White Goldfish – Sandra Kunz

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ISBN 978-3-9522318-9-0

9 783952 231890


WHITE GOLDFISH SANDRA KUNZ


DEDICATED TO ALE AND MY CHINESE FRIENDS



VORWORT VON MARIANNE ROTH

sam. Die chinesische Gesellschaft ist sehr geschlossen und exklusiv. Gehört man keiner Gruppe an – das kann die Familie, ein Freun-

Die einleitenden Bilder, die Sandra Kunz für ihren Katalog ausge- deskreis, eine Clique in einer Firma sein – ist es sehr schwierig, einen wählt hat, stammen aus Chongqing City, die mit knapp 32 Millionen anderen als oberflächlichen Zugang zu Chines/innen zu erhalten. Dies Einwohnern grösste Stadt im Zentrum Chinas und eine der grössten gilt nicht nur für Personen aus dem Ausland sondern auch für die Metropolen der Welt. Glitzernde Hochhäuser, riesige Einkaufszent- Einheimischen selbst. Beziehungen beruhen oft auf gegenseitigen Geren und die obligaten repräsentativen Gebäude prägen das Zentrum fälligkeiten und auf dem berühmten chinesischen Pragmatismus. Sie der Stadt, die nach der Erschliessung des umstrittenen Drei-Schluch- bewirken jedoch eine bestimmte Ausgewogenheit des Miteinanders. ten-Damms unvermittelt an den neu entstandenen Stausee zu liegen Auch Sandra Kunz hat einschlägige Erfahrungen gemacht und sich kam. Eine der Folgen des Baus des Staudamms war die Umsiedlung intensiv mit mir darüber ausgetauscht. Ihr Versuch, kulturelle Codes von 1,4 Millionen Menschen in die Vorstädte und Wohnsilos von zu entschlüsseln und die Frage «What’s your frequency?» sind AusChongqing.

druck ihres Wunsches, zu ihrem Umfeld in Kontakt zu treten. Selbst

Ein Teil der neuen Zuzüger/innen hat die dörfliche Lebensweise bei- erlebte ich meine Nachbarn als so kontaktscheu, dass sie sich Ideen behalten. In den rapide wachsenden Metropolen entstand ein kont- einfallen liessen, wie sie sich mir nähern könnten. Ein junges Paar im rastreiches Nebeneinander von modernem Grossstadtleben und dörf- selben Wohnhaus liess mehrmals Kleidungstücke auf meinen kleinen lichen Strukturen, die sich einem häufig hinter Mauern verborgen Balkon fallen, um dann anklopfen und mehr oder weniger diskret die erschliessen. So sind denn auch die gesellschaftlichen Unterschiede in Inneneinrichtung der Wohnung inspizieren zu können. den Städten viel stärker ausgeprägt, als auf dem Land. Überall wird Die Auseinandersetzung mit der chinesischen Gesellschaft, mit ihren massiv gebaut, da die Städte ihre Infrastruktur laufend erweitern und Menschen, übt grosse Anziehungskraft aus. Es besteht ein sichtbarer neue Wohnviertel erschliessen müssen. Dies ist auch der Grund, wes- Bruch zwischen der älteren Generation, die unter Maos Regime lebte halb hier zahlreiche Wanderarbeiter anzutreffen sind.

und der nachgeborenen Jugend, die sich eher einer westlichen Le-

Stellt man Sandra Kunz‘ Experiment white goldfish in diesen Kon- bensweise zuwendet. Im Versuch, die Erschütterungen der Modernitext, erklärt sich die Entstehung des Exponats. Die Arbeiter haben sierung zu absorbieren, ist die chinesische Gesellschaft voller Bruchliihr Dorf nachgebaut, mit all seinen Unzulänglichkeiten und bar je- nien und Widersprüchen, die Sandra Kunz in ihrem Werk so trefflich der Ästhetik, mit dem Wissen und den Materialien, die ihnen zur aufgegriffen hat. Es entstehen aber auch Missverständnisse aufgrund Verfügung standen. Unter Mao wurden Kultur und Ästhetik martia- von Vexierbildern einer sich rapide verändernden und verunsicherten lisch-revolutionärer Selbstverherrlichung unterworfen. Das zerstöre- Gesellschaft. rische Erbe der Kulturrevolution ist nach wie vor spürbar und erklärt Beispielhaft ist für mich Sandra Kunz’ Auseinandersetzung mit den die von Sandra Kunz erwähnte «Design-Resistenz». Auf jeden Fall Pyjamas, die sie einerseits in ihrer eigenen visuellen Sprache ausgehat Sandra Kunz Mut bewiesen, indem sie den Arbeitern praktisch drückt und sich andererseits chinesischer Symbolik bedient hat. Bei ohne Vorgaben den Auftrag gab, ein Dorf zu bauen. In der chinesi- den Pyjamas, die auch heute noch gerne in der Öffentlichkeit getraschen Arbeitswelt ist ein Chef oder eine Chefin, die Arbeitnehmer/ gen werden, handelt es sich klar um eine westliche Misskonzeption. innen keine klaren Anweisungen gibt, nicht wirklich ernst zu neh- Bevor Mao die Menschen einem strikten Dresscode unterwarf, waren men, denn er oder sie ist schwach. Sandra Kunz betrat mit ihrem Pyjamas alltägliche Bekleidung. Sie waren bequem, luftig und auch Experiment das dünne Eis eines reziproken Gesichtsverlusts, weil die kostengünstig und wurden von den Chines/innen nicht als SchlafanArbeiter ohne ihre klaren Anweisungen gar nicht in der Lage waren, zug perzipiert. Es gab auch kostbare Exemplare aus feinster Seide. Das gute Arbeit zu leisten. So wagte sie den eigenen Gesichtsverlust als Tragen von Pyjamas war zudem ein Statussymbol, das ausdrücken schlechte Auftraggeberin. Sie ist also «selbst schuld», dass das Dorf sollte, dass man nicht gezwungen war, zu arbeiten. Erst in Kontakt so geworden ist. Möglicherweise blieben die Arbeiter der Vernissage mit dem Westen wurden diese Kleidungsstücke zu «Pyjamas», was nicht nur fern, weil sie dafür nicht bezahlt wurden, sondern auch für Pyjama-Träger/innen beleidigend sein musste. Inzwischen hat die einfach, weil sie ihr Gesicht nicht verlieren wollten.

chinesische Regierung wohl die westliche Sichtweise übernommen.

Wanderarbeiter in grosser Zahl sind in allen Städten Chinas anzutref- Im Vorfeld der Weltausstellung von 2010 in Schanghai verbot sie das fen. Auf den Baustellen müssen sie für sich selbst sorgen. Sie leben Tragen von Pyjamas, worüber scheinbar von beiden Seiten tunlichst unter Gerüsten, Planen oder hinter einer Bretterbeige, nicht zuletzt, hinweggesehen wurde. weil sie das karge Einkommen nach Hause schicken müssen und für sie keine Unterkünfte zur Verfügung stehen. Ihr Leben ist sehr ein-


FOREWORD BY MARIANNE ROTH

they also ensure a certain social balance. Sandra Kunz has much experience here, which she has discussed

The introductory photographs that Sandra Kunz has chosen for her intensively with me. Her attempt to decipher cultural codes, and catalogue come from Chongqing, the largest city in central China, the question ‘What’s your frequency?’ are an expression of her wish with 32 million inhabitants, and one of the world’s largest metrop­ to enter into contact with her surroundings. I too experienced my olises. Glittering skyscrapers, gigantic shopping malls and the obliga- neighbours as so shy that they had to come up with ideas as to how tory prestige buildings characterise the centre of the city, which sud- to approach me. A young couple in the same building several times denly lay on the banks of the new storage reservoir formed by the dropped items of clothing onto my little balcony in order to be able completion of the controversial Three Gorges Dam. One result of the to knock and more or less discreetly inspect the furnishings. building of this dam was the resettlement of 1.4 million people in the An involvement with Chinese society, with the country’s people, is suburbs and tower blocks of Chongqing.

bound to fascinate. There is a visible gap between the older genera-

Some of the new residents have kept their village way of life. In the tion, who lived under Mao’s regime, and the later-born young people, rapidly growing large cities, a richly contrasting, but frequently hid- who are turning to a Western lifestyle. In its attempt to absorb the den side-by-side of modern urban life and rural structures has come shocks of modernisation, Chinese society is full of fault lines and about. The social differences in the cities are also much more pro- contradictions, which Sandra Kunz has so aptly taken up in her work. nounced than in the countryside. Building is going on everywhere, But misunderstandings also arise due to the flip-flop images presentas the cities are constantly having to expand their infrastructure and ed by a rapidly changing and unsettled society. create new residential districts. This is also the reason why so may For me, Sandra Kunz’s examination of pyjamas – in her own visual migrant workers can be found.

language and also making use of Chinese symbolism – is exemplary

Putting Sandra Kunz’s experiment white goldfish in this context ex- here. There is clearly a Western misconception about pyjamas, which plains the installation’s origins. The workers recreated their village, are still worn in public today. Before Mao subjected people to a strict with all its deficiencies and without any kind of aesthetic, with the dress code, pyjamas were everyday clothing. They were comfortable, knowledge and the materials available to them. Under Mao, culture airy, affordable and weren’t perceived by Chinese people as someand aesthetics were a matter of military-revolutionary self-aggrand­ thing you only wore in bed. There were also choice examples in finisement. The destructive legacy of the Cultural Revolution can still be est silk. Wearing pyjamas was also a status symbol intended to show felt, and explains the ‘design-resistance’ Sandra Kunz mentions. The that one didn’t need to work. Only in contact with the West did artist showed courage in giving the workers almost no specifications these items of clothing become ‘pyjamas’, which must be offensive in their task of building a village. In China a boss who doesn’t give to pyjama wearers. The Chinese government has now adopted the the workers clear instructions isn’t really taken seriously, as he or she Western viewpoint. In the run-up to the 2010 Expo in Shanghai, it is considered weak. With her experiment Sandra Kunz walked on the forbed the wearing of pyjamas, although as far as possible both sides thin ice of mutual loss of face, because without clear instructions the ignored this. workers weren’t in a position of being able to do good work, and she risked appearing as a bad employer. So it is ‘her own fault’ that the village turned out how it did. It is possible that the workers stayed away from the opening not only because they weren’t paid to attend but also because they didn’t want to lose face. Migrant workers can be found in large numbers in all China’s cities. On building sites they have to fend for themselves. They live under scaffolding and sheeting or behind wooden partitions, not least because they have to send their meagre income home and aren’t provided with accommodation. Their lives are very lonely. Chinese society is very closed and exclusive. If you don’t belong to a group – this can be a family, a circle of friends, a company clique – it is very difficult to gain anything but superficial contact to Chinese people. This not only applies to foreigners but also to locals. Relationships are often based on reciprocal favours and the famous Chinese pragmatism. But


Chongqing city, 2012



Chongqing city 2012



Chongqing city, 2012



27.11.2012 Haus

Dear friend It‘s with great pleasure that I announce my solo show at the Organhaus in Chongqing. I look forward to seeing you! Sandra Kunz



EIN GESPRÄCH A DIALOGUE SIBYLLE OMLIN UND SIBYLLE OMLIN AND SANDRA KUNZ SANDRA KUNZ 4.2.2013, Sibylle:

4.2.2013 Sibylle:

Liebe Sandra, ich freue mich, dass ich für dein Buchprojekt Dear Sandra, einen Text besteuern darf. Ich habe deine diversen Portfolios It’s a pleasure to be able to contribute a text to your book gelesen, angeschaut, deine Webseite besucht und mit Hil- project. I have looked through and read your various portfe der Bilder von deinen Ausstellungen versucht zu rekon- folios, visited your website and have tried, with the help of struieren, was dich in den letzten sieben Jahren, also seit the images from your exhibitions, to reconstruct your artistic 2007, seit du regelmässig zwischen China und Basel lebst motivations of the last seven years, i.e. since 2007, when you und arbeitest, in der Kunst umtreibt. Zudem habe ich alle have been living in both China and Basel. And I have gathered deine Briefe, die du aus China an Freunde geschickt hast, together and read all the letters you e-mailed to friends from aus dem Mailserver zusammengesucht und gelesen. Diese China. As interesting as they have been to me personally in scheinen mir für unsere Bekanntschaft über all die Jahre, all the years we have been in contact, they also seem to me to in denen wir in Verbindung stehen, ebenso interessant und be illuminating and informative in terms of your work. aufschlussreich für Deine Arbeit.

This China experiment began in 2008 with the inflatable ob-

Begonnen hatte dieses China-Experiment 2008 um das In- ject the container, which you realised and exhibited toget­ flatable-Objekt the container, den du in China zusammen her with your Chinese colleague Yang Jian. This project was mit dem chinesischen Künstlerkollegen Yang Jian realisiert the first appearance of the theme of ‘exterior’ and ‘interior’ und ausgestellt hast. In diesem Projekt zeichnet sich zum in a kind of house or housing. For several years (since c. ersten Mal das Thema «Aussen» und «Innen» an einer Art 2007) you have been occupied with your pyjama images and Haus oder Gehäuse ab. Über mehrere Jahre (seit ca. 2007) physical studies, which have become increasingly complex beschäftigen Dich die Pyjama-Bilder und Körper-Geschich- and elaborate, containing unusual poses and postures (with ten, die immer komplexer und raffinierter werden und auch chairs, laptops). But for me one thing has emerged clearly ungewöhnliche Posen und Körperhaltungen beinhalten (mit over time: you’re in search of a second skin that makes the Stühlen, Laptops). Aber eines hat sich für mich im Laufe der connection between inside and outside, between two figures Zeit deutlich herausgestellt: es geht dir um die Suche nach (even if their eyes are closed), to an object (which becomes einer zweiten Haut, die Verbindungen schafft zwischen dem a prosthesis), ultimately to an ornament, to self-referential Innen und dem Aussen, zwischen zwei Figuren (auch wenn artificiality (peach blow). sie die Augen geschlossen halten), zu einem Objekt (das Pro- The hut project white goldfish, from 2012, which was conthese wird), letztendlich zu einem Ornament (peach blow).

structed according to your ‘instructions’ in the Organhaus

Auch das Hüttenprojekt white goldfish von 2012, das im Or- in Chongqing, also speaks of this: building oneself a second ganhaus in Chongqing nach deinen «Instruktionen» aufge- skin (a shack, a shelter). Can you tell me a little more about baut wurde, spricht davon: sich eine zweite Haut bauen (a this project? Why was it called white goldfish?. hut, a shelter). Kannst du mir von diesem Projekt noch etwas mehr erzählen: white goldfish. Warum heisst es so?

5.2.2013 Sandra:

5.2.2013, Sandra:

in a cheap hotel. There’s a hotel chain I always stay in when

white goldfish beruht auf einem visuellen Element, das ich in einem Billighotel, entdeckt hatte. Es gibt eine Hotelkette, in der ich immer absteige, wenn ich in China unterwegs bin: Motel 168. Ein Zimmer kostet nur 168 Yuan, was sehr günstig

I’m travelling in China: Motel 168. A room costs 168 yuan,

white goldfish is based on a visual element that I discovered

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which is very good value, especially in the big cities. Simple hotels with clean rooms and a shower. In the lobby of one of these hotels in Shanghai there was a fish pond, and in it


sleeping mode, 2007 Kunsthaus Baselland 2010

peach blow, 2008/10 Kunsthaus Baselland 2010 photo: Christian Knรถrr

the container, 2008 by Yang Jian & Sandra Kunz Shanghai Pudong, 2008 photo: Chen Wei, Xiamen

the container, 2010 by Yang Jian & Sandra Kunz Shanghai World Expo

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ist, vor allem in den grossen Städten. Einfache Hotels mit swam a white goldfish. They’re not as common as the orange-­ sauberen Zimmern und Dusche. In einem dieser Hotels in red goldfish you see almost everywhere. But it sometimes Schanghai befand sich in der Lobby ein Goldfischbecken. happens that a golden fish becomes white, and there is the Darin schwamm ein weisser Goldfisch. Die sind eher selten phenomenon – and a Chinese saying as well – that a fish im Vergleich zu den orangeroten Goldfischen, die man fast changes its colour when it jumps from one pond to another, überall sieht. Allerdings kommt es vor, dass ein Goldfisch probably because the fish leaves the element of water for a weiss wird. Es gibt das Phänomen – und eine chinesische moment, transforming itself into an aerial being and reflectRedewendung dazu – dass ein Fisch die Farbe ändert, wenn ing the light. I was preparing the exhibition in Chongqing and er von einem Teich in einen andern springt; vermutlich weil looking for a concrete project. I had the idea of building a der Fisch das Element Wasser für einen kurzen Moment ver- shanty village of short-lived buildings, more structures, relässt, sich für einen Augenblick in ein Luftwesen verwandelt sulting from the moment itself. I tried to describe this in an und das Licht reflektiert. Ich war bei der Vorbereitung der e-mail to Ni Kun, the director and curator of the Organhaus Ausstellung in Chongqing und suchte nach einem konkreten in Chongqing. There were some misunderstandings, but Projekt. Mir schwebte der Bau eines Hüttendorfes vor, das when I mentioned the title – white goldfish – and a relationaus dem Moment heraus entstehende, ephemere Gebäude, ship to Chinese poetry, he immediately understood what it eher Gebilde zeigt. Ich versuchte dieses Ansinnen Ni Kun, was about. Here is an extract from the SMS communication dem Leiter und Kurator vom Organhaus in Chongqing per with Ni Kun: E-Mail zu beschreiben. Es gab einige Missverständnisse, doch als ich den Titel nannte – white goldfish – und einen NK: I AM WRITTING THE ARTICLE NOW . ONE QUESTION . Bezug zu Chinesischen Gedichten herstellte, hatte Ni Kun WHAT THE MEANING ABOUT GOLDFISH. Now I stay home . sofort begriffen, worum es ging. Ich schicke Dir hier einen may be you can write or email to me or on later . I will coming Auszug aus der SMS-Kommunikation mit Ni Kun:

at office at 6.00 SK: A goldfish got its name by the golden color. This doesn‘t

NK: I AM WRITTING THE ARTICLE NOW . ONE QUESTION . mean that a white goldfish wouldn‘t exist. WHAT THE MEANING ABOUT GOLDFISH. Now I stay home . NK ?? may be you can write or email to me or on later . I will co- SK: You can also think of a Chinese poem: when a goldfish ming at office at 6.00

jumps from one pond into another.

SK: A goldfish got its name by the golden colour. This doesn‘t NK: :))) HAHA . YES mean that a white goldfish wouldn‘t exist.

NK: WHY DID YOU CHOICE VILLAGE WORKER

NK ??

SK: What do you mean by village worker? Regular/normal

SK: You can also think of a Chinese poem: when a goldfish worker? I chose regular workers with no art background bejumps from one pond into another.

cause I wanted them to refer to their idea of a village. That‘s

NK: :))) HAHA . YES

also why I accepted everything they were doing. I wanted

NK: WHY DID YOU CHOICE VILLAGE WORKER

them to come up with their idea of a village and not with mine.

SK: What do you mean by village worker? Regular/normal worker? I chose regular workers with no art background PS: The opening was postponed to 2.12.12, because the ­neons because I wanted them to refer to their idea of a village. were still not ready on 27.11.2012. That‘s also why I accepted everything they were doing. I wanted them to come up with their idea of a village and not with mine. PS: Die Vernissage wurde auf den 2.12.12 verschoben, weil die Neons am 27.11.2012 noch nicht fertig waren.

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white goldfish, 2012 installation, Chongqing

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white goldfish, 2012 installation, Chongqing

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6.2.2013, Sibylle:

6.2.2013 Sibylle:

white goldfish. Das ist ein schönes Bild, wie aus einer chinesischen Tuschezeichnung. Ich habe in der Zwischenzeit auch deine Fotos von der Installation im Organhaus von Chongqing gesehen, die du mir vor zwei Tagen geschickt hast. Wie sind diese Einzelteile, diese Hütten konzipiert bezogen auf deine Installation? Auf diese Dorfsituation? Das Organhaus: was ist das für ein Raum, in dem die Installation aufgebaut worden ist? Ein Kunstraum? Warst du beim Aufbau dieser Installation wirklich nicht vor Ort? Hast du die Interpretation deiner Arbeit / Anweisung ganz den Arbeitern überlassen? Welche Art von Arbeitern waren das? Ich nehme an, dass du sie dein Aufbaukonzept, das du ihnen gegeben hast, interpretieren liessest, um herauszufinden, was sie davon auf Anhieb verstehen würden und was nicht. Dass das, was allenfalls unverständlich blieb, von ihnen auf eine ganz andere Weise interpretiert würde. Ich zitiere aus dem Konzept, das du mir ebenfalls vor zwei Tagen geschickt hast: I have done many art works here, sometimes together with my Chinese friends. I always need translation help, as my Chinese is still very poor. A translator is also called an interpreter, and interpretation is a key point of my current work. During these years I realised that my expectations were correlated to unspoken cultural codes as much as to interpretation. This time I came up with an art project in which I’m leaving all the interpretation to the workers who will construct the piece in the space instead of me, and who are not familiar with art. I decided not to use the sketches I made. I devised a rough concept, which was translated by my Chinese artist friend. I didn’t interfere during the construction, as this is part of the concept. (Sandra Kunz, Chongqing, 2012)

white goldfish. That’s a nice image, as if from a Chinese penand-ink drawing. In the meantime I have been looking at the photographs you sent me two days ago of the installation in the Organhaus. How were the individual parts, these huts, conceived in relation to your installation? To this village situation? What kind of space is the Organhaus, where the installation was constructed? An art space? Were you really not on site when the shacks were installed? Did you leave the interpretation of your work/instructions entirely to the workers? What kind of workers were they? I assume you had them interpret the construction concept you gave them, in order to find out what would be understood right away and what not; and that they interpreted what necessarily remained unintelligible in quite a different way.

7.2.2013, Sandra:

7.2.2013 Sandra:

I quote from the concept that you also sent me two days ago:

I have done many art works here, sometimes together with my Chinese friends. I always need translation help, as my Chinese is still very poor. A translator is also called an interpreter, and interpretation is a key point of my current work. During these years I realised that my expectations were correlated to unspoken cultural codes as much as to interpret­ ation. This time I came up with an art project in which I’m leaving all the interpretation to the workers who will construct the piece in the space instead of me, and who are not familiar with art. I decided not to use the sketches I made. I devised a rough concept, which was translated by my Chinese artist friend. I didn’t interfere during the construction, as this is part of the concept. (Sandra Kunz, Chongqing, 2012)

Ja genau, es geht beim Projekt white goldfish um eine Art Exactly. The white goldfish project has to do with a kind of von interkultureller Übersetzung, nicht nur bezogen auf die intercultural translation, not just related to language but also Sprache, sondern auch bei Objekten, visuellen Formen. Ich to objects and visual forms. In China I responded very stron­ habe in China sehr stark auf diese fremden visuellen Er- gly to these alien visual phenomena – buildings, architecture, scheinungen – Häuser, Architektur, Läden, Kleidung – re- shops, clothing; I took photographs and collected things. I agiert. Habe fotografiert, gesammelt. Ich habe mich damit looked into how everything was made and the contexts in beschäftigt, wie alles gemacht wird, in welchen Kontexten which things were used. A lot of misunderstandings had to was wie gebraucht wird. Da gab es sehr viele Missverständ- be cleared up. This incomprehension on both sides is somenisse aufzuklären. Dieses nicht Verstehen auf beiden Seiten times tedious, but it has very much enriched my artistic work ist zwar manchmal enorm mühsam, hat aber meine künst- since 2006, when I have been regularly living and working in lerische Arbeit seit 2006, seit ich regelmässig in China lebe China. und arbeite, sehr bereichert.

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white goldfish, 2012 installation, Chongqing

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7.2.2013, Sibylle:

7.2.2013 Sibylle:

Das kann ich gut nachvollziehen, mir geht es ähnlich in den I understand; it’s similar for me in the Arab countries, which I arabischen Ländern, die ich seit 2010 bereise. Doch zurück have been visiting since 2010. But to go back to your instruczu deiner Anweisung an die Arbeiter für den Aufbau von whi- tions to the workers for the construction of white goldfish.

te goldfish. Der Satz aus deinem Text, der mich am meisten The sentence in your text which fascinated me the most: During these years I realised that my expectations were corDuring these years I realized that my expectations were cor- related to unspoken cultural codes as much as to interprerelated to unspoken cultural codes as much as to interpre- tation. tation. How did expectations and achievements correspond due to Wie korrespondierten Erwartungen und Erreichtes aufgrund the project’s unspoken codes? Were you there with the workder unausgesprochenen Codes in dem Projekt? Warst du mit ers? Did you talk to them during construction? Were you satdeinen Arbeitern zusammen? Hast du mit ihnen beim Auf- isfied with the installation? Did you trust the unspoken? In bau gesprochen? Warst du zufrieden mit der Installation? technical matters too? Gibt es ein Vertrauen in Unausgesprochenes? Auch bei tech- I have asked a lot of questions all at once. Perhaps you won’t nischen Fragen? want to reply to everything, or not everything at once. Here Nun habe ich wieder ganz viele Fragen auf einmal gestellt. is the photograph from white goldfish that I found the most Vielleicht magst ja nicht auf alles antworten, oder nicht auf challenging in terms of the unspoken and cultural codes. alles gleichzeitig. Hier das Bild aus dem white goldfish, das It’s the one of the electrical fittings with a warning in Chin­ mich am meisten herausfordert bezüglich des Unausgespro- ese. Despite the characters it’s immediately clear that it’s a chenen angesichts von kulturellen Codes. Es ist dieses Bild warning. mit den elektrischen Installationen mit den Warnzeichen auf Best wishes, Chinesisch. Trotz der ornamentalen Schrift ist sofort klar, Sibylle dass das eine Warnung ist. 8.2.2013 Sandra: Herzlich Sibylle Dear Sibylle, 8.2.2013, Sandra: I’ll have to elaborate somewhat in my reply. Liebe Sibylle The Organhaus is an art centre with a gallery (120 m2) in Ich werde etwas ausholen, um zu antworten. Chongqing. It enjoys a good reputation in China, particularly Das Organhaus ist ein Kunstzentrum mit Galerie (120 m2) in with artists, as it functions independently. It was founded by Chongqing. Es geniesst in China und besonders bei Kunst- Yang Shu, a relatively unknown artist (the name Organhaus schaffenden einen guten Ruf, da es unabhängig funktioniert. must come from his international network; he has contacts Es wurde von Yang Shu, einem relativ bekannten Künstler to a Swiss collector or gallerist, and is certainly aware of gegründet (der Name Organhaus kommt wohl aus seinem its odd meaning). I was supposed to do/could have done a internationalen Netzwerk, er hatte auch Beziehungen zu ei- two-month residency there, but didn’t (see the last letter to nem Schweizer Sammler oder Galeristen und ist sich seiner my friends, from November 2012). Had it been my first time schiefen Bedeutung wohl bewusst). Ich hätte dort eine zwei- in China, the novelty would have attracted me. Chongqing, monatige artist-in-residence machen sollen/können, welche which lies in central China on the confluence of the Yangtze ich nicht antrat (siehe letzter Brief an meine Freund/innen and Jialing, is more than two hours from Xiamen by plane, vom November 2012). Wäre ich zum ersten Mal in China ge- which lies on the southeast coast. The circumstances and my wesen, hätte wohl der Reiz des Neuen mich dazu bewogen. knowledge of the situation in Chongqing in November (when Chongqing, das in Zentralchina am Zusammenfluss von Ja- it’s very cold) led me to turn down the residency; I stayed in ngtsekiang und Jialing liegt, ist mehr als zwei Flugstunden Xiamen, which threw up the dust a bit. I had, after all, agreed weit weg von Xiamen, das an der Südostküste liegt. to a solo exhibition in Chongqing that I wanted to realise. Die Umstände und die Kenntnisse über die Situation vor Ort Back in Xiamen, and with my blocked shoulder (which almost in Chongqing im November (wo es dann sehr kalt ist) haben entirely excluded physical work at the time), I thought about mich zu einer Absage für die Residency veranlasst; ich bin what I could do in and with my situation.

fasziniert:

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in Xiamen geblieben, was etwas Staub aufgewirbelt hat. Im- The idea of the village began when I wanted to get from the merhin hatte ich eine Solo-Ausstellung in Chongqing verein- chic city centre to a more outlying district – via a shortcut. I bart, die ich auch realisieren wollte. Zurück in Xiamen und saw that people were streaming out of a gap in a wall at the mit meiner blockierten Schulter (die damals körperliche Ar- edge of the street, and I found a path leading downwards. I beit fast gänzlich ausschloss), dachte ich darüber nach, was had barely followed it for a few metres when I found myself ich in und aus meiner Situation machen könnte.

in a very poor and lively district like a village. It was an ex-

Die Idee zum Dorf entwickelte sich, nachdem ich im mon- treme contrast to the tower blocks you always find in Chin­ dänen Zentrum der Stadt in einen tiefer gelegenen Stadt- ese cities when you stray from the major thoroughfares. This teil – über eine Abkürzung – gelangen wollte. Ich sah, dass side-by-side of different realities and biotopes is interesting, Menschen aus einer Lücke in der Mauer am Strassenrand because each is ‘invisible’ in it own reality. I wanted to make quollen und fand einen Weg, der abwärts führte. Kaum war this situation visible. Therefore the title white goldfish, which ich dem Weg ein paar Meter gefolgt, befand ich mich in ei- is contradictory in itself and suits this context. These settlenem sehr armen und lebhaften Quartier mit Dorfcharakter. ments are also built by migrant labourers, who bring a ‘vilEs war ein extremer Kontrast zu den Hochhäusern, auf den lage background’ with them. man in chinesischen Grossstädten immer wieder stösst, I also wanted a project that could be realised from a diswenn man von den Hauptverkehrsadern abweicht. Dieses tance. I had just under four weeks until the exhibition, and Nebeneinander verschiedener Realitäten und Biotope ist in- two weeks to deliver the concept. My perfectionism is deteressant, weil beides in seiner Realität gleich «unsichtbar». manding, and not only for me. I was already working on this, Diese Situation wollte ich sichtbar machen. Deshalb auch so that no energy would go to waste. And so I made the probder Titel white goldfish, der an sich widersprüchlich ist und lem – not being able or wanting to control things – into a gut in diesen Kontext passt. Zudem werden diese Städte von solution, and turned it into the concept. Even failure would Wanderarbeitern gebaut, die einen «Dorfhintergrund» mit- have had a place in this experiment! You’ll find the concept bringen.

paper attached, along with the sketch that I never delivered,

Ich wollte zudem ein Projekt, das aus der Distanz zu realisie- which caused confusion. Communication with Ni Kun was ren war. Ich hatte insgesamt knappe vier Wochen Zeit bis zur difficult; I think my departure and attitude disconcerted him. Ausstellung und zwei Wochen, um das Ausstellungs-Kon- He used Google Translate for our exchanges. I didn’t want to zept zu liefern. Mein Perfektionismus ist anstrengend, und be there for the construction, in order to entirely exclude my nicht nur für mich. Jene Male arbeitete ich schon daran, da- own influence. But Ni Kun insisted on my presence, because mit keine Energie daran verloren gehen sollte. Und so mach- the Organhaus is a place for artists in residence, not ‘just’ te ich aus der Problematik – nicht kontrollieren zu können an exhibition space. So I flew to Chongqing three days beund wollen – eine Lösung, machte sie zum Konzept. Auch fore the opening and used the time to document the installaein Scheitern hätte in diesem Experiment Platz gehabt! In tion’s construction (a day and a half – the photos are by me). der Anlage findest du das Konzeptpapier und auch die Skiz- The hired workers were from the district; they are employed ze, die ich nie lieferte und was für Verwirrung sorgte. Die whenever anything in the building needs repairing or a wall Kommunikation mit Ni Kun war schwierig, ich glaube, dass has to be positioned. Of course they were always asking me if ihn meine Abreise und Haltung verunsicherte. Er benutzt für what they were doing was good. And I always said fine, good die Kommunikation ‚google translation’. Eigentlich wollte or okay! So it did actually grow without my cooperation (at ich auch beim Aufbau nicht dabei sein, um meinen Einfluss most they were motivated by my pleasure). ganz ausschliessen zu können. Ni Kun aber bestand darauf, And here’s another anecdote: I invited the workers to the weil das Organhaus ein Ort für artists-in-residence ist und opening as a matter of course, and was surprised that they nicht einfach ‚nur’ Ausstellungsort. Also flog ich drei Tage didn’t come. When I asked about this I was told they hadn’t vor der Vernissage nach Chongqing und nutzte die Zeit, um come because they hadn’t been paid to do so. den Aufbau (anderthalb Tage) zu dokumentieren (die Fotos Yang Shu, who was the only person with a knowledge of sind von mir). Die Arbeiter – die engagiert wurden – sind im English and only came back from abroad shortly before the Quartier anzutreffen und man verpflichtet sie, wenn man opening, said that the result was quite a slap in the face for etwas am Haus flicken muss oder eine Wand stellen will. the artist. :-)

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white goldfish, 2012 installation, Chongqing

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Natürlich haben diese mich immer wieder gefragt, ob das Sibylle: was sie da machen gut sei. Und ich habe immer gesagt: What did he mean by that? schön, gut oder ok! Es ist also tatsächlich ohne mein Zutun gediehen (allenfalls hat meine Freude sie motiviert).

Sandra:

Und dazu noch eine Anekdote. Die Arbeiter hatte ich selbst- I assume he was referring to the delegation of the design of verständlich an die Vernissage eingeladen und war über- the huts. Delegating work may be common practice in conrascht, dass sie nicht anwesend waren. Meine Nachfrage er- temporary artistic production, and has been accepted since gab: Sie waren nicht gekommen, weil sie dafür nicht bezahlt conceptual art, but the way I delegated the work caused a wurden.

surprise, as did the result.

Yang Shu – der Einzige mit Englischkenntnissen – kehrte erst kurz vor der Vernissage aus dem Ausland zurück und Sibylle: meinte, dass das Resultat (der workers) eine ziemliche Ohr- Then it had to do with how far this delegation goes? Can you delegate an aesthetic question to a worker with no artistic feige an die Adresse der Künstler sei. :-) training? Sibylle: Wie ist das zu verstehen?

Sandra: Probably. For me white goldfish was a fantastic experiment,

Sandra:

and I’m more than satisfied with the result. I’d like to repeat

Ich nehme an, dass es um das Delegieren des Designs der the experiment. An exhibition in a different cultural envir­ Hütten ging. Das Delegieren von Arbeiten in der zeitgenössi- onment, in a different context; then you’d have to rethink schen Kunstproduktion ist zwar innerhalb der Gegenwarts- everything. kunst Gang und Gäbe und wird seit der Konzeptkunst akzep- It was the first time I had ever been so relaxed before an tiert. Doch die Art und Weise, wie ich die Arbeiten delegiert opening. Because of consistently delegating the setup, even a hatte, und das Ergebnis sorgten für Überraschung.

poster hung with creases an hour before the opening (which, as I said, was postponed at short notice for three days) didn’t

Sibylle:

give me the jitters.

Dann ging es wohl darum, wieweit dieses Delegieren geht? The neons, the electrical installations, surprised some visit­ Darf man eine ästhetische Frage an einen nicht künstlerisch ors (above all local artists). I think they were embarrassed by ausgebildeten Arbeiter delegieren?

them. I thought they were fantastic and absolutely ‘perfect’. You know, the Chinese are unbelievably pragmatic. Why do

Sandra:

more, if it’s enough as it is? (I don’t want to think about what

Vermutlich. Für mich war white goldfish ein fantastisches would have happened if Western children, who are allowed to Experiment, und ich bin mehr als zufrieden mit dem Resul- do anything and touch everything, had been among the vistat. Ich würde dieses Experiment gerne wiederholen. Inte- itors …) Regarding the electrics, I’ve attached a picture of a ressant wäre auch eine Ausstellung in einem anderen Kul- hotel shower (here I don’t have much confidence). turkreis, in einem anderen Kontext, denn dann müsste man This pragmatism has brought about a quite distinctive aesalles neu überdenken.

thetic in China. You could say that it’s – in our sense – design-­

Es ist das erste Mal überhaupt, dass ich vor einer Vernissa- resistant, and it’s a regular source of visual surprises, which ge so relaxed war. Durch das konsequente Delegieren des I love. It occurs wherever people have to make do with very Aufbaus hat mir selbst ein Plakat, welches erst eine Stunde little. I trust these codes implicitly when they are allowed to vor der Vernissage (und die, wie ich schon geschrieben hatte, be part of the concept – as here with white goldfish. Otherkurzfristig um drei Tage verschoben worden war) knitterge- wise you can lose a lot of energy trying to make your own klebt wurde, kein Bauchweh bereitet.

ideas clear. Chinese artists are familiar with this challenge

Die Neons, die elektrischen Installationen, haben selbst too, by the way. manch einen Besucher (vor allem lokale Künstler) überrascht. Ich denke, es war ihnen peinlich.

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有多少的我在那儿?

how many of I are there? neon installation, 0.3 x 1.5 m white goldfish, Chongqing, 2012

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white goldfish, 2012 installation, Chongqing

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Ich fand diese fantastisch und absolut ‚perfekt’. Weisst Du, die ChinesInnen sind unglaublich pragmatisch. Weshalb mehr tun, wenn’s doch auch so ausreicht?! (Ich mag aber nicht über den Fall nachdenken, wenn westlich erzogene Kinder unter den Besuchern der Vernissage gewesen wären, die alles dürfen und die alles anfassen ...). Bezüglich der Elektroinstallation noch ein Bild aus einer Hoteldusche im

white goldfish was very well received by its Chinese visitors. If this village had been installed according to my own ideas of a Chinese village, it would have been more difficult, because I would have made use of their culture. This way the visual references of the local workers came into full effect. Very best wishes, Sandra

Anhang... (dort allerdings fehlt mein Vertrauen!). Es ist gerade dieser Pragmatismus, der eine ganz eigene

8.2.2013 later, Sandra:

Ästhetik in China hervorgebracht hat. Man könnte sagen er

And now to your other observations: the search for the sec-

ist – in unserem Sinne – design-resistent und sorgt immer

ond skin. I quote from the beginning of your letter:

wieder für visuelle Überraschungen, die ich liebe. Er findet

But for me one thing has emerged clearly over time: you’re in search of a second skin that makes the connection between inside and outside, between two figures (even if their eyes are closed), to an object (which becomes a prosthesis), ultimately to an ornament, to self-referential artificiality (peach blow). I find it much more difficult to respond to your feedback than to your specific questions about white goldfish. I’d most like to write about experiences and tell stories that perhaps relate to the pyjamas. For a long time I lived in Zeng Cuo An, a former fishing village that has now been engulfed by Xiamen and today has nothing left of what it once meant to me. At the time I was the only foreigner living there. By my standards these village-like surroundings were simple but unbelievably charming. With my romantic ideas of an unspoiled place I experienced the environment as genuine and exciting. It was fantastic to mix into. Of course I was the ‘iaowei’, but armed with sunglasses I blended in. Apart from my eyes, I look quite Chinese, and so – at least in the sunlight – I have the option of belonging optically. In my mind I wander through the dusty alleyways on the way to one of these little restaurants. I take a look at the vegetables and point to what I want, and in no time it’s hissing in the wok. Meanwhile I sit down on a plastic stool, and look over to the village shop opposite, which has everything you need for the household. Then I catch sight of a young couple at another table. She is wearing pyjamas, and her head is bent over a cup of noodles. And then I see some pyjamas ride past on a bicycle. I have an affinity with pyjamas; the sight of them cheers me, and I see them all the time. They are as natural as the washing hanging to dry everywhere, even in the trees. I ask myself to what extent the private becomes public, or the public (exter­ior space) private – Zeng Cuo An, one big living room. chinese wedding, 2007, a video and large-format painted ‘video stills’. I have a double set of pyjamas made, and invite

sich überall dort, wo die Menschen mit wenig auskommen müssen. In Bezug auf diese Codes habe ich absolutes Vertrauen, wenn diese Teil des Konzeptes – wie hier bei white

goldfish – sein dürfen. Ansonsten kann man sehr viel Energie damit verlieren, wenn es darum geht, die eigenen Vorstellungen klar zu machen. Übrigens kennen auch chinesische Künstler/innen diese Herausforderung. Die Ausstellung white goldfish ist bei den chinesischen Besucher/innen sehr gut angekommen. Wäre dieses installative Dorf white goldfish nach meinen Vorstellungen von einem chinesischen Dorf gebaut worden, wäre es schwieriger gewesen, weil ich mich ihrer Kultur direkt bedient hätte, so aber waren es die visuellen Referenzen der einheimischen Arbeiter, die bei der Installation voll zum Tragen kamen. Herzlichst, Sandra 8.2.2013 später, Sandra: Und nun zu Deinen weiteren Beobachtungen: die Suche nach der zweiten Haut. Ich zitiere aus Deinem Briefelement vom Anfang:

Aber eines hat sich mir im Laufe der Zeit deutlich herausgestellt: die Suche nach einer zweiten Haut, die Verbindungen schafft, zwischen zwei Figuren (auch wenn sie oft die Augen geschlossen halten), zu einem Objekt (das Prothese wird), letztendlich zu einem Ornament, zur autoreferentiellen­ Artifi­zialität (peach blow). Es fällt mir sehr viel schwerer auf dein Feedback zu reagieren als deine konkreten Fragen zu white goldfish zu beantworten. Schreibend erzähle ich am liebsten von Erfahrungen und Geschichten. Die vielleicht auch die Arbeiten zu den Pyjamas betreffen... Ich lebte lange in Zeng Cuo An, einem ehemaligen Fischerdorf, das von Xiamen mittlerweile ganz eingenommen wurde und heute nichts mehr von dem hat, was es einmal für

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white goldfish, 2012 installation, Chongqing

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hotel shower Guyang, 2012

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Zeng Cuo An, Xiamen 2007–2010

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mich war. Damals war ich die einzige Ausländerin, die sich various Chinese people to wear them with me. It’s a laboridort niederliess. Für meine Verhältnisse war diese dorfarti- ous undertaking, as they have to be buttoned up, which is ge Umgebung zwar einfach, aber von einem unglaublichen difficult, as arms and hands are stuck into overlong sleeves Charme. Mit meinen romantischen Vorstellungen von einem connected to me or the legs. Then we hold hands, close our unverfälschten Ort empfand ich das Umfeld als echt und eyes and connect for a short moment. This wish ultimately spannend. Es war fantastisch, sich damit zu vermischen. Na- remains an illusion. The connection also stands in contrast türlich, ich war die ‚laowei’; aber mit Sonnenbrille ausgerüs- to speechlessness, loneliness, lack of vision. tet, tauchte ich ein, ‚blended in’. Ich sehe den Chinesinnen More works are added over the years: sleeping mode, snow – die Augen ausgenommen – recht ähnlich und so habe ich whites, three stools I und II, etc. – zumindest bei Sonnenschein – die Wahl, optisch dazuzuge- Your remark is correct, but it’s also about the connection hören. In der Erinnerung schlendere ich durch die staubigen between interior and exterior. What is visible to the outGassen auf dem Weg zu einem dieser kleinen Restaurants. side, what is revealed? And can I get at other people’s inner Ich werde mir die Gemüse anschauen und mit dem Zeige- worlds?1 (There’s a question always echoing within me here: finger auf die Auslagen deuten, und schon zischen diese im what’s your frequency?) I imagine a membrane that creates Wok. Ich habe in der Zwischenzeit auf einem Plastikhocker vibrations between different states. Platz genommen und schaue in den Dorfladen vis-à-vis, der The second skin, a haven and shelter when everything around alles hat, was man in einem Haushalt braucht. Dann fällt about is in motion. I also describe the pyjamas as a closed mein Blick auf ein junges Paar. Sie sitzt im Pyjama am Tisch, system. In this respect it contains both refuge and imprisden Kopf über eine Tasse Nudeln gebeugt. Und danach sehe onment within oneself. I think my artistic work is continually ich ein Pyjama auf einem Rad vorbeifahren.

initiated by the ambivalent tension between different poles.

Ich selbst habe eine Affinität zu Pyjamas, der Anblick macht It’s also a part of my own self between Here and There.2 mir Freude und ich sehe sie immer wieder, sie sind so There’s a lot more I could say, for example about young selbstverständlich wie die Wäsche, die überall zum Trock- ­people’s burden of having to look after their parents finannen hängt und sei dies in Bäumen. Ich frage mich, inwiefern cially in their old age (no pensions), how parents purpose­ Privates öffentlich oder Öffentliches (Aussenraum) privat – fully use their daughters’ beauty in order to marry them off as Zeng Cuo An, ein grosses Wohnzimmer – wird.

well as possible. And that a Chinese woman over thirty is no

2007 Chinese wedding, eine Videoarbeit und grossformati- longer young. It’s difficult to break out of this system. ge, gemalte ‚video stills’. Ich trage ein Doppelpyjama, den ich peach blow (the stormy title of a photographic series on habe schneidern lassen und lade abwechselnd verschiedene young Chinese women that I made in 2010 and showed Chines/innen ein, diesen zusammen mit mir zu tragen. Es ist several times in Basel, in the Kunsthaus Baselland, the ein umständliches Unterfangen, denn er muss zugeknöpft Kunst­raum Riehen and Licht Feld): in China ‘peach bloom’ werden und das erweist sich als schwierig, denn Arme und describes women of marriageable age and ‘peach blow’ a Hände stecken in überlangen Ärmeln, die mit mir oder den pinkly shimmering white glaze used in the manufacture of Beinen verbunden sind. Dann fassen wir uns an den Hän- porcelain. So this work has a political and social meaning den, schliessen die Augen und verbinden uns für einen kur- that reveals itself when you know the significance of the term zen Moment. Dieser Wunsch bleibt letztendlich Illusion. Die ‘peach blow’. Verbindung steht denn auch im Kontrast zur Sprachlosigkeit, Very best wishes, Einsamkeit, Blicklosigkeit.

Sandra

Es kommen über Jahre weitere Arbeiten hinzu: sleeping mode, snow whites, three stools I und II, etc. Du liegst mit deiner Anmerkung der Verbindung richtig, aber es geht auch um den Bezug zwischen Innen und Aussen. Was ist sichtbar nach aussen hin, was wird preisgegeben? Und komme ich an das Innen des Anderen2 heran? (Es gibt da eine Frage, die immer wieder in mir nachhallt: What‘s your frequency?). Ich stelle mir eine Membran vor, die Schwin-

1 While ‘we’ Europeans always ‘broadcast’, the Chinese don’t. At any rate we can ask ourselves whether there’s a frequency we can agree on in order to receive the transmission, if need be.

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2 In intercultural communication one also speaks of ‘tolerance of ambiguity’, the ability to endure conflicting situations and tensions, as our editor observed. We both like the term.


snow whites, 2008 photograph Kunsthaus Baselland, 2010

composition with stripes, CN/CH, 2010 photograph photo: Christian Knรถrr Kunsthaus Baselland, 2010

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Sha Po Wei, Xiamen

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apartment and work space with Libin, Guoguang, Xiamen

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gungen zwischen den verschiedenen Zuständen erzeugt.

1.5.2013, Sibylle:

Die zweite Haut, shelter, ein Zufluchtsort, wenn alles rund- Dear Sandra, herum in Bewegung ist. Ich beschreibe die Pyjamas auch als Excuse my long silence. After reading the various letters you ein geschlossenes System. Insofern beinhaltet es beides: sent us from China between 2011 and 2012, I’d like to take Zuflucht und ein In-sich-Gefangen-sein. Ich glaube, was up the thread again. I’m still mulling over your observations mich immer wieder bewegt in meiner künstlerischen Arbeit about proximity and distance, an issue that seems to arise ist das Spannungsverhältnis zwischen den Polen und Am- differently in China from the way it does in Europe. In this bivalenz. Es ist ja auch ein Teil meiner selbst zwischen dem context, when I look at the connection between the pyjamas Hier und Dort3.

and objects/furniture in your photographs, I ask myself how

Es gäbe noch viel anzumerken, wie z.B. die Last der jungen this came about. Skin is an ambivalent thing that on the one Menschen, für ihre Eltern im Alter finanziell aufkommen zu hand holds something together, protects something, but as müssen (keine Altersvorsorge), wie Eltern die Schönheit ih- an outer layer also means, shows and exhibits something rer Töchter gezielt einsetzen, um diese bestmöglich zu ver- completely vulnerable. heiraten. Und dass eine junge Frau in China ab 30 nicht mehr jung ist. Aus diesem System auszubrechen, ist schwierig.

Sandra:

peach blow (‚Blütensturm’ das ist der Name einer Foto-Serie zu jungen Chinesinnen, die ich 2010 gemacht hatte und verschiedene Male in Basel gezeigt hatte, im Kunsthaus Baselland, im Kunstraum Riehen und Licht Feld.) ‚Pfirsichblüten’ bezeichnen in China sowohl Frauen im heiratsfähigen Alter, als auch eine Glasur in der Porzellanmanufaktur, die von einem rosaschimmernden Weiss ist. Diese Arbeit hat somit einen politisch-sozialen Bedeutungshof, der sich einem erschliesst, wenn man um die Bedeutung des Begriffes ‚peach blow’ weiss.

This double meaning appeals to me very much. I almost always look for the two sides of the same coin. But to return to the pyjamas, where you first detected the theme of the second skin. Instead of ‘pyjamas’, I would prefer to encapsulate my works in the term ‘coexistence’ today. Coexistence in the sense of entering into a connection, whet­ her with other people or an item of furnishing. In the series peach blow the person is absolutely connected to herself, and in snow whites the models’ eyes are closed; the gaze is directed inwards. In osmosis (photo still lifes), 2012, the model connects via the

1.5.2013, Sibylle:

pyjamas to objects: chair, table, bench, bottle, glass. Here

Entschuldige mein langes Schweigen. Nachdem ich Deine perhaps a story from my living situation in Xiamen with ­Libin. verschiedenen Briefe, die Du zwischen 2011 und 2012 aus We lived in a kind of three-room house with kitchen and bathChina an uns geschickt hast, gelesen habe, möchte ich den room. Libin and I shared the bedroom (because I wasn’t there Faden wieder aufnehmen. Mir gehen nach wie vor Deine Be- for half the year), the large living room and the shared workobachtungen zum Thema Distanz und Nähe durch den Kopf, room. We sublet a third room to a third woman. She only ein Thema, das in China offenbar anders in Erscheinung tritt lived in her room, where there was a bed, a table and a chair. als in Europa. Mir fällt in diesem Kontext auf, dass, wenn ich Actually we never saw her. When everyone was at home she diese Verbindung zwischen Pyjama und Möbel/Objekten auf disappeared at once to her room, which she apparently only Deinen Fotos sehe, ich mir da die Frage stelle, wie es dazu left to use the lavatory or the shower. Libin told me that this gekommen ist? Die Haut ist ja eine doppelsinnige Sache, die often happens in China. Women in China are often incredibly einerseits etwas zusammenhält, etwas schützt, aber auch lonely, many of them because they adopt a strict code in pubals Epidermis wiederum etwas absolut Verletzliches bedeu- lic, holding themselves back and not showing their true face. tet, herzeigt und ausstellt. 2 Während ‚wir’ Europäer/innen immer aussenden, tun dies die Chines/ innen nicht. Jedenfalls kann man sich damit beschäftigen, ob es eine Frequenz gibt, auf die wir uns einstellen können, um – gegebenenfalls – die Sendung zu empfangen...

In der interkulturellen Kommunikation spricht man auch von ‚Ambiguitätstoleranz’, das Aushalten von zwiespältigen Situationen und Spannungen, wie unsere Lektorin bemerkt. Dieser Begriff gefällt uns beiden. 3

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This makes you lonely. Loneliness is often a big issue for me too in China. I’m ­often on my own, and many questions arise. What do I connect to away from home, what do I get myself into, where do I draw the line? How do I make a space for myself, a protective space? In a negative sense a protective space can also imprison you. Many of my stories in the letters revolve around


Sandra:

such themes. How is intimacy coded? How do you create a

Dieses Doppelsinnige spricht mich sehr an. Ich suche ei- space? How do you connect? gentlich fast immer nach den zwei Seiten derselben Münze. Doch nochmals zurück zu den Pyjamas, wo Du ja zum ers- Sibylle: ten Mal die zweite Haut als Thema konstatierst. Statt Pyjama To come back to this woman. Did you see her at some point würde ich meine Arbeiten heute lieber unter dem Begriff Co- as being connected to her furniture? Her furnished room as

existence zusammenfassen. Coexistence in dem Sinne, dass a cocoon around her? man Verbindungen eingeht, sei es mit anderen Personen, oder auch mit seinem Mobiliar. In der Serie peach blow ist die Person absolut mit sich selber verbunden und bei snow whites sind die Augen der Modelle geschlossen, der Blick ist nach innen gerichtet. In osmosis (Foto-Stilleben) 2012, geht das Modell eine Verbindung übers Pyjama mit den Möbelstücken ein: Stuhl, Tisch, Bank, Flasche, Glas. Dazu vielleicht eine Erzählung von meiner Lebenssituation aus Xiamen mit Libin zusammen. Wir leben in einer Art Dreizimmer-Haus mit Küche und Bad. Libin und ich teilen uns das Schlafzimmer (weil ich das halbe Jahr über eh nicht da bin), das grosse Wohnzimmer ist das gemeinsame Arbeitszimmer. Wir haben ein drittes Zimmer untervermietet, die dritte Person ist eine Frau. Diese Frau lebt nur in ihrem Zimmer, wo es ein Bett, einen Tisch, einen Stuhl gibt. Sie ist eigentlich nie zu sehen. Wenn alle zu Hause sind, verschwindet sie unverzüglich in ihr Zimmer, das sie scheinbar nur verlässt, wenn sie aufs WC muss oder in die Dusche geht. Libin hat mir erzählt, dass das in China sehr oft vorkommt. Frauen in China sind oft wahnsinnig einsam. Viele sind auch einsam, weil sie sich einem strengen Kodex unterwerfen in der Öffentlichkeit, weil sie sich da extrem zurücknehmen, nicht das eigentliche Gesicht zeigen. Das macht auch einsam. Das Thema Einsamkeit ist ein grosses Thema für mich auch in China. Ich bin oft sehr auf mich allein gestellt in diesem Land. Viele Fragen tauchen auf in mir. Mit was verbinde ich mich in der Fremde, worauf lasse ich mich ein, wo ziehe ich Grenzen? Wie schaffe ich mir einen Raum, einen Schutzraum? Im negativen Sinn kann man im Schutzraum auch gefangen sein. Viele meiner Erzählungen in den Briefen drehen sich um dieses Spannungsfeld. Wie codiert sich Intimität, wie schafft man sich einen Raum, aber auch wie sich verbinden? Sibylle: Um zu dieser Frau zurückzukehren. Du hast diese Person auf einmal als mit ihren Möbeln verbunden gesehen? Dass der Raum mit den Möbeln sich wie ein Kokon um sie legt?

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40


Sha Po Wei, Xiamen

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Sandra:

Sandra:

In dem Sinne, ja. Dass das Pyjama wie eine Verlängerung Yes, in the sense that the pyjamas also enclose the furniture des Körpers, der Haut auch die Möbel einschliesst. Die Frau like an extension of the body and skin. The woman was very war sehr scheu. Sie hat sich zwischen ihre Möbel zurückge- shy. She withdrew into her furniture. There’s a theory that zogen. Es existiert die These, dass auch Möbel eine Erinne- furniture also has a memory. And there’s another aspect to rung haben. Dazu gibt es einen weiteren Aspekt des Pyjamas consider of Chinese pyjamas, which are often worn outdoors: in China zu bedenken, der oft als Anzug draussen getragen in certain regions you need quilted pyjamas, above all in arewird. In gewissen Gegenden braucht man wirklich wattier- as where people live in simple circumstances and the buildte Pyjamas, vor allem in Gegenden, wo man in einfachen ings have no heating. Then you need pyjamas that keep you Verhältnissen lebt und die Häuser keine Heizung haben. Da warm. You’re very exposed to the seasons. In winter it’s five braucht es Pyjamas, die warm geben. Man ist den Jahres- degrees indoors; it’s damp and draughty. Quilted pyjamas are zeiten extrem ausgesetzt. Es wird im Winter in den Häusern a real shelter, a very narrow living space into which you take 5 Grad kalt, feucht und es zieht. Die wattierten Pyjamas sind everything. somit wirkliche ‚shelter’. Und dahin nimmt man alles hinein, The pyjama pictures are very calm, harmonious images. in seinen engen Lebensraum.

Subdued in colour. I think that the subject of pyjamas was to

Die Pyjama-Bilder sind sehr ruhige, harmonische Bilder. Zu- a certain extent existential at the start of my travels to China. rückgenommen in den Farben. Ich denke, dass das Thema This has to do with my need for calm and stability in a strange Pyjama zu Beginn meiner Reisen nach China auch in ge- place. Because I was bombarded by so many new things durwissem Sinne existentiell war. Das vermischt sich mit mei- ing my first years in China, I concentrated on the pyjamas. nem Bedürfnis nach Ruhe, nach Stabilität in der Fremde. Da Now it’s changing. China is changing incredibly quickly, but I so viel Neues auf mich einstürmte in den ersten Jahren in am changing too. China, hatte ich mir diese Beschäftigung mit den Pyjamas ausgesucht. Nun verändert sich das. Einerseits ändert sich 26.5.2013, Sandra: China rasend schnell, andererseits ändere auch ich mich.

Dear Sibylle, here are a few pictures from my studio during the ateliers

ouverts in Mulhouse. Liebe Sibylle, hier ein paar Bilder aus meinem Atelier im as there is‘m is a new series that has something to do with white goldfish. It’s a kind of reinvention of the experience of Rahmen der ‚ateliers ouverts’ in Mulhouse. as there is‘m ist eine neue Serie, die irgendwie mit white the installation. goldfish zu tun hat, die eine Art Weiterführung von dieser in- Hope to see you soon! stallativen Erfahrung ist. Sandra Hoffentlich bis bald! 31.5.2013, Sandra: Sandra Dear Sibylle, 31.5.2013, Sandra: So how are you? Holidays in sight? This weekend I’m going Liebe Sibylle. Wie geht’s dir denn? Ferien in Sicht? to dismantle as there is‘m to make some space again (I had Dieses Wochenende werde ich as there is‘m im Atelier ab- some visitors, otherwise I would have taken it down earlier). bauen, damit es wieder Platz gibt (ich hatte noch einige pri- It would be nice if you found the time to come to Milhüsa. How vate Besuche, sonst hätte ich schon früher alles demontiert). does it look? Es wäre schön, wenn du einmal Zeit fändest nach Mìlhüsa zu Very best wishes, kommen. Wie sieht’s bei dir aus? Sandra 26.5.2013, Sandra:

30.6.2013, Sibylle:

30.6.2013 Sibylle:

Liebe Sandra

Dear Sandra,

Danke für die Fotos von den as there is‘m-Arbeiten. Ich kann Thank you for the photographs of as there is‘m. They give anhand von ihnen sehr gut nachvollziehen, wie sich die Ar- me a very good idea of how your work has developed since

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as there is‘m, installation, 2013 work space

as there is‘m, installation, 2013 photo series (no title), 2012 work space

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beit seit white goldfish weiterentwickelt hat. Interessant fin- white goldfish. I find the connection between the formed white de ich diese Verbindung von weissem, geformten Papier und paper and the wood as a carrier construction very interesting. dem Holz als Trägerkonstruktion. Es könnte allenfalls noch But it could be a little more daring, more wild … like back in etwas mutiger sein, wilder... wie damals in Chongqing. Auf ­Chongqing. In the photographs it looks rather artificial. den Fotos sieht es sehr konstruiert aus.

On 11.6 I was briefly in Basel at for Art Unlimited. Unfortu-

Am 11.6. war ich ganz kurz in Basel an der Art Unlimited. Lei- nately there wasn’t time to visit you. I saw Ai Wei Wei’s Ladies’ der hat es für einen Besuch bei dir nicht gereicht. Ich habe Dormitory again, having experienced it in Kassel a few years an der Art Ai Wei Weis Ladies‘ Dormitory wieder gesehen, in ago (2007). I had access to this special place and to the aldem ich in Kassel vor einigen Jahren (2007) zu Besuch war. most finished work at a preview of his Fairytale. Ai Wei Wei Bei einer Preview von Ai Wei Weis Arbeit Fairytale vor der gave a fifteen-minute interview, and after the questions and Eröffnung hatte ich Zugang zu diesem speziellen Ort und zu answers he lay down one of the beds intended for arriving der fast fertigen Arbeit. Ai Wei Wei hatte eine Viertelstunde guests and fell asleep immediately. I was very surprised, and Zeit für ein Interview. Nach den Fragen und Antworten legte couldn’t say goodbye. er sich auf eines der Betten, die für die ankommenden Gäste The dormitory wasn’t open to the documenta visitors, bebestimmt waren, und schlief sofort ein. Ich war sehr über- cause the 1000 Chinese were very visible in the town; at least rascht, ich konnte mich gar nicht von ihm verabschieden.

they had to be allowed to sleep in peace, without an audience,

Die documenta-Besucher/innen bekamen dieses Dormitory without gawkers. nicht zu Gesicht, weil die 1000 Chinesen auch so in der Stadt Now I stood in the dormitory again, a much smaller one comder documenta sehr sichtbar waren. Mindestens schlafen pared to Kassel, without the Chinese guests but with a lot of sollten sie in Ruhe dürfen, ohne Publikum, ohne Gaffer.

gawkers – and a buyer. The dormitory was apparently sold on

Nun also bin ich wieder in diesem Schlafsaal gestanden, in the first day of the fair. einem in seiner Grösse im Vergleich zu Kassel massiv redu- I’m telling you this story because I don’t quite know how to zierten Raum, ohne die chinesischen Gäste, dafür viele Gaf- respond to my re-encounter with these steel beds and their fer, und ein Käufer. Das Dormitory wurde offenbar gleich am coloured blankets. It touches me strangely, in a way. Also beersten Tag der Messe verkauft.

cause a lot has happened in the meantime around Ai Wei Wei

Ich erzähle diese Geschichte, weil ich nicht weiss, was ich and contemporary Chinese art. Because I still don’t under­ mit diesem Wiedersehen mit diesen Stahlbetten und den stand this Chinese art, even though it is supposed to have bunten Bettdecken anfangen soll. Irgendwie berührt es mich ‘arrived’ in the West. And I’ve never been to China. seltsam. Auch weil viel passiert ist in der Zwischenzeit um Ai How do you see contemporary art in China? I assume you Wei Wei, um die chinesische Gegenwartskunst. Weil ich die- get a lot of it during your stays there. Do you understand it? se chinesische Kunst immer noch nicht verstehe, auch wenn Better? Or just as little? I’d like to talk to you about this, but sie ‚sogenannt‘ im Westen angekommen sein soll. Und ich preferably face to face, during a visit to your studio in Mulwar noch nie in China.

house. I might be able to travel to Mulhouse or Basel in July.

Wie siehst du die Gegenwartskunst in China? Ich nehme an, Best wishes, du kriegst viel davon mit bei deinen Aufenthalten in China. Sibylle Verstehst du sie? Besser? Oder genau so wenig? Darüber würde ich gerne mal mit dir sprechen, aber vielleicht lieber Sandra: mündlich, bei einem Besuch in deinem Atelier in Mulhouse. Dear Sibylle, Ich kann evtl. im Juli mal nach Mulhouse fahren oder Basel. Regarding your view of Ai Wei Wei, I think his sculptural work Herzlich, Sibylle

is fantastic. The doors or those flying chairs for Venice in 2013. In China everything has to be large. This has historical

Sandra:

reasons. The ancient Emperor Qin gave himself a formidable

Liebe Sibylle

army of terracotta soldiers, and the Great Wall is incompar­

Zu deiner Sicht auf Ai Wei Wei: Sein skulpturales Werk finde able in its length and mass. ich fantastisch. Die Türen oder auch diese fliegenden Stühle Contemporary art hardly exists in China, so it’s no wonder für Venedig 2013. In China muss immer alles gross sein. Das that the Chinese carefully study the West. I don’t get much

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hat mit der Geschichte zu tun. Schon der Kaiser Qin leiste- of it during my visits there. I live in a place where art has te sich ein beachtliches Heer aus Terrakotta-Soldaten; und very little importance. Despite the Art Institute, or the multidie Chinesische Mauer ist in ihrer Länge und Masse unver- media department – do you remember Qin Jian? – there are gleichlich.

very few possibilities for artists. The road generally leads to

Die Gegenwartskunst in China existiert kaum, kein Wunder Beijing or via Qin Jian’s connections. He’s always busy oralso, dass die Chines/innen den Westen genau studieren. Bei ganising exhibition opportunities and interexchange for his meinen Aufenthalten in China bekomme ich gar nicht so viel students. What I notice is that many Chinese artists say to me mit. Ich lebe in einer Gegend, in der Kunst kaum einen Stel- that for them my art is quite clearly ‘Western’. So there must lenwert hat. Es gibt zwar das Kunstinstitut, resp. die Multi- be a difference, even though I’m currently involved with many media-Abteilung, du erinnerst dich an Qin Jian? Aber kaum Chinese themes and aesthetics. . Möglichkeiten für die Künstler/innen. Der Weg führt meistens über Beijing oder über die Connections von Qin Jian, 5.7.2013, Sibylle: der, umtriebig wie er ist, überall Ausstellungsmöglichkeiten Dear Sandra, und Austausch für seine Student/innen organisiert. Was mir I recently went onto your homepage again and looked at aber auffällt ist, dass viele chinesische Kunstschaffende mir your works from 2012. There’s an exhibition situation in your sagen, dass meine Kunst für sie ganz klar ‚West’-Kunst sei, studio, with the pyjama photographs and the Chinese wo­ wenn sie meine Arbeiten sehen. Da muss es also eine Art man, the photographs with the wrapped items of furniture, Differenz geben, auch wenn ich zurzeit viele chinesische everything in this porcelain white. I can’t decipher the gold on Themen und Ästhetiken aufgreife. 5.7.2013, Sibylle: Liebe Sandra Kürzlich war ich wieder auf deiner Homepage. Ich habe mir deine Arbeiten von 2012 angeschaut. Da ist eine Ausstellungsinstallation in deinem Atelier. Mit den Pyjama-Fotos und der Chinesin, die Fotos mit den verhüllten Möbeln, alles in diesem Porzellanweiss. Das Gold am Boden kann ich nicht entschlüsseln. Ist auch Porzellan, vergoldet? Mir gefällt der Titel Blanc de Chine. Auch wenn man in dieser Arbeit nur Gold sieht. Ist das absichtlich so? Dieser Kontrast der Farben, Materialien, Werte und Fragilitäten? Dann sehe ich mir noch einmal die Bilder von den Objekten

white goldfish in diesem Raum in China an, den du offenbar über genaue Anweisungen deinerseits, aber ohne deine direkte Präsenz hast bauen lassen. Mir gefällt dieses wilde Nebeneinander von Dingen, von Fertig und Nicht-Fertig. In Progress. Darüber hast mir ja schon geschrieben, über diese Form von armer Ästhetik. Dass du nicht dabei warst beim Aufbau macht den Reiz des Unfertigen noch grösser. Wann ist eine Ausstellung fertig? Wie geht allenfalls etwas weiter? Zurzeit habe ich eine kleine Ausstellung im Le Manoir in Martigny. Es ist eigentlich mehr ein kuratorischer Bericht, curatorial report, mit vielem Doku-Material und einigen Originalwerken. Ich habe die Ausstellung in zwei Phasen aufgebaut, und dabei vergessen, die erste Phase zu

the floor. Is it also porcelain, gilded? I like the title Blanc de

Chine, even though you can only see gold. Is this deliberate? This contrast of colours, materials, values and fragilities? Then I looked again at the images of the white goldfish objects, which you had built in this space in China, apparently through exact instructions but without your direct presence. I like this wild juxtaposition of things, of finished and unfinished. In progress. You have already written to me about this, about this form of poor aesthetic. Your absence during the construction increases the allure of the unfinished. When is an exhibition complete? How might something continue? At the moment I have a small exhibition in Le Manoir in Martigny. It’s actually more of a curatorial report, with a lot of documentary material and some original works. I set it up in two phases, and forgot to document the first one. So those stagings have changed and are no longer visible. I go there every ten days and alter something, not always visible to visit­ ors. Sometimes I get an SMS from the director at Le Manoir, who writes magnifique, Sibylle, merci, and I don’t really know what he’s referring to. But this uncertainty interests me. Perhaps it was what motivated you in 2012 with the white goldfish project at the Organhaus in Chongqing. I look forward to continuing our dialogue. I’ll try to come to Mulhouse soon. Especially as there’s nothing from 2013 on your website yet. Best wishes, Sibylle

dokumentieren. Also sind diese Inszenierungen schon nicht

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mehr sichtbar, verändert. Ich gehe alle 10 Tage dahin und 6.7.2013, Sandra: verändere etwas, manchmal nicht sichtbar für die Besucher/ Dear Sibylle, innen, manchmal erhalte ich ein SMS vom Museumsleiter Yes, the website is always updated at the end of the year. Perim Le Manoir, der mir schreibt: magnifique, Sibylle, merci. haps only as there is‘m will be added this year. But you never Ich weiss dann auch nicht genau, worauf sich das bezieht. know! Aber dieses Ungewisse interessiert mich. Vielleicht war es It’s interesting that we keep coming back to white goldfish. auch das, was dich bei dem Projekt 2012 white goldfish im No, I didn’t give exact instructions, except perhaps this one: Organhaus in Chongqing umtrieb.

the height is determined by body size (so no ladders, etc.),

Ich freue mich auf die Fortsetzung unseres Dialogs. Ich ver- and people have to be able to walk through the installation, suche, bald nach Mulhouse zu kommen. Umso mehr, als von the village. With the neon texts it was the same (height 30 2013 noch nichts auf deiner Webseite zu sehen ist.

cm), but there were no specifications as to how they should

Herzlich Sibylle

be placed. I was on site during construction (a condition made by the gallery). I documented the setup, but didn’t give

6.7.2013, Sandra:

any directions. The building workers themselves determined

Liebe Sibylle

when the work was complete (time is money).

ja, die Website wird immer am Ende des Jahres upgedated. And a note on blanc de Chine. The work’s title is ornamenDieses Jahr kommt vielleicht nur as there is‘m hinzu. Aber tal waste. This refers to spit and chewing gum that I reproman weiss nie, was noch alles passieren kann!

duced (modelled) enlarged. Blanc de Chine is the name for

Es ist interessant, dass wir immer wieder auf white goldfish best-quality porcelain in China. The installation consists of zurückkommen.

150 pieces, and the porcelain is gilded with gold leaf and

Nein, ich habe keine genauen Anleitungen gegeben, ausser polished. There’s also an edition. The contrast of colours, vielleicht diese: die Bauhöhe ist durch die Körpergrösse ge- mater­ials, values and fragilities is deliberate. geben (also keine Leitern, etc. verwenden); und man muss I’m very much looking forward to seeing you. It’s been a long durch die Installation, das Dorf, gehen können. Auch bei den time! Neon-Texten verhielt es sich so (Höhe 30 cm), aber keine Sandra Vorgaben, wie sie zu platzieren sind. Ich war beim Aufbau vor Ort (das war die Bedingung der Galerie). Ich habe den Aufbau dokumentiert, aber keine Hinweise gegeben. Die Bauarbeiter bestimmten selber, wann die Arbeit beendet war (time is money). Hier noch eine Anmerkung zu Blanc de Chine: Der Titel der Porzellanarbeit ist ornamental waste (ornamentaler Abfall). Das sind «spits und chewing gums», die ich vergrössert nachgebildet (modelliert) habe. ‚Blanc de Chine’ bezeichnet in China die beste Qualität von Porzellan. Die Installation umfasst ca. 150 Stück, das Porzellan ist blattvergoldet und poliert. Es gibt auch eine Edition dazu. Der Kontrast der Farben, Materialien, Werte und Fragilitäten ist bewusst. Ich freue mich sehr auf das Wiedersehen, ist schon wieder lange her! Sandra

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osmosis, 2012 workspace

ornamental waste, 2010 installation photo: Christian KnĂśrr Kunsthaus Baselland, 2010

pensĂŠe installation, 2013 work space

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25.7.2013, Sandra:

25.7.2013, Sandra:

Liebe Sibylle

Dear Sibylle,

wie schön, dass es geklappt hat, dich und Richard im Atelier How nice to have been able to meet you and Richard in the zu treffen. Im Anhang findest du den Text zu den Pyjamas, studio. I’m attaching the text on the pyjama pieces from my meine Masterarbeit von 2010. Vermutlich würde ich ihn heu- dissertation from 2010. I’d probably write it differently today, te anders schreiben. Doch dieser Abschnitt zu den Pyjamas but this section on the pyjamas is still relevant for me today: ist für mich heute noch relevant:

Der Schlafanzug hat für mich auch mit Nähe, Distanz und Eingebundensein zu tun. In einigen Arbeiten habe ich Doppelpyjamas verwendet und Arme und Beine miteinander – zu einem geschlossenen System (des Zusammenlebens) – verbunden. (Lange Ärmel beschreiben in der Chinesischen Oper Eleganz und Gemütsbewegung.) In diesen Arbeiten geht es nicht darum, Klarheit in die Prinzipien von Nähe und Distanz, von privatem und öffentlichem Raum in die Bilder zu bringen. Es ist die Fragestellung und die entstandene Verwirrung um diese Thematik der sozialen Konfiguration, die ich untersuche. Zunächst existiert der gesellschaftliche Konsens, doch ist dieser zu allgemein/plakativ. Trotzdem sind es gerade die stereotypen Muster (general mind set), die für meine Betrachtung interessant sind. Da ich argumentiere, dass Sichtweisen aus konsensfähigen Wirklichkeitsordnungen hervorgehen, also aus einem ‚common ground’, der soziologisch generiert wurde, gehe ich von einer konstruierten Wirklichkeit aus. Ich konstruiere meine Bilder im Sinne eines Artefakts und nicht im Sinne einer allgemeingültigen Wahrheit. Darin enthalten sind auch Elemente des Zufalls. Die Schlafanzug-Objekte zeichne ich auf und lasse sie anschliessend nähen. Die Zeichnungen haben einen modellhaften Charakter, es benötigt also eine gewisse Interpretationsleistung der Schneider/in (in Xiamen). Composition with stripes (2010), die du in meinem Atelier hier in Mulhouse noch gesehen hast, habe ich damals als Master-Diplomarbeit erarbeitet. Es ist ja nicht so, dass man nicht spüren könnte, wie unterschiedlich die jungen CH- und CN-Frauen mit dem Thema umgegangen sind. Das Holzgewerkel im Atelier ist work in progress, recht offen, was daraus wird. Ich habe die Idee es pensée zu nennen. Offensichtlich eine etwas wirre und fragile Konstruktion mit allerlei Abzweigungen und ‚dead ends’, wie es in meinem Hirn oft vorkommt. :-) ‚La manière de construire’ habe ich meinen chinesischen Erfahrungen entlehnt, die schon fast wieder französische Qualität annimmt, ha. Herzliche Grüsse und bis bald Sandra

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For me pyjamas have to do with proximity, distance and integration. In some of the works I have used double pyjamas with their sleeves and legs linked to one another in a closed system (of coexistence). (In the Chinese opera long sleeves describe elegance and emotion.) These works are not intended to establish clarity in the principles of proximity and distance, of private and public space. I examine the confusion that arises around this complex of social configuration. At first there is the social consensus, but this is too gene­ ral/simple. Despite this the stereotypical patterns (general mindset) are particularly interesting to observe. Because I argue that ways of seeing originate from a consensus about reality, that is from a socially generated common ground, I proceed from a constructed reality. I construct my images in the sense of an artefact and not in the sense of a universal truth. They also contain elements of chance. I draw the pyjama objects and then have them made up. The drawings have a model character. They require a degree of interpretation from the tailor (in Xiamen). composition with stripes (2010), which you saw in my studio here in Mulhouse, was made as a diploma project. You can feel how differently the young CH and CN women dealt with the subject matter. The wooden stuff in the studio is work in progress – very open, what it will become. I’m thinking of calling it pensée. Obviously a somewhat tangled and fragile construction with all kinds of branches and dead ends, as is often the case in my brain. :-) I have taken la manière de construire from my Chinese experiences, and it’s almost taking on French qualities – ha. Best wishes and see you soon, Sandra


31.7.2013 Sibylle:

31.7.2013, Sibylle:

Liebe Sandra

Dear Sandra,

Vielen Dank für die Gastfreundschaft in Mulhouse. Das war Thank you for your hospitality in Mulhouse. It was great to echt toll, dich in deiner schönen Arbeitsumgebung zu sehen. see you in your wonderful working environment. Afterwards Wir sind dann noch an der DMC Fabrik vorbeigefahren. Es we drove past the DMC factory. There seems to be a lot of scheint in Mulhouse viel in Veränderung zu sein.

change going on in Mulhouse. In your studio I particularly

Besonders gut gefallen haben mir bei dir im Atelier die Fotos liked the photographs of found situations in China, the tables von den vorgefundenen Situationen in China, die Tische und and chairs, the blue-painted window frames, a towel hanging Stühle, die blau gestrichenen Fensterrahmen, ein Handtuch, in a courtyard to dry, the run-down green sofa. Their poor das zum Trocken im Hof hängt, der abgewohnte grüne So- aesthetic recalls the work Jean-Luc Moulène did in Berlin, fasessel. Sie erinnern in ihrer armen Ästhetik an Arbeiten as do the objects you built in the studio from simple pieces of von Jean-Luc Moulène, die er in Berlin gemacht hat, auch wood. I don’t know why, but this unfinished fragile aesthetic die Objekte, die du in dem Atelier aus einfachen Holzstücken speaks to me both here in the West and in foreign contexts, aufgebaut hast. Ich weiss nicht warum, aber diese unfertige, where it has more to do with the concept of the picturesque. fragile Ästhetik spricht mich sowohl hier im Westen an, aber Best wishes, auch in fremden Kontexten, wo sie wohl mehr mit dem Be- Sibylle griff des Pittoresken zu tun hat. Sandra:

Herzlich Sibylle

That’s an interesting observation, the poor aesthetic. For me, Sandra:

as I have already written, it was also a kind of not under-

Das ist eine interessante Beobachtung, die arme Ästhetik. standing the visual or verbal codes in my surroundings, in Für mich war es, wie ich schon geschrieben hatte, auch eine urban situations too. For example there’s my photographic Art des Nicht-Verstehens von visuellen oder verbalen Codes, work sleeping mode. The squatting position is a way of sleepauch in urbanen Situationen, in meinem Lebensumfeld. Da ing in China, a relaxed posture. In Europe it looks somewhat gibt es zum Beispiel auch meine Foto-Arbeit des sleeping mode. Sitzstellung in der Hocke: das ist ein Schlafmodus in China, eine Ruhe-Stellung. In Europa nicht. Im Westen wirkt diese Körperhaltung eher devot. Das Bild wird je nach kulturellem Hintergrund anders gelesen, das hat mich daran interessiert. Zu deiner Bemerkung zu den Fotografien im Atelier in Mulhouse. Vielleicht dreht sich in meiner Arbeit alles um eine Art Archetypenfrage. Materialien, Codes, Haltungen als Archetypen. Filz, Pyjama. Pyjama als Archetype. Wie kann ein Pyjama archetypisch codiert sein? Je nach Kulturkreis sind archetypische Bilder leicht anders gestimmt. Oft gibt es ja diese tollen kulturellen Missverständnisse, z.B. der rote Schweizer Pass, das rote Büchlein: Mao Büchlein. Gerade in diesen Zeiten, in denen ich nicht mehr so oft nach China zurückgehe, hier in Europa, stellen sich mir diese Fragen nun deutlicher. Ich werde noch viel Zeit damit verbringen, diese Fragen zu erkunden und zu testen.

submissive. I was interested in the fact that the image is read differently according to cultural background. Regarding your comments on the photographs in the Mulhouse studio, perhaps my work revolves around the question of archetypes: materials, codes, postures as archetypes; felt, pyjamas as archetype. How can pyjamas be archetypically coded? Archetypical images are differently tempered according to cultural background. There are often wonderful misunderstandings, e.g. the red Swiss passport and Mao’s Little

Red Book. Here in Europe I ask myself these questions more clearly, particularly now I no longer return to China so often. I’m going to spend a lot more time examining and testing them. ◊

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Brief an meine FreundInnen Von Nachwuchs, einer Chinese Wedding und Sponsoren

nommen. Die Behandlung kostete 750 Yuan inklusive der Medikamente (Augencrème Novartis, Parasitenspray frz. Produkt) und ein vereinbarter Aufenthalt von 2 Wochen (zum Vergleich kostete meine Operation im

Das Hündchen ist gerade mal 6 Wochen alt, vielleicht 20 cm, ein klei- Spital mit 3 Nachbehandlungen und Hauttest gerade mal 300 Yuan, ca nes, flauschiges Ding und schon echt smart. Ein Junge hat es im trans- 45 CHF). Kein Dorfbewohner kann sich so etwas leisten. Es wird daher parenten Plastiksack daher getragen, diesen in eine Ecke getan und ist schnell klar, weshalb ein Hündchen eingetütet- und seinem Schicksal weggerannt. Was hätte ich auch machen sollen? Ich habe das völlig ver- über­geben wird. ängstigte Bündel Hoffnungslosigkeit mit nachhause genommen und Wir verliessen die Tierklinik, der Regensturm tobte und alle Taxis waauf meinem Balkon in einem Plastikbecken einquartiert. Es zitterte am ren besetzt. Jinjing im Arm warteten wir lange auf einen Bus. Als dieser ganzen Leib, doch die Milch an meinem Finger brach das Eis. Hun- endlich kam und wir 2 Stationen weit gefahren waren, dämmerte mir, de sind da wirklich einfach gestrickt ... Es hat sehr schnell gelernt im was sich bald in meinem Schlafzimmer abspielen könnte und so liefen Beckenkörbchen zu bleiben, sogar bei geöffneter Balkontüre. Doch in wir den ganzen Weg zurück, um die Katastrophe – die sich ohne Pader Nacht heulte es, hat mich dreimal aus dem Bett geholt bis ich endlich rasitenspray anzubahnen drohte – abzuwenden. Zuhause angekommen, realisierte, dass es Zuwendung und nicht Milch wollte. Ich war gerade reinigte ich mein Zimmer und sprayte, was der Behälter hergab (meimal über meinen Jetlag hinweg gekommen und hatte neu, ein Baby, um ne Internetrecherchen lieferten unter Zecken furchterregende Details). die Nacht zu durchwachen. Dann kam sintflutartiger Regenfall und da- Dennoch juckte meine Vorstellungskraft den ganzen Körper rauf und mit setzte ich das Becken in mein Schlafzimmer. Tim (Chen Chuanxi) runter und wenn ich an das Hündchen dachte, rollten die Tränen. von seiner Reise zurückgekehrt, freute sich nicht über den Nachwuchs, Heute ist Donnerstag und seit gestern ist das Hündchen bei einem er wurde soweit toleriert, als dass er sich in meinem Zimmer aufhielt. Chinesen, den ich durch „what’s on in Xiamen“ (Internet), auf der Suche Mir war schon aufgefallen, dass kleine schwarze Käfer im Buschibett he- nach einer Lösung für den Vierbeiner, kennenlernte. Da Hasso-Rex – so rumkrabbelten und dann im Zimmer ... Ich habe sie in regelmässigen hatte ich den Welpen getauft – keine 2 Wochen in der Klinik verbrachte, Abständen zerquetscht (bad Karma) und Blut spritzte. Dann war endlich gab es Wechselgeld und damit kaufte er ein lächerliches Hundehaus aus Montag und nach den „National Holidays“, habe ich den Welpen zum Plastik. Damit bin ich entlastet1. „check up“ dem Tierarzt bringen können. Der schaute es an, schätzte Seit ca. 1 Woche bin ich zurück in Xiamen. Bin ich überhaupt weg es auf 6 Wochen und als weiblich ein. Er gab mir einen Parasitenspray, gewesen? Wie ich mein Quartier liebe! Die engen Gassen, die verwinkelAugencreme und wollte mich damit entlassen. Meine Freundin Jinjing te Architektur, die sich an keinen, uns geläufigen, ästhetischen Normen begleitete mich, um die Kommunikation zu erleichtern. Ich habe keine orientiert. Man kennt mich, lachende Gesichter begegnen mir, ich esse Erfahrung mit solchem Ungeziefer, mir war aber nicht entgangen, dass in meiner Lieblingsbeiz. Es ist ein Ort, der auch während den Nationales nicht nur Flöhe im Fell gab und so beharrte ich darauf, dass die erste feiertagen seinem gewohnten, beschäftigten aber nicht hektischen Alltag Behandlung in der Tierklinik – zum Anschauungsunterricht – durchge- nachgeht. Auf dem Weg vom Flughafen war mir im Taxi aufgefallen, dass führt wurde. Das Hündchen liess alles mit sich geschehen und so wurde sich die Stadt von allen Seiten her unserem Dorf nähert. Es ist eine Frage das Fell systematisch abgesucht und eingesprayt. Der Assistent hob das der Zeit und es wird weichen müssen. Ohr an und da waren sie: Riesige Zecken hatten sich wie Trauben da- Letzten Sonntag wurde ich zur Hochzeit von Min Lan, eine meiner eherin festgebissen. Ich rief den Arzt um Hilfe und dieser schraubte diese maligen Studentinnen, eingeladen. In der Zwischenzeit ist Yang Jian, mit einer Pinzette heraus. Und dann wurde das ganze Fell lebendig, die mein Künstlerfreund – mit dem ich an unserem Projekt the container Flöhe begannen in Panik zu fliehen, der ganze Boden bestand plötzlich arbeite – aus Shanghai (er blieb länger) zurückgekommen und so machaus hüpfenden Punkten. Sie wurden mit dem Spray sofort zum Orna- ten wir uns auf den Weg zum Happy Paradise Restaurant. Bereits am ment und weggefegt. Das Hündchen lag inzwischen halb tot auf dem Eingang erwartete uns das frisch verheiratete Paar (die Vermählung selbst Behandlungstisch und noch immer raste das aufgebrachte Leben über ist ein „contract“). Wir stellten uns in eine Reihe, jeder mit einem roten es hinweg. Für den Arzt war der Fell-Fall soweit erledigt und mir wurde Couvert (welches immer einen Geldbetrag enthält), um es der Braut im eröffnet, dass der Welpe die Prozedur möglicherweise nicht überlebe. Ich weissen Hochzeitskleid (wie bei uns in der Kirche) bei der Gratulation zu war derart geschockt über das, was ich gesehen hatte und darüber einen überreichen, die es ihrerseits an das Mädchen mit dem Gaben-Körbchen todgeweihten Hund voller Parasiten in meinem Schlafzimmer zu haben, weiterreichte. Der Bräutigam stand im schwarzen Smoking daneben. Das dass ich ihn unmöglich nachhause mitnehmen wollte. Zudem sollte ich Empfangs-Prozedere kann lange dauern, da die Gäste zuweilen von weit in den nächsten Tagen nach Shanghai reisen. Nein, es kam einfach nicht her anreisen. in Frage! Erst als ich verlangte das Tier einzuschläfern, wurde es aufge- Das riesige Restaurant war ein – für chinesische Verhältnisse – gedie-

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gener Ort. Holzstühle! Im Stil „Louis chinois“, weisse Blumenarrange-

eng. Wir glauben fest daran unser Ziel zu erreichen. Wir haben bereits so

ments auf Säulen, die mit blauen, blinkenden Lichterketten umgeben

viele Hürden genommen, dass wir jetzt zuversichtlich sein dürfen. Und

waren und ein roter, langer Teppich, der auf eine Art Bühne zulief. Und

nächsten Sonntag sitzen wir bereits wieder im Flugzeug nach Shanghai,

dann überall Screens, die Hochzeitsbilder mit den wildesten Fotomon-

wir besichtigen einen public space und treffen die Verantwortlichen.

tagen hergaben (für Eingeweihte: ich bin mir sicher, eine Chinesische Hochzeit würde die Arbeit von Pierre et Gilles bereichern) z.B. Braut

Sangdela wuffwuff Kongzi, 9.Oktober 2008

auf vorbeischwimmendem Lotusblatt. Alleine diese Bilder waren es wert hergekommen zu sein. Nach 2 Stunden endlich kam das Paar und stellte sich hinter einen – mit Kunststoff-Blumen und sonstigem Grünzeug dekorierten – Torbogen. Als das uns wohlbekannte: Taa-tata-taa aus den Lautsprechern schmetterte, schritten sie endlich hindurch und den roten Teppich ab, dabei wurden bunte Papierschnipsel über Ihren Köpfen entleert (Reis wird in China nicht vergeudet!). Es war als wäre die Kirche in ein Restaurant verlegt worden, nur dass sich die Sitzgelegenheit weit angenehmer ausnahm und die Braut an der Hand des Bräutigams ging. Vorne angelangt befanden sich zwei Tische, den ihrer und den seiner Familie. Anstelle des Pastors, ein angemieteter Unterhalter. Ha, da wurde schon die Hochzeitstorte aufgetragen und vom Brautpaar ange-

Hasso-Rex, 6 Wochen alt

schnitten. Danach verbeugten sie sich dreimal nach links, nach rechts zu

Hasso-Rex, 6 weeks old

den Elternpaaren und anschliessend voreinander. Kunstvoll ineinander verschlungen, tranken sie gleichzeitig aus den Weingläsern des Partners, der Partnerin und schliesslich steckten sie sich die Eheringe gegenseitig an. Danach musste das Paar – dafür haben sie extra kleine Weingläser – mit den Gästen eines jeden Tisches anstossen. Und dann endlich! wurden die dampfenden Köstlichkeiten aufgetragen. Viel Rotwein floss (neuerdings hip), die Stimmung stieg, ohne zu überborden (bei meiner ersten Chinesischen Hochzeit war das völlig anders). Nach ca. 4 Stunden löste sich die Gesellschaft (ohne Tanz) auf. Tage danach fragte ich mich, was mit der Hochzeitstorte geschehen war? Sie war „fake“, unecht und wird bei jeder Hochzeit vom Restaurant benutzt, nur gerade der oberste Kuchen ist weiche Tortenmasse! Ich weiss noch nicht einmal, ob sie essbar gewesen wäre. Das war letzten Sonntag. Und dazwischen? Viel Arbeit für Yang Jian und mich, erst in Shanghai und jetzt hier. Nach Shanghai war ich derart erschöpft, dass ich mich erst mal in unserem Apartment einigelte (bis ich auf den Hund kam...). Jetzt stecken wir in Papierkram und kreativem Prozess, unser Projekt dem kleineren Budget anzupassen. Auch haben wir uns mit ersten Entwürfen zum Katalog beschäftigt. Es ist so aufregend wie aufreibend. Doch es lohnt sich, denn unsere Bemühungen in Shanghai waren erfolgreich. Wir haben mit einem Glas Rot- und Weisswein in einer japanischen Bar mit Blick auf Pudong (Shanghai) auf einen weiteren Zwischenerfolg angestossen, der einzige Luxus, den wir uns gönnten. Es ist auch die gute Nachricht gekommen, dass unser Projekt vom kulturelles.bl und der Kulturpauschale Basel gestützt wird. Das war Hasso-Rex wurde kurz darauf von Elisa, einer Italienerin, die in

für mich, das Museum und die Sponsoren (!) ein gutes und wichtiges

1

Signal. Der Prozess bleibt suspense, denn der Zeitrahmen ist unglaublich

Xiamen chinesisch studierte adoptiert. Wir sind bis heute in Kontakt.

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Letter to My Friends On a new addition, a Chinese wedding and sponsors

were full. Arm in arm we waited ages for a bus. When it finally came and we had gone two stops, it occurred to me what might soon play out in my bedroom, and so we walked the whole way back in order to avert the

The puppy was just six weeks old, perhaps 20 cm, a little fluffy thing, catastrophe threatened without parasite spray. Back home I cleaned my and already really smart. A boy had carried it here in a transparent plastic room and sprayed the container empty (Internet research on ticks had sack, which he left in a corner and then ran away. What else could I do? uncovered alarming details). Still, my imagination set my entire body I took the terrified bundle of wretchedness home and gave it a place on itching, and when I thought about the little dog the tears rolled down my balcony in a plastic bowl. Its whole body trembled, but the milk on my cheeks. my finger broke the ice. Dogs are really quite simple in this respect … Today is Thursday, and since yesterday the puppy has been with a ChiHe soon learned to stay in the bowl, even when the balcony door was nese whom I met through What’s on in Xiamen (Internet) in search of ­a open. But during the night he howled and got me out of bed three times solution for my four-legged friend. As Hasso-Rex – such was my name before I finally realised that he needed attention, not milk. I had only for her – spent less than two weeks in the clinic there was change, and just got over my jetlag, and now I had a new baby to stay awake for all her new master bought a comical plastic kennel with it. So The onus was night. Then there was a torrential rainfall, and I put the plastic bowl in off me.1 my bedroom. Tim (Chen Chuanxi), having returned from his own jour- I’ve been back in Xiamen for about a week. Have I even been away? How ney, wasn’t happy about this addition to the family, which was tolerated I love my district! The narrow alleyways, the quirky architecture, not only as long as it stayed in my room. I noticed that little black beetles oriented to any familiar aesthetic norms. People know me, smiling faces were crawling around in the baby’s bed, and then in the room itself … I greet me, I eat in my favourite restaurant. This is a place that also carries squashed them at regular intervals (bad karma), and blood spurted. Then on its usual busy but not hectic trade during the national holidays. In the Monday came at last, and after the national holidays I took the puppy to taxi on the way from the airport I noticed that the city is approaching the vet for a check-up. He took a look at it, judged it to be six weeks old our village from all sides. It’s only a matter of time before it will have to and female, gave me a parasite spray and eye cream, and wanted to let me give way. go. My friend Jinjing had come with me in order to ease communication. Last Sunday I was invited to Min Lan’s wedding – she is one of my former I have no experience with such things, but I couldn’t fail to notice that students. Yang Jian, my artist friend with whom I worked on our project there weren’t just fleas in the puppy’s coat of hair, and so I insisted on the container, has returned from Shanghai in the meantime (he stayed having the first treatment carried out in the animal clinic – for visual in- longer), and so we made our way to the Happy Paradise restaurant. The struction. The dog was very cooperative, and so its coat was systematically newly married couple were waiting for us at the entrance (the marriage searched and sprayed. The assistant raised its ear, and there they were: itself is a contract). We joined the queue, each of us with a red envelope huge ticks hanging there like grapes. I called the doctor for help, and (always containing a sum of money), which is handed over in congratuhe pulled them out with tweezers. And then the whole coat came alive; lation to the bride in her white wedding dress (as with us in church), and the fleas began to flee in panic, and the floor was suddenly covered with then passed on by her to a girl with a gift basket. The groom stood by jumping dots. They were immediately sprayed into ornaments and swept her side in a black dinner jacket. The reception procedure can last a long away. The puppy now lay half dead on the operating table, its coat still time, as some of the guests have made long journeys to get here. alive with vermin. For the doctor this coat-case was settled, and I was told The huge restaurant was a superior one for Chinese conditions – wood­­­­ that the puppy probably wouldn’t survive the procedure. I was so shocked en chairs! In the style of ‘Louis chinois’: white flower arrangements on by what I had seen, and by the thought of having a moribund dog full columns draped in flashing blue fairy lights; a long red carpet running of parasites in my bedroom, that I really didn’t want to take it home. up to a kind of stage. And screens everywhere, showing wedding photoEspecially considering that I had to travel to Shanghai in the coming graphs in wild montages, the bride on a floating lotus leaf, for example days. No, it was out of the question! The animal was only admitted to the (for insiders, I’m sure a Chinese wedding would enrich the work of Pierre clinic when I asked for it to be put down. The treatment cost 750 yuan, et Gilles). It would have been worth attending for these photographs including medicine (Novartis eye cream, a French parasite spray) and an alone. After two hours the couple finally entered and stood beneath an agreed stay of two weeks (for comparison, my operation in the hospital, archway decorated with plastic flowers and other greenery. When the with three follow-up treatments and a skin test, cost just under 300 yuan, famous taa-tata-taa blared out of the loudspeakers, they stepped through approximately 45 Swiss francs). No villager can afford that. So it soon the arch and up the red carpet, while we threw confetti over their heads became obvious why the puppy had been bagged up and left to its fate.

(rice isn’t wasted in China!). It was as if the church had been relocated to

We left the veterinary clinic; it was raining in torrents and all the taxis a restaurant, only that the seating was much more comfortable and the

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bride entered with the groom. When they arrived at the front, there were two tables, his family’s and hers. Instead of the pastor there was a hired entertainer. Ha! The wedding cake as brought in quite soon. The bridal couple cut it and bowed three times, to the left and right to the two sets of parents, and then to each other. Then, artfully entwined, they simultan­ eously drank from each other’s wine glasses and finally exchanged rings. Afterwards – and for this there were specially small glasses – they had to clink glasses with the guests at every table. And then, finally, steaming delicacies were served. Much red wine flowed (lately hip) and spirits rose without becoming too exuberant (at my first Chinese wedding this was completely different). After about four hours the party broke up (without dancing). A few days later I asked myself what had happened to the wedding cake. It was ‘fake’, artificial, used by the restaurant at every wedding; only its upper layer was a soft mass of cake! I don’t even know if it was edible. That was last Sunday. And in the meantime? A lot of work for Yang Jian and me, first in Shanghai and now here. After Shanghai I was so worn out I had to curl up in our apartment (until I found the dog …). Now

photo: Elisa Dalla Guarda

we’re in the throes of paperwork and the creative process of adjusting our project to a smaller budget. And we have made the first designs for the Asia alias Hasso-Rex, 3 years old. catalogue. This is both exciting and exhausting. But it’s worth it because Asia has been living it Italy with Elisa since 2012. our endeavours in Shanghai were successful. We drank to a further inter-

Asia alias Hasso-Rex, 3 Jahre alt.

mediate success with a glass of red and a glass of white wine in a Japanese

Seit 2012 lebt Asia mit Elisa in Italien.

bar with a view of Pudong (Shanghai), the only luxury we allowed ourselves. We have also received the good news that our project is going to be supported by kulturelles.bl and the Kulturpauschale Basel. This was a good and important signal for me, the museum and the sponsors (!).The process remains suspenseful, however, as the timeframe is unbelievably narrow. But we firmly believe we can achieve our aim. We have already taken so many hurdles that we know our confidence is justified. And next Sunday we’ll again be on a plane to Shanghai, where we’re going to look at a public space and meet those responsible for it. Sangdela wuffwuff Kongzi, 9 October 2008

1 Hasso-Rex was adopted shortly afterwards by Elisa, an Italian

1

studying Chinese in Xiamen. We are still in touch today.

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WERK

FOTOGRAFIE MALEREI

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WORKS

PHOTOGRAPHY PAINTING

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Eastlink Gallery, Shanghai corporate sculpture, series, 2007 oil on canvas, 200 x 120 cm photo: Bas Princen

corporate sculpture, series, 2007 oil on canvas, 200 x120 cm photo: Bas Princen

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sleeping mode, 2007 photograph, 115 x 200 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

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snow whites, 2008 photograph, 95 x 200 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

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peach blow 1, 2008–2010 photograph, 190 x 150 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

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peach blow 2, 2008–2010 photograph, 190 x 150 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

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peach blow 3, 2008–2010 photograph, 190 x 150 cm fine art print/cotton rag/aluminum

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three stools I, 2010 photograph, 200 x 125 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

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composition with stripes, CN, series 2010 photograph, 70 x 105 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

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composition with stripes, CH, series 2010 photograph, 70 x 105 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

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composition with stripes, CN, series 2010 photograph, 70 x 105 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

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composition with stripes, CH, series 2010 photograph, 70 x 105 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

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composition with stripes, CN, 2010 photograph, 70 x 105 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

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composition with stripes, CH, 2010 photograph, 70 x 105 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

75


Amber, 2011 photograph, 70 x 105 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

76


77


three stools II, 2012 photograph, 200 x 145 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

78


79


the angel behind 1, 2012 photograph, 200 x 120 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

80


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the angel behind 2, 2012 photograph, 200 x 120 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

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the angel behind 3, 2012 photograph, 200 x 120 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

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osmosis 1, 2012 photograph, 150 x 200 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

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osmosis 2, 2012 photograph, 150 x 200 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

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osmosis 3, 2012 photograph, 150 x 200cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

90


91


me me, series 2012 photograph, 100 x 180 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

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me me, series 2012 photograph, 100 x 180 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

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95


no title, 2012 photograph, 75 x 45 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

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no title, 2012 photograph, 55 x 75 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

97


no title, 2012 photograph, 55 x 75 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

98


no title, 2012 photograph, 55 x 75 cm fine art print/cotton rag paper/aluminum

99


sÊrie noire, 2014 photograph, 150 x 100 x 6 cm lambda print, aluminum, wood, lacquer coated 6–8 times

100


101


sÊrie noire, 2014 photograph, 120 x 80 x 6 cm, 150 x 100 x 6 cm lambda print, aluminum, wood, lacquer coated 6–8 times

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103


sÊrie noire, 2014 photograph, 120 x 80 x 6 cm, 150 x 100 x 6 cm lambda print, aluminum, wood, lacquer coated 6–8 times

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105


sÊrie noire, 2014 photograph, 120 x 80 x 6 cm, 150 x 100 x 6 cm lambda print, aluminum, wood, lacquer coated 6–8 times

106


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série noire, 2014 photograph, 120 x 80 x 6 cm, 150 x 100 x 6 cm lambda print, aluminum, wood, lacquer coated 6–8 times

série noire, 2014 photograph, 120 x 80 x 6 cm, 150 x 100 x 6 cm lambda print, aluminum, wood, lacquer coated 6–8 times

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WERK SKULPTUR INSTALLATION OBJEKT

110


WORKS SCULPTURE INSTALLATION OBJECT

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chinese wedding, 2007 video installation photo: Daniel Spehr Š Licht Feld

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ornamental waste, 2010 spit and chewing gum (158 pieces) blanc de Chine (porcelain), gold plated (various dimensions: 8–15cm)

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Shanghai, Pudong, China, 2008

the container, 2008 Yang Jian & Sandra Kunz inflatable sculpture, breathing, 10 x 12 x 10 m fabric, LED lights, sound, 2 compressors

Venues: Shanghai, Pudong, China, 2008 Xiamen, China, 2009 Shanghai World Expo, Swiss Pavilion, China, 2010 Culturescapes 2010: Basel, Switzerland Berne, Switzerland Lucerne, Switzerland

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Shanghai World Expo, 2010


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Basel, Switzerland, 2010

Xiamen, China, 2009

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Lucerne, Switzerland, 2010

Shanghai World Expo, 2010

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as there is‘m, 2013 spatial installation (100 m2) paper (sewed), cable binder, tape, plastic, wood

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the bird, 2013 video installation, screenshot 1 min. 30 seconds

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ask the bird 1, 2014 table with objects from China various materials

125


ask the bird 2, 2014 table with objects from China various materials

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ask the bird 3, 2014 table with objects from China various materials

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SANDRA KUNZ, 30.06.60 (Reinach BL, Switzerland) has lived and worked in Xiamen/China and Arlesheim/Switzerland since 2006; has worked in Mulhouse/France since 2010 GROUP-/SOLO-EXHIBITIONS 2015 solo exhibition Licht Feld Gallery Basel, Switzerland 2015 group exhibition Filter 4, culture affairs, Switzerland 2015 solo exhibition Teda Contemporary Art Museum, Tianjin, China 2014 Fabrikculture Hégenheim, Regionale 15, France 2013 La Kunsthalle Mulhouse, Regionale 14, France 2013 Licht Feld 13, Basel, Switzerland 2012 solo exhibition Organhaus, Chongqing, China 2011 Licht Feld 11, Basel, Switzerland 2010 Kunstraum Riehen, Regionale 11, Basel, Switzerland 2010 the container by Sandra Kunz & Yang Jian, Culturescapes, Switzerland 2010 Licht Feld 10, Basel, Switzerland 2010 Fine Arts, Kunsthaus Baselland, Switzerland 2012 the container by Sandra Kunz & Yang Jian, Culturscapes China 2010, Basel, Berne, Lucerne 2010 the container by Sandra Kunz & Yang Jian, Swiss Pavilion, Expo Shanghai, China 2010 Eastlink Gallery, Shanghai, China 2010 X-space, Hubei Museum of Art, China 2009 Museum of Contemporary Art, Shanghai, Animamix Biennal, Shanghai, China 2009 Chinese European Art Center, 10th anniversary exhibition, Xiamen, China 2009 Licht Feld 9, Basel, Switzerland 2008 «the container» by Sandra Kunz (CH) & Yang Jian (CN), partner institution Zendai MoMA 2008 Intrude 366, Zendai MoMA, Shanghai, China 2008 Licht Feld 8, Basel, Switzerland 2008 Entrée des artistes, visarte, Basel, Switzerland 2007 Dieter Roth Academy, Amsterdam, Netherlands 2007 solo exhibition, Chinese European Art Center Xiamen, China 2007 solo exhibition, Eastlink Gallery Shanghai, China 2007 W139/Basement, Sandberg Institute Amsterdam, Netherlands 2006 Licht Feld 6, Basel, Switzerland 2006 Dieter Roth Academy, Gulangyu/Xiamen, China 2005 Licht Feld 5, Basel, Switzerland 2005 Regionale 5, Fabrikculture Hegenheim, France 2004 Galerie Gisèle Linder, Basel, anniversary exhibition, Switzerland 2004 Licht Feld 4, Basel, Switzerland 2003 Licht Feld 3, Basel, Switzerland 2002 Licht Feld 2, Basel, Switzerland 2001 Licht Feld 1N, Nürnberg, Germany 2001 Licht Feld 1, Basel, Switzerland 2000 séléction 99, Basel/Muttenz, Switzerland 2000 Galerie Gisèle Linder, Basel, Switzerland 1998 Galerie Margrit Gass, Basel, Switzerland EDUCATION 2010 Master of Fine Arts, HGK@ FHBB Basel, Switzerland 2005 Master of Advanced Studies in Art, Design + Innovation, HGK@ FHBB Basel, Switzerland



Special thanks to: Sibylle Omlin, art publicist, author and curator, CH Marianne Roth, transcultural consultant, Z端rich, CH Aqee, Yu Qi Wang, photographer, Xiamen, CN / Thomas Bloch, entrepreneur, Arlesheim, CH / Esther Brinkmann, jewellry designer, Bienne, CH / Ineke Gudmundsson, CEAC, Xiamen, CN / Chen Libin, artist, Xiamen, CN / Chen Wei, artist, Xiamen, CN / Dave, Si Tu Zhi Wei, musician, Xiamen, CN / Roman Hermann, engineer, Basel, CH / Jin Jing, artist, Xiamen, CN / Kang Youteng, consultant, Xiamen, CN / Roland Kniel, photographer, Z端rich, CH / Hanspeter Kunz, architect, Basel, CH / Li Liang, Eastlink Gallery, Shanghai, CN / Werner Nievergelt, consul general of Switzerland (rtd), Biel, CH / Professor Qin Jian, artist, Xiamen University, CN / Hans Jakob Roth, ambassador of Switzerland, Wengen, CH / Flavia Schlegel, Paris, F / Shangguang Zhe, fashion designer, Xiamen, CN / Robin A. Suri, curator, CN / Tim, Chen Chuanxi, artist, Xiamen, CN / Andreas Tschirky, Dr., Shanghai, CN / Stevens Vaughn, entrepreneur, Xiamen, China / Marco Waldhauser, engineer, Dornach, CH / Xie Shao Jie, photographer, Xiamen, CN / Yang Jian, artist, Beijing, CN

Unterst端tzt durch die Abteilung Kultur Basel-Stadt


IMPRESSUM

PUBLICATION DETAILS

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation The Deutsche Nationalbibliothek lists this publication in the in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte biblio­grafische Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

available on the Internet at http://dnb.dnb.de .

ISBN 978-3-9522318-9-0 LICHT FELD, 2015 PUBLISHER: Fredy Hadorn www.lichtfeld.ch FOREWORD: Marianne Roth DIALOGUE: Sibylle Omlin & Sandra Kunz TRANSLATION: Michael Turnbull DESIGN/CONCEPT: Sandra Kunz LITHO: Roland Kniel © Text, Abbildungen und Werke – wo nicht anders vermerkt –

© text, images, works – unless otherwise stated – with the

bei der Künstlerin

artist

This book is the first edition. It has been printed in an edition of 300 copies, all numbered. /300

Printed in Germany




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