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Kopf des Monats
Extreme Intelligenz
Nicole Gerecht ist weit überdurchschnittlich intelligent und weiß aus eigener Erfahrung, welche Leidensgeschichten hinter dem Phänomen Hochbegabung stecken. Wie sollten Unternehmen am besten mit hochbegabten Menschen umgehen?
Ein Interview von Petra Walther
Frau Gerecht, wann ist ein Mensch hochbegabt?
In Deutschland gilt ein Mensch bei einem Intelligenzquotienten ab 130 offiziell als hochbegabt. Diese Grenze zur Hochbegabung würde ich jedoch als fließend beschreiben. Betroffen sind ungefähr zwei Prozent der Bevölkerung. Es gibt somit mehr hochbegabte Menschen in Deutschland als zum Beispiel Lehrkräfte oder Ärzte und Medizinerinnen. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Intelligenz liegt bei 100, und die Mehrheit der Menschen hat einen Intelligenzquotienten, der zwischen 85 und 115 liegt.
In welchen Arbeitsbereichen sind Hochbegabte besonders häufig anzutreffen?
Uns gibt es überall. Ich bin immer wieder überrascht, mit welch dickem Fell hochbegabte Menschen auf bestimmten Jobs sitzen und der Dinge harren.
Das klingt so, als würden Hochbegabte ihr Potenzial nicht nutzen.
So ist es. Die Expertinnen für Hochbegabung, Tessa Kieboom und Kathleen Venderickx, verweisen in ihrem Buch Mehr als intelligent darauf, dass die Mehrheit der Hochbegabten einen Beruf hat, der weit unter ihren Fähigkeiten liegt.
Warum ist das so?
Die Krux ist, dass viele Hochbegabte gar nicht wissen, dass sie es sind. Auch wenn sie merken, dass sie schneller denken und bestimmte Besonderheiten aufweisen, sehen sie sich selbst meist dennoch als der Norm zugehörig. Zudem haben Hochbegabte – insbesondere Frauen – laut Studien oft ein geringes Selbstwertgefühl und nehmen sich daher zurück.
Wie lässt sich Hochbegabung erkennen? Was sind also die häufigsten Persönlichkeitsmerkmale von hochbegabten Menschen?
Es ist schwierig, dies zu pauschalisieren. Hochbegabung hat viele Gesichter. Was wir in unserer Community immer wieder merken, ist, dass wir zum schnellen Sprechen neigen – gerade, wenn uns ein Thema interessiert. Da ist viel los im Kopf, das auf den Weg gebracht werden will. Auch ein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn ist ein Merkmal von Hochbegabten. Ungerechtigkeiten in Meetings beispielsweise können sie nur schwer aushalten. Sie ergreifen in solchen Situationen schnell Partei für jemanden. Wo andere an ihren eigenen Belangen interessiert sind und schauen, wie sie vorankommen, sind Hochbegabte außerdem gesamtheitlich orientiert und achten auf mögliche Synergien.
Ansonsten sind sie oftmals polyprojektiert, also der Hansdampf in allen Gassen. Ungefähr die Hälfte aller Hochbegabten ist auch latent chaotisch. Ein unaufgeräumter Schreibtisch etwa – ohne, dass dieser so von ihnen wahrgenommen wird – ist typisch. Oder aber, das andere Extrem, sie sind
Mensch vor Maschine
Künstliche Intelligenz im Personalmanagement ist ein Thema mit Vorbehalten. Zu Recht, denn sie birgt zwar Chancen, aber mindestens ebenso viele Risiken. Wie kann ein reflektierter Umgang gelingen?
Ein Beitrag von Petra Walther
Der Titel einer Keynote auf der Kölner Messe Zukunft Personal lautet KI – Chancen des Mittelstandes. Die Referentin Isabel Grupp, Geschäftsleiterin von Plastro Mayer, einem Familienunternehmen der Kunststoff verarbeitenden Industrie, stellte in ihrem Vortrag jedoch nicht die Technologie des maschinellen Lernens in den Vordergrund, sondern ganz klar den Menschen. Ihre Botschaft: Künstliche Intelligenz sei zwar eine bahnbrechende Chance für die Unternehmen, allerdings nur, wenn sie als Dienerin der Firmenprozesse gesehen werde. „Der Mensch darf nicht aus den Augen verloren werden, und Führung mit Emotionen sollte weiterhin im Mittelpunkt stehen“, machte Grupp deutlich. Dementsprechend steht sie beispielsweise auch dem Thema künstliche Intelligenz im E-Recruiting eher skeptisch gegenüber. „Über eine Plattform können keine Gefühle transportiert werden“, sagt sie. Auch stellte die Geschäftsleiterin infrage, wie Arbeitgeber auf neuen Recruiting-Kanälen mittels Matching-Tools die passenden Mitarbeitenden finden, wenn sie von diesen wie bei Tinder einfach weggewischt werden könnten.
Diese Ausführungen sollten der einzige Exkurs in die Welt der KI-basierten HR-Lösungen im Rahmen von Isabel Grupps Keynote bleiben. Best Practices zum Thema KI im Personalmanagement gab es nicht. Gelten die Chancen durch KI nicht für den HR-Bereich? Wer tiefer in das Thema eintaucht, weiß, dass diese Frage nicht so leicht zu beantworten ist beziehungsweise immer auch ein „Aber“ mit sich bringt. Zwar kann die Automatisierung von HR-Prozessen das Personalmanagement effizienter machen. Doch Empathie für die Mitarbeitenden im Betrieb darf in einem Geschäftsbereich, bei dem es um Menschen geht, erst recht nicht vernachlässigt werden. „In Konzernen mag ein anderes Mindset herrschen, doch gerade in einem Familienbetrieb ist die persönliche Atmosphäre entscheidend. Daher möchten wir bei Plastro Mayer KI von jeglichen Bereichen, bei denen es um unsere Mitarbeitenden geht, zum aktuellen Zeitpunkt fernhalten“, sagt Grupp.