Der Weg in den Krieg
Einleitung
An der Wende vom 18. zum 19.Jahrhundert erreichte die Konfrontation zwischen Frankreich und der Habsburgermonarchie eine bis dahin noch nicht da gewesene Dimension.
Die wechselvolle Beziehung zwischen den beiden europäischen Großmächten, die oft genug in politische und militärische Konflikte mündete, konnte durch die Ehe von Marie Antoinette, einer Tochter Maria Theresias, mit dem französischen König Ludwig XVI. nur vorübergehend etwas verbessert werden. Die dramatischen Ereignisse der Französischen Revolution 1789 mit ihren nachhaltigen Auswirkungen auf Europa und der Aufstieg des 1769 in Korsika geborenen Generals
Napoleon Bonaparte zum Kaiser der Franzosen hatten auch gewaltige Folgen für den Vielvölkerstaat der Habsburger und das „Heilige Römische Reich deutscher Nation“ (HRRdN).
Der österreichisch-französische Krieg von 1809, in dessen Folge auch, so wie bereits im 3.Koalitionskrieg 1805, die Kriegsfront über den Markt Ebelsberg bei Linz hinweg gezogen ist, muss in diesen großem Kontext gesehen werden.
Mit dem Einleitungskapitel „Der Weg in den Krieg“ soll versucht werden, in einer überblicksartigen Zusammenfassung die österreichisch-französische Beziehungen zwischen 1789 und 1809 zu skizzieren, die letztlich auch zum blutigen Zusammenstoß der Armeen beider Länder am 3.5.1809 in Ebelsberg führten.
Die österreichisch-französischen Beziehungen von der Revolution 1789 bis zum 1.Koalitionskrieg 1792
Der Tod Kaiser Josef II. (1790), die kurze Regierungszeit seines Bruders und Nachfolgers Leopold II. (1790-92) und die Thronnachfolge durch Franz II. (1792-35) stellt in gewisser Weise einen Wendepunkt in der Entwicklung der Habsburgermonarchie dar.1 Jene sogenannten josefinischen Reformen, die in ihrer Ausrichtung auf den Zentralstaat die Eigenständigkeit der Kronländer und der Stände in zunehmenden Maße ignorierte, wurden von Leopold II. relativ rasch wieder abgeschwächt oder ganz zurückgenommen. Die Revolten in dem zum Habsburgerreich gehörenden Ländern Belgien, Ungarn oder Galizien konnten damit teilweise besänftigt werden.2
Auch an der Staatsspitze waren in personeller Hinsicht dringend Erneuerungen notwendig.
Staatskanzleileiter Fürst Kaunitz-Rietberg beispiels-
weise war schon über 70 Jahre alt und der Armeekommandant Baron Laudon noch älter.
Leopold II. bemühte sich um außenpolitische Stabilität mit dem alten Gegner Preußen, was ihm auch mit der Reichenbacher Konvention im Juli 1790 gelang. Die revolutionären Ereignisse in Frankreich seit 1789 bewertete der österreichische Herrscher eher als eine innere Angelegenheit des Bourbonenstaates, auch wenn dadurch seine Schwester, die französische Königin mit ihrem Gemahl Ludwig XVI. vor großen Problemen stand.3
Als pflichtbewußt denkender und handelnder Vertreter des aufgeklärten Absolutismus ging es ihm bei politischen Entscheidungen zunächst nicht um seine familiären und dynastischen Beziehungen, sondern um die Sicherheit und Stabilität des eigenen Staates und des deutschen Reiches, für dessen Erhaltung er verantwortlich war. „Ich habe eine Schwester, aber das Reich hat keine...“4
Diese Haltung des Kaisers änderte sich aber nachhaltig, als die Nachricht von der verunglückten Flucht des französischen Königspaares nach Varennes und deren erzwungene Rückführung nach Paris bekannt wurde. In der „Pillnitzer Deklaration“ (August 1790)5 dokumentierten die Regenten von Preußen, Österreich und Sachsen ihren Willen zur Wiederherstellung der monarchischen Regierung in Frankreich. Von der französischen Revolutionsregierung konnte dies nur als ein klarer Affront gegen ihre Politik gewertet werden. Die Revolutionäre waren durchaus bereit für den Krieg. Ein Mitglied der Pariser Nationalversammlung, Graf Custine, äußerte: „Um frei zu sein, muss Österreich zerstört werden.“6 Auch die Stimmung in Paris gegen Königin Marie Antoinette, die abfällig als „Die Österreicherin“ bezeichnet wurde, darf in diesem Zusammenhang nicht unterschätzt werden. Obwohl sie von ihrer Mutter Maria Theresia und ihrem kaiserlichen Bruder Leopold immer wieder ermahnt wurde, hat ihre teilweise verschwenderische Hofhaltung den Unmut der Bevölkerung erregt.7
Als Kaiser Franz II. mit 24 Jahren 1792 die Regierung in Österreich und des HRRdN (Heiligen Römischen Reich deutscher Nation) antrat, standen wegen der Auswirkungen der Französischen Revolution in der europäischen Politik die Zeichen auf Sturm.
Österreich war für die Revolutionäre in Paris der monarchistische Staat schlechthin und das HRRdN, mit seinen Besitzungen am linken Rheinufer war für sie
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Der Weg in den Krieg
Pfarrer Mag. Helmut Kritzinger
erst recht eine Provokation. Die Angst davor, dass die Revolution auf der Spitze der Bajonette ihre Ideen nach Österreich bringt,8 ging um. Der literarischen Ankündigung „Friede den Hütten, Krieg den Palästen“ sollten bald Taten folgen. Mit der Kriegserklärung Frankreichs an den König von Böhmen und Ungarn im April 1792 begannen jene militärischen Konflikte, die später als die 4 Koalitionskriege bezeichnet wurden. Sie waren die Voraussetzung für den österreichisch-französischen Krieg von 1809.
Schon die erste Kampfhandlung in diesem 1. Koalitionskrieg, die als „Kanonade von Valmy“9 in die Geschichte einging, zeigte aber deutlich, dass Armeen wie die französische, die vom revolutionären Geist angetrieben sind, auch entsprechende Schlagkraft besitzen. Diese Dynamik konnte später Napoleon so weit steigern, dass seine Armeen bis nach Wien, Berlin und sogar Moskau (1812) marschierten.
Die Koalitionskriege vor 1809
In der sogenannten 1. Koalition gegen das revolutionäre Frankreich gingen Österreich und Preußen eine militärische Verbindung ein, der sich auch Russland und Sardinien anschlossen, ohne allerdings anfangs in die Kämpfe einzugreifen10. Es ging dabei vor allem um die Aufrechterhaltung der alten monarchischen Ordnung in Europa. Später schlossen sich noch England, Spanien und Holland an.
Der Feldzug von 1792-1797 war gekennzeichnet von einem sehr wechselvollen Kriegsverlauf. Zunächst errangen die französischen Truppen bei Valmy und vor allem bei Jemappes 1792 wichtige Erfolge, wodurch für die Alliierten Belgien und die linksrheinischen Gebiete verloren gingen. Dazu kamen 1793 noch erhebliche Spannungen innerhalb der Koalition zwischen Österreich und Preußen, als Russland mit Preußen die 2. Polenteilung 11 durchsetzte. Als die Polenteilung 1795 zum dritten Mal aktuell wurde und sich diesmal Russland mit Österreich verständigt hatte, zog sich Preußen von der Koalition zurück und schloss mit Paris den Separatfrieden von Basel.
Die Entscheidung in diesem fünfjährigen wechselhaften Ringen fiel 1796/97 auf dem oberitalienischen Kriegsschauplatz, der bald von dem jungen, 1769 geborenen General Napoleon Bonaparte beherrscht wurde. Erzherzog Carl konnte zwar an der deutschen Frontlinie in Amberg und bei Würzburg die
französischen Generäle Jourdan und Moreau zurückschlagen12 und damit verdeutlichen, dass sich die österreichische Armee auch gegen Revoltionsheere durchsetzen konnte, doch Napoleons Erfolge bei Lodi, Bassano, Arcole, Rivolo und zuletzt die österreichische Kapitulation der Festung Mantua im Jänner/Februar 1797 eröffneten dem jungen französischen Kommandanten Bonaparte den Weg in österreichische Kernländer, bis ins steirische Leoben. Einer seiner Mitkämpfer, der ca. 12 Jahre später als Marschall Massena die Schlacht bei Ebelsberg mitentschieden hatte, stand im April 1797 mit seinen Einheiten schon kurz vor dem Semmering.13 Österreich sah sich gezwungen, den Frieden von Campoformido zu unterschreiben. Belgien und die Lombardei gingen für den Kaiser verloren, dafür erhielt er Venedig, Istrien und Dalmatien. Holland wurde als „Batavische“ Republik ein Vasall Frankreichs. Besonders durch das Bemühen Englands war eine 2. Koalition (1799-1802) zustande gekommen. Dem Expansionsdrang Frankreichs über das Mittelmeer (Malta 1798) bis in den Nahen Osten, den Napoleon mit seinem Ägyptenfeldzug noch verstärkt hatte, konnte die britische See- und Kolonialmacht nicht tatenlos zusehen.14
England, Russland und Österreich fanden sich diesmal als Alliierte zusammen, um jenes zwischenstaatliche Gleichgewicht in Europa wiederherzustellen, das die französische Eroberungspolitik durcheinander zu bringen drohte.
Erste militärische Erfolge schienen den Koalitionären Recht zu geben. Erzherzog Carl konnte bei Ostrach und Stockach in Süddeutschland Erfolge verbuchen, ebenso wie in der 1. Schlacht von Zürich (Juni 1799) gegen den schon erwähnten Marschall Massena.
Die entscheidende Wende in diesem Waffengang brachten die Rückkehr Napoleons aus Ägypten und seine staatsstreichartige Machtübernahme in Paris am 9. November 1799, mit der er sich die Position des 1. Konsuls von Frankreich sicherte.15
Mit dem hart erkämpften und nur durch das sprichwörtliche Feldherrnglück errungenen Sieg gegen die Österreicher unter General Melas16 im oberitalienischen Marengo (Juni 1800) musste Kaiser Franz im Frieden von Luneville (Lothringen) die Bedingungen von Campoformido akzeptieren. Hinzu kam noch die Entschädigung der Herzöge von Toskana
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Der Weg in den Krieg
Napoléon Bonaparte Kaiser der Franzosen (*15.8.1769, † 5.5.1821)
ker als die Angriffsgruppe, aber immerhin schwach genug war, daß Hiller beim Einsatz der ganzen Kraft auf einen Erfolg rechnen durfte, so konnte […] das Gros während des Flankenmarsches jederzeit in den Kampf geworfen werden.“33
Doch dazu kam es nicht. Der Vorstoß Schustekhs fand nicht statt, da Radetzky und Reinwald entgegen der ursprünglichen Annahme nicht mehr bei Obernberg standen und sich somit nicht mehr zeitgerecht der Offensive anschließen konnten. Obwohl diese Angriffsbewegung im letzten Moment abgeblasen wurde, liegt in ihr eine Ursache der Katastrophe von Ebelsberg. Schustekh verlor räumlich wie kommunikativ immer mehr den Kontakt zur Hauptgruppe.
In Ried
Währenddessen erreichte die Hauptkolonne unbehelligt Ried, wo beträchtliche Mengen an Verpflegung und Munition lagerten. Ein junger Soldat der Kompanie Mehlführer (Regiment Hoch- und Deutschmeister, 1. Bataillon, 2. Kompanie) beschreibt die verdrießliche Situation im Biwak bei Ried: „Das Lager bei Ried - nur ein Aufenthalt über Nacht, aber nichts desto weniger denkwürdig - war ein schauderhaftes. Das gleich nach der Passierung Burghausens eingetretene Regenwetter ließ den Regen in Strömen fallen, ohne Aussetzen den ganzen Tag. Die Heerstraßen, bedeckt mit Truppen, waren durchweicht, voll tiefen Kotes. Die Truppenmassen stauten sich dermaßen auf, daß eine Stockung um die andere das Vorwärtskommen verzögerte, bis die finstere Nacht die Erde bedeckte. Anstatt frischen Strohes oder Bretter hatten wir die durchnäßten Biwaks der tagsvorher darinnen gelegenen Grenadiere. […] So konnte diese Erholung nur von kurzer Dauer sein; denn als ich wieder erwachte, war meine linksseitige Persones-Halbscheid ins Wasser getaucht. Auf diesem gewässerten Phul war also kein ferneres Liegenbleiben; ich stand auf und faßte Posto am Lagerfeuer, wo schon die meisten aus gleicher Ursache die wärmende Flamme umstellten.
Meine Schuhe an den Füßen wichen aus ihrem Gefüge.
[…] Von einem Abkochen konnte nicht die Rede sein; doch zur bestmöglichen Nutzbringung der Brotvorräte für die eigenen Truppen, bevor sich der Feind davon sättigte, wurde ein ganzes Brotmagazin neben dem Lager der Mannschaft frei gegeben und auf dem Zwieback stieg man in weiter Runde herum, wie auf mit Kieselsteinen planiertem Grunde.“34 In Ried entwarf Hiller neue Pläne.
Hillers Entschluss zur Stellungnahme bei Linz (29. April)
Noch in Cham hatte Erzherzog Carl seinen Bruder Erzherzog Maximilian am 26. April mit dem Auftrag nach Linz entsandt, Vorbereitungen für die Verteidigung Oberösterreichs, insbesondere aber für den Brückenkopf der Donaustadt zu treffen.1 Maximilian brach sofort auf, erreichte die Stadt aber erst aufgrund der schlechten Wegverhältnisse zu Mittag des 28. April.
Verteidigungsanstalten in Linz Schon im August 1808 hatte sich Erzherzog Maximilian mit der Sicherung des Reichsgebiets auseinandergesetzt. Er erkannte die Unmöglichkeit einer Verteidigung des Raumes zwischen Inn und Traun. Erst zwei „hinlänglich nahe aneinanderliegende Hauptstellungspunkte“ würde die Anforderungen der Defensive erfüllen: Sierninghofen und Linz! „Linz war schon zu Prinz Eugens Zeiten als ein Hauptschlüssel des Landes […] betrachtet. Die damals aufgeworfenen Verschanzungen bestehen zum Teil auch heutzutage und sind zweckmäßig genug angebracht, um noch benutzt zu werden und die Herstellung zu verdienen. Linz gewährt dann mit Einschließung des Pöstlingbergs auf dem linken und des Schollersbergs [Schullerberg] auf dem rechten Ufer eine verschanzte Stellung […], sichert durch seine große, durch die Stellung vollkommen zu deckende Brücke zwei Kommunikationen nach Böhmen und bedroht die Hauptkommunikation nach Unterösterreich im Rücken der Traun, welche zu jeder Jahreszeit den Brückenschlag erheischt, da sie nirgends Furten hat.“2 Trotz aller theoretischen Beschäftigung und den Entwürfen zur Reichsverteidigung war das, was Maximilian in Linz vorfand, absolut niederschmetternd:
Sein Bruder, der Generalissismus hatte bereits am 10. März die Errichtung einer Schiffbrücke über die Donau bei Mauthausen als Ergänzung des Linzer Überganges befohlen. Der hierfür notwendige Kostenaufwand war mit 68.747 Gulden beträchtlich.3 Dies war die einzige Verteidigungsmaßnahme, welche zum Zeitpunkt des Eintreffens von Maximilian zur Ausführung gelangt war. An die Errichtung der geplanten Kriegsbrücke bei Plesching war erst gar nicht zu denken. Ebenso wenig hatte man mit dem Bau des verschanzten Lagers in Linz, wo 18.000 Mann mit 96 Geschützen Platz hätten finden sollen, begonnen. Ende April war das Bollwerk nicht einmal in Ansätzen vorhanden.
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Hiller orientiert sich nach Linz
Ehz. Maximilian d‘Este (*14.07.1782, †1.6.1863)
Hiller orientiert sich nach Linz 3
Kaiser Franz in Ebelsberg
Als die ernste Lage es dem Kaiser nicht mehr gestattete, länger in Schärding zu verweilen, zog er sich ins Landesinnere zurück. „Den 25. April des Morgens begaben sich Se. Majestät, teils mit Hof-, teils mit Postpferden bedient, von Payerbach nach Ebersberg (...).“ Der Kaiser langte um 13.00 Uhr dort ein und stieg im Wirtshaus „hart an der Brücke“ (wahrscheinlich „Zum blauen Hechten“, nachmals: „Zum gold. Schiff) ab. An dem selben Tag waren dort zwei Tiroler - der Innsbrucker Stadtbaumeister Huter und der Haller Kronenwirt Straub - angekommen, um den Kai ser um Geldvorschüsse für den Auftstand zu bitten.
„Beide Tiroler hatte der Kaiser bei Hofe bewirten lassen und sie dürften in ihrer Geldangelegenheit befriedigende Resultate erlangt haben, da sie die Rückreise sehr vergnügt angetreten hatten.“
Franz I. blieb über Nacht in Ebelsberg. Dass dabei sämtliche Wirtshäuser des Ortes mit seinem Gefolge belegt waren, lässt sich denken. „Am 26. April trafen Se. Majestät und der ganze Hofstaat in Enns ein, wo der Kaiser wieder im Wirtshause abgestiegen war. Der k. k. Oberstkämmerer Graf von Wrbna äußerte, Se. Majestät dürften einige Tage verweilen.“ (Sommeregger: Die Feldzugsreise
In der Stadt herrschte bei Ankunft Maximilians zudem helle Aufregung um Gerüchte, wonach der Feind bereits über Peuerbach im Anmarsch sei und ihm Linz mit der zum Schanzbau eingeteilten niederösterreichischen Landwehr bzw. den Depottruppen der Infanterieregimenter Jordis und Klebek nichts entgegenzusetzen hätte. Alles was Maximilian tun konnte, war die Besetzung der Schlösser Wilhering und Ottensheim unter gleichzeitiger Aufklärung Richtung
Passau. Die dabei angetroffene 2. Kompanie Wiener Freiwillige unter Oberstleutnant Steigentesch sollte in Eferding verbleiben, während zwei Kompanien Lindenau Ottensheim sicherten.
Indessen erreichte den in Strengberg befindlichen Kaiser die von Maximilian aus Linz abgesendete Nachricht, wonach sein Bruder Carl beabsichtige, nach seinem Abmarsch aus Cham am 27. April binnen
13 Tagen Linz zu erreichen. Gleichzeitig äußerte sich Maximilian zuversichtlich, den vom Ingenieurkorps unter Oberstleutnant Milanes ausgesteckten Brückenkopf soweit zu vollenden, um Hiller eine Möglichkeit zum längeren Widerstand zu verschaffen.
Die Antwort des Kaisers traf noch am Abend ein. In seinem Schreiben tadelte er FML. Dedovich ob seines Abschwenkens von der Straße nach Eferding und forderte ihn auf, seine Beweggründe darzulegen. An Hiller, der sich gerade auf dem Weg nach Ried befand, ergingen mit gleicher Post die Verleihung des Kommandeurkreuzes4 und die Anweisung, sich dieser Straße wieder zu versichern, da es der Feind ohnehin nicht wagen werde, mit schwachen Kräften zwischen
ihm und der Donau vorzugehen. Falls dies wider Erwarten doch eintritt, so könne Hiller wenigstens die Ennslinie vor dem Gegner erreichen. Erzherzog Maximilian händigte dem Armeegruppenkommandanten das Schriftstück bei der Lagebesprechung in Haag aus. Die Befehle ließen wie immer genug Freiraum zur Interpretation: Zwar ließen sie keinen Zweifel daran, dass die Enns nur im äußersten Notfall als Rückzugslinie dienen sollte, sofern es nicht mehr gelänge, Linz zu sichern, doch es konnte auch daraus abgeleitet werden, dass der Monarch die Verwendung der Armeegruppe zur direkten Deckung Wiens wünschte. Hiller war dieser Variante sicherlich mehr zugetan, als dem Gedanken, das nur auf dem Papier verschanzte Linz einige Tage bis zum Eintreffen der Hauptarmee halten zu müssen.
Hiller beugt sich
Schließlich beugte sich Hiller dem vom Erzherzog überbrachten Befehl. Er versprach, am 30. nach Lambach, am 1. Mai nach Wels und anschließend nach Linz zu marschieren, wenn ihm der Gegner dort noch nicht zuvorgekommen sei. „Auch in diesem Falle wolle er Linz zu erreichen trachten, wenn der hiezu nötige Kampf einen vorteilhaften Ausgang vorhersehen lasse. Sei darauf nicht zu rechnen, so plane er den Rückzug bei Wels hinter die Traun und über die Brücke von Mauthausen auf das linke Donauufer, wo er aufwärts rücken wollte, um gegenüber Linz Aufstellung zu nehmen.“5
Wenn es hingegen gelang, die Stadt vor dem Feind zu
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Hiller
sich nach Linz
1809. Mitt. des k.u.k. Kriegsarchivs 1907;)
orientiert
erging der Befehl, schnellstmöglich nach Linz zu rücken: „Wenn der Feind die Traun verteidigen will, wählt er sicher die ihm vorteilhafte Stellung bei Ebelsberg“, schrieb Napoleon. Obwohl er die Wichtigkeit des Ebelsberger Überganges richtig erkannt hatte, revidierte der Kaiser im Laufe des Nachmittags seine Ansicht. Das Verhör einiger gefangener Grenzer hatte nämlich den Eindruck erweckt, dass sich die Armeegruppe bereits hinter der Enns befand. Mehrere abgefangene Depeschen nährten diese Annahme, änderten allerdings nichts an dem Auftrag Massenas und Davouts (der noch vor Passau stand), ihren Vormarsch auf Linz mit unverminderter Geschwindigkeit fortzusetzen.
„So betätigte sich Napoleon einerseits den ungestümen Drang nach vorwärts, ohne andererseits die Sicherung seiner Verbindungen zu vernachlässigen, eine Aufgabe, die in dem Maße schwerer wurde, als die Armee längs der Donau in Feindesland vordrang.“19 Vor allem die rechte Flanke bedurfte aufgrund des unberechenbaren Verhaltens Erzherzog Johanns bzw. des Tiroler Aufstandes besonderen Augenmerks.
Am Abend verließ Napoleon Braunau und erreichte um 02.00 Uhr morgens Ried, wo er wie 1805 Quartier im Rentamtsgebäude am Hauptplatz bezog.
Das böse Erwachen: Entschluss Hillers zum Beziehen der Stellung bei Linz (2. Mai morgens) Noch im Laufe des 1. Mai drückte FML. Schustekh in einem Schreiben an Hiller seine Bereitwilligkeit aus, gegen den Feind vorzurücken, sofern er die Erlaubnis erhalte, die Brigade Hohenfeld bei Neumarkt einzugliedern. Ein Sinneswandel dürfte sich allerdings noch während der Abfassung der Meldung eingestellt haben. Mit Rotstift wurde angefügt: „…kann daher, wenn ich mich auch zu Neumarkt behaupte, nicht
vorrücken, bis nicht das Corps d’armée bei Neumarkt angelangt ist.“20 Außerdem bewege sich eine feindliche Kolonne auf Peuerbach zu. Oberst Vlastits, der zu Aufklärungszwecken bei Schwanenstadt stand, erfuhr von einer gegnerischen Vorhut in Frankenmarkt. Ein aus Salzburg kommender Korporal berichtete von einem großen feindlichen Nachtlager bei Straßwalchen. Dazu kamen mehrere Aussagen von Gefangenen und Zivilisten.
Nun endlich kam das böse Erwachen für Hiller: Er stand keiner unterlegenen Macht, keiner bloßen Vorhut gegenüber. Vielmehr verfügte Masséna über geschätzte 30.000 Köpfe, die sich mit voller Wucht gegen Lambach, mit weniger Nachdruck gegen Wels wälzten.
Hiller bezifferte indes seine eigene Stärke mit nur etwa 27.000 Mann.21 Er war dem Gegner also im Gegensatz zum anfänglichen Optimismus unterlegen!
Es war daher höchst an der Zeit, sämtliche Absichten eines Gegenstoßes aufzugeben und selbst die Entscheidung zum längeren Widerstand am Wilden Innbach fallen zu lassen. Die einzige Handlungsalternative bestand in der ehestmöglichen Versammlung der Armeegruppe bei Linz. Hiller blickte in eine trübe Zukunft: Der Feind würde jedenfalls früher in der Stadt eintreffen, als es dem Generalissimus möglich war. Die unfertigen Verteidigungsanlagen waren keineswegs dazu geeignet, das Missverhältnis der Kräfte auszugleichen. Ein Rückzug ans rettende nördliche Donauufer war schon aufgrund der kaiserlichen Anweisung ausgeschlossen, den Verteidigungsvorbereitungen in Unterösterreich Zeit zu verschaffen. Dies konnte nur unter Ausnutzung der Traun- und Ennslinie erreicht werden.
Hiller tendierte schon in Wels zu diesem Entschluss, fühlte sich aber durch den bestimmten Befehl des Kaisers und des Generalissimus an die Stellungnahme bei Linz gebunden. Dementsprechend erging um 04.30 der Befehl an die Kommandanten: „Die feindliche Absicht entwickelt sich immer mehr und mehr; er dringt gegen Linz vor und ich erhalte die gemessensten Befehle, mich vor Linz zu behaupten. Es ist daher höchst notwendig, in der Aufstellung vor Linz alle Streitkräfte zu vereinigen.“
Schustekh sollte umgehend alle Linientruppen nach Leonding absenden, die Vorposten aber am Wilden Innbach belassen, um unter gegnerischem Druck
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Hiller orientiert sich nach Linz
Axberg Kirchberg Ebelsberg
Leonding Hörsching
Wilhering
Eferding Scharten
Rufling
Linz
Donau Traun
Profillatten, die anzeigten, wohin die Verschanzungen kommen sollten.“22 Abgesehen von den unfertigen Verteidigungsbauwerkungen hatte auch der Magistrat nur sehr spärliche Vorkehrungen getroffen, seine Stadt auf die Feindinvasion vorzubereiten. Zwar wurden noch Ende April in aller Eile 30.000 Gulden Landschaftsgeld auf der Donau nach Ungarn und die Archivbestände in die Stifte St. Florian und Kremsmünster bzw. die
1
2
3
4 Mit
Wollzeugfabrik abgeführt (siehe Abbildung S. 135), doch ansonsten blieb es bei der Bildung einer Landeskommission zum Empfang der Feinde. Als Hiller am
2. Mai in Linz eintraf, hatten viele Hausbesitzer bereits die Flucht ergriffen, um der Einquartierungslast und den Requisitionen zu entgehen.23
Die verbliebenen Einwohner harrten diszipliniert und „in größter Spannung“24 ihres Schicksals.
9 Hoen III, 223
des TheresienOrdens wurde Hiller die Auszeichnung zuteil, um die er sich schon seit 8 Jahren bemüht hatte. Da „Bescheidenheit nie eine von Hillers Eigenschaften gewesen war“ (Rauchensteiner: Hiller, 132) schrieb er später, dass ihm zweifelsohne höhere Ehre durch das Großkreuz des TheresienOrdens gebührt hätte.
5 Hoen III, 211
6 Hoen III, 211; vgl. Hiller an Rüffer, Haag, 29.04., 13.45 Uhr (KA FA 1809, VI. Kps, IV, 516)
7 Radetzky an Dedovich, St. Martin, 29.04., 10.30 Uhr; an Hiller weitergeleitet. (KA FA VI. Kps, IV, 527)
8 Im Ort soll es zu wüsten Exzessen der Truppen Dedovichs gekommen sein. „Insbesondere dem Personal des Verpflegsmagazins [soll] übel mitgespielt [worden sein], so daß er [Dedovich] über Veranlassung der Kreisbehörde den Ort möglichst rasch zu verlassen trachtete und endlich östlich Geiersberg Lager bezog.“ (Hoen III, 222) vgl. Radetzky an Kienmayer und Schustekh, St. Marin, 29.04., 17.00 Uhr (KA FA 1809, VI. Kps, IV, 530f)
Erinnerungen aus Leonding
Am 2. Mai, zwischen 8 und 9 Uhr vormittags, ritt der Erzherzog Ludwig und der k.k. Feldmarschalleutnant Baron von Hiller mit dem Generalstab hier durch, um die Position der hier aufzustellenden, retirierenden k.k. Armee zu rekognistizieren. Nach 10 Uhr kam die Armee teils hier durch, teils auf der Welserstraße, besetzte Linz oder zog über die Brücke der Donau und bezog auch teils die aufgeworfenen Schanzen um den Jägermayrberg und teils bivakierte sie auf unsern Feldern so zahlreich, daß z. B. die zwei nächsten Nachbarhäuser, der Mayrhans und Obermayr 500 Mann zu verpflegen hatten. Im Pfarrhofe lagen diesen Tag einquartiert die Herren Feldmarschalleutnant Redowitsch (Dedovich) und Generalmajor Sinzendorf mit ihren Adjutanten, ein Oberstleutnant vom Geniekorps, nebst mehreren andern Offizieren und der ganzen Wache.
Der anfängliche Plan war für diesen Tag, Linz und die Donaubrücke zu verteidigen und solange in dieser Position zu verbleiben, bis über Linz die Vereinigung mit dem Prinzen Carl in Böhmen hergestellt
10 Hoen III, 224
11 Österreich 5. Kps: 2 tot, 10 verw., 2 Offz + 36 Mann gefangen, 42 vermisst; Von französischer Seite sind nach Martinien nur 2 Offz. der PôTirailleure als verwundet ausgewiesen.
12 Hoen III, 236
13 Radetzky an Hiller, Ried, 30.04., 16.30 Uhr (KA FA 1809, VI. Kps, IV, 552)
14 Scheibler an Hiller, Neumarkt, 30.04., 21.30 Uhr; präs. 1. Mai, 04.00 Uhr (KA FA 1809, VI. Kps. IV, 559)
15 Hoen III, 250; vgl. Radetzky an Hiller, Ried, 30.04., 22.00 Uhr (KA FA 1809, VI. Kps, IV, 556)
16 Zit. nach Hoen III, 282
17 Dupas konnte nicht zeitgerecht in Passau eintreffen, weshalb Davout die Divison Royer stehen lassen musste.
18 Hoen III, 287
19 Hoen III, 289
20 Zit. nach: Hoen III, 291
21 Hiller an Kriegsminister FM. Colloredo; KA FA 1809, VI. Kps, IV, 556; V, 40
22 Kerchnawe, Linz
gewesen wäre. In dieser Absicht ward ein großer Teil der Armee so aufgestellt, daß gegen die Welserstraße und gegen den sogenannten Ochsenweg hin leichte Kavallerie, die Infanterie mit der Landwehr aber teils um das Dorf herum, teils aber in und um den Buchberg stand, beim Holzberger, auf dem Michaelsberge und außern Raid (Bauernhaus beim Wegeinschnitt in der Nähe des Gasthauses Wiesinger) waren überall 3 Zwölfpfünder aufgestellt.
Gegen Abend, um 8 Uhr, zogen sich die Generale zum Leitner auf‘n Berg zurück und auch die Infanterie und Landwehr konzentrierte sich mehr im Dorf Leonding und außerhalb desselben waren nur einige Kavallerie- und Infanterie-Vorposten aufgestellt. Von 10 Uhr vormittags bis um 12 Uhr hörten wir auch von Eferding her stark kanonieren und mit dem kleinen Gewehr schießen.
An eben diesem Tag kam um 11 Uhr in der Nacht der Herr Generalmajor v. Reinwald mit einer Brigade von Lambach hierher, blieb im Pfarrhofe und versicherte, daß nach ihm auch die gräfliche Hohenfeldische Brigade eben diesen Tag kommen werde. Letztere kam nicht hierher, sondern
biwakierte um Hörsching herum; die erstere aber in unserer Gegend. Das war nun ein ebenso unruhiger als auch kostspieliger Tag und Nacht für die ganze Pfarrgemeinde. Abends wurde noch zum Glück alles Kirchensilber nach Linz in Sicherheit gebracht.
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Ehz. Carl an Ehz. Maximilian, 26. April (KA FA 1809, Ober und Unterennsische Landwehr, IV, Militärfeldakten a, IV, 45); Hoen I., 209
Zit. nach: Zehetbauer, Landwehr, 207
KA FA 1809, Hauptarmee, III, 48; Hoen I, 202
dem Kommandeurkreuz
und Ebelsberg, 3ff
23 AStL Sch. 201, FK 1809, XVIII/2; vgl. Schweiger (Diss.), 121
24 AStL Kulturarchiv, Man A VII/11
Jg. 13 (1932) S. 2535
Karnig, Carl: Leonding in der Franzosenzeit. Heimatgaue
Franzosenkreuz in Leonding Hiller orientiert sich nach Linz
Marschpause
Feldmarschallieutenante Baron Hiller gegenüber aufhielt, umso mehr, als unser Regiment [Carl Ulanen], durch 3 Tage alarmiert, nicht zur Ruhe gekommen und sehr ermattet war.“6
Noch immer war das Schicksal Schustekhs unklar. Endlich kam um 03.45 Uhr die erlösende Botschaft einer bei Schustekh detachiert gewesenen Eskadron Carl-Ulanen mit der Gewissheit, dass die Attacke auf der Welser Haide ihren Zweck erfüllt und Schustekh seine bedrohliche Lage erkannt hatte,7 wenngleich er noch nichts vom Rückzug aus Linz Richtung Ebelsberg ahnte. Doch wann würde er auftauchen? Darüber konnten auch die ausgesendeten Patrouillen keine Auskunft geben.8 Weiteres Bangen und ein Keim der bald folgenden Katastrophe.
Nun wurde Radetzky auch über seinen Auftrag unterrichtet: Schustekh bei Kleinmünchen aufzunehmen. Schon wieder bürdete man diesem Kommandanten die schwerste Last auf. Aus dem erbetenen Rückzug hinter die Traun wurde nichts.
Entblößter Linzer Brückenkopf
„Es war keine leichte Aufgabe für die nun endlich bei Linz versammelte Armeegruppe Hiller, auf 10 bis 15 km an den Vortruppen des Feindes vorbei, hinter die Traun zu kommen.“9
Im unbedingten Willen, sich bei Ebelsberg wenigstens eine Zeit lang behaupten und die Donau im Anschluss bei Mauthausen zu überqueren zu können, befahl Hiller auch den nördlich der Donau dislozierten Truppen unter Oberst Hardegg und GM. Richter den Versammlungspunkt flussabwärts anzustreben.
Im Angesicht eines starken Gegners erscheint das Bemühen Hillers nach Zusammenziehung seiner Streitkräfte als durchaus nachvollziehbar. Andererseits bereitete es dem General offenbar keineswegs Kopfzerbrechen, den Linz Brückenkopf und damit die Marschroute gegen Budweis, wo sich die Hauptarmee nach wie vor befand, vollkommen zu entblößen. Er konnte wohl kaum annehmen, dass allein das gegen 05.00 Uhr erfolgte Niederbrennen der Donaubrücke den Feind aufhalten werden würde. Zumindest waren aber alle Schiffe und Zillen ans linke Ufer verbracht worden.
„Dieses Beispiel zeigt, wie so manche ähnliche Erscheinung, daß den im System der bevormundenden
Linear taktik aufgewachsenen Generalen die Auffassung für die Verhältnisse im großen und der Sinn für verständnisvolles Handeln im Rahmen des Ganzen so ziemlich gänzlich mangelte und jeder den Blick nur
auf die ihm unmittelbar unterstehenden Truppen und die ihm zukommende, nächste, engbegrenzte Aufgabe richtete.“10
Massénas Aufbruch (etwa 05.00 Uhr)
Für Marschall Masséna lagen die Tagesziele des 03. Mai klar auf der Hand. Er sollte die beiden Flussübergange bei Linz und Ebelsberg besetzen. Seinem Adjutanten Beker diktierte er noch am Vorabend die Marschordnung:11 Das 14 Jägerregiment zu Pferd, die württembergischen Chevaulegers und die badischen Dragoner unter Trenqualye voraus. Um 05.00 Uhr sollte Claparède seinen Marsch antreten und der leichten Kavallerie folgen, wobei die 1. Brigade der Division mit drei Geschützen die Avantgarde zu bilden hatte..
An Claparède hätten sich Legrand, Carra Saint Cyr und endlich Boudet anzuschließen. Seinen Divisionsgenerälen befahl Masséna, jeweils eine Abordnung von 50 Mann mit der Aufgabe zu bilden, die Straßen freizumachen und alle Wägen, mit Ausnahme der Ambulanzen und Fuhrwerke der Generale am Wegesrand abstellen zu lassen.
Mühsames Vorankommen
Nun wälzte sich die Kolonne in den Morgenstunden in einem Defilé von Wilhering Richtung Linz. Ein langsamer Marsch. „Da es nicht ohne Interesse ist, die Ursachen näher zu kennen, welche störend auf den Marsch des Armeekorps einwirkten, welche sich zum Teil täglich wiederholten, und welche besonders bei dem Gefecht von Ebelsberg so verderblich hätten werden können, so sei es gestattet, […] einige Bemerkungen über die Märsche vorausgehen zu lassen, wie diese auf dem Zug nach Wien in der französischen Armee stattfanden.
Die erste und gewöhnliche Veranlassung zur Störung der Marschordnung der Kolonne lag in dem unregelmäßigen Marsch der Reservereiterei - der Kürassiere.
Diese, sich nicht damit begnügend, die Infanterie nur soviel Vorsprung gewinnen zu lassen, als nötig gewesen wäre, um wieder eine Zeitlang im ungehinderten Pferdeschritt marschieren zu können, machte gewöhnlich auf jedem Marsch zwei- bis dreimal Halt und ließ die Infanteriedivisionen und deren Artillerie unbekümmert um die gegebene Marschordnung, an sich vorüberziehen. Brach sie endlich wieder auf, so ging’s nicht im Schritt, sondern im Trab hinterher, um den vorgeschriebenen Platz in der Kolonne für einige Zeit wieder einzunehmen. War das Terrain frei und der Boden trocken, so geschah dieses Wiedervoreilen auf den Feldern zur Seite der Straße; im entgegengesetzten Fall aber auf dieser
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Nächtliches Abrücken aus Linz
Französische Infanteristen am Marsch.
letzteren selbst, wodurch der Marsch der Infanterie unterbrochen und die Mannschaft derselben mit Kot und Staub bedeckt wurde. Es standen die Kürassiere, welche man mit Recht eine Elite der Armee nannte, bei derselben in großem Ansehen […]. Ihr ritterlich imposanter Anblick erfreute die Truppen, wie sie sich zeigten, aber auf dem Marsch nach Wien waren sie für die Infanterie eine wahre Plage. […] In dem engen Defilee vor Linz konnten die zwischen den Infanteriedivisionen eingeteilten Kürassierbrigaden ihre Plätze in der Kolonne nicht verlassen; indessen mochten sie doch ihre gewöhnlichen Halte gemacht haben; denn die hinter der 4. Brigade marschierende Division Legrand war wenigstens öfter in ihrem Marsche angehalten und konnte das Versäumte nicht so schnell mehr einbringen wie die Reiterei. […]
Die Weinvorräte von Wilhering Größern Zeitverlust aber als alles dies brachte auf dem Marsch nach Linz das mit Wein reichversehene Kloster Wilhering, das am Eingange des Defilees den ermüdeten Soldaten, gleich der Quelle einer erquickenden Oase, zu dem langentbehrten Labtrunk einlud.
Während die höheren Offiziere sich in dem gastlichen Refektorium eines Frühstücks erfreuten, durchstreiften von den zum Ausruhen angehaltenen Truppen einzelne Partien die weitläufigen Vorratshäuser und Keller des Klosters und setzten sich in diesem letzteren, die großen Fässer durch Gewehrschüsse anzapfend, auf die kürzeste Weise in den Besitz ihres erfrischenden Inhalts, den sie nun in reichlichem Maße ihren bei den Bataillonen versammelt gebliebenen Kameraden zutrugen.
Ungeachtet der Willkür und Gewalttätigkeit, welche dieser Erfrischungsoperation zugrundelag, hatte sie doch durch den dem französischen Soldaten hierin eigenen Takt, welcher es bei solchen Gelegenheiten nicht leicht bis zu den tumultuarischen Ablösungsszenen aller militärischen Ordnung kommen läßt, ziemlich das Ansehen einer anbefohlenen Fassung die aber nur umso mehr Aufenthalt verursachen mußte, da es bei dem so reichlich spendenden Vorrat immer schwer hielt, ihr ein Ziel zu setzen und die Truppen wieder in Marsch zu bringen. Als die badische Brigade in Wilhering eintraf, war man eben bemüht, die 1. Brigade der Division wieder in Bewegung zu setzen und der eingerissenen Eigenmächtigkeit der Truppen Einhalt zu tun; - so kam es denn, daß den badischen Soldaten wenig oder nichts von dem Überfluß zuteil wurde, von dem zahlreiche Nachzügler der hier angehaltenen Truppen taumelnd den ihrigen noch nachschleppten.“12
Erste Geplänkel bei St. Margarethen (08.30 Uhr)
Während die österreichische Hauptkolonne den Markt Ebelsberg um ca. 08.00 Uhr passierte, wurden in der Gegend von Niedernhart die ersten feindlichen Reiterabteilungen gesichtet. Auch vor der Front Radetzkys tauchte Kavallerie auf, die sich jedoch bald wieder kampflos zurückzog.
Weniger friedlich gestaltete sich der anbrechende 03. Mai für die Brigade Bianchi: Sie war um etwa 02.00 Uhr von Wilhering abmarschiert und hatte binnen zweier Stunden die 7 km bis Linz zurückgelegt, wo sie zwischen 04.00 und 05.00 Uhr eintraf und am Freinberg Stellung bezog, um die Zerstörung der Brücke sowie das Abrücken aus Linz zu decken. Bald war sie aber mit den aus Wilhering kommenden Reitern des 14. Jägerregiments zu Pferd konfrontiert, die bei St. Margarethen den Durchbruch versuchten. „Die reitenden Jäger versuchten wohl in der Kolonne zu vieren den Durchbruch, sie gaben jedoch dieses Unternehmen bald auf, als sich zum frontalen Feuer auch solches in die Flanke gesellte. Die 9. Division von Gyulai-Infanterie war unter dem Oberstleutnant Josef Freiherrn von Trenck als Seitenhut über die Höhen zurückgegangen und kam beim Heraustreten aus dem Walde gerade zurecht, um an der Abweisung des Reiterangriffes mitzuwirken.“13 Auch vom Pöstlingberg konnte man die Vorgänge beobachten, wie die dortige Chronik berichtet: „Am 3ten May 1809, zwischen 8 und 9 Uhr früh, kam die französische Avantgarde – von Pöstlingberg aus sichtbar – zwischen dem Kloster Wilhering und Margarethen.
Seite 41 Nächtliches Abrücken aus Linz
Am Morgen des 3. Mai ergötzten sich die französischen Truppen am Weinvorrat des Stifts Wilhering.
Hiller hatte seine militärische Laufbahn als Kadett mit 15 Jahren begonnen und am Türkenkrieg teilgenommen. Seine relativ raschen Beförderungen verdankte er der Tapferkeit. Als Kommandeur war Hiller bei der Truppe beliebt. Allerdings soll er eine gewisse charakterliche Zwiespältigkeit an den Tag gelegt haben. Die Betrauung mit dem Kommando über eine Armeegruppe im Krieg von 1809 brachte ihn zwischen die Fronten Kaiser Franz I. und Ehz. Carl.
Seite 46 Gefecht bei Ebelsberg
Johann Freiherr von Hiller Armeegruppenkommandant (*10.6.1754, †5.6.1819)
Das Gefecht bei Ebelsberg
02.00 Aufbruch aus Linz
08.00 Hauptkolonne trifft in Ebelsberg ein
09.30 Schustekh erreicht das Harter Plateau
Erste Geplänkel bei Kleinmünchen
10.00 Österreichische Aufstellung vollendet
10.30 Schustekh erreicht Kleinmünchen
11.00 Österreicher und Franzosen drängen auf die Brücke
11.30 Einnahme des Torturms
12.00 Gefechtspause (15 Min.)
12.30 Gegenstoß Pirquets im Schlossgraben
13.00
Brigade Lesuire trifft ein Stürmung des Aufganges zum Schloss
13.30 Österreichischer Gegenangriff
Österr. Gegenangriff endet am Marktplatz (Abb. S. 66)
14.00
14.30
Ebelsberg wird angezündet
Division Legrand trifft ein
15.00 Rückzugsbefehl Schloss wird besetzt
16.00 Kampf im Markt beendet
18.00 Nachhutgefecht bei Asten
André Masséna Korpskommandant
(*6.5.1758, †4.4.1817)
Der Aufstieg des Sohnes aus ärmlichen Verhältnissen begann 1775 in der französischen Revolutionsarmee. Schon 1793 war Masséna General und verbuchte besonders im Italienfeldzug außergewöhnliche Erfolge. Für Rivoli erhielt er 1797 den Herzogentitel und wurde von Napoleon als „Enfant chéri de la victoire“ (Liebkind des Sieges) bezeichnet. Ein Jagdunfall 1808 kostete ihm ein Auge, das von einem Querschläger Napoleons getroffen wurde.
Masséna zählte zu den fähigsten Truppenführern, jedoch gleichzeitig zu den raffsüchtigsten Plünderern. Am 3. Mai kommandierte er sein Korps bei Ebelsberg.
Bei Aspern konnte er sich erneut auszeichnen und wurde dafür mit dem Titel „Fürst von Essling“ belohnt.
Masséna starb 1817 auf Schloss Rueil.
Seite 47 KAPITEL
Gefecht bei Ebelsberg
9
Zeit Österreicher Franzosen Zeit Österreicher Franzosen Übersichtliche Zusammenstellung des zeitlichen Ablaufs.
26 2 3 4 27 28 29 30 23 24 25 5 6 7 8 9 10 11 12 13 21 18 17 16 15 22 31 32 33 34 35 82 86 85 1 1B 87 83 84 36 37 38 76 75 80 81 46 79 77 78 74 73 72 39 71 70 40 41 42 43 69 47 48 49 68 67 66 51 55 53 55 54 50 56 65 60 59 57 58 64 62 61 44 45 46 20 19 A B (Feuchtwinkel) Straße nach St. Florian
Hohlweg
Mühlbach StraßenachWien
StraßenachKremsmünster
Traun
Taktische Gesichtspunkte der Stellung Ebelsberg
Gefechte bei Lambach und Wels (2. Mai) 12
„Am ganzen Innstrom findet sich nicht ein einziger Punkt, der an Festigkeit mit dem von Ebelsberg nur von ferne verglichen werden könnte. Diese Stellung ist eine der stärksten von Europa und in der Front fast unaufgreifbar.“1 Aus militärischer Perspektive konnte Ebelsberg im Falle eines Angriffs aus nordwestlicher (Linzer) Richtung als recht widerstandsfähige Stellung gelten. Schon allein die steil geböschten, 6-8 Meter breiten, 1,5 Meter tiefen Mühlbäche des vorgelagerten Ortes Kleinmünchen stellten bei Abbruch der Brücken ein ernsthaftes Hindernis dar. Dies galt umso mehr für die lange Traunbrücke. Wenn es gelang, sie abzubrennen, war ein neuerlicher Brückenschlag an dieser oder einer anderen Stelle kaum möglich.2 Dies mussten die Franzosen schon 18005 erfahren, als sie in Verfolgung der österreichischen Truppen den Fluss mit Pontons überquerten. Als Reduit der Stellung schützen die Mauern des Schlosses vortrefflich gegen Artilleriebeschuss, auch wenn sich die Anlage zum großen Teil
Ebelsberg 1 - Pfarrhof
Ebelsberg 1 B- Schulhaus
Ebelsberg 2 - Markthaus
Ebelsberg 3 - Schmied
Kleiber Willibald und Anna Maria
Ebelsberg 4 - Fischerhaus
Aichberger Mathias und Maria
Ebelsberg 5 - Doktor
Fenderl Karl und Franziska
Ebelsberg 6
Zöserl Thomas und Theresia
Ebelsberg 7- Rennerfischerhaus
Renner Josef und Maria Anna
Ebelsberg 9
Schönberger Johann und Barbara
Ebelsberg 10
Aufischer Mathias und Magdalena
Ebelsberg 11
Mayrhofer Franz und Franziska
Ebelsberg 12
Gasthaus „Zum grünen Baum“
Pölzl Johann und Maria
Ebelsberg 13 - Bäckerhaus
Moser Matin und Magdalena
Ebelsberg 14
Stöckl beim Mauthaus
Löschenkohl Georg und Margarethe
Ebelsberg 15 - Mauthaus
Das Mauthaus mit dem Tore, über welchem Wohnräume waren, gehörte stets der Herrschaft Schloss Ebelsberg
Ebelsberg 16 - Lackerbauer
Madlschändter Johann und Maria
Ebelsberg 17 - Fleischhauer
Wampl Josef und Maria
Ebelsberg 18
Gasthaus „Zum Blauen Hecht“
Hasinger Johann und M. Franziska
Ebelsberg 19
Inleuthäusl zu Ebelsberg 18
Ebelsberg 20
Aufischer Josef und Klara
Ebelsberg 21 - Ledererhaus
Marktrichter
Schweinbach Josef und Zäzilie
Ebelsberg 23 - Schuhmacher
Langmayr Franz
Ebelsberg 24
Kniemos Franz und Anne Marie
Ebelsberg 25
Gasthaus „Zum schwarzen Adler“
Fischlmayr Franz und Theresia
Ebelsberg 26
Gasthaus „Zum goldenen Kranz“, In den Pfarrbüchern ist bis 1817 die Benennung „Schneider und Krämer.
Kluppenecker Georg und Theresia
Ebelsberg 27
Gasthaus „Zum goldenen Hirschen"
Zwischen diesem Hause und dem Nachbar 28 war der gedeckte Stiegengang vom Schlosse zum Markte, der 1809 nächste Veranlassung zum Brande des Schlosses wurde.
Schütz Mathias und Anna
Ebelsberg 28
Gasthaus „Zum goldenen Greif“
Panigl Franz und Elenora
Ebelsberg 29
Gasthaus „Zum goldenen Stern“
Höfer Filipp und Rosina
Ebelsberg 30
Weber und Greisslerei
Ebelsberg 31
Bäcker- und Gastgewerbe
Eglseer Theobald und Barbara
Ebelsberg 32
Gasthaus Fiechtl Anton Maria Anna
Ebelsberg 33- Fleischhauerei
Breselmayr Johann und Anna
Ebelsberg 34 - Krämerei
Franz und Josefa Oberherber
in einem sehr schlechten, ja verwahrlosten Bauzustand mit morschen Toren und verfallenden Zwingern befand. Der in nordöstlicher Richtung anschließende Gloriettehügel, heute durch Baumbewuchs kaum mehr als solcher kenntlich, bot noch 1809 eine gute Aussicht auf die Brücke und die Gelegenheit, dort Artillerie auffahren zu lassen. Hingegen existierte die Terrasse an der Westfront des Schlosses, wohin in manchen Darstellungen fälschlicherweise eine Batterie verlegt wird, zu jenem Zeitpunkt noch nicht. Der Ort selbst „war trotz seiner Kleinheit infolge der teilweise recht schmalen, im Winkel gebrochenen Gassen, welche in ihren Engen leicht zu verrammeln waren, für einen hartnäckigen Straßenkampf wie geschaffen.“3 Die massiven Häuser am Brückenkopf boten schon von sich aus eine gute Position zur Bestreichung des Flussüberganges. Als zweiter neuralgischer Punkt einer Defensivstellung kann das Ennser Tor gesehen werden, welches den östlichen Marktausgang zwischen den Häusern Ebelsberg 33 und 85 bildete.
Ebelsberg 35
Gasthaus „Zum schwarzen Elephanten“. Es wurde 1809 demoliert und nicht mehr aufgebaut. Der letzte Besitzer Pfaller Andreas und Anna Maria übersiedelte durch Kauf in das Sternwirtshaus (Ebelsberg 29)
Ebelsberg 36
Zum Schwarzen Rössl
Gasthaus und Krämerei
Hölzlberger Georg und Rosalia
Ebelsberg 37- Hafnerhaus
Hacker Ignaz und Anna
Ebelsberg 38 - Bürgerspital
Bei dem feindlichen Einfalle 1809 erlitt auch das Spital großen Schaden und blieb lange Zeit eine Ruine. Im Jahre 1821 verkaufte der Markt einen Teil dieser Ruine zum Bau eines neuen Hauses
Ebelsberg 39 - Sailerei
Hofbauer Johann und Josefa
Ebelsberg 40 - Tischlerei Anton und Theresia Soher.
Ebelsberg 41
Glaserer: Josef und Theresia Kastl
Ebelsberg 42
Gasthaus „Zum blauen Bock“
Danmayr Filipp und Katharina
Ebelsberg 43 - Stöckl zu Haus 42
Ebelsberg 44 - Amtmannhaus der Schloßherrschaft
Ebelsberg 45 - Mairhof
Er stand im jetzigen Schlosspark und verschwand im Jahre 1809.
Ebelsberg 46
Mayrjörg Bartholomäus und Sophie
Das Haus lag in der Nähe des jetzigen Feuerwehrdepots, [...] Das Haus wurde 1809 durch den Feind dem Erdboden gleich gemacht.
Ansicht Ebelsbergs, gezeichnet von Norbert Pertlwieser (zugunsten der Übersichtlichkeit wurde nicht auf die perspektivische Verzerrung geachtet).
Ebelsberg 47 - Schneiderei
Heindl Franz und Magdalena
Das Haus wurde 1809 bei Errichtung der Schanzen ganz weggebrochen und die Straße über den Baugrund gezogen. Es stand zwischen dem jetzigen Feuerwehrdepot und dem Hause 48.
Ebelsberg 48
Das Haus war ein Spital mit Kapelle zur heiligen Elisabeth. Es wurde 1809 zerstört und nicht mehr aufgebaut.
Ebelsberg 49
Zöserl Franz und Theresia
Ebelsberg 50
Schuster beim Brunn Kastenhofer Franz und Anna Maria
Ebelsberg 51
Auerbach Lorenz und Gertrud
Ebelsberg 52
Taglöhner und Handwerker, (Maurer, Zimmermann und Schuhmacher).
Jäger Simon und Theresia
Ebelsberg 53 - Häusl beim Brunn Schmuck Johann und Sabina
Ebelsberg 54 - Handwerkerhaus (Seiler, Maurer, Rauchfangkehrer).
Hartlbrunner Gottfried und Anna Maria
Ebelsberg 55
Huebmer Jakob und Barbara
Ebelsberg 56
Wohnstätte des Hofzimmermeisters
Ebelsberg 57
Kremsmair beim Zieglstadl
Zurucker Georg und Theresia
Ebelsberg 58 - Pierleitnerhaus
Ebelsberg 59
Puechner Mathias und Katharina
Ebelsberg 60 - Pfarrhofgütl
Ebelsberg 61 - Ploihof
Huber Michael und Theresia
Ebelsberg 62 - Spitlmairhof
Herzog Josef und Anna Maria
Ebelsberg 63 - Spitlmairhäusl
Ebelsberg 64 - Mair in Graben
Huber Michael und Theresia
Ebelsberg 65
Häusl beim Zieglofen, Angermayr
Ebelsberg 66
Zehentner Josef und Kathariena
Ebelsberg 67- Marktmühle
Aichinger Johann Georg und Elisbeth
Ebelsberg 68
Führhapper Mathias und Elisabeth
Ebelsberg 69
Schlossermeisterhaus
Gehböck Johann und Anna
Ebelsberg 70
Hufschmied „der äußere Schmied“
Erhard Johann Michael u. Maria Anna
Ebelsberg 71 - Fürkäuflergewerbe
Huebmer Jakob und Anna Marie
Ebelsberg 72
Mitterbauer Georg und Katharina
Ebelsberg 73 - Sattler
Fuchs Johann und Magdalena
Ebelsberg 74 - Weberhaus,
Aichinger Johann und Rosalia
Ebelsberg 75 - Innerer Schmied u. Wirt
(Weißes Lampl) (1809 dem Erdboden gleich gemacht (1814 erst wieder errichtet) Frühwirth Franz u. Elisabeth
Ebelsberg 76 - Tischlerei
Stumer Simon
Ebelsberg 77 - Färberhaus
Anton und Theresia Oberngruber
Wurde 1809 vollkommen zerstört und nicht mehr errichtet.
Ebelsberg 78
Gstöttinger Peter und M. Anna
Ebelsberg 79- Besenbinder
Kniemos Philipp und Marie
Ebelsberg 80
Hamberger Simon und Maria
Ebelsberg 81
Seidlinger Sebastian und Magdalena
Ebelsberg 82 - Binderhaus
Haider Michael und Barbara
Ebelsberg 83
Wiser Mathias und Klara
Ebelsberg 84
Reiter Peter und Katharina
Im Kriegsjahre 1809 wurde das Haus ganz rasiert und 1815 erst wieder aufgebaut
Ebelsberg 85 - Totengräberhäusl
(Totengräber Kaltenberger Georg)
Ebelsberg 86 - Oberes Markttor
Im Pfarrbuche für 1807 findet sich eine Wohnpartei verzeichnet mit dem Vermerk „vorhin Gerichtsdienerwohnung“. Unter diesem Tor (auch Ennser Tor genannt) war 1809 der heftigste Kampf. Nachher verschwand Tor und Wohnung darüber für immer.
Ebelsberg 87 - Kornblum
Handelshaus und Gasthaus „Zum weißen Rößl“ genannt. Tagwerker Philipp und Anna Maria
A - Holz gedeckter Gang zum Schloss
B - Trauninsel mit Abbrücken
Seite 49 Gefecht bei Ebelsberg
Der Ebelsberger Brückenkopf von heute: Die Brücke lag 1809 etwa 20 Meter flussabwärts. Durch das Linzer Tor (A) führte die Straße auf den Marktplatz. Halblinks erhob sich der Weg zum Schloss (B), daneben führte der Promenadenweg zu den Schlossgräben (C). Zwischen den Häusern 28 und 29 (D) führte der holzgedeckte Gang in den Zwinger. Der Marktplatz (E) hat sein Gepräge bis heute in weiten Teilen erhalten.
wie die Durchzugsstraße im Markt war dieser Hohlweg vom Schloss nicht einsehbar. Folgte man aber dem Ver lauf der Postroute, trat diese bald aus dem Hohlweg her aus, erreichte das Plateau und zog sich anschließend in sanfter Steigung auf den wegen der Kasernenbauten der 1940er-Jahre nicht mehr kenntlich. Sie querte den Verlauf der heutigen Wiener Straße etwa bei der noch bestehenden Annakapelle.
Ein Amphitheater
Für Cadet Gassicourt, einen Apotheker, der im Gefolge der Grande Armee nach Ebelsberg kam, glich der Ort mit den dahinter liegenden Höhen einem Amphithea ter, ten Platz von einer 42.000 Köpfe zählenden Streitmacht besetzt waren.
Allerorts sah man Rauch von den zahlreichen Feuern auf steigen. Die Truppen bereiteten ihr Frühstück, während die Artilleriebeobachtungsposten von ihrer Stellung am
Artilleristen, die noch immer mit ihren Ferngläsern den nordwestlichen Horizont beobachteten. Ihnen war nicht
Seite 52
Gefecht bei Ebelsberg
entgangen, dass die Aufstellung am Kleinmünchner
Traunufer einzig der verspäteten Nachhut Schustekhs galt. Man brauchte kein militärisches Genie sein um zu erkennen, wie prekär die Lage war. Solange die Brücke noch stand, musste man mit dem Schlimmsten rechnen.
Wettlauf gegen die Zeit
Endlich! Bei Bergham! Die Kolonne Schustekh. Im Eilmarsch trachtete sie nach dem Traunübergang. Nun konnte man wieder hoffen. Nur noch wenige Kilometer. Verständlicherweise hatte sich Schustekh beeilt, seine Truppe über die Ebene nach Kleinmünchen zu bringen. Man war schon die Nacht hindurch marschiert und musste jetzt, da sich die Feindlage zunehmend bedrohlicher entwickelte, nochmals an Geschwindigkeit zulegen. Die abgemattete Infanterie gab ihr Letztes, um den schützenden Gürtel hinter Radetzky zu erreichen. Ihr Marsch geriet nun zum Wettlauf gegen die Zeit. Würde es ihnen
gelingen, die Brücke noch rechtzeitig zu erreichen?
Indessen schwenkten die Artilleristen ihre Fernrohre Richtung Linz, wo sich plötzlich eine Staubwolke entlang der Straße erhob. Ehe sie sich lichtete, die Gewissheit: Der französische Heerwurm - die Reiter Marulaz’! Drei französische Regimenter, die 14., 19. und 23.Chasseurs a cheval, dahinter die rheinbündische Kavallerie hielten im Galopp auf Kleinmünchen zu. Während man die Szenerie vom Schlossberg zwischen Hoffen und Bangen beobachten konnte, lagen die Plänkler in ihrer Stellung beim Scharlinzerwald. Als Außenposten der Nachhut kannten sie ihre Rolle nur zu gut. Die Traunbrücke lag in einer für sie unerreichbaren Entfernung. Ein Anschließen an die Masse ihrer Brigade war ebenso unwahrscheinlich. Die Männer waren auf sich allein gestellt. Umso verbissener wehrten sie sich. Da näherten sich schon die feindlichen Spitzen. Wohlgezielte Schüsse warfen Mann für Mann aus dem Sattel. Marulaz erkannte die Aussichtslosigkeit
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Gefecht bei Ebelsberg A B E C D
Jacob-François Marola genannt: Marulaz (*6.9.1769, †10.6.1842)
Eines von vier Gemälden im Grand Salon der Villa Masséna in Nizza zeigt den Marschall im Gefecht bei Ebelsberg. PaulLouis-Narcisse Grolleron (*1848,†1901) schuf dieses Bild im Auftrag von Massénas Enkel 1901.
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Gefecht bei Ebelsberg
Um Pirquet, der von seinen Kameraden tot geglaubt wurde, fielen auch die wenigen anderen Offiziere. Führerlos geworden zog sich der Rest zurück. Gefolgt von den Franzosen, deren Gros schließlich in den Burggraben bog in der Meinung, auf diesem Weg zum Schloss zu gelangen. „Doch führte sie ihr Weg in den Vormarkt, wo es um diese Zeit schon recht schlecht um die Sache der Division Claparède stand.“38
Im Schlossgraben
„Wenige hundert Schritte seitwärts des Talgrabens, nicht weit hinter den von Simbschen vorgeführten Sechspfündern, steht die Abrichtungsdivision von Karl Schröder, 400 polnische und mährische Rekruten. Vor ihrer Front hält Hauptmann Siegler mit seinen Offizieren. Als vor wenigen Jahren Karl-Schröder-Infanterie in Linz und Umgebung in Garnison lag, da war Hauptmann Sieglers Kompagnie in Klein-München als Unterkunft zugewiesen. Wie wohl vertraut war ihm daher das Schloß und seine Umgebung! Und nun bespricht er mit seinen Herren, wie gefährlich es für die beim Ortsausgange kämpfenden österreichischen Truppen wäre, wenn der Gegner unbemerkt durch die zwei tiefeingeschnittenen Gräben vorgehend, an ihrer Wurzel erscheine und von dort aus den Österreichern im Orte in die Flanke und in den Rücken fallen würde. Da ertönt in dem Talgraben vor ihm heftiger Gefechtslärm, bald untermischt mit wildem Siegesjubel der Franzosen. Die Leute Pirquets kämpften dort ihren letzten Kampf. Siegler, dessen Rekruten man wenig Kampfkraft zugetraut hat, […] hat zwar den Befehl hier stehen zu bleiben, um eventuell der Brigade Hammer als Unterstützung zu dienen, aber nun gibt es für die braven Offiziere kein Halten mehr. Er bricht mit seinen Rekruten durch die vor ihm haltenden 4 Eskadronen Carl-Ulanen und dann rasch wieder zusammenschließend, führt er sie im Sturmschritt gegen den oberen Ausgang des Grabens vor. Es war die höchste Zeit. Denn mittlerweile war es auch am Ost- und Südausgange des Ortes, beim Friedhofe und bei der Hohlwegkreuzung, zu hartem Kampfe gekommen.“39
Überraschte Österreicher
Am Ennsfeld lagerten die kaiserlichen Truppen in beschaulicher Ruhe. Die Strapazen der vergangenen Tage hatten ihnen sehr zugesetzt. Lange Märsche – auch bei Nacht – der Regen und die Nässe im Biwak, dazu der akute Verpflegsmangel. Man war froh, endlich bei strahlendem Sonnenschein etwas Ruhe einkehren lassen zu können. Durch die Traun und die Vortruppen im Markt
glaubte man sich hinreichend gesichert. Es war Zeit zum Abkochen, denn endlich stand genügend Proviant zur Verfügung. Der Kanonendonner und das Knattern der Musketen störte sie dabei nicht weiter…
„Die Wiener Freiwilligen am Wege nach St. Florian waren am ehesten mit ihrer Menage fertig. Standen sie doch weitaus am längsten auf ihrem Platze. Der erfahrene Küffel ließ auch seine Leute, als sie des Leibes Notdurft befriedigt hatten, die Gewehre ergreifen und die Offiziere eintreten. Dann allerdings durften sich die Leute wieder niederlegen. Aber mit den Waffen in der Hand. Man konnte nicht wissen …
Selbst horchte der alte Kriegsmann mit gespannter Aufmerksamkeit auf die anscheinend sich immer mehr nähernde Musik, betrachtete mit immer größer werdender Spannung die in ziemlicher Unordnung aus dem Orte zurückgehenden Abteilungen;
‚Salis, weiß Gott, die Geschichte gefällt mir nicht recht’, wendete er sich an den neben ihm stehenden jungen Kommandanten des 4. Bataillons. ‚Ich glaube der Hiller nimmt die Sache ein bißchen gar zu gemütlich.’
‚Über die Traun kommt man doch nicht so leicht, wenn die Brücke abgebrannt ist’, meint der Angeredete. ‚Abgebrannt ist’, wiederholt der alte Kriegsmann, ‚siehst du sie schon brennen?’ ‚Kann man bei den Massen von Pulverdampf, die sich dort zusammenballen, wohl kaum sehen.’
Ein leises Lächeln huscht über Küffels wetterharte Züge. ‚Holz, zumal nasses Holz, macht ganz anderen, dunkleren Rauch als Pulver’, sagt er dann.
Plötzlich schauen beide gespannt auf die Friedhofsmauer. War das nicht ein Tschako, der dort aufgetaucht ist?
Allerdings, auch die Leute von Splény und Benjovszky haben Tschakos, aber es schien, als hätte er Busch und Pompon und Behänge. Und warum verschwand er denn so rasch wieder. Da wieder und da wieder einer und der Kerl, der dort beim Hohlweg herauslugt, hat der nicht einen grauen Kapotmantel über? ‚Himmelherrgott, das sind ja…!“40 Blitzartig durchfuhr die in den Senke zwischen Friedhof und Ziegelhub41 lagernden Wiener Freiwilligen der Schrecken: Die Franzosen traten zu Dutzenden, Hunderten aus dem Hohlweg, kamen aus den Gärten, eröffneten das Feuer. Ihr so plötzliches Auftauchen überraschte selbst die erfahrenen Landwehrmänner. Doch das Gros der Armee hatte von den bedrohlichen Vorgängen nichts mitbekommen. Es lagerte noch immer ahnungslos auf freiem Feld ohne irgendwelche Anstalten zu treffen. Aber Salis und Küffel erkannten den Ernst der Lage und machten ihre Leute gefechtsbereit. Salis ließ die Bajonette fällen. „Landwehrmänner, jetzt gilt
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Gefecht bei Ebelsberg
Vormarkt. Ein Geschütz wurde erbeutet. Doch je tiefer Legrand eindrang, desto heftiger konzentrierte sich der Widerstand. Es entbrannte ein Kampf Haus um Haus. Da erhielten die Österreicher unerwarteten Nachschub an Munition. Rasch war sie verteilt und die Truppen von neuem Eifer beseelt. Ihrem Angriff konnten die mittlerweile sehr zersplitterten Franzosen nicht standhalten. Das Ennser Tor ging ebenso wieder in österreichischen Besitz über wie die soeben erbeutete Kanone. Aber an ein weiteres Vordringen war nicht zu denken. Am Marktplatz hatte sich bereits eine geschlossene Linie gebildet, die jeden Versuch der Österreicher, aus dem Tor herauszubrechen, vereitelte. „Doch war die Lage der Franzosen wieder eine recht ungünstige geworden. Beim Ausgang der Brücke staute sich die Menge, ein großer Teil der Häuser am Hauptplatz stand bereits in Flammen, de -
Bild links:
Der Kanonier von Ebelsberg
Ludwig Haase (*1827 Lambach, †1907 Linz)
Öl/Leinwand, 87,3 x 60,6 cm
Im Hohlweg, wo ein einzelner Kanonier mit seinem Geschütz die Stellung hielt, entstand eine Legende. Die des „Kanoniers von Ebelsberg“. Die Sage verlegt das Geschehen an die Brücke, wo sie genauso wie das Gemälde eine reißendere Dramaturgie erhält: „Lenk […] jagte Schuß um Schuß gegen den Feind. Dreimal hintereinander räumte er so die Brücke. Die hochgehenden Fluten der Traun waren rot vom Blut und den Röcken der Franzosen. Diese wurden durch den unerwarteten, verlustreichen Widerstand aufs höchste erbittert, und ein Oberst schwur: ‚Der Kerl hängt, wenn wir ihn fassen!’, ließ auch aus Wut den Markt niederbrennen. Lenk aber zog sich, beständig feuernd, zuerst in den Hohlweg der Straße über den Schiltenberg, dann auf deren Scheitel zurück und deckte dabei durch zielsicheres Feuer den Rückzug der Seinen. Er wurde als Held hoch gefeiert, mit der Silbernen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet, in den Offiziersrang befördert und brachte es bis zum Stabsoffizier seiner Waffe.“ (OÖHBl 3/4/1967, 51f) Mehr Glaubwürdigkeit ist Pfarrer Vorauer zu schenken: Wie er berichtet, soll in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts ein invalider, verarmter, mit der Tapferkeitsmedaille dekorierter Veteran herumgezogen sein, dessen Erzählungen sich mit der Waffentat im Hohlweg (!) deckten.. Nach Lenk wurde 1941 eine Straße der Ebelsberger Wambachsiedlung benannt.
Ein Zettel auf der Rückseite des Gemäldes verzeichnet: Ludwig Haase, Linz, Clammstraße 3, Letzte Szene aus der Bataille von Ebelsberg 3. Mai 1809, 160 fl.
ren Hitze den Aufenthalt schwer erträglich machte.“58 Während sich die Situation im inneren Markt festgefahren hatte, kam auch der Angriff auf das Schloss kurzzeitig zum Erliegen. Im schmalen Weg, dessen Aussicht durch Planken und Mauern beschränkt war, sah sich die Tete der Kolonne von Zimmerleuten und drei Karabinerkompanien bald mit heftigem Gewehrfeuer aus den beiden Schießscharten neben dem Tor konfrontiert.
Erstürmung des Schlosses
Oberst Pouget berichtet in seinen Memoiren: „Wir wurden mit einer Salve von Musketen empfangen, die von unter dem Eingangsgewölbe gekommen war.
Aber ich muß zuerst versuchen, die Örtlichkeit zu beschreiben, wo wir uns befanden. Das Haupttor dieses Schloßes befand sich in der Rammung eines Gewölbes, 18 bis 20 Fuß hoch, 14 bis 15 Fuß breit und genauso tief. Hinten befand sich eine starkes Holztor mit zwei Flügeln, und darüber ein kleines vergittertes Fenster, von 2 Schießscharten umringt, aus denen die Österreicher aus kurzer Entfernung auf uns schossen. (Durch unsere Aufstellung hatten vor allem die ersten drei Kompanien des 1. Bataillons sehr zu leiden). Ich gab den Pionieren den Befehl, trotz des feindlichen Feuers das Tor zu stürmen. Es war nicht etwas, was man sofort erledigen konnte. Währenddessen gab es immer mehr Tote. Ich gab meine Befehle, indem ich auf einem Haufen Leichen stand. Ich rief einen Offizier der Voltigeurs, den ich als guten Schütze kannte und positionierte ihn neben mir, ließ ihm Gewehre zukommen, die er immer wieder zurückgab, sobald sie verschossen waren, und so nichts anderes machte, als auf diese Schießscharten zu schießen. Diese Maßnahme, an der sich auch andere Offiziere und einige weitere gute Schützen beteiligt hatten, führte schnell zum Erfolg: Das die Feuer aus dem Schloß klang ab. Während dieser Zeit - die Pioniere waren dabei, Lö-
Diese Fahne (aus den Beständen des HGM) erbeutete der Tischler und Wr. Freiwillige Franz Eiselein in einer tollkühnen Aktion (siehe Seite 76).
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Lit.: Pichler, Isfried H.: Schlägler Gemäldekatalog, Linz 1987 Schmidt: Linzer Kunstchronik 1, 147
Gefecht bei Ebelsberg
Bivouac de Napoleon
Ier près du château d’Ebersberg, 4 mai 1809
Antoine Pierre Mongin (*1761, †1827) Öl/Leinwand 135x203 cm
Mongin hebt sich von anderen zeitgenössischen Künstlern ab, indem er nicht das Kampfgetümmel sondern den Empfang der österreichischen Delegation durch Napoleon aufgreift. Zwar stimmt die Wiedergabe des Terrains nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten überein (zudem auch am Schloss keine Beschädigungen zu erkennen sind), doch der Künstler vermag neben der detaillierten Darstellung der Uniformierung auch die Atmosphäre des Morgens danach sehr gut zu transportieren. Der Kaiser ist eindeutig zu erkennen, umgeben von Berthier, Bessières, Oudinot und Roustan, dem Mamelucken mit weißem Turban. Am linken Bildrand ist die österreichische Abordnung.
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Gefecht bei Ebelsberg
Seite 81 Gefecht bei Ebelsberg
Kooperator Vorauer und Pfarrer Zitterl flüchteten während des Gefechts nach Fleckendorf in der Gemeinde Ansfelden. Ansicht des Pfarrhofes mit seinem angrenzenden Garten von der Umfassungsmauer, um 1930.
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Erinnerungen des Ebelsberger Kooperators
den Mühlbach watend, der mir zum Leibe ging. So kam ich auf die Marktmühlenwiese and nachdem ich einen verwundeten, nur um Wasser flehenden Österreicher aus meinem Hute mit Wasser erfrischt hatte und endlich öfters angehalten, doch nicht mißhandelt nach Fleckendorf zum Bauer, wo ich bereits meinen Herrn Pfarrer als Bauer fand; denn ihn hatten die Franzosen fast ganz ausgezogen, was mir nicht widerfahren war. Nur ein Einwohner fand seinen Tod. Er wurde, als er bittend die Hände zusammenhielt, durch beide Hände, ob zufällig oder vorsätzlich, ist ungewiß, geschossen und starb an den Folgen dieser Verwundung. Die meisten Einwohner hatten schon vor dem Treffen den Ort verlassen. Die wenigen, die in den Häusern versteckt waren, wurden zwar um Geld gequält, wohl auch mißhandelt, doch keiner wurde bedeutend verwendet und Kinder wurden gar nicht belästigt. Dies zur Ehre des Feindes.
Ebelsberg in Asche
Das Feuer hatte sich indessen nach allen Seiten verbreitet, gegen die Brücke zu und durch den Pfarrhof, Kirche und Schule in den Vormarkt. Im inneren Markt brannte alles nieder. Im Vormarkt war das letzte auf der einen Seite das Bockwirtshaus, auf der anderen das Hufschmiedhaus. Die übrigen blieben verschont. Das Schloß wurde vermutlich durch den hölzernen Gang, der vom Markt hinaufführte, angezündet. Der herrschaftliche Meierhof und das Gerichtshaus, welche damals dort standen, wo jetzt das Gartenhaus ist, brannten nicht ab. Es mag 3 bis 4 Uhr gewesen sein, als bereits alles in Asche lag. Der Zweck des Anzündens wurde erreicht. Als das Feuer die Häuser bei der Brücke ergriffen hatte, konnte nichts mehr durchkommen, am allerwenigsten, was für den Feind das Nützlichste gewesen wäre, Artillerie und Kavallerie. Nach der Schlacht von Aspern kam ein badischer Artillerieleutnant, der mit einigen Gemeinen von seiner Kompagnie allein noch übrig geblieben war und nach Hause heimkehrte, nach St Florian ins Quartier. Dieser hatte das französische Legionskreuz und erzählte, daß er es bei Ebelsberg erworben habe, indem er, als die Passage durch das Feuer gehemmt war, schnell von der großen Brücke hinab gegen das Ufer eine Brücke zuwege brachte, auf welcher selbst Artillerie passieren und so den brennenden Markt umgehen konnte. Die Österreicher hatten sich indessen langsam, mehr beobachtet als verfolgt, gegen Asten zurückgezogen und gingen während der folgenden Nacht über die Enns zurück. Vorposten standen noch um Mitternacht bei Asten. Dann wurden auch diese eingezogen und die Brücke über die Enns abgebrannt.
Schon gegen Abend dieses Tages kamen Garden und Kürassiere, welche zu Wels über die Traun gegangen waren, um Ebelsberg an und blieben da in den Dörfern liegen, bis nach zwei Tagen die Brücke zu Enns hergestellt war. Die Infanterie lagerte zwischen Enns und Ebelsberg. Napoleon war die Nacht nach dem Treffen höchstwahrscheinlich, man kann sagen, gewiß, im Baumgartnerhaus. Der noch lebende damalige Besitzer dieses Hauses erzählt, daß er, als er sich in das Haus einschlich, um zu sehen, wie es stehe, gesehen habe, wie man einem hohen General mit höchsten Ehren begegnet sei. Dieses war Napoleon, der am folgenden Tage schon vormittags in Enns ankam und im Schlosse sich einquartierte.
Grauenhafter Anblick
Das Schlachtfeld war ein grausenhafter Anblick. Selbst vielerfahrene Soldaten versicherten, nie auf einem so kleinen Fleck so viel Leichen gesehen zu haben. Vorzüglich viele derselben gab es am Vormarkttore, dann dort, wo jetzt der herrschaftliche Kasten steht und im Badergäßchen und um das Baderhaus herum, vermutlich wegen hartnäckiger Verteidigung dieses für die auf dem Platz Aufgestellten so wichtigen Punktes. Im innern Markt lagen fast nur Franzosen, nur hie und da Österreicher. Der damalige Besitzer der Marktmühle, welche nicht abbrannte, erzählte, er habe nach seiner Rückkehr, die ein paar Tage nach dem Treffen geschah, beiläufig 50 Leichen aus seinem Garten und Hause in die Traun werfen lassen. In jedem Bette seines Hauses lag ein verwundeter oder toter französischer Offizier, in seinem eigenen Bette ein toter Oberst, wie man ihm sagte. In dem österreichischen offiziellen Bericht wird der Verlust der Franzosen beiläufig auf 4000 Mann angegeben, worunter 1400 Gefangene. Es kämen also auf Tote und Verwundete 2600 Mann. Dies scheint zu gering zu sein. Beim Obergange über die Brücke wurden gewiß sehr viele durch das Kartätschenfeuer der Österreicher getötet oder schwer verwundet und von den Nachrückenden in den Strom geworfen. Als man nach einigen Tagen endlich Anstalt traf, die Leichname wegzuräumen, wurden 2200 Leichen nicht begraben, sondern in die Traun geworfen, so daß die Ufer der nahen Donau eine gute Strecke hinab durch die ausgeworfenen Leichen wie eingefaßt waren. Überdies war Linz schon am Abend des Schlachttages mit Leichtverwundeten angefüllt, fast nur Franzosen, die sich vom Schlachtfelde hinweggezogen hatten. Die Schwerverwundeten wurden erst nach einigen Tagen gesammelt und nach Linz gebracht.
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Erinnerungen des Ebelsberger Kooperators
Der Hauseigner des Baumgartnergutes Mathias Mathe ließ eine zweisprachige Tafel über dem Hauseingang anbringen, die noch heute auf die Übernachtung Napoleons hinweist. Er selbst habe als Kind den Kaiser zu Gesicht bekommen.
Seite 98 Napoleon am 3. Mai 1809 in Ebelsberg
Der Napoleonhof
Pfarrer Vorauer schreibt, der damalige Besitzer des Baumgartnergutes (1799-1827), Mathias Mathe hätte ihm glaubhaft versichert, „daß er, als er sich in das Haus einschlich, um zu sehen, wie es stehe, gesehen habe, wie man einem hohen General mit höchsten Ehren begegnet sei.“ Es sei dies Napoleon gewesen, der sich schließlich in eine Kammer des Hofes zurückzog. Gemäß dieser Legende bestand dem Kaiser zu Ehren bis 1996 ein „Napoleonzimmer“, eingerichtet mit Mobiliar und mancherlei zeitgenössischen Relikten. „Wir stehen im Napoleon-Stübchen“, schreibt ein Besucher des Zimmers, „neben uns die hübsche, kraftvolle Urenkelin des kleinen Buben, den Napoleon gesehen. Liebenswürdig gibt sie jede gewünschte Erklärung,
die ihre Mutter noch durch Überlieferungen ergänzen kann. Das Stübchen ist noch Original. Das Bett, in dem Napoleon geschlafen, zeigt Empirestil, der zerschlissene Lehnstuhl, in dem er geruht, ist noch da, ja selbst die zwei Uhren in Empire, die Napoleon die Zeit gewiesen, stehen mit zerbrochenem Säulchen auf der Kommode. Oben auf dem Plafond, inmitten eines Lorbeerkranzes die Worte: Am 3 Mai 1809 zog in dieses Zimmer Bonaparte , Kaiser der Franzosen, ein. Ober dem Bette das Bild eines höheren Offiziers mit dem Theresien-Orden. Vermutlich: Freiherr von Cesenitavo, der ehemalige Oberleutnant Pirquet, 19 der in der Schlacht die Abteilung Coëhorns zurückgeworfen und die von den Franzosen besetzten Häuser im Sturme genommen hat. Er erhielt dafür den Theresien
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Napoleon am 3. Mai 1809 in Ebelsberg
Der Napoleonhof in Gottschalling. Die Volksüberlieferung weiß zudem von der Übernachtung Napoleons in Ansfelden (dort gibt es ebenfalls einen „Napoleonhof“ sowie eine „Napoleonsiedlung“). Allerdings ist dies historisch auszuschließen.
Mit dem Rückzug hinter die Enns hatte Hiller seine Armeegruppe vor der Vernichtung retten können. Nun galt es, sich der Verteidigung der Reichshauptstadt zuzuwunden. Die Hauptarmee war zum Zeitpunkt des Gefechts bei Ebelsberg im Raum Budweis gestanden und setzte nun ihren Marsch auf Wien fort. Die Skizze veranschaulicht die Truppenbewegungen.
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Hinter die Enns!
Kronstorf ab, um jene Furt zu gewinnen, die schon FM. Khevenhüller am 31. Dezember 1741 und die französische Reiterei 1805 zum Durchwaten der Enns genutzt hatten. Infolge des Hochwassers fanden sie den Übergang allerdings unpassierbar.
Wenig später traf auch französische Infanterie am Ort des Geschehens ein und begann sich am Ufer und auf der Anhöhe südlich Enns einzunisten. Sie wurde durch 2 Geschütze auf der Höhe, 4 am Ufer unterhalb des Schlosses und einer Haubitze am Brückentor verstärkt, die mit einer heftigen, aber wenig wirksamen Kanonade der österreichischen Stellungen begann. Die Österreicher erwiderten das bis 11.00 Uhr dauernde Feuer nur sporadisch.
Erst zu Mittag begann ein regelrechtes Scheibenschießen: „Da die Brücke, obwohl lichterloh brennend, noch immer stand, gedachten sie [die Franzosen] nun dem schwachen österreichischen Detachement à la Ebelsberg mit dem Bajonette an den Leib zu rücken. Da sie aber keinen Beruf in sich fühlten, wie der legendäre Salamander unverletzt durch die Flammen zu wandeln, brachten sie die große städtische Feuerspritze heran und versuchten damit den Brand zu löschen. Aber die Deutschmeister waren übel aufgelegt und verdarben ihnen den Versuch, der städtischen freiwilligen Feuerwehr Konkurrenz zu machen. Sie schossen einfach die Spritzenleute weg. Da verging den anderen die Lust diese Feuerwehrübung fortzusetzen. Bald darauf klatschten
die letzten brennenden Tragbalken in das aufzischende Wasser und die Joche brannten nun bis zum Wasserspiegel nieder.“4 „Überhaupt zeigten die Franzosen im Laufe des Tages wenig Lust zu einem gewaltsamen Übergang.“5 Die beiden zaghaften Versuche, etwa einen Kilometer unterhalb der Stadt sowie bei Kronstorf (Übergangsstelle als „Krukersdorf“ bzw. Krackersdorf“ bezeichnet) die Enns zu übersetzen, scheiterten an der heftigen Gegenwehr der Österreicher und nahmen den Franzosen die Lust an der Weiterfahrt. Bis zum Einbruch der Dunkelheit wurden Salven ausgetauscht, ohne jedoch der gegnerischen Seite namhafte Verluste zuzufügen. Noch vor 20.00 Uhr zog sich die Abteilung unbemerkt vom Feind zurück. Da es den Husaren nicht gelungen war, auch nur ein Fuhrwerk aufzutreiben, mussten 14 nicht marschfähige Verwundete dem Gegner preisgegeben werden. Ebenso gerieten 15 Mann des zurückgelassenen Nachrichtendetachements in Gefangenschaft. Klopstein wurde für sein Standhalten mit dem Theresienorden und dem Prädikat „Edler von Ennsbruck“ bedacht. Immerhin konnte die Wacht an der Enns ein rechtzeitiges Löschen des Brückenbrandes verhindern und damit dem Gegner eine erhebliche Verzögerung bereiten.
Endlich glückte es den Österreichern, im Feldzug von 1809 bei Enns eine Brücke rechtzeitig und gründlich zu zerstören. Ansicht der Stadt Enns und ihrer Brücke von Ludwig Seitle um 1840.
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1 Rauchensteiner entwirft in seiner Dissertation ein scharfes Charakterbild Hillers. U.a. scheint Hiller immer wieder von plötzlicher Krankheit heimgesucht worden zu sein, wenn es darum ging, sich Konsequenzen zu stellen.
2 Hoen III, 431
3 Hiller an Generalissimus, Ennsdorf, 4. Mai, 04.30 Uhr; KA FA 1809, VI.Kps, V, 47; Hauptarmee, V, 90 4 Kerchnawe, 103 (Die Ennser Freiwillige Feuerwehr wurde allerdings erst 1865 gegründet.)
Hinter die Enns!
Württembergern entgegen.“31 Hauptmann Wibeking fiel, doch mit lautem „Hallo“32 stützten sich die Angreifer auf den Feind. Auch das Bataillon Bruselle war gegen den Pöstlingberg aufgebrochen und hatte sich den Jägern angeschlossen, ohne jedoch einen Schuss abzugeben. Österreichischerseits war der Rückzug der Artillerie bereits eingeleitet worden und auch für die Fußtruppen war es höchste Zeit geworden, den Pöstlingberg zu räumen. Unablässig schrieen die Württemberger aus voller Kraft,33 maskierten damit vielleicht ihren Munitionsmangel, aber schafften es, Verwirrung und Panik auszulösen. So fielen ihnen kurzfristig neun Offiziere und mehr als 350 Mann in die Hände. Doch die allgemeine Müdigkeit forderte ihren Tribut, sodass sich ein Großteil der Gefangenen befreien und sich wieder in die Abteilungen einreihen konnte. Endlich gelang es, die Truppen von einander zu lösen. Eine Kompanie am Pöstlingberg zurücklassend rückten die Württemberger um 02.00 Uhr in Urfahr ein. Die Österreicher erreichten in den frühen Morgenstunden Grammastetten, wo sich ihnen das Detachement Starhemberg aus Ottensheim anschloss.
Das Treffen bei Urfahr war somit zu Ende. „Daß in Linz alle Menschen auf den Ausgang des Kampfes fieberhaft gespannt waren, läßt sich denken, ebenso daß, wer konnte, von Dächern, Türmen und höher gelegenen Punkten den Verlauf des Kampfes verfolgte, weshalb der Gouverneur die Bewohner am nächsten Tage unter Strafandrohung zur Ruhe ermahnen ließ.“34 Am Pöstlingberg blieben drei österreichische Gefallene zurück. Als die Württemberger bei Tagesanbruch die Ortschaft besetzten, wurde dem Schulmeister befohlen, die Toten zu begraben. Anschließend wurden Kirche wie Ortschaft von schwersten Plünderungen heimgesucht. Die Pfarre verlor hierbei ihre Matriken. Als ein Offizier, so berichtet die Überlieferung, in einer Orgelpfeife verstecktes Geld fand wurde das ganze Orgelwerk zerschlagen, sodass die Gemeinde neun Jahre lang auf ihren Klang verzichten musste. Rühle berichtet: „Das Zimmer, wo ich meinen Wohnsitz aufgeschlagen habe, scheint die Bibliothek des hiesigen Geistlichen gewesen zu sein. Als ich ankam, lagen die sauber eingebundenen und wohlerhaltenen Bücher – dieser einzig ungeraubt gebliebene Rest des beweglichen Hausrats – in schnöder Unordnung auf dem Boden umher. Teils um Platz zu gewinnen, teils aus Respekt gegen das heilige Gerät, habe ich sie bedächtig wieder in Reihen auf das dazu bestimmte Brettergerüst geordnet.“35
Vom Bauadjunkten in Ebelsberg war zu hören, dass „wegen der Kanonade beim Auberg“ alle Schanzer bis auf 99 entwichen wären. „Der dortige ArtillerieKommandant Cresar hatte am 19. Mai diesen Bericht noch weiter ergänzt, indem er sich beschwerte, daß alle Zimmerleute davongelaufen und statt 1500 nur 30 Schanzer bei der Arbeit wären.“36
Bernadotte war vom Unternehmen Hügels begeistert und geizte nicht mit Lob: „Was Sie getan haben, lässt sich nur mit den Taten vergleichen, welche man von den auserlesensten französischen Truppen gegen den Feind auszuführen gewohnt ist.“37
Ebenso zufrieden mit den Leistungen seines Korps zeigte sich König Friedrich mit der Verleihung von Beförderungen und Auszeichnungen. Das Jägerregiment zu Pferd Herzog Louis (später: 2. württ. Dragonerregiment No. 26) erhielt zur bleibenden Erinnerung eine Ehrenstandarte aus doppeltem grünen Taft.38
Ursachen des Misserfolgs
Der Name Sommariva ist mit dem österreichischen Versagen an jenem 17. Mai aufs engste verbunden. Selbst der Hellmonsödter Pfarrer Paschinger ließ sich zum scharfen Urteil hinreißen: „Bluten muß jedem wahren braven Österreicher das Herz wenn er sieht, hört und überzeugt ist, wie durch die Schuld eines Mannes so viele tapfere Soldaten geopfert, tausend Familien dem Muthwillen der Feinde preisgegeben, und der Ruhm und die Ehre eines ganzen Armeekorps gebrandmarkt wird.“
Trotzdem die Seelenruhe des Generals in Zeiten höchster Brisanz verwundern mag, ergibt sich die Ursache des Misserfolgs keineswegs aus seinem Verschulden. Auch die vielen anderen Verspätungen, die in einem unnötigen Rasttag am 15. gipfelten, waren nicht ausschlaggebend. Mit dem Gefecht bei Leonfelden war Vandamme zwar vor einem bevorstehenden Angriff gewarnt, erwartete ihn aufgrund des österreichischen Stehenbleibens bei Gallneukirchen aber keineswegs am 17.
Problematischer gestaltete sich hingegen die österreichische Vorliebe für ausgeprägte Reservekräfte. Mit drei bei Hellmonsödt und weiteren sechs bei Hagenberg zurückgelassenen Bataillonen platzierte Kolowrat ganze 4.550 Mann hinter der effektiven Verstärkungsdistanz. Jede seiner Reserven lag weiter als 15 Kilometer vom eigentlichen Schlachtfeld entfernt. An eine bedarfsgerechte Nachführung der Truppen kann hier natürlich nicht gedacht werden. Auch Saint Juliens
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Detailzeichnung der Ehrenstandarte für die Louis-Jäger.
Schloss Auhof um 1900. Auch hier tobten Kämpfe.
Das Gefecht bei Urfahr
Demonstration hätte mit einer wesentlich geringeren Mannstärke durchgeführt oder gänzlich vermieden werden können. Seine 2.100 Regulären der KaunitzInfanterie wären beim Sturm auf den Urfahraner Brückenkopf sicherlich nützlich gewesen. Indem Kolowrat beinahe 47 Prozent seiner Truppen auf Sekundärziele ansetzte, verspielte er den numerischen Vorteil gegenüber Württembergern und Sachsen. So standen zum eigentlichen Angriff nur 9.530 Mann Infanterie zur Verfügung, während sein Gegenüber durch das Eintreffen der Sachsen im Laufe des Nachmittags auf eine Größenordnung von etwa 13.000 Köpfen anschwoll.39
Die Ursache des Misserfolgs liegt aber auf einer ganz anderen Ebene: Im Augenblick des Eingreifens von Sommariva waren die alliierten Kräfte mit Masse weitab des Urfahraner Brückenkopfes gebunden. Hier offenbart sich die österreichische Schwäche: Weder Sommariva noch Vukassovich brachten die nötige Energie auf, ihren begonnenen Angriff zu Ende zu bringen. Ein beherzterer Vorstoß Sommarivas auf den Brückenkopf und in den Rücken des Gegners hätte zweifellos Erfolg versprochen. Nicht einzusehen ist außerdem, warum Vukassovich den Kampf nicht wieder aufnahm. Der Zustand seiner Abteilung hätte es ihm mit Sicherheit erlaubt.
Die Österreicher hätten ebenso kühn handeln müssen, wie der „unwiderstehliche“ Vandamme, der ungeachtet seines schlechten Rufes ein ausgezeichneter Führer war. Nicht umsonst kam ein württembergischer Offizier in Anbetracht des österreichischen Kampfgeistes zum Schluss: „Das Gute hatte es, wenn man gegen die Österreicher stand: man konnte sich fassen und erholen, sie ließen Zeit dazu.“40
„So unterlag denn auch bei Urfahr jener Geist, der immer nur die Verantwortung und nicht an den Sieg dachte und den der Generalissimus in der kurzen ihm gegönnten Frist trotz heißen Bemühens nicht zu bannen vermocht hatte. Er unterlag gegen den festen Wil-
len zum Sieg, der den damaligen Führern des Napoleo nischen Heeres zur zweiten Natur geworden war.“41
Österreichischer Rückzug
Kolowrat benützte die Nacht, um sich nach Gallneu kirchen zurückzuziehen. Der Ort war von den Requi sitionen der Württemberger bereits ausgezehrt, weshalb Mangel an Lebensmitteln und Futter herrschte. So wurde die Masse des Heeres nach Freistadt zurückge nommen, während eine Abteilung unter GM. Crenne ville als Nachhut bei Neumarkt stehen blieb. Genauso richtete sich Sommariva auf den Abmarsch nach Freistadt ein, der durch eine Gruppe bei Hellmonsödt gedeckt werden sollte.
Schon in der Nacht von 17. auf den 18. Mai hatte das württembergische Korps Befehl erhalten, nach Steyr zu verlegen. Dementsprechend schwach fiel ihre Patrouillentätigkeit am nächsten Tag aus. Von einer Verfolgung Kolowrats konnte schon gar nicht die Rede sein. Über den unbedeutenden Zusammenstoß bei Hellmonsödt am 18. Mai, wo eine Abteilung unter GM von Stettner auf die Nachhut Sommarivas traf, wissen die österreichischen Quellen nichts zu berichten. Die feindliche Übermacht ließ die Württemberger bald weichen. Doch auch Sommariva räumte Hellmonsödt entgegen seiner Befehle vollständig und rückte am 19. mittags in Freistadt ein. Als Kolowrat vom Verlassen des strategisch bedeutsamen Ortes erfuhr, beeilte er sich, GM Schneller mit der Besetzung Hellmonsödts zu beauftragen. Indes lagerte das III. Korps vom Feind vollkommen unbehelligt auf den Höhen rund um Freistadt. Man hatte die Rast bitter nötig.
1 Ehz. Karl an FZM. Kolowrat, Weitra, 9. Mai;
KA FA 1809, III. Korps, V, 206; Hauptarmee,
V, 210
2 Hoen IV, 209
3 Hoen IV, 213
4 Auf der anbefohlenen Marschlinie über Grammasetten
5 Kerchnawe, 143f
6 Aufzeichnungen Pfarrer Paschinger; u.a. StAF Sch. 1809 u. LzVbl 255ff/1909
7 Operationsjournal Nr. 69 (Hptm. Hartmann)
8 Sommariva an Kolowrat, KA FA 1809, III. Kps, V, 233
9 Hoen IV, 243
10 Rühle, 66
11 Hoen IV, 245
12 Hoen IV, 247
13 Auf Befehl Vandammes waren die Munitionskarren am jenseitigen Donauufer zurückgeblieben.
14 Der schwer verletzte Major wurde von Korporal Pollak nach Dornach zurückgetragen. Dieser beschützte ihn, bis beide in Gefangenschaft fielen und Marinovsky am nächsten Morgen starb. Obwohl sich Pollak acht Monate in Kriegsgefangenschaft befand, konnte er die 150 fl. betragende Barschaft des Majors der Witwe übergeben.
15 Batteriekdt. Bayer, Freistadt, 19. Mai, KA
FA 1809, Hauptarmee, V, ad 357/4; Hoen
IV, 251
16 Stockmayer
17 Kerchnawe, 156
429 Mann 1 Offz., 6 Mann
vermisst 117 Mann 40 Mann
SUMME 33 Offz, 850 Mann 15 Offz., 289 Mann 3 Offz., 86 Mann
18 Hoen IV, 253
19 Rühle, 68
20 Hoen IV, 254; Leutnant Adelsheim wurde als Gefallener in die Verlustlisten eingetragen. Als er nach einigen Tagen begraben werden
sollte, bemerkte man ein kaum wahrnehmbares Zucken der rechten Hand. Adelsheim war noch am Leben. Er rückte noch vor Jahresende wieder zum Regiment ein. Im Spital soll er auch den Jäger kennen gelernt haben, dem er die schwere Schusswunde verdankte (Kerchnawe, 157).
21 Neubronner, 16f; vgl. auch Kerchnawe, 156 bzw. Württ. Jahrbuch 1818;
22 Kerchnawe 160
23 Relation Neubronn
24 Vgl. Rühle, I, 266 (in der Ausgabe von 1986 nicht enthalten)
25 Kerchnawe, 161
26 Hoen IV, 258
27 Kerchnawe, 162
28 Hoen IV, 260
29 Aufzeichnungen Stockmayer; Schwäbische Kronik (Beil. Zum Schwäb. Merkur), Nr. 240, 13.10.1894
30 Relation Hügel; Relation Sommariva
31 Kerchnawe, 163
32 Reglementarischer Sturmruf der württembergischen Infanterie
33 Relation Sommariva
34 Pröll, 22
35 Rühle, 75f
36 Pröll, 22
37 Muff/Wencher, 21f
38 Eine Beschreibung der Vexillumstandarte liefert Hahn (1985): Feldzeichen des königlich württembergischen Heeres, 71. Abmessungen: 60x55 cm; Das Tuch (1985 auf Schloss Ludwigsburg) ist heute nicht mehr auffindbar.
39 Vgl. u.a. Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft und Geschichte des Krieges 4/1928 sowie Gill, 118
40 Dorsch, 54
41 Hoen IV, 266
Das „Franzosengrab“ erinnert an ein Scharmützel zwischen österreichischen und sächsischen Truppen im Tumbachholz bei Unterweitersdorf. Von 70 Sachsen kehrten nur zehn Mann zurück. Der Gedenkstein (darunter die zugehörige Tafel) befindet sich in der Nähe des Bauernhauses Sonnleitner (Plank).
Seite 149
Verluste Österreicher Württemberger Sachsen tot 2 Offz., 47 Mann 5 Offz., 30 Mann 7 Mann
6 Offz., 257 Mann 10 Offz., 219 Mann 2 Offz., 72 Mann
25 Offz.,
verwundet
gefangen
Stärkeverhältnisse (exkl. Reserven) Österreicher Württemberger/Sachsen Infanterie 8.200 6.000
520 1.300
Kavallerie
Artillerie 35 30
Das Gefecht bei Urfahr
Eingemauerte Kanonenkugeln zeugen noch heute von der blutigen Vergangenheit des Marktes. Hier befand sich das Relikt am Denkmayr-Haus über der Marienstatue. Die Umschrift lautete: „Diese Haubitzgranate diene zum Denkmal dieser Nachkommenschaft für unser Vaterland. Waffen für unser Hab und Gut so fürchterlich Kämpfenden, Ebelsberg am 3.5.1809“. Nach dem Neubau infolge eines Bombentreffers 1945 wurde die Kugel wieder eingemauert. Noch heute ist sie am Haus 34, Wiener Straße 481, zu erkennen. (Aufnahme von 1914)
Seite 182 Gedenken und Erinnerung an 1809
Enthüllung des Denkmals für die Wiener Freiwilligen Schon ein Jahr nach dem 100. Gedenktag beging Ebelsberg die Enthüllung eines Denkmals für die Wiener Freiwilligen. Das Linzer Volksblatt berichtete in seiner Ausgabe 103/1910: „Gestern Sonntag fand nun die feierliche Enthüllung des Denkmales statt. Leider litt diese vom patriotischen Geiste getragene Feier stark durch die Ungunst der Witterung. Immerhin aber fanden sich viele Gäste aus nah und fern ein, um der Enthüllungsfeier beizuwohnen. Der Markt war reich beflaggt und schon in früher Morgenstunde begann es in den Straßen lebhaft zu werden. Von allen Seiten nahten Veteranenund Kriegervereine mit Fahnen. Um ½ 11 Uhr war der Platz vor dem alten Kirchhofe (Friedhof), an dessen an der Reichsstraße gelegenen Mauer das Denkmal erbaut wurde, ziemlich dicht besetzt. (...) Zu dieser Feier
erschien auch Frh. v. Seckendorf aus Wien. Er ist der Großneffe des bei der Schlacht am 3. Mai gefallenen Majors Freiherr von Seckendorf. (...)“ Nach Ansprachen und Kranzniederlegungen wurde die Feierlichkeit um ¾ 11 Uhr beschlossen.
Infolge des schlechten Wetters hatten viele Vereine ihre Teilnahme abgesagt. So entfiel auch die für den Abend geplante Serenade. „Als um 8 Uhr abends die Glocken zum Abendgebet erklangen, blitzten unzählige elektrische Flammen um das Denkmal auf, da fielen 12 Böllerschüsse und zahllose zum dunklen Nachthimmel aufsteigende Raketen meldeten in die Ferne, das alte Ebelsberg hält in schlichter Weise mit diesem Denkmale für kommende Zeiten und Generationen die Erinnerung wach, an das heldenmütige Kämpfen der Freiwilligen von Wien in Ebelsberg am 3. Mai 1809.“
Prozession durch Ebelsberg. Rechts ist das Kornblumhaus zu erkennen. Genau an der Hauskante dieses Gebäudes schloss das heiß umkämpfte Ennser Tor an, welches in den Vormarkt führte. Ein Anschlussstück ist am Bild recht deutlich auszumachen (siehe Schaukasten). Links prangt das zerschossene Zunftschild am Haus 32. Es ist noch heute dort angebracht. (um 1935).
Das Zunftschild am Haus 32 ist eine der wenigen, heute noch existierenden Spuren des Gefechts. Die tausenden Einschusslöcher im Schloss, die der Historiker Pillwein noch um 1820 gesehen hat, sind längst verputzt, das kugeldurchlöcherte Ziffernblatt der Turmuhr 1908 ausgetauscht. Das 1971 abgetragene Haus Nr. 70 hatte Spuren heftiger Gewehrbeschießung über der Haustüre.
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und Erinnerung an 1809
Gedenken