INTERVIEW
Wolfgang Büchner über soziale Medien und künstliche Intelligenz 56
Darya SchwarzFradkova über die Gläserne Decke 48
POLITIKAWARD
Der Politiker des Jahres und alle Nominierten 80
Eine Analyse, eine Rückschau und 10 Köpfe, die die Zukunft verkörpern
Hauptstadtjournalismus Quadriga Media Berlin GmbH ISSN 1610-5060 Ausgabe II/2024 — № 147 www.politik-kommunikation.de
25 Jahre
GLEICHBERECHTIGUNG
Nachhaltiges Wirtschaften beginnt vor Ort.
Gemeinsam finden wir die Antworten für morgen.
Die nachhaltige Transformation der Wirtschaft beginnt in den Regionen. Dort sind die mittelständischen Unternehmen – das wirtschaftliche Rückgrat Deutschlands –zu Hause. Genauso wie wir, die Sparkassen. Wir begleiten Unternehmen als Finanzpartner bei ihrer Entwicklung. Wir stehen ihnen beim Umbau auf eine nachhaltige Wirtschaftsweise zur Seite. Gemeinsam gestalten wir eine lebenswerte Zukunft für alle – partnerschaftlich, klimafreundlich, erfolgreich.
Weil’s um mehr als Geld geht.
Editorial #147
Alles neu macht der Mai
Wenn Sie das hier lesen, ist es wahrscheinlich schon Juni. Trotzdem wollte ich auf diese Überschrift nicht verzichten. Und es stimmt ja auch: Hauptsächlich haben wir diese Ausgabe im Mai produziert. Und: Viel ist neu. Bereits in der ersten Jahresausgabe haben wir das Recyclingpapier eingeführt. Jetzt haben wir uns entschieden, die Printausgabe auch inhaltlich gründlich zu überholen
Einige Sachen werden treue Leser wiedererkennen. p&k war in seinen Anfängen ein Szene- und People-Magazin. Wer sind die Köpfe hinter den Köpfen – das wollten wir schon immer wissen. Zuletzt haben wir stark thematisiert, was im Scheinwerferlicht der Politik passiert. Jetzt wollen wir wieder vermehrt auch hinter die Kulissen schauen. Als Fachmagazin für politische Kommunikation ist das unser Anspruch.
Andere Sachen sind gänzlich neu. Der Style ist endlich harmonisiert mit unserem Online-Auftritt. Unser Kreativdirektor Marcel Franke hat das Layout gründlich aufgeräumt, den Inhalten Platz zum atmen gegeben und mit übergreifenden Beschriftungen dafür gesorgt, dass Sie beim Blättern nie die Übersicht verlieren.
Seit ich p&k verantworte, habe ich das Magazin in eine Richtung entwickelt, die ich gerne als „bunten Blumenstrauß an Themen“ bezeichne. Die Idee dahinter ist es, nie auf einen guten Artikel verzichten zu müssen, weil er nicht zu einem übergeordneten Themenschwerpunkt passt. Die-
sen Charakter möchte ich beibehalten, aber in eine Kategorisierung zurren: Es gibt jetzt eine Titel-Strecke, einen Analyse-Teil, ein Interview und einen Szene-Teil. Ganz grob bedeutet das: Erst das Hauptthema, dann die Geschichten und Analyen, dann die Köpfe.
Aber bevor ich mich ganz in technischen Details verliere: In unserer Titelgeschichte blickt unser Autor Hajo Schumacher zurück auf 25 Jahre Hauptstadt Berlin, wir untersuchen das Phänomen, dass die politisch-mediale Blase immer weniger bestimmt, worüber die Öffentlichkeit sich streitet, und stellen 10 innovative Köpfe des neuen, vielfältigen Politikjournalismus vor (ab S. 14). Im Analyseteil betrachtet unser Autor Günter Bannas, ob Fraktionschefs im Machtgefüge ihrer Partei Köche, Kellner oder beides sind (S. 32). Und wenn Sie in Berlin ein nettes Plätzchen für einen schicken Frühstückstermin, ein leckeres Lunch-Date oder einen gepflegten Afterwork-Austausch mit Drink suchen, hat mein Kollege Tobias Schmidt sich bei Mitte-Profis umgehört und eine Übersicht zusammengetragen (S. 70).
Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre!
Konrad Göke, Chefredakteur
Der Hauptstadtjournalismus, wie er war, ist und wird Seite 14
Günther Bannas über die Fraktionsvorsitzenden Seite 32
Tobias Schmidt über die Hotspots in BerlinMitte Seite 70 MUST READS
Interview mit Regierungssprecher Wolfgang Büchner Seite 56
3 II/2024
Inhalt #147
Der Politikjournalismus ist in der unangenehmen Situation, nicht mehr unangefochten über das öffentliche Gespräch zu bestimmen. Zu viele neue Kanäle funken dazwischen. Diese Zehn packen es an!
Außerdem: Hajo Schumacher lässt
25 Jahre Hauptstadtjournalismus in Berlin Revue passieren.
14
22
14
Die fünfte Macht
Medien sind keine Gatekeeper mehr. Macht nichts. von Judit Čech und Konrad Göke
20
25 Jahre Big Berlin
Was sich verändert hat, was gleich blieb von Hajo Schumacher
Zehn Politikjournalisten, die Sie kennen sollten von Tobias Schmidt
ANALYSE
28 Kurzbriefing Analyse
32
Koch und Kellner
Die unheimliche Macht der Fraktionschefs von Günter Bannas
36
Randerscheinungen
Neue Parteien mischen das Parteiensystem auf von Eckhard Jesse
40
Zusammen raufen
Wann bricht eine Koalition?
von Mia Pankoke
44
Kein schöner Land
Das waren die Themen des EU-Wahlkampfs von Mia Pankoke
48
Durchbruch
Erfolgreiche Frauen sprechen über die gläserne Decke von Darya Schwarz-Fradkova
„Hier im Amt wissen wir meist erst donnerstags, wie die nächste Woche aussieht.“
Der Vizeregierungssprecher Wolfgang Büchner im Interview
4 www.politik-kommunikation.de
56
TITEL
„Uriges
Lokal, nette Crew und 180 Weine aus 13 Anbaugebieten. Was will man mehr?“
Michael Bröcker über den Mauerwinzer (Foto)
Aline Abboud 27
Konrad Adenauer 20 35
Sven Afhüppe 77
Wolfgang Ainetter 70 72 75
Robin Alexander 19
Melanie Amann 25
Kofi Annan 21
Rüdiger Bachmann 6
Felor Badenberg 72
Annalena Baerbock 29
Jordan Bardella 45
Rainer Barzel 35
Valentine Baumert 71 73 75
Maike Becker-Krüger
76
Felix Beilharz 8
Julius Betschka 25
Philipp Bloching 65
Oliver Blume 30
Willy Brandt 20 34
Heinrich von Brentano 35
Ralph Brinkhaus 35
Christian Bruch 30
Martin Brudermüller
Michael Bröcker 23 70 73 74 76
Heinz Bude 20
Roland Busch 30
Petr Bystron 90
Jan Böhmermann 18
Wolfgang Büchner
57ff
Anja Czymmeck 45
Matthias Deiß 42 43
Christian
Deutschländer 7
Alev Doğan 7 23
Alfred Dregger 35
Katharina Dröge 35
Christian Dürr 35
Matthias Ecke 47
Florian Eckert 74
Hans Eichel 20
Anke Erdmann 41 42 43
Stefan Evers 72
Nancy Faeser 16
Joschka Fischer 35
Stephen Fisher 77
Korbinian Frenzel 25
Otto Fricke 42 43
Anni Friesinger 20
Markus Frohnmaier 90
Sophie Garbe 29
Belén Garijo 76
Hans-Dietrich Genscher 88
Uli Grötsch 68
Begoña Gómez 46
Robert Habeck 10 11 40 41 42 82
Valérie Hayer 45
Nick Jue 66
Christina-Marie Juen 18
Uwe Jun 7
Jarosław Kaczyński
45
Tobias Kahler 72 74 88
Volker Kauder 35
Arif Keles 17
Hape Kerkeling 12
Christian Klein 7 30
Silvana Koch-Mehrin 89
Helmut Kohl 20 34 35 88
Maximilian Krah 17 18 90
Markus Krebber 30
Wilfried Kretschmann 79 82
Heinrich Krone 35
Ola Källenius 30
Stephan Lamby 26
Norbert Lammert 12
Kai-Olaf Lang 35 45 46 76 80 82
Ricarda Lang 35 45 46 76 80 82
Joachim Lang 35 45 46 76 80 82
Markus Lanz 10 11 19
Armin Laschet 17 20
Karl Lauterbach 20
Marcel Lewandowsky 18
Peter Limbourg 24
Christian Lindner 9 35 40 41 42 43 61
Carsten Linnemann 27
Emmanuel Macron 45
Kaweh Mansoori 79
Lorenz Maroldt 25
Roman Maruhn 46 47
Anna Mayr 22
Giorgia Meloni 47
Angela Merkel 20 21 35
Friedrich Merz 20 27 35 77
Eveline Metzen 77
Javier Milei 46
Wolfgang Mischnick 35
Luke Mockridge 70
Caroline MückeKemp 77
Kerstin Müller 30 35
Franz Müntefering 34 88
Janina Mütze 30
Rolf Mützenich 32 33 34
Andrea Nahles 32
Richard Nixon 48 51
80 81
Ulf Poschardt 27
Boris Radke 65
Bodo Ramelow 29
Matthias von Randow 76
Victoria Reichelt 27
Gordon Repinski 23 76
Julia Reuschenbach 7 9 25
Boris Rhein 20 23 79
Dagmar Rosenfeld 19 76
Alan Rusbridger 57
Johanna Rüdiger 24
Luise Rürup 46
Matteo Salvini 47
Jonas Schaible 25
Jan Schipmann 27
Rezzo Schlauch 35
Helmut Schmidt 3 5 20 22 34 41 70
Anna Schneider 27
Olaf Scholz 21 32 33 34 38 40 41 42 62 81 82
Kurt Schumacher 3 20 34
Alice Schwarzer
Wolfgang Schäuble 34 35 54
Valerie
Schürenkrämer 9 66
Christian Sewing 30
Sara Sievert 27 71 73
Gerhard Soyka 75
Gabor Steingart 76
Ronen Steinke 26
Frank-Walter
Steinmeier 16 17 21 Edmund Stoiber
Christian Storch
Peter Struck
Heubach
Britta Haßelmann 35
Heike Heubach 68
Christoph Hickmann 43
Miriam Hollstein 16 19
Björn Höcke 52 90
Tim Höttges 30
Céline Imart 45
Baha Jamous 12
Michael Jankowski 18
Jerrit Odewald 7
John Oliver 18 30 76
Erich Ollenhauer 34
Thomas Oppermann 35
Marie-Christine Ostermann 10 11
Armin Papperger 30
Verena Pausder 67
Boris Pistorius 20
Tim Wagner
5 II/2024
20 80 83
12
34
Pedro Sánchez 46
6
12
46
Markus Söder 29 Margaret Talev 18 19 Volker Thoms
Bassam Tibi
Donald Tusk 45
Carl-Victor Wachs 70 72 75
47
70 72 74 Herbert Wehner 34 Oliver Welke 18 Marie Welling 45 47 Daniela Werner 71 73 Volker Wissing 41 Arndt Wonka 47 Hendrik Wüst 78 Carolin Zeller 6 Abdel Fattah el-Sisi 47 Tuncay Özdamar 17 Cem Özdemir 72 IN DIESER AUSGABE INTERVIEW 56 „Es
eine Art Wettrüsten“
SZENE 64 Kurzbriefing Szene 66 Berliner Köpfe
Axel Wallrabenstein
ist
Vizeregierungssprecher Wolfgang Büchner im Gespräch Interview: Konrad Göke
Valerie Schürenkrämer, Verena Pausder, Heike
von Tobias Schmidt 70 Hotspots in Berlin Wo man frühstückt, luncht und anstößt von Tobias Schmidt 80 Politikaward Die Preisträger 2024 aus der Redaktion RUBRIKEN 3 Editorial 6 Expertentipp 8 KI-Kolumne 10 Reschs Rhetorik Review 12 Pro&Kontra 30 Civey-Ranking 66 Filme, Bücher 68 Gesetz des Monats 76 Szene-Wechsel 78 Kalender 86 Impressum 88 Was macht eigentlich? 90 Schluss
70
Influencer, Koalitionsbruch, AfD-Verbot
Muss sich die Politik mittlerweile mehr vor Influencern in Acht nehmen als vor Politikjournalisten?
BSW, Freie Wähler, DAVA: Ist die Präsenz von Kleinparteien im Bundestag notwendig für eine vollständige politische Repräsentation?
Dient der Fraktionsvorsitzende einer Regierungspartei mehr der Fraktion als der Regierung?
Koalitionsbruch: Ist ein Ende mit Schrecken wirklich schlimmer als ein Schrecken ohne Ende?
Gibt es so etwas wie eine europäische Öffentlichkeit?
Der politischste ESC aller Zeiten: Kann Politik bei Musikfesten draußen bleiben?
Nein. Politikjournalisten sind größer, als Influencer je sein werden.
Nein. Auch wenn man über die genaue Höhe der Sperrhürde diskutieren kann, so bleibt diese doch sinnvoll.
noch nicht.
Nach dem VerfassungsschutzGerichtsurteil: Sollte man die AfD jetzt verbieten?
Sind wir wehrlos gegen Cyberangriffe und Desinformationskampagnen autoritärer Staaten?
Sollten Parteien ihre Koalitionsabsichten vor Wahlen kundtun?
Der AmpelDrops ist allerdings gelutscht.
Schön wäre es.
Nein. Ein bisschen mehr Medienkompetenz wäre schon gut.
Nein. Heute muss, jedenfalls in der Mitte, jeder mit jedem können.
6 www.politik-kommunikation.de EXPERTENTIPP
Rüdiger Bachmann Professor of Economics, Stepan Family College
Carolin Zeller Vizepräsidentin, Quadriga Hochschule Berlin
Volker Thoms Chefredakteur, „KOM“-Magazin
Nein.
Ja, Das ist ja auch seine Aufgabe.
Nein,
Nein.
Ja, leider sind wir das noch.
Ja. Aber ich bleibe bei Musikfesten draußen.
Politisches Trampeltier
Ist ChatGPT politisch links eingestellt? Das sieht so aus – aber nur auf den ersten Blick.
Von KONRAD GÖKE
Große Aufregung: „So GRÜN tickt die berühmteste KI der Welt“ schrieb BILD im Mai in die Dachzeile eines Artikels. Was war passiert? Einige LinkedinNutzer haben ChatGPT die 38 Fragen des Wahl-O-Mats zur Europawahl vorgelegt, um dessen politische Tendenzen zu erkennen. In einem Durchlauf siegten die Grünen, bei einem Volt-Kandidaten landete seine Partei auf Platz 1. Der Autor Felix Beilharz testete alle größeren Modelle durch, und durchweg tendierten sie nach links. Die Erklärung der Grünen-Bubble dafür war klar: Die KI hat sich in ihrer unendlichen Weisheit für das beste Wahlprogramm entschieden.
Doch so einfach ist es nicht. Das Trainingsmaterial beeinflusst die Antworten der KI-Modelle maßgeblich. Bereits bei der Auswahl des Materials haben die Entwickler Einfluss auf die politischen Antworten der KIs. Fast alle KI-Hersteller haben aus Vorfällen gelernt, bei denen ihre Modelle rassistische oder menschenverachtende Inhalte generierten. Um das zu vermeiden, haben sie diverse Filter eingebaut, sowohl durch das Feintuning als auch durch unsichtbare Anweisungen, die das Modell direkt vor jedem Gespräch mit Nutzern erhält.
hen einige Fragen nicht. Die Formulierung und Auswahl der Fragen bestimmen maßgeblich, welche Antworten hervorgebracht werden.
Was nun? Es besteht die Gefahr, dass Menschen den Ergebnissen von KI-Systemen zu sehr vertrauen – ein Phänomen, das als Automation Bias bekannt ist. Besonders schädlich ist es, wenn Personen mit Renommee und Autorität diesem Bias unterliegen. Wenn die Professorin einen fehlerhaften KI-Text nicht richtig prüft und dann abschickt, hat der Quatschtext ihr Siegel. Das ist noch gefährlicher für unsere Informationsgesellschaft als Wahlberatung von ChatGPT.
Das Trainingsmaterial beeinflusst die Antworten der KI-Modelle maßgeblich
Die Menschen müssen dringend besser Bescheid wissen über die Funktionsweise von Sprachmodellen. Vielleicht hilft eine unterhaltsame Anekdote. Trotz ihrer beeindruckenden Fähigkeiten versagen große Sprachmodelle oft bei logischen Rätseln. Ein Beispiel: Ein Bauer gelangt mit einem Wolf, einem Schaf und einem Kohlkopf an einen Fluss. Im Boot kann er nur einen weiteren Passagier mitnehmen. Wolf und Schaf? Geht nicht. Schaf und Kohlkopf? Auch nicht. Wie schaffen es alle ans andere Ufer?
In den „Guardrails“ sind Regeln festgelegt, die im Falle von ChatGPT beispielsweise vorschreiben, dass der Bot keine anstößigen Inhalte fördert, stets respektvoll und objektiv bleibt und keine schädlichen Anweisungen gibt. Was das genau bedeutet, ist nicht ganz klar. Microsofts „Copilot“ aber (in dem auch das GPT4-Modell steckt) ist bekannt dafür, sich oft und früh aus Gesprächen auszuklinken, die ihm zu heikel erscheinen. Das habe ich leidvoll erfahren, als ich versuchte, einen Artikel über Antisemitismus mit ihm zu bearbeiten.
Vielleicht erscheinen Sprachmodelle ein bisschen links. Ein großer Anteil an ihrem Antwortverhalten rührt aber schlicht daher, dass KI-Firmen ungern verklagt werden –und außerdem keine Lust auf schlechte PR haben, wenn jemand wieder einen Screenshot von einem Gespräch postet, in dem es gelungen ist, einem Sprachmodell irre Antworten zu entlocken.
Auch die Fragestellung des Wahl-O-Mats hat einen Einfluss auf die Ergebnisse. Selbst menschliche Wähler verste-
Die Lösung ist ein komplexes Hin und Her. Was aber, wenn der Bauer allein mit einem Schaf an den Fluss kommt? ChatGPT will lösen: Der Bauer rudert das Schaf ans andere Ufer. Dann rudert er allein zurück. Dann rudert er wieder ans andere Ufer. Geschafft! Moment, wie bitte? Eine Fahrt hätte es doch getan. ChatGPT sieht das anders. Die Geschichte ist online derart präsent, dass ChatGPT ihrem Trampelpfad auch folgt, wenn er sinnlos ist. Dazu reicht, dass die Geschichte ähnlich beginnt, und schon wird das Sprachmodell zum Trampeltier. Verstehen Sie mich nicht falsch: Oft ist das äußerst nützlich. Aber gewisse Entscheidungen sollte man doch selbst treffen. Nicht umsonst ist Wählen das vornehmste Recht in der Demokratie.
Konrad Göke ist Chefredakteur von politik&kommunikation.
8 www.politik-kommunikation.de KI KOLUMNE
14 www.politik-kommunikation.de
So sah es lange aus: Ein Minister (hier: Bundeswirtschatsminister Robert Habeck) lässt sich auf einer Auslandsreise von einemJournalistentross im Regierungsflieger begleiten und versucht, den Welterklärern die Welt zu erklären – und damit auch den Bürgern. Während der Coronapandemie gelang das immer weniger.
25 Jahre Hauptstadtjournalismus
Die fünfte Gewalt
„Bild, BamS und Glotze“ – von wegen. Politiker und Journalisten verstehen noch zu wenig: Worüber in der politischen Öffentlichkeit gestritten wird, wird jetzt woanders verhandelt.
Von JUDIT ČECH und KONRAD GÖKE
15 II/2024 INTERVIEW
Titel
Im Internet ist es normal, Posts, Bilder, Videos zu kommentieren. Auch für Olaf Scholz? Ja, Ende Mai mischte auch der Kanzler online mit. „Eklig“ und „nicht akzeptabel“, schrieb er auf seinem Account @Bundeskanzler auf Twitter.
Was war passiert? Ein kurzes Handyvideo von einer Party vor der Pony Bar in Kampen auf Sylt hatte bundesweit für Empörung gesorgt. Darauf ist zu sehen, wie eine Gruppe junger, gut gekleideter Menschen zu dem Partyhit „L’amour toujours“ von Gigi D’Agostino rechtsradikale und rassistische Parolen grölt, darunter „Deutschland den Deutschen – Ausländer raus!“. Ein Mann deutet dazu einen Hitlergruß an.
Die Folge: ein deutschlandweiter Shitstorm – auf allen sozialen Netzwerken. Neben dem Kanzler reagierte auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser: Wer solche „Nazi-Parolen“ rufe, sei eine Schande für Deutschland. Für beide Zitate hatte es keiner Anfrage einer Politikredaktion bedurft.
Miriam Hollstein sieht im SyltSkandal ein gutes Beispiel für die neue Aufmerksamkeitsökonomie. „Einen Tag, bevor klassische Medien das Thema aufgegriffen haben, war es in den sozialen Netzwerken schon ein großes Aufregerthema“, sagt die Chefreporterin des „Stern“. Um Trends aufzuspüren, ist für sie klar: „Mein erster Blick morgens und mein letzter Blick abends gehen auf X/Twitter und Instagram.“
Wo kommt das her?
In ernst zu nehmend großen Teilen der Gesellschaft werden Grundsäulen des bundesrepublikanischen Selbstbilds abgewickelt: die traditionelle Westbindung, die Distanz zu Diktaturen wie Russland und China, die unbedingte Solidarität mit und Verantwortung gegenüber Israel. Selbstverständlichkeiten sind nicht mehr selbstverständlich. Politik und Journalismus dürfen das nicht ignorieren.
Die Deutungshoheit
ist weg
Ein Grund dafür mag sicherlich der schnelle Wandel der deutschen Gesellschaft sein. Für immer mehr Menschen in Deutschland hat die deutsche Geschichte keine biografische Bedeutung. Darüber muss gesprochen werden. Brisanter ist eine andere Entwicklung. Immer häufiger werden politische Themen online verhandelt, auf Plattformen, auf denen weder die deutsche Politik stattfindet noch der deutsche Journalismus. Zu den Ausnahmen später mehr.
„Sylt war schon Thema in Social Media, bevor klassische Medien es aufgriffen.“
Miriam Hollstein, „Stern“
Immer häufiger wird in der BerlinMitte-Bubble anderes diskutiert als auf deutschen Straßen. Manchmal ist das auf den ersten Blick erkennbar. Als die Fridays-For-Future-Demonstrationen freundliche Unterstützung aus Redaktionsstuben erhielten, fiel nicht wenigen auf, wie wenig divers die Demo-Züge waren. Manchmal wird die Berliner Blase auch überrumpelt – so von den spontanen Feierszenen im vergangenen Oktober auf Neuköllner Straßen, nachdem die Terrororganisation Hamas das größte Massaker an Juden seit dem Holocaust angerichtet hatte. Manchmal schlägt sich deutlich in Zahlen nieder, wie die Meinung gerade auch von Journalisten und größeren Teilen der Gesellschaft auseinanderklafft. Während Leitmedien nahezu einhellig mehr Waffen für die Ukraine forderten, sprachen sich im Februar mehr Menschen dagegen aus als dafür. Jeder Fünfte forderte weniger Unterstützung als derzeit.
Die digitale Revolution hat die Art und Weise, wie Menschen Informationen konsumieren und verbreiten, grundlegend verändert. Traditionell hatten Politik und Medien die Macht, die öffentliche Agenda zu setzen. Diese Rolle wird zunehmend von digitalen Plattformen und sozialen Medien herausgefordert. Der Kipppunkt war irgendwann 2020, während der Coronakrise. Damals überholte die Anzahl der Nutzer, die sich über soziale Medien informieren, die Anzahl der Nutzer, die das über Nachrichtenseiten und Newsapps tun. In der letzten Erhebung des „Digital News Report“ 2023 informierten sich 30 Prozent der Nutzer primär über soziale Medien und nur noch 22 Prozent über Nachrichtenangebote.
Vor allem die Jungen treiben diese Entwicklung voran. In der Gruppe der Über-35-Jährigen informiert sich jeder Zweite Brite über Nachrichtenseiten. Diese Zahl ist seit Jahren konstant. In der Gruppe der 18-bis-24-Jährigen sinkt diese Zahl rasant. Sie liegt mittlerweile bei mickrigen 24 Prozent.
Dieser Wandel bestimmt die politische Kommunikation, vorbei an vielen Politikjournalisten. Bei seinem Auslandsbesuch in der Türkei wurde Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wie üblich auch von Journalisten begleitet. Es war kein einziger Artikel dazu erschienen, da prägte schon ein Video das Bild des Besuchs: Der mit-
16 www.politik-kommunikation.de TITEL
Umfrage: Die vertrauenswürdigsten Nachrichtenquellen in Deutschland 2023
gebrachte Dönerspieß samt Berliner Imbissbuden-Besitzer Arif Keles. Bilder von Steinmeier, wie er medienwirksam am Dönerspieß herumschnippelt, gingen viral – allerdings nicht nur positiv. „Dass Steinmeier Döner aus Deutschland mit in die Türkei nimmt, zeigt, wie sein Türkei-Bild von gestern ist“, empörte sich etwa der Journalist Tuncay Özdamar. Andere fragten spöttisch, ob Steinmeier bei seinem nächsten Italien-Besuch dann Pizza mitbringe. Steinmeiers Türkei-Besuch wurde maßgeblich über Social Media berichtet und kommentiert – nicht über die klassischen Medien, die ihn begleiteten. Für Politiker und ihre Spindoktoren bedeutet das: Sie müssen Bilder und Symbolik live mitdenken und kontrollieren. Armin Laschet kann ein Lied davon singen. Was aber bedeutet das für die Politikjournalisten?
Umfrage: Verbreitung von Desinformationen im Internet nach Akteuren in Deutschland
Protestgruppen und Aktivist:innen
Blogger:innen und Influencer:innen
Politiker:innen und Parteien in Deutschland
Medien und Journalist:innen in Deutschland
Die Bundesregierung in Deutschland Ausländische Regierungen
Wann ist ein Skandal ein Skandal?
Immer häufiger gelingt es ihnen nicht, als Erste über eine Geschichte zu berichten. Schaffen sie es doch, dann entgleitet ihnen immer häufiger die Deutungshoheit über das Geschehen.
Nach menschlichem Ermessen müsste die Karriere des AfD-Spitzenkandidaten zur Europawahl, Maximilian Krah, vorbei sein. Ein enger Mitarbeiter wurde festgenommen, weil er für China spioniert haben soll. Krahs Büro wurde durchsucht. Er selbst wurde von amerikanischen Sicherheitsbehörden befragt, weil er Geld aus Russland genommen haben soll. Er selbst sieht sich als Opfer einer Affäre und verdächtigt westliche Geheimdienste. Seine Anhänger kaufen ihm die Geschichte wohl ab. Das zeigen Berichte von Wahlkampfveranstaltungen. Über soziale Medien
17 TITEL II/2024
19 % 19 % 62 % 20 % 21 % 60 % 18 % 28 % 54 % 19 % 29 % 52 % 23 % 29 % 49 % 26 % 40 % 34 % 16 % 25 % 59 % 18 % 28 % 54 % 20 % 29 % 51 % 28 % 28 % 44 % 54 % 23 % 22 % 18 % 27 % 55 % 20 % 27 % 53 % 20 % 29 % 50 % 24 % 36 % 40 % Vertraue ich nicht Weder noch / kenne ich nicht Vertraue ich Quelle: Reuters Institute for the Study of Journalism ARD Tagesschau Der Spiegel ZDF heute FAZ Regional-/Tageszeitung Welt n-tv Focus t-online Süddeutsche Zeitung Stern web.de Die Zeit RTL aktuell Bild
Quelle: Bertelsmann Stiftung
Einzelpersonen
Ausländische Medien
Wirtschaftsunternehmen 66 % 53 % 50 % 40 % 30 % 60 % 50 % 45 % 34 %
und Journalist:innen
Die Zukunft des Hauptstadtjournalismus 10 Namen zum merken
Politischer Journalismus war noch nie so vielfältig wie heute. Zehn Köpfe, die schon jetzt den Journalismus der Zukunft prägen.
Von TOBIAS SCHMIDT
Deutschland feiert 75 Jahre Grundgesetz und damit auch 75 Jahre Bundesrepublik Deutschland. Die letzten 25 Jahre davon hieß es gleichzeitig: Die „neue“ Berliner Republik, in der vieles anders ist als in der „alten“ Bonner Republik. Eine neue Spezies, die quasi mit der Berliner Republik aus der Taufe gehoben wurde, sind die Hauptstadtjournalistin und der Hauptstadtjournalist: Stets kritische Beobachter der Berliner Politikblase, deren Teil sie doch längst selbst sind und nach deren ungeschriebenen Regeln auch sie sich durch die Stadt (die bei den meisten nur aus dem Bezirk Mitte zu bestehen scheint) bewegen. Man kennt sich untereinander, begegnet man sich doch in schöner Regelmäßigkeit auf Abendveranstaltungen, Parteitagen oder in Talkshow-Studios, in kollegialer Verbundenheit und professioneller Konkurrenz um die beste Geschichte, die schnellste Info, die größte Reichweite. Der Hauptstadtjournalismus ist facettenreich und kennt viele verschiedene Ausprägungen, findet gleichzeitig in Feuilleton und Fernsehen, Meinungsbeiträgen und Reportagen, Podcasts und Twitter, zunehmend auch bei TikTok statt.
Wer verkörpert heute diese Facetten des Hauptstadtjournalismus, wer setzt heute Standards der politischen Berichterstattung und wer wird den Hauptstadtjournalismus die nächsten 25 Jahre prägen? Wir stellen Ihnen 10 Journalistinnen und Journalisten vor, die idealtypisch für ihre Zunft stehen, die schreiben, talken, netzwerken, posten und streiten was das Zeug hält. Zehn Namen, die Sie kennen sollten.
Anna Mayr
Die Edelfeder
Redakteurin im Hauptstadtbüro der „Zeit“
Liebhabern von prosaischen Gesellschaftskolumnen, Langzeitbeobachtungen oder Politiker-Porträts aus nächster Nähe ist Anna Mayr schon lange ein Begriff. Seit 2020 ist sie Redakteurin im Berliner Büro der „Zeit“, wo es ihr scheinbar mühelos gelingt, lange, feuilletonistisch anmutende Stücke zu politischen, aber auch zu Alltagsthemen zu produzieren. Bürgergeld, sozialer Wohnungsbau, Kindergrundsicherung: wiederkehrendes Thema ihrer Berichterstattung ist die Sozialpolitik – ein Anliegen, welches sich auch aus ihrer Biographie ableitet. Aufgewachsen im Ruhrgebiet erlebte sie die sozialen Einschnitte der sozialdemokratischen Agenda-Politik hautnah. Auch wenn sie sich längst von ihrem Herkunftsmilieu emanzipiert hat, der feine Blick für Klassenunterschiede – sozioökonomische, vor allem aber soziokulturelle – ist ihr geblieben und findet sich unter anderem in ihren beiden Büchern „Die Elenden“ und „Geld spielt keine Rolle“ wieder.
22 www.politik-kommunikation.de
TITEL
Die Talkerin
Alev Doğan
Stellvertretende
Chefredakteurin „ThePioneer“
Alev Doğan ist noch vergleichsweise neu im politischen Berlin, doch schon in der relativ kurzen Zeit mauserte sie sich zu einer echten Hausnummer mit einem beachtlichen Netzwerk. 2020 kam sie als Chefreporterin vom Rhein an die Spree, genauer gesagt auf Gabor Steingarts PioneerSchiff – damals auf Empfehlung des neuen Chefredakteurs Michael Bröcker. Seitdem ist sie im Pioneer-Kosmos Podcasterin und feine Feder zu allen gesellschaftspolitischen Themen und zudem gern gesehener Gast in Berliner Talkshow-Runden, wo sie das politische Tagesgeschehen einordnet. Nebenbei moderiert sie auch noch die eine oder andere Berliner Abendveranstaltung. Mit dem Weggang von Bröcker und seinem Stellvertreter Gordon Repinski stieg sie zu Beginn des Jahres auch intern auf und bekleidet hinter Herausgeber und (interimsweise) Chefredakteur Steingart den Posten der stellvertretenden Chefredakteurin.
23 II/2024 TITEL
Koch und Kellner
Fraktionschefs im Bundestag prägen die Richtlinien der Politik, oft im Schatten der Kanzler. Wie schaffen sie es, hinter den Kulissen die Fäden zu ziehen?
Von GÜNTER BANNAS
Die Fraktionschefs im Bundestag sind nicht immer die Bekanntesten und Populärsten in der Politik. Doch ohne sie läuft nichts im Maschinenraum der parlamentarischen Demokratie. Insbesondere die Köpfe von Koalitionsfraktionen verfügen über Macht und Einfluss wie sonst nur der Bundeskanzler oder die wichtigsten Minister – und selbst diese sind auf die Unterstützung der Fraktionschefs angewiesen. „Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung“, heißt es im Grundgesetz. Doch damit Verfassung und Verfassungswirklichkeit übereinstimmen, bedarf es ausreichender Mehrheiten im Bundestag und vor allem der Zustimmung der Regierungsfraktionen – insbesondere der Zustimmung der Fraktion, der der Kanzler angehört. Das zu bewerkstelligen ist die vornehmste Aufgabe ihres Vorsitzenden. Regierungschefs legen großen Wert auf nahezu nahtlose Übereinstimmung mit „ihrem“ Fraktionsvorsitzenden – erst bei der Auswahl und später im politischen Alltag. Die Fraktionschefs wirken an den Richtlinien des Kanzlers mit. Sie haben sie in der Fraktion durchzusetzen. Kanzler wissen das. Die andere Seite: Der Fraktionschef der Kanzlerpartei muss dem Regierungschef gegenüber loyal sein. Die selbstbewussten Abgeordneten seiner Fraktion hat er zu überzeugen und nötigenfalls mit politischen Mitteln zu zwingen, die Vorhaben des Regierungschefs zu unterstützen. Bisweilen muss er die Peitsche zücken. Zugleich hat er persönliche Interessen und Karriereziele zurückzustellen. Er darf sich nicht in Konkurrenz zum Kanzler begeben. Vielen Herren und Herrin-
nen hat er zu dienen und zugleich die selbstbewusst agierenden Abgeordneten zusammenzuhalten. Keine leichte Aufgabe ist das.
Mützenich führt modern
Die Fraktionschefs wirken an den Richtlinien des Kanzlers mit.
Die Lasten der damit eingehenden Pflichten können ordentlich drücken. Dem amtierenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich war und ist das anzusehen. Er gehört anders als Bundeskanzler Olaf Scholz zum linken Parteiflügel. Promoviert wurde er mit einer friedenspolitischen Arbeit. Seine Bundestagsrede über die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine („Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann?“) ist Ausdruck davon. Mützenich hatte das Amt des Fraktionschefs nicht aktiv angestrebt. 2019, nach dem Rücktritt von Andrea Nahles, fiel ihm als Dienstältesten ihrer Stellvertreter das Amt in den Schoß. Man kann davon ausgehen, dass der Parteilinke bei der SPD-Mitgliederbefragung, wer Parteichef der Sozialdemokraten werden solle, nicht zu den Unterstützern von Scholz zählte. Gleichwohl befürwortete er dessen Kanzlerkandidatur.
Nach der Bundestagswahl 2021 war das Amt des Bundestagspräsidenten sein erstes Ziel. Weil das nicht zu erreichen war, blieb Mützenich Fraktionsvorsitzender. Fortan hatte er die Pflicht, Scholz zu unterstützen. Er tat und tut es, ohne viel Aufhebens von sich und von Macht und Ein-
32 www.politik-kommunikation.de ANALYSE
Der SPD-Franktionsvorsitzende Rolf Mützenich hält eine Rede im Bundestag. „Sein“ Bundeskanzler und Parteifreund Olaf Scholz hört aufmerksam zu.
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Interview
Wolfgang Büchner (57)
ist seit Dezember 2021 stellvertretender Regierungssprecher und stellvertretender Leiter des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung. Der gebürtige Pfälzer studierte Politikwissenschaften in Heidelberg und Hamburg. Nach einer journalistischen Ausbildung arbeitete er als Korrespondent und Redakteur für AP, Reuters und „Financial Times Deutschland“. Von 2001 bis 2009 war Büchner geschäftsführender Redakteur und Chefredakteur von „Spiegel Online“, anschließend bis 2013 Chefredakteur der dpa. 2013/2014 leitete er die Redaktion des „Spiegel“. Nach Stationen als Geschäftsführer der „Blick“-Gruppe in Zürich und des „RedaktionsNetzwerks Deutschland“ in Hannover beriet Büchner ab 2019 die FDP in Kommunikationsfragen. Der vierfache Familienvater wurde vom „Medium Magazin“ zweimal zum „Chefredakteur des Jahres“ gekürt. 2014 erhielt er gemeinsam mit dem „Guardian“-Chefredakteur Alan Rusbridger den Sonderpreis des „European Press Prize“.
„Es ist eine Art Wettrüsten“
Nicht nur soziale Medien mischen die traditionelle politische Kommunikation auf: Jetzt kommt auch noch künstliche Intelligenz dazu. Im Interview sagt der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner, wie die Bundesregierung in ihrer Kommunikation reagiert – und was noch zu tun ist.
Interview KONRAD GÖKE
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Hotspots
Wo gehen Mitte-Profis frühstücken, lunchen, anstoßen? TOBIAS SCHMIDT hat sich umgehört.
Was ist dein Lieblingsort zum Frühstücken?
Café Zimt und Zucker
Café Zimt und Zucker. Ein bisschen Kaffeehaus-Nostalgie, mitten im Herzen der Berliner Republik und ein leckeres Avocado-Rührei vom Biohuhn. Dort sitzen gestresste MdB und noch gestresstere Staatssekretäre neben Touristen, eine sehr gute Atmosphäre. Noch besser ist es nur im Table-Café an der Wöhlertstraße 12 mit dem Original-Interieur aus dem alten Einstein. Michael Bröcker (Chefredakteur Table.Media)
Manzini
Eine Mischung aus Wiener Kaffeehaus und Pariser Bistro. Hier gibt es alle wichtigen Tageszeitungen (ein Kaffeehaus ohne Zeitungen ist nämlich kein Kaffeehaus). Superfreundliche Kellnerinnen und Kellner. Hier trifft man auf Künstler, Politiker, Journalisten und Autoren (z. B. Alice Schwarzer). Außerdem gibt es hier den für mich besten Cappuccino der Stadt (auf der Speisekarte steht wie in meiner Heimat Wien Mélange): 4,20 Euro. Mein Favorit: 2 Eier im Glas (8 Euro) und das Käsefrühstück (18,40 Euro). Wolfgang Ainetter (Autor, Berater)
An einem Sonntag im August
Journalisten, Lobbyisten und Thinktanker frühstücken bekanntlich nicht, weil sie entweder zu verkatert oder zu gestresst sind – Aber man kann diese Mahlzeit als Vorwand für ein Treffen nutzen. Passend hierfür: An Einem Sonntag Im August. Das Continental Breakfast (10–12 Euro) schmeckt zwar nicht, aber der Kaffee ist hervorragend (fünf Euro).
Das schönste Hipsterkaffee Berlins. Tausend Farben, Rokoko-Sofas und Art Deco, eine Landschaft aus Treppenstufen, auf der man sich fläzen kann. Und alles mit Efeu bewachsen. Dazu Kellner mit mehr Piercings als Pronomen. Und man kann mit Karte zahlen. Wen trifft man dort? Die Berliner und bundesweite Boulevardszene, von Wilson Gonzales Ochsenknecht über Luke Mockridge bis hin zu Eva & Adele. Auch Kunst-Ikonen wie Tacheles-Milliardär Yoram Roth. Niemand jedenfalls, der Hunger hat, außer auf Abenteuer. CarlVictor Wachs (Leiter Kommunikation, INSM)
Soho House
Man trifft sehr unerschiedliche Leute. Weniger Politik (ab und zu den Berliner Kultursenator) und viele CEOs von Startups, auch einige Journalisten und Künstlerinnen/Kuratoren. Gute Mischung. Meine Food-Empfehlung: Avocadotoast mit pochiertem Ei. Axel Wallrabenstein (Partner MSL)
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TIPP!
TIPP!
Erchy’s
Das Erchys liegt nahe der Torstraße. Man kann drinnen und draußen sitzen. Es ist casual, locker und unkompliziert. Das Beste ist der Selfservice per App oder per Bestellung an der Bar. So wartet niemand auf die Rechnung. Es gibt viele gesunde Sachen und super Kaffee. Bislang war immer etwas frei, habe noch nie auf einen Tisch gewartet. Wen trifft man dort? Kreative und ein paar Touristen. Keine Promis oder Kolleg/-innen. Besonders lecker ist Erchy’s Homemade Granola 8,50 EUR (Granola – Thymian – Himbeer Kompott –Blaubeeren – Maracuja). Daniela Werner (KomChefin, GDV)
House of Small Wonder
Wer mich kennt weiß, dass der Morgen nicht meine liebste Tageszeit ist, daher bin ich hier nicht unbedingt Expertin. Zu den seltenen Gelegenheiten zählt aber das House of Small Wonder am Oranienburger Tor zu meinen absoluten Favoriten – besonders im Sommer kann man wunderbar in lockerer Atmosphäre im Innenhof sitzen. Große Empfehlung zum Brunch: Pochierte Eier auf Avocado Toasts mit japanischem Twist.
Valentine Baumert (Executive Government Affairs Philip Morris)
Flamingo
Nur ein paar Meter vom Bundestag die Spree runter. Die Atmosphäre ist total entspannt. Und wenn die Temperaturen es zulassen, ist es besonders nett, draußen zu sitzen. Hier trifft man von Journalisten über Sprecher hin zu dem ein oder anderen Politiker immer mal wieder jemanden, der seinen Kaffee, genau wie man selbst, nicht mitten im Trubel trinken wollte. Der Cappuchino ist gut und das Rührei für rund 8 Euro empfehlenswert. Sara Sievert (Chefreporterin tonline)
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TIPP!