeln können in Form von offenen und mit allen Familienmitgliedern besprochenen Regeln gekennzeichnet sein, wie zum Beispiel Ort und Zeit gemeinsamer Mahlzeiten, Familienrituale oder vereinbarte Konsequenzen bei Regelverstößen. Hingegen können diese Familienregeln aber auch implizite Regeln sein, die unausgesprochen und den Familienmitgliedern häufig gar nicht bewusst sind. Diese bestimmen aber oft im gleichen Maß wie die offenen Familienregeln die Abläufe im Familienalltag. Egal wie diese Regeln aufgenommen, umgesetzt und in einer Familie angewandt werden, Regeln sind wichtig für den Erhalt des Systems und zur Gewährleistung einer zielorientierten Familienstruktur und eines gemeinsamen Alltags. Wie jedes System ist auch eine Familie auf Strukturen, festgelegtes Rollenverhalten und klar formulierte Regeln angewiesen.

Zirkuläre Kausalität Die Familiensystemtheorie beinhaltet einen Wechsel der generellen Denkweise70, es wird nicht länger von einer linearen sondern von einer zirkulären Auffassung von Kausalität ausgegangen. Hier bedeuteten zirkuläre Kausalität, dass der Kommunikationsprozess in der Familie im Mittelpunkt des Interesses steht. Darüber hinaus werden Familienprozesse als multifaktoriell bedingte, interaktionelle Phänomene begreifbar. Bei der linearen Kausalität geht man davon aus, dass sich eine Person in einer bestimmten Art und Weise verhält. Dies basiert meist darauf, dass ihr zuvor eine andere Person oder Situation einen Grund zu einem bestimmten Verhalten gegeben hat.

Hingegen berücksichtigt der Grundgedanke der zirkulären Kausalität, dass sich die Verhaltensweisen von Interaktionspartnern wechselseitig bedingen. Dabei ist das Verhalten der einzelnen Interaktionspartner sowohl Ursache als auch Auswirkung eines Prozesses und Verhaltens. Dies rückt den Kommunikationsprozess in den Mittelpunkt des Interesses. Das bedeutet weiter, dass es für ein bestimmtes Problem nicht nur eine einzelne Ursache sowie einen Ursprung gibt.

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Man muss das komplexe Zusammenwirken verschiedener Einflüsse berücksichtigen. ( – Illustration Nr. 25; auf der folgenden Seite – )

69 Zitat: „Familienpsychologie | Kompakt“, Jungbauer, Beltz PVU Verlag, 1. Auflage 2009, Seite 12f. 70 Zitat: „Familienpsychologie | Kompakt“, Jungbauer, Beltz PVU Verlag, 1. Auflage 2009, Seite 13

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Selbstorganisation in Familie Die im vorherigen Kapitel erwähnten Rückkopplungs- und Wechselwirkungsprozesse sind im Rahmen der kybernetischen Systemtheorie (Selbstregulierung, „die Kunst des Steuerns“)71 ein zentraler Bedeutung. Der Grundgedanke ist, dass sich Systeme selbst regulieren. Das setzt voraus, dass durch Rückmeldekreise eine definierter Zielzustand erreicht wird. Bildlich: „Die gewünschte Raumtemperatur wird auf dem Thermostat eingestellt“76. So beschreibt der „Soll-Wert“ das Ziel, die im Thermostat eingestellte Idealtemperatur, und der „Ist-Wert“ beschreibt den Impuls, wenn die tatsächliche Temperatur diesem Idealzustand nicht entspricht. Hinsichtlich der Regelkreise kann dieses Prinzip auch auf das System der Familie übertragen werden.

»Als Homöostase bezeichnet man die Aufrechterhaltung und Ausbalancierung eines Gleichgewichtszustands. Homöostase wird durch negative Rückkopplungsprozesse hergestellt.«72

Jede Familie bewegt sich in eingespielten Handlungsabläufen mit Regeln und Zielen. Durch negative Rückkopplung wird ein Gleichgewicht des Familiensystems gesucht und erreicht. Voraussetzung dafür ist, dass viele Regeln und Ziele im Laufe der Zeit und bei sich wandelnden Umweltverhältnissen immer wieder angepasst werden. Daraus resultiert eine stabilisierende Wirkung des vorhandenen Systems. Stabilität ist vorwiegend in Familien zu finden, die sich flexibel an sich verändernde Gegebenheiten und Bedingungen anpassen. Heute scheinen oder sind zum Teil viele Gegebenheiten und Bedingungen von außen raumund tiefgreifender, wobei, die „richtigen“ Regeln und Umgangsformen mit diesen neueren Aspekten (wie beispielsweise Arbeitslosigkeit, Emanzipation, neue Familienmitglieder) noch unklar sind. Dies ist zurückzuführen auf einen Mangel an Erfahrung und Unterstützung von außen. Grundsätzlich sind Familiensysteme sehr anpassungsfähig. Familien zerbrechen durch Veränderungen selten, meist findet ein Wandel oder eine Anpassung statt. Die Anpassungsfähigkeit wird als Fähigkeit zur Selbstorganisation beschrieben.

Wandel der Selbstorganisation Da sich Familiensysteme im Laufe der Zeit ständig verändern und entwickeln, wird der Wandel und die Selbstorganisation in zwei Ordnungen unterschieden (qualitativ unterschiedliche Arten). Wandel erster Ordnung: – Konstellationen und Abläufe in einer Familie ändern sich – das System Familie als Ganzes bleibt unverändert Wandel zweiter Ordnung: – es gibt Veränderungen, durch die sich das System selbst ändert – Rollenverhältnis sowie Kommunikationsregeln haben sich geändert

Betrachtungsebenen Ein Familiensystem besteht aus unterschiedlichen Betrachtungsebenen, welche inhaltlich miteinander verflochten sein können und es auch meisten sind. Zu betrachten sind das Individuum, die Beziehungen zwischen den einzelnen Individuen sowie deren Bindungsbzw. Beziehungsverhältnisse. Außerdem wären da noch die einzelnen Kleingruppen, die sogenannten Subsysteme, beispielsweise Geschwisterbeziehungen und Paarbeziehungen, zu betrachten und wiederum Interaktionen und Zusammenhänge von Kleingruppen und Individuen. Außerdem ist das Familiensystem an sich ein Geflecht aus weiteren Systemen, den sogenannten Großgruppen. Hierbei gibt es abermals die Interaktion und Beziehung zwischen den Großgruppen und die der Individuen bzw. Kleingruppen mit den Großgruppen.

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Quelle 06. April 2013: http://de.wikipedia.org/wiki/Kybernetik

72 Zitat: „Familienpsychologie | Kompakt“, Jungbauer, Beltz PVU Verlag, 1. Auflage 2009, Seite 13

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Jede Betrachtungsebene ist wichtig, um einen oder mehrere Ursprünge einer Irritation des Systems auszuschließen oder ausfindig zu machen. Außerdem ist festzuhalten, dass jede Beziehung und jede genannte Ebene neben Problemen auch Ressourcen birgt.

Der Einzelne im System Aus psychologischer Sicht ist jedoch nicht nur das Ganze als System zu sehen, nicht nur welche gemeinsamen Regeln, Vorstellungen und Erwartungshaltungen (Familienmythen) in einer Familie existieren. Wichtig ist auch, wie die einzelnen Familienmitglieder sich selbst in dieses Bild einordnen, einbringen und verwirklichen können. Es gibt nicht nur die eine Familienrealität, wichtig ist auch die Wahrnehmung und Bewertung eines Familienmitglieds in Bezug auf die kollektive Familienrealität und inwiefern das eine vom anderen abweicht. Die individuellen Einschätzungen der Familienmitglieder sind ein wichtiger Teil des Ganzen, sozusagen als interne Erfahrungsmodelle. Familienmitglieder sollten nicht nur Elemente eines Familiensystems sondern bzw. vor allem autonom denken und handelnde Subjekte sein. Wichtig für jedes Mitglied ist beispielsweise seine individuelle Sichtweise, Motive und Verhaltensmuster.

Der Beitrag des Konstruktivismus Der Psychologe Schulz von Thun73 entwickelte in diesem systemischen Zusammenhang ein Kommunikationsmodell, welches die Konstruktionen der Wirklichkeit näher untersucht: den Konstruktivismus. Der Konstruktivismus nimmt nicht an, dass es eine objektive und allgemeingültige Realität gibt, als dass er vielmehr besagt, dass der Begriff der Wirklichkeit ein Produkt des persönlichen Schaffens ist. Somit gibt es so viele subjektive Wirklichkeiten wie Subjekte.

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Auf die Familie bezogen bedeutet das: Es gibt so viele Wirklichkeiten, wie Familienmitglieder involviert sind.

Der Alltag eines Systems ist voller individueller und sozialer Konstruktionen (z. B. Geschlechterrollen, Persönlichkeitsmerkmale). Der Konstruktivismus hat eine wichtige Grundlage zur modernen Familiensystemtheorie beigetragen, vor allem die Auffassung, dass die Familienrealität nicht „objektiv“ existiert, sondern subjektiv von den Familienmitgliedern gemeinsam konstruiert bzw. reproduziert wird. Die konstruktivistischen Konzepte spielen heute in familienpsychologischen Praxisfeldern, wie z. B. der systematischen Beratung, eine sehr wichtige Rolle. Konstruktivistische Konzepte werden als Teil der Systemtheorie betrachtet, was nicht immer stimmt mag, obwohl es teilweise gemeinsame Grundpositionen gibt. Der Konstruktivismus stammt ursprünglich aus der Philosophie und steht für eine bestimmte erkenntnistheoretische Position bezüglich der zentrale Fragen: „Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“

Die Antwort des Kommunikationspsychologe Paul Watzlawick74 ist sehr bezeichnend: „Das was wir für Wirklichkeit halten, ist nichts anderes als eine subjektives Konstrukt! Jeder Mensch konstruiert sich seine eigene subjektive Realität – die sich durchaus von der subjektiven Realität anderer Personen unterscheiden kann.“79

So müssen bestimmte Ansichten, Situationen und Probleme von den verschiedenen Seiten betrachtet werden.

73 Quelle 06. April 2013: http://www.schulz-von-thun.de/ & http://de.wikipedia.org/wiki/Friede mann_Schulz_von_Thun: „Friedemann Schulz von Thun (* 6. August 1944 in Soltau) ist ein deut scher Psychologe und Kommunikationswissenschaftler sowie Gründer des „Schulz von Thun- Instituts für Kommunikation“. 74

Quelle 06. April 2013: http://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Watzlawick: „Paul Watzlawick (* 25. Juli 1921 in Villach, Kärnten; † 31. März 2007 in Palo Alto, Kalifornien) war ein österreichischer Kommunikationswissenschaftler, Psychotherapeut, Soziologe, Philosoph und Autor.“

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Situationen und Personen können von unterschiedlichen Betrachtern (zum Beispiel Familienmitgliedern) ganz unterschiedlich wahrgenommen werden. ( – Illustration Nr. 26; auf der rechten Seite – ) Für die Konstruktion von Realität sind auch kollektive Prozesse bedeutsam. Mithilfe der Kommunikation mit anderen Menschen (das so genannte „soziale Referenzsystem“) werden zum Beispiel Wirklichkeitskonstruktionen überprüft, ausgetauscht, rekonstruiert und reproduziert. So kann folglich die Realität, im Sinn des Konstruktivismus, auch als kollektive Sicht der Wirklichkeit aufgefasst werden und von unterschiedlichen Personen als „die Realität bzw. Wirklichkeit“ akzeptiert werden.

»Der Grundgedanke des Konstruktivismus besagt, dass Realität nicht objektiv gegeben ist, sondern von erkennenden Subjekten subjektiv hergestellt, also „konstruiert“ wird.«75

In dieser Hinsicht ist der schon einmal im Zusammenhang mit den systemtheoretischen Grundlagen gefallene Begriff der Autopoeisis76, gleichzeitig ein sehr zentraler und wichtiger Begriff im Konstruktivismus. Der Soziologe Nikolas Luhmann77 beschreibt Autopoeisis als „strukturierende Selbstorganisation selbstreferenzieller Systeme“. Das bedeutet, dass „eine Person (als ‚personales System’) ihre Identität durch ein Netzwerk von Handlungen, Interaktionen, Beziehungen und deren Deutung selbst konstruiert.“78 Schlussfolgernd bedeutet das, dass Familienrealitäten weder im objektiven Zustand noch dass die objektive Wahrnehmung vorhanden ist. Einerseits konstruieren die einzelnen Mitglieder ihre eigene subjektive Sicht der Familiensituation und ihrer Beziehungen und andererseits gibt es in der Regel eine gemeinsame, von allen Mitgliedern weitgehend akzeptierte Familienrealität. Durch die Kommunikation im Kollektiv produziert bzw. reproduziert die Familie ständig eine gemeinsam akzeptierte Realität, welche ebenfalls ein „soziales Konstrukt“ ist und somit hat die gemeinsame, produzierte Familienrealität wechselwirkend einen nachhaltigen Einfluss auf das Erleben und Verhalten der einzelnen Mitglieder. Aber auch umgekehrt gilt: wenn sich diese kollektiv konstruierte Familienrealität verändert, verändert sich sehr wahrscheinlich auch die Wahrnehmung und das Verhalten der jedes einzelnen Mitglieder. Somit ist als Außenstehender wichtig zu wissen, dass eine nahezu objektive Sicht auf eine familiäre Wirklichkeit fast unmöglich scheint. Der Betrachter muss sich deutlich machen, dass die Sicht eines Familienmitglieds beispielsweise (wie die eines Klienten mit einer Problematik) eine subjektive Wirklichkeitskonstruktion ist. Diese Sichtweise muss man als außenstehender Betrachter (in Form eines Therapeuten, Bekannten oder Freundes) zu verstehen und zu akzeptieren versuchen. Wichtig ist dem „Klienten“ sollten nicht alternative Sichtweisen auf gezwungen werden, da die Motivation zur Veränderung des Ist-Zustandes von dem Involvierten selbst kommen sollte. Die richtige Vorgehensweise wären Unterstützungs- und Hilfeangebote. Vielleicht in Form von Lösungsvorschlägen und Interventionsmaßnahmen, die nützlich sein können. Außerdem wäre es möglich, Sichtweise und Wahrnehmung kritisch zu hinterfragen. Nicht grundlos gehen psychische Störungen oft mit körperlichen oder anderen physischen Problemen einher. Sowohl Krankheiten als auch psychische Störunen können verschiedene Ursprünge haben.

75 Zitat: „Familienpsychologie | Kompakt“, Jungbauer, Beltz PVU Verlag, 1. Auflage 2009, Seite 16f 76

= (griechischen) Selbst-Erschaffung; Quelle 06. April 2013: http://de.wikipedia.org/wiki/Autopoiesis „Autopoiesis oder Autopoiese (altgriech. „selbst“ und „schaffen, bauen“) ist der Prozess der Selbsterschaffung und -erhaltung eines Systems.“

77 „Niklas Luhmann (* 8. Dezember 1927 in Lüneburg; † 6. November 1998 in Oerlinghausen) war ein deutscher Soziologe und Gesellschaftstheoretiker. Als einer der Begründer der soziologischen Systemtheorie zählt Luhmann zu den her ausragenden Klassikern der Sozialwissenschaften im 20. Jahrhundert.“ Quelle vom 12. Mai 2013: http://de.wikipedia.org/wiki/Niklas_Luhmann 78 Zitat eines PDF der Uni-Münster vom 12. Mai 2013: http://www.uni-muenster.de/Sozialisationsforschung/sozialisati on_pdf/Einfuehrung.pdf

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Sensiblen Antennen »In diesem Komplex der Familie sind die Kinder die sensiblen Antennen und gleichzeitig geben Kinder die Zeichen einer Misslage. Oft ist eine Erkrankung, Verhaltensauffälligkeit oder Störung ein Schutzverhalten der Kleinen. Grund ist der Erhalt ihrer Familie und die Stabilität ihrer Versorger.« *

Über psychische Störungen wird viel geschwiegen. In der Gesellschaft gelten psychische Störungen als Schwäche, ihre Tabuisierung schafft Grenzen. Unwissenheit fördert ein negatives Zusammenleben. Personen, die unter psychischen Störungen leiden, werden häufiger stigmatisiert als körperliche kranke Menschen. Und gerade, wenn es um die Gesundheit und die Lebensqualität der Kinder geht ist die Sorge um so größer. Das Wohlergehen der eigenen Kinder sollte geschätzt und beachtet werden ( – Illustration Nr. 27; auf der linken Seite – ). Obwohl die Behandlung psychischer Störungen positive Veränderungen hervorruft, hat das Stigma, das mit einer psychischen Erkrankung einhergeht, einen negativen Einfluss auf die Lebensqualität. Vorurteile kommen durch Wissensdefizite. Die folgend Kapitel im kleinen Exkurs bieten Aufklärung über die Verteilung, Symptome und Erklärungsansätze von psychischen Störungen.

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Transparenz schafft Verständnis.

Mehr als 33% der deutschen Bevölkerung leiden unter einer psychischen Störung, nur etwa 36% davon haben einer groben adäquaten Intervention erhalten, das heißt nur ein drittel dieser 33%, den Schritt zum Arzt und sich auf Hilfsuche gemacht hat. Jedoch lassen sich nur 10%, das sind 3 von 33 aller Betroffenen, länger und regelmäßig behandeln. Das ist viel zu wenig. Angesichts der Tatsache, dass mehr als 90% aller Suizide mit psychischen Erkrankungen assoziiert sind. Heute gibt es gute Heilungschancen und professionelle Ärzte, die bei psychischen Störungen unterstützend wirken können. Eine Störung heißt nicht zwangsläufig, dass Betroffene damit leben müssen. Außerdem ist auffällig, dass in der heutigen Zeit auch immer mehr Kinder „erwachsenen“ Störungen bekommen und aufweisen. Dabei sind starke Kinder entscheidend für die Zukunftsfähigkeit jeder Gesellschaft. Leider ist der allgemeine Wohlstand eines Landes keineswegs ein zuverlässiger Indikator für das Wohlbefinden von Kindern. Gerade in reichen Ländern wie der Bundesrepublik stehen Kinder vor großen Herausforderungen: Sie müssen mit einer komplexen Welt zurecht kommen, einer Gesellschaft, die geprägt ist von Unsicherheit, Mobilität, Zeitknappheit und Vereinsamung. Der Alltag der Kinder wandelt sich durch fragile Familienstrukturen, neue Erziehungswerte und Erziehungsziele, Umbrüche im Bildungssystem und einer Flut von Ablenkungsmöglichkeiten, Medien und neuen Freizeitangeboten. ( – Illustrationserie Nr. 28; auf den folgenden Seiten – )

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Misslagen und ihre Zeichen Zitat von der österreichisch-britische Psychoanalytikerin Anna Freud, die Tochter von Sigmund Freuds: »Eine psychische Auffälligkeit wird dann zur Krankheit, wenn sie die alterstypische Entwicklung eines Kindes bedroht.«

Meist liegen die Wurzeln eines Problems viel tiefer und sind weit verbreitet. Kern und Auswirkungsmerkmale stimmten in den meisten Fällen überhaupt nicht überein. Unterschiedliche Gegebenheiten und Situationen können einen leichte Verletzbarkeit oder Empfindlichkeit zu einer ausgeprägten Auffälligkeit verstärken. Somit hat eine psychische Störung oftmals genauso wenig wie die pysische Erkankung nicht da den Ursprung, wo es schmerzt oder zuckt. Eine psychische Störung ist nicht nur auf biologische oder genetische Gründe zurückzuführen. Meist entsteht sie aus dem Zusammenspiel verschiedener Faktoren.

Vulnerabilitäts-Stress-Modell Das Vulnerabilitäts-Stress-Modell zeigt, wie komplex der Aufbau einer psychischen Störung sein kann. Dieses gibt Aufschluss über die Verletzlichkeit eines Menschen und die damit zusammenhängende Anfälligkeit für psychische Erkrankungen. Das Modell, kann auch Diathese-Stress-Modell genannt werden, verbindet im Bezug auf Störungen biologische, psychologische und Umweltfaktoren miteinander. Vulnerabilität (aus dem Lateinischen „Vulnus“ mit „Wunde“ übersetzbar) beschreibt die generelle Anfälligkeit eines Menschen, für psychsiche Erkrankungen. Unter Diathese versteht man die Disposition für eine bestimmte Krankheit. Diese Disposition kann unter anderem genetisch (biologische Diathese) oder auch lerngeschichtlich (psycho-soziale Diathese) verursacht sein und wird als Tendenz eines Menschen verstanden, auf eine bestimmte Weise auf Belastungen zu reagieren. Unter belastenden Umweltereignisse oder Lebenssituationen versteht man Stressoren. Sind die Belastungen (Disposition und Stressoren) zu groß und erreichen einen kritischen Wert, kommt es zur Symptombildung bzw. zum Krankheitsausbruch. Dieser kritische Wert ist jedoch keine absolute Größe, er wird durch Risiko- und Schutzfaktoren (zum Beispiel durch soziale Unterstützung) beeinflusst. Bei erkrankten Menschen ist die Vulnerabilität erhöht. Auch wenn viele verschiedene Faktoren eine psychische Krankheit auslösen oder begünstigen können, kann das VulnerabilitätsStress-Modell helfen, die individuellen Grenzen zu beschreiben. Sowie jeder seine eigene Persönlichkeit und eigene Empfindungen hat, hat jeder Mensch seine eigenen persönlichen Grenzen, einen individuellen Belastbarkeits- und Schmerzrahmen. ( – Fotoserie Nr. 02; auf den folgenden Seiten – ) Bei einer entsprechenden Neigung kann das Zusammentreffen verschiedener Stressoren zum Auftreten einer Psychose oder anderen psychischen Auffälligkeiten führen. Menschen mit geringer Vulnerabilität werden erst bei hoher Stressintensität krank, Menschen mit hoher Vulnerabilität bereits bei niedriger. Bei psychisch erkrankten Menschen sollte die Vulnerabilität durch verschiedene therapeutische Maßnahmen verringert werden. Es gilt eine Art Schutz zu errichten, dies wird mithilfe von Medikamenten, Psychotherapie und psychosozialen Maßnahmen erreicht.

Auffälligkeiten bei Kindern Eine psychische Störung bei Kindern und Jugendlichen liegt vor, wenn das Verhalten und/ oder Erleben bei Berücksichtigung des Entwicklungsalters abnorm ist beziehungsweise zu einer Beeinträchtigung führt. Kinder sind das schwächste Glied im Netz von Familie und Gesellschaft, sie brauchen nicht nur besonderen Schutz, eine besondere Behandlung und Aufmerksamkeit gegenüber von Älteren, sie reagieren zudem viel sensibler und undifferenzierter auf Konflikte und Probleme. Außerdem ist ihre Aufmerksamkeit und Wahrnehmung der Realität nicht mit der eines Erwachsenen vergleichbar.

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Faktoren einer psychischen Krankheit (Bei Kindern) Neben dem sehr sensiblen Umgang von Kindern mit ihrer Umgebung und besonders mit ihren nächsten Menschen, ist ihre Aufmerksamkeit und ihr Bewusstsein sehr fein darauf justiert, dass ihre Versorger und ihr wichtigstes Netz funktionieren und harmonieren. Somit sind es meist Kinder, die als Erste Anzeichen für eine Misslage zeigen. Dabei ist eine Auffälligkeit zugleich das Zeichen für und die Reaktion auf eine Problematik. Sie reagieren, weil sie Angst haben, dass ihr stabilisierender und notwendiger Kreis in ihren Augen zu zerbrechen droht. Die Empfindlichkeit der Reaktionen auf die Vulnerabilität von Mitmenschen (Eltern und Geschwister) ist hierbei bei jedem Kind anders und meist aus abhängig von Gewohnheit oder Verarbeitung verschieden hoch oder niedrig. So kann ein Kind auf Streit zwischen den Eltern schon ängstlich reagieren, während ein anderes Kind erst bei stärkeren Probleme in der Familie auffällig reagiert.

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Die individuelle, manchmal auffällige Reaktion und Verhalten basiert meistens auf einen längeren Beobachtungs- und Entwicklungsprozess.

So sind weniger ein paar Streitigkeiten Ursache einer kindlichen Störung, sondern meist eine lang anhaltende, unruhige Stimmung zwischen einem Elternpaar, beispielsweise wenn es kurz vor der Scheidung steht. Auf Kinder kann man auch das Vulnerabilität-Stress-Modell anwenden. Ihnen kann man unterschiedliche biologische Risikofaktoren zuzuordnen. Bei einem Teil der im Kindes- und Jugendalter auftretenden Störungen sind genetische Faktoren bedeutsame Ursachen. Die konstitutionellen Bedingungen des Geschlechts und des Temperaments können wichtige Determinanten psychischer Störungen sein. Abweichende Hirnfunktionen sowie körperliche Krankheiten haben einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung psychischer Störungen. Man kann also nicht zum Therapeuten gehen und verlangen, dass dieser sein Kind “wieder gesund machen” soll, während alles andere seinen gewohnten Gang weitergeht. Zudem ist die Beeinflussung von psychosozialen Bedingungsfaktoren zu betrachten. Psychosoziale Faktoren nehmen den größten Raum in der Bedingung beim Entstehen von psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen ein. Individuelle Bedingungsfaktoren sind Vulnerabilität, Persönlichkeitsmerkmale, Erfahrungen, internalisierte Konflikte und fehl angepasste Bewältigungsprozesse. Die zahlreichen familiären Faktoren umschließen: Art der Erziehung, elterliche Einmischung und Überprotektivität, familiäre Disharmonie, Trennung und Verlusterfahrung, abweichende Elternschaft, Bindungsmängel, psychische Störungen bei Eltern, mangelnde Anregung, Familienzusammensetzung und sich wiederholende Erfahrungsdefizite im Sinne eines Generationenkreislaufs. ( – Illustration Nr. 02; auf Seite 144 – ) So sind Kinder in einer Familie besonders zu beachten, egal welches Alter sie haben: Denn die Empfindlichkeit bezüglich ihrer nächsten Mitmenschen und der Relevanz ihrer Sicherheit im persönlichen Leben zieht sich durch ihr weiteres Leben. Es kann auch sein, dass eine psychische Störung erst später im Leben ausbricht. Also besteht die Möglichkeit, dass ein Mensch bereits in der Kindheit eine vermehrte Anfälligkeit erfahren hat, aber erst später auftretende Stressoren (beispielsweise Konflikte in der eigenen Familie gepaart mit Überlastung im Berufsleben) diese dann zu einer psychischen Krankheit ausbrechen lassen. Psychische Störungen sind nur ein Zeichen einer Schieflage oder Schieflage des Systems. Diese bedeuten meist weniger, dass ein Mensch verrückt ist. Man sollte, wie bei einer normalen Grippe, auf die Anzeichen seines Körpers hören und dementsprechend reagieren. Nur so hat ein Mensch die Chance, sein Leben, und meist auch das seiner Mitmenschen, wieder lebenswerter und gesund zu gestalten. Seite

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E xkurs | Psychische Störungen Ein Kind ist auffällig in einer bestimmten Weise, isst nicht mehr oder verhält sich in der Schule auffällig laut und unkonzentriert. ADHS ist eine oft und sehr schnell verwendete „Bezeichnung“ für Kinder, wenn sie „anormal“ erscheinen. Psychische Störungen sind ein weites Feld, die Ursachen und Ursprünge für eine psychische Erkrankung sind so verschieden, wie die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens und die Behandlungsmethoden. Generell wird in diesem Bereich schon lange geforscht.

Eltern werden schnell unruhig, wenn ihre Kinder krank sind oder sich nicht normal verhalten. Dabei ist ein auffälliges Verhalten ist eher selten vererbbar oder ein Ausdruck von verrückt-sein. Es ist zumeist vielmehr ein Anzeichen dafür, dass irgendetwas ein Kind bedrückt oder dass es eine Unruhe und Disharmonie in der Familie oder seinem näheren Umfeld bemerkt. Das Unterbewusstsein des Kindes sendet indirekt Warnsignale: „Hier stimmt etwas nicht.“ Unbewusst lenkt das Kind die Aufmerksamkeit auf sich, weil es sich vernachlässigt fühlt (zum Beispiel gegenüber seinen Geschwistern) oder aus Angst um den Verlust seiner Versorger (zum Beispiel bei Konflikten zwischen den Eltern). Eine psychische Erkrankung kann viele Ursachen haben und muss nicht zwangsläufig in familiären Problemen verwurzelt sein. Das Vulnerabilität-Stress-Modell (Seite 138) zeigt, wie komplex der Aufbau einer psychischen Störung sein kann. Diese muss professionell untersucht und behandelt werden. Auf den folgenden Seiten des Exkurses werden ausgewählte psychische Krankheiten auf biologische und neurologische Ursachen hin kurz angerissen erläutert. Es soll verdeutlichen, wie verschieden die Gründe einer Störung sein können und einen groben Überblick liefern. Außerdem werden die Symptome der verschiedenen psychischen Störungen angedeutet beschrieben und illustrativ dargestellt ( – Illustration Nr. 20; beispielsweise auf der linken Seite – ): Jede Störung hat ihre eigenen Symptome und Folgen. Hilfe zu holen ist kein Zeichen von Schwäche oder dafür dass das eigene Kind verrückt ist. Jeder Mensch hat eine Grenze der Belastbarkeit und Verwundbarkeit, welche meist einen biologischen, genetischen oder neurologischen Ursprung hat. Somit können zusätzliche Belastungen oder ähnliches dafür sorgen, dass eine kritische Grenze überschritten wird und eine psychische Störung Alarmzeichen für die Überlastung des menschlichen Empfindens signalisiert. Auf der letzten Seite dieses kleinen Exkurses (Seite 189), sind mögliche Hilfe angegeben, falls der Leser sich selbst oder seine Familie, die Familie von Freunden oder Bekannten angesprochen fühlt. Außerdem gibt es Tipps um sich fundierter zu informieren. Dennoch ist nicht jede Krankheit oder Störung oberflächlich ersichtlich. ( – Illustration Nr. 31; auf der folgenden Seite – )

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Eine psychische Erkrankung heilt sich selten von selbst, professionelle Hilfe ist bei vielen Auffälligkeiten sinnvoll und kann einen effektiveren Heilungsprozess bewirken.

An einer psychischen Störung leidende Kinder werden zu psychisch gestörten Erwachsenen in Deutschland. Die gezeigten Statistiken basieren auf der Lebenszeitprävalenz (Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung im erwachsenen Leben) von 100 Männern oder Frauen) von Erwachsenen, da Statistiken für Kinder noch nicht vorhanden sind. Seite

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Verteilung in Deutschland 100 Frauen 100 Männer Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) Verteilung in Deutschland bei jeweils 100 Frauen und Männern Kurzbeschreibung Symptome Theoretische Hintergründe

Bipolare Störung Verteilung in Deutschland bei jeweils 100 Frauen und Männern Kurzbeschreibung Symptome Theoretische Hintergründe

Affektive Störung (Depression) 164 165 166 167

Verteilung in Deutschland bei jeweils 100 Frauen und Männern Kurzbeschreibung Symptome Theoretische Hintergründe

Essstörung 168 169 170 171

Verteilung in Deutschland bei jeweils 100 Frauen und Männern Kurzbeschreibung Symptome Theoretische Hintergründe

Schizophrenie 172 173 174 175

Verteilung in Deutschland bei jeweils 100 Frauen und Männern Kurzbeschreibung Symptome Theoretische Hintergründe

Missbrauch / Abhängigkeit von Substanzen 176 177 178 179

Verteilung in Deutschland bei jeweils 100 Frauen und Männern Kurzbeschreibung Symptome Theoretische Hintergründe

Angststörung 180 181 182 183

Verteilung in Deutschland bei jeweils 100 Frauen und Männern Kurzbeschreibung Symptome Theoretische Hintergründe

Persönlichkeitsstörung 184 185 186 187 189

Verteilung in Deutschland bei jeweils 100 Frauen und Männern Kurzbeschreibung Symptome Theoretische Hintergründe

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100 Frauen (18 - 65 Jahren)

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37,5 % leiden unter einer psychischen Störung; beinahe jede 2,5te Frau. 6% ADHS 15% Affektive Störung Differenzierung zwischen (1) Depression und (2) bipolarer Störung.

19,8% Angststörung 1,7% Substanzstörung (Missbrauch / Abhängigkeit) 0,5% Essstörung 2% Schizophrenie 6,7% Persönlichkeitsstörung Der Sättigungsgrad, zeigt wie die der allgemeine Krankheits- und Heilungsverlauf in Deutschland ist.

<10% grobe Adäquate Intervention < 36% erhalten überhaupt irgendeine Intervention Unbehandelt Zeit

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100 Männer (18 - 65 Jahren) 1

25,5 % leiden unter einer psychischen Störung; etwa jeder 4. Mann.

Somit leidet durchschnittlich mindestens jeder 3. Deutsche an einer psychischen Störung. ( – Illustrationsreihe Nr. 02; auf den folgenden Seiten – ) Seite

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Exkurs | Psychische Stรถrungen

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Exkurs | Psychische Störungen

100 Frauen (18 - 65 Jahren)

100 Männer (18 - 65 Jahren)

ADHS 1,8 % der Frauen

ADHS 7,8% der Männer

Verteilung ADHSin Deutschland bei jeweils 100 erwachsenen Frauen und Männern. Zeit

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Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörungen (ADHS)

Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (ADHS)

International geht man davon aus, dass ca. 3–5% der Schulkinder an einer Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung leiden. Die Prävalenzangaben sind abhängig von der angewandten Methodik und dem Klassifikationssystem. Symptome der Störung werden beschrieben: Einerseits Aufmerksamkeitsstörungen, d. h. vor allem vorzeitiges Abbrechen von fremdbestimmten Aufgaben, hohe Ablenkbarkeit und Nichtbeenden von Tätigkeiten. Als auch Impulsivität auf kognitiver, emotionaler und motivationaler Ebene und Hyperaktivität gekennzeichnet durch mangelhaft regulierte, überschießende motorische Aktivität und Ruhelosigkeit.

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Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (ADHS)

In allen Entwicklungsphasen weisen von ADHS Betroffene Besonderheiten auf. So waren bei denjenigen Kindern, die später die Diagnose ADHS erhalten, im Säuglings- und Kleinkindalter oft Schlaf- und Essprobleme vorhanden, im Kindergarten- und Vorschulalter sind motorische Unruhe, ziellose Aktivitäten, geringe Spielintensität und -ausdauer sowie Trotzverhalten auffällige Verhaltensweisen. Im Grundschulalter sind die große Unruhe und Ablenkbarkeit im Unterricht, Lernschwächen und oppositionelles (meist auch aggressives) Verhalten besonders kennzeichnend. Bei vielen Betroffenen ist dann ein Abschwächen der Symptome in der Spätadoleszenz zu beobachten. Bei etwa einem Drittel der Patienten aber halten die Symptome bis in das Erwachsenenalter an wobei sich bei Jugendlichen die Hypermotorik zumeist reduziert, jedoch jugendtypische oppositionelle Verhaltensweisen und Autonomiebestrebungen sowie impulsive Symptome bis hin zu Aggressionsproblematik in den Vordergrund treten. Bei Erwachsenen geht die motorische Hyperaktivität ebenfalls zurück, sie empfinden dagegen oft eine innere Ruhelosigkeit und können sich nur schwer entspannen. Erwachsene mit ADHS nehmen die eigene Unaufmerksamkeit und Organisationsdefizite sowie ihre Impulsivität stärker selbst wahr im Vergleich zum Kindesalter und erleben sie als deutliche Belastung. Verursachungshypothese: Laut den bisherigen Forschungen ist für die ADHS nach wie vor keine einzelne Ursache verantwortlich, die die Störung auslöst bzw. auslösen kann. Vielmehr ist es das Zusammenkommen vieler Faktoren, das zu dieser psychischen Störung beitragen oder diese begünstigen kann. Jedoch steht fest, dass sowohl genetische als auch umweltbedingte Ursachen die Störung auslösen. Der genetische Anteil dominiert mit 70% bis 90%. Für den genetischen Auslöser von ADHS konnte eine Störung bei der Übermittlung von Nervenzellen nachgewiesen werden. Außer den genetischen Ursachen der Störung kommen noch die umweltbedingten Risikofaktoren hinzu: Umweltbedingte Risikofaktoren: - Nikotin- und Alkoholkonsum der Mutter und / oder des Vaters; - Mütterliche Unfälle; - Psychische Störungen der Eltern; - Familiäre Instabilität; - Niedriger sozioökonomischer Status; - Schlechte soziale Einbindung; - Chirurgische Eingriffe in den ersten Lebensmonaten; Frühgeburtlichkeit; - Strafender und inkonsistenter Erziehungsstil Außerdem wurden bei vielen ADHS Kindern, teilweise hauptsächlich Jungen, eine Abnormalität in verschiedenen Bereichen des Gehirns und bei der Informationsverarbeitung im Gehirn festgestellt. Neurologische Faktoren: Aus neurobiologischer Sicht liegen viele Ursachen der motorischen Unsicherheit und des auffälligen Verhaltens eines ADHS im Frontallappen1 des Betroffenen. Dort erfolgt die Signalübertragung vom frontalen Kortex über die Basalganglien2 und den Thalamus3. Von dort geht diese wieder zurück zum frontalen Kortex. Weitere Abnormalitäten, die bisher zumindest bei Jungen festgestellt werden konnten, sind unter anderem im präfrontalen Kortex4 und bestimmten Kleinhirnarealen zu beobachten. Außerdem konnten kleine Veränderungen im gesamten Kortex festgestellt werden. Die Aufmerksamkeitsfunktionen, wie Kontrolle von Aufmerksamkeit und motorische Planung, werden vor allem dem präfrontalen Kortex, dem frontostriatalen Zirkel und dem Thalamus zugesprochen, welche bei ADHS Betroffenen gestört sind.

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Der Frontallappen erfüllt motorische Funktionen, er steuert und kontrolliert also Bewegungen. Des Weiteren gilt er als Sitz der Persönlichkeit

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Die Basalganglien sind für wichtige funktionelle Aspekte motorischer, kognitiver und limbischer Regelungen von großer Bedeutung.

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Der Thalamus bildet den größten Teil des Zwischenhirns. Er setzt sich aus vielen Kerngebieten zusammen, die eine besonders starke Verbindung zur gesamten Großhirnrinde aufweisen

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Der präfrontale Kortex empfängt sensorische Signale und steht in korrelativem Zusammenhang mit der Integration von Gedächtnisinhalten und emotionalen Bewertungen

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100 Frauen (18 - 65 Jahren)

100 Männer (18 - 65 Jahren)

Bipolar I 1-2% der Frauen

Bipolar I und II 5% der Frauen

Bipolar I 1-2% der Männer

Bipolar I und II 5% der Männer

Verteilung der bipolaren Störung in Deutschland bei jeweils 100 erwachsenen Frauen und Männern. Zeit

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Bipolare Störung

Manie

Bipolare Störung

Manisch-depressive Erkrankungen (bipolare affektive Störungen) sind von unipolaren Depressionen abzugrenzen. Manische oder hypomane Episoden charakterisieren die bipolaren Störungen. In den depressiven Phasen (1) einer bipolaren Störung leiden die Betroffenen häufig an Schlafstörungen, Hoffnungslosigkeit, Antriebslosigkeit und Trauer. Viele Patienten berichten von einer nur schwer erträglichen Gefühllosigkeit und einer inneren Leere. Zudem leidet dadurch die Konzentrationsfähigkeit und die Denkprozesse verlangsamen sich. Die Symptome können so stark werden, dass es zu Wahnideen kommt. Die manische Phase (2) zeichnet sich durch ein vermindertes Schlafbedürfnis, Gereiztheit, Antriebssteigerung sowie Euphorie und Gedankenrasen aus. Hinzu kommen oft Aggressivität, Feindseligkeit, Größenwahn und ein gesteigerter Rededrang. Auch hier treten nicht selten Halluzinationen und Wahnideen auf. Dabei können beide Episoden gleichzeitig oder im raschen Wechsel erfolgen. Somit hat eine bipolare Störung teilweise die Symptome einer Depression (siehe folgendes Kapitel „Affektive Störung – Depression“) und die einer bipolaren Störung.

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HYpomanie Ausgeglichene Stimmung

Depression

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Bipolare Störung

Die bipolare affektive Störung (auch bekannt unter dem Begriff „manisch-depressive Erkrankung”) ist eine psychische Erkrankung. Sie zeigt sich bei den Betroffenen durch eine episodische, nicht kontrollierbare und extreme Auslenkungen des Antriebs, der Aktivität und der Stimmung, die weit außerhalb des Normalniveaus in Richtung Depression oder Manie schwanken. Bei einer bipolaren Störung gibt es oft nicht nur einen Auslöser. Vielmehr handelt es sich in der Regel um eine sogenannte multifaktoriell bedingte Erkrankung. Das bedeutet, dass die Ursachen genetische, psychosoziale und biologische Komponenten umfassen können. Genetische Faktoren: Ist bereits bei einem Elternteil eine affektive Störung bekannt, so liegt die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind ebenfalls erkrankt, bei ungefähr 10 bis 20 Prozent. Sind beide Elternteile betroffen, beträgt das Risiko sogar 50 bis 60 Prozent. Allerdings sind bei der Ursachenforschung die psychosozialen Komponenten wesentlich wichtiger. Umweltbedingte Risikofaktoren: Ereignisse, die sich schon im Kindes- und Jugendalter manifestierten waren, haben eine große Auswirkung auf die weitere Lebensgeschichte. Hierzu zählen Trennungen, Misshandlungen und Missbrauch oder der Verlust von Bezugspersonen. Auch Stress kann bei der Krankheitsentstehung beteiligt sein. Gemeint ist vor allem der psychosoziale Stress, wie zum Beispiel durch Mobbing am Arbeitsplatz oder Konflikte in der Partnerschaft. Neurologische Faktoren: Biologisch haben die bipolaren affektiven Störungen ähnliche Erklärungsansätzen wie Depression. Bei affektiven Störungen liegen manchmal Besonderheiten im Hirnstoffwechsel vor: Die Botenstoffe Serotonin5 und Noradrenalin6 sind bei einigen Menschen, die depressiv sind, in geringerem Ausmaß vorhanden, bei affektiven Menschen ist dieser Hormonspiegel überdurchschnittlich höher oder es schwankt anormal und unregelmäßig. So können die affektiven Störungen auftreten, ohne dass äußerliche Umstände offensichtlich zu dieser Störung zu dem Zeitpunkt führen könnte. Es wird zwischen bipolar I und bipolar II Erkrankungen unterschieden. Bipolar I Erkrankungen sind die typischen bipolaren Erkrankungen mit mindestens einer manischen Episode neben den Depressionen. Bei Bipolar II Erkrankungen handelt es sich um Episoden, bei denen neben depressiven Episoden nicht Manien, sondern nur leichte, sogenannte Hypomanie7, auftreten. Hypomanie werden vom Betroffenen als solche häufig nicht erkannt, sondern meistens nur von Angehörigen.

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Serotonin, auch 5-Hydroxytryptamin oder Enteramin, ist ein Gewebshormon und Neurotransmitter. Es kommt unter anderem im Zentralnervensystem, Darmnervensystem, Herz-Kreislauf-System und im Blut vor.

6 Noradrenalin oder Norepinephrin ist ein Neurotransmitter und ein Hormon. Es wird vom Körper im Nebennierenmark und im Locus caeruleus produziert. 7 Die Hypomanie bezeichnet eine abgeschwächte Form der Manie. Sie äußert sich in Phasen leicht gehobener Grundstimmung und gesteigerten Antriebs. Meistens wechseln sich diese mit depressiven Phasen ab.

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100 Frauen (18 - 65 Jahren)

100 Männer (18 - 65 Jahren)

Major Depression 11,2% der Frauen

Dysthyme Störung 5,8% der Frauen

Major Depression 8,5% der Männer

Dysthyme Störung 5,5% der Männer

Verteilung der affektiven Störung in Deutschland bei jeweils 100 erwachsenen Frauen und Männern. Zeit

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Affektive Störung (Depression) Depression gehört zu den häufigsten psychischen Störungen weltweit, auch in Deutschland. Durchschnittlich jeder 10. bis 9. Deutsche von einer depressiven Phase bis zur Depression betroffen. Warum solltest man selber an einer affektiven Störung leiden. 11,9 Menschen unter 100 leiden unter irgendeiner Affektiven Störung. Das ist ungefähr jeder neunte. Fast jeder Mensch erlebt hin und wieder vereinzelte depressive Symptome wie Traurigkeit, Niedergeschlagenheit oder Antriebslosigkeit, z.B. im Zusammenhang mit belastenden Ereignissen, Erkrankungen oder sozialen Stresssituationen. Von einer behandlungsbedürftigen depressiven Störung spricht man allerdings erst, wenn die Symptome eine bestimmte Zeitdauer und Intensität überschreiten. Als Kernmerkmal einer Major Depression, beispielsweise ist eine über mindestens 2 Wochen andauernde durchgängig niedergeschlagene und depressive Stimmungslage zu nennen. Bei depressiven Störungen handelt es sich somit nicht einfach um eine ausgeprägte Traurigkeit, sondern um Störungen des gesamten Organismus. Die Symptome zeigen sich sowohl auf der emotionalen, kognitiven, physiologischen, motorischen, als auch im sozial-interaktiven und verhaltensbezogenen (behavioralen) Bereiche eines Menschens.

Affektive Störung (Depression)

Dysthyme Störung Kernmerkmal der dysthymen Störung ist eine über mindestens 2 Jahre an der Mehrzahl der Tage auftretende depressive Verstimmung, ohne dass die vollen Kriterien einer Episode einer Major Depression erfüllt sind. Die für die Diagnose erforderlichen dysthymen Symptome sind oft weniger persistierend und können stärker fluktuieren. Gefühle der Hoffnungslosigkeit. Die depressive Symptomatik bei der dysthymen Störung erscheint im Durchschnitt weniger schwer ausgeprägt, besteht aber langjährig. Major Depression Die typische Depression ist nach der klassischen Definition eine schwere Depression, die früher auch als endogen bezeichnet wurde. Spricht man von einer Major Depression, bedeutet dies im allgemeinen einen phasenhaften Verlauf, und es wird auf eine schwere Depression hingewiesen.

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In verschiedenen Bereichen der Psychologie, der Biologie oder der Soziologie gibt es Erklärungsansätze für die Ursache von Depressionen. Es ist unklar, ob Depressionen genetisch vererbt werden können oder einfach von depressiven Familienmitgliedern abgeguckt und deren depressiven Verhalten übernommen wird. Einer Depression können als Ursachen unter anderem auch psychologische Faktoren zugrunde liegen: In der Kindheit erworbene negative Denkmuster sind häufig verantwortlich für die Entstehung einer primären Depression. Gleiches gilt für negative Erfahrungen mit früheren Bezugspersonen, wie beispielsweise Missachtung durch die Eltern oder Gewalt. Solche Erlebnisse führen häufig zu Gefühlen der Selbstablehnung und der Entwicklung eines negativen Selbstbilds. Die Betroffenen neigen dazu, ihrer Umwelt misstrauisch und pessimistisch zu begegnen.

Affektive Störung (Depression)

Neurologische Faktoren: Mögliche Auslöser beziehungsweise Risikofaktoren für primäre Depressionen sind Besonderheiten im Aufbau und in der Aktivität des Gehirns. So sind zum Beispiel bei depressiven Menschen die Regionen im Gehirn, die für die Entwicklung von Zielen und die Entstehung positiver Gefühle zuständig sind, weniger aktiv. Gleichzeitig sind Hirngebiete, die das Verhalten in neuen Situationen und bei sozialen Kontakten steuern, deutlich weniger ausgeprägt als bei Menschen ohne Depression. Hirngebiete, die an der Erzeugung negativer Gefühle beteiligt sind, sind bei Menschen mit Depression hingegen übermäßig aktiv. Auch die Gehirnstrukturen, welche die Ausschüttung von Stresshormonen regeln, sind bei Depressionen über aktiv. Bei Depressionen liegen manchmal Besonderheiten im Hirnstoffwechsel vor: Die Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin sind bei einigen Menschen, die depressiv sind, in geringerem Ausmaß vorhanden. Diese auch als Neurotransmitter8 bezeichneten Botenstoffe spielen bei der Entstehung und Regulation von Gefühlen eine wichtige Rolle. Außerdem gibt es Hinweise auf darauf, dass Depressionen erbliche Ursachen haben können: Das Risiko für eine Depression ist erhöht, wenn nahe Verwandte bereits depressiv sind oder waren. Betroffene: Vor allem depressive Menschen leiden unter Vorurteilen, Depressionen sind in unserer Gesellschaft ein Zeichen mentaler schwäche, dabei gibt es genug Forschungsergebnisse, die darauf hinweisen, dass es Faktoren gibt die darauf hinweisen, dass eine Depression durch eine Störung im Körper hervorgerufen wird. Festzuhalten ist, dass viele depressive Menschen nicht immer traurig sind, viele Betroffene, können ihre Störung geschickt vor der Gesellschaft verbergen, was die Krankheit unglücklicher Weise noch verstärken kann. Über und bei Depression wird viel geschwiegen, dabei muss darüber geredet werden, um die Störung zu bekämpfen. Sehr wahrscheinliche ist eine Störung im Stoffwechsel und Hormonspiegel kann, die eine Depression biologisch erklären würden. Dies ist einer der Ansätze, dass Depressionen kein Zeichen von Schwäche oder psychischer Unbelastbarkeit sind. Depressionen ist eine Krankheit, eine Fehlbildung im Körper, wie viele andere Krankheiten, wo eine gewissen Heilungschance besteht. Somit ist es normal und der beste Weg sich Hilfe und Unterstützung zu suchen. Sich Helfen zu lassen zeugt im Gegenzug von psychischer Stärke und den Willen normal leben zu wollen.

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Ein Neurotransmitter ist ein in Neuronen gebildete biochemische Botenstoffe, welche die Erregung einer Nervenzelle auf andere Zellen an chemischen Synapsen übertragen

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100 Frauen (18 - 65 Jahren)

100 Männer (18 - 65 Jahren)

Anorexia nervosa 1% der Frauen

Bulimia nervosa 3% der Frauen

Binge-Eating-Störung 1,8% der Frauen

Anorexia nervosa 0,5 % der Männer

Bulimia nervosa 0,3% der Männer

Binge-Eating-Störung 2,1% der Frauen

Verteilung von Essstörungen in Deutschland bei jeweils 100 erwachsenen Frauen und Männern. Zeit

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Essstörung Auffälligkeiten oder Störungen des Essverhaltens sind Phänomene, die bei Jugendlichen, überwiegend Frauen, in der Pubertät relativ häufig beobachtet werden können. Die Jugendlichen sind unzufrieden mit ihrer Figur und Gewicht. Der Wunsch, dünner zu sein führt regelmäßig zu gewichtsreduzierende Maßnahmen. In den wenigsten Fällen haben diese Verhaltensweisen klinisch manifeste Störungen zur Folge. Dennoch stellen übermäßige Beschäftigung mit Figur und Gewicht und ständiges Diäthalten bedeutsame Risikofaktoren für die Entwicklung und für spätere klinische Essstörungssyndrome dar. Im folgenden werden drei der häufigsten Störungen näher differenziert: Anorexie nervosa Anorexia nervosa ist eine Erscheinung der Essstörung, welche im allgemeinen Sprachgebrauch als Magersucht bezeichnet wird und auch unter dem Begriff „Anorexie“ (Appetitlosigkeit) bekannt ist. „Nervosa“ bedeutet, dass es auf psychische Ursachen zurück zuschließen ist. Zur Erfassung der Unzufriedenheit mit der Figur wurde ein Messinstrument entwickelt. Der Wunsch dünn zu sein. Um die Erreichung dieses Ziels gewährleisten zu können, hungern die Betroffenen oder führen andere Methoden zur Gewichtsreduzierung durch.

Essstörung

Bulimia nervosa Hauptmerkmal der Bulimia nervosa sind Heißhunger- oder Fressanfälle, sowie darauf folgende, unterschiedliche Maßnahmen der Kompensation, zur Verhinderung einer Gewichtszunahme (z.B. Erbrechen, Diäten, exzessives Sport treiben). Die Menge der gegessenen Nahrung ist eindeutig größer als die Menge, die die meisten Menschen innerhalb des gleichen Zeitraums und unter vergleichbaren Umständen zu sich nehmen würden. Ein wichtiges Kriterium hierbei ist der Kontrollverlust. Binge-Eating-Störung Binge-Eating-Störung ist eine Essstörung, bei der es zu periodischen Heißhungeranfällen (Fressanfällen) mit Verlust der bewussten Kontrolle über das Essverhalten kommt. Im Gegensatz zur Bulimie wird das Gegessene anschließend nicht erbrochen, so dass längerfristig meist Übergewicht die Folge ist.

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Von den klassischen Störungsmodellen (z. B. kognitiv-behavioral, psychodynamisch, biologisch) kann derzeit keines die Entstehung einer Essstörung überzeugend vorhersagen. Entsprechend findet sich – wie auch bei anderen psychischen Störungen – häufig der Hinweis auf eine multifaktorielle Bedingtheit, das biopsychosoziales Modell. Im Rahmen dieser Modelle ist der Grad der verschiedenen Faktoren sehr unterschiedlich, oftmals bleibt auch die Frage des zeitlichen Auftretens der Faktoren im Verhältnis zum Beginn der Essstörung ungeklärt.

Essstörung

Der „Teufelskreis“ eines Essgestörten Ein essgestörter Mensch meint sich genau mit Nahrungsmittel auszukennen und was er essen oder nicht essen kann. Der Betroffene verfängt sich in eine Art Kreislauf, welche den Betroffenen immer weiter in die Krankheit rein treibt. Und wobei wichtig ist, dass ohne äußere Hilfe, eine Art der Selbstzerstörung der Auslauf der Störung ist. Ein stetiger Kampf mit sich, seinem körperlichen Bedürfnissen, seinem sich gesetzten Körperbild /-ideal und seiner Selbstwahrnehmung drängt den Essgestörten Menschen immer weiter in Schwierigkeiten. Folgen sind zahlreiche körperliche und psychische Erkrankungen. Das den kognitiv-verhaltenstherapeutischen Ansätzen zugrunde liegende Störungsmodell geht davon aus, dass andauernde Nahrungsrestriktion und einseitiges Essverhalten mit Meidung spezifischer (kalorienreicher, oft kohlenhydratreicher) Nahrungsmittel eine wesentliche Bedingung sowohl für die Entstehung als auch für die Aufrechterhaltung von Essstörungen darstellt. Hinzu kommt ein verzerrtes Gewichtsideal, die Patientin setzt sich selbst eine unrealistisch niedrige Gewichtsgrenze. Insbesondere junge Frauen mit niedrigem Selbstwertgefühl und eingeschränkten sozialen bzw. interpersonalen Fertigkeiten neigen dazu, ihrer Figur und ihrem Aussehen eine besonders hohe Bedeutung beizumessen und daher ihre Nahrungsaufnahme stärker zu reduzieren. Außerdem spielen kognitive Einflüsse auch eine Rolle im Zusammenhang mit der Auswahl und der Menge der erlaubten Nahrungsmittel. Eine Verletzung dieser Regeln – oftmals ausgelöst durch Gefühle von Traurigkeit, Ärger, Wut, Enttäuschung oder Anspannung – führt zum kurzfristigen Durchbrechen des chronischen Diätverhaltens bzw. zu einem Fressanfall, meist gefolgt von kompensatorischen Verhaltensweisen, um die drohende Gewichtszunahme zu verhindern. Ein Verzicht von Nahrung, bestimmter Nähwerte führt zu einem Mangel bestimmter Stoffe, die der Körper jedoch braucht. Es resultieren verstärkte Schuldgefühle, depressive Stimmung und eine weitere Verschlechterung des Selbstwertgefühls. Langfristig kommt es häufig eher zu einer Gewichtszunahme als zu einer Gewichtsreduktion. Der Effekt des „Teufelkreises“ wird so verstärkt in dem sich der Erkrankte befindet. Nahrung spielt in ihrem Leben eine immer größer werdende Rolle. Nebenwirkungen: Typische Nebenwirkungen von Essstörungen sind Nierenprobleme, Magenprobleme, Mangelernährung und gestörte Nährstoffbalance. Psychiatrische Nebenwirkungen können Alkoholismus, Drogenmissbrauch, Depressionen, Angststörungen und Selbstmordgefährdung sein. Essstörungen können durch andere psychische Störungen hervorgerufen werden oder andere psychische Störungen werden durch die vorherrschende Essstörung „aktiviert“. Haut, Haare und Nägel werden brüchig und der ganze Körper weist im Laufe der Zeit immer mehr Merkmale der Mangelernährung auf. Der Essgestörte zerstört sich im Endeffekt selbst.

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100 Frauen (18 - 65 Jahren)

100 Männer (18 - 65 Jahren)

Schizophrenie 1-2% der Frauen

Schizophrenie 1-2% der Männer

Verteilung der Schizophrenie in Deutschland bei jeweils 100 erwachsenen Frauen und Männern. Zeit

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Schizophrenie Personen in einem psychotischen Zustand haben erhebliche Schwierigkeiten, in einer organisierten, rationalen Form zu denken. Eine psychotische Störung ist somit allgemein definiert durch ihre Auswirkungen auf eine starke Veränderung der Wahrnehmung, der Gedanken und des Bewusstseins bzw. des Ich-Erlebens. Die für Psychosen charakteristischen Veränderungen in der Wahrnehmung werden als Halluzinationen und im Denken als Wahn bezeichnet. Wobei die Differenzierung zwischen Halluzinationen. Sinneswahrnehmungen ohne adäquate Stimulation der entsprechenden sensorischen Kanäle, und dem Wahn, Überzeugungen, die trotz unbestreitbarer Beweise für das Gegenteil aufrechterhalten werden, wichtig ist. Eine Person, die wegen dieser Veränderungen fehlerhafte Schlussfolgerungen aus realen Situationen, Gegebenheiten oder Sachverhalten zieht, aber der festen Überzeugung ist, dass ihre subjektiven Schlussfolgerungen der Realität entsprechen, leidet an einer psychotischen Störung. Symptome einer Psychose beinhalten auch eine desorganisierte Sprache und chaotisches Verhalten in Alltagssituationen. Die Schizophrenie ist eine der schwerwiegendsten psychischen Störungen. Es gibt jedoch kein zentrales Symptom, das für eine Diagnose vorhanden sein muss. Die Störung kann sich auf sehr unterschiedliche Arten äußern. Im Vordergrund stehen jedoch Störungen des formalen Denkens und der Denkinhalte verbunden mit Einbußen der Leistungsfähigkeit. Auch der Verlauf der Störung kann variieren.

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Man geht heutzutage von einer multifaktoriellen Verursachung der Schizophrenie aus. Neben genetischen, biochemischen, hirnstrukturellen und hirnfunktionellen Faktoren spielen auch Geburtskomplikationen und psychosoziale Stressoren eine Rolle. Eine Integration finden diese Faktoren im Vulnerabilitäts-Stress-Modell. Dabei wird für das Auftreten einer Schizophrenie eine genetische Bereitschaft angenommen, auf deren Grundlage sich Auffälligkeiten bei den Neurotransmittern, den Hirnstrukturen und -funktionen entwickeln. Anforderungen, Lebensbelastungen, feindselige bzw. komplexe soziale Situationen überlasten das mentale System und provozieren so die geschilderten. Auffälligkeiten im Erleben und Verhalten. Jeder Mensch hat ein ihm eigenes Stressbewältigungspotential. Das Niveau, ab dem die eigenen Bewältigungsstrategien nicht mehr greifen, liegt bei Menschen mit einer erhöhten Vulnerabilität niedriger. Deshalb zielen auch die sozial ausgerichteten Behandlungsansätze der Schizophrenie unter anderem darauf, die Betroffenen in ihren Fähigkeiten zur Störessbewältigung zu stärken.

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Schizophrenie

Neurologische Risikofaktoren: Die genauen Ursachen der Schizophrenie sind noch unbekannt. Vermutlich spielen chemische Botenstoffe, die Nervensignale weiterleiten, eine Rolle (Neurotransmitter). Belastende Ereignisse können die Anfälligkeit (Vulnerabilität) für eine Schizophrenie erhöhen. Mögliche Auslöser sind Geburtskomplikationen, schwere körperliche Krankheiten oder eine unglückliche Kindheit. Auch akute Belastungen wie Stress in der Arbeit oder in der Familie können eine Schizophrenie auslösen: In 50 Prozent der Fälle gehen der Erkrankung oder Wiedererkrankung psychische Belastungen voraus. Bei einer schizophrenen Erkrankung ist das Gleichgewicht bestimmter chemischer Botenstoffe im Gehirn gestört. Es kommt zu einer veränderten Informationsverarbeitung, insbesondere dort, wo der Überträgerstoff Dopamin9 wirkt. Daraus ergeben sich dann die Symptome, die der Betroffene an sich selbst und andere an ihm feststellen. Früher deutete man die Schizophrenie als Folge einer Überproduktion des Neurotransmitters Dopamin. Neuere Untersuchungen weisen jedoch darauf hin, dass wohl nur ein Teil der DopaminSignalwege überaktiv ist. Während einer schizophrenen Psychose kommt es auch zu biochemischen Veränderungen im Gehirn. Ein Teil der Nervenzellen, die Dopamin als Neurotransmitter verwenden, sind in der Psychose überaktiv, andere unteraktiv, womit man heute einerseits die sogenannten Positivsymptome (als Folge der Überaktivität des einen Teils) und andererseits die Negativsymptome (als Folge der Unteraktivität eines anderen Teils des Dopaminsystems) erklärt. Durch eine überhöhte Dopamin Produktion werden zudem Halluzinationen und die Gedankeneinschübe erklärbar. Dopamin ist somit ein wichtiger Faktor in kognitiven und emotionalen Situationen, wird dieses feine System in ein Ungleichgewicht gebracht, kann das Auswirkungen auf die Psychische haben.

Dopamin ist ein wichtiger Neurotransmitter. Im Volksmund gilt es als Glückshormon. Die Bedeutung des Dopamin wird allerdings hauptsächlich im Bereich der Antriebssteigerung und Motivation vermutet.

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100 Frauen (18 - 65 Jahren)

Abhängigkeit/Missbrauch von Alkohol 1,3% der Frauen

Abhängigkeit/Missbrauch von Alkohol 6,8% der Männer

100 Männer (18 - 65 Jahren)

Abhängigkeit/Missbrauch illegaler Substanzen 0,5% der Frauen

Abhängigkeit/ Missbrauch Illegaler Substanzen 1% der Männer

Verteilung von Alkohol-Abhängigkeits/Missbrauchs in Deutschland bei jeweils 100 erwachsenen Frauen und Männern. Zeit

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Missbrauch / Abhängigkeit von Substanzen Die Menschen kennen und nutzen schon seit jeher Substanzen, die Schmerzen lindern, die Stimmung verbessern, Entspannung herbeiführen oder andere angenehme Wirkungen hervorrufen. Der Konsum solcher Substanzen hat oft verheerende Folgen für Körper und Geist. Daher ist der Konsum einiger besonders gefährlicher Substanzen oder Drogen gesetzlich untersagt. Andere sind verschreibungspflichtig und sollten nur auf ärztliche Anweisung konsumiert werden. Dies alles kann jedoch nicht verhindern, dass es zum Missbrauch und zur Abhängigkeit von Substanzen kommt. Es gibt eine Vielzahl an Substanzen mit einem Abhängigkeitspotenzial. Eine Verallgemeinerung und Zusammenfassung ist dadurch erschwert. So gibt es auch Unterschiede in den Kriterien, Symptomen und Erklärungsansätzen. Betroffene von verschiedenen Substanzstörungen unterscheiden sich erheblich bezüglich sozioökonomischer Daten, auffälligem Verhalten, Entwicklung und Ausprägung der Störung in der Behandlungsprognose. Es bestehen allerdings auch zahlreiche gemeinsame Merkmale, wie die psychische und meistens körperliche Abhängigkeit bzw. Formen des schädlichen Gebrauchs ohne Abhängigkeit, Phänomene wie Entzugserscheinungen und Rückfall, langfristige negative Auswirkungen auf der psychischen, somatischen und sozialen Ebene und den Kontrollverlust. Viele Aspekte können also ohne Bezug zu einer spezifischen Substanz behandelt werden.

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Missbrauch / Abhängigkeit von Substanzen

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Substanzabhängigkeit wird allgemein als Ergebnis einer Entwicklung gesehen. Ein Stufenmodell wird auf der folgenden Seite näher erläutert. Jedoch macht nicht jeder Betroffene alle Stufen durch. Verschiedene soziokulturelle, psychische und biologische Faktoren können bei der Entstehung von schädlichen Gebrauch und Abhängigkeit von psychoaktiven Substanzen eine Rolle spielen.

Missbrauch / Abhängigkeit von Substanzen

Stufenmodell: Man geht davon aus, dass die Neigung zur Substanztoleranz vererbt wird oder diese angelernt werden kann, wenn beispielsweise Elternteile oder Bekannte an einer Abhängigkeit leiden. Somit ist die Wahrscheinlichkeit einer Abhängigkeit höher, wenn Bekannt oder jemand in der Familie abhängig ist. Hauptgrund für den Substanzkonsum liegt in der Veränderung der Stimmung, viele der beschriebenen Substanzen fördern positive und mildern negative Affekte. Es wird erwartet, dass die Substanz Stress und Ängste abbaut. 1. Positive Reize aktivieren das Belohnungssystem. Es kommt zur Ausschüttung von Dopamin und Endorphinen und dadurch zur Empfindung von positiven Emotionen. Suchterzeugende Substanzen wirken genau dort, sie bewirken eine noch stärkere Aktivierung, sodass sie eine noch stärkere Euphorie erleben. Das Belohnungssystem gilt als hauptverantwortlich für die verstärkte Wirkung. Konsumenten erleben eine stärkere Spannungsminderung durch den Konsum, solange die Substanz im Körper und Blut des Konsumenten wirkt. Beginnt die Dosis nachzulassen, der Alkoholspiegel beispielsweise sinkt, spüren die Konsumenten weniger von der Wirkung und die vorherige Probleme, Stimmung und die Entzugserscheinung der Substanz kehren in den Wahrnehmungsfokus. Als einzige Lösung schein weiterer Konsum. So wird im Laufe der Zeit der Konsum gesteigert. Objektiv kann man festhalten, dass es fünf Stufen in der Entstehung einer Substanzabhängigkeit gibt. Grundlage für eine Abhängigkeit ist eine positive Einstellung zur Substanz. Diese Stufe kennt eigentlich beinah jeder, der schon ab und zu mal Alkohol trinkt beispielsweise, nachvollziehen. Vereinzelte Substanzen sind als Genussmittel in vielen Kulturen und Gesellschaften verbreitet. Es gibt außerdem zwischen verschieden Ländern und Kulturen Unterschiede in der Akzeptanz der jeweiligen Substanzen. 2. Schritt ist das experimentieren und ausprobieren mit der Substanz, welche bei Drogen und ähnlichem sehr gefährlich sein kann. 3. Eine weitere, wichtige Stufe zur Abhängigkeit, die den Abhängigen von dem gelegentlichen Benutzer unterscheidet, ist der regelmäßige Konsum. Durch eine Regelmäßigkeit, entwickelt sich langsam die Abhängigkeit und Toleranz. 4. Toleranz als Ursache für die vierte Stufe. Die Wirkung bei gleicher Menge ist auf Dauer weniger befriedigend, wodurch die Menge erhöht wird. 5. Dies führt dann schließlich zum unkontrollierten konsumieren und somit zu einer Abhängigkeit. Der Konsument kann sich ein Leben oder ein lebensfähigen Alltag nicht mehr ohne die Substanz vorstellen. Suizid und Todesgedanken sind, oftmals auch durch andere Probleme und psychische Belastungen bestärkt, neben den körperlichen Schäden, die schlimmsten Folgen einer Abhängigkeit.

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100 Frauen (18 - 65 Jahren)

100 Männer (18 - 65 Jahren)

Irgendeine Phobie 13,9% der Frauen

Panikstörung 3% der Frauen

Generalisierte Angststörung 2,1% der Frauen

Irgendeine Phobie 6,2% der Männer

Panikstörung 1,7% der Männer

Generalisierte Angststörung 1% der Männer

Verteilung der Angststörung in Deutschland bei jeweils 100 erwachsenen Frauen und Männern. Zeit

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Angststörung Früher wurde der Überbegriff Neurosen für die heutigen Angststörungen verwendet. Diese Diagnose war jedoch sehr vielschichtig und umgangssprachlich. Heute wird zwischen Belastungsstörung, Angststörungen (phobische Störung, Panikstörung und generalisierte Angststörung) Zwangsstörung, dissoziative und somatische Störung unterschieden. Die Gruppe der Angststörungen (Phobien, Panik, Zwänge, Belastungsreaktionen) stellt die Gruppe der häufigste psychischen Störungen dar. Phobien Phobien beinhalten die objektiv grundlose Furcht (Angst) vor und die Meidung von Gegenständen oder Situationen. Dies, wie bei allen Angststörungen, führt zu einer eindeutigen Beeinträchtigung der Betroffenen in ihrem Alltag. Je nachdem wodurch die Angst ausgelöst wird, haben sich verschiedene Bezeichnungen eingebürgert. Bekannt sind zum Beispiel die Akrophobie (Höhenangst), die Klaustrophobie (Angst vor geschlossenen Räumen) und die Agoraphobie (Angst vor öffentlichen Plätzen). Man unterschiedet zwischen sozialen Phobie (Angst der Patienten im Zusammenhang mit der Anwesenheit anderer Menschen) und der spezifischen Phobie (Angst vor bestimmten Gegenständen, Tieren und Situationen, wie Naturgewalten, Aufzügen oder Flugzeugen). Häufig treten Phobien und Angstanfälle bzw. Panikattacken gemeinsam auf. Panikattacken Panik- oder Angstattacken sind Episoden intensiver Angst, die plötzlich beginnen und innerhalb von wenigen Minuten ihren Höhepunkt erreichen. Sie können reizgebunden oder reizunabhängig auftreten. Generalisierte Angststörung Ängste beschränken sich nicht auf eine bestimmte Situation oder einen Gegenstand, wie bei den Phobien. Bei der generalisierten Angststörung leiden die Betroffenen allgemein und anhaltend unter vielen Ängsten und Sorgen. Die Sorgen und Befürchtungen wird als unkontrollierbar erlebt.

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Schutz und Warnverhalten: Als Warnsignal weist Angst, ähnlich wie akuter Schmerz, auf mögliche Bedrohungen hin und bereitet unseren Körper durch die Ausschüttung von Stresshormonen zum Kampf oder zur Flucht vor (1). Angst ist daher eine verankertes Reaktionsmuster, das überlebensnotwendig ist. Nach Beseitigung der Bedrohung lässt die Angst nach. Zudem muss man zwischen Ängstlichkeit und krankhafter Angst unterscheiden. Einige Menschen verkraften auch Extremsituationen, ohne anschließend unter vermehrter Angst zu leiden. Ob sich die Angstbereitschaft vergrößert, gleich bleibt oder abnimmt, hängt wesentlich davon ab, wie die wichtigsten Bezugspersonen des Kindes mit eigenen und fremden Ängsten umgehen oder umgegangen ist. Wenn es den Bezugspersonen gelingt, dem Kind Vertrauen in sein eigenes gutes Funktionieren und das Funktionieren der Welt zu vermitteln, wird es möglicherweise zu einem überwiegend mutigen, gelasseneren Menschen heranwachsen. Reagiert die Bezugspersonen selbst mit großer Unsicherheit und Angst auf Neues, wird dies auch das Kind prägen. Später reichen oft geringfügige Anlässe, um das ohnehin schon hohe Erregungsniveau so weit zu steigern, dass es in massive Angst umschlägt. Spirale der Angst („Teufelskreis“): Wenn Menschen mit hoher Angst- bzw. Erregungsbereitschaft nicht gelernt haben, sich selbst zu beruhigen, können auch schon leichtere Reize Angst und Unsicherheit auslösen. Schnell stellt sich Vorstellung ein, so könnte sich ein Spirale von immer größer werden Angst und Panik entwickeln. Die Angst engt den Betroffenen immer weiter ein. Wie viele psychische Störungen ist die Angststörung ein zusammenwirken von verschieden Situationen und beruht auf einem Grundraster (Teufelskreis). Es kann sich ein Kreislauf von Erwartungsangst, Katastrophengedanken und der Beobachtung von körperlichen und anderen Angstmerkmalen entwickeln. Ausgangspunkt ist ein über erregbares Nervensystem und die Tendenz sich vor körperlichen Empfindungen zu ängstigen. Der Betroffene hat nie wirklich gelernt mit Ängsten umzugehen. Anrege für den Kreislauf ist eine natürliche Angst, der Körper reagiert mit den normalen Symptomen des Warnsystems. Zur Entwicklung einer Störung fokussiert der Betroffene seine Aufmerksamkeit auf die bedrohlichen Reize und interpretiert diese als Gefahr (2). Der Körper reagiert mit den Symptomen um sich zu schützen und in Sicherheit zu bringen. Hat der Betroffene nicht gelernt oder keine Gelegenheit sich wieder zu beruhigen und zu entspannen, können die körperliche Symptome der Angst deutlich stärker werden. Da der Betroffene keine Erklärung für die körperlichen Symptome hat, interpretieren dieser sie als gefährlich. Je ängstlicher, um so stärker werden die Symptome (3).

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Angststörung

Die Angst vor der Angst Der Betroffene entwickelt schließlich eine Erwartungsangst, die Angst vor der Angst oder der Situation in der er eine Attacke haben könnte. Das Gefühl seinen körperlichen Symptomen ausgeliefert zu sein. Wiederholtes Auftreten verstärkt die weitere Hereinsteigerung in den Teufelskreis. Die Angst (vor der Angst) wir omnipräsent (4). Erwartung weiterer Angstattacken erhöht die Aktivität des autonomen Nervensystems. Aus einer Panikstörung kann sich eine Agoraphobie entwickeln. Somit werden Situationen gemieden und die Angst breitet sich im Alltag und Leben des Betroffenen aus. Einschenkungen im Leben werden hingenommen.

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Exkurs | Psychische Störungen

100 Frauen (18 - 65 Jahren)

100 Männer (18 - 65 Jahren)

Borderline 4,4% der Frauen

Abhängige Persönlichkeitsstörung 1,5 - 6,7% der Frauen

Anankastische Persönlichkeitsstörung 1,7 - 6,4% der Frauen

Borderline 4,4% der Männer

Abhängige Persönlichkeitsstörung 1,5 - 6,7% der Frauen

Anankastische Persönlichkeitsstörung 1,7 - 6,4% der Frauen

Verteilung der Persönlichkeitsstörung in Deutschland bei jeweils 100 erwachsenen Frauen und Männern. Zeit

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Persönlichkeitsstörungen Persönlichkeitsstörungen mit spezifischen psychischen Störungen in einen Zusammenhang gestellt werden können (beispielsweise mit einer Phobie oder Essstörungen). Persönlichkeitsstörungen können aufgrund einer sorgsamen Problemanalyse zum anderen aber auch zur Hauptdiagnose avancieren, wenn die spezifischen Störungen z. B. als Folge einer persönlichkeitsbedingten Störungsentwicklung erklärlich werden – oder wenn keine spezifischen psychischen Störungen, sondern nur Persönlichkeitsstörungen vorliegen. Es gibt verschiedenste Unterklassifikationen der Persönlichkeitsstörungen: Paranoide Persönlichkeitsstörung: Tiefgreifendes Misstrauen und Argwohn gegenüber anderen, übertriebene Empfindlichkeit bei Rückschlägen und Zurücksetzung; streitsüchtiges und beharrliches, situationsunangemessenes Bestehen auf eigenen Rechten. Schizoide oder schizotypische Persönlichkeitsstörung: Tiefgreifendes Muster, das durch Distanziertheit in sozialen Beziehungen, eingeschränkte Variation von Gefühlsausdrucks im zwischenmenschlichen Bereich bis zu zwischenmenschlichen Defiziten, Vorliebe für einzelgängerische Beschäftigungen, Mangel an engen Freunden oder Vertrauenspersonen, Verzerrungen der Wahrnehmung oder des Denkens. Dissoziale Persönlichkeitsstörung: Große Diskrepanz zwischen dem Verhalten und den geltenden sozialen Normen auf, Unfähigkeit zum Erleben von Schuldbewusstsein, Neigung, andere zu beschuldigen oder vordergründige Rationalisierungen für das eigene Verhalten anzubieten. Emotional instabile Persönlichkeitsstörung: Entweder ein impulsiver Typus, dessen wesentliche Charakterzüge emotionale Instabilität und mangelnde Impulskontrolle mit einer Neigung zu gewalttätigem und bedrohlichem Verhalten darstellen, sowie ein Borderline Typus, bei dem zusätzlich zur emotionalen Instabilität das eigene Selbstbild, Ziele und innere Präferenzen (einschließlich der sexuellen) unklar und gestört sind. Histrionische Persönlichkeitsstörung: Tiefgreifendes Muster übermäßiger Emotionalität oder Strebens nach Aufmerksamkeit. Auffällig ist eine Dramatisierung bezüglich der eigenen Person, theatralisches Verhalten, übertriebener Ausdruck von Gefühlen und ein andauerndes Verlangen nach Aufregung, Anerkennung durch andere und im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Narzisstische Persönlichkeitsstörung: Bedürfnis nach Bewunderung und ein Mangel an Empathie. Ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung: Überzeugung, selbst sozial unbeholfen, unattraktiv und minderwertig zu sein, sowie eine ausgeprägte Sorge, in sozialen Situationen kritisiert oder abgelehnt zu werden . Abhängige Persönlichkeitsstörung: Unterordnung eigener Bedürfnisse, zu denen eine Abhängigkeit besteht, sowie eine eingeschränkte Fähigkeit, Alltagsentscheidungen allein und unabhängig zu treffen. Anankastische Persönlichkeitsstörung: Übermäßiger Zweifel und Vorsicht dafür verantwortlich, dass die Betroffenen sich ständig mit Details, Regeln, Listen, Ordnung, Organisation oder Plänen beschäftigen. Zwanghafte Persönlichkeitsstörung: Starker Beschäftigung mit Ordnung, Perfektion und psychischer sowie zwischen menschlicher Kontrolle gekennzeichnet, die auf Kosten von Flexibilität, Aufgeschlossenheit und Effizienz geht. Passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung: Negativer Einstellungen und passiven Widerstands gegenüber Forderungen nach angemessener Leistung gekennzeichnet. Depressive Persönlichkeitsstörung: Depressiver Kognitionen und Verhaltensweisen, für die ebenfalls negative, widerständige, kritische und pessimistische Grundeinstellungen typisch sind.

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Exkurs | Psychische Stรถrungen

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Es sind bedeutsame Wechselwirkungen zwischen den elterlichen Erziehungsstilen, dem jeweiligen Temperament des Kindes und dessen Kompetenzen, sich in die eigene Familie funktional wie auch disfunktional einzubinden, anzunehmen. Bindungs- und Beziehungsverhalten Dass das Bindungsverhalten für die Entwicklung von Selbstvertrauen und für das Hineinwachsen in zwischenmenschliche Beziehungen (spätesten mit Beginn des Kindergartenalters) eine wichtige Rolle spielt, ist in der Persönlichkeitspsychologie gut am Beispiel der Langzeitentwicklung von Schüchternheit untersucht. Dabei spielen einerseits Temperamentsfaktoren zwar eine gewisse Rolle, können jedoch wesentlich durch ambivalent-ängstliche Erziehungsstile der Eltern beeinflusst und Ablehnungserlebnisse in Kindergarten und Schule weiter verstärkt werden. Selbstsicherheit Zunehmende Unsicherheiten, Hemmungen gegenüber Gleichaltrigen und wegen der eigenen Zurückhaltung nicht beachtet zu werden, können Rückzugtendenzen massiv verstärken und einen unglücklichen Teufelskreis in Gang setzen. Zunehmender Mangel an Freundschaftsbeziehungen kann bereits früh in Einsamkeit und depressive Verstimmungen einmünden. Da Schüchternheit als eine zentrale Eigenart der selbstunsicher-vermeidenden Persönlichkeit gilt, liegt es nahe, ähnliche Entwicklungsbedingungen zu vermuten. Die Bedeutung mangelnder sozialer Integration und fehlender Ressourcen außerhalb von Familien für die Entstehung psychischer und Persönlichkeitsstörungen wird seit längerer Zeit diskutiert. Die Belastungsfaktoren einer mangelnden sozialen Integration von Menschen werden unter verschiedenen Perspektiven untersucht, z. B. als Einbrüche in der familiären Entwicklung, fehlende sozial-gesellschaftliche Einbindung, Migration, Säkularisierung und rapider gesellschaftlicher Wandel.

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Exkurs | Psychische Stรถrungen

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Hilfe suchen Viele Menschen, die unter einer Störung leiden, wissen es entweder nicht, oder wollen es sich nicht eingestehen, da es einfacher ist mit der Störung weiter zu leben. Sich eine Störung einzugestehen und sich Hilfe zu suchen braucht viel Kraft und einen Willen.

Wer sich in einer Symptombeschreibung wiedererkennt, sollte sich schnellt möglichst Hilfe suchen, auch wenn nur ein Verdacht besteht! Hierfür werden zahlreiche Tests in Form von Fragebögen im Internet angeboten. Nach dem Beantworten der Fragen soll das Ergebnis Aufschluss über den psychischen Stand des Lesers oder seiner Bekannten geben. Nach dem Beantworten kann man erkennen, ob überhaupt eine Störung vorliegt. Sollte der Verdacht bestehen, an einer Störung zu leiden, ist ein Besuch bei einem Facharzt, wie einem Psychologen, Psychotherapeuten oder Neurologen, unumgänglich. Menschen mit einer Störung können heute gut therapeutisch begleitet werden. Die Heilungschance sind zudem sehr hoch. Mit Gewissheit kann an sagen: professionelle Unterstützung und Begleitung ist besser als gar keine. Jede Art der erwähnten von Störung beeinflusst das Leben des Betroffenen und das seiner Bekannten. Die Störung sollte wieder aus dem Lebensmittelpunkt gerückt und Freude am Leben gefunden werden. Dabei kann geholfen werden. Die Mortalitätsrate und Suizidgefahr bei vielen Störungen ist sehr hoch, so dass viele Betroffene keinen anderen Ausweg sehen. Begleitende Unterstützung, damit Betroffene nicht alleine sein müssen, würde die Mortalitätsrate stark senken. Außerdem liegt der Grund für die hohe Mortalitätsrate, dass die Betroffenen viel an den (körperlichen) Folgen sterben. Der Hausarzt oder der Kinderarzt ist immer über lokale Ansprechpartner informiert und leitet an professionelle Helfer weiter.

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Potential einer Familie

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Potential einer Familie »In vielen Familien herrscht das Leitbild: Wir halten zusammen! Dies kann jedoch auch viel Druck bedeuten. In anderen Familien fehlt der familiäre Zusammenhalt komplett. Eine Familie ist mehr als das, sie sollte, Misslagen und Hilferufe erkennen und die Stärke haben, gemeinsam an der Lösung zu arbeiten. Egal wie unterschiedlich jede Familie ist: Bestimmt Muster und Rollenverteilungen sind allgemeingültig. Die Familie besteht aus den Summen vieler einzelner Teile, welche schnell aus der Balance geraten. Sie ist ein schwer durchschaubares Geflecht, wo jeder mit jedem unsichtbar verbunden ist. Das kann sich zu einem schleichenden zermürbendem Prozess entwickeln und muss erkannt werden: Aus diese Schieflage ergibt sich die Notwendigkeit einer äußeren Unterstützung. Zusammenhalt sollte nicht länger als Mythos gelten, denn trotz allem ist die Kraft einer Familie unschätzbar. Zum Schutz unserer Familien, der Ressource unserer Gesellschaft, sollte sie Familie geschätzt und mehr unterstützt werden:« *

Neben Freundschaften und Partnerschaften ist die Familie eines der wenigen Beziehungsund Bindungsgeflechte, auf die ein Mensch zurückgreifen kann. Sie erfordert viel Arbeit, vermag aber ebenso große Ressourcen zu bieten, aus denen jeder Beteiligte Kraft für sein Leben schöpfen kann. Die eigene Familie kann man sich nicht aussuchen, sagt der Volksmund. ( – Illustration Nr. 32; auf der linken Seite – ) Empirische Erhebungen zeigen seit Jahrzehnten, dass die überwiegende Zahl junger und älterer Menschen der Familie einen hohen Stellenwert einräumt. Sie nimmt unter den persönlichen Lebenszielen wie Gesundheit, Arbeit, Freizeit, Einkommen, Glaube usw. den zweiten Platz ein (nach der Gesundheit). Die Jugendlichen sind zu rund 90 % familienorientiert. Diese Familienorientierung bleibt auch bei zunehmendem Alter bestehen. Die Zukunftsbestrebungen der Jugendlichen richten sich neben dem Beruf auf die Familie. Die individuelle Wertschätzung der Familie beruht weniger auf der materiellen Versorgungssicherheit der Familienmitglieder. Sondern vielmehr wird die Familie als Raum für Partnerschaft, der gegenseitigen Zuneigung, der Verlässlichkeit, der Geborgenheit, des emotionalen Rückhalts gesehen. Vielmehr hängt die Wertschätzung der Familie von der eigenen Einstellungen, Haltungen und Verhaltensweisen im menschlichen Zusammenleben ab, als dass sie auf materiellen Kosten-Nutzen-Überlegungen reduziert wird. Daher verwundert es auch nicht, dass die Menschen selbst in Krisenzeiten Familien gründen. Es scheint für die Familie – so der Familiensoziologe Kurt Lüscher - „ein Potenzial an spezifischer Sinnstiftung zu geben. Man könnte von einem ‚Eigensinn’ sprechen. Dieser verleiht ‚Familie’ Charakterzüge einer Gegenstruktur zur Gesellschaft: Wo Rationalität, Effizienz, Nützlichkeit zu überborden drohen, macht Familie geltend, dass auch die Gegenteile zum alltäglichen menschlichen Zusammenleben, mithin zu Menschsein gehören.“ Trotz der sinnvollen und sehr fundierten Recherche und Arbeit von Soziologen, Forscher, Psychologen und anderen Fachleuten wird die systemische und allgemeine Familientherapie noch oft kritisch gesehen und durch den Staat und die Krankenkassen in Deutschland unzureichend unterstützt. Beispielsweise werden, wenn ein Mitglied einer Familie ein psychisches Problem hat, bei bestätigter notwendiger therapeutischer Unterstützung, nur ein Teil der Kosten von der Krankenkasse übernommen. Dass bei einem solchen Fall die Familie zur therapeutischen Ergänzung mit einbezogenen wird, ist jedoch immer noch selten.

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Potential einer Familie

Familientherapie Aristoteles:

»Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile..«

Vorteile einer (systemischen) Familientherapie Durch eine Familientherapie, beispielsweise durch eine systemische Betrachtungsweise, wird die Lösungssuche für ein Problem, eine Auffälligkeit oder Störung und deren Einfluss auf die gesamte Familie von außen unterstützt. Durch die Betrachtung von außen ist ein facettenreiche Einschätzung der Phänomene, Zusammenhänge und des Problemverlaufs zu bekommen. In allen Konfliktfeldern einer Familie geht es nicht nur um die Auseinandersetzung mit den sachlichen Aspekten der Probleme, ebenso wichtig sind die emotionalen Aspekte und Beziehungsebenen.

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Die Familie soll als Ganzes verstanden und betrachtet werden. Gleichzeitig ist jedoch genauso wichtig, dass der Einzelne nicht aus dem Fokus gerät.

Kommt es in einer Familie zu einer Krise, so sind davon alle und nicht nur die unmittelbar Beteiligten betroffen und das Familiensystem gerät aus den gewohnten Bahnen. Um das notwendige Gleichgewicht (bei geänderten Bedingungen) wiederherzustellen, ist eine konstruktive, einvernehmliche und zukunftsorientierte Konfliktlösung anzustreben. Die Gefahr der Ausblendung wichtiger Kontextfaktoren wird durch den Einbezug aller Betrachtungsebenen und Familienmitglieder minimiert. Somit wird die systemische Betrachtungsweise (bei Miteinbeziehung des Konstruktivismus) der komplexen Realität der heutigen Gesellschaft am ehesten gerecht. Durch den therapeutischen Entstehungshintergrund ist die Präsenz möglicher Veränderungsmechanismen gewährleistet. Die Annahme, dass eine objektive Wahrheit nicht vorhanden ist und nicht existiert, rückt die aktive Frage nach Zusammenhang und Bedeutung in den Vordergrund. Somit ist der Grundgedanke einer familientherapeutischen Sicht: Das Problem eines Einzelnen ist nicht Ursprung, sondern das Resultat einer komplexen Wechselwirkung von Beziehung, Kommunikation und Wahrnehmungen. Die Frage nach der Schuld ist hierbei unwichtig und kontraproduktiv. Bei einer familiären Schieflage sollte nicht nach der Schuld sondern nach einem Weg zur Genesung gesucht werden.

Nachteile einer (systemischen) Familientherapie Die intensive Betrachtung der Familie als Ganzes kann dennoch zu einer Vernachlässigung des Individuums und seiner intraspezifischen Realität führen. Der Einzelne könnte in der Betrachtung des gesamten Konstrukts verloren gehen und sich vernachlässigt und übergangen fühlen. Der Grundgedanke einer familiären Therapie ist, dass diese im Zuge des systemischen Betrachtens abläuft, Teil des Prozesse ist und als Untersuchung des Ursprungs der Problematik des Individuums dient. Bei einer betont objektiven Betrachtung kann es dazu kommen, dass die Betrachtung zu schematisch und unpersönlich abläuft. Naheliegend ist die Gefahr einer Relativierung „objektiver“ Phänomene durch Überbetonung konstruktivistischer Elemente.

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Der Mensch ist keine Maschine und läuft nicht immer nach bestimmten systemischen Mustern ab. Das gleiche gilt für Familien.


Die Unerforschbatkeit und beinahe unmögliche Definierbarkeit von Phänomenen wie Emotionen und Gefühle spielen außerdem auch immer eine wichtige Rolle in persönlichen und familiären Angelegenheiten. Denn trotz der recht umfassenden Strukturierung der Theorie, die Familie als soziales System zu sehen, treten bei einer genauerer Betrachtung Problemfälle auf, die bestimmte Teile der Familiensystemtheorie in Frage stellen.

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Wie jede andere Änderung ist auch eine Familientherapie ein Einwirken von außen in das geschlossene System der Familie.

Einerseits ist die Familie eine der persönlichsten Beziehungen, in die ein Mensch gerät. Somit ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass nicht alle Familienmitglieder bereit zu einer Therapie sind und nicht positiv zu einem solchen Schritt gestimmt sind. Andererseits kann auch der mit von grundauf positiven Gedanken zur Genesung eingeleitete Konfliktlösungsprozess das System einer Familie durcheinander bringen. Der Konfliktlösungsprozess sollte jedoch ein Anstoß der Selbstregulierung in eine positivere Richtung bilden Außerdem haben auch heute noch viele Therapeuten und Therapieansätze mit Vorurteilen und Stigmata zu kämpfen, somit ist auch der „Gang zum Psychologen“ meist kein leichter.

Wertung der systemischen Familientherapie Allgemein ist die Betrachtung oder der Versuch der Betrachtung aller Standpunkte, Beziehungen, Verpflichtungen und Ansichten sinnvoll. Eine Erforschung aller Teilbereiche der Familie schafft Transparenz und lässt schließlich das Individuum mit einer Problematik leichter den Ursprung eines krankhaften oder gestörten Verhaltens erkennen. Hierbei soll im Prozess eine stetige Selbstreflexion des Individuums und ein Verständnis für die Sichtweise der anderen Beteiligten angestoßen werden. So kann schlussendlich die Vorstellung von einer psychischen Störung und ihre Stigmatisierung als selbst verschuldet widerlegt und entkräftet werden. Alles soll die Heilung der Einzelperson unterstützen und den Familienfrieden herstellen. Ein Problem und eine Familie muss hierbei sensibel und mit Respekt behandelt werden. Menschen sehnen sich nach stabilen Beziehungen und nach familiärem Zusammenhalt. Doch die Bedürfnisse eines jeden an seine Familie in der pluralistischen Gesellschaft sind genauso unterschiedlich und hoch, wie ihre Erwartungen an Unterstützung durch den Staat. Eine Familientherapie, egal ob systemisch oder nicht, ist unterstützenswert. Die systemischen Definition des Familienbegriffs zeigt, dass ein funktionierendes Familiensystem eine positive Auswirkung für alle andern Funktionssysteme hat. Die Familie ist ein vielschichtiges und kompliziertes Konstrukt, in dem jedes Mitglied eine wichtige Rolle einnimmt, aus einem bestimmten Kontext heraus bzw. auf ein bestimmtes Ziel hin handelt. So muss jedes Mitglied im Zusammenhang mit allem gesehen werden. Wenn dies noch mit Unterstützung der Staates und der Krankenkassen passieren könnte, wäre schon viel in die richtige Richtung getan. Um der Genesung und des Erhalts der Familie willen, ist es einen Versuch wert.

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Potential einer Familie

„Familie – Italienische Autokorrektur“ Text von Lena Konopka, Juni 2013 ( – Illustration Nr. 33; auf der rechten Seite – )

Eine Nachricht ohne Emoticons verfassen Total die Verfassung verlieren Etwas bekommen, ohne es direkt zu verdienen Trotz Musikausfall ein angenehmes Schweigen Sich ohne eine Absicht Zuneigung zeigen Bedingungslose Loyalität Jemand, der kein Geheimnis verrät Glaubhaftigkeit bei dem Satz: Es wird alles wieder gut. Sich zur Verzweiflung bringen und zur Weißglut Zusammen lachen, wenn es unangebracht ist Einfach sein wer du bist Sich verstehen trotz Italienischer Autokorrektur Sich vertrauen ohne die Notwendigkeit von einem Schwur Sagen, dass man Vögel hasst ohne verurteilt zu werden Seine finstere Seite nicht verbergen Sich wegen einer Unterhose streiten Schlechte Laune verbreiten Akzeptieren, dass Scooter läuft bis zum Verrecken Die Modern Talking CDs jedoch verstecken Sich zusammen aufregen und hochschaukeln Sich nicht vorgaukeln, dass der Atem eine frische Mintbrise ist. Wenn ein Strich durch das Haar das einzige ist Was hilft. All das ist Familie. Egal ob mit nur einer Person oder sechsundvierzig. Von Tochter bis Oma, von Neffe bis Opa, von Halbschwester bis bester Freund und Nichte Ob blutsverwandt oder nicht Egal in welcher Konstellation Egal, ob Vater, Mutter Kind oder Vater, Mutter, Kind und Kind oder Mutter, Mutter, Sohn oder Vater, Vater, Tochter oder Oma, Tante, Tochter oder Ehemann, Ehefrau und Kanarienvogel. Das wer oder wie wiegt nie soviel wie das was, denn das was ist, was wirklich zählt.

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Forderung »Einerseits: Um eine zukunftsorientierte Gesellschaft zu sichern, muss die Politik das Potenzial sowie das gesunde Leben unserer Familien unterstützen und bessere Lebensbedingungen für Familien schaffen. Das heißt: - bessere Kinderbetreuung - finanzielle Unterstützung - mehr Unterstützung für sozial schwächere Familien - und somit auch Kindern aus armen Familien eine Bildung ermöglichen Anderseits müssen Kernproblematiken in der Familie bearbeitet werden. - zum einen müssen auffällige Familienmitglieder therapeutisch unterstützt werden, wobei hier meist nicht der Ursprung des Problems liegt - und zu anderen ist eine Familientheraphie parallel sinnvoll: Die familiären Zusammenarbeit hat eine deutlich höhere und langanhaltendere Erfolgsgarantie. Familientherapie rückt die Familie als Ganzes in den Mittelpunkt der Betrachtung. ’Eine Familie ist mehr als die Summe ihrer Mitglieder‘« *

Hat das Bild, der Begriff der Familie überhaupt noch eine Zukunft? Wir leben nicht nur in einem sozialen Wandel, sondern vor allem in einem ständigen Werte-Wandel. Die traditionelle Familie, wie in der Idealzeit der Familie in den 50er Jahren, hat jetzt schon ihre Bedeutung verloren. Das Bild einer traditionellen Familie ist dennoch vorhanden, doch lebt diese eher als verblasste Schwarz-weiß-Fotografie in den Erinnerungen der Menschen, in der Nostalgie ihrer Träume. Der Mensch ist heute eher ein Einzelkämpfer. Der Rückzug in die Familie ist wichtig, doch die schnelle, eindeutige und starke Positionierung in der Gesellschaft fordert viel Kraft und Entscheidungen. ( – Illustration Nr. 35; auf der folgenden Seite – ) Die Schnelligkeit ist eine große Herausforderung an jeden Einzelnen und an jede Familie. So ist diese einem enormen Druck und dem Zwang zur Flexibilität ausgesetzt, viele Individuen und Familien sind diesem Druck einfach nicht gewachsen. Erwartungen an die Familie werden größer und die Erfahrungen und Ressourcen, auf die eine Familie zurückgreifen können sollte, kleiner. Ein Ungleichgewicht wir somit viel schneller erreicht als früher. Heute werden andere Prioritäten gesetzt und andere Zwecke verfolgt.

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Die Voraussetzungen für eine Familiengründung und die Lebensfähigkeit bzw. den Lebenserhalt einer Familie sollten eindeutig verbessert werden. ( – Illustration Nr. 34; auf der linken Seite – )

Eine Entlastung jedes Einzelnen und der Familie hat Auswirkung auf die Gesellschaft und ihr Wohlergehen. Die Verantwortung kann in unterschiedlichen Formen des familiären Zusammenlebens wahrgenommen werden. Ob Lebenspartnerschaft oder Lebensabschnittsbeziehung, ob klassische, vertauschte oder gemischte Rollenverteilung - Menschen können frei entscheiden, auf welche Weise sie füreinander Verantwortung übernehmen und füreinander einstehen wollen. Somit hat die Politik nicht nur eine Verantwortung bezüglich des Schutzes einer Familie, sondern auch eine gewisse Verantwortung für das Wohlergehen der Familie und jedes Einzelnen in ihr, wenn die Familie nicht alleine diesen Erwartungen nachkommt oder nachkommen kann. Eine nachhaltige Familienpolitik wäre nachhaltig zu nennen, wenn sie die Vielfalt gleichberechtigter Lebensentwürfe respektiert und unterstützt. Nachhaltig wäre es, wenn es gleichzeitig das Ziel gäbe, Menschen die nötige Zeit für die Übernahme von Verantwortung und für ihr Familienleben zu geben. Zeit und Aufmerksamkeit füreinander sind wichtig, Familien sollte füreinander da sein. Familien, egal wie sie definiert sind, bilden den Ursprung unserer Gesellschaft und nicht nur deshalb muss das Leben von Familien, so gut es geht, vereinfacht, unterstützt und lebenswert gemacht werden. Die systemische Familiensicht ist teilweise problematisch und nicht hundertprozentig positiv konnotiert. Jedoch ist sie schlussendlich eine der zeitgemäßesten und Familien- bzw. Individuums-nächsten Therapieformen. Widersprüche, speziell bei der Betrachtung der Definition des Familienbegriffes, zeigen, dass Familie in Bezug auf die Politik noch einige Konfliktbereiche aufweist und aufweisen wird. Egal ob systemisch oder nicht, egal ob traditionell oder nicht-traditionell, die Familie ist eine Einheit, das Ressource und der Ursprung unserer Gesellschaft, welche zu schützen und zu unterstützen ist. Seite

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Forderung

Abb. 5: Antwort auf die Frage: „In welcher Situation oder Bereich empfinden Sie Stress?“*

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49% Zeit dru ck i m B e r u f

49 % S t r e it o d er Äa er g er i n d er F am i l i e

46% Gesun d h ei tl i c h e S o r g en

42% Hektik un d S t r e s s im A llt ag

41 % F i n a n z i elle S o r g en

37% B er uf un d Fami l i e un t er ei n en Hut z u b ek o ö mmen

3 1% Konfl ikte mit K o lle ge n o de r de m C he f

30% V ie le F ami l i ä a er e V er p fli c h t un g en

27 % A n g st v o r J o bv er lust

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! Zum Schutz der Familie Buddistische Weisheit:

»Erfolg ist kein großer Schritt in der Zukunft, sondern ein kleiner Schritt heute.«

P ol i t i sche Forderungen Entwicklungen in der Erwerbstätigkeit, neue Lebensformen und der demographische Wandel verändern Familien und schaffen vielfältige Anforderungen, die sich in der Wirtschaftskrise verschärfen. Das bedeutet: Die Familie muss sich neu erfinden. Dabei können die staatlichen Sicherungssysteme Basis und Rahmen bilden. Für die passgenaue individuelle Unterstützung bedarf es aber zivilgesellschaftlichen Engagements, personaler Solidarität und gelebter Subsidiarität. Es sind vor allem zwei Ziele, denen eine Familienpolitik neuen Zuschnitts folgen sollte: Dem Kindeswohl und der Teilhabe der Älteren am Leben von Familien und familienähnlichen Gemeinschaften. Die notwendige Unterstützung ist umso wirkungsvoller, je näher sie den Familien und den kleinen Lebenskreisen kommt. Deshalb: – Muss das unmittelbare Umfeld gestärkt werden – Sollte sich Familienpolitik zuallererst auf der kommunalen Ebene entfalten – Muss das zivilgesellschaftliche Engagement für Familien auf proaktive staatliche Anreize treffen – Sollten neue Lebensgemeinschaften – gerade auch unter Älteren und im Mehrgenetationenverbund – rechtlich abgesichert werden – Sollte die Leistung für und in den kleinen Lebenskreisen durch steuerliche Erleichterung oder auch ein Grundeinkommen honoriert werden – Sollte sich Stadtentwicklung an familienpolitischen Belangen orientieren – Sollte der vergleichende Austausch und das Lernen von anderen gesucht und erleichtert werden. In Politik, Wirtschaft und Gesellschaft herrscht weitestgehend Konsens über die Herausforderungen der demographischen Entwicklung: Deutschland braucht mehr Kinder, dafür müssen vordringlich die Fragen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf geklärt, das Bildungsniveau gehoben, die Erziehungskompetenz der Eltern gestärkt und das Armutsrisiko der Familien reduziert werden. Das sind Punkte, die nicht nur die betroffenen Familien und familienpolitischen Akteure beschäftigen sollte, sondern für die Zukunft der gesamten Gesellschaft von großer Bedeutung sind.

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Vorrangig braucht Deutschland jedoch mehr zufriedene, gesunde und glückliche Familien, damit im zweiten Schritt mehr Kinder auf die Welt gebracht werden. Somit müssen erst die Familie, die schon existieren gestärkt und unterstützt werden, damit mehr Menschen den Mut und die Sicherheit haben (eigene) Kinder in die Welt zu setzten.

Familienspezifische Forderungen !

Die Familie bewegt sich in mehreren Konfliktbereichen gleichzeitig: Erwartungen und Herausforderung, Emotionen und Vorstellungen, Entwicklung und Erfahrung, Individuum, Umfeld und die Familie als Ganzes, Beziehung und Bindung, Ressourcen und Verteilung, Alltag und Privatsphäre.

Die Familie bewegt sich zwischen Grenzbereichen wie Politik und Gesellschaft, Soziologie und Persönlichkeit, Freiräumen und Verantwortung, Sichtweisen und Verständnis.

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In diesem System stecken individuelle Köpfe mit Persönlichkeit, eigenen Vorstellungen, Wünschen, Interessen und Zielen. All das birgt Konfliktpotenzial. Trotzdem oder gerade deswegen muss in Familien alles funktionieren. Mehr Transparenz und Aufmerksamkeit im Bereich der Familie wäre eine Chance das empfindliche und sehr sensibles System der Familie ansatzweise zu verstehen und genesungsorientiert zu handeln. Hierbei muss der Akzent sowohl auf dem gesamten Gebilde als auch auf jedem Einzelnen liegen. Jede Familie hat ihr eigenes Vulnerabilitäts-Stress-Modell79, auf welches individuell eingegangen und geholfen werden muss. Das Modell kann zugleich Ursprung, Konstrukt und multifunktionale Genese einer psychischen Störung und einer Schieflage in der Familie sein, außerdem liegt hier auch der Grundstein, um einer Familie die Basis für die richtige Hilfe bei der Heilung, der Therapie einer psychischen Störung in einer Familie zu bieten. Familientherapie an sich gibt es schon schön lange, auch in Form der systemisch Beratung. In vielen Fällen hat sie schon deutliche Erfolge gezeigt, trotzdem wird sie noch in einigen Punkten kritisch gesehen. Grundlegend ist, ob man Familie als System sehen kann und wie dieses definiert ist. Mithilfe dieser Arbeit ist ein Ansatz geschaffen: Tranzparenz zu schaffen und einen möglichst objektiven, allumfassenden Querschnitt in die deutsche Familie zu machen, umso ein möglichst objektives und zeitgemäßes Bild der deutschen Familie zu zeichnen. Familie ist für jeden im Endeffekt etwas persönliches. Systeme gibt es in vielen Bereichen der Biologie, Mathematik, Physik etc. Wir sind umgeben von Systemen, eigentlich bestehen fast alle Bereiche des Lebens aus Systemen. Die meisten Systeme sind für uns als Betrachter selbstverständlich, funktional und selbstregulierend. Warum sollte die Familie nicht als System gesehen werden? Immer mehr Naturkatastrophen und das erhöhte Aufkommen von aussterbenden Tierarten sind Anzeichen dafür, dass Systeme durcheinander gebracht wurden und wo die Selbstregulierung nicht mehr ausgereicht hat. Die Entwicklung der Gesellschaft und neue Herausforderungen bringen Systeme in Situationen, in denen sie nicht mehr auf Erfahrungen zurückgreifen können. Die Ressourcen einer Familie kann für die Menschen im heutigen gesellschaftlichen Alltag an Grenzen stoßen und nicht mehr ausreichen. Vielleicht stellt die heutige Gesellschaft auch einfach eine Überforderung für den Begriff der Familie dar. Werden zu viele oder zu hohe Erwartungen an eine Familie gestellt? Durch diese Fragestellungen bezüglich der entstehenden Konfliktbereiche ist es wichtig Transparenz zu bieten. Es sollte eine Aufklärung über die Funktion der Familie in der heutigen Gesellschaft geschaffen werden. Das Interesse, genauer zu erforschen, sich zu informieren, damit auseinander zu setzten, zu recherchieren, darüber zu sprechen und zu verstehen was eine Familie genau ist, sollte unterstützt und entfacht werden. Um somit die Möglichkeiten und das Verständnis der Familie in der heutigen Gesellschaft besser einschätzen zu können.Im Laufe der nächsten Jahre wird sich zeigen, dass Familie besonders in der heutigen Zeit ein sehr fragiles und empfindliches System ist, das vielem Stand halten muss. Daraufhin warten auf die Familien sehr vielen Herausforderungen und sie ist noch vielen neue, noch unbekannten Problemen ausgeliefert. Wobei kaum auf Erfahrungen zurückgegriffen werden kann. Sobald von der individuellen, gemeinschaftlichen und politischen Seite an einer lebensfähigen Situation gearbeitet wird, hat die Familie in der heutigen Gesellschaft eine Chance. Doch hierzu muss jetzt und flexibel reagiert werden! Sonst zerbrechen immer mehr Familien.

79 Auf Seite 138 wird näher auf das Vulnerabilitäts-Stress-Model eingegangen. Quelle 01. April 2013: http://www.mediclin.de/Zielgruppen/P-A/Patienten-und-Angehoerige/Gesundheitslexikon/V/ Vulnerabilitaets-Stress-Modell.aspx

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DGSF Informationsportal Familientherapie und Familienberatung Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie. Informationen und Quelle: www.dgsf.org

Zitat von der Webseite des DGSF Juni 2013: „ Hinweise zur Systemischen Therapie/Familientherapie In Deutschland gilt die Systemische Therapie/Familientherapie derzeit nicht als so genanntes Richtlinienverfahren (das gilt für andere, durchaus etablierte und erfolgreiche Psychotherapieverfahren auch) und wird deshalb als ambulante Leistung von den gesetzlichen Krankenkassen nicht bezahlt. Es gibt jedoch von der DGSF anerkannte (Familien-) Therapeutinnen und Therapeuten, die aufgrund einer zusätzlichen Ausbildung in einem Richtlinienverfahren mit den Krankenkassen abrechnen können (als Richtlinienverfahren gelten derzeit tiefenpsychologische und analytische Psychotherapie sowie Verhaltenstherapie). Auch in vielen (psychosozialen) Beratungsstellen wird „systemisch“ gearbeitet. Beratungsstellen in Ihrer Nähe finden Sie über die Internetseiten der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugend- und Eheberatung (www.dajeb.de) oder der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (www.bke.de/ratsuchende.htm)! “

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Das Projekt ist mein Liebesbrief an meine Familie, die sich sehr schätze.

Danke an die folgenden Menschen, ohne diese das Projekt nicht so geworden wäre, wie es jetzt ist: Prof. Dipl.-Des. Ilka Helmig, Kerstin Frankhäuser, Adelheid Siegeroth und Dieter, Anna van Wersch, Anna Gamburg und Familie Zimmermann-Comouth. Natürlich vielen, lieben Dank an alle teilgenommen, einzigartigen und vielseitigen Familien, die das Projekt so vertrauensvoll unterstützt haben! ( – Fotoserie Nr. 03; auf den folgenden Seiten – )

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Fotoserie Nr. 03

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Literaturverzeichnis

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„Lebensformen“ Unterrichtsmagazin Der Spiegel 1. Auflage (2013) Stuttgart: Ernst KLett Verlag GmbH „GEO Magazin – Familien Bande“ Untertitel: „Die Macht einer intimen Gemeinschaft“ Nr. 3 / März 2000 „GEO Magazin – Experiment Familie“ Untertitel: „Die neuen Lebensforment“, „Die Krisen“ und „Die Chance der Kinder“ Nr. 3 / März 2005 „GEO WISSEN Magazin – Was im Leben wirklich zählt: Partnerschaft und Familien“ Untertitel: „Die Macht einer intimen Gemeinschaft“ Nr. 34 „Klinische Psychologie & Psychotherapie“ Wittchen und Hoyer Klinische Lehrbuch Springer Verlag 2011. Etwa 1000 S. 340 Abb. in Farbe. Mit online files/update. PDF Version

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Internet-Quellenverzeichnis

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Ganzen Zeitraum 端ber diverse Statistiken bez端glich Familie und sozialer Wandel vom Statistischen Bundesamt bezogen


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Arbeitsgemeinschaft 211 Arbeitslosigkeit 67 128 Arbeitsmodell 103 Arbeitsplatz 163 Arbeitszeit 44 Ärger 171 Argwohn 185 Aristoteles 196 Art 87 102 Artengruppen 87 Arzt 135 Aspekt 44 Auffälligkeit 147 175 Aufgabe 29 Aufgaben 43 Aufmerksamkeit 44 183 206 Aufmerksamkeitsdefizitsstörung 157 Aufmerksamkeitsfunktion 159 Aufrechterhaltung 107 128 Aufschaukeln 121 Aufschluss 189 Ausdruck 60 Auskunft 34 Auslenkung 163 Auslöser 60 Ausmaß 107 Ausschlusskriterium 103 Aussterben 67 Aussterben von Tierarten 67 Austausch 118 Ausweg 189 Auswirkung 29 82 197 Auswirkungsmerkmale 138 Auszug 63 Autismus 60 Autonomie 103 112 Autonomiebestrebung 159 Autopoiesis 130

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Abfolge 118 Abgrenzung 26 107 Abhängigkeit 26 44 177 Abhängigkeitspotenzial 177 Ablenkbarkeit 157 Ablenkungsmöglichkeit 135 Abnormalität 159 Absender 118 Adel 29 ADHS 147 Adoptionsrecht 83 Adoptivkind 103 Affekt 117 Aggression 62 Aggressionsproblematik 159 Aggressivität 161 Agoraphobie 181 Ähnlichkeit 107 Ainsworth, Mary 103 Akrophobie 181 Aktivierung 179 Aktivität 106 112 157 163 167 Ziellose Aktivität 159 Akzeptanz 60 179 Alarmzeichen 147 Alkoholabusus 159 Alkoholismus 171 Alkoholproblem 121 Alkoholspiegel 179 Alleinerziehende 35 Alleinlebende 78 Allgemeinpsychologie 112 Alltag 23 43 59 Altgriechischen 68 Änderung 31 Anerkennung 32 62 185 Gesellschaftliche Anerkennung 32 Anfangszeit 23 Angelegenheit 34 Angriff 119 Angst 43 Angstanfall 181 Angstattacke 183 Angstbereitschaft 183 Ängstlichkeit 183 Angstmerkmal 183 Angststörung 171 181 Ankündigung 34 Anorexie 169 Anorexie nervosa 169 Anpassungsfähigkeit 121 Anreiz 206 Ansehen Gesellschaftliches Ansehen 67 Anspannung 171 Ansprechpartner 189 Anspruch 69 Anstieg 78 Antrieb 163 Antriebslosigkeit 161 Antriebssteigerung 161 Appetitlosigkeit 169 Arbeit 29 Soziologische Arbeit 29

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B Balance 118 Balancen 32 Band 102 Barmherzigkeit 110 Basalganglien 159 Basis 83 Beck-Gernsheim 32 Bedeutung 67 206 Bedeutungscharakteristika 103 Bedeutungsvariante 102 Bedingtheit Multifaktorielle Bedingtheit 171 Bedingung 128 Bedrohung 103 Bedürfnis 62 87 110 Emotionale Bedürfnisse 32 Bedürfnisse 60 110 Beeinträchtigung 181 Befragung 26 34 Befriedigung 32 112

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Begriff 26 Behandlungsprognose 177 Bekanntschaft 107 Belastung 107 117 159 Seelische Belastung 103 Bemühung 23 Benachteiligung 117 Beobachtung 183 Beratung 211 Bereich 29 67 Bericht 32 Bertalanffy, Ludwig von 68 Beruf 195 Berufsleben 29 45 Berufsrisiko 67 Berufstätigkeit 29 43 Berührung 60 Beschäftigung 23 Beschluss 31 Beschützen 110 Besonderen Schutz 26 Besonderheit 73 Bestimmung 26 Besuchskontakt 124 Betrachter 29 130 Betrachtung 69 Betrachtungsebene 128 Betroffene 62 Bettnässer 121 Bevölkerung 16 26 44 78 Bewegung 112 Beweislast 119 Bewusstsein 173 Beziehung 26 39 87 102 103 196 Gemeinschaftliche Beziehung 107 Individuelle Beziehung 110 Personeninterne Beziehung 106 Beziehungdynamik 110 Beziehungen 32 Beziehungsentwicklung 110 Beziehungsgeflecht 102 112 Beziehungsgeschicht 106 Beziehungsgestaltung 103 Beziehungskonstellation 106 Beziehungsmerkmal 118 Beziehungspartner 107 Beziehungspersönlichkeit 106 Beziehungsproblem 107 Beziehungsprozess 107 Beziehungssystem 112 Bezug 73 77 Bezugsperson 60 163 183 Bild Emotionales Bild 26 Verklärtes Bild 23 Bilderbuchfamilie 23 Bildung 77 Bildungssystem 44 135 Bindung 34 102 103 107 110 Fürsorglichen Bindung 110 Bindungen 102 Bindungscharakteristika 103 Bindungsentwicklung 118 Bindungsgeflecht 195 Bindungstheorie 110

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Bindungsvarianten 102 Binge-Eating-Störung 169 Biologie 207 Blickrichtungen 31 Blutsverwandschaft 102 Blutsverwandtschaft 102 103 Botenstoff 175 Chemischer Botenstoff 175 Bowlby, John 103 Brauch 82 Buddismus 206 Bulimia nervosa 169 Bund Bund des Lebens 43 Bundeskanzler 31 Bundeskanzlerin 32 Bundestag 31

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Chance 59 63 77 206 Chancengleichheit 77 Chaos 117 122 Charakterzug 185 195 Clan 26 83 close personal realtionship 106 Code 118

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D Darstellung 23 Dauer 102 Dauerhaftigkeit 103 107 Dauerstress 44 Deeskalationsdynamik 121 Definierbarkeit 197 Definition 26 68 Definitionsbereich 31 Definitionselement 32 Definitionsfrage 26 Defizit 103 Denken Systemisches Denken 39 Denkprozess 118 161 Denkpsychologie 118 Denkweise 125 Depression 60 163 165 171 Major Depression 165 Primäre Depression 167 Unipolaren Depression 161 Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie 211 Deutschland 16 165 206 DGSF 211 Diagnose 159 181 Diät 169

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Diäthalten 169 Diätverhalten 171 Dienstleistung 23 Differenzierung 26 73 102 Segmentäre Differenzierung 26 Stratifizierte Differenzierung 29 Differenzierungsform 29 Distanz 26 Distanziertheit 185 Dopamin 175 Dopaminsystem 175 Doppelnatur 31 Dosis 179 Dramatisierung 185 Drei-Wellen-Familien-Survey Siehe Bien und Marbach Droge 177 Druck 59 62 107 Dschungel 77 Durchlässigkeit 122 Dynamik 39 112

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Empfindung 183 Endemit 69 Energiepotenzial 112 Engagement Zivilgesellschaftliches Engagement 206 Engelskreis 121 Englischen 60 Entfaltung 44 Entlastung 203 Entscheidung 117 203 Entscheidungssituationen 107 Entscheidungstheorie 118 Enttäuschung 23 171 Entwicklung 29 31 32 43 44 67 69 83 112 118 206 Entwicklungsrückstände 45 Entwicklungsphase 159 Entwicklungsphasen 107 Entzugserscheinung 177 Episode Hypomane Episode 161 Manische Episode 161 Erbrechen 169 Erbrecht 83 Erfahrung 29 60 62 82 87 117 Erfolgsdruck 44 Erfüllung 32 59 Ergebnis 189 Erholung 44 Erholungsfunktion 83 Erinnerung 203 Erkenntnis 68 83 Erklärungsansatz 163 Erkrankung 73 163 Erkundungsinteresse 110 Erleben 103 Erlebnis Traumatisches Erlebnis 60 Erlebnisse 103 Erleichterung 206 Ernährung 29 Erregungsniveau 183 Erstarrung 62 Erstehe 29 Erwachsenenalter 83 159 Erwachsener 60 Erwartung 23 43 62 119 206 Gesellschaftlichen Erwartung 82 Karriereerwartung 67 Erwartungen Erfolgserwartungen 67 Karriereerwartungen 67 Erwartungsangst 183 Erwartungshaltung 59 Erwerbstätigkeit 206 Erziehung 78 87 Erziehungsmethode 63 Erziehungsstil 159 187 Erziehungswert 135 Erziehungsziele 135 esellschaft 203 Eskalation 121 185 Essstörung 60 121 169 Essstörungssyndrom 169 Essverhalten 169 Ethik 110

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E Echo 34 Effizienz 195 Ehe 26 31 Ehepaar 78 Eheversprechen 102 Eigenschaft 73 Eigenschaften Chemnische Eigenschaft 73 Organische Eigenschaften 73 Physikalische Eigenschaften 73 Psychische Eigenschaften 73 Eigensinn 195 Eigenständigkeit 112 Einbindung Soziale Einbindung 159 Einfluss 23 44 69 102 Eingliederung 82 Eingriff 69 Einheit 68 73 Einkommen 195 Einleitung 15 Einsamkeit 44 Einwirken 197 Einzelkämpfer 203 Einzelperson 119 Einzelteile 23 Element 68 Eltern 26 87 Eltern-Kind Beziehung 110 Elternsystem 124 Elternteil 73 Emanzipation 128 Emotion 82 110 112 Emotional instabile Persönlichkeitsstörung: Emotionalität 185 Empfänger 118 Empfehlung 62

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Euphorie 161 Evolution 44 Existenzangst 59 Exkurs 147 Exkursion 118 Exosystem 39 Experiment 62 Extremsituation 183

Familientyp 103 Familienverständnis Traditionelles Familienverhältnis 78 Familienzugehörigkeit 15 Feedback 121 Fehler 62 63 87 117 Feierabend 45 Feindseligkeit 161 Fernsehen 23 Fernsehhausfrau 23 Film 23 Fleiß 62 Flexibilität 122 185 203 Flucht 62 Flut 135 Folge 23 Körperlichen Folge 189 Folgenende 23 Forderung 31 59 185 206 Familienspezifische Forderungen 206 Politische Forderung 206 Form 23 29 39 Format 23 Fiktionales Format 23 Formulierung 31 Forscher 60 195 Forschung 159 Forschungsergebnis 167 Forschungsrichtung 68 Fortschreiten 45 Fortschritt 44 Fortsetzung 119 Französischen 60 Frau 23 29 62 Freiraum 125 206 Freizeit 195 Freizeitangebot 135 Freizeitfunktion 83 Fremdeinwirkung 68 Fremdwahrnehmung 107 Fressanfall 169 171 Freunde 60 Freundschaft 59 83 Freundschaften 83 Frieden 60 Frontallappen 159 Frühstückstisch 23 Frühzeit 26 67 Frust 23 Fundament 26 31 60 Funktion 29 67 83 102 103 Politische Funktion 83 Rechtliche Funktion 83 Sozialisationsfunktion 82 Wirtschaftliche Funktion 83 Funktionseinheit 68 Funktionssystem 29 73 118 197 Furcht 181 Fürsorge 83 110 Fürsorgeverhalten 110 Fürsorgeverhältnis 110

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F Facharzt 189 Fachrichtung 68 Fähigkeit 69 Faktor 103 Neurologische Faktoren 159 163 Familie 29 59 Bilderbuch-Familien 62 Biologische Familie 102 Funktionale Familie 102 Klassischen Familie 29 Langfristigen Familie 102 Postfamiliale Familie 32 Rechtliche Familie 102 Traditionellen Familie 29 102 Wahrgenommene Familie 102 Zielorientierte Familie 124 Familienangehörige 83 Familienbedeutungsform 102 Familienbegriff 26 103 Traditioneller Familienbegriff 31 Familienbericht 31 32 Familienbeziehung 103 Familienbild 23 33 34 Praktische Familienbild 102 Traditionell-bürgerliches Familienbild Familienbildung 43 Familienbildungsprozess 39 Familienbindungsformen 102 Familienbund 31 Familienformen 18 Familienfoto 23 Familiengründung 203 Familienkonstellation 124 Familienlebenszyklus 78 Familienleitbild 45 Familienministerium 31 Familienmitglied 73 82 119 Familienmustern 82 Familienorientierung 195 Familienpolitik 26 203 Familienpsychologie 73 Familienrealität Kollektive Familienrealität 129 Familienrecht 83 Familienregeln 125 Familiensektor 78 Familiensystem 106 196 Geschlossene Familiensysteme 124 Offene Familiensystem 124 Familienthemen 23 Familientherapie 196

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„Gang zum Psychologen“ 197 Ganze 73 Gebärfähigkeit 79 Geben und Nehmen 107 110 112 Gebilde 68 Geborgenheit 26 82 Geburt 82 Gedanke 44 69 Gedankeneinschübe 175 Gedankenrasen 161 Geflecht 43 Gefühl 60 110 Positive Gefühle 167 Gefühllosigkeit 161 Gegebenheit 103 110 128 Gegensatz 23 73 Gegenseitigkeit 112 118 Gegenstruktur 195 Gegenüber 60 Gegenüberstellung 32 Gegenwart 43 87 Geheimhaltung 119 Gehirn 60 Gehirnstruktur 167 Gehör 119 Geld 119 Gemeinde Politische Gemeinde 83 Gemeinsamkeit 107 Gemeinschaft 26 32 82 Generation 26 78 87 Genesung 197 Genussmittel 179 Gereiztheit 161 Gesamtanschauung 68 Gesamtheit 39 Geschlecht 31 Geschlechterrolle 129 Geschlossenheit 124 Geschwister 73 Geschwisterbeziehung 128 Gesellschaft 23 26 29 32 44 77 83 167 Ellenbogengesellschaft 45 Geschichtete Gesellschaft 29 Mittelalterliche Gesellschaft 29 Pluralistische Gesellschaft 197 Schnelllebige Gesellschaft 67 Gesellschaftstheorie 69 Gesetz 103 122 Gesetzgebung 31 Gestalt 87 Gestaltung 32 Gestaltungsrecht 83 Geste 60 Gesundheit 195 Gewährleistung 125 Gewalt 167 Gewicht 169 Gewichtsgrenz 171 Gewichtsgrenze 171 Gewichtsideal 171 Gewichtsreduzierung 169 Gewichtszunahme 171 Gewinner 44 Gewissen 87

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Gewissheit 189 Glaube 62 195 Gleichgewicht 67 68 112 122 Gliederung Gesellschaftliche Gliederung 26 Glück 59 Gott 60 Grenzbereich 206 Grenze 26 34 69 121 Größenwahn 161 Großgruppen 128 Grundaufgaben 77 Grundeinkommen 206 Grundgedanken 73 Grundgerüst 77 107 Grundgesetz 31 Grundgesetzbuch 26 Grundkategorie 112 Grundlage 62 118 Grundprinzip 118 Grundproblem 117 Grundschulalter 159 Grundstein 207 Grundstruktur 31 Gruppe 29 31 73 Güter 32 Private Güter 32

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Halluzination 161 175 Handeln 45 62 Handlungsablauf 128 Handlungsbereich 44 Handlungsfeld 44 Happy-End 23 Harmonie 23 59 60 62 Harmoniebedürfnis 62 Hausarzt 189 Hausgemeinschaft 26 Haushalt 23 29 43 Haut 60 Heilungschance 135 167 189 Heilungsprozess 147 Heirat 26 Siehe Ehe Heißhunger 169 Herausforderung 43 87 103 110 207 Herstellung 32 Hilfe 147 189 Hilfsuche 135 Hirngebiet 167 Hirnstoffwechsel 163 167 Hirnstruktur 175 Histrionische Persönlichkeitsstörung: 185 hnlichkeit 87 Höchstleistung 44 Hochzeit 43 Hoffnung 43 62 Hoffnungslosigkeit 161 165 Höhenangst 181 Hormonspiegel 163 Hyperaktivität 60 157

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Motorische Hyperaktivität 159 Hyperaktivitätsstörung 157 Hypermotorik 159 Hypomanie 163

I

Ich-Erleben 173 Ich-Orientierung 112 Ideale 23 Idealzeit 29 203 Immunsystem 122 Impulsivität 159 Impulskontrolle 185 Indikator 135 Individualität 43 Individuum 73 82 118 Information 69 112 Informationsverarbeitung 159 Instabilität 185 Familiäre Instabilität 159 Instanzen 59 Institution 83 124 Integration 175 Intensität 102 107 Interaktion 106 119 Interaktionssystem 69 106 Interaktionszusammenhange 68 Interdependenz 106 Interesse 69 206 Interessengegensätze 45 Interessenlage 107 Intime Beziehung 103 Intime Kommunikation 118 Intimen Kommunikation 112 Intimität 32 107 Ist-Zustand 43 67 Ist-Zustandes 121

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K

Kindsystem 124 Klagen 23 Klassengesellschaft 83 Klassifikationssystem 157 Klaustrophobie 181 Kleingruppe 128 Kleinigkeiten 60 Klient 130 Klischee 117 Koalition 122 Koautoren 106 Kognition 112 Kognitionswissenschaft 118 Kohl, Helmut 31 Kollektiv 130 Kombination 32 Kommunikation 69 73 118 196 Gebrochene Kommunikation 69 Kommunikationsmedium 23 Kommunikationsmodell 129 Kommunikationsprozess 125 Kommunikationspsychologe 129 Kompensation 169 Komplementarität 107 Komplexität 29 Komplikation 117 Komponent 118 Komponente 110 Kompromis 43 Konflikt 43 45 59 63 87 119 Konfliktausübung 107 Konfliktbereich 203 206 Konflikte 107 Konfliktfeld 196 Konfliktlösung 118 Konfliktlösungsprozess 197 Konfliktpotential 107 Konfliktpotenzial 43 206 Konfliktproblem 112 Konfrontation 32 Konsens 206 Konsequenz 34 44 125 Konstellation 39 106 107 Konstrukt 117 206 Konstruktivismus 129 Konsum 177 Konsumenten 179 Konsumgüter 82 Konsumtion 82 Kontext 32 117 Kontinuität 32 Kontrollverlust 169 177 Konzentrationsfähigkeit 161 Konzept 67 122 Koordination 125 Körper 59 68 Körperbild 171 Körperideal 171 Kortex Frontalen Kortex 159 Präfrontaler Kortex 159 Kraft 103 110 117 189 203 Kraftschöpfung 107 Krankenkasse 195 211 Krankheit 67 Chronische Krankheit 124

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Kälte Emotionale Kälte 60 Karpel, Mark A. 102 Katastrophengedanke 183 Kehrseite 23 Keim 67 Kelley, Harold A. 106 Kenntnis 112 Kern 138 Kernfamilie 31 39 Kernmerkmal 165 Kiesinger, Georg 31 Kinder 23 26 Kinderarzt 189 Kindererziehung 29 43 Kindergarten 82 Kindergartenalter 82 159 Kinderperspektive 39 Kinderzahl 32 Kindeswohl 206 Kindheit 60 62

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187

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163


physische Krankheit 45 Psychische Krankheit 45 Krankheitsentstehung 163 Krankheitserreger 103 Krankheitskeim 15 Kritik 62 Krüll, Marianne 68 Kultur 32 Kybernetik 68

Makroystem 39 Management 125 Mangel 77 Mangelernährung 171 Manie 163 Manisch-depressiv 161 Mann 29 62 Marbach Siehe Bien und Marbach Maschine 196 Menschliche Maschine 45 Mathematik 207 May, Reinhard 78 Mechanik 68 Mechanisch 69 Medien 23 135 Mehr-Generationen-Familien 32 Mehrgenerationenhaushalt 79 Mehrgenetationenverbund 206 Meidung 181 Meinungsverschiedenheit 107 Mensch 26 Menschen 23 Menschsein 195 Merkel, Angela 31 Merkmal Beziehungsrelevante Merkmale 107 Mesosystem 39 Messinstrument 169 Migration 187 Mikrosystem 39 Mikrozensus 34 Missachtung 167 Missbrauch 163 Misshandlung 117 163 Misslage 135 Misstrauen 185 Missverständnis 119 Mitglied 102 195 Mitteilung 69 Mittelpunkt der Betrachtung 122 Mobbing 163 Mobilität 135 Modell Biopsychosoziales Modell 171 Modern Familie 23 Modernisierung 44 Modernität 44 Mogel, Hans 60 Möglichkeit 59 62 More, Hannelore 44 Mortalitätsrate 189 Motivation 112 Motor 23 Motorsystem 68 Muster 60 87 107 Systemisches Mustern 196 Mutter 68 Mutter-Kind Bindung 110

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L Langzeitentwicklung 187 Laune 44 Leben 23 29 59 Lebensabschnittsbeziehung 203 Lebensbereich 23 Lebenserhalt 203 Lebenserhaltung 112 Lebensfähigkeit 203 Lebensform 26 32 34 78 103 Lebensführung 78 Lebensgemeinschaft 26 102 106 Lebensgeschichte 163 Lebensgruppe 39 Lebensmittelpunkt 189 Lebenspartner 83 Lebenspartnerschaft 203 Lebensqualität 135 Lebensrahmen 103 Lebensraum 35 Lebensstil 39 Lebensstile 107 Lebenstraum 59 Lebensziel 195 Leere Inneren Leere 161 Lehrgebäude 68 Leistungsdruck 44 62 Leitbild 29 78 Lernen 206 Lernprozess 63 Leser 189 Liebe 26 32 60 Lösung 23 59 Lösungssuche 196 Lösungsvorschlag 130 Luhmann, Niklas 69 Lüscher, Kurt 195

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M

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N

Machtausübung 107 Macklin, Elenoar 32 Magazin 23 Magenproblem 171 Magersucht 62 169

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Nachrichten 23 Nachteil 110 Nachtragung 32 Nachwuchs 62 Seite

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Familie Von A bis Z

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INDEX

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Nähe 60 107 Nährstoffbalance 171 Nahrung 171 Natur 122 Naturgewalt 181 Naturkatastrophe 67 207 Naturwissenschaft 68 73 Nave-Herz, Rosemarie 39 Neigung 185 Nelson-Jones, Richard 107 Nervensignal 175 Nervensystem 183 Nervenzelle 159 175 Nervosa 169 Netzwerk 118 Neuauflage 34 Neugeborener Siehe Säugling Neugeborenes 26 Neurologe 189 Neurose 181 Neurotransmitter 167 175 Neustrukturierung 122 Neuwahl 34 Nichtteilnahme 124 Nierenproblem 171 Nikotin 159 Noradrenalin 163 167 Norm 82 Normalität 78 Normalniveau 163 Normzustand 73 Nostalgie 203 Notgemeinschaft 32 Notwendigkeit 79 Nutzen 107

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O

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Oberschicht 29 83 Offenheit 124 Öffentlichkeit 119 Operation 73 Opfer 117 Ordnung 26 122 Hierarchische Ordnung 29 Staatlichen Ordnung 31 Organ 31 Organ des Familienbundes der Deutschen Katholiken 26 Organisation 69 185 Organisationsdefizit 159 Organismus 69 165 Orientierung 32 39 112 Orientierungsrichtung 112

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P

Paar 43 Paarbeziehung 128 Paarsystem 106 Panik 183 Panikattacke 181

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Panikattacken 181 Panikstörung 181 Partnerschaft 26 39 59 103 106 163 195 Partnerwahl 110 Passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung: 185 Patient 159 Peergroup 82 Personenanzahl 106 Personenorientierung 122 Persönlichkeit 43 67 82 107 110 206 Persönlichkeitsmerkmal 129 Persönlichkeitspsychologie 187 Persönlichkeitsstörung 185 Abhängige Persönlichkeitsstörung: 185 Anankastische Persönlichkeitsstörung: 185 Ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung: 185 Depressive Persönlichkeitsstörung: 185 Dissoziale Persönlichkeitsstörung: 185 Histrionische Persönlichkeitsstörung: 185 Narzisstische Persönlichkeitsstörung: 185 Paranoide Persönlichkeitsstörung 185 Passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung: 185 Schizoide oder schizotypische Persönlichkeitsstörung: 185 Perspektive 34 Nicht-traditionelle Perspektive 33 Traditionelle Perspektive 33 Pflanze 69 Pflicht 43 119 Pflichterfüllung 62 Phänomen 62 196 Phänomene 26 Phase 77 82 110 112 Depressive Phase 161 165 Manische Phase 161 Phobien 181 Physik 207 Platz 68 Platzierung 83 Pluralität 34 Politik 26 31 34 77 203 Position 117 Positionierung 203 Präferenz 185 Prämisse 79 Präsenz 196 Prävalenzangabe 157 Prinzip 128 Privatheit 107 Privatleben 45 Privatsphäre 119 206 Problem 23 29 31 60 67 87 Problematik 103 Problembewältigung 107 Problemlösung 112 118 Problemverlauf 196 Produkt 23 Produktion 32 Produktionseinheit 82 Produktionsverhältnis 44 Produktivkraft 44 Produzent 23 32 Projektionsfläche 23

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Prozess 82 107 Psychologe 189 195 Psychologie 167 Kognitiven Psychologie 110 Systemische Psychologie 73 Psychose 173 175 Psychotherapeut 189

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121

Q

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Qualität 23 39 Querschnitt 207

103

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Umweltbedingte Risikofaktoren 159 Rochefoucauld, François de La 78 87 Rolle 83 Rolle in der Gesellschaft 83 Rollenbesetzung 39 Rollenverhalten 125 Rollenverteilung klassische Rollenverteilung 29 Rollenwechsel 73 Rückhalt 110 Rückkopplung 121 Negative Rückkopplung 128 Rückkopplungsprozess 121 Rückmeldekreis 128 Rückschläge 185 Rücksicht 112 Rückzugtendenz 187 Ruhe 59 60 Ruhelosigkeit 157 Russischen 60

107

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R Rahmenbedingung 32 Randgruppen 32 Rationalisierung 185 Rationalität 195 Raum 62 Reaktion 62 73 110 Reaktionsmuster 183 Realisierung 107 Realität 23 43 59 117 196 Realitätsferne 23 Recherche 207 Recht 110 119 Rechtssystem 118 Rede 31 Rededrang 161 Rede-und-Antwort-Stehen 119 „re-entry“-Gedanke 122 Regel 122 Regelhaftigkeit 125 Regelkreisen 68 Regelung 125 Regelverstoß 125 Regenbogenfamilie 32 Regierung 31 Reifeprozess 63 Reize Positive Reize 179 Relevanz 44 119 Religion 62 Religionssystem 29 Rennen 44 Reproduktion 31 32 Reproduktionsfunktion 32 77 79 Reproduzent 69 Ressource 103 107 129 203 Ressourcenfunktion 83 Resultat 45 196 Reziprozität 118 Richtigkeit 62 Richtlinienverfahren 211 Richtung 43 Risikofaktor 167 169

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S Saint-Exupéry, Antoine de 60 Säugling 83 Saures, Sean 60 Scanzoni 29 Scheidung 73 Schicht 29 Schichtung Soziale Schichtung 29 Schicksal 31 Schieflage 206 Schizophrenie 60 173 Schlafbedürfnis 161 Schneewind, Klaus A. 102 Schnelligkeit 203 Schnelllebigkeit 44 Schritt 43 Schüchternheit 187 Schuld 23 Schuldbewusstsein 185 Schulwesen 83 Schutz 26 31 60 83 110 Schutzverhalten 135 Schwäche 23 147 Schwarz-weiß-Fotografie 203 Schwierigkeit 171 Segmente 29 Selbstablehnung 167 Selbstbewusstsein 62 63 Selbstbild 167 185 Selbstöffnung 107 Selbstorganisation 128 130 Selbstorganisationsprozess 121 Selbstreflexion 197 Selbstregulierung 67 197 Selbstständigkeit 125 Selbstverständlichkeit Kulturelle Selbstverständlichkeit 78 Selbstvertrauen 60 62 187 Selbstwahrnehmung 107 171

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INDEX

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Selbstwertgefühl 62 171 Selbstzerstörung 171 Sensiblen Antennen 135 Serie 23 Serotonin 163 167 Servicebericht 23 Shameless 23 Sicherheit 60 103 Existentielle Sicherheit 60 Sicht 117 Politische Sicht 26 Soziologische Sicht 26 Sichtweise 39 Signal 60 Signalübertragung 159 Single 39 Sinn Klassischer Sinn 26 Sinn des Lebens 59 Sinnstiftung 195 Sinnzusammenhäng 68 Sippe 83 Situation 62 110 Solidarität Personale Solidarität 206 Sonnensystem 68 Sorge 43 60 110 Soziale Referenzsystem 130 Sozialhilfe 110 Sozialisation 82 119 Primäre Sozialisation 82 sekundäre Sozialisation 82 Tertiäre Sozialisation 83 Sozialisationsagenten 82 Sozialisationsfunktion 82 Sozialisationsinstanzen 82 Sozialstruktur 32 Soziologe 195 Soziologie 69 Spannungen 45 Spannungsminderung 179 Spätadoleszenz 159 Spezifika 69 Spielausdauer 159 Spielintensität 159 Spirale 183 Spontanität 124 Sport 83 Staat 26 31 34 60 83 Staatlichen Ordnung 26 Stabilisierung 112 Stabilität 110 121 135 Stabilitätsfaktor 103 Stadtentwicklung 206 Stamm 83 Stämme 26 Stärke 167 Status Sozioökonomischer Status 159 Steigerung 78 Stern Magazin 68 Stieffamilie 32 Stigmata 197 Stigmatisierung 135 „Stimme der Familie“ 31 Stimmung 23 163 179 Depressive Stimmungslage 165

Stimulation 173 Störung 67 189 Affektive Störung 163 165 Bipolare-affektive Störung 161 Bipolare Störung 161 Dysthyme Störung 165 Psychotische Störung 173 Störungsentwicklung 185 Strauss, Eric S. 102 Streit 43 Streitgespräch 121 Stress 23 163 Stressbewältigungspotential 175 Stressfaktor 45 Stresshormon 167 Stressor Psychosozialer Stressor 175 Stresssituation 165 Strudel des Alltags 59 Struktur 26 Strukturierung 197 Strukturmerkmal 112 Subsidiarität 206 Substanz 177 Substanzabhängigkeit 179 Substanzkonsum 179 Substanztoleranz 179 Subsystem 29 68 Subsystemen 67 Suizidgefahr 171 189 Superlative 44 Symmetrie 107 Symptom 135 159 Symptombeschreibung 189 System 44 67 68 69 Biologisches System 67 Sensibles System 206 Systematisierung 26 Systematik 124 Systembegriff 68 Systemdifferenz 73 Systemebene 39 Systemtheorie 68 69 73 Kybernetische Systemtheorie 128 System-Verstörung 122

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T Tabuisierung 135 Tabuthema 124 Tankstelle 59 Täter 117 Tatsache 79 Teil 26 Teilbereich 39 Teilnahme 124 Teilnehmer 34 Teilsystem 29 67 Teilsystemen 69 Teil-Tätigkeiten 118 Teiltherapieform 73

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Temperamentsfaktoren 187 Testbericht 23 Teufelkreis 171 Teufelskreis 62 Thalamus 159 Theorie 68 Therapeut 197 Therapie 110 Therapieform 203 Tier 69 Tierarten 67 Tipp 147 Tischgebet 82 Tod 67 73 Tolstoi, Lew Nikolajewitsch Graf Tonsystem 68 Transparenz 135 206 Träume 23 Traurigkeit 165 171 Trauschein 35 Trennung 60 163 Triebkraft 44 Tröstbarkeit 110 Trotzverhalten 159 Tüchtigkeit 62 Tun 112 Typ Borderline Typ 185 Impulsiver Typ 185

Ungleichgewichtszustand 121 Unruhe Motorische Unruhe 159 Unsicherheit 62 67 135 183 Motorische Unsicherheit 159 Politische Unsicherheit 67 Unterhaltsrecht 83 Unterschied 34 Unterstützung 26 77 Untersystem 67 Unzufriedenheit 118 169 Ursachenforschung 163 Ursprung 77 124 196 206

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U Überbelastung 45 Überblick 147 Übereinstimmung 39 Überforderung 117 Übergewicht 169 Überleben 29 68 Überlebenschance 67 Übermittlung 118 159 Übernahme 203 Überschneidung 45 Überträgerstoff 175 Übertreibung 119 Überzeugung 112 173 Umbruch 135 Umdenken 35 Gesellschaftliches Umdenken 29 Politisches Umdenken 29 Umfang 31 Umfeld 63 83 117 206 Umgangsform 82 Umgebung 23 Umklammerung 87 Umwelt 44 67 68 69 Umweltdifferenz 73 Unähnlichkeit 107 Unaufmerksamkeit 159 Unbelastbarkeit 167 Unbeschwertheit 23 Ungerechtigkeit 117 Ungleichgewicht 107 203

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187

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59

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V Vakuum 87 Variante 83 103 Bedeutungsvarianten 102 Bindungsvariante 102 Variation 185 Veränderung 69 121 173 Demographischen Veränderungen 23 Veränderungsmechanismus 196 Verantwortung 29 62 77 203 Verbindung 26 110 Verbund 102 Verbundene 68 Verdacht 189 Verdichtung 119 Vereinbarkeit 206 Vereinsamung 135 Vergangenheit 43 87 118 Verhalten 107 125 147 167 Verhaltensauffälligkeit 135 Verhaltensmuster 62 Verhaltensstandard 82 Verhaltensweisen 159 Verhältnis 69 171 Verlangen 185 Verlauf 82 Verletzlichkeit 63 Verletzung 119 Verlust 147 163 Vermittlung 82 Vernachlässigung 117 Verpflichtung 107 197 Verpflichtungscharakter 103 Verschärfung 44Versicherungsanstalten Versorger 135 147 Versorgungssicherheit 195 Verständigungsprozess 23 Verständnis 39 135 Verstehen 69 Verstimmung 165 187 Verteilung 18 135 Vertrauen 26 60 62 107 Vertrauensbereitschaft 110 Vertrauensdimensionen 63 Vertrauensgeber 63 Vertrauensgrundlage 62 Vertrauensperson 185 Verursachungshypothese 159

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INDEX

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Legende

Verwandte 26 Verwandtschaft 106 Verwandtschaftsgruppe 26 Verwundbarkeit 147 Verzicht 171 Volk 29 Volksmund 195 Vollperson 122 Voraussetzung 32 102 203 Vorbild 35 Vorfahren 23 87 Vorlage 31 Vormundschaftsrecht 83 Vorschulalter 159 Vorstellung 29 43 112 206 Vorteil 32 110 Vorurteil 167 Vulnerabilität 175 Vulnerabilitäts-Stress-Modell 206 Vulnerabilität-Stress-Modell 147

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Wirtschaftskrise 206 Wirtschaftssystem 29 Wissen 62 Wissenschaftssystem 118 Wohlbefinden 45 110 Wohlergehen 34 203 Wohlstand 78 Wünsch 206 Wunschlosigkeit 44 Wut 171 Wynne, Lyman 110

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W

Z Zeichen 147 Zeit 26 67 Zeiten 23 Zeitknappheit 135 Zeitkonflikt 32 Zeitraum 169 Zeugungsfähigkeit 79 Ziel 39 112 Zielorientierung 107 Zielsetzung 31 32 124 Zirkuläre Kausalität 125 Zuflucht 23 60 Zufriedenheit 44 59 Zukunft 23 67 77 87 Zukunftsbestrebung 195 Zukunftsfähigkeit 135 Zuneigung 110 Zusammen 23 Zusammengehörigkeit 23 Zusammenarbeit 107 Zusammengehörigkeit 23 87 102 Zusammenhalt 23 26 60 Biologischer Zusammenhalt 87 Zusammenhang 26 68 Zusammenleben 29 35 43 67 Zusammenwirken 125 Zuschauer 23 Zustand 31 Zuwachs 35 Zwang 23 119 62 Zwanghafte Persönlichkeitsstörung: 185 Zwangsstörung 181

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Wachstum 44 Wahlverwandschaft 32 Wahn 173 Wahnidee 161 Wahrheitsgehalt 62 Wahrnehmung 34 130 196 Wahrnehmungsfokus 179 Wandel 23 Demographischer Wandel 206 Gesellschaftlicher Wandel 23 187 Sozialer Wandel 44 Wärme 60 Warnsystem 183 Watzlawick, Paul 129 Wechsel 31 Wechselspiel 121 Wechselwirkung 106 121 Weiterentwicklung 44 112 Welt 23 Werbung 23 Wert 15 23 26 29 31 43 45 87 Wertvorstellung 23 Werte 23 Wertevermittlung 82 Werte-Wandel 203 Wesen Soziales Wesen 82 Wettbewerb 44 Widerspruch 44 Widersprüche 32 Widerstand 32 Wiederholung 60 Wille 189 Willen 167 Wirklichkeit 23 43 69 117 Wirklichkeitskonstruktion 130 Wirkung 179 Wir-Orientierung 112

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Legende Familienbezügliche Informationen in diesem Buch Hinweise zum Film „Familie – Der Einzelne im System“ Exkurs „Störungen“ Abspann Wichtige Informationen Wichtige Schlussfolgerung Herzensangelegenheit Traurig, aber wahr

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Familie

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Film „Familie – Der Einzelne im System“


„Familie – Der einzelne im System“ Der Film 12 Familien, 1 Stimme und 1 Text ergeben einen 7-Minütigen Film.

Die klassische Bilderbuchfamilie: Eltern, 2 Kinder (Junge, Mädchen), ein Hund, Haus, Karriere, zusammen und glücklich. Zusammengehörigkeit, Zuflucht und Harmonie. Von jeher ist die Familie eine Projektionsfläche unserer Wertvorstellung und Ideale. Doch die Wirklichkeit der Familie sieht anders aus: Konflikte, Ängste, Streitigkeiten. Diese und weitere Punkte lassen die nostalgischen schwarz-weiß Erinnerungen verblassen. – Kurz: Der Alltag kehrt ein. Träume treffen auf Realität. Leben trifft auf Sorgen und Ängste. Aufgaben auf Herausforderungen. Eltern auf Überforderung. Individualität auf Mechanismen. Vergangenheit auf Gegenwart. Entwicklungen von Persönlichkeiten triffen auf gemeinschaftliches Zusammenleben. Daraus resultiert zahlreiches Konfliktpotenzial, welches sich schon allein innerhalb einer Familie entwickeln kann: Der Mensch strebt nach Glück, er ist harmoniebedürftig, das bedeutet, dass jeder Einzelne Erwartungen an sich und an die Familie hat – somit lastet ein hoher individueller Druck, allem gerecht zu werden. Konflikte fordern Lösungen. Lösungen können nur zusammen erarbeitet werden. »Alle glücklichen Familien sind einander ähnlich; aber jede unglückliche Familie ist auf ihre besondere Art unglücklich.« (Ein Zitat von dem russischen Schriftsteller Leo Tolstoi) Nicht nur innerhalb einer Familie entwickeln sich Keime von Problemen. In der heutigen Zeit zerbrechen immer mehr Systeme auch in anderen Bereichen (zum Beispiel Wirtschaft, Politik, Natur). Die Familie ist ein sensibles System und auch dieses, kann - wie jedes andere - schnell aus dem Gleichgewicht geraten. Die Entwicklung bis zur heutigen Zeit Als Form des Zusammenlebens existiert die Familie seit der Frühzeit der Menschen. Das Konzept hinsichtlich ihrer Bedeutung und Funktion des Zusammenlebens verändert sich jedoch stetiger innerhalb der schnelllebigen Gesellschaft. Die Familie trifft einerseits auf bisher unbekannte Probleme (wie Arbeitslosigkeit, politische Unsicherheiten, Berufsrisiko, Erfolgs- und Karriereerwartungen) und andererseits auf bekannte Probleme (wie gesellschaftliches Ansehen, Tod, Krankheiten), mit denen jede Familie umgehen muss. Somit ist Familie ein innerlicher Balanceakt im heutigen Dschungel des sozialen Wandel mit vielen Aufgaben: Die Aufgaben einer Familie 1. Objektiv ist die Familie in erster Linie eine Erziehungs- und Versorgungsinstanz 2. Sie ist Brutstätte sozialer und psychologischer Beziehungen. 3. Außerdem hat sie auch politische und wirtschaftliche Funktionen in der Gesellschaft, beispielsweise die biologische Funktion, als Reproduktionsfunktion.

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Familie

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Film „Familie – Der Einzelne im System“

= Generell sollte sie für jeden ein behütendes Nest bilden, Die daraus resultierenden Probleme welches sich aber schnell zu einem undurchsichtigen Geflecht aus Konfliktbereichen wandeln kann und so für jedes einzelne Mitglied zu einem übermächtigen Mechanismus mutiert, aus dem man sich nur schwer befreien kann. Ob positive oder negative Erinnerungen und Gedanken im Zusammenhang mit Familie. Niemand lebt in einem Vakuum, jeder ist das Kind von jemanden. Familie ist das machtvollste System in das ein Mensch gerät. Jeder ist eingebunden in die Geschichte seiner Vorfahren. Ein biologischer Zusammenhalt ist immer da. Jeder Mensch wird als Säugling, als hilfloses Lebewesen geboren und ist auf Hilfe angewiesen. Der Säugling entwickelt eine spezielle, überaus starke psychische und emotionale Beziehung zu den Menschen, die für ihn sorgen. Kinder lernen durch Nacharmen. Dies kann zum durchgehenden Muster werden. »An seinen Vorfahren kann man nichts ändern, aber man kann mitbestimmen, was aus den Nachkommen wird.« (Ein Zitat des französische Schriftsteller François de La Rochefoucauld) Trotzdem müssen sich Kinder irgendwann aus der Umklammerung der Eltern lösen und haben oft den Wunsch, die Muster zu durchbrechen und alles anders zu machen. Jedes Familienmitglied ist ein Mensch und macht Fehler, besonders in einem Konstrukt wie dem einer Familie. Jeder versucht, in seinem Rahmen, sein Rolle so gut es geht zu erfüllen und ihr gerecht zu werden. Die Konstruktivsten sagen zum Thema Wirklichkeit: »Das was wir für Wirklichkeit halten, ist nichts anderes als ein subjektives Konstrukt! Jeder Mensch konstruiert sich seine eigene subjektive Realität – die sich durchaus von der subjektiven Realität anderer Personen unterscheiden kann.« Dabei liegt of schon in der Kommunikation ein Grundproblem. In diesem Komplex der Familie sind die Kinder die sensiblen Antennen und gleichzeitig geben Kinder die Zeichen einer Misslage. Oft ist eine Erkrankung, Verhaltensauffälligkeit oder Störung ein Schutzverhalten der Kleinen. Grund ist der Erhalt ihrer Familie und die Stabilität ihrer Versorger. In vielen Familien herrscht das Leitbild: Wir halten zusammen! Dies kann jedoch auch viel Druck bedeuten. In anderen Familien fehlt der familiäre Zusammenhalt komplett. -> Eine Familie ist mehr als das, sie sollte, Misslagen und Hilferufe erkennen und die Stärke haben, gemeinsam an der Lösung zu arbeiten.) Résumé Egal wie unterschiedlich jede Familie ist: Bestimmte Muster und Rollenverteilungen sind allgemeingültig. Die Familie besteht aus den Summen vieler einzelner Teile, welche schnell aus der Balance geraten. Sie ist ein schwer durchschaubares Geflecht, wo jeder mit jedem unsichtbar verbunden ist. Das kann sich zu einem schleichenden zermürbendem Prozess entwickeln und muss erkannt werden: Aus diese Schieflage ergibt sich die Notwendigkeit einer äußeren Unterstützung. Zusammenhalt sollte nicht länger als Mythos gelten, denn trotz allem ist die Kraft einer Familie unschätzbar. Zum Schutz unserer Familien, der Ressource unserer Gesellschaft, sollte sie Familie geschätzt und mehr unterstützt werden: Forderung Einerseits: Um eine zukunftsorientierte Gesellschaft zu sichern, muss die Politik das Potenzial sowie das gesunde Leben unserer Familien unterstützen und bessere Lebensbedingungen für Familien schaffen. Das heißt: - bessere Kinderbetreuung - finanzielle Unterstützung - mehr Unterstützung für sozial schwächere Familien - und somit auch Kindern aus armen Familien eine Bildung ermöglichen


Anderseits müssen Kernproblematiken in der Familie bearbeitet werden. - zum einen müssen auffällige Familienmitglieder therapeutisch unterstützt werden, wobei hier meist nicht der Ursprung des Problems liegt - und zum anderen ist eine Familientheraphie parallel sinnvoll: Die familiäre Zusammenarbeit hat eine deutlich höhere und langanhaltendere Erfolgsgarantie. Familientherapie rückt die Familie als Ganzes in den Mittelpunkt der Betrachtung. „Eine Familie ist mehr als die Summe ihrer Mitglieder“

Im Film gesprochen von Anna Gamburg (anna-gamburg.de) Text ist geschrieben von Hannah Hiecke

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Die Bachelorarbeit von Hannah Hiecke Kommunikationsdesign FH Aachen für Gestaltung – Bachelor of Art – 8. Semester • Abgabe im Juni/Juli 2013 Betreuung Prof. Dipl.-Des. Ilka Helmig



Der Ursprung und die Ressource der Gesellschaft ist die Familie. Ob positiv oder negativ – für jeden Mensch hat diese eine tiefe, emotionale Bedeutung. In der pluralisierenden Gesellschaft werden die Anforderungen an eine Familie immer höher. Die heutige Familie befindet sich ständig in einem Balanceakt zwischen Konfliktbereichen und den Erwartungen jedes einzelnen Familienmitglieds. Sie muss großen Herausforderungen gerecht werden. Dieses Projekt thematisiert die Funktion der Familie, ihre Alleinstellung in der Gesellschaft und ihren Wert für jeden Einzelnen. Die Visualisierung der Komplexität der Familie soll deutlich machen, dass Konflikte, Probleme und Störungen normal, im heutigen Umfeld verständlich und sogar notwendig sind. Die Familie ist ein sehr empfindliches System. Das Bewusstsein für die Wertschätzung und Quellen einer Familie gilt es zu schützen und zu fördern.


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