Leseprobe CM_38

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Magazin für Co M plian C e Manage M ent a usgabe 38 (1/2024) www. C o M plian C e- M anager.net Im Dickicht von Begriffen und Regulatorik 4 FINANZEN: KAPITALMARKT-COMPLIANCE 22 DIGITALISIERUNG: DER NUTZEN DER BLOCKCHAIN 28 REGULATORIK: ANWENDUNGSBEREICHE UND RECHTSFOLGEN 36 CYBERSECURITY: RISIKEN UND HAFTUNG 42 STUDIE: WANDEL IN DER BERICHTERSTATTUNG

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Liebe Leserinnen und Leser,

EESG ist in aller Munde. ESG ist bei fast allen in Mode. Dass es in aller Munde ist, ist mehr als notwendig, dass es zu einer Modeerscheinung wird, muss kritisiert werden.

Jeder einzelne der drei Aspekte in ESG und der sich daraus ableitenden Begriffe ist richtig und wichtig und die Zeit zur Umsetzung drängt. So weit, so klar. Ich denke, warum Nachhaltigkeitsziele – ob ökologisch, sozial oder steuernd – unverzichtbar sind, ist fast allen klar. Wem es nicht klar ist, der darf jetzt gern das Heft schließen und noch mal mit einem Was-ist-Was-Buch anfangen.

Wie ESG-Ziele jedoch erreicht werden können und wie der Weg dahin aussieht, ist vorsichtig ausgedrückt recht umstritten.

In einem Meinungsartikel setze ich mich kritisch mit dem ESG-Begriff und damit verwandter Begriffe auseinander. Ich habe mir hierzu einige Fragen gestellt: Warum ESG im Marketing mehr Anwendung findet als in der Compliance oder der Unternehmensstrategie? Welche weiteren Begriffe da draußen rum schwirren und um das Licht tanzen wie ein Mückenschwarm? Ob sich der Verbraucher entlastet, wenn er Firmen gedanklich belastet, indem er über die Politik und die Wirtschaft nachdenkt, jedoch selbst in seinen Gedanken nur am Rande vorkommt.

Und zu guter Letzt: was es in einer wettbewerbsorientierten, globalisierten Wirtschaft bedeutet, gedanklicher Vorreiter auf diesem Gebiet zu sein, somit aber auch mit einer Regulatorik und Dokumentationspflicht konfrontiert zu werden, die selbst Kafka ins Staunen versetzt hätte.

Weniger Meinung mehr Information findet sich aber auch im Heft. In gleich zwei Artikeln wollen wir uns Technologie-Themen widmen. Tom Boyer hilft uns, die Errungenschaften der Blockchain-Technologie zu verstehen und welche Auswirkungen diese auch auf die Arbeit im Compliance Management haben kann. Carla Nelles und Mareike Gehrmann zeigen, welche Tragweite die Bedrohungen innerhalb der Cybersecurity mittlerweile erreicht haben und was das für Unternehmen und ihr Management bedeutet.

Der Bereich Regulatorik ist durch Artikel meiner Kollegin Judit Cech und einem Gastbeitrag von Dr. Lothar Haring vertreten. Herr Harings gibt einen umfassenden Überblick der sich aus den Nachhaltigkeitsvorgaben der EU ableitenden Regelungen und unterstützt bei der gedanklichen Erschließung von Synergien für die eigenen CMS und gibt auch Einblicke, welche Rechtsfolgen bei Verstößen drohen.

Zudem finden sich Artikel von Christin Nasgowitz zum Paradigmenwechsel innerhalb der Kapitalmarkt Compliance (Seite 14) und eine Studie beleuchtet Trends in der Beschaffung (Seite 42). Frau Nasgowitz hat sich angeschaut, welche Veränderungen in der Finanzwelt durch ESG-Konformität angestoßen wurden. Anja Strauß beschäftigt sich mit den Auswirkungen des regulatorischen Umfelds auf die Beschaffung und das Supply-Chain-Management. Wir sind mit Kritik gestartet und hören mit Kritik auf: Kritik ist ja auch immer sinnvoll, um den Kurs anzupassen, auch wenn das Ziel feststeht. Die Kritik an der reinen Begrifflichkeit ESG ist aber aus mehreren Gründen aktuell und weiterhin relevant. Sie spiegelt die Komplexität und die Herausforderungen wider, die mit der Anwendung von ESG-Prinzipien in der Praxis verbunden sind. Dies gilt sowohl für die Wirtschaft als auch die Gesellschaft. Das macht die Sache nicht leichter, aber Einfachheit wäre in diesen Zeiten auch irgendwie unterambitioniert.

ES G eht immer weiter…

Beste Wünsche

Frederik Nyga
Compliance Manager 1/24 E DITORIAL 3

DER ESG-BEGRIff: ZERfASERT EIN wIChTIGES ZIEL UNTER EINER UNKLAREN BEGRIffLIChKEIT?

Unser Autor stört sich an einer immer willkürlicheren Verwendung des ESG-Begriffes. Zahlreiche Begriffe und Modelle verkomplizieren die Debatte zunehmend. Gesellschaftliche Erwartungen führen zu vielfältigen, gut gemeinten Initiativen und strengeren Berichtspflichten weltweit, um Transparenz und Verantwortlichkeit zu erhöhen. Dies steigert jedoch die Compliance-Kosten und -Komplexität, besonders in einer globalisierten Wirtschaft, und stellt Unternehmen vor große Herausforderungen.

ESG aus der Sicht der KapitalmarktCompliance

Der Übergang zu ESG-Konformität zwingt Unternehmen und Finanzinstitutionen, ihre Compliance-Strategien neu auszurichten, bedingt durch EU-weite strengere Vorschriften für mehr Transparenz und Kontrolle bei Nachhaltigkeitsaussagen. Vorfälle wie die Razzia bei der DWS Group zeigen, dass die Einhaltung von ESG-Kriterien essentiell ist, um rechtliche Risiken und Reputationsverluste zu vermeiden.

Smart Contracts dank Blockchain?

Obwohl viele Unternehmen bereits die Implementierung von Blockchain erwägen und Forschungen zu Anwendungsmöglichkeiten betreiben, bleibt die Nutzung in vielen Branchen noch gering. Trotzdem könnten die Vorteile mittel- bis langfristig einen großen Einfluss haben. Lieferketten würden für Unternehmen und Konsumenten übersichtlicher und transparenter. Transaktionen aller Art könnten schneller und kostengünstiger für den Nutzer abgewickelt werden, wenn sie mithilfe einer Blockchain durchgeführt werden.

In d I eser Ausg A be 4 Compliance Manager 1/24
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DIGITALISIERUNG KAPITALMARKT MEINUNG
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Ein neues Verständnis von Trade Compliance

Seit Veröffentlichung des Green Deals hat die EU die Umsetzung verschiedener Nachhaltigkeitsvorgaben vorangetrieben. Im Jahr 2024 werden einige dieser Vorgaben im Trilog auf EU-Ebene verhandelt; andere sind bereits in Kraft und die Umsetzung für Unternehmen muss beginnen. Es lohnt sich, diese Regelungen gemeinsam zu betrachten und Synergien für die eigenen Compliance-Systeme zu nutzen, auch wenn Anwendungsbereich und Rechtsfolgen bei Verstößen jeweils unterschiedlich sind.

Grenzen überwinden: wie die EU die globale ESG-Agenda prägt

Angesichts globaler Umwelt- und Sozialherausforderungen nimmt die EU mit ihren ESG-Initiativen eine führende Rolle ein. Ihre Bemühungen beeinflussen nicht nur Europa, sondern die ganze Welt. Wir stehen an einem Wendepunkt in der Geschichte der ESG-Regulierung innerhalb der EU. Trotz der Erfolge in der Vergangenheit zeigen sich die Herausforderungen und Grenzen solcher politischen Maßnahmen immer deutlicher. Ein lehrreiches Beispiel hierfür ist der Diskurs um das EU-Lieferkettengesetz. Dieses ambitionierte Vorhaben zielt darauf ab, Unternehmen für die sozialen und ökologischen Auswirkungen ihrer globalen Lieferketten verantwortlich zu machen.

haftung der Geschäftsführung

Die Bedrohung im Cyberraum ist so hoch wie nie zuvor. Der Digitalverband Bitkom schätzt den Schaden, den deutsche Unternehmen im Jahr 2023 erlitten haben, auf rund 206 Milliarden Euro. In seinem Bericht zur Lage der IT-Sicherheit in Deutschland 2023 stellt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) fest, dass nahezu jedes deutsche Unternehmen schon einmal Opfer eines Angriffs war. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen, Kommunalverwaltungen und kommunale Betriebe seien im Fokus.

Trends in der Beschaffung

Mit der Weiterentwicklung des regulatorischen Umfelds für die Lieferkette, wie dem Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz oder der CSDDD und einer zunehmend strengeren Berichterstattung, die sich auf Maßnahmen statt auf Verpflichtungen konzentriert, müssen auch Unternehmen ihren Ansatz ändern. Eine aktuelle Studie unterstreicht diesen Wandel und zeigt, dass 66 % der Beschaffungsteams neue Nachhaltigkeitserwartungen und -vorschriften als eine wichtige Druck- und Einflussquelle betrachten. Damit rangieren die ESG-Regulierungen sogar noch vor Unterbrechungen und Engpässen in der Lieferkette.

Herausgeber

Rudolf Hetzel

Torben Werner Frederik Nyga

Redaktion

Frederik Nyga

Telefon: 030 / 84859320 frederik.nyga@quadriga.eu

Judit Cech

Telefon: 030/848590 judit.cech@quadriga.eu

ISSSN: 2751-109X

Mitarbeit an dieser Ausgabe

Tom Boyer

Christin Nasgowitz Dr. Lothar Harings

Kiana Massoudi

Matthias Uhr Anja Strauß

Mareike Christine Gehrmann

Carla Nelles

Gestaltung

Armen Vanetsyan

Fotoredaktion

Armen Vanetsyan

Anzeigen Norman Wittig norman.wittig@quadriga.eu

Druck

PIEREG Druckcenter Berlin GmbH

Vollstufige Bogenoffsetdruckerei Benzstraße 12 | 12277 Berlin (Marienfelde)

Abonnementkonditionen

Inland: 4 Ausgaben – 68 Euro

Ausland: 4 Ausgaben – 78 Euro Alle Preise inkl. MwSt. und Versandkosten

Im Internet

www.compliance-manager.net

Verlags- / Redaktionsanschrift

Quadriga Media Berlin GmbH

Werderscher Markt 13 10117 Berlin

Telefon: 030 / 84 85 90

Fax: 030 / 84 85 92 00 info@quadriga.eu

Bildnachweise:

Umschlag: Getty Images; S. 4: Getty Images; S. 6-12: Getty Images; S. 14-19: Getty Images; S. 25: Getty Images; S. 28-36:Getty Images; S. 39: privat; S. 42: Getty Images; S. 46:Privat

5 Compliance Manager 1/24 Editorial 3 Impressum 5
32 ESG
28 REGULATORIK
36
42 IT-SIC h ER h EIT REPORTING

IM ESGDSChUNGEL CAMP

Der ESG-Begriff ist zu einem Tummelplatz politischer und ideologischer Debatten geworden. hierbei wird auch über die Rolle von Unternehmen bei der Bewältigung ökologischer und sozialer Probleme gestritten. ESG-Initiativen können in einen Aktivismus ausarten, der möglicherweise nicht mit den Unternehmensinteressen übereinstimmt. Es gibt berechtigte fragen zur wirksamkeit von ESG-Initiativen, wenn es darum geht, einen echten ökologischen und sozialen wandel herbeizuführen.

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WWenn wir über ESG reden, reden wir oft über die große glänzende Gerechtigkeit. In der ESG-Thematik scheinen wir uns manchmal in einer Unterhaltungsshow zu befinden, in der Unternehmen nur eine Rolle spielen, ohne selbst zu handelnden Akteuren ihrer spezifischen Realitäten zu werden.

„Unternehmen bedienen zu oft Allgemeinplätze, ohne jedoch ihre spezifischen Anforderungen und Verantwortungen zu erkennen: diese könnten beispielsweise Geschlechtergerechtigkeit in einer männlich dominierten Industrie sein, oder faire Bezahlung ihrer Lieferanten im LEh.“

Unternehmen bedienen Allgemeinplätze, ohne jedoch ihre spezifischen Anforderungen und Verantwortungen zu erkennen: Diese könnten beispielsweise Geschlechtergerechtigkeit in einer männlich dominierten Industrie sein, oder faire Bezahlung ihrer Lieferanten im Lebensmitteleinzelhandel. Auch gezielte Mitarbeiteraktionen, die sich mit den Unternehmenszielen verknüpfen lassen (Employee Engagement), sind langfristig glaubhafter als so einige teure Kampagnen. Manchmal ist es aber auch authentischer, anstatt von abstrakter CO2-Reduzierung zu sprechen, die Angestellten gezielt dabei zu unterstützen, mit der Bahn oder dem Fahrrad zur Arbeit zu kommen, wenn und wo dies möglich ist.

Stattdessen jonglieren viele Companies mit allgemeiner Umweltfreundlichkeit, sozialer Verantwortung und guter Unternehmensführung. Einige Firmen treten auf wie der Umwelt-Magier, der plötzlich nachhaltige Praktiken aus dem Hut zaubert, während andere Unternehmen sich in den Sozial-Guru verwandeln, der über Nacht die Arbeitswelt revolutioniert und öffentlichkeitswirksam die Schreibtische abbaut. Oftmals fühlt es sich wie ein Rundumschlag des guten Gewissens an, der keinerlei Bezug zum Business-Modell aufweist.

Abseits der glänzenden Fassade fragen sich viele: Ist das alles nur ein geschickter Trick? Oder sehen wir hier echte Veränderungskünstler am Werk, die tatsächlich einen Unterschied machen? Inmitten dieser bunten Show bleibt eine zentrale Frage: Werden die Zuschauer – also wir, die Anleger und Verbraucher – am Ende durchschauen, welche Aktionen wirklich nachhaltig sind und welche nur für

die Bühne inszeniert wurden? Aber vor allem: auf welche neuen Ideen kommt die Gesetzgeberin, denn gerade sie beäugt wie keine Zweite die öffentlichen Debatten und leitet daraus Handlungen ab, die vielen Unternehmen das Leben nicht immer leichter machen.

Während Diskussionen und neue Regulatorik also weiterhin die Gemüter erhitzen, sitzen wir mit Popcorn in der ersten Reihe und beobachten, wie sich das Drama entfaltet. Eines ist sicher: Diese Show bietet Unterhaltung, Spannung und manchmal auch Verwirrung. Doch am Ende des Tages hoffen wir alle auf das gleiche Happy End – eine nachhaltigere, gerechtere und transparentere Welt.

Greenwashing und Greenhushing

ESG-Kennzahlen dienen nicht nur dazu, Risiken zu vermeiden, sondern werden zunehmend als Mittel zur Identifizierung von Unternehmen betrachtet, die durch eine nachhaltigere und ethischere Arbeitsweise langfristig eine bessere Leistung erzielen. Unternehmen, die bei den ESG-Kriterien gut abschneiden, sind möglicherweise widerstandsfähiger gegen Risiken, die sich aus ökologischen oder sozialen Fragen ergeben, und Governance-Kriterien stellen sicher, dass ein Unternehmen im Interesse aller seiner Anspruchsgruppen (Stakeholder) geführt wird. Als “Greenwashing” werden Strategien und Bemühungen in Unternehmen bezeichnet, die in der Öffentlichkeit lautstarke Behauptungen über Umweltziele aufstellen, die sie nie ernsthaft zu erreichen versuchen. Ein neuerer Begriff, “Greenhushing”, beschreibt Unternehmen, die sich ernsthafte Nachhaltigkeitsziele setzen, sich aber scheuen, öffentlich darüber zu sprechen. Somit ist dies eine Reaktion auf den vorauseilenden Gehorsam des Corporate Greenwashing. Corporate Greenwashing ist bedauerlich und oft hoch peinlich, liegt aber leider

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irgendwie „in der Natur der Sache“. Unternehmen tun dies, weil sie wissen, dass Kunden, Klienten, Investoren und Mitarbeiter nicht gerne bei einem Umweltverschmutzer kaufen, in ihn investieren oder für ihn arbeiten wollen. Greenhushing fällt eher in die Kategorie „tu Gutes und rede erst mal nicht darüber…”. Die Festlegung von Zielen lädt zu kritischem Hinterfragen und Skepsis ein (deshalb hat der CEO von BlackRock, Larry Fink, aufgehört, den Begriff ESG zu verwenden, setzt sich aber weiterhin für ESG-Ziele ein). Unternehmen, die ihre Nachhaltigkeitsziele still und heimlich verfolgen (also Greenhushing betreiben), sind davon überzeugt, dass Nachhaltigkeit eine kluge Geschäftsstrategie ist. Und am Ende kommt die Wahrheit doch immer ans Licht.

Das ESG-Konzept wird aus verschiedenen Gründen kritisiert und kontrovers diskutiert, wodurch es in die Schusslinie verschiedener Interessengruppen geraten ist. Einer der Hauptkritikpunkte an ESG ist die Abwesenheit standardisierter Messgrößen und Berichtsmethoden. Verschiedene Organisationen können unterschiedliche Kriterien für die Bewertung der ESG-Leistung verwenden, was zu Unstimmigkeiten und Abweichungen führt und es somit für Investoren und Stakeholder schwierig macht, Unternehmen genau zu vergleichen. Des Weiteren besteht die Sorge, dass einige Unternehmen ihre Umweltbemühungen übertreiben oder falsch darstellen, um nachhaltiger oder verantwortungsbewusster zu erscheinen, als sie tatsächlich sind. Dies untergräbt die Glaubwürdigkeit von ESG-Initiativen und kann Investoren und Verbraucher in die Irre führen. Politische und ideologische Gegenreaktionen führen vermehrt zu Gegenreaktionen, die mehr als kontraproduktiv sind.

„Einer der hauptkritikpunkte an ESG ist die Abwesenheit standardisierter Messgrößen und Berichtsmethoden. Verschiedene Organisationen können unterschiedliche Kriterien für die Bewertung der ESG-Leistung verwenden, was zu Unstimmigkeiten und Abweichungen führt .“

Kritiker argumentieren, dass ESG-Investitionen eine politische Agenda erzwingen, die sozialen und ökologischen Aspekten Vorrang vor finanziellen Erträgen einräumt. Dies hat zu Bemühungen geführt, die Annahme von ESG-Prinzipien in Anlagestrategien und öffentlichen Politiken einzuschränken.

Weitere wirtschaftliche Belange werden ins Feld geführt. So argumentieren Kritikerinnen auch, dass ESG-Kriterien dazu führen könnten, dass bestimmte Branchen aus Anlageportfolios ausgeschlossen werden, was wiederum der Wirtschaft schaden könnte, insbesondere in Regionen, die in Bezug auf Beschäftigung und Einkommen stark von diesen Branchen abhängig sind.

Die Umsetzung von ESG-Grundsätzen kann komplex und kostspielig sein, insbesondere für kleinere Unternehmen. Der Aufwand für die Messung, Berichterstattung und Verbesserung der ESG-Leistung erfordert beträchtliche Ressourcen, was ein Hindernis für deren Einführung darstellen kann. Einige Skeptiker bezweifeln zudem die tatsächlichen Auswirkungen von ESG-Investitionen auf die Erreichung sozialer und ökologischer Ziele. Sie argumentieren, dass ESG-Investitionen ohne klare Beweise für greifbare Ergebnisse eher dem Image dienen, als echte Veränderungen zu bewirken. Zudem bleibt das Risiko einer zu starken Vereinfachung bestehen. ESG-Bewertungen oder -Ratings können die Komplexität dessen, was sie zu messen versuchen, stark simplifizieren. Für den branchenfremden Laien wird das nicht gleich erkenntlich. Ein einziger Wert kann die Auswirkungen oder Praktiken eines Unternehmens nicht vollständig erfassen, was zu Fehlinterpretationen führen kann.

Die ESG Debatte

Trotz dieser Kritik unterstützen und übernehmen viele Investoren, Unternehmen und politische Entscheidungsträger weiterhin ESG-Prinzipien, da sie diese als wesentlich für langfristige Nachhaltigkeit und Risikomanagement ansehen. Die Debatte um ESG verdeutlicht die Herausforderung, in der modernen Geschäfts- und Investitionslandschaft ethische, ökologische und soziale Überlegungen mit der finanziellen Performance in Einklang zu bringen.

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In dem Maße, wie ESG an Bedeutung gewinnt, beginnen Regulierungsbehörden in verschiedenen Ländern damit, strengere Berichtsanforderungen und Richtlinien einzuführen. Dies soll zwar die Transparenz und die Rechenschaftspflicht verbessern, erhöht aber auch die Compliance-Belastung der Unternehmen und führt zu Bedenken hinsichtlich der Kosten und der Komplexität der Erfüllung dieser Standards. In der Bewertung dieser Leistungen gibt es eine anhaltende Debatte über die Korrelation zwischen hohen ESG-Bewertungen und finanzieller Unterstützung. Während zahlreiche Studien darauf hindeuten, dass starke ESG-Praktiken zu einer besseren langfristigen finanziellen Leistung führen können, argumentieren Kritiker, dass der Fokus auf ESG die Rentabilität eines Unternehmens und den Shareholder Value beeinträchtigen kann.

Trotz oder gerade aufgrund dieser Herausforderungen entwickelt sich das ESG-Konzept weiter und gewinnt an Zugkraft. Viele Investoren, Unternehmen und Aufsichtsbehörden betrachten es als wesentlich für die Identifizierung von Risiken und Chancen im Zusammenhang mit Umweltverantwortung, sozialer Verantwortung und effektiver Unternehmensführung. Die wachsende Nachfrage von Verbrauchern und Anlegern nach mehr unternehmerischer Verantwortung und nachhaltigen Praktiken deutet darauf hin, dass ESG ein wichtiges und aktuelles Konzept bleiben wird, wenn auch eines, das verfeinert und verbessert werden kann, um aktuelle Kritikpunkte und Einschränkungen zu beseitigen.

Die Kritik an der reinen Begrifflichkeit ESG ist aber aus mehreren Gründen aktuell und weiterhin relevant. Sie spiegelt die Komplexität und die Herausforderungen wider, die mit der Anwendung von ESG-Prinzipien in der Praxis verbunden sind. Diese Kritik dient als notwendiger Mechanismus für die Rechenschaftspflicht, die Verbesserung und die Weiterentwicklung des ESG-Rahmens.

Entwicklung von Standards und Vorschriften, Transparenz und Rechenschaftspflicht

Angesichts der mangelnden Standardisierung und des Potenzials für Greenwashing unterstreichen diese Kritiken die Notwendigkeit klarerer, konsistenter Metriken und Berichtsstandards, um sicherzustellen, dass ESG-Ansprüche über Unternehmen und Branchen hinweg überprüft und verglichen werden können.

Fragen nach der Wesentlichkeit von ESG-Faktoren für die finanzielle Leistung und das Risikoprofil eines Unternehmens unterstreichen ebenjene Kritik. Es gibt eine anhaltende Debatte darüber, wie ESG-Faktoren in die Investitionsanalyse integriert werden sollten und ob sie immer relevant für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens sind. Kritiker argumentieren, dass nicht alle ESG-Faktoren für alle Unternehmen von Bedeutung sind und dass man sich auf die Faktoren konzentrieren sollte, die wirklich von Bedeutung sind. ESG ist zu einem Brennpunkt in breiteren politischen und ideologischen Debatten über die Rolle von Unternehmen bei der Bewältigung ökologischer und sozialer Probleme geworden. So mag es sein, dass ESG-Initiativen in einen Aktivismus ausarten können, der möglicherweise nicht mit den Interessen der Aktionäre übereinstimmt oder dass sie Unternehmen und Investoren bestimmte Werte und Prioritäten aufzwingt, die bei der vorausgehenden Investitionsentscheidung keine Rolle gespielt haben. Diese Kritik spiegelt ein Spannungsverhältnis zwischen verschiedenen Ansichten über den Zweck und die Verantwortung von Unternehmen wider.

„Die Kritik an der reinen Begrifflichkeit #ESG ist aber aus mehreren Gründen aktuell und weiterhin relevant. Sie spiegelt die Komplexität und die herausforderungen wider, die mit der Anwendung von ESG-Prinzipien in der Praxis verbunden sind. “
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Marktdynamiken

Effektivität und Ergebnisse

Es gibt berechtigte Fragen zur Wirksamkeit von ESG-Initiativen, wenn es darum geht, einen echten ökologischen und sozialen Wandel herbeizuführen. Kritiker weisen darauf hin, dass ESG-Initiativen zwar positive Schritte fördern können, die tatsächlichen Auswirkungen auf den Umweltschutz, die soziale Gerechtigkeit und die Verbesserung der Unternehmensführung jedoch schwer zu messen und zu überprüfen sind. Dies führt zu der Forderung, dass ESG-Bemühungen stärker ergebnisorientiert sein sollten. Einige Kritikerinnen sind besorgt darüber, wie sich ESG-Überlegungen auf die Marktdynamik auswirken, einschließlich der Investitionsströme und Unternehmensbewertungen. Es gibt eine Debatte darüber, ob eine Überbetonung von ESG-Kriterien zu einer Fehlbewertung von Vermögenswerten oder zur Vernachlässigung von Unternehmen führen könnte, die sich zwar ernsthaft um eine Verbesserung ihrer ESG-Leistung bemühen, aber möglicherweise noch nicht die hohen ESG-Standards erfüllen.

„Abseits der glänzenden fassade fragen sich viele: Ist das alles nur ein geschickter Trick, eine Art ‘Greenwashing’s Got Talent’? Oder sehen wir hier echte Veränderungskünstler am werk, die tatsächlich einen Unterschied machen? .“

Die Weiterentwicklung von ESG-Standards und -Vorschriften bedeutet, dass Kritik notwendig ist, um robustere, effektivere Rahmenwerke anzuleiten. Während Regulierungsbehörden und normgebende Gremien daran arbeiten, die Herausforderungen der ESG-Berichterstattung und -Bewertung zu bewältigen, helfen Kritiken und Veränderungswünsche unserer Profession dabei, Lücken und verbesserungswürdige Bereiche zu identifizieren.

Impact Investing und Integrierte Berichterstattung

Kritiken zu ESG sind unerlässlich, um sicherzustellen, dass sich das Rahmenwerk so weiterentwickelt, dass es wirklich zu einer nachhaltigen Entwicklung und zum gesellschaftlichen Wohlstand beiträgt. Sie treibt die Diskussion voran und führt zu Verbesserungen der ESG-Kriterien, der Berichtsstandards und letztlich der Praktiken von Unternehmen und Investoren.

Wenn das Ziel darin besteht, die Einschränkungen und Kritikpunkte des aktuellen ESG-Rahmens (Umwelt, Soziales

und Unternehmensführung) zu beseitigen und gleichzeitig die Absicht zu verfolgen, nachhaltige, ethische und verantwortungsvolle Geschäftspraktiken zu fördern, müsste ein adäquater Ersatz die Schlüsselbereiche, in denen ESG-Probleme auftreten, verbessern oder Alternativen anbieten. Dieser Ansatz geht über die traditionelle Finanzberichterstattung hinaus und bezieht Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren direkt in den Jahresbericht eines Unternehmens ein. Die integrierte Berichterstattung zielt darauf ab, einen ganzheitlichen Überblick über die Leistung des Unternehmens und seine langfristige Nachhaltigkeit zu geben, indem sie Finanzdaten mit ESG-Einblicken in einer Weise kombiniert, die klar, präzise und vergleichbar ist.

Während sich ESG häufig auf die Minderung von Risiken und die Identifizierung von Unternehmen mit positiven Praktiken konzentriert, geht Impact Investing einen Schritt weiter, indem es aktiv nach Investitionsmöglichkeiten sucht, die neben einer finanziellen Rendite einen messbaren sozialen oder ökologischen Nutzen bringen. Dieser Ansatz legt den Schwerpunkt auf direkte, positive Auswirkungen auf gesellschaftliche Herausforderungen.

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Standards für die Nachhaltigkeitsbilanzierung und Triple Bottom Line

Die Übernahme und Weiterentwicklung von Standards, wie sie vom Sustainability Accounting Standards Board (SASB) entwickelt wurden, könnten einen strengeren und branchenspezifischen Rahmen für die Messung und Berichterstattung von Nachhaltigkeitsergebnissen bieten. Diese Standards zielen darauf ab, wesentliche Nachhaltigkeitsthemen zu identifizieren, die für die finanzielle Leistung relevant sind, und bieten so einen gezielteren und finanziell relevanteren Ansatz für Nachhaltigkeit. Der TBL-Rahmen erweitert den traditionellen Berichtsrahmen, um neben der finanziellen Leistung auch die ökologische und soziale Leistung zu berücksichtigen. Dieses Konzept, zusammengefasst als “People, Planet, Profit”, ermutigt Unternehmen dazu, ihre ökologischen und sozialen Auswirkungen ebenso streng zu messen wie ihre finanzielle Leistung.

wissenschaftsbasierte Ziele und regenerative wirtschaft

Bei Umweltfragen, insbesondere beim Klimawandel, kann die Annahme wissenschaftlich fundierter Ziele eine klare, objektive Methode zur Festlegung von Zielen für die Reduzierung von Treibhausgasemissionen bieten. SBTs sind mit der Klimawissenschaft abgestimmt, da sie notwendig sind, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen, und bieten einen transparenten und ehrgeizigen Weg zur Veränderung signifikanter Umweltauswirkungen. Der Übergang zu einem regenerativen Wirtschaftsmodell bedeutet, dass Nachhaltigkeit nicht mehr nur als Schadensbegrenzung verstanden wird, sondern als aktive Verbesserung und Regeneration natürlicher Systeme. Dieser Ansatz konzentriert sich darauf, dass Unternehmen eine regenerative Rolle für die Umwelt und die Gesellschaft spielen und über die Nachhaltigkeit hinaus einen positiven Beitrag leisten.

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StakeholderKapitalismus und Compliance Verantwortung als Integrity

„für einen Compliance-Manager sollte der Schwerpunkt auf der Schaffung eines Rahmens liegen, der nicht nur die

bestehenden

Dieses Modell betont, dass Unternehmen den Interessen aller ihrer Stakeholder dienen sollten, einschließlich Mitarbeitern, Kundinnen, Lieferanten, Gemeinden und Aktionären. Der Stakeholder-Kapitalismus konzentriert sich auf die langfristige Wertschöpfung für ein breites Spektrum von Stakeholdern und nicht auf kurzfristige Aktionärsgewinne und zielt darauf ab, die Geschäftspraktiken mit dem breiteren gesellschaftlichen Wohl und der Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen.

Vorschriften und Standards einhält, sondern auch proaktiv die umfassenderen Auswirkungen der besonderen Geschäftstätigkeit des Unternehmens auf die Gesellschaft und die Umwelt berücksichtigt. “

So sprechen wir hier über eine weiterentwickelte Form der CSR, die soziale, ökologische und wirtschaftliche Belange auf transparente und rechenschaftspflichtige Weise in die Werte und Tätigkeiten eines Unternehmens miteinbezieht. Diese Version der CSR legt den Schwerpunkt auf echte, wirkungsvolle Maßnahmen statt auf Marketing und Öffentlichkeitsarbeit.

Jeder Ersatz oder jede Verbesserung der ESG-Kriterien sollte die Notwendigkeit der Standardisierung, Transparenz und Überprüfbarkeit nachhaltiger und verantwortungsvoller Praktiken berücksichtigen. Außerdem sollte sichergestellt werden, dass diese Praktiken wirklich in die Unternehmensstrategie und -tätigkeit integriert werden und zu messbaren positiven Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt führen.

Aus der Sicht eines Compliance-Managers geht es bei der Suche nach einem adäquaten Ersatz für den ESG-Rahmen darum, ein System oder eine Reihe von Praktiken zu finden, die nicht nur die gesetzlichen Anforderungen und Industriestandards erfüllen, sondern auch die spezifischen aber dennoch umfassenderen ethischen, sozialen und ökologischen Verantwortlichkeiten der Organisation berücksichtigt. Der Ersatz sollte das Risikomanagement verbessern, die Berichterstattung und Transparenz erhöhen und mit den strategischen Zielen des Unternehmens in Einklang stehen. Es muss somit an einem integrierten Rahmen für Compliance und Nachhaltigkeit gearbeitet werden. Die Entwicklung eines umfassenden Rahmens, der die Einhaltung der Vorschriften mit den Nachhaltigkeitszielen verbindet, kann sicherstellen, dass Umwelt-, Sozial- und Governance-Fragen in die Compliance-Struktur des

Unternehmens eingebettet werden. Dieser Ansatz würde die ESG-bezogene Compliance mit den breiteren Compliance-Bemühungen des Unternehmens in Einklang bringen und eine einheitliche Strategie gewährleisten, die gesetzliche, regulatorische und freiwillige Verpflichtungen abdeckt. Dies beinhaltet die Identifizierung, Bewertung und das Management von ESG-bezogenen Risiken neben den traditionellen finanziellen und operativen Risiken, um eine ganzheitliche Sicht auf das Risikoprofil des Unternehmens zu gewährleisten.

Die Nutzung etablierter Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (z. B. GRI - Global Reporting Initiative oder SASB - Sustainability Accounting Standards Board) kann einen strukturierten und transparenten Weg bieten, um die Nachhaltigkeitsbemühungen und -leistungen des Unternehmens zu kommunizieren. Diese Standards bieten Orientierungshilfen für die Berichterstattung über eine breite Palette von ESG-Themen und sind somit ein praktisches Instrument für Compliance-Manager, um eine konsistente und umfassende Offenlegung sicherzustellen.

Mehr hirn, bitte!

Durch die Einführung eines formellen Programms zur Einbindung von Stakeholdern (einschließlich der Mitarbeitenden, der Kunden, Lieferanten und lokalen Gemeinschaften) kann sichergestellt werden, dass die Geschäftspraktiken des Unternehmens mit den Erwartungen der Stakeholder und den gesellschaftlichen Normen in Einklang gebracht werden. Dieser Ansatz kann die soziale Betriebslizenz des Unternehmens verbessern und Risiken im Zusammenhang mit sozialen und Governance-Fragen mindern. Hierzu könnte beispielsweise eine Wesentlichkeitsanalyse ein hilfreiches Tool sein. Ein maßgeschneidertes ESG-Compliance-Programm, das auf die spezifischen Tätigkeiten, die Branche und die geografische Lage des Unternehmens zugeschnitten ist, kann die einzigartigen

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Risiken und Chancen berücksichtigen, mit denen das Unternehmen konfrontiert ist. Dieses Programm würde spezifische Richtlinien, Verfahren und Leistungsindikatoren für ökologische, soziale und Governance-Themen enthalten, die für das Unternehmen relevant sind, und sicherstellen, dass ESG-Überlegungen effektiv in die täglichen Abläufe und Entscheidungsprozesse integriert werden. Die Erweiterung der Schulungsprogramme für Ethik und Compliance um ESG-Prinzipien kann dazu beitragen, diese Überlegungen in der Unternehmenskultur zu verankern. Die Schulungen sollten die Bedeutung von ESG-Themen, die Richtlinien und Verpflichtungen des Unternehmens sowie die Rolle der Mitarbeiter bei der Unterstützung dieser Bemühungen abdecken. Zertifizierungen oder Audits durch Dritte in den Bereichen Umweltmanagement (z. B. ISO 14001), soziale Verantwortung (z. B. SA8000) oder Unternehmensführung können eine externe Bestätigung der Bemühungen des Unternehmens darstellen. Diese Zertifizierungen und Audits können als Ersatz oder Ergänzung zu ESG-Bemühungen dienen, indem sie eine klare, objektive Bewertung der Praktiken und Leistungen des Unternehmens liefern.

Für einen Compliance-Manager sollte der Schwerpunkt auf der Schaffung eines Rahmens liegen, der nicht

nur die bestehenden Vorschriften und Standards einhält, sondern auch proaktiv die umfassenderen Auswirkungen der besonderen Geschäftstätigkeit des Unternehmens auf die Gesellschaft und die Umwelt berücksichtigt. Dazu gehört die Auswahl von Strategien, die sowohl ein effektives Management von Risiken und Chancen im Zusammenhang mit ESG-Themen ermöglichen als auch mit den Zielen und Werten des Unternehmens in Einklang stehen. Was bleibt also? Ich denke, spezifisch, anwendbar und vor allem nicht beliebig sind die Adjektive, bezogen auf eine Anforderung, die wir gern in unser Lastenheft übernehmen können, ohne uns im ESG-Dschungelcamp der Lächerlichkeit preiszugeben.

Frederik Nyga ist Herausgeber des Magazins Compliance Manager und beschäftigt sich hier vordergründig mit Compliance-Themen aus einer ökonomischen Perspektive.

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Compliance Manager 1/24 D IGITALISIERUNG 22
Blockchain revolutioniert seit 2008 die finanzwelt und darüber hinaus Von der Einführung von Bitcoin bis hin zu innovativen Anwendungen in Lieferketten und Smart Contracts.

EEine Idee aus dem Jahr 2008 revolutionierte die weltweite Zahlungsabwicklung. Sie zeigte, wie Zahlungen dezentral, ohne Banken funktionieren können – deren Ruf im selben Jahr erheblich Schaden nahm. Das neunseitige Whitepaper „Bitcoin: Ein elektronisches Peer-to-PeerCash-System“, veröffentlicht unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto, steht im Mittelpunkt dieser Revolution. Die darauf basierende Währung, gestützt auf Blockchain-Technologie, verzeichnete 2013 einen Wertzuwachs von mehr als 5500 Prozent. Infolgedessen entstanden zahlreiche neue Währungen mit verschiedenen Merkmalen und Zielsetzungen. Die bekanntesten darunter sind Ethereum und Tether. Durch die Technologie verlagert sich ein gewisses Maß an Kontrolle von zentralen Institutionen

zu den Nutzern. Viele Einrichtungen, Branchen und Staaten investieren daher umfangreich, um ihre Dienste im Bereich Blockchain zu erweitern. Vor der Einführung in die Funktionen und Vorzüge lohnt es sich, die Geschäftsbücher von üblichen Banken näher zu betrachten: Eine zentrale Stelle – wie eben eine Bank oder Behörde – verwaltet die Veränderungen durch Transaktionen, um die Besitzverhältnisse abbilden zu können. Ein Gebäude soll schließlich nur einmal verkauft werden können und auch nur vom Eigentümer. Die Grundlage für Geschäfte zwischen zwei Parteien, die sich noch nie zuvor gesehen haben, basiert auf dem Vertrauen des Verwalters – der Bank – der die Transaktionen geprüft und verifiziert hat. Der Verwalter hat die Kontrolle, für wen Informationen über Kontostand und andere Besitzverhältnisse offengelegt werden. Die Geschäftsbücher sind zentralisiert und unzugänglich, denn der Vermittler hat die Kontrolle über die Aufzeichnungen der Transaktionen des Systems und die Funktionsweise des Geschäftsbuches, deren Daten für Nutzer nicht frei ersichtlich sind.

Dahingegen erfolgt die Datenspeicherung sowie die Protokollierung von Transaktionen in der Blockchain gemeinschaftlich. Dabei sind viele oder sogar alle im Netzwerk integrierten Akteure (Peer-to-Peer-Modell) beteiligt. Die Blockchain stellt eine spezielle Form der Technologie verteilter Kassenbücher (Distributed Ledger Technology, DLT) dar. Kurz gesagt, beschreibt DLT eine dezentrale Datenbankstruktur. Die Transaktionen werden auf allen beteiligten Servern gespeichert und in Blocks zusammengefasst. Diese Blöcke sind mit sämtlichen historischen Transaktionen verkettet. Die Informationen der vorigen Blocks werden bei allen folgenden Transaktionen im neuesten Block verwertet. So lässt sich ununterbrochen beweisen, dass es sich um den echten und aktuellen Block mit korrekten Informationen handelt. Der Datenzuwachs ähnelt dem einer immer weiterwachsenden Matroschka-Puppe. Dabei gilt:

Je umfangreicher die Datenaufzeichnungen im Netzwerk sind, desto schwieriger ist es, Informationen zu fälschen oder zu löschen. Denn dazu müssten alle Teile des Netzwerks ausgelöscht werden. Bei einem zentralen Vermittler würde bereits ein gezielter Angriff genügen.

Blockchain ähnelt damit einer digitalen Buchhaltung mit dezentraler Speicherung. Sie steht allen Nutzern in identischer Form zur Verfügung und wird gemeinschaftlich verwaltet. Im Vergleich zu zentralen Ver-

„eine idee aus dem Jahr 2008 revolutionierte die weltweite zahlungsabwicklung.“

mittlern kann die dezentrale Struktur einen höheren Grad an Sicherheit und Unabhängigkeit bieten. Anwendungsfelder finden sich dort, wo viele einander unbekannte Akteure kooperieren müssen und keine vermittelnde Instanz gewünscht ist. Blockchain übernimmt also die Verwaltung von Datenbeständen, die bisher Großrechner oder Rechenzentren innehatte, und ersetzt somit den Vermittler. Das umfasst die Protokollierung von Datenänderungen und die Gewährleistung einer fälschungssicheren Abwicklung von Transaktionen. Die Anwendungsfelder sind vielfältig, aber hier beschränkt sich der Überblick auf Kryptowährungen, Smart Contracts und die Nutzung in Lieferketten. Dabei werden die Begriffe DLT und Blockchain synonym verwendet.

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Kryptowährungen als hauptvertreter

Die Hauptanwendung von Blockchain liegt bisher bei den zu Beginn erwähnten Kryptowährungen. Üblicherweise tauschen Personen Geld mit anderen unbekannten Personen aus, weil beide einem Dritten vertrauen. Dieser Dritte ist in der Regel die Gültigkeit des Geldes oder ein Vermittler wie eine Bank oder eine Wechselstube. Bei auf Blockchain basierenden Währungen gibt es diesen Vermittler nicht. Sendet ein Nutzer Bitcoins an einen anderen, übermittelt das System die Transaktionsdetails – wie die Adressen von Sender und Empfänger oder den Betrag – an das gesamte Bitcoin-Netzwerk. So kann die Transaktion von allen Netzteilnehmern bestätigt werden. Nach der Bestätigung durch das Netzwerk wird die Transaktion in einem „Block“ von Transaktionen zusammengefasst und über den „Mining“-Prozess der stetig weiterwachsenden Liste von Blöcken hinzugefügt, aus der das Blockchain-Verzeichnis besteht. Währungen, die darauf basieren, sind rechtlich und politisch vor allem wegen der großen Preisschwankungen und der Nutzung auf illegalen Märkten des Darknet riskant. Sie bieten zudem auch Möglichkeiten zur Steuerhinterziehung. Trotzdem erkennen viele Unternehmen und Institutionen die Chancen der Technologie. So befasst sich etwa auch die Europäische Zentralbank, nach eigenen Angaben, derzeit in der Testphase des digitalen Euro unter anderem mit auf DLT basierenden Varianten.

„die grundlage für geschäfte basiert auf dem Vertrauen des Verwalters –der Bank.“

lassen. Auch Unternehmen sollten sich über den Zustand und die Auswirkungen ihrer mittelbaren Lieferanten im Klaren sein. Schließlich fallen diese Probleme auch auf sie zurück. Weitere Gefahren sind das hohe Korruptionsniveau in vielen Ländern und unvollständige Beweisketten. Dadurch lässt sich der Ursprung eines Produktes oft nicht vollständig nachweisen. Die zahlreichen mittelbaren Zulieferer werden undurchsichtig und sind nur noch schwer zu kontrollieren.

Lieferketten mit mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht

Das weltweite Netz an Lieferketten, das sich über die vergangenen Jahrzehnte entwickelt hat und einen Wert von fast zwanzig Billionen Euro jährlich erreicht, setzt sich aus Herstellern, Einzelhändlern, Lieferanten sowie Logistik- und Transportunternehmen zusammen.

Um dieses vielschichtige Ökosystem am Laufen zu halten, entstehen hohe Transaktionskosten und ein erheblicher kommunikativer Aufwand. Schlechte Arbeitsbedingungen und Umweltschäden stellen langfristige und schwer lösbare Herausforderungen entlang der Lieferkette dar. Sie führen zu verheerenden Belastungen für Menschen und die Umwelt vor Ort. Konsumenten möchten diese Aspekte in ihre Kaufentscheidung einfließen

Die Nachverfolgung und Registrierung von Waren der verschiedenen Parteien könnte durch Blockchain verbessert werden. Dazu würden sämtliche Waren durch einen Token – eine Art „Fingerabdruck“ – in eine Blockchain eingetragen. Dies ermöglicht es, jede Transaktion in einem verschlüsselten und gleichzeitig transparenten Verfahren zu überprüfen und zu datieren. Lieferanten, Transporteure, Verkäufer und Kunden hätten Zugang zu den relevanten Daten. Jede Transaktion wäre für die Überprüfung durch beliebige Personen zugänglich und unveränderlich. Trotz der Transparenz der aufgezeichneten Daten bleibt die Identität der Einzelpersonen und Organisationen innerhalb der Lieferkette geschützt. Dies geschieht, ohne die Genauigkeit der Daten zu beeinträchtigen.

Einige Ansätze zur Implementierung von Blockchain in die Lieferketten von Start-ups gibt es bereits. Everledger, gegründet im Jahr 2015, ermöglicht es Unternehmen und Käufern, die Herkunft von Diamanten von den Minen bis ins Juweliergeschäft zurückzuverfolgen. Dabei wird jeder Diamant mit einer Seriennummer versehen und als digitale ID in die Blockchain eingefügt. Im Jahr 2023 ist das Unternehmen einer Insolvenz allerdings nur knapp entkommen und schrumpfte um zwei Drittel auf etwa fünfzehn Mitarbeitende. Das in London ansässige Start-up Provenance gegründet 2014, macht den Ursprung eines Produktes mit ihrer Datenbank auffindbar. Den Produkten werden Token zugewiesen, die über die gesamte Lieferkette bis zum Bestimmungsort nachverfolgbar sind.

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Dies ist beispielsweise für die Betrugsbekämpfung bei der Herkunft von regionalen Produkten hilfreich.

Es muss klar sein, dass die Technologie auch bei Lieferketten kein Garant für einen reibungslosen Ablauf bietet. Das Vertrauen der Teilnehmer in die Blockchain schützt nicht vor Programmierfehlern oder böswilligen Angriffen. Die Komplexität und Vielschichtigkeit der Lieferkette lassen sich durch DLT nicht vollständig überwinden. Trotz dieser Bedenken können Systeme, die auf Blockchain basieren, die Effektivität von Vergabeverfahren und Logistikprozessen verbessern. Sie erreichen dies durch die Verringerung des manuellen Aufwands und können den Ursprung der Lieferung beweisen.

Smart Contracts –Code macht Rechtsvorschrift

Bereits im Jahr 1994 entwickelte der Jurist und Kryptograf Nick Szabo die Idee der Smart Contracts. Das Grundkonzept zielte darauf ab, Verträge nicht durch Anwälte und Recht-

„Bei auf Blockchain basierenden währungen gibt es keinen Vermittler.“

sprechung, sondern durch Informationstechnologie durchzusetzen. Diese Idee ist durch die Distributed Ledger Technology (DLT) auch heute noch von großer Bedeutung. Bedingungen einer geschäftlichen Vereinbarung zwischen zwei oder mehr Parteien werden dabei mit einer Reihe von Anweisungen versehen. Diese Anweisungen werden auf einer Blockchain als Code gespeichert, ähnlich den bereits beschriebenen Transaktionen. Bei Erfüllung der im Code festgelegten Bedingungen lösen sich die dort verankerten Aktionen aus. Dies kann zur Verkettung mit anderen Smart Contracts führen, in denen ebenfalls codierte Anweisungen festgelegt sind. Beispiele hierfür sind die Zahlungsanweisung bei Zustellung eines Produkts, Währungsumtausch oder darauf aufbauende Bestellungen als Teil der Lieferkette aus verknüpften Smart Contracts. Ein weiteres Anwendungsbeispiel ist die Automatisierung sonst individueller und manueller Vorgänge, wie die Regelung einer Erbschaft durch Verteilung der Vermögenswerte, die durch den Todesfall von selbst ausgelöst wird.

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Die Einrichtung von Smart Contracts kann mit gewissem Aufwand und Kosten verbunden sein, daher eignen sie sich besonders für wiederkehrende Vereinbarungen. Eine Herausforderung bei dieser Art von Verträgen ist ihre mangelnde Flexibilität bei erheblichen Veränderungen während der Vertragslaufzeit.Automatisierte Verträge sind nicht in der Lage, sich an außerordentliche Vorkommnisse anzupassen.. Diese Einschränkung führt zu Rechtsunsicherheit. Deshalb sollte man Smart Contracts vorwiegend in Rechtsbeziehungen einsetzen, bei denen Konflikte unwahrscheinlich sind. Eine weitere Gefahr besteht darin, dass Programmierfehler unerwünschte Automatisierungen erzeugen können, die zu Verlusten führen. Da das Blockchain-Verzeichnis unveränderlich ist, lässt sich der Code nur unter den Bedingungen ändern oder aufheben, die im Code selbst festgelegt sind. Verglichen dazu bieten herkömmliche Verträge die Möglichkeit den ausstehenden Vertrag zu begleichen oder den Vertrag zu brechen und Gefahr zu laufen dafür zu haften.

Die Auslegung des Vertrages spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle. Bei einer engen Auslegung beschränkt sich der Vertrag auf den Code, der somit praktisch zur Rechtsvorschrift wird. Fehler oder Schwachstellen im Code würden dann zum Bestandteil des Vertrags. Die Ausnutzung dieser Schwachstellen wäre nicht unrechtmäßig, da sie de facto als Teil des Vertrages gelten. Eine realitätsnahe, breitereAuslegung würde Smart Contracts in die allgemeine Rechtsordnung einbinden. Dies erlaubt es, Klauseln für nichtig zu erklären und eine Anpassung an das sich verändernde Recht vorzunehmen..

Smart Contracts haben sich in einigen Branchen bereits teilweise etabliert. Eine von PwC durchgeführte Umfrage mit 100 IT-Entscheidungsträgerinnen und -trägern aus dem Finanzbereich zeigt: 19 Prozent der befragten Unternehmen setzen diese Art von Verträgen bereits ein. 30 Prozent planen eine Implementierung innerhalb der nächsten drei Jahre.

„smart Contracts bieten sich insbesondere für wiederkehrende Vereinbarungen an.“

was macht Blockchain interessant?

Circa 50 Prozent können den Einbezug vorerst ausschließen oder sind unschlüssig. Die wichtigsten angegebenen Ziele für die Nutzung sind Umsatzsteigerung, das Erreichen von Nachhaltigkeitszielen und die Reduzierung von Kosten.

Smart Contracts bieten zahlreiche Möglichkeiten, bestimmte Prozesse zu vereinfachen und dadurch Zeit sowie Ressourcen zu sparen. Allerdings muss das geltende Vertragsrecht angepasst werden, um eine umfassende Anwendung solcher Verträge zu ermöglichen. Diese Anpassung betrifft vor allem die Beweislastverteilung und Aufbewahrungsanforderungen und soll den automatisierten und deterministischen Charakter von Smart Contracts berücksichtigen. Trotz der Vereinfachung von Prozessen durch Smart Contracts ist nicht zu erwarten, dass sie das geltende Vertragsrecht oder die Notare ersetzen können.

Obwohl viele Unternehmen bereits die Implementierung von Blockchain erwägen und Forschungen zu Anwendungsmöglichkeiten betreiben, bleibt die Nutzung in vielen Branchen noch gering. Trotzdem könnten die Vorteile mittel- bis langfristig einen großen Einfluss haben. Lieferketten würden für Unternehmen und Konsumenten übersichtlicher und transparenter. Transaktionen aller Art könnten schneller und kostengünstiger für den Nutzer abgewickelt werden, wenn sie mithilfe einer Blockchain durchgeführt werden. Diese Technologie gewährleistet ein hohes Maß an Fälschungssicherheit durch Transparenz und technische Zuverlässigkeit durch Dezentralität. Vermittlern, wie Banken bei Währungen und Vertragsvollstreckern bei Smart Contracts, wird die Macht aus dem zentralisierten System entzogen. Neue Technologien, die Veränderungen bewirken, verkörpern auch Werte und Ideale. Dabei stehen sich Vertrauen in das Bestehende und Eigenverantwortung durch den Abbau von Macht gegenüber.

Tom Boyer ist freier Journalist und schreibt regelmäßig für das Magazin Compliance Manager.

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