heuler #114

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"Und wir müssen denen ihr schönes Leben bezahlen..." Der Haushalt des heuler für das Jahr 2016 Bezeichnung

Einnahmen in €

Ausgaben in €

Studentische Medien

5.000

26.250

heuler

5.000

26.250

Druck

14.200

Geschäftsbetrieb Werbeeinnahmen

5.000

Mitarbeiterförderung (Workshops usw.) Vertrieb (Verteilung in der Uni) sonstige Ausgaben ( Büromaterial etc.)

550

Personalkosten

11.500

Layout

1.000

Grafik

1.000

Lektorat

1.000

Geschäftsführung

1.200

Chefredaktion

1.600

Stellv. Chefredaktion

Nichts

Ressortleitung

5.000

Lohnnebenkosten

300

Provision

Nichts

Fotografie

400

Illustration

Nichts

Digital

Nichts

Fritz Beise

Michèle Fischer

Tom Seiler

Maya Tischler

Anne Halbauer

Jenny Pariser

Anja Heidepriem

Tamara Schellhorn

Eric Starzynski

Michel Wiedecke

Anna Jung

Sophia Blomeyer

Francine Brückner

Anastasia Arinushkina

Theresa John

Daniel Möck

Wiegand Körber

Martin Fietze

Julia Fischer

Michèle Köhler

Clemens Langer

Ich bin heuler – und du? Melde dich per E-Mail: redaktion@heulermagazin.de Tim Bauerschmidt

Steffen Dürre

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Nathalie Schwichtenberg

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16 heuler – Das Studierendenmagazin Parkstraße 6, 18057 Rostock Tel/Fax: 0381-498-5608 / -5603 www.heulermagazin.de Nr. 114 | Juli 2016 Herausgeber Studierendenschaft der Uni Rostock

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Geschäftsführung Sophia Blomeyer gf@heulermagazin.de Ressortleitungen Michèle Fischer (Uni) uni@heulermagazin.de Michèle Köhler (Leben) studentenleben@heulermagazin.de Michèle Fischer, Tom Seiler (Politik) politisches@heulermagazin.de Anne Halbauer (Kultur) kultur@heulermagazin.de Michel Wiedecke (Online) online@heulermagazin.de

INHALT // AUSGABE 114

Layout, Grafik, Illustration Steffen Dürre, Tim Bauerschmidt

LEBEN 6 Religionen an der Uni 9 Foodporn à la Instagram 12 Horizonterweiterung ganz ohne psychedelische Drogen 14 Pro und Contra. Festivals Politik 16 Crossdressing im Rektorat Interview mit Prof. Kaeding 19 Eine einheitliche Unikarte für alles? 20 Lost Places: Universität Rostock 22 Money, Money, Money Steuererklärung für Studis 23 Offener Brief zur familienfreundlichen Universität 24 Die Uni muss zum TÜV Über die Systemakkreditierung 26 Poster zum Rausnehmen – Studiengangshoroskope II

Redaktionsleitung Wiegand Körber (V.i.S.d.P.) redaktion@heulermagazin.de

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Studis auf dem Weg in den Landtag Refugee Law Clinic Interview mit den verantwortl. Professorinnen Ein Besuch in Jamel Rostock, gespaltene Stadt Über die Zerrissenheit der Stadtgesellschaft Geflüchtete an der Uni Kultur

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Vitrine mit Lieselotte Sommersprosse Kann Technik uns (nochwiederaucheinmal) glücklich machen? Eine Rezension Hinter den Kulissen beim FiSH-Festival How to Seemann Kultour Rostock in 100 Worten Uni (Un)gebändigt

UNI 28 Rostock in Aufruhr Bilder des Protests 30 Von Rostock in die Welt Der Flughafen Laage verändert sich Ge dr uc kt au

f Ök op ap ier

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Bildredaktion & Fotografie Jenny Pariser Korrektorat/Lektorat Anja Heidepriem, Julia Fischer Redaktionelle Mitarbeit Tamara Schellhorn, Francine Brückner, Eric Starzynski, Maya Tischler, Daniel Möck, Anastasia Arinushkina, Anna Jung, Martin Fietze, Fritz Beise, Nathalie Schwichtenberg, Clemens Langer Redaktionssitzung gerade Woche, Dienstag, 19:00 Uhr Die Meinung der Autor_innen muss nicht die Meinung der Redaktion widerspiegeln. Den Autor_innen wird freigestellt zu gendern. Lizenz Creative-Commons by-nd 3.0 DE. Inhalte können unter Angabe von Urheber_in und Magazinname verwendet werden. Ausnahmen sind durch © gekennzeichnet. Druck altstadt-druck GmbH Rostock Auflage: 3.000 Exemplare Erscheinungsweise: quartalsweise Es gilt die Anzeigenliste 6/15.

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ISSN 2363-8109


Campuscomic Blablubb!

Autorenspruch. // Fotos: X

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LEBEN In dieser Ausgabe geht es vor allem um spirituelle Vielfalt. Studierende berichten auf den folgenden Seiten von ihrem Unialltag im Zusammenspiel mit der Religionsausübung. Und ganz egal, ob man sich beim Lesen mit dem Christentum, Islam oder Buddhismus identifiziert, zu den neumodischen Instagram-Jüngern zählt, dem Gott des Metals huldigt, ein Festival-Pilger ist, alles zusammen oder an gar nichts glaubt, das hier ist für alle die Heilige Schrift der Information!

Michèle Köhler

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Religionen an der Uni

Tolerieren und Respektieren. Gerade in Bezug auf Religion wird das immer wieder zum Thema. Fünf Studierenden wurde darum die Frage gestellt, wie sie ihre Religion in der Uni wahrnehmen und das gesellschaftliche Miteinander erleben. Autorin Tamara Schellhorn horchte in den Alltag konfessioneller Student*innen.

Christentum Meike (21) studiert evangelische Theologie, ebenso Victor (19), welcher zusätzlich Medizin studiert. Auf die Frage, wie sie mit einem Satz ihre Religion für sich beschreiben würden, folgt kurz Ruhe. Meike traut sich: „Ein Leben in Nächstenliebe motiviert durch den Glauben. Denn Christ sein bedeutet für mich, einen Weg zu zeigen, dass eine Welt ohne Hass möglich ist.“ Für Victor ist es der Versuch einer Beziehung zu Jesus Christus. Daraufhin frage ich nach Ritualen, denen sie regelmäßig nachgehen. Meike geht seltener in die Kirche, lebt ihren Glauben eher im Stillen aus. Sie besucht die Evangelische Studierendengemeinde: „Die ESG ist ein Ort um das Gefühl der Gemeinschaft zu erleben, in einem bunten Programm.“ Victor ist Teil der Studentenmission (SMD), einer „konfessionsunabhängigen Gruppe“. Außerdem trifft er sich privat mit anderen Christen. Er betet, wann immer es ihm einfällt. In der Hansestadt gibt es zahlreiche andere christliche Angebote für Studenten: Aktionen von Rostocker Gemeinden sowie die Gottesdienste, Konzerte und Stundengebete der Unikirche. Meine nächste Frage bezieht sich auf ihr Leben als gläubiger Mensch in der Uni: „Es ist nicht so, dass wir nur beten. Wir hinterfragen sehr viel. Immerhin ist Theologie ein wissenschaftlicher Studiengang. Oft hinterfragt man dabei aber auch den eigenen Glauben“, erklärt Meike. An Victor gewandt frage ich, wie er die Wissenschaft mit dem Glauben vereinbart: „Die Ehrlichkeit im Glauben, zu sich und zu anderen ist genauso wichtig wie die Wahrheit in der Wissenschaft! Beides ist für mich ein Akt der Nächstenliebe und ich will den Menschen helfen. Es gibt einige christliche Medizinstudenten. Es gibt zum Beispiel auch einen Arbeitskreis christlicher Mediziner.“ Auf meine letzte Frage, ob die beiden hier etwas von den religiösen Konflikten mitkriegen, antwortet Meike: „Ich hasse die Fragen wonach ich erklären soll, wieso ich Theologie studiere. Ich rechtfertige mich zum Teil für mein eigenes Studium und werde eh

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nicht ernst genommen. Mein Gegenüber hört nicht zu, denkt, ich will ihn belehren.“ Victor steigt mit ein: „Ich verstehe diese oberflächliche Ablehnung und zum Teil auch Beleidigungen nicht. Ich finde dieses Klischee ‚Ich bin in der Wissenschaft, somit auch Atheist‘ ist völlig veraltet.“ Meike: „Durch unser Studium sind wir geprägt Religionen genauer unter die Lupe zu nehmen. Ich fühle mich seitdem weltoffener.“ Victor: „Wenn man sich mit etwas nicht beschäftigt hat, wieso bildet man sich dann ein Urteil?“ Islam Ich habe die Ehre, die zwei Muslime Karim Sultan (23), Medizinstudent, und Mohammed (20), Maschinenbaustudent, kennenzulernen. Ich beginne mit der gleichen Frage wie im vorherigen Interview: „Der Grundpfeiler des Lebens, die Hoffnung in das Gute und die Hilfe zur Selbstfindung, aber auch zur Bodenständigkeit“, so Karim Sultan. Mohammed sieht es ähnlich: „Für mich ist meine Religion eine Gesetzessammlung, die hilft, gut miteinander zu leben und den Zusammenhalt fördert.“ Auf die Frage bezüglich der regelmäßigen Rituale, antwortet Karim Sultan: „Wir beten fünfmal am Tag mit der Gebetswaschung. Morgens bei Sonnenaufgang zu Hause und dann um 12,18 und 22 Uhr. Da bete ich oft in der Bibliothek, da ich meist um diese Zeit dort bin. Um 23.30 Uhr ist das Nachtgebet. Ich versuche die Zeiten immer einzuhalten, aber wenn gerade ein Seminar ist, geht das nicht. Dann hole ich das Gebet nach. Lieber zu spät beten als gar nicht. Wir gehen zum Freitagsgebet und bald ist wieder Ramadan. Um in der Uni zu beten habe ich meinen Teppich dabei und bin immer auf der Suche nach einem stillen Ort. Ob es nun ein ruhiger Gang ist oder in der Bibliothek zwischen den Magazinregalen. Die Bibliotheksdame hilft uns, in Ruhe beten zu können. Dafür bedanke ich mich herzlichst bei ihr. Wir wollen gar nicht auffallen oder angeben mit unserer Religion. Wir suchen nur einen Ort, an dem wir mit Gott kommunizie


Buddhismus Hang (19) ist mit drei Jahren aus Vietnam nach Rostock gezogen. Nun studiert sie hier Mathematik und AWT auf Lehramt: „Buddhismus ist für mich mein Lebensweg, meine Selbstfindung. Es ist eher eine Lebenseinstellung als eine Religion.“ Schnell wird klar, wie tief ihr Leben mit dem Buddhismus verbunden ist. Erst in der 5. Klasse wurde ihr überhaupt bewusst, dass ihre Lebensweise einen Namen hat und als Religion betitelt wird: „Wenn überhaupt, ist unser Gott Buddha. Aber wir verehren unsere Vorfahren. Wir haben einen kleinen Schrein und beten regelmäßig an Feiertagen und Trauertagen zu ihnen. Wenn ich bete, sage ich, wo genau ich bin, damit der Segen aus Vietnam mich hier findet. Wir feiern noch unser Neujahrsfest. Dies wird aber später gefeiert als bei euch. Sonst glaube ich stark an das Karma. Wer etwas Gutes tut, dem geht es gut. Ich versuche es jeden Tag und jeden Moment so für mich umzusetzen, dass ich selber meinen Weg finde, mein Leid zu vermindern.“ Sie erzählt, dass sie ihren Glauben eher in Ruhe und für sich zu Hause im privaten Kreis ausüben. „Für uns ist die Familie sehr viel wert und es ist sehr wichtig, bei Trauerfällen zu Hause zu sein und gemeinsam zu trauern. Es ist wichtig, einen Abschluss zu finden. Bei Erwachsenen gilt es sogar als Schande, wenn sie nicht zu Hause trauern können. Normaler-

weise gibt es noch drei bis vier Tage Trauerzeit, an denen wir bestimmte Speisen essen und den Toten gedenken. Es wäre schön, wenn auf solche Fälle Rücksicht genommen würde.“ Nach der Esskultur erkundigte ich mich genauer. „Wir schätzen unser Essen mehr als es hier getan wird. Wenn wir Tiere schlachten oder Reis ernten, dann danken wir für das Essen und ehren es. Aber auch bei uns kommt nach und nach der Kapitalismus durch. Es geht mehr darum, ein gutes Leben zu haben, als danach zu streben ein glückliches Leben zu führen. Leider muss Vietnam momentan gegen China um seine Unabhängigkeit kämpfen. Aber von den anderen Religionen, bis auf die politischen und wirtschaftlichen Konflikte, kriege ich wenig mit. Wenn andere mit ihrer Religion den Weg ins Glück finden, finde ich es gut! In der Schule hatte ich oft Probleme als Ausländerin und war deswegen am Anfang an der Uni sehr schüchtern. Ich habe mich aber getraut und habe nette Menschen kennengelernt, auch von anderen Religionen, mit denen ich mich ausgetauscht habe. Seid nicht so engstirnig! Seid offen und geht aufeinander zu!“

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#foodporn À la Instagram – ein Selbstversuch Autorin Julia Fischer schreibt gerne über’s Essen.

Wer kennt sie nicht: Die Hipster, Fitnessblogger, It-Girls und Hobbyköche, die uns tagtäglich mitteilen, was bei ihnen auf dem Tisch landet. Egal, ob im Restaurant, Café oder bei Freunden zuhause; überall wird zuerst das Handy gezückt, bevor es mit dem Essen losgehen kann. Auch ich habe mich bereits dabei ertappt, meinen armen Freund vom Reinbeißen in den langersehnten Rindfleischburger abzuhalten, nur um ein verwackeltes Foto davon zu machen, welches danach auf der Festplatte in Vergessenheit geraten würde. Was wahrscheinlich zu meinem Besten ist, hätte der schlecht belichtete Burger doch nur fünf jämmerliche Likes und einen Kommentar á la „Lecker, will auch“ bekommen. Kaum zu glauben, dass man damit sogar Geld verdienen kann. Doch die #whatsonmyplate Fotos sind nicht nur nervig, sie dienen parallel zum momentanen Superfoodhype vor allem als Inspirationsquelle. Chiasamen, Acaípulver, Gojibeeren und Co. gibt es mittlerweile in jedem Supermarkt und schleichen sich unauffällig in unsere Küchenregale, „nur mal zum Probieren“, und bleiben meist auch genau dort. Denn wenn man erstmal 8 Euro für eine kleine Packung Chiasamen ausgegeben hat, dann soll diese sich auch entsprechend lange halten. Zumal: was soll man damit eigentlich genau anfangen? Das hier soll kein Werbeartikel für angeblich gesunde Produkte werden, sondern vielmehr ein Experiment. Da ich als passiver Social-Media-Fan natürlich auch dem neuen Hype um die jahrhundertealten Superfoods verfallen bin, allerdings nichts weiteres als Porridge und Süßkartoffelpommes zubereiten kann, will ich versuchen, meine Küche eine Woche lang in den Instagram-Modus zu versetzen und mich täglich von den Superfoodexperten inspirieren zu lassen. Also hinfort mit Nougat Bits, Kuhmilch und Mikrowelle und her mit Haferflocken, Mandelmilch und Standmixer! MONTAG Heute muss ich erstmal einkaufen gehen. Chiasamen und Haferflocken lagern zwar bereits bei mir zuhause, aber zu so einem richtig fancy Essen gehört natürlich noch ein bisschen mehr. Also mache ich mich auf den Weg in diverse Supermärkte und Bioläden und bereue es schon, diesen Artikel überhaupt geplant zu haben. Ich befinde mich vor einem Regal mit Quinoa-, Amaranth- und zahlreichen anderen Flocken und bin total überfordert. Während ich dort stehe und mir geduldig die Etiketten sämtlicher Produkte durchlese, naht in Winterfell bereits wieder der Sommer. Nachdem ich mich endlich entschieden habe und dazu noch Mandel-, Soja- und Haferdrinks auf meinen Armen balanciere, erwartet mich der nächste Schock an der Kasse. Saftige 17 Euro verlangt der Kassierer von mir! Dafür geht also diesen Monat mein Trinkgeld drauf.

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DIENSTAG Da ich mit einem Erfolgserlebnis beginnen will, habe ich über Nacht Chiasamen in (Soja-)Milch quellen lassen, et voilá: zum Frühstück gibt es Chiapudding. Ich freue mich, denn es ging morgens super schnell und obwohl es komisch aussah, hat die gelartige Masse sogar ganz gut geschmeckt. Na gut, vielleicht glich es auch einer geschmacklosen Qualle, aber mit Früchten garniert sah es ganz süß aus und hat erstaunlicherweise satt gemacht. Und zu meiner Freude lassen sich auch die Gläser nach dem Essen sehr gut reinigen, da habe ich schon andere Erfahrungen mit Porridgeresten gemacht – riesen Pluspunkt. MITTWOCH Heute beginne ich den Tag mit Eiscreme. Oh ja, ihr habt richtig gehört: Der neue Trend ist sogenannte Nicecream zum Frühstück, also gefrorene Bananen gemixt mit Früchten, Milch, Nussmus, etc. Ich habe mich für die Variante mit Beeren entschieden und dekoriere es mit frischen Früchten, Kokosflocken und – natürlich – Chiasamen. Es schmeckt tatsächlich wie Eis und ich freue mich darüber, eine Alternative zum Industrieeis gefunden zu haben. Allerdings bekomme ich nach wenigen Stunden bereits wieder Hunger und vermisse mein Schokoknuspermüsli. Das bringt mich auf eine Idee: Beim Scrollen durch meinen Instagramfeed ist mir aufgefallen, dass alle von homemade Granola reden, also selbstgemachtem Müsli. Das möchte ich natürlich sofort ausprobieren und decke mich gleich mit einer großen (teuren) Portion Nussmischung und getrockneten Cranberries ein und suche im Internet nach Rezepten. Davon gibt es mittlerweile hunderte. Der erste Versuch, so einfach das Rezept auch war, scheitert zu meinem großen Bedauern. In meiner Begeisterung wollte ich gleich eine große Menge zubereiten, ohne daran zu denken, dass mir Küchenexperimente auch gerne mal misslingen. Als ich das Müsli (Nüsse, Kokos- und Haferflocken und etwas Zimt und Salz gemischt mit Honig) aus dem Ofen hole, sieht es toll aus, doch beim Probieren würgt selbst mein Freund, der ansonsten wirklich alles isst. Anscheinend habe ich statt einer Prise Salz einen ganzen Esslöffel dazu gegeben. Ups. DONNERSTAG Ich habe es dann doch noch geschafft, ein gutes Müsli zu backen und belohne mich am nächsten Morgen mit einer großen Portion Joghurt mit Müsli und Obst. Es schmeckt toll, ich bin satt, ich bin glücklich. So glücklich, dass ich allen meinen Freunden davon erzähle, sie zum Probieren zwinge und bereits Pläne schmiede, einen eigenen Müsliladen zu gründen. Ich könnte diesen Artikel hier jetzt abbrechen, weil ich mich am liebsten die restliche Woche nur von dem großartigen Müsli ernähren möchte, allerdings ist heute Mädelsabend bei mir und da muss ich mir schon etwas Spannenderes einfallen lassen. Ich war vor kurzem in Amsterdam und habe einen richtig tollen, grünen Käse mit Basilikumpesto-Geschmack mitgebracht und was kann man damit besseres machen, als eine Käseplatte anzurichten? Ein bisschen Brot, ein bisschen Wein, garniert mit Walnüssen und Obst – da dauert es nicht lange, bis alle mit ihren Handys um den Tisch herum stehen und die bunte Kreation fotografieren. FREITAG Heute besucht mich eine Freundin zur allwöchentlichen Backsession. Normalerweise geht es dabei immer ziemlich klebrig zu, mit viel Zucker, Schokolade und anderem ungesunden Zeug, aber dieses Mal haben wir uns vorgenommen, mal etwas anderes auszuprobieren. Zurzeit wird man von Rhabarberrezepten nur so überwältigt und eines davon war für Rhabarber-Aprikosen-Chia-Muffins. Und wie es der Zufall so will, liebe ich Rhabarber und Aprikosen und habe mir erst letztens ein neues

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Muffinbackblech zugelegt, welches dringend eingeweiht werden möchte. Also mischen wir das Ganze (ohne Zucker) zusammen und heraus kommen zwölf Muffins, die nicht nur sehr gesund aussehen und schmecken, sondern es auch tatsächlich sind. Da lohnt es sich doch, ein Foto zu machen, das kann man nämlich gleich Mama schicken und damit rumprahlen, wie gesundheitsbewusst man doch ist. SAMSTAG Ich arbeite neben der Uni als Reisebegleiterin für die Kreuzfahrttouristen, die Tagesausflüge nach Berlin gebucht haben. Ich liebe diesen Job, allerdings hat man an 14-Stunden-Arbeitstagen nicht sehr viel Zeit, sich über das Essen Gedanken zu machen, geschweige denn Fotos davon zu machen. Deshalb gibt es am Morgen nur einen schnellen Bananensmoothie (sorry an meine Nachbarn, vielleicht war der Mixer um 5 Uhr morgens ein bisschen störend). Für den Tag brauche ich allerdings auch etwas und normalerweise kaufe ich dafür immer Müsliriegel ein, aber mein inneres Genie hat mich dazu gebracht, am Abend zuvor meine eigenen Müsliriegel zu backen. Die Mischung aus Haferflocken, Nüssen und zermatschten Bananen ist so einfach und schnell zubereitet, dass ich mich frage, warum ich das nicht schon längst ausprobiert habe. Morgens packe ich mir zwei davon ein und der Rest geht in den Kühlschrank, wo er sich laut Rezept drei bis vier Tage hält. Meine Kollegen sind ziemlich neidisch auf mich, als ich meinen gesunden Snack auspacke, allerdings dauert es nicht lange, bis sich der Spieß umdreht, denn sie bedienen sich nun an den übriggebliebenen Cookies, die die Gäste nicht wollten und ich lehne nur dankend ab. SONNTAG Heute ist Sonntag, mein Lieblingstag, und das bedeutet: Pancakes! Jede Woche probiere ich ein neues Rezept aus. Im Internet und sämtlichen trendy Cafés ist die Rede von Buchweizenpancakes und natürlich muss ich das auch ausprobieren. Das Stapeln gelingt mir leider nicht so gut und ich muss gestehen, dass mir Buchweizen überhaupt nicht zusagt, aber hey, es sind Pancakes und deshalb esse ich so viele, bis der Teig für zwei Personen aufgebraucht ist und rolle hinüber zur Couch. Den Rest des Tages muss ich über’s Essen nicht mehr nachdenken. Stattdessen google ich schon mal, was man so alles für eine Detoxwoche benötigt.

FAZIT Ich glaube, ich verstehe jetzt, warum es mittlerweile so unzählige Foodblogger gibt. Wenn man erst einmal weiß, was man mit dem ganzen Zeug so alles kochen, backen und zusammenmatschen kann, dann macht es richtig Spaß, auch mal etwas anderes als Nudeln mit Tomatensauce zu „kochen“. Zugegeben: es ist es ganz schön anstrengend, sich jeden Tag aufs Neue Gedanken darüber zu machen, was man zubereiten möchte, und noch schlimmer ist es, sich kurz vor dem Reinbeißen daran zu erinnern, noch ein Foto von dem Meisterwerk machen

zu müssen. Aber es war nie einfacher, sich gesund zu ernähren, ohne vor lauter Heißhunger den eigenen Tages- und Studienplan zu vergessen. Leider haben Chiasamen und die veganen Milchersatzprodukte ihren stolzen Preis, aber sie bringen etwas Abwechslung in die Küche und man muss sie auch nicht ständig parat haben. Einfache Leinsamen und Heidel-, Brom- und Himbeeren haben ähnliche Nährwerte wie ihre exotischen Pendants und sind um einiges studenten- und umweltfreundlicher, denn gerade während der warmen Jahreszeit

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kann man ganz ohne lange Transportwege und unnötige Plastikverpackungen auf Beerenjagd gehen. Also, ich werde mich auch weiterhin von Blogs oder neumodischen Koch- und Backbüchern inspirieren lassen, allerdings mit dem ruhigen Gewissen, dass man nicht alle teuren Trends mitmachen muss. Morgen früh gibt es deshalb eine ästhetisch nicht ansprechende Portion Porridge, mit normalen Haferflocken und normaler Milch, ganz ohne Schnick Schnack und vor allem: ohne Fotos.


Horizonterweiterung ganz ohne psychedelische Drogen Die Autorinnen Michèle Köhler und Francine Brückner „drehen“ sich gerne mal einen Joint aus Bier und Hansafans.

Vergisst man jedoch von Zeit zu Zeit mal die persönlichen Präferenzen und Abneigungen und stürzt sich in ein turbulentes Abenteuer der Unvorhersehbarkeit, könnten sich daraus vielleicht positive Überraschungen ergeben oder eben auch nicht. Nichtsdestotrotz bietet es neue Geschichten, über die man schwärmen oder sich genüsslich aufregen kann. Beispielsweise ist es eine nicht zu verachtende Erfahrung, nach einem Besuch der Rostocker Brauerei unter der Woche bereits um ein Uhr mittags gut angetrunken zu sein, mit dem Wissen im Hinterkopf, dass die eigenen Eltern im harten Leben der echten Welt um diese Zeit arbeiten müssen. Im Folgenden berichten zwei weitere Geschichten näher von dieser Form, seinen persönlichen Lebenshorizont zu erweitern und könnten, ohne es zu wollen, vielleicht auch den einen oder anderen mutigen Freigeist dazu anregen, ebenfalls mal etwas Untypisches auszuprobieren. Finest Post Hardcore and Metalcore in town! (Autorin Michèle) Je länger ich darüber nachdenke, desto deutlicher manifestiert sich die Gewissheit in mei-

nem Kopf: Auch wenn ich der letzte Mensch auf Erden wäre, ich müsste mir selbst immer noch den Preis für den „verkorkstesten Musikgeschmacks“ geben! Meine Spotify-Bibliothek besteht fast ausschließlich aus Filmsoundtracks von Perlen der Kinoindustrie, wie Disney's Pocahontas oder Across the Universe, die ich natürlich schon ewig mit unerschütterlicher Überzeugung bei jedem Cardio-Training im Fitnessstudio höre. Es ist somit mehr als überflüssig zu erwähnen, dass jegliche Form von Metal Musik nicht in diesen Playlists vertreten ist. Ohne damit auch nur den kleinsten Verfechter dieses Genres vor den Kopf stoßen zu wollen: Für mich ist es einfach nur Krach mit einem unverständlichen Text, der ins Mikrophon geschrien wird. Und so scheint es umso passender, einen warmen Freitagabend bei der „Hard & Noisy Night“ im ST zu verbringen und meine von den wildesten Vorurteilen gespickte Voreingenommenheit noch zu untermauern. Zu Beginn der Nacht ist es ziemlich leer, doch trotzdem merke ich schnell, dass die „Colors of the Wind“ hier definitiv schwarz in all seinen Variationen sind. Die Tanzfläche füllt sich und dementsprechend wird auch die Musik immer lauter und wilder. Die ersten Metaller befreien

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ihr langes wallendes Haar (von welchem die meisten Frauen nur träumen) aus den Zwängen der Gesellschaft und kreisen gekonnt ihre Köpfe, zu, ich schätze mal, ihrer Interpretation des Taktes. Ich bin fasziniert von dieser mitreißenden Darbietung, während ich mir unbewusst an den Nacken fasse. Nachdem mir vom Zugucken schwindlig wird und wir nach draußen gehen, bin ich froh, dass mein Freund dabei ist. So habe ich einen Gegner beim Tischkicker und wir können uns die Zeit vertreiben. Da es sich bei diesem Abend um ein sozialwissenschaftliches Experiment handelt, trinke ich natürlich nicht und bin darum jedoch auch ziemlich bald müde und will nach Hause. Mein zu erwartendes Fazit dieses erstklassigen Abends: Ich bin ungeheuer schlecht im Tischkicker! Ach ja und Metal Musik mag ich immer noch nicht, aber das ganze Drumherum hat mir mehr gefallen als ich dachte, sodass ich mir vorstellen könnte, nochmal hinzugehen. Die größte, und womöglich auch einzige, Gemeinsamkeit bezüglich des Geschmacks, der mich mit vielen Metallern verbindet, ist wohl die enorme Präferenz für schwarze Hosen.


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Inkognito bei Hansa – eine ethnologische Studie (Autorin Francine) Das hier ist für alle, die bisher nur besoffene Hansafans erlebt haben. Für alle, die den ganzen Trubel um einen Drittligisten nicht verstehen. Für alle, die es – vorsichtig formuliert – bedauern, wie viele Polizisten bei jedem Spiel im Einsatz sind. Kurz gesagt: Jegliche Vorurteile, die sich wohl oder übel so ansammeln. Nicht alle Fragen werden eine befriedigende Antwort finden, aber vielleicht färben ja ein paar Strahlen meines erweiterten Horizontes auf euch ab. Gesagt, getan. Mit einem geliehenen Hansaschal dekoriert hüpfe ich ins Vergnügen; oder in die Straßenbahn. Zusammengedrängt zwischen Hinz und Kunz, überkommt mich ein unerwartetes Gefühl von Gemeinschaft. Man grüßt sich, kommt ins Gespräch und singt zusammen. Sogar für meinen ollen Schal (danke Felix) bekomme ich Komplimente. Vorm Stadion treffe ich Michèle, um die unbekannten Gefilde nicht allein betreten zu müssen. Wir ergattern Plätze mit guter Sicht und freundlicher Umgebung. Zwecks der Anpassung genehmigen wir uns das erste Bier, stellen es aber auch schnell wieder aus der Hand, als die Hymne ertönt. Mit hochgerissenen Armen glotzen wir begeistert umher und genießen die allumfassende Leidenschaft. Wir sehen ein aufregendes Spiel mit bekanntlich positivem Ausgang. 19.000 Fans hüllen uns in Fußballatmosphäre und wir verfolgen gespannt jede Minute. Anders als im Fernsehen diskutiert man nicht über jede Ecke und wartet auf die Wiederholung, um alles genau analysieren zu können. Es geht um die Mannschaft, das Spiel, die Leidenschaft. Selbst Michèle und ich fühlen uns wie der 12. Mann und sind komplett gebannt vom Spiel. Schon beim ersten Tor zum Ausgleich tanzt der Bär im Kettenhemd und wir haben Glück, keine Bierdusche abzukriegen. Zugegeben, die Freude ist mitreißend, aber das Bier dann doch zu schade. Unsere Empfehlung: Einfach dicht bei Kindern platzieren. Völlig gefesselt von der schwarzweißen Kugel auf dem Rasen, sind wir beinahe enttäuscht, als das Spiel endet. Nicht aber die Euphorie, denn der Abpfiff scheint nur der Startschuss für völlige Glückseligkeit zu sein. Kaum jemand steht auf, denn es folgt der wichtigste Akt: Man singt, tanzt, die Spieler bedanken sich, man hat gewonnen und will es in die ganze Welt hinausschreien. Als wir das Stadion verlassen, sind wir noch lange ganz begeistert und zumindest eines ist klar: Das werden wir so schnell nicht vergessen.


PRO

Festivals: Autoren Eric Starzynski (es) und Michèle Köhler (mk) würden das Hurricane 2016 immer wieder als Argument benutzen.

Jetzt ist es wieder soweit. Sommer, Sonne und die Festivalsaison hat begonnen! Wieder werden tausende junge Leute utopische Ticketpreise runterwürgen (oder Mami und Papi lassen's springen), in der Hoffnung auf dem Hurricane, splash! oder der Fusion das verlängerte Wochenende ihres Lebens zu verbringen. Ganz ehrlich: Ich gehöre zu ihnen. Die Zeit zwischen Bier, Staub, Schlaflosigkeit und „Wenn ihr Songwünsche habt, ruft sie einfach“ ist für mich die beste Zeit des Jahres. Ich liebe es, dass Clemens seine Stiege Bier auf der Hinfahrt bereits zur Hälfte geleert hat, ich liebe es, dass er am nächsten Morgen trotzdem als erstes in seinem Campingstuhl thront, während er sich eine Wodka-Bier-5-Minuten-Terrinen-Mischung durch einen Trichter genehmigt und ich liebe es, dass Derartiges für vier Tage das Normalste der Welt ist. Denn machen wir uns nichts vor: Das Fundament eines Festivals ist Alkohol (oder andere Phantastica). Durch die allseits enthemmte Stimmung entsteht auf dem Festivalgelände eine liebevolle Parallelgesellschaft, in welcher es eben nicht nur okay, sondern auf eine nur schwer nachvollziehbare Weise witzig ist, jeden Morgen von einer 12-stündigen Dauerschleife der Cantina-Band geweckt zu werden. Festivals sind Rückzugsorte vor dem normenden Druck unseres auf Effizienz getrimmten Alltags. Hier bin ich der Typ, welcher jeden Tag das Gefühl hat, zu wenig für sein Studium zu tun, aber neben Arbeit und Privatleben keine Kapazitäten mehr sieht. Dort bin ich der, welcher keine Runde Flunkyball verschmäht, die witzigsten Menschen der Welt um sich hat und beste Freundschaften schließt, die nur einen Tag halten, aber ewig im Gedächtnis bleiben. Eine Sache soll an dieser Stelle natürlich nicht unerwähnt bleiben: Wer für Musik mehr übrig hat, als Radio-Songs im LT am Wodka-E nippend mitzugrölen, wird die Line-Ups größerer Festivals lieben. Die Red Hot Chili Peppers, Black Sabbath und Tenacious D an einem Wochenende zu erleben kann eventuell sogar die 170 Euro eines Rock am Ring Tickets rechtfertigen. (es)

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Kontra Jedes Jahr das Gleiche: Die neue Staffel „Game of Musikfestivals“ beginnt! Wer etwas auf sich hält, beteiligt sich am Kampf um das bedeutungsvollste Armband, das bei den Daheimgebliebenen als der ultimative Beweis für die unvergleichlich atemberaubende und lebensverändernde Zeit fungiert. Doch was, wenn dieser Anblick bei mir keine sehnsüchtigen Eifersuchtsgefühle hervorruft? Was, wenn ich dabei unendlich froh bin, nicht auch da sein zu müssen und stattdessen meinen eigenen Palast mit meinem eisernen Schreibtisch-Thron vorgezogen habe? Ist etwas mit mir verkehrt? Bin ich krank, dass bei mir die intuitive Meinungsbildung über den Mehrwert von Festivals nicht angeschlagen hat? Oder habe ich etwa versehentlich die rote Pille geschluckt und kann so die Matrix in all dem erkennen? Es ist heiß, sehr heiß. Ich versuche in der Hitze ein zweites Bier herunterzuwürgen, aber mir ist jetzt schon schlecht. Das Zelt steht noch immer nicht und es scheint auch keine Lösung in Sicht. Die Konstruktionsbeschreibung ähnelt der eines mittelgroßen Raumschiffes – das Zelt ist von Aldi. Währenddessen frisst sich die Hitze langsam durch meinen Kopf und ich kann förmlich hören, wie sie mein Gehirn aufweicht. Das Resultat: Ich bin nicht nur äußerlich so rot wie Mr. Krabs, sondern habe auch immer mehr das dringende Bedürfnis die Speisekarte der Krossen Krabbe zu überdenken und so den Umsatz zu steigern. Um mich herum haben alle den Spaß ihres Lebens, jedenfalls interpretiert das die Krabbe in meiner Persönlichkeit so. Ich versuche meine Stimmung mit Glitzer zu heben und verteile es dazu großzügig im Gesicht. Dass Glitzer auf der Netzhaut nicht fancy sondern schmerzhaft ist, erfahre ich am eigenen Leib oder Auge, als ich am nächsten Morgen aufstehe und jetzt auch noch Pirat bin. Der Schmerz ist so stechend, dass ich selbst den Zecken an meinen Beinen und auch an anderen Stellen (!) leidtue. Langsam ziehen am Himmel die Wolken auf und werden schwarz – das Gewitter des Jahrhunderts bricht los. Daran haben die Aldi-Zeltingenieure definitiv nicht gedacht. Ich wache auf. Alles nur ein Traum! Das Licht brennt und der Geschirrspüler läuft. Ich stehe auf, gehe zurück an meinen eisernen Thron und auf Netflix – da, wo ich hingehöre. (mk)

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Uni Was ist männlich? Was ist hässlich? Was ist sinnvoll? Subjektives Empfinden verschwimmt oftmals an der Grenze zur Objektivität und deswegen schauen wir in dieser Ausgabe mal über den Tellerrand und lassen euch hinter ein paar Fassaden blicken. Vielleicht lässt sich so auch die erste eigene Steuererklärung ganz von alleine erledigen, während ihr in einem Tagtraum an eine universitätsweite Multifunktionskarte denkt. Vielleicht ...

Michèle Fischer

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„Ich laufe nur so rum, wie ich rumlaufen möchte.“

Prof. Dr. Patrick Kaeding ist Professor an der Fakultät für Maschinenbau und Schiffstechnik, Prorektor für Studium, Lehre und Evaluation und Cross-Dresser. Crossdressing ist die Bezeichnung für einen Kleidungsstil, der unabhängig von Geschlechtsidentitäten das Tragen der spezifischen Kleidung des anderen Geschlechts favorisiert. Wir haben uns mit Prof. Kaeding getroffen, um mit ihm über Rollenbilder zu sprechen. Fragen: Wiegand Körber // Fotos: Jenny Pariser

Herr Kaeding, sind sie ein richtiger Mann? Auf jeden Fall. Was bedeutet denn Männlichkeit für Sie? Ich habe schon geahnt, dass der heuler fragen wird „Wie laufen sie eigentlich rum?“. Dazu muss ich zugeben, dass ich mich weniger auf einer intellektuellen Ebene mit der Frage beschäftige, als es vielleicht den Anschein macht oder auch erwartet wird. Insofern würde ich Männlichkeit sozialwissenschaftlich-laienhaft erst einmal biologisch sehen. Und dann erwischen sie mich schon auf einem intellektuell dünnen Eis. (lacht) Wie passt ihr Stil denn in diese Dichotomie der Geschlechter? Oder ist ihre Kleidung keine Frage der Geschlechtlichkeit, sondern eher der ästhetischen Ansprüche? Es ist erst einmal so, dass es mir persönlich gefällt. Natürlich ist mir bewusst, dass es in vielen Fällen in der einen oder anderen Weise provozierend aufgefasst wird. Ich lege es aber nicht darauf an. Ich laufe nur so rum, wie ich rumlaufen möchte. Ich denke, ich habe auch eine Entwicklung durchgemacht, indem ich mich mittlerweile öfter so zeige, wie ich mich jetzt zeige. Sicherlich habe ich mich das früher auch noch nicht so getraut. Inwieweit beißt sich denn der Anspruch der eigenen Verwirklichung in der Kleidung mit dem Anspruch beispielsweise in akademischen Kreisen konventionell aufzutreten? Vor zwei Jahren habe ich mich das noch nicht so getraut, das mache ich mittlerweile viel mehr. Ich habe mittlerweile auch festgestellt, dass nach einer gewissen Zeit der Überwindung und Überraschung bei bestimmten Kollegen selbst im Schiffbaugeschäft eine gewisse Normalität einkehrt.

Können Sie sich denn freimachen von den Erwartungen, die auch über ihre vornehmlich männlichen Studierenden an Sie herangetragen werden? Erstmal habe ich vor allem mit den oberen Semestern zu tun, wo der Frauenanteil höher ist. Aber natürlich ist es so, dass diejenigen, die mich zum ersten Mal sehen, verwundert sind. Das ist keine Frage. Das spielt aber im Großen keine Rolle für mich. Es gibt natürlich Situationen, in denen man merkt, dass da eine Gruppe über einen tratscht, aber das ist dann so. Hat sich das denn über die Jahre gewandelt? Natürlich. Vor zehn Jahren hatte ich noch nicht den Mut und auch nicht das Interesse daran. Ich habe aber damals auch festgestellt, dass es oft schon anders genug war, wenn man zum Anzug eine pinkfarbene Uhr trug. Also Kleinigkeiten, die ich oft schon länger getragen habe, die dann doch Verwunderung oder Staunen ausgelöst haben. Dennoch habe ich schon das Gefühl, dass über die Jahrzehnte eine größere Vielfaltstoleranz entstanden ist, sodass eine pinke Uhr jetzt vielleicht nicht mehr so auffällt. Ich glaube, so wie sie mich heute sehen, falle ich immer noch auf. Die Menschen die mich so kennen, sind mittlerweile teilweise eher verwundert, wenn sie mich anders sehen als heute (lacht). Eine kleine Anekdote: Ein Kollege aus dem Schiffbau, den ich bei einer Tagung traf, schaute sich meine Fingernägel an, die sehr dezent, fast durchsichtig lackiert waren und er begrüßte mich, zur Verwunderung von manch anderen, die mich noch nicht so gesehen haben, mit „Bist du krank, du siehst so blass aus.“ (lacht) Insofern ist es auch ein Effekt des Gewöhnens.

Versuchen Sie denn diese Toleranz weiterzutragen, beispielsweise an Ihre Kinder? Die wachsen natürlich mit mir auf und werden deswegen schon eine tolerante Grundstimmung mitnehmen, ohne dass es großer Erziehung bedarf. Ansonsten habe ich aber keinen Anspruch, etwa eine Kleider- oder Spielzeugordnung umsetzen zu wollen. Da ist es entscheidender, mit meinem Sohn Modellbauschiffe zu bauen. Da ist die Verwunderung dann eher über mich groß, wenn jemand mein Outfit sieht. Also nicht nur der sehr technische Arbeitshintergrund, sondern auch ein sehr technisches Hobby, mit Lötkolben und Fernsteuerung. Welche Rolle spielt denn der Christopher Street Day für sie? Für mich persönlich spielt er keine große Rolle, in der Hinsicht, dass ich daran teilnehmen muss, oder so. Aber dass es ihn gibt, halte ich für sehr gut. Dass dort eine gewisse Vielfalt ganz offen nach außen getragen wird, ist sehr wertvoll. Ich muss da nicht mitlaufen, freue mich aber, dass es solche Gelegenheiten gibt. Sie haben mal über ihre Prorektoratstätigkeit gesagt, dass es ihr Ziel ist, Dinge zu verändern. Versuchen sie das auch mit ihrer Kleidung? Es ist sicherlich nicht so, dass es mein Anspruch ist, mit meiner Kleidung eine bestimmte Botschaft zu transportieren. Wenn es aber so ist, dass mein Stil und wie ich so rumlaufe, dazu beiträgt, mehr Toleranz gegenüber vielfältigem Aussehen und Auftreten zu schaffen, dann ist das natürlich ein begrüßenswerter Nebeneffekt. Wie gesagt, ich möchte keine Botschaft in die Welt tragen oder fokussiert.

Lest hier den zweiten Teil des Gesprächs über die Arbeit im Rektorat, die Schwierigkeiten des Akkreditierungsverfahrens von Studiengängen und die Internationalisierungspläne der Uni:

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"Ketten, Fingernägel, Armbänder – Was ist Ihnen am wichtigsten?"

Was bedeutet Männlichkeit in unserer Gesellschaft?

"Sie kommen aus der Nähe von Hamburg, haben eine Zeit lang in Japan gelebt. Wie provinziell ist Rostock manchmal?"

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alles auf eine Karte

Die Idee, Funktionen diverser Chipkarten und Ausweise auf einer Universalkarte zu vereinen, ist an der Uni nicht neu, einige andere Hochschulen setzen sie bereits um. Wie realistisch ist der Wunsch nach einer einheitlichen Karte für alles? Autor Tom Seiler wäre nur so zur Nutzung der Mensacard zu bewegen.

Neben dem Studienausweis füllen auch Kopierkarte, Bibliotheksausweis und Mensacard die Portemonnaies der meisten Studierenden. Viele Karten mit verschiedenen Funktionen bedeuten außerdem großen Aufwand beim Besorgen und Aufladen. Für die Kopierkarte muss man beispielsweise ins Rechenzentrum, der Bibliotheksausweis muss jährlich verlängert werden. Da ist die Idee verlockend, eine Universalkarte für all diese verteilten Funktionen einzuführen. Für die Studierenden würde das jedenfalls weniger Aufwand bedeuten. Aber das ist natürlich nur die eine Seite. Für die Zusammenführung der diversen Funktionen wäre eine große Organisationsleistung in der Verwaltung nötig. Technisch sei die Einrichtung einer Universalkarte zu machen, sagt Dr. Christa Radloff aus dem IT- und Medienzentrum. Die Schwierigkeit bestünde darin, die dahinterstehenden Dienste so zu vereinen, dass sie durch eine einheitliche Karte nutzbar werden. Das sei weniger ein technisches, als ein organisatorisches Problem, meint auch Dr. Jan Tamm, der aktuell die Aufgaben des Kanzlers an der Universität Rostock übernimmt und damit der Verwaltung vorsteht. Zum Beispiel wird der Kopierdienst durch einen Drittanbieter realisiert, der überzeugt werden müsste, sich an dem Projekt einer Universalkarte zu beteiligen. Außerdem stünde zu bedenken, welche Prozesse in Gang gesetzt werden, wenn jemand die Karte nutzt und einen bestimmten Dienst erwartet. Schon jetzt sind Kopierkarte und Zutrittskarte für Gebäude und Räume eins. Bei der Ausschreibung für neue Kopiergeräte vor einigen Jahren, wurde auf die Kompatibilität der Systeme geachtet, sodass die Funktionen 2013 zusammengeführt werden konnten. Aus dieser Zeit liegt ein Beschluss des StuRa vor, der unter anderem besagt, dass eine darüber hinausgehende „Erweiterung der Kartenfunktion“ von Seiten der Studierendenschaft gewünscht sei.

Auch der heutige StuRa-Präsident Mark Lukas Möller befürwortet diese Idee. Die Beteiligung der Studierendenvertretung ist unter anderem deshalb unerlässlich, weil Bedenken bezüglich des Datenschutzes bestehen. Für den Studentischen Prorektor Marcus Neick ist darüber hinaus die Finanzierungsfrage offen, aber das Vorhaben davon abgesehen wünschenswert.. Rektor Prof. Dr. Wolfgang Schareck unterstützt das Vorhaben einer Multifunktionskarte ebenfalls grundsätzlich, hat sogar zu Beginn seiner ersten Amtszeit schon einen Versuch der Einführung unternommen. „Allerdings damals mit der Unterstützung einer Sparkasse“, die das Projekt natürlich aus Eigeninteresse gefördert hätte, was nicht gewollt wurde. Heute liegt der Fokus des Rektors auf der Erkundung neuer Möglichkeiten abseits des physischen Kartenproblems: die Uni soll sich stärker auf die immer weiter gehende Nutzung von Smartphones einrichten und dadurch Modernität zeigen. „Das Smartphone hat fast jeder bei sich“, Karten können vergessen oder verloren werden. Radloff vom ITMZ fände Apps für Selbstbedienungsfunktionen, wie das Ansehen und Herunterladen von Stunden- oder Prüfungsplänen praktisch. Für jene Studierenden, die kein Smartphone besitzen, würde es jedoch schwierig werden, falls wichtige Funktionen nur noch über Apps liefen. Diese Überlegungen ändern aber erst mal nichts an der Kartenvielfalt in unseren Brieftaschen. Doch auch in dieser Hinsicht soll es Fortschritte geben: „Der Scancode, mit dem Sie sich auf Ihrem Bibliotheksausweis identifizieren, wird demnächst auf den Studienausweis gedruckt werden“, erklärt Radloff. Auf einen genauen Zeitplan dafür möchte sie sich nicht festlegen, aber das sei „relativ einfach, ohne großen organisatorischen Aufwand“. Damit wird es mittelfristig möglich, den Bibliotheksausweis einzusparen. Darüber hinaus weist Tamm darauf hin, dass

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bei der Umstellung von Systemen an der Universität Rostock immer automatisch geprüft werde, ob es möglich ist, Funktionen zu kombinieren. „Es gibt allerdings Dienstleistungen, da ist das schwer. Man wird das sukzessive zusammenführen können, aber es wird keinen Big Bang geben“, mit dem plötzlich alles auf einer Karte vereint wird, da der organisatorische und der finanzielle Aufwand zu groß wäre. Besonders kompliziert ist die Eingliederung einer Bezahlfunktion für verschiedene Dienste. „Irgendwer muss ja dieses Geld annehmen und verwalten“, gibt Radloff zu bedenken. Die Sicherheitsanforderungen wären extrem hoch. Andere Universitäten, wie zum Beispiel in Kiel, sind einige Schritte weiter – dort wurde jetzt eine Multifunktionskarte eingeführt. StuRa-Präsident Mark Lukas Möller berichtet, dass das Thema auch beim Austausch zwischen den Studierendenschaften eine Rolle spielt. Aus Rostock werde der Umstellungsprozess in Kiel mit Interesse verfolgt, man könne daraus lernen, was gut und was weniger gut läuft. In der Zwischenzeit kann es in Rostock mit kleineren Fortschritten weitergehen. In der Verwaltung werden jetzt alle Prozesse daraufhin überprüft, wie sie elektronisch zu unterstützen sind. „Wenn das hochautomatisiert erfolgt“, erläutert Tamm, „dann ist der Schritt zu sagen, ich arbeite vorne mit einer Identifikationskarte und automatisch werden diese Prozesse ausgelöst, nur noch ganz klein“. Theoretisch wäre es auch denkbar, die Kopier- und Zugangskarte mit dem Studienausweis samt Bibliotheksbarcode zu verbinden. Allerdings wäre dafür eine wiederbeschreibbare Karte nötig, da die Informationen auf dem Studienausweis regelmäßig aktualisiert werden müssen. Doch darüber verfügt die Uni Rostock bisher nicht, weshalb hier ein Studienausweis aus Papier verwendet wird. Für die Umstellung wäre ein ganzes Projekt in der Verwaltung nötig. Was den Kartensalat angeht, müssen die Studierenden also trotz Fortschritten weiterhin Geduld haben.


Lost Places: Universität Rostock Autoren Batman und Robin suchen ein neues Hauptquartier.

Dieser Keller von Haus 3 wird als Steinelager verwendet.

Verlassene Versuchsanlage im Justus-von-Liebig-Weg.

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Büroraum im Justus-von-Liebig-Weg.

Als Hochschulgruppe, -initiative oder -verein an unserer Uni einen Raum zu bekommen, ist schwierig. Auch dem „Rostock hilft e.V.“ wurden kürzlich alle Nutzungsrechte der Räumlichkeiten in der Parkstraße entzogen und selbst die Studierendenschaft muss um den Erhalt des Bildungskellers kämpfen. Die selbstverwaltete Nutzung von Leerstand scheint einfach unerwünscht – selbst wenn Sanierungen noch in weiter Ferne liegen. Die verantwortlichen Personen der Universitätsverwaltung verweisen dabei immer wieder auf fehlende Kapazitäten. Doch stimmt das wirklich? Gibt es keine leerstehenden Dachböden und Kellerräume? Oder gibt es vielleicht sogar ganze Häuser, die sich selbst überlassen wurden? Um das herauszufinden, haben wir uns an den Fakultäten umgehört und sind auf zahlreiche Gerüchte gestoßen. Sollte uns etwa eine Tastenkombination auf der Fahrstuhltastatur gar in ein geheimes Untergeschoss des Bebel-Towers bringen, in dem die Regierung ferngesteuert wird? Unsere Entdeckungstour führte durch verlassene Labore, Tierversuchsstationen, vorbei an bedrohlichen Warnschildern und über zahlreiche ungenutzte Dachböden und Kellerräume. Auch wenn einige dieser Objekte vielleicht in zehn Jahren nicht mehr stehen, sind wir überzeugt, dass es nutzbaren Leerstand für selbstverwaltete Projekte gäbe. Schon oft wurde der Wunsch nach einem studentischen Café, einem Uni-Garten oder gar einem Haus der Studierendenschaft geäußert. Lasst uns doch mal träumen.

Über den Hörsälen von Haus 3.

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Money, money, money

Steuererklärung für Studierende: Kann ich die Besuche Zuhause bei Mutti von der Steuer absetzen? Wie sieht es eigentlich mit den Studiengebühren aus – da müsste sich doch was machen lassen. Und die Ausgaben für Bücher und Co. – kann man da nicht vom Finanzamt eine Erstattung bekommen? Autorin Anja Heidepriem will jetzt auch endlich was absetzten – zum Beispiel das teure Semesterticket. // Bilder: Frauke Feind, Freepik

Seminare, Hausarbeiten schreiben, Lernen für Prüfungen, nebenbei Jobben – wer hat da schon Zeit und Lust auf eine Steuererklärung? Allerdings: Es ist eine Überlegung wert, denn für Einige lohnt sich der Aufwand. Ernüchternder Fakt zuerst: Wer keine Steuern zahlt, kann auch nichts erstattet bekommen. Heißt also für all jene, die sich ihren Lebensunterhalt durch BAföG, den 450 Euro Nebenjob oder die Eltern finanzieren: Pech gehabt. Aus diesem Grunde müssen Studenten übrigens auch keine Steuererklärung abgeben. Ausnahmen gelten nur für jene, die selbstständig auf Rechnung arbeiten und im letzten Jahr zu versteuernde Einnahmen über einem Grundfreibetrag von 8130 Euro erarbeitet haben. Ein Gros der Studierenden dürfte sich davon jedoch nicht angesprochen fühlen. Was lässt sich aber absetzen? Als Studenten in Rostock zahlen wir Semesterbeiträge, die sich gerade spürbar tiefer in das studentische Budget graben. Diese Kosten zum Beispiel lassen sich mittels Steuererklärung zum Teil zurückholen. Daneben ist Fachliteratur, nötige Software für‘s Studium oder auch Bau- und Bastelmaterialien (ja, auch Buntstifte, Schere und Kleber der Grundschullehrämter zählen dazu) erstattungsfähig. Und der neue Laptop, den man sich im dritten Semester gegönnt hat? Kann man dem Finanzamt nicht glaubhaft versichern, damit wirklich nur Hausarbeiten zu schreiben und Recherche zu betreiben, gehen die grauen Herren davon aus, dass der gemeine Student den Rechner zum Netflix gucken, Facebook checken und für die Produktion des kleinen privaten Musikvideos nutzt und geben auch im günstigsten Fall nur einen Bruchteil des Geldes zurück. Ja, die grauen Herren sind geizig. Archäologiestudenten haben da mehr Glück: Deren Exkursionen ins sandige, geschichtsträchtige Umland, sofern sie als Pflichtprogramm gelten, können in Form von Reisekosten und Verpflegungspau-

schalen von der Steuer zurückgeholt werden. Auch die Erhöhung des Semestertickets kann sich lohnen: neben einer Pendlerpauschale von 30 Cent für die Fahrt zur Uni, erkennt das Finanzamt auch das Studententicket als ersatzfähige Ausgabe an. Und die Fahrten zu den Eltern? Unter Umständen lässt sich das als doppelte Haushaltsführung deklarieren und damit ordentlich Steuern sparen. Allerdings nur dann, wenn man mindestens zweimal im Monat die Wochenenden in der Heimat verbringt und einen eigenen Wohnbereich sein Eigen nennen kann. Lässt man sich nur alle paar Wochen blicken und schläft im alten Kinderzimmer, gibt’s nichts zu holen. Wer allerdings zum Pflichtpraktikum in eine andere Stadt ziehen muss, kann das unter doppelter Haushaltsführung absetzen. Generell können alle sogenannten Werbungskosten, also beruflich bedingte Ausgaben, von der Steuer zurückgeholt werden. Alle Ausgaben für Bücher, Verpflegung und Miete sind ja letztlich mehr oder weniger beruflich nötig, schließlich braucht man ein Dach über dem Kopf und Nervennahrung. Zu Werbungs-

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kosten zählen gemäß aktuellstem Entscheid des Bundesfinanzhofes aber nur Ausgaben für Fort- und Weiterbildung. Wer also gerade an seinem Bachelorabschluss arbeitet, vorher aber nur das Abitur abgeschlossen hat, kann mit der ersten Steuererklärung noch bis zum Master warten; mit einer Lehre oder Ausbildung in der Tasche kann schon der Bachelor geltend gemacht werden. Für eine freiwillige Steuererklärung hat der gemeine Studierende im Übrigen vier Jahre Zeit. Zusammengefasst: grundsätzlich können alle berufsbedingten Kosten vom Finanzamt erstattet werden. Wichtig ist nur, dass man in der Verwaltung von der Notwendigkeit der Ausgaben überzeugt ist. Von guten Worten allein lassen sich die grauen Herren nicht zur Gelderstattungen hinreißen, sondern sie wollen mit Belegen und Nachweisen der Ausgaben überzeugt werden. Kann man also nachvollziehbar darlegen, das Spotify-Premiumabo sei eklatant wichtig für‘s Musikstudium, dann Hut ab!


Offener Brief zur familienfreundlichen Uni Sehr geehrter Herr Prof. Dr. med. Schareck (Rektor), sehr geehrter Herr Tamm (Kanzler), sehr geehrte Prorektorin und Prorektoren, sehr geehrte Mitglieder des Konzils, sehr geehrte Mitglieder des Senats, sehr geehrte Mitglieder der Dekanate, sehr geehrte Dozentinnen und Dozenten, sehr geehrte Mitglieder der Universitätsverwaltung, sehr geehrter Herr Zepf (Direktor UB), sehr geehrte Frau Bähker (Stellvertretende Direktorin UB), sehr geehrte Fachschaftsräte, liebe Studierende der Universität Rostock, es ist noch Luft nach oben! Die Universität Rostock trägt stolz und selbstbewusst das Siegel der familienfreundlichen Hochschule. Ein erstrebenswertes Ziel für jede Bildungseinrichtung, welches auch gesellschaftspolitisch überfällig ist. Unsere Hochschule befindet sich zurzeit im Re-Auditierungsverfahren zur Familienfreundlichen Hochschule. Im kommenden Jahr soll im Juni das Zertifikat übergeben werden. Die Studierendenschaft ist über Ihre Vertretungen an der Erarbeitung der neuen Zielvereinbarung beteiligt gewesen. Allerdings musste der Prozess der Re-Auditierung wegen Stellenstreichungen um ein halbes Jahr verschoben und nun mit enormem Zeitdruck durchgeführt werden. Dies hat u.a. dazu geführt, dass die Zielvereinbarungen bewusst niedriger angesetzt wurden, damit am kommenden Montag das Rektorat unterschreibt. Weitere Verzögerungen sind nicht mehr möglich. Wir als Studierendenschaft finden diese Verfahrensweise nicht lobenswert. Sicher gibt es Ziele und Maßnahmen in der neuen Vereinbarung, die erfreulich sind (so stehen Studierende diesmal mehr im Mittelpunkt), dennoch gibt es immer noch Strukturen, die ein Studium mit Kind(ern) enorm erschweren. Aus Sicht von Studierenden mit Kindern ist es immer wieder ein Drahtseilakt, Studium und Familie unter einen Hut zu bekommen. Insbesondere, wenn es sich um Alleinerziehende und/oder Familien mit mehreren Kindern handelt. Hier sind Ausfallzeiten durch Krankheit und Schließzeiten der Betreuungseinrichtungen/Ferien besonders schwer auszugleichen. Ferner ist es für eben genannte Gruppe von Betroffenen nicht zu stemmen, Veranstaltungszeiten außerhalb der Betreuungszeiten (am Wochenende oder Veranstaltungen, die um 17 Uhr beginnen) zu besuchen. Da wäre es doch angebracht, wenigstens die Prüfungen zu den Betreuungszeiten, und nicht in den Schulferien und Kitaschließzeiten, stattfinden zu lassen. Was in den Zielvereinbarungen völlig fehlt, ist die Schaffung von Betreuungsplätzen durch eine unieigene Kita mit Randzeitenbetreuung, wie es sie auch an anderen Hochschulstandorten gibt. Dieses Ziel wurde nicht aufgestellt, da die Umsetzung nicht erreichbar scheint. Wir geben uns damit nicht zufrieden! Dieser Punkt wird weiter auf der Liste unserer Forderungen stehen. Außerdem ist es dringend nötig, Regelungen zu schaffen, auf die man sich verlassen kann. Zwar gibt es nun die neue Zielvereinbarung der Hochschule, die aber aufgrund ihrer Gültigkeit für alle Fakultäten und Fachbereiche allgemeinen Floskeln, wie „nach Möglichkeit“ oder „möglichst“ beinhaltet. Es braucht konkrete Vereinbarungen an den Fakultäten, besser noch in den Instituten, damit Studierende nicht mehr auf das Wohlwollen der Dozierenden angewiesen sind. Sehr lobenswert ist die Idee zu einem Familienbüro als zentrale Anlauf- und Beratungsstelle auch für Studierende mit Familien- und Pflegeaufgaben. Der Universität sollte aber klar sein, dass dieses Büro Stellen braucht und keine Nebentätigkeit von vorhandenem Personal sein darf. Grundsätzlich ist es verständlich, dass es Bereiche gibt, in denen eine Anwesenheit notwendig ist. Dennoch sollte geprüft werden, ob immer das hohe Maß notwendig ist, welches gefordert wird. Ferner sollten anwesenheitspflichtige Veranstaltungen flexibler gestaltet und Möglichkeiten geschaffen werden, um Fehlstunden rechtzeitig (vor den Prüfungen) nachzuholen. Es ist eine enorme Erleichterung, wenn die Seminarliteratur z.B. bei Stud.IP online steht. Das ist nicht immer der Fall, obwohl es den Weg in die Bibliothek und die dort verbrachte Zeit vor dem Scanner/Kopierer ersparen würde. Zusätzlich wäre viel erreicht, wenn die Bibliotheken als Arbeits- und Studienorte früher öffnen würden, da die Zeit zwischen Schulbeginn und Öffnung der UB für Familien mit schulpflichtigen Kindern oft tote Zeit ist. Damit würde sich vielleicht auch der Andrang zu Prüfungszeiten etwas entspannen. Wir wünschen uns bei bestehenden und besonders bei zukünftigen Unigebäuden, die Bedürfnisse von Studierenden mit Familien- und Pflegeaufgaben zu berücksichtigen. Dazu gehört ein barrierefreier Zugang zu ALLEN Einrichtungen der Hochschule und für alle Eltern zugängliche Wickel-/Stillmöglichkeiten, bestenfalls K.E.S.S.-Zimmer (Kind-Eltern-Spiel-Studier-Zimmer) auf jedem Campus. Uns ist bewusst, dass nicht alle unsere Wünsche sofort umgesetzt werden (können). Dennoch ist es uns wichtig, unser Ziel nicht aus den Augen zu verlieren: Jedem und jeder ein Studium zu ermöglichen, auch wenn es nach Meinung mancher vielleicht nicht erreichbar ist. Selbstverständlich muss hier von einem Kulturwandel gesprochen werden. Aber die Strukturen, die sich ändern müssen, können wir schon heute benennen und verbessern.

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Die Uni muss zum TÜV

Akkreditierung, vom lat. accredere „Glauben schenken“, ist kaum jemandem ein Begriff. Die alljährliche Hauptuntersuchung beim Technischen Überwachungsverein, kurz TÜV, allerdings schon. Und dabei ist das eigentlich nichts Anderes. Über den Versuch, Licht ins Dunkel der Systemakkreditierung zu bringen und was die Uni damit zu tun hat. Autorin Maya Tischler hätte diese Anleitung als Innenreferentin beim AStA gerne schon vorher gehabt.

Studiengängen und -abschlüssen und die Mobilität der Studierenden vorangetrieben. Im Zuge dessen gab es auch einen Beschluss der Kultusministerkonferenz aus dem Jahr 1998, der zur Akkreditierung aller neu eingeführten Studiengänge durch eine Agentur für Qualitätssicherung verpflichtete.

Wer kennt das nicht? Einmal im Jahr muss das Auto zum TÜV und wird auf Herz und Nieren geprüft. Die Liste der zu überprüfenden Teile ist ziemlich lang und am Ende ist man froh, wenn das wieder für ein Jahr abgehakt ist. So ähnlich ist das auch mit der Uni. Jedes Mal, wenn ein neuer Studiengang, sprich ein neues Teil, eingebaut wird, muss dieses durchgecheckt, im offiziellen Sprachgebrauch „akkreditiert“ werden – auf Kriterien wie Studierbarkeit (Fahrtauglichkeit), Anzahl der Module und Workload (Treibstoffverbrauch) und Kapazitäten (Plätze im Wagen). Diese Überprüfung ist, wie vieles im Leben auch, an einen zeitlichen und finanziellen Faktor geknüpft. Nichts im Leben ist umsonst. Denn wie der*die Autobesitzer*in darf auch die Uni den Check-Up nicht selbst durchführen, sondern bezahlt eine Akkreditierungsagentur dafür, die wiederum vom Akkreditierungsrat bestimmt wird. Nun wird alljährlich ziemlich viel an der Uni rumgeschraubt und um langfristig Kosten zu sparen sowie unabhängiger zu sein, möchte die Uni jetzt systemakkreditiert werden. Mit diesem Stempel dürfte die Uni zukünftig nach eigenen festgelegten Kriterien die Qualität der Lehre überprüfen. Vorher muss sie allerdings zunächst von einer dieser Agenturen gründlich unter die Lupe genommen werden.

WER führt die Akkreditierung durch? An der Spitze dieses Prozesses steht der Akkreditierungsrat mit Sitz in Bonn als zentrales Beschlussgremium der „Stiftung zur Akkreditierung von Studiengängen“ in Deutschland. Neben etlichen Professor*innen und Dozierenden, sitzen in dem zwanzigköpfigen Gremium auch zwei studentische Vertreter*innen. Dieser Rat beauftragt wiederum eine durch ihn selbst „akkreditierte“ Agentur mit der Durchführung. Insgesamt gibt es in Deutschland aktuell zehn solcher Agenturen, die Akkreditierungen vornehmen. WELCHE Studiengänge sind betroffen? Offiziell betrifft die Akkreditierung nur die Bachelor- und Masterstudiengänge, Fächer mit den Abschlüssen Staatsexamen oder Magister sind durch Richtlinien zur Akkreditierung von der Überprüfung ausgenommen. Durch die enge Verzahnung und Überschneidung von etlichen Veranstaltungen strebt die Uni allerdings auch die interne Akkreditierung von Lehramtsstudiengängen an. Dafür bekommt die Uni dann zwar kein offizielles Label, aber garantierte Studierbarkeit in der Regelstudienzeit wäre schon nicht schlecht, oder?

Wer jetzt schon nicht mehr in den Irrungen und Wirrungen der Akkreditierung durchsieht, dem sei verziehen. Deshalb hier ein FAQ zur kommenden Sytemakkreditierung: WAS soll akkreditiert werden? Es geht um das interne Qualitätssicherungssystem einer Hochschule im Bereich von Studium und Lehre. Dieses, sprich Ordnung und das dazugehörige Konzept, wurde im April vom Akademischen Senat verabschiedet. In diesen Dokumenten wird geregelt, welche Maßstäbe zur Beurteilung bei der Neueinrichtung und Überprüfung der bereits bestehenden Bachelor- und Masterstudiengänge angewandt werden sollen und es werden die internen Abläufe dieses Prozesses an der Uni beschrieben. Diese Papiere werden dann daraufhin überprüft, ob sie das Erreichen der Qualifikationsziele und die gewünschte hohe Qualität der Studiengänge gewährleisten, wobei die European Standards and Guidelines for Quality Assurance in Higher Education (ESG), die Vorgaben der Kultusministerkonferenz (KMK) und die Kriterien des Akkreditierungsrates die Bewertungsgrundlagen bilden.

WIEVIEL kostet das? Wie immer im Leben ist nichts umsonst, auch die Akkreditierung nicht. Die bisherige Praxis der Akkreditierung eines einzigen Studiengangs, hat die Uni im Schnitt jeweils zwischen 12.000 und 15.000 Euro gekostet. Bei der Systemakkreditierung kann sich dieser Betrag auch leicht verzehn-, wenn nicht sogar verzwanzigfachen. Im konkreten Fall an der Uni Rostock bedeutet das Ausgaben von 250.000 Euro. Das Geld ist fest im Haushalt eingeplant, geht also nicht zu Lasten anderer Projekte. WELCHE Akteure sind beteiligt? Maßgeblich verantwortlich für den ganzen Prozess der Qualitätssicherung ist an der Uni die Stabsstelle für Hochschul- und Qualitätsentwicklung (HQE), welche beim Prorektorat für Studium und Lehre angesiedelt ist. Sie koordiniert die gesamtuniversitären Verfahren und versucht alle Akteure unter einen Hut zu bringen, darunter Justiziariat, Studierendensekretariat und alle beteiligten Institute.

WIESO das Ganze überhaupt? Als Ende der 1990er Jahre ganz Europa von einheitlichen Kriterien und Vergleichbarkeit zwischen den verschiedenen Universitäten träumte, wurden im Rahmen des Bologna-Prozesses die Harmonisierung von

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Daneben fungiert die Senatskommission Studium, Lehre und Evaluation (SK SLE) als meinungsbildendes Gremium. Hier werden auch Streitfragen in Bezug auf die Durchsetzung von Qualitätsstandards diskutiert oder Entscheidungen zur internen Akkreditierung getroffen – studentische Beteiligung garantiert, denn hier haben wir vier Vertreter*innen sitzen.

H a t das weitergeholfen? Wir stecken mittlerweile mitten im Prozess. Zugeteilt wurde uns die Agentur „AQAS e.V“ (Agentur für Qualitäts-sicherung durch Akkreditierung von Studiengängen), prüfend ist ACQUIN (Akkreditierungs-, Certifizierungs- und Qualitätssicherungs- Institut) an der Sache beteiligt. Letztere checkt also Erstere gegen, die vorher die Uni gecheckt hat, damit wir uns irgendwann selbst checken können. Alles klar?

Und wie läuft das Ganze jetzt eigentlich ab? Im Folgenden die acht Schritte von der Idee bis zum Prüfergebnis. DER ABLAUF 1. Vorgespräch mit der Hochschule (Agentur) 2. Antrag auf Zulassungsprüfung (Universität) 3. Vorprüfung der Zulassungsprüfung (Agentur) 4. Vorlage weiterer Dokumentation (Universität & Studierendenschaft) 5. Bestellung der Gutachter*innengruppe (Agentur) 6. Erste Begehung (Vollständigkeit der Unterlagen, Gespräch mit Studierenden) Zweite Begehung (kritische Prüfung der Unterlagen, Durchführung von Stichproben, ggf. weiteres Gespräch mit Studierenden) 7. Beschlussempfehlung (Gutachter*innen an Agentur) Stellungnahme der Hochschule Akkreditierungsentscheidung (Agentur) 8. Nach drei bis vier Jahren: Zwischenevaluation (Universität) nach sechs bis acht Jahren: Reakkreditierung (Agentur)

Der Vorantrag der Uni wurde Mitte Mai von AQAS bewilligt, der offizielle Antrag wird jetzt gestellt. Die Studierendenschaft arbeitet hierzu eine Stellungnahme aus. Zu den Begehungen werden Vertreter*innen der zuständigen Fachschaftsräte eingeladen, damit auf fachspezifische Besonderheiten aus studentischer Sicht eingegangen werden kann. Wir befinden uns also irgendwo zwischen Punkt drei und vier, der Termin mit der Prüfstelle kann vereinbart werden, sobald alle Dokumente vorliegen. Dann kommt die Uni auf die Hebebühne.

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Das groSSe Studiengänge-Horoskop

Nach unserem ersten Horoskop im heuler #111 erhielten wir zahlreiche Anregungen zu fehlenden Studiengängen. Deswegen geht das Weissagen nun in die zweite Runde. Die Hellseher*innen Francine Brückner (fb), Tamara Schellhorn (ts), Tim Bauerschmidt (tb), Julia Fischer (jf), Michèle Köhler (mk) und Mimi Fischer (mf) lasen für euch im Kaffeesatz und riskierten den Blick in die Kristallkugel.

Grundschullehramt

Klassische Archäologie Liebe: Falls du immer noch Single bist, hältst du dich wahrscheinlich an den falschen Orten auf, denn es ist eher unwahrscheinlich dass du im LT einen Lernpartner für „Einführung in die Papyrologie“ findest. Solltest du allerdings zu den Glücklichen gehören, die bereits die große Liebe gefunden haben, dann lade ihn/sie doch mal zu einer Besichtigung der Abguss-Sammlung Antiker Plastik in der Ulmenstraße ein. Es ist der perfekte Ort für ein Schäferstündchen, denn ihr werdet garantiert niemandem begegnen und falls doch, könnt ihr einfach so tun als würdet ihr zur Ausstellung gehören. Semester: Wenn du nicht gerade wieder auf einer Exkursion oder im Museum bist, dann versuchst du deinen gähnend leeren Stundenplan mit diversen Sprachkursen aufzufüllen. Latein, Griechisch und Französisch kannst du bereits, wie wäre es jetzt mit Arabisch? Vielleicht kannst du dann auch endlich dein Auslandssemester in Ägypten verwirklichen, schließlich wolltest du doch schon immer mal nach der Wunderlampe suchen. Zukunft: Es gibt zwei Möglichkeiten wie dein Leben in der Zukunft aussehen wird. Die wahrscheinlichere: Du arbeitest als Nachtwächter in einem Museum. Die coolere: Du erforschst Mumiengräber und uralte Tempel in Kambodscha und stapfst selbstsicher über die Gräber der alten Kaiser in China. Du wirst ständig und überall fotografiert, denn du siehst aus wie Lara Croft/Indiana Jones und deine Arbeit inspiriert Steven Spielberg zu einem neuen Jurassic-Park-Teil. (jf)

Liebe: Venus steht aszendentär im Orion. Wenn du also eine Frau bist, stehen deine Chancen bei Philipp, dem einzigen Mann in deinem Seminar, eher mäßig. Wenn du Philipp bist: Freie Damenwahl. Semester: Das Mandala-Seminar wird nächstes Semester aufgrund der Blau-Gelb-Krise des Dozenten ausfallen, als Ersatzveranstaltung kannst du in Raum 10062 (Bebel-Tower) mit deiner Seminargruppe montags um 8.15 Uhr im Morgenkreis über deine Gefühle hinsichtlich des Ausfalls reden. Zukunft: Nach 37 Arbeitsjahren und einem Schuss Bio-Vodka im Kaffee, schaffst du es, den permanenten Tinnitus zu ignorieren und weiter Klassenarbeiten zu kontrollieren, obwohl dein Gehirn langsam selbst daran zweifelt, ob 2+2 nicht doch 5 sind. Malte (7) schreibt bei Aufgabe 2: „Isch hau dia di fresse blau, du Fotse“. Du korrigierst die Orthographie und widmest dich der nächsten Arbeit. (tb)

Latein Liebe: Wenn du dein*e Partner*in nicht gerade mit einem Spruch à la Harry Potter verhext, ist dein Liebesleben genauso tot, wie die Sprache selbst, weil du kaum Zeit findest, um hinter deinen Bücher hervor zu blicken. Semester: Mit deinem Stowasser unter dem Arm rennst du ausschließlich zwischen der Bibliothek und dem Hauptgebäude hin- und her, um nach der Prüfung zu merken, dass es wieder nur eine 3,7 geworden ist. Zum Glück musst du dich nur mit drei weiteren Kommiliton*innen messen. Zukunft: Solltest du dich für ein Lehramtsstudium entschieden haben, darfst du in den kommenden 30 Jahren deinen Schüler*innen erklären, dass sie unbedingt ein Latinum brauchen, um irgendwie zu überleben - ansonsten finden wir dich im Antiquariat oder beim Arbeitsamt wieder. (mf)

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Elektrotechnik Liebe: Du brauchst dir keine Sorgen machen, dass sich niemand für dich interessiert. Mars steht in einem günstigen Winkel zur Erde, sodass Reibungskräfte dich und deine Liebe erwärmen werden. Beachte jedoch: Die dadurch verursachte statische Aufladung könnte bei deinem Gegenüber zu Kurzschlüssen führen. Semester: Endlich fügt sich der Schaltkreis zusammen und dir geht ein Licht auf. Trotzdem sitzt du oft unter Spannung in deinem Labor und weißt nicht, welche Kontakte du verschalten sollst. Doch verzweifle nicht. Lehne dich zurück, gib deinen inneren Widerstand auf, sodass mehr Energie in dein Projekt fließen kann. Denn Widerstand ist zwecklos. Zukunft: Nach dem Studium ist deine Hardware wieder veraltet. Immerhin schießen nun deine Jobchancen bei Media Markt durch die Decke! Sollte es kein Partner wegen deiner Fachsprache und riskanten Experimente lange bei dir aushalten, mach dir keine Sorgen. Dein vollautomatisiertes Haus wird sich genauso liebevoll um dich kümmern wie Mutti. (ts)(fb)

Medien- und Kommunikationswissenschaften Liebe: Dein Herzblatt sollte Hornbrille und Jutebeutel tragen? Schmeiß lieber mal ein Auge auf was ganz Anderes. Manchmal trügt der erste Anschein und hinter einem Normalo versteckt sich doch jemand, der den gleichen alternativen Indierock hört wie du!? Semester: Auch wenn es momentan chillig ist und du mit dem Drahtesel und der Spiegelreflex die Stadt erkundest: Da kommt was auf dich zu! Vielleicht solltest du das nächste Festival ausfallen lassen, auch wenn es schade um das schöne Bändchen ist, das nun am Handgelenk fehlt. Zukunft: Es weiß zwar niemand so genau was du da eigentlich machst, aber „irgendwas mit Medien“ wird sich schon finden lassen. Wie wäre es zum Beispiel mit PR? Schließlich hast du schon 120 Follower bei Instagram. Mit Uranus im siebten Haus kannst du sorglos durchstarten. (fb)

Mathematik Liebe: Obacht! Jupiter steht in besonderer Konstellation mit Uranus, dadurch geht deine sexuelle Anziehungskraft praktisch gegen Unendlich. Also heute mal Deo auftragen und ´nen frischen Schlüppi anziehen, die Liebe wartet. Flirttipp: Anstatt mit deinen Freunden Game of Thrones zu gucken, lieber mal ans Sonnenlicht gehen und Ausschau halten. Semester: Auch wenn deine Arme schmächtig sind: Box dich durch! Die nächste Übungsreihe hat es in sich und könnte dir die knochigen Beine wegreißen. Also leg den Zauberwürfel aus der Hand und sperr‘ in der Vorlesung lieber mal die Lauscher auf. Zukunft: Wahrscheinlich hast du dein Abi mit 14 gemacht, sodass du jetzt alle Zeit der Welt hast. Deinen Intellekt wird so schnell niemand anzweifeln, also übe dich doch mal in sozialen Kompetenzen. Falls dein Aszendent Widder ist, steht dir großes bevor. Wenn du nicht weißt, was das ist, sieht es eher dürftig aus. Aber hey! Eine Dozentenstelle in Rostock ist ja immer frei. (fb)

Sport Liebe: Hot, hotter, Sportstudenten! Du kannst einfach nichts falsch machen, wenn du bei deinen nächtlichen Streifzügen im Keller oder im LT auf der Suche nach einem attraktiven Zeitvertreib bist. Ob du nun direkt mit der Tür ins Haus fällst und deiner Angebeteten einen perfekt durchtrainierten Unterrücken bescheinigst, oder einfach ganz zurückhaltend auf deine perfekt sitzende Hollister-Jeans verweist – abschleppen klappt immer! Semester: Dein Motto ist Effizienz! Du sparst dir darum auch die ständige Dualität, Uni und Fitnessstudio im Alltagsleben unterzubringen und verbindest beide Bereiche transformermäßig zu einem Studiums-Autobot. Das Resultat: Du joggst jeden Tag im gelben Trainingsanzug zur Vorlesung und lässt dich nostalgischerweise von allen Bumblebee nennen! Zukunft: Long story short: Du unterrichtest an einer drittklassigen Oberschule und zu dem gelben Trainingsanzug sind dann noch Glatze und eine Stimme dazugekommen, die dich durch das jahrelange Maßregeln von Kindern bei Bedarf 130 Dezibel schreien lässt. (mk)

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Politik Demokratie braucht Protest, doch nicht immer wird er richtig gewürdigt. Oft fühlen sich Menschen mit anderer Meinung angegriffen, in anderen Fällen bekommen Demonstrationen kaum Aufmerksamkeit. Ob große Metathemen, wie die Flüchtlings- und Integrationspolitik, oder eher spezielle, wie der Regionalflughafen Rostock-Laage – es gibt zahlreiche und vielfältige Gründe für Protest. Jede*r sollte die Möglichkeit nutzen, seine bzw. ihre Meinung zu äußern, entweder auf der Straße oder eben in einem heuler-Artikel.

Michèle Fischer

Tom Seiler

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In letzter Zeit fanden zahlreiche Proteste und Demonstrationen in und um Rostock statt. Dabei ging es unter anderem gegen die Abschiebung Geflüchteter, um die Finanzierung von Hochschulen und die Arbeitsbedingungen von Erzieher*innen in Kitas. Nicht immer schaffen es die aktiven Gruppen, Gemeinsamkeiten herauszustellen und gemeinsam zu demonstrieren. So trugen Studierende und Erzieher*innen am gleichen Tag ihren Protest auf die Straße – nacheinander und an verschiedenen Orten. Dabei haben beide Gruppen für einen höheren Stellenwert der Bildung und gegen rigide Sparpolitik demonstriert, aber die Chance auf einen größeren, besser wahrnehmbaren Protest leider nicht wahrgenommen. Dennoch ist es gut, dass es viele Kundgebungen und Demonstrationen gibt: sie zeigen, dass sich Menschen nicht einfach mit Missständen abgeben. Es gibt genügend Gründe wütend zu sein, doch auf vielen Demos geht es bunt und kreativ zu. Auf dieser Doppelseite zeigen wir euch Impressionen von einigen Aktionen aus den letzten Monaten.

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"Von Rostock in die Welt"

Von Rostock nach Berlin-Tegel oder nach Hamburg zum Flughafen dauert es schon mal knapp drei Stunden. Wirtschaft und Tourismusbranche sehen darin einen großen Standortnachteil – nicht nur für die Hansestadt Rostock, sondern für ganz MecklenburgVorpommern. Doch der Regionalflughafen Rostock-Laage (RLG) gewinnt nach Jahren der Stagnation nach und nach an Bedeutung für den zivilen Flugverkehr. Autor Daniel Möck hat in Laage zum ersten Mal einen komplett leeren Flughafen gesehen. // Fotos: Daniel Möck

Es mutet mitunter schon ein bisschen komisch an, wenn man die Autobahn A19 an der Abfahrt Laage verlässt. Man fährt durch ein, zwei Dörfer und steht auf einmal vor einem modernen Terminalgebäude, mitten im mecklenburgischen Niemandsland – irgendwo zwischen Rostock, Güstrow und Teterow. Hier, vom Flughafen Rostock-Laage wurden im Mai 2016 erstmals abgelehnte Asylbewerber in ihre Heimatländer abgeschoben – hauptsächlich nach Albanien, Serbien und Mazedonien. Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) verteidigte trotz Protesten und massiver Kritik die Abschiebungen. Schließlich wurde, so Caffier, geltendes Recht umgesetzt. Zyniker mögen in Anspielung auf die Abschiebungen vielleicht sagen, dass der Flughafen damit endlich einmal genutzt würde. Tatsächlich wurde der Airport lange Jahre kaum frequentiert: Im Jahr 1993 wurde der Standort, der bis dahin ausschließlich von der Luftwaffe genutzt wurde, für den zivilen Luftverkehr nutzbar gemacht – 60 der knapp 1000 Hektar großen Fläche wurden für den Personenverkehr umgewidmet. Diese Kooperation von militärischem und zivilem Luftbetrieb ist deutschlandweit einmalig: Denn auch heute starten regelmäßig Eurofighter und Tornados der Bundeswehr zu ihren Testflügen von Laage aus. Doch der zivile Flugplan mutete währenddessen sehr karg an: Teilweise nur eine Flugabfertigung pro Tag, für einen innerdeutschen Flieger voller Geschäftsleute. Wenn überhaupt. Nach sage und schreibe acht Jahren Flugbetrieb wurde 2001 der 500.000 Passagier begrüßt. Kein Wunder: Auf der Anzeigetafel sieht man häufig genau ein startendes Flugzeug pro Tag – und direkt darunter den einen Start für den nächsten Tag. Kritik an der Wirtschaftlichkeit wurde laut, schließlich wird der Flughafen bis heute durch das Land finanziell subventioniert. 2013 hatte der Airport ein Defizit von 2,8 Millionen Euro vorzuweisen. Doch seit geraumer Zeit kommt im wahrsten Sinne des Wortes Bewegung nach Laage. Dieser Aufschwung hängt mit

einem Mann zusammen: Rainer Schwarz. Im Dezember 2014 wurde Schwarz Geschäftsführer des Flughafens Rostock-Laage. Zuvor war er Sprecher der Geschäftsführung der Berliner Flughäfen – dazu gehörte neben Schönefeld und Tegel auch der 2008 stillgelegte Flughafen Tempelhof. Zudem steht die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH dem Pannenairport BER als Bauherr vor. Aufgrund der baulichen Verzögerungen am BER wurde Schwarz 2013 in Berlin entlassen, obwohl der Baubereich nicht in seinen persönlichen Aufgabenbereich fiel. Er klagte gegen seine Entlassung und bekam im Oktober 2014 vom Landgericht Berlin in allen Punkten Recht. Trotzdem ging er nach Rostock. Unter der Geschäftsführung von Schwarz konnte der Flughafen Laage seine Passagierzahlen deutlich erhöhen: Von 169.945 Passagieren im Jahr 2014 auf 190.869 Fluggäste im Jahr 2015. Der Grund für den Anstieg ist die Abfertigung von tausenden Kreuzfahrtgästen der Costa Crociere. Vier Chartermaschinen aus Rom, Mailand, Madrid und Paris landeten während der Sommersaison 2015 jeden Freitag auf dem Flughafen Laage, um Kreuzfahrtgäste für die Costa Favolosa abzusetzen und wieder mitzunehmen. Knapp 1200 Passagiere reisten 2015 Woche für Woche von Mai bis September auf diese Weise nach Rostock an oder ab. Per Busshuttle wurden die Gäste direkt nach Warnemünde gebracht – ohne großes Gepäck. Dieses wurde noch am Abflugort aufgegeben und wird von dutzenden Mitarbeitern per LKW direkt vor die Kabinentür auf dem Kreuzfahrtschiff gebracht. Das System hat sich bewährt, der Flughafen hat seine Nische gefunden. „Knapp 20.000 zusätzliche Touristen wurden 2015 über Rostock-Laage transportiert“, rechnet Schwarz stolz vor. Und so wird das Angebot in diesem Jahr nun massiv ausgebaut. Neben Costa, die 2016 sogar Passagiere in bis zu acht Maschinen nach Laage entsenden, nutzen dieses Jahr auch 14.000 Gäste der MSC Opera den Flughafen. Durch die Kooperation mit der spani-

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schen Kreuzfahrtreederei Pullmantur werden darüber hinaus weitere 33.000 Menschen erwartet. Von Mitte Juni an werden somit jeden zweiten Samstag zehn Maschinen aus Spanien den Flughafen ansteuern, auch eine Boeing 747 wird darunter sein. Nur einen Haken haben die Charterflüge: Sie sind ausschließlich für die Kreuzfahrtgäste. Urlauber aus Rostock und Umgebung können nicht einfach mitfliegen. Sie werden auch nicht im Reisebus nach Laage gefahren, sondern müssen das Auto oder die Buslinie 127 der rebus Regionalbus GmbH nutzen. 9,80 Euro kostet eine Fahrt im Bus von Rostock zum Flughafen. Allerdings fahren die Busse der Linie 127 nur als Zubringer für die Flieger – und demzufolge sehr unregelmäßig und selten. Trotzdem: Der Flugplan für den normalen Flugverkehr wurde in den vergangenen Wochen ausgebaut. Seit März fliegt täglich eine Maschine von Rostock nach München. Zudem werden in der Sommersaison die Urlaubsorte Burgas und Varna in Bulgarien, die griechischen Inseln Kreta und Rhodos, Palma de Mallorca, Antalya, Basel und Linz angeflogen. Dazu kommen die ganzjährigen innerdeutschen Verbindungen nach Stuttgart oder Köln/ Bonn. Jeden Tag starten zurzeit mindestens drei Passagiermaschinen von Laage aus in die Welt – exklusive Frachtmaschinen, Luftwaffe und Testflügen der Lufthansa, die den Flughafen zu Übungszwecken für das Starten und Landen nutzt. Auch wenn das noch nicht allzu viel ist, eine Steigerung gegenüber den letzten Jahren ist erreicht. Und das Potential ist noch nicht ausgereizt: Der Flughafen könnte weiter expandieren, er liegt fernab größerer Wohnbebauung. Und deshalb gibt es auch keine Nachtflugverbote, sondern eine theoretisch mögliche Abfertigung 24 Stunden am Tag. Grund genug für Mecklenburg-Vorpommerns Verkehrsminister Christian Pegel (SPD) optimistisch in die Zukunft zu blicken: „Der Flughafen Rostock-Laage hat nach Jahren der Stagnation die Intensivstation verlassen und befindet sich auf dem Weg der Besserung.“


Provokation, Sitzblockaden und Vernunft – Studis auf dem Weg in den Landtag

Am 4. September finden in Mecklenburg-Vorpommern die Landtagswahlen statt. Auf den Listen der etablierten Parteien finden sich auch drei Studierende der Uni Rostock: Phillip von der Linken, Ronja von den Grünen und Chris von der FDP. Der heuler stellt sie euch vor. Autor Wiegand Körber leidet an Wahlüberforderung – Bei der Landtagswahl treten 17 Parteien an.

Der 7. Mai 2016, gegen 14 Uhr: Circa 200 Jugendliche und junge Erwachsene haben sich am Kröpeliner Tor eingefunden, um für die Legalisierung von Cannabis zu demonstrieren. Neben einem Stand des Veranstalters haben auch Linke und Grüne Informationspunkte aufgebaut, um für ihre jeweilige politische Position zum Thema Marihuana zu werben. Beim Goodie-Bag verteilen ganz vorne dabei: Ronja Thiede (Grüne) und Phillip Bock (Linke), zwei der drei Studierenden der Uni Rostock, die versuchen, über einen Listenplatz in den Landtag von MV einzuziehen. Ob ihres Alters gelten sie als VertreterInnen der Jugend, eine Rede auf einer Demo zur Legalisierung von Marihuana ist dabei eine entscheidende Gelegenheit, um sich öffentlich zu präsentieren – und für die WählerInnen wiederum ein wichtiger Prüfstein zur Tauglichkeit. Phillip Bock (Linke) schreitet zuerst ans Mikrofon und beginnt seine Rede mit „Liebe Freundinnen und Freunde“, um dann darzustellen, dass das Rauchen eines Joints am Stadthafen dazu führen würde, dass anschließend, und mit Bezug auf den Einsatz von Ordnungskräften, „die Hölle los“ sei. Das Publikum reagiert ob dieser hemmungslosen Übertreibung mit Gelächter und Unverständnis. Später folgt Ronja Thiede (Grüne), doch die Einleitung ihrer Rede ist nicht zu verstehen, zu leise ist das Mikrofon eingestellt und zu leise ist ihre Stimme. Als dann endlich nachjustiert wird, beginnt Ronja ihre Rede jedoch nicht neu oder reagiert spontan auf den Zwischenfall, sondern spricht einfach weiter, sodass der Anfang ungehört bleibt. Chris Rehhagen (FDP), der dritte Studierende der Universität Rostock, der über eine Landesliste in den Landtag von MV einziehen möchte, hätte auch auf der Demo gesprochen, wenn nicht eine Familienangelegenheit seine Aufmerksamkeit gefordert hätte. Im vergangenen

Jahr war er dabei und verteilte Süßigkeitentüten mit der Aufschrift „Nehmt den Dealern ihren Arbeitsplatz weg“. So nah die drei sich in dieser Hinsicht thematisch sind, so wenig haben sie im Auftreten gemeinsam. Dass Chris sich wie Phillip bei offiziellen Anlässen mit provokanten T-Shirts zeigt ist ebenso wenig vorstellbar, wie die Vorstellung, dass er sich neben Ronja auf die Schienen vor Lubmin setzt, um Atommülltransporte zu blockieren. Stattdessen erscheint er sogar zum Fototermin mit dem heuler im gebügelten weißen Hemd und lässt sich auf die Frage nach einer symbolischen Geste für seinen Wahlkampf mit erhobenem Daumen und breitem Grinsen ablichten – sieht dabei aber aus, wie Kumpel Christus aus dem Filmklassiker Dogma. Es ist einfach, sich über diese Ausdrücke politischer Unerfahrenheit lustig zu machen, zu bemüht und unsicher wirkt das Auftreten. Aber das wäre arrogant und schlichtweg unangebracht. Denn Ronja, Phillip und Chris personifizieren nicht nur ihre Parteidoktrin, sondern ebenso den Versuch, Politik (wieder) in die Schichten zu tragen, in denen eine Diskussion um das Für und Wieder von Fracking schon seit langem hinter der Frage verblasst, ob der Tinder-Finger nun nach rechts oder links wandern soll. Und das in einem Bundesland, in dem rechte Parteien bei den nächsten Wahlen bis zu einem Viertel der Stimmen auf sich vereinen könnten, es regelmäßig zu rassistisch motivierten Straftaten an Geflüchteten kommt und junge, gebildete Frauen keine andere Perspektive sehen, als abzuwandern. Die drei repräsentieren dabei unterschiedliche Strategien politischer Mobilisierung, welche wiederum exemplarisch für die Versuche stehen, den institutionalisierten Politikbetrieb wieder attraktiv zu machen.

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Die Aktivistin: Ronja Thiede Bündnis 90/Die Grünen / Listenplatz 11. Ronja spricht mit leiser Stimme, präzise in ihren Aussagen und niemals unsachlich. Dieser Eindruck täuscht jedoch über die politische Sozialisation der 25-jährigen hinweg. Aufgewachsen im Wendland ist sie ein Kind des zivilen Ungehorsams der Tage, als Gorleben noch regelmäßig Schauplatz von organisiertem Protest gegen staatliche Willkür und Polizeigewalt war. Sogar der Spiegel schrieb 2009 unter dem Titel „Wahlfahrt im Wendland: Drei Generationen Grün“ über Ronja. Politik bedeutet für sie daher Mobilisierung und Aktionismus: „Ich denke, dass MV in Sachen Mobilisierung für politische Themen noch viel nachzuholen hat“, so die Studentin für Politikwissenschaft und Geschichte. Das zu ändern ist ihre Strategie für den Einzug in den Landtag – auch wenn ihr bewusst ist, dass dieser durchaus unwahrscheinlich ist. Darum wird sie mit der Grünen Jugend vor den Wahlen eine längere Tour durch MV machen, um gezielt für die Positionen der Grünen zu werben, beispielsweise in Schulen, wo sich das Potential zukünftiger Wahlen aufhält – jene Jugend, die sich allzu oft unpolitisch oder inhuman orientiert. Dass das zum Teil und in bestimmten Gruppen daran liegen kann, dass die Grünen in ihrem Auftreten oftmals akademisch und abgehoben klingen, ist für sie offensichtlicher Teil des Problems. Daher ist es nötig, Diskussionen auch dann anzustoßen, wenn dies Gefahr für die Normalität und Konformität der Partei birgt, etwa über den fußballmeisterschaftstypischen Partypatriotismus, dem akademische Untersuchungen schon lange Verbindungen zu Nationalismus und Abwertung anderer Menschen nachgewiesen haben. Wieso sie sich trotz ihres jungen Alters in der Lage fühlt, der Verantwortung eines Landtagsmandats gerecht zu werden? „Ich denke nicht, dass ein großer Erfahrungshorizont immer zu Weisheit und Klugheit führt.“

Der Politiker: Chris Rehhagen FDP / Listenplatz: 8. Wenn man versucht, Chris Rehhagens politisches Profil in einen Satz von ihm zu pressen, würde dieser lauten: „Die haben ein völlig falsches Demokratieverständnis.“ Mit „die“ sind dabei alle gemeint, die Politik nicht im weber’schen Ideal der Leidenschaft im Sinne der Sachlichkeit praktizieren. Das kann die Landesregierung von MV sein, die im Zuge des Volksentscheides über die Gerichtsreform ihre AnhängerInnen dazu aufrief, nicht wählen zu gehen und damit die demokratische Mitbestimmung per se untergräbt, aber auch PolitikerInnen anderer Parteien, die sich zur Durchsetzung ihrer Ideen zu Populismus verleiten lassen. Der Forderung von Teilen der Grünen Jugend, Nationalflaggen bei Sportveranstaltungen zu verbieten, begegnet der 24-järige darum nicht polemisch, sondern verweist stattdessen auf die Tradition der Farben schwarz-rot-gold in der deutschen Befreiungsgeschichte von der Herrschaft Napoleons. Überhaupt ist Chris, ganz im Sinne seines physikalischen Masterstudiums, skeptisch gegenüber allem, was pauschal daherkommt. Der im Programm der FDP enthaltenen Forderung nach mehr direkter Demokratie ist deshalb nicht uneingeschränkt zuzustimmen. Denn Volksentscheide fordern eine engagierte Bürgerschaft, die so nicht existiert. Das zeigt sich in BürgerInnensprechstunden von PolitikerInnen im ganzen Land („Die sagen wahrscheinlich, in meiner Bürgersprechstunde kann ich am besten arbeiten.“), aber auch in der Hochschulpolitik („Erschreckend, wie gering die Beteiligung ist.“). Dem entgegen setzt er aufmerksames Zuhören und Fragenstellen. Denn Leute mit völlig falschem Demokratieverständnis sind auch Ältere, die behaupten, dass sie sich nicht genug auskennen, um wählen zu gehen, oder Jüngere, die fragen, wieso er so viel Zeit in die Politik verschwendet. Das Abwägen und der Vorrang der Vernunft sind letztendlich auch entscheidend dafür, dass sich Chris mit unrealistischen Forderungen zurückhält: „Ein Problem aufnehmen, sich darüber Gedanken zu machen, wie eine Lösung aussehen kann und diese dann angehen – das ist für mich eine Vision, wie sie Politiker haben sollten.“ Der Provokateur: Phillip Bock Die Linke / Listenplatz 18. Phillip Bocks Strategie ist die Provokation: „Die Jugendlichen fühlen sich von den älteren Parteikadern nicht wahrgenommen, ihr Bedürfnisse werden nicht aufgegriffen. Deshalb wandern sie zu den Rechten ab.“ Dagegen setzt der 24-jährige auf seine Zugehörigkeit zur jüngeren Generation, sowie auf diskutab-

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le Aussagen: „Wenn etwas unbequem klingt, dann denkt man vielleicht später noch einmal darüber nach“. Dabei ist neben dem verbalen auch das äußere Auftreten entscheidend. Dazu trägt Phillip auf öffentlichen Veranstaltungen gerne T-Shirts mit kontroversen Botschaften, etwa „161“ (Antifaschistische Aktion) oder „no heart for a nation“. Das ist vor allem eine Reaktion auf die zunehmende Personalisierung des Wahlkampfes im gesamten demokratischen Westen. „Ich denke nicht, dass es etwas bringt, seine Forderungen plump auf Facebook zu stellen, man muss die Argumente mit der Person verbinden um sie greifbarer zu machen.“ Zu diesem Zweck finden sich im Internet auch immer wieder Bilderstrecken, auf denen sich der Lehramtsstudent für Geschichte und Sozialkunde bei Formen des politischen Protests inszeniert, beispielsweise auf den Demonstrationen am 01. Mai in Demmin. Dennoch ist es für ihn im Umgang mit der AfD entscheidend, sie nicht zu ignorieren, sondern sich sachlich mit den oftmals unsachlichen Argumenten auseinanderzusetzen. Nur so könne eine Entkräftung der Opferrolle rechter PolitikerInnen gelingen. Dazu passt seine Antwort auf die Frage nach der wichtigsten Eigenschaft eines Politikers: „Aufrichtigkeit. Zu seinen Überzeugungen stehen und sich nicht aufweichen lassen. Bei vernünftigen Gegenargumenten allerdings nicht an Falschem festhalten nur weil es gewohnt ist, sondern sich neuen Situationen angemessen stellen.“


Law & Order: Rostock

Prof. Dr. Birgit Peters und Prof. Dr. Jelena Bäumler, beide Juniorprofessorinnen für Öffentliches Recht, Europarecht und Völkerrecht an der juristischen Fakultät, sowie Mitbegründerinnen der Law Clinic der Universität Rostock, erklären die Beweggründe, Arbeitsweise und Herausforderungen ebendieser. Autorin Michèle Köhler würde auch gerne mal Wissen anwenden können.

heuler: Könnten Sie zuallererst kurz erklären, worum es sich bei der Law Clinic handelt? Peters: Die Law Clinic for Public and International Law, wie sie offiziell heißt, ist als studentisches Projekt hier an der Fakultät, auf Initiative von Fabian Unser-Nad, einem Studenten unserer Fakultät, gegründet worden. Er wollte schon lange diese Art von studentischer Rechtsberatung etablieren und ist dann mit der Idee etwa in der Zeit zur Höhe der Flüchtlingskrise zu uns gekommen und hat gefragt, ob wir uns das vorstellen können. Wir wollten diese Initiative gern unterstützen. Also haben wir uns im September/Oktober letzten Jahres zusammengesetzt und entworfen, wie das Ganze funktionieren kann. In einer Findungsphase mussten wir erst einmal ausarbeiten, wie und auf welche Weise wir uns organisatorisch aufstellen wollen und mit welchen Zielsetzungen. Wir sind dann zusammen mit den Studierenden zu dem Ergebnis gekommen, dass wir gesicherte rechtliche Informationen für die Helfercommunity hier in Rostock erstellen wollen und diese dann möglicherweise in einem späteren Schritt auch selbst an die Geflüchteten herantragen möchten. Wir erstellen jetzt sogenannte Factsheets zu den drei Bereichen „Familiennachzug“, „Arbeit und Ausbildung“ und „Gesundheitsversorgung“. Darin listen wir auf, was die Geflüchteten für Ansprüche haben, welchen Umfang das Ganze hat usw. Wir haben uns also auf dieses Feld der Leistungsansprüche konzentriert und stellen dafür Informationen bereit, die anderweitig nur verklausuliert oder juristisch verfügbar sind. Wir machen keine individuelle Rechts-

beratung für Geflüchtete, einfach aus dem Grund, weil wir uns gesagt haben, wir müssen Wissen aufbauen und können jetzt nicht sofort Leute darüber beraten, ob sie möglicherweise ausreisen sollten oder ähnliches. Die dafür nötige moralische und juristische Verantwortung ist in dem Umfang, in dem wir uns bewegen, einfach zu groß. Wie viele Akteure partizipieren derzeit an der Law Clinic und aus welchen Personengruppen setzen sie sich zusammen? Bäumler: Es ist weiterhin eine Studierendeninitiative und wir als Lehrende halten uns weitestgehend im Hintergrund. Organisiert wird die Law Clinic auch von Studierenden. Derzeit sind bei den Orga-Treffen regelmäßig zehn bis zwanzig Mitglieder. Die gesamte Law Clinic hat schätzungsweise 20 bis 30 Aktive, die sich in den jeweiligen Arbeitsgruppen organisieren und mitarbeiten. Wir haben auf der anderen Seite hauptsächlich die Organisation der Workshops und den größeren Überblick über den Ablauf, sowie die Gesamtausrichtung der Law Clinic übernommen. Die Studierendenschaft ist eine bunte Mischung, unter den Mitgliedern sind größtenteils Bachelor- bzw. Masterstudierende von der juristischen Fakultät aus dem Good Governance-Studiengang, aber auch PolitikwissenschaftlerInnen und TheologInnen. Peters: Es gibt ein paar, die sich ohnehin schon vor Gründung der Law Clinic in der Flüchtlingshilfe und Beratung engagiert haben und die sich nun auf diese Art und Weise weiter fortbilden wollen.

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Bäumler: Darüber hinaus haben wir auch einige Ehrenamtliche, die derzeit gar nicht zu den Studierenden gehören, die aber auch mit zu den Arbeitsgruppen kommen und berichten, was die aktuellen Probleme, beispielsweise in den Unterkünften, sind. Wie gestaltet sich seit der Gründung der Andrang der Partizipationswilligen? Peters: Es gibt so eine übliche Semesterverteilung an Partizipation. Zu Anfang hatten wir relativ viele, die mitmachen wollten und im Laufe der Zeit ist dieser Andrang sicher auch aufgrund der Semesterferien zunächst eingebrochen. Bäumler: Man könnte vielleicht sagen, es hätte sich stabilisiert. (lacht) Peters: Und jetzt sind wir wieder auf dem schon erwähnten Niveau von 25 bis 30 Leuten. Natürlich ist es wünschenswert, dass noch mehr Leute mitmachen wollen, aber ich denke, dass diese Zahl derzeit die stabile Nummer ist, auf die wir uns eingependelt haben. Wie arbeitet die Law Clinic? Bäumler: Unsere Law Clinic besteht im Moment aus zwei großen Arbeitsbereichen. Der eine Bereich ist, das Wissen bei den Studierenden selbst zu schaffen und dazu haben vor allem die verschiedenen Workshops gedient, zu denen wir auch Fachleute aus der Praxis und der Wissenschaft eingeladen haben. Der zweite große Teil ist die Anwendung des Wissens durch die Studierenden. Wie bringt man das mit den Bedürfnissen der geflüchteten Menschen zusammen? Und hier ist eben die Idee,


dass wir rechtliche Fragen so aufbereiten, dass man sie, auch ohne ein Jurastudium zu betreiben, beantwortet bekommt. Dazu dient etwa die Erstellung von Factsheets zu den drei Bereichen, die wir derzeit bearbeiten. Werden in bestimmten Fällen einzelne Geflüchtete im Folgenden an ansässige Rechtanwälte weitervermittelt? Peters: Bei uns ist ein Rechtsanwalt involviert, das ist Herr Wanie aus Rostock, der sich auch bereit erklärt hat, die Arbeitsgruppe „Gesundheit“ zu übernehmen. Dort ist er in seiner Gestaltung natürlich frei, wie er diese Fragen dort beantworten will und dazu ein Factsheet erstellt. Auf lange Sicht wäre es auch eine Idee, dass Anwälte mit konkreten Fragen an die Studierenden herantreten können. Diesen Weg haben wir jetzt für die Anfangsphase erst einmal nicht gewählt. Es gibt in MecklenburgVorpommern lediglich zwei bis drei Anwälte, die sich mit den Asylfragen hauptamtlich und auf Vollzeit beschäftigen. Gehörten zu den Beweggründen für die Law Clinic auch die Kritik am Umgang mit der derzeitigen Lage und der Hinweis auf einen offensichtlichen Missstand? Bäumler: Soweit ich damals unseren Initiator Fabian Unser-Nad verstanden hatte, bestand bei ihm schon die Erkenntnis, dass man im Studium sehr viel abstraktes juristisches Wissen lernt, aber eigentlich wenig mit dieser praktischen beratenden Seite in Kontakt kommt. Und im Folgenden kamen eben mehrere Faktoren hinzu: Zum einen die Flüchtlingskrise, bei der

man auch das Gefühl hatte, dass zu wenig rechtliches Wissen weitergegeben wird und zu wenig Zugang zu Informationen herrscht, die sich eben an die Geflüchteten in einem positiven Sinne wendet. Und diese Aspekte zusammen, zum einen, was könnten wir eigentlich praktisch mit unserem Wissen machen, welches wir in abstrakter Form im Studium lernen und zum anderen diese sehr starke Zuspitzung der Flüchtlingskrise im Herbst letzten Jahres, waren dann der Hintergrund für die Initiative, somit also ein Zusammenwirken. Ich denke, dass man die gesellschaftliche Relevanz dieser Law Clinics, die es ja nicht nur in Rostock, sondern auch an vielen anderen Stellen gibt, nicht unterschätzen darf. Hier tun sich wirklich Studierende zusammen und sagen, dass sie den Menschen helfen wollen. Wie ist die Resonanz seitens des Rektorates oder auch der Bevölkerung zur Arbeit der Law Clinic? Peters: Wir haben schon eine Spende vom Netzwerk Courage über 500 Euro bekommen und man kann also sagen, dass wir in gewissen Teilen Rostocks durchaus angekommen sind. Die Universität finanziert das Projekt im Studium Optimum, einem Förderprogramm für eigenorganisierte studentische Projekte und damit wird das Projekt hauptsächlich auch finanziert. Bäumler: Wir haben eine sehr positive Resonanz auf das Projekt erhalten und fühlen uns gut unterstützt von der Universität. Eben mit der kleinen Einschränkung, dass die Finanzierung an einem gewissen Punkt auslaufen wird (Ende Juli 2016) und wir uns jetzt auch schon

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mit der Frage nach der Anschlussfinanzierung auseinandersetzen müssen. Wir hoffen natürlich, dass uns dann möglicherweise Spenden aus dem privaten Bereich weiterhelfen oder die Universität andere Töpfe findet, um uns weiter zu unterstützen. Für eine relativ kleine Fakultät mit nicht so vielen Good GovernanceStudierenden haben wir eigentlich schon einen recht stabilen Pool an aktiven Menschen, die sich einbringen und engagieren möchten. Zum Abschluss: Wie sind vor diesem Hintergrund Ihre Ansichten über die Zukunft der Law Clinic? Bäumler: Wir hoffen, dass es weiterhin eine Initiative „von Studierenden für Studierende“ bleibt und wir laden aus diesem Grund auch immer herzlich alle ein, die mitmachen möchten. Hier besteht wirklich die Möglichkeit, Wissen in einem bestimmten Bereich zu generieren, was man im Studium so nicht bekommt. Zum anderen kann man hier in Kleingruppen an bestimmten aktuellen Fragen mitarbeiten. Es gibt beispielsweise auch Workshops mit dem Thema Kommunikation, bei denen man auch zwischenmenschliche Kompetenzen erlernen kann, die über das rein juristische Wissen hinausgehen. Somit werden auch Fähigkeiten erworben, die man vielleicht so im Studium nicht erlernen würde. Es sind also Studierende jeglicher Fachrichtungen eingeladen, zu partizipieren.


Wenn wir gehen,

dann? wohnen hier nur noch

Nationalsozialisten.

Wer macht es denn

Im Rahmen eines Seminarwochenendes zum Thema „Alles was Rechts ist – neue und alte Rechtsradikale in Deutschland“ begab sich eine Gruppe von Stipendiaten auf die Reise nach Jamel, um dort auf die Familie Lohmeyer zu treffen und ich war für den heuler dabei. Autorin Tamara Schellhorn begleitete die Stiftung der Deutschen Wirtschaft auf eine Exkursion nach Jamel.

Unsere Gastgeber Horst und Birgit Lohmeyer kommen aus Hamburg und wollten sich in Jamel zur Ruhe setzen. Dieser Wunsch hielt nicht lange an. Denn in die Nachbarschaft zogen nach und nach immer mehr Rechtsextreme. Sie mussten lernen, mit Beschimpfungen und vulgären Gesten umzugehen. Es ist nicht klar, ob alle Nachbarn wirklich Nationalsozialisten sind, aber auch jene, deren politische Richtung nicht eindeutig ist, meiden das Pärchen. Es ist wichtig zu sagen, dass es keine Lebensaufgabe von den beiden war, sich so gegen Rechtsextremismus zu engagieren, wie sie es jetzt tun. Es ist durch die äußeren Umstände dazu gekommen, dass sie sich laut gegen rechts aussprechen müssen. Und das tun sie. Birgit und Horst haben mehrere Termine im Jahr mit verschiedenen Medien. Auf die Frage, wieso sie sich das antun, antwortet Birgit Lohmeyer mit ausgebreiteten Armen: „Ihr seid der Grund wieso wir weitermachen. Und nicht nur ihr, sondern auch all die lieben Grüße und positiven Zusprüche aus aller Welt! All die positive Resonanz zeigt uns, dass wir auf der richtigen Seite stehen und dass es noch nicht

an der Zeit ist, etwas anderes zu tun. Wenn wir gehen, wohnen hier nur noch Nationalsozialisten. Wer macht es denn dann?“ Im August wird in Jamel wieder das Festival „Jamel rockt den Förster – Musikfestival für Demokratie und Toleranz“ gefeiert. Es wird immer gut besucht und einige bekannte Gesichter sind auf der Bühne zu sehen – so zum Beispiel Bela B und Die Toten Hosen. So aufregend das Leben der zwei klingt, so verwirrend sind die Grenzen. Eine benachbarte Schule bat die beiden um eine kleine finanzielle Spende. Birgit und Horst waren bereit diese zu geben, wenn von diesem Geld die Lehrkräfte geschult würden, Aufklärungsarbeit zu leisten. Nach dieser Forderung hörten sie nichts mehr von der Schule. Ein Willkommensschild wirkt genauso falsch an diesem Ort wie unsere Gruppe. Ich fühle mich zum einen beobachtet und zum anderen eingeschüchtert, vor allem, als wir bei der Abfahrt von den Anwohnern fotografiert werden. Unsere Gruppe wird sogar verfolgt, von zwei Männern und einem Kind, als wir durch das Dorf schlendern. Andererseits kommen wir

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uns vor wie Zoobesucher, da wir wie Touristen deren Privatleben ansehen. Verschnörkelungen an einer Laterne und die Anordnung von Pflastersteinen deuten ein Hakenkreuz an. Der Wegweiser nach Bernau und anderen Städten steht auf einem großen Stein und ist kaum zu übersehen. Der bekannte Anstrich an der Mauer hat ein neues Motiv bekommen. Dort ist der Bundesadler zu sehen und ein heidnisches Symbol. Auffallend ist auch der Maibaum, der sich auf ein heidnisches Fest bezieht. Birgit erzählt, dass es auch andere Feste vor Ort gibt, die gefeiert werden, beispielsweise das Oster- oder Lichterfest. Vor dem großen Ansturm der Presse, soll wohl auch Adolf Hitlers Geburtstag gefeiert worden sein. Was genau dort gefeiert wird und wie das von statten geht, weiß man natürlich nicht. Zum Schluss lässt sich nur noch sagen, dass Jamel einen Aufenthalt wert ist. In diesem Dorf stecken sehr viele Eindrücke und das Gefühl von einem Stück Geschichte, das einen auch lange danach nicht mehr loslässt.


Rostock, gespaltene Stadt

Die Angriffe auf minderjährige Geflüchtete in Groß Klein haben gezeigt, dass Rostocks Stadtgesellschaft ein Riss durchzieht – während in den Randgebieten Konflikte schwelen, gibt sich die Innenstadt einer Utopie hin. Eine subjektive Bestandsaufnahme. Autorin Sophia Blomeyer und Autor Wiegand Körber bereiten sich vor: Kistenweise M&O steht bereit.

Es ist nun etwas mehr als einen Monat her, da brach in Rostock eine wohlgehegte Illusion zusammen. Die Illusion einer Stadt, die von der Wochenzeitung „Die Zeit“ mit dem Titel „offene Stadt“ als Beispiel für gelungene Willkommenskultur gefeiert wurde, die Stadt von „Rostock hilft“ und einem letztlich würdevollen Gedenken an Mehmet Turgut. In 24 Jahren schien aus Rostock-Lichtenhagen eine Art Rostock-Kreuzberg geworden zu sein – hässlich und provinziell zwar, doch mit einer Art multikulturellem Touch, der sich, nicht zuletzt und als Beweis auch bei den größten Skeptiker_innen, in den exotischen Läden in und um die KTV manifestierte. Die Angriffe des rechten Mobs auf geflüchtete Jugendliche im Stadtteil Groß-Klein Anfang Juni haben ein anderes Bild zum Vorschein gebracht: Dass nämlich die Rostocker Stadtgesellschaft janusköpfig ist, wenngleich der grässliche der beiden Köpfe so lange geschlafen hat, dass seine Existenz beinahe vergessen wurde – und nun umso deutlicher hervortritt. Dabei gab es in den vergangenen Jahren genug Zeichen, an der demokratischen und offenen Einstellung eines großen Teils der Stadtgesellschaft zu zweifeln. Spätestens nachdem lediglich ein Drittel der Rostocker_innen an der Wiederwahl des Oberbürgermeisters Roland Methling beteiligt waren, hätten die Alarmglocken läuten müssen. Doch all das blieb überdeckt, weil der Stadtdiskurs seit langem von einem innenstadtnahen Kreis aus Kulturund Wissenschaftsinteressierten dominiert wird. Stubnitz, Georg-Büchner, Mehmet Turgut, die horrenden Schulden der Stadt und vor allem das dominierende Volkstheater waren Themen, die am Brink diskutiert worden sind, über die am Schiffbauerring aber wohl noch nie ein Wort gefallen ist. Einzig die Rettung des FCH durch einen Teilschuldenerlass der Stadt im Jahr 2012 lässt sich als Debatte der gesamten Stadtgesellschaft interpretieren – auch wenn dort der Zynismus der Intellektuellen, jene, die Lütten Klein folkloristisch schon mal mit dem Broadway vergleichen, deutlich zum

Vo r s c he i n kam. Waren sie es doch, die forderten, Hansa Rostock nach dem Prinzip der Wi r t scha f tlichkeit zu bewerten – eine ähnliche Einschätzung für das Theater erntet jedoch verächt l iche Blicke und ein Abtun als Argument der angeblichen Ku lt u r fei ndlichkeit. Auftrieb erhielt die Selbstgefälligkeit der Rostocker In nenstadtgesellschaft auch durch die Welle zivilgesellschaftlichen Engagements rund um „Rostock hilft“. Eine nie da gewesene Spenden- und Hilfsbereitschaft eines großen Teils der Rostocker Bevölkerung führte selbst bei vielen vormaligen Zwei f ler_ i n nen dazu, Debatten um Rostocks Vergangenheit nach Wismar und Anklam auszulagern. Einen ersten Riss bekam dieser Eindruck, als eine Aktion des FCH zugunsten von Geflüchteten heftige Diskussionen in sozialen Netzwerken und auf den Tribünen des Ostseestadions auslöste – ist doch der FCH einziger Träger einer gesa mtgesellscha f tlichen Anhänger- schaft. Doch auch aus diesen Geschehnis- sen kam es zu keiner g e s a mt s t ä dt i s c h e n Diskussion, ein weiteres Zeichen, welches nicht wahrgenommen wurde. Stattdessen strömten engagierte Gef lüchteten helfer_ innen aus dem intellektuellen Milieu in die Diskussionsrunden der Stadtteile um ge- plante Unterbringung von Geflüchteten und diffamierten kritische Anwohner_innen – wenn nicht zu Unrecht, so doch mit heftigster Arroganz gegenüber deren Lebensrealitäten – als Nazis. Welchen schädlichen Eindruck all diese Formen moralischer und gesellschaftspolitischer Überheblichkeit hatten, ließ sich anfangs in den Kommentarspalten der regionalen Tages-

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zeitungen betrachten, hat nun aber den Weg auf die Straße gefunden. In Groß Klein trafen linke Autonome auf Neonazis und besorgte Bürger aus der Nachbarschaft. Das dennoch kein neuerliches Lichtenhagen droht, wie es eifrige Journalist_innen schon betitelten, ist vor allem dem Teil der Stadtgesellschaft zu verdanken, der oft als zu radikal abgetan und diffamiert wird. Noch bevor die Übergriffe publik wurden, leisteten Menschen aus dem Umfeld des Café Median Hilfe, wo sie von Nöten war: In Groß Klein selbst. Auch der AStA, dessen Mitglieder und Umfeld „Rostock hilft“ wenn nicht verantwortet, so doch maßgeblich unterstützt haben, verlegte das geplante Straßenfest des Festival contre le racisme kurzerhand nach Groß Klein. Das birgt Hoffnung und beweist, dass Lichtenhagen ‘92 sensibilisiert hat. An dem Grundproblem der gespaltenen Rostocker Stadtgesellschaft ändert dieser Umstand jedoch nichts – hier muss wieder einmal die Fackel der Vernunft herhalten. Denn gesellschaftlicher Diskurs als Grundlage der eigenen Meinungsbildung ist zumindest ein Teil der Lösung. Dass dieser nicht von selber vonstattengeht, haben die letzten Jahre bewiesen, ein Umdenken ist also nötig. Dabei geraten vor allem jene Institutionen in den Blickpunkt, welche Rostock dominieren, etwa die Universität, Firmen von AIDA bis Nordex, sowie im gesamten Rostock anerkannte Persönlichkeiten à la Marteria. Würden diese in die Diskussion um Geflüchtete eintreten, führte das wohl zu einer neuen Qualität politischer Meinungsbildung in der Stadtgesellschaft. Denn obgleich das Vertrauen in die lokale Politik nachhaltig erschüttert sein mag, an die Rostocker Brauerei glaubt ein großer Teil der Leute nach wie vor. Wieso also nicht M&O-Etiketten mit der Frage „Würdest du dein Zuhause zurücklassen, um dein eigenes Leben zu retten?“ drucken und so die Debatten wieder dorthin zurücktragen, wo sie hingehören: In die Hände eines jeden Bürgers und einer jeden Bürgerin dieser Stadt.


Geflüchtete an der Uni

Viele Flüchtlinge möchten an der Uni studieren, doch sind die Möglichkeiten für sie relativ begrenzt. Was kann man tun, wenn ein riesiges Interesse für ein Studium besteht, sie aber die deutsche Sprache noch nicht beherrschen? Autorin Anastasia Arinushkina versteht manchmal auch nur Bahnhof an der Uni. // Foto: Anastasia Arinushkina

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Eigentlich ist Alaa seit zehn Jahren kein Student mehr. Vor dem Krieg in Syrien konnte er sich kaum vorstellen, dass er je wieder in diesen Status eintritt. Der Syrer arbeitete als Übersetzer in einer Handelsfirma in Aleppo, war glücklich verheiratet und konnte sich nie vorstellen, dass er jemals sein Heimatland verlassen müssen würde. „Ich wollte und konnte nie kämpfen – ich bin gegen den Totschlag von egal welcher Seite. Und ich habe versucht, das bis zum letzten Moment zu vermeiden. Aber als die Lage kritisch geworden ist, bin ich geflüchtet. Und seit September 2015 bin ich hier in Rostock“, erzählt Alaa. Der 36-Jährige will nicht einfach im Heim sitzen, aber da er Deutsch erstmal nur elementar beherrscht, sind seine Möglichkeiten für das Studium begrenzt. Doch haben hier die Englischvorkenntnisse geholfen: „Einmal habe ich meinen deutschen Freunden erzählt, dass ich hier gerne die Vorlesungen oder Seminare besuchen würde. In Aleppo habe ich Englisch und Geschichte an der Universität studiert, aber wenn man lange Zeit nicht übt, dann verliert man die Qualifikation. Das wollte ich natürlich nicht. Und sie haben mir empfohlen, mich an das Studierendensekretariat zu wenden.“ Der Syrer folgte dem Rat seiner Freunde und ging in „dieses grüne Gebäude“. Da erzählte er seine Geschichte und bekam die Erlaubnis, die Vorlesungen und Seminare als Gasthörer zu besuchen. Auf den Anstieg der Zahl der Asylbewerber in Deutschland hat auch das Ausbildungssystem reagiert. Und positiv – es hat sich für die Flüchtlinge wesentlich vereinfacht. Ein Beispiel dafür ist das uni-assist – die Arbeitsund Servicestelle für Internationale Studienbewerbungen. Diejenigen, die als Ausländer in Deutschland studieren möchten, müssen sich über uni-assist bewerben. Aber das ist kein günstiger Genuss: für die Zeugnisbewertung zahlt man 75 Euro für die erste Hochschule und 15 Euro für die jeweils anderen. Für die Flüchtlinge ist die Summe ein wesentlicher Teil ihres monatlichen Budgets. Aber seit dem 1. März 2016 ist eine Begutachtung von Zeugnissen bei uni-assist kostenfrei, wenn man seinen Aufenthaltsstatus als „registrierter Flüchtling“ nachweisen kann.

Etwa 50.000 studierwillige Geflüchtete gab es laut einer Hochrechnung der Friedrich-EbertStiftung bereits im vergangenen Jahr allein in Deutschland. Die deutschen Universitäten und Hochschulen bieten den Geflüchteten zahlreiche Möglichkeiten an und versuchen die bürokratischen Hürden für sie zu reduzieren. Die Uni Rostock ist hier keine Ausnahme. Laut Martina BunkGeorgieva, Referentin für flüchtlingsbezogene Projekte des Rostock International House, gibt es an der Universität ein umfassendes Beratungsangebot für Studieninteressierte mit Fluchthintergrund. Am RIH können sich die Flüchtlinge darüber beraten lassen, ob ihre im Heimatland erworbene Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland anerkannt wird, welches Fächerangebot die Universität anbietet, welche Zulassungsbestimmungen in den einzelnen Fächern bestehen und vor allem welches Niveau an Deutschkenntnissen ausländische Studieninteressierte mitbringen müssen, um an den Vorlesungen und Seminaren aktiv teilnehmen zu können. Das Niveau an Deutschkenntnissen ist für die Flüchtlinge der schwierigste Teil, denn die meisten haben erst hier angefangen, Deutsch zu lernen und sind nach der kurzen Zeit noch nicht weit genug vorangekommen, um als Studenten eingeschrieben werden zu können. „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es unter den Geflüchteten noch keine regulär eingeschriebenen Studierenden an der Universität Rostock. Dies hängt vor allem mit den bisher noch nicht ausreichenden Sprachkenntnissen der Studieninteressierten mit Fluchthintergrund sowie dem für viele noch ungeklärten Aufenthaltsstatus zusammen“, erklärt Frau Bunk-Georgieva. Jedoch nutzen einige Flüchtlinge wie Alaa das Angebot der Uni Rostock, sich als Gasthörer einzuschreiben, um einzelne Lehrveranstaltungen besuchen und die Fachsprache erlernen zu können. Ein Beispiel dafür ist das Akademische Integrationsexperiment unter der Leitung von Frau Prof. Dr. Tivig, die sich seit September 2015 darum bemüht, Studieninteressierte mit Fluchthintergrund sprachlich und akademisch auf ein Studium an der Uni Rostock vorzubereiten. Dennoch gibt es an der Uni Rostock bisher keine Vorlesungen oder Seminare in der ara-

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bischen Sprache. Die Flüchtlinge, die zum Beispiel in ihrem Heimatland kein Englisch studiert haben, können nicht als Gasthörer eingeschrieben werden, auch wenn ihre im Heimatland erworbene Ausbildung hier anerkannt wird. Erstmal muss man Deutsch bis zum Niveau C1 lernen, was immerhin einige Jahre dauern kann. Außerdem muss man erwähnen, dass sich auch die Sprachkurse in keinem perfekten Zustand befinden. Der Bedarf an staatlichen Sprachkursen des Integrationsprogramms bleibt zunächst relativ hoch und die angedachte Anzahl von Stunden ist nicht ausreichend, um auf ein Studium in Deutschland vorzubereiten. Jedoch bemüht sich das RIH auch in diesem Bereich, bessere Umstände für Flüchtlinge zu erreichen. Es wird mit Sprachkursen und Vereinen, wie Study in Germany, Rostock e.V., migra e.V. und Rostock denkt 365°, der Agentur für Arbeit Rostock, dem Hanse Jobcenter sowie der Integrationsbeauftragten der Stadt Rostock zusammengearbeitet. Außerdem wird gemeinsam mit dem Sprachenzentrum der Uni ein Deutschintensivkurs organisiert, der die Flüchtlinge sprachlich auf das Leben in Deutschland und ein Studium an der Uni Rostock vorbereiten soll. Allerdings können in die Gruppe nur bis zu 25 Personen eingeschrieben werden, zu wenig, um allen helfen zu können. Was macht man nach dem Studium? Das ist für Alaa erstmal noch unklar. Der Syrer hat keinen festen Plan und bezweifelt, ob er noch mal das ganze Studium wiederholen möchte: „Ich habe schon ein Studium absolviert und bin jetzt ziemlich alt, um wieder von vorn zu beginnen. Aber ich wünsche mir, dass ich so schnell wie möglich die Prüfung für das Deutsch-Niveau C1 bestehe und Arbeit finde“. Jetzt freut er sich auf die Möglichkeit, die Vorlesungen und Seminare besuchen zu können, die von Englischmuttersprachlern geführt werden. An seiner Heimatuniversität gab es so was nicht. Alaa lächelt: „Meine syrischen Bekannten, die auch Englisch beherrschen, versuche ich zu überzeugen, auch die Vorlesungen besuchen. Hoffentlich entwickeln sich bald mehr Initiativen, die auch mehr Leute an die Uni bringen könnten. Ich glaube, allgemeine Bildung hilft bei Integration nicht weniger als Sprachlernen.“


KULTUR Time toooo ...

say goodbye! Nach vier Jahren heuler streiche ich die Segel und lasse mich nicht lumpen, euch das maritimste Kulturressort seit jeher vorstellen zu dürfen: Die Vitrine auf dieser Seite steht ganz unter dem Motto nordisch by nature und gibt sich die Hand mit FiScHen und Seemännern. Nur die Krokodile schwimmen in diesem Heft nicht im Wasser sondern in Technik. Aber lest selbst.

Anne Halbauer

Vitrine

Zeichnerin und Autorin Anna Jung studiert Deutsch und Englisch für das Lehramt Regionale Schule in Rostock. Niedlich aber nicht kitschig – so beschreibt sie selbst ihren nordisch angehauchten Zeichenstil. Die hier veröffentlichten Bilder sind Teil ihres Kinderbuchs „Lieselotte Sommersprosse“, das im Juli 2016 erscheint.

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Oma Hanne stand in der Küche ihres roten Häuschens und schälte Äpfel. „Die Äpfel sind fast alle, hilfst du mir nachher beim Pflücken, liebe Lotte?“, fragte die Oma. Das wollte Lieselotte sehr gern und hüpfte aufgeregt auf und ab. Dann fiel es ihr ein: „Oma! Zum Geburtstag möchte ich Papa einen Apfelkuchen backen!“ und sie wollte sofort damit beginnen.

Lieselotte staunte nicht schlecht. An den Zweigen des Baumes hingen große, schöne und rotbäckige Äpfel. „Toll!“, quietschte Lieselotte vergnügt und fing an die Äpfel in ihre Körbe zu sammeln. Am Ende hatte sie mindestens so viele Äpfel gepflückt, wie sie Sommersprossen auf der Nase hatte.

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Ein Kinderbuch im Selbstverlag

Auf den letzten beiden Seiten haben wir die Studentin, Zeichnerin und Autorin Anna Jung vorgestellt. Hier zeigen wir euch, wie ihr Kinderbuch entstanden ist.

Autorin Anne Halbauer liest auch in ihrem reifen Alter gern Kinderbücher.

Ihre Geschichte um das kleine Mädchen Lieselotte Sommersprosse verlegt Anna selbst, obwohl der Aufwand und das Risiko größer sind als bei einem Verlag. „Ich muss die Druckkosten tragen, die Höhe der Auflage selbst festlegen, Büchereien anschreiben und auch rechtliche Angelegenheit selbst klären – und bezahlen.“ Warum Anna sich trotzdem nicht für einen Verlag entschied, ist einfach: Bei den meisten hätte sie ihren Text einreichen können, für die Illustrationen hätte der jeweilige Verlag eine/n ZeichnerIn beauftragt. Eine gängige Praxis. Für Anna kam das nicht in Frage. Ein Bilderbuch lebt nun mal von Bilder. Und in diesem Fall von ihren eigenen. „Die Bilder waren vor der Geschichte da. Ich zeichne schon immer sehr gern, aber ich habe keine Lust, jedes Mal neu zu überlegen, was und warum ich etwas gestalte. Deswegen kam sehr schnell die Idee eines größeren Projekts. Zunächst zeichnete ich darauf los und das kleine Mädchen mit den Sommersprossen entstand. Ich dachte an die Helden meiner eigenen Kindheit, Astrid Lindgren und Peterson und Findus, die mich immer sehr begeistert haben und entschloss mich für ein Kinderbuch. Natürlich versuche ich nicht, ihnen nachzueifern, ich denke eher, dass ich durch ihre Zeichnungen unterbewusst geprägt wurde und sich das vielleicht in meiner Vorliebe für einen nordischen Stil niederschlägt. Ich arbeite mittlerweile seit eineinhalb Jahren an dem Projekt. Von den ersten Bildern habe ich am Ende keins für das Buch verwendet. Im Laufe der Zeit gestaltete ich die Personen und Details weiter aus. Die Idee, das Ergebnis zu veröffentlichen, kam sehr schnell.“ Nun steht Anna kurz davor: Sie hat sich eine Druckerei gesucht, die ihre Texte und Bilder zusammensetzt und das Layout übernimmt. „Ich möchte am Anfang erst mal 200 Exemplare drucken lassen. Über die Anzahl bin ich mir unsicher, da ich gar nicht einschätzen kann, wieviel Interesse an meinem Buch besteht.“ Es lohnt sich preislich erst ab einer bestimmten Anzahl zu drucken. „Viel mehr als 200 Exemplare kann ich mir aber auch gar nicht leisten. Ich hoffe, dass ich mit dem Verkauf des Buchs meine Ausgaben decken kann. Danach orientiert sich auch der Preis für ein Buch, der bei 15€ liegt. Andere Kinderbücher liegen in einer ähnlichen Preiskategorie.“ Einige lokale Büchereien zeigen bereits Interesse am Verkauf des Buchs, die endgültige Entscheidung darüber wird jedoch erst getroffen, wenn das es fertig gestellt ist. „Außerdem habe ich eine Website erstellen lassen, über die ich das Buch auch verkaufen werde.“ Die letzte Hürde, die Anna nehmen musste, war eine juristische: „Ich wollte sicher gehen, dass der Name meiner Hauptfigur geschützt ist, damit nicht später Komplikationen auftreten. Deswegen habe ich einen Patentantrag beim Anwalt gestellt.“ Dieser ist nun durch und deswegen darf auch der heuler offiziell den Namen Lieselotte Sommersprosse abdrucken. So richtig Geld wird sich mit dem Buch wohl nicht verdienen lassen, aber falls doch, hat Anna schon neue Pläne: „Ich habe Lust auf ein zweites Buch mit Lottes kleinem Bruder Fritz in der Titelrolle.“

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Kann Technik uns (nochwiederaucheinmal) glücklich machen? Der Cyborg und das Krokodil. Eine Buchrezension. Autor Martin Fietze wollte früher Crocodile Hunter werden.

Fürchtet euch nicht! Werden Sie zum Krokodil! Gleich ausprobieren! Keine Angst vor dem Lernen! Wer entscheidet? Es lebt! Cui bono? Diäten funktionieren nicht. Alles kommt wieder…

Menschen anerkennen würde. Zurück bliebe dann der mündige Bürger, der in seiner aktiv-konstruktiven Kurz- oder Weitsichtigkeit das Angebot technischer Innovationen nutzt. Die filternde Angebots-Regulation übernimmt dann der sagenumwobene Markt. Und überhaupt: Wo der Markt (nein), die Maschine (pardon), der Mann recht hat, da hat er ohne Zweifel recht: „Die Menschheit erlebt nicht zum ersten Mal die Konstruktion einer neuen Gegenwart.“ Also alles easy peasy im Silicon Valley. Es wäre jedoch wünschenswert, das Verhältnis von Technik und Mensch unter dem Aspekt der Macht nicht vorschnell auf das Machtverhältnis der Menschen untereinander zu verkürzen. So könnte man die lebensweltlichen Auswirkungen, die sich u.a. aus der Atomisierung der Produktionsverhältnisse ergeben, nuancierter und reichhaltiger beleuchten. Warum üben denn die Dinge solch eine Autorität aus, dass sie uns das globalisierte Fürchten jenseits aller kommunistischen Schreckgespenster lehren? Wie kommt es, dass die Signatur des Gemachten so offen an ihrer Oberfläche haftet und seinen Sozialbezug nicht verhehlt, dabei aber eine Ohnmacht heraufbeschwört, die mit konkreten Menschen oder Gesellschaften selten etwas zu tun hat? Wer Hunger auf kritisches Bewusstsein hat, dem können von Randows Ausführungen ebenso wie seine Vorschläge nur als Appetizer dienen. So steht zum Beispiel der Anspruch nach massiver Förderung von informatischer und mathematischer Bildung neben dem Wunsch nach Schülern als Start-Up-Unternehmern und einer Technikethik als Berufspflicht für Informatiker. Man sollte das „nur“ dabei positiv lesen, auch weil Krokodile, die sich in den Spaghetti-Topf der Öffentlichkeit begeben, im Gegensatz zu nachtaktiven Unken sichtbar bleiben.

Fast wären es zehn Gebote geworden, mit denen uns der ZEIT-Redakteur Gero von Randow am Ende seines Buches für den vielbeschworenen Markt im technisch-digitalen Zeitalter auszurüsten gedenkt. Die Umrüstung erfolgt aber nicht gleich für ein Leben als Cyborg. Es reicht, wenn wir wie neoliberale Krokodile auf dem Markt der Freiheitsgrade zubeißen, sobald es sich lohnt. Nur wer entscheidet, ob sich der Verlust (d)eines Lebens beim Kampfeinsatz von Drohnen lohnt? Und wer entscheidet, ob die für Werbezwecke verwendete Auswertung von Big Data sich auch auf ausgetrampelte Google-Youtube-Facebook-Pfade der User erstreckt? Der Hauptkern bei von Randows Analyse besteht darin, Technik als „Zusammenhang von Wollen und Müssen, vermittelt durch Sachen“ zu begreifen. Das klingt nicht nur technisch, sondern auch banal. Aber was banal ist, muss nicht gleich böse oder nutzlos sein. Der Autor will lediglich hervorheben, dass die Verwendung von Technik eine Sozialpraktik ist, die in der Regel das Resultat defizitärer Kompromisse darstellt. Dabei gilt, dass die „Gesamtheit der Sozialbezüge einer bestimmten Technik […] nicht geordneter aus[sieht] als eine Schüssel voller Spaghetti.“ Solche interessegeleiteten Verwendungszusammenhänge werden von Skeptikern, die schauerromantische Märchen über eine naturfeindliche Herrschaft vom Dingfetischismus erzählen und vor Softwarepaketen warnen, die uns den lieben langen Tag verappeln, in ihrer Kritik oft ausgeblendet. Es gilt aber, dass nicht die Technik, sondern der Mensch dem Menschen, sofern dieser nicht aufpasst, zum Wolf werden kann. Es scheint so, als ließe sich die Vernetzungsangst der gläsern werdenden Bürger in Luft auflösen, wenn man das philosophische Herrschaftsinstrument eines Natur-Technik-Dualismus begraben und Technik endlich als einen ewigen Bestandteil unserer Lebensform als

Gero von Randow Der Cyborg und das Krokodil Technik kann auch glücklich machen ISBN: 978-3-89684-175-9 14,00 Euro 43


Film rein, fertig sein

Alle Jahre steht in der Rostocker Filmszene FiSH auf der Karte. Das FiSH-Filmfestival zeigt nicht nur die besten Kurzfilme deutscher Nachwuchsfilmmacher, sondern bietet auch jedem die Möglichkeit dabei zu sein und mitzuhelfen. Ein Blick hinter die Kulissen. Autorin Nathalie Schwichtenberg sucht noch immer den Haken am FiSH-Festival.

Gemüts, fast düster) guckt mich verdutzt an. „Kann ich helfen?“ „Ja, ich bin die neue Praktikantin. Ich hatte vor ein paar Wochen mein Bewerbungsgespräch bei dir und du meintest ich soll heute kommen.“ „Heute schon? Das hatte ich ja total vergessen.“ Ich muss direkt schmunzeln. Das kann ja was werden.

Langsam laufe ich die Treppenstufen hoch und schleiche durch den langen Gang, der von aufdringlich freundlich blauen Wänden gesäumt ist. Ich bin zu früh – wie immer wenn ich nervös bin. Heute ist mein erster Praktikumstag am Institut für neue Medien und trotz eines betont lässigem Bewerbungsgespräches, weiß ich nicht wirklich, was mich hier erwartet. Dieses Festival, bei dessen Vorbereitung und Durchführung ich helfen soll, ist erst in knapp zwei Monaten. Anhand der Kurzbeschreibung, die ich mir ergoogelt habe, kann ich mir schwer vorstellen, was soweit im Voraus für mich zu tun sein soll. FiSH – das Filmfestival im StadtHafen Rostock ist seit 2004 das Frühlingsevent der jungen deutschen Filmszene und bietet eine Plattform für Nachwuchsfilmemacher aus Deutschland und einem jährlich wechselnden Partnerlandes des Ostseeraumes. Ja gut, Film rein, abspielen, fertig sein, oder? Vielleicht noch ein paar Tickets abreißen, aber doch nicht schon im April. Ich scharre also skeptisch mit meinen Füßen vor der Tür ohne zu klopfen und überlege, wie man an so einem ersten Tag am besten „Hallo“ sagt. Da öffnet sich die Tür, an der, neben Bildern von kotzenden Einhörnern und einer bunten Mischung aus Stickern, „Festivalbüro“ steht. Ein schwarz-gekleideter Mann (neben der beschrieben Tür wirkt er, trotz sonnigem

Zügig laufe ich die Treppenstufen hoch und durch den blauen Gang, wie ich es in den letzten Wochen wohl unzählige Male gemacht habe. Ich trage eine Salatschüssel in meiner Hand und überlege wie man Fleischsalat am besten vegan gestalten kann, wie man bei Tomate-Mozzarella den Mozzarella ersetzen kann und wo gerade wohl das einzige scharfe Messer in der Teeküche versteckt sein könnte. Hinter mir liegen acht Wochen Praktikum. Acht Wochen, von denen ich mir nicht vorstellen kann, dass sie jetzt wirklich schon vorbei sind. Acht Wochen, in denen ich mehr gemacht habe, als im zweiten und dritten Semester zusammen (zugegeben: Im zweiten Semester war auch wirklich gutes Wetter). Acht Wochen, die ich nicht so schnell vergessen werde. Vor mir liegt unser gemeinsames Abschiedsgrillen und ich kann mir kaum vorstellen, am Montag nicht wie immer ins Büro zu kommen. Meine anfängliche Scheu war schnell überwunden, als ich vor zwei Monaten unerwarteterweise ins Festivalbüro gestolpert bin. Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit in das schon

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bestehende Team kam ich schnell in eine Phase, in der ich mich morgens auf den Tag freute. Besagtes Team bestand, neben den Mitarbeitern des Instituts, aus zwei weiteren Praktikantinnen und zwei europäischen Freiwilligen, was das Durchschnittsalter des Teams sehr in meine Nähe rückte. So entstand wie von selbst eine freundschaftliche und lockere Atmosphäre, die man vielleicht in einer WG-Küche erwartet, aber nicht in den Büroräumen eines Instituts. Das angenehme Miteinander ging natürlich nicht nur auf die Kappe von uns freiwilligen Helfern. In allen Räumen entlang des blauen Flures saßen Leute, die nicht nur uns als unentgeltliche Arbeiter schätzten, sondern uns auch von Anfang an das Gefühl gaben, Teil eines Teams zu sein. Vom ersten Email-Kontakt meiner Bewerbung, über meinen morgendlichen Kaffee bis hin zum Steine sammeln am Strand, hatte man stets das Gefühl, willkommen zu sein. Das Eis war spätestens gebrochen, als ich eines Morgens ins Büro kam und „Don’t Stop Believin“ von Journey lief und seitdem unsere Büroplaylist regelmäßig mit unseren Lieblingshits der 80er erweitert wurde. Auch die Angst, nur rumzusitzen und nichts zu tun zu haben, wurde mir schnell genommen. Mein Aufgabenbereich war die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und mein Chef der bereits erwähnte junge Mann mit sonnigem


Gemüt. Nachdem anfänglich noch einige Arbeit für das Institut selbst anstand (vielleicht wollte er auch nur testen, wie blöd ich mich anstelle), ging es schnell in die heiße Phase der Vorbereitung für‘s FiSH. Meine Vorstellung von „Film rein, fertig sein“ ging irgendwo zwischen Pressemitteilungen, Internetseiten, Twitterposts und Filmrezensionen verloren. Ich lernte die ersten Schritte in Computerprogrammen, von denen ich noch nie gehört hatte, klebte unzählige Briefumschläge zu und gewann Eindrücke über die Entstehung von Internetseiten. Ich sammelte Hühnergötter, las Korrektur und erstellte Media-Content-Tabellen (zwischendurch war natürlich immer noch Zeit, um Toto und Co. zur 80er Playlist hinzuzufügen). Im Grunde gab es immer etwas zu tun, dabei war ich nur Praktikantin der PR. Rezeption, Logistik, Deko und was noch alles zu einem Festival gehört, wurde alles von vielen, vielen Mitarbeitern und Freiwilligen in die Hand genommen. Ein solches Ausmaß an Arbeit, aber auch an Engagement hätte ich vorher nicht erwartet. Um die restlichen Zeilen nicht mit Namen zu füllen und Lobeslieder zu singen, komme ich lieber zum Festival selbst. Während die Wochen vor dem FiSH natürlich voll, aber immer noch voll im Rahmen eines Praktikums rangierten, waren die Festivaltage selbst ein Rundumerlebnis. Als jemand, der vorher keine Ahnung vom FiSH-Festival hatte

und damit quasi ins kalte Wasser geworfen wurde (maritime Wortspiele und Metaphern lassen mich zwei Wochen später noch nicht los), war ich total überwältigt. Ein Filmfestival hatte ich höchstens mal bruchteilhaft in Form der Berlinale mitbekommen. Aber das FiSH ist etwas komplett anderes. Als Teammitglied der Pressearbeit hatte ich das Glück, viel mitzubekommen und auch sehen zu dürfen (nicht allen Helfern war das vergönnt – großes Lob, dass ihr das Ding hinter den Kulissen am Laufen gehalten habt!). Auf der rein filmischen Ebene habe ich selten in so kurzer Zeit gelacht, Gänsehaut bekommen und gestaunt, wie in diesen vier Tagen. Die junge Filmemacherszene in Deutschland hat wenig mit den Schweigers und Herbigs der deutschen Kinowelt gemein. So viel Kreativität in so vielen unterschiedlichen Altersstufen in Kombination mit einer technischen Versiertheit überrascht mich bis heute. Die Besonderheit des FiSHes sind die öffentlichen Jurygespräche und die offene Abstimmung über die besten Kurzfilme. Allein diese Gespräche haben der gesamten Veranstaltung etwas so intimes und freundschaftliches gegeben, dass abends niemand überrascht war, wenn Filmemacher, Jury und FiSH-Team noch zusammen ein Bier getrunken haben. Oder eine Saftschorle, denn der JUNGE FILM prämiert auch den besten Kurzfilm von jungen Filmemachern. Von 6

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bis 26 waren alle Altersstufen vertreten und trotz unterschiedlicher Größen waren alle Begegnungen auf Augenhöhe. Ich hatte auch das Glück, Programmsparten wie den PopFiSH sehen zu dürfen, der das beste Musikvideo aus oder in Mecklenburg-Vorpommern prämiert, sodass nicht nur der Cineast, sondern auch der Musikfreund in mir seine Freude hatte. Und trotzdem glaube ich, dass vor allem der Blick hinter die Kulissen, der Einblick in die Abläufe, das Wissen, was alles hinter dem Endprodukt steckt und die kleinen Krisen, die es spontan zu meistern gab, für mich persönlich den endgültigen Charme des FiSHFestivals ausgemacht haben. Ob auf einmal fast 40 Filmemacher aus ganz Deutschland ohne Bettzeug da standen (ja Bettzeug, nicht Bettwäsche), ob mal eben noch 1000 Karten gedruckt und geschnitten werden mussten oder man nachts einfach nur noch die Beine über die Hafenkante vor‘m M.A.U. baumeln ließ – die vier Tage waren ein einziges Erlebnis, das meine Praktikumszeit krönend abgeschlossen hat. Mit dem Gedanken morgen früh nicht ins FiSHBüro zu fahren, sondern in die Bib und Bücher zu wälzen, muss ich mich noch anfreunden. Ich bin mir allerdings ziemlich sicher, den blauen Gang in der FRIEDA 23 nicht zum letzten Mal entlanggegangen zu sein und dass ich mich jetzt schon auf das nächste Jahr freue, wenn wieder FiSH auf der Karte steht.


How To Seemann?

Als zugezogener Rostocker ist es schwer, sich einzugliedern und wirklich heimisch zu fühlen. Ich spreche kein Platt und Matjes ist mir häufig zu salzig. Wenn ich am Stadthafen sitze und mir ansehe, wie die Stephan Jantzen stoisch an ihrem Poller liegt, denke ich mir: Was könnte rostocklicher sein, als Schiffe; was wäre rostocklicher als Seemann zu werden? Gesagt, getan. Autor Michel Wiedecke ist und bleibt eine Landratte.

1. Uniform auswählen Ich öffne Google auf meinem Smartphone und sehe mir Uniformen an – Kleider machen schließlich Leute. Da ich nicht mit einem Callboy verwechselt werden möchte, ignoriere ich die weißen und suche mir marineblaue aus. Die mit den vier goldenen Streifen und dem Stern auf den Epauletten (Dienstgradabzeichen auf den Schultern) gefallen mir am besten. Doch um diese zu bekommen, muss ich Kapitän (oder akkurater: Nautischer Wachoffizier) werden.

2. Kapitän werden Also wende ich mich an die BBS Seeschiffahrt e.V. in Bremen – in Rostock kann ich eine äquivalente Ausbildung nicht finden. Acht Semester, davon 2 Praxissemester, erwarten mich. Zwar fühle ich mich jetzt schon zu alt um immer noch zu studieren, aber, wie man weiß, sind alle wahren Seemänner alt. Als ich aber sehe, dass ich als Zugangsvoraussetzung erst einmal Schiffsmechaniker lernen und ein Jahr auf See gedient haben muss, um nach Ausbildungsende noch einmal drei Jahre zu dienen, nur um die Epauletten tragen zu können, streiche ich die Segel. Das muss doch auch einfacher gehen. Kurz entschlossen gehe ich ins nächste Faschingsgeschäft und kaufe mir ein billiges Imitat. Ob der fehlenden Authentizität nehme ich auch noch eine Augenklappe mit.

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3. Seemannslieder singen Zurück am Stadthafen überlege ich mir, wie ich am besten mit anderen Seemännern ins Gespräch komme – jetzt wo ich mich optisch eingefunden habe, muss ich lernen, mich auch wie ein echter Rostocker zu benehmen. Gott sei Dank war ich mal bei einem Konzert des hiesigen Shantychors Luv un Lee. Ein paar alte Seemannslieder habe ich mir gemerkt und so kann ich jetzt aus tiefster Brust das Hochseefischerlied trällern („Vielleicht wäre es auch gut dem Chor beizutreten?“, schießt es mir durch den Kopf). Während ich am Anfang noch elanvoll vor-mich-hin-trällere, nimmt meine Motivation schnell ab. Niemand gesellt sich zu mir. Die meisten machen einen großen Bogen; nur ein verirrter Tourist wirft mir ein Zwei-Euro-Stück in den noch halb vollen Kaffeebecher. Ich habe das Gefühl, er möchte, dass ich aufhöre. Wenn ich darüber nachdenke, habe ich noch nie Seemänner im Hafen sitzen sehen: Zeit für einen Ortswechsel.

4. Ein Schiff besichtigen Wo sollte man besser andere Seeleute treffen können, als an Bord eines Schiffes, aber die Spelunken, die im Stadthafen umherschaukeln, sind mir zu klein. Ein richtiges Schiff finde ich nahe des IGA-Parks. Leider muss ich für das Betreten des Traditionsschiffes Typ FRIEDEN 4 Euro Eintritt bezahlen, aber dafür erfahre ich viel über den Schiffsbau und die Schiffahrtsgeschichte und wie ich so über das Deck schlendere, fühle ich mich, als würde ich meinen eigenen Frachter befehligen. Seeleute treffe ich allerdings keine.

5. Einen Enterhaken trinken Der Name sagt es schon, im Pirat sollte jeder Seemann, der etwas auf sich hält, einkehren. Als ich ankomme, ist es in dem urigen Lokal noch recht leer, dafür verrät mir die Bedienung einen Insider: Landratten trinken Bier, Matrosen Enterhaken. Als ich meinen Ersten aufgetischt bekomme, weiß ich warum. Das Getränk erinnert mit seiner schlickartigen Konsistenz und Aussehen an die wahre Heimat, das Meer. Während sich das Etablissement langsam füllt, sorge ich dafür, immer einen Enterhaken vor mir stehen zu haben, da ich erkannt werden will. Die Kneipe füllt sich mit vielen Seemännern und auch –frauen. Ich erkenne sie an ihren jeweiligen Enterhaken und proste ihnen zu. Sie scheinen etwas schüchtern zu sein. Kurz nachdem auch für mich der Boden angefangen hat zu schwanken, fange ich wieder an zu singen. Der Text ist mir entfallen, aber das ist bei Seemannsliedern nicht so wichtig. Und siehe da, andere Kapitäne und auch Piraten stimmen ein und singen mit.

6. Mit einem Schiff fahren Am nächsten Morgen will ich jetzt auch wirklich mal Schiff fahren. Zwar kann ich die MS FRIEDEN nicht chartern, aber dafür gibt es einen Schaufelraddampfer namens Schnatermann am Schnatermann, der mich mitnimmt. Das sanfte Schunkeln bringt mich zügig dazu, die gesamten Enterhaken von gestern Nacht über die Reling zu werfen und ich erkenne, dass ein Leben als Seemann zu hart für mich ist.

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KulTour Kultour #Sieben Pl at t e

Autor Frit z Beise ist eue r Reiseleiter.

Blablubb!

Autorenspruch. // Fotos: X

) _ JBO – 11 // afm (09.07.16

aauf die schöns ten Met t, kann man sich wie der r dab ei. Denn wie alle m Betrachten der Tracklis lage Bei . Sch ück de zur sen sind pas ns der h dsin ist auc Die Ver teidiger des Blö ade für Anfang August lt der Klänge freuen. Ger morphosen aus der We r! Jah im al einm nur ist ken Met alheads wissen: Wac

) Autority // MDDN (15.07.16 _ Good Charlotte – Youth n, bleibt sich die radiogemäß musiziere

und , die immer weichgespülter Musikfloskel zu nut zen der späten 90er heute te und aussageärmste Wo die meisten Bands as Positives. treu, um die langweiligs etw den eise Mad msw ji nah Ben aus und l ist das Punkpop-Trupp e um Joe e Exp erimente. Und hier alles so wie früher. Kein mir eingefallen ist. Es ist

_ Tarja – The Shadow Se

lf // EarMusic (05.08.16)

untergegangen ist, ionen abgetaucht und Instrument alkomp osit r ode n mit Hang zu här teen ade ball enig Pop diej h als auc in die Welt der ohl den Klassikf reund sow Wo Nightwish ohne sie eut erfr Sie . n. treu ibe e Opernsängerin einfach bei Tarja ble bleibt sich die studiert anfangen kann, sollte htwish also nichts mehr ren Klängen. Wer mit Nig

Pr oj e k t i o n

gus Ma _ Andrew Stanton & An

clane – Findet Dorie // Pix

ar (29.09.16)

eint es t erfüllt werden. Hier sch weil die meistens nich e ßen Erwartungen mehr, uns, aber eben auch viel n gro e arte kein erw te on sch ann ich Bek . Alte grunds ätzl anderen Protagonisten mit … Zweiter Teil. Da hat man nur , ach einf iche n, gle aue die t ry ist eben nich schauen, einfach sch anders zu sein. Die Sto ment zu. Daher: Einfach ler läss t großes Amüse neue Charak tere. Der Trai

_ Peter Berg – Deepwater

.09.16) Horizon // Lionsgate (29

r wahren in der Ver filmung eine e. Und dann auch noch ik an der Unternehmens Krit h ein Garant für gute Film viel klic wir wie t ist, nich e ist Frag lle ptro ik. Die dchen für gute Dramat Mark Wahlberg in der Hau Hän ein hat te sga Lion Team von Begebenheit. Aber das der Helden -Rhetorik. Film übrig bleibt, bei all philosophie von BP im

ctor _ Scot t Derrickson – Do

) Strange // Marvel (27.10.16

ein in die mys tischen Künste d nach einem Autounfall en Chirurg Dr. Strange wir lligen Wurstp ellen hab ic. kna in Com n en ete eld tast erh nge Sup n bisher una en mit Ble chbüchsen und Film fen Mar vel bearbeitet eine . Hau m den wer eine h gut Nac s sozusagen. Bösewicht . Kann nur gef ühr t – die Mar vel Art s Mik kelsen spielt den ber_innen zu tun. Mad wir es hier mit echten Zau

Pa p i e r

l – Damaskus. Der Ge fik Schami & Marie Fade

_ Ra

el schmack einer Stadt // ins

(13.07.16)

lte noch, oder? an altem Bratenfett feh estandene Curry-Sauce Abg e Reise zu seiner he. isch Asc nar mit kuli Tee eine er auf mit tlich nach Mate. Kalt ere Stadt und nimmt uns end reg auf Berlin schme ckte vermu eine in ise uns dankenswerter We Rafik Schami ent führt gewesen. en. Als wäre man dab ei Schwes ter und Freund

(17.06.16) nn, was nun? // aufbau Ma r ine Kle Ver– da lla Fa ns r die kleine Familie von _ Ha der volle Milieus tudie übe diese wun iarden Reichsmark , den ung. Endlich läss t sich schen Brötchen für 5 Mill r jetz t in der Originalfass em Umfang erleben. Zwi ver traut vorkommt. voll n in Das ist doch alt! Ja, abe ette ik ubl Fac en Rep er viel in mar die uns erg in der Wei ada eine Zeit zum Leb en, Fall t käufer Johannes Pinneb eck erw is Naz n und erst arkende Goldenen Zwanzigern

stufen // btb (08.08.16) _ Julian Barnes – Lebens

af Nadar, Fre d Burnaby, Ballonfahrer und Fotogr und es abrupt verlieren. lier t er seine Frau. Die ben ver erle Ehe es r voll ige der jähr Nach 30für sich etwas wun Let zt der Autor selbst. er Her zens“. gut zu des ] Drei Per sonen, die jeder und er[s ist, ber en Zau sen auspielerin ver fall Feder eines „beispiello der einer besonderen Sch Verlust stammen aus der sem die mit g gan Um Erzählungen über den

48


Kultourk alender

o Erich Salomon // Max-S Bilder des ersten Paparazz

20.0 4.16 bis 26.08.16

amuel-Haus

orisches Museum ist rh ltu Ku // n hö sc r nu Rudolf Bartels – Einfach

24.0 6.16 bis 02.10.16

// Kunsthalle Edi Rama – Ar t in Office

17.07.16 bis 14.08.16

-jazz // Klostergar ten an m er t-g as -e rth no al in orig Philipp Rücker Quartett –

01ust. Aug

03.

mm3-Tour // IGA-Park Dritte Wahl – 20 Jahre Ni

28.

Schiller // Stadthalle

September

September

ödie Warnemünde

2Juli0.

. Kom Sprache ist ein Witz // Kl he sc ut de e Di – e ch Ar Die

21.

gen // Freigeister – Nach dem Re

28.

AU Best of Poetry Slam // M

Juli

September

22.07.16 bis 23.07.16 11.08.16 bis 14.08.16 19.08.16 bis 20.08.16

Bühne 602 Ausstellung Konzer t Lustiges

Rostock rock t // IGA-Park

Events

Hanse Sail

Spor t

rk Lichtklangnacht // IGA-Pa

15.

rger SV // Ostseestadion Hansa Rostock – Hambu

30.

ns // noch unbekannt Lio zig ip Le – ns iffi Gr k Rostoc

Juli

September

49

49


Baustil: Schl ichter Ostblockchar me. Suche – Biete, Zettelkra m. Ragt hoch hinaus, die Sicht ist toll, im siebten Stock, der Fahr stuh l voll. Der Boden knar rt, die Decken tief. Atmosphäre? Eher depressiv. 30 Man n, ein Raum für zehn, so auch wo die Bücher steh n. Da macht das Lernen richt ig Spaß, Stasi saß. wo einst nicht Goethe, sondern die en, soph Philo Der Herr scha ftssitz der der Dichter, Den ker, Kata strophen!? Professoren, Dok toranden, doch ein Hörsaal nicht vorhanden. Im Som mer heiß, im Winter kalt, doch das ändert sich ... ganz bald. Als Faku ltät eher secondha nd, r kennt. trotzdem ein alter Freu nd, den jede er, grau er Bist ganz grau, wirst imm das ist er, unser Bebeltower.

Rostock in 10 0 Worten

Autorin Francine Brückner beric

htet über eine n grauen Freund.

Uni (Un)gebändigt: Leesn ghet. Schirbeen lfuät! Autor Clemens Langer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Soziologie und Demographie. Er schreibt gerne für den heuler, um vor allem an seinem Schreibstil zu schreiben, äh, schrauben.

Wer kennt es nicht: „Während du mit mir sprichst, korrigiere ich in Gedanken deine Grammatik.“ Als Pedant, was Rechtschreibung und Grammatik angeht, hat man es in der Lehre oft nicht leicht. Die Verlockung ist groß, den Rotstift nicht nur für inhaltliche Anmerkungen zu verwenden, sondern sofort in den Korrekturmodus zu schalten. Beim Lesen lässt sich häufig eine Art Paradigmenwechsel der angewendeten Sprachregeln erkennen. Die Einleitung liest sich noch sauber und flüssig, aber schon kurz danach setzt das Prinzip der Unwahrscheinlichkeit ein, denn es wird immer unwahrscheinlicher, dass das Geschriebene sprachlich noch einwandfrei ist. Kopfschütteln und ein Zittern in den Fingern, die sich dagegen

wehren, dem Drang nachzugeben, die Fehler zu markieren, schließen sich an. Ein Moment der gemutmaßten Gewissheit folgt: Die empfohlene Korrekturphase ist ausgeblieben. Zeit war wohl nur für die Überarbeitung der ersten zwei Seiten. Die Kenntnis um die Regeln der deutschen Sprache ist ein Minenfeld. Der Ausdruck ist es aber, der wahre Perlen hervorbringt. Gerade in geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen scheint man sich, wie Howard S. Becker es vor allem uns Soziologen attestiert, dem Irrglauben hinzugeben, dass ein komplizierter Ausdruck für Wissenschaftlichkeit steht. Aber weit gefehlt: Leserfreundlicher sind kurze und prägnante Sätze.

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Fehlerfreie Orthographie und Grammatik sollten hingegen selbstverständlich sein. Zumindest wäre das ideal. Wieso? Vor langer Zeit habe ich für einen Freund einen halbseitigen Satz (!) gegengelesen, um herauszufinden, ob sich der Inhalt erschließen lässt. Nach einer Stunde wiederholten Lesens und der Idee, in der Mitte aus einem Komma einen Punkt zu machen, war die Antwort: Ja. Der Disput der nächsten Stunden drehte sich darum, ob der vereinfachende Punkt gesetzt wird, oder das verkomplizierende Komma bleibt. Nun, damals war die Aussage, dass sich der Sinn dennoch erschließen lässt, ein ziemlich gewichtiges Argument der Gegenseite …


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*Gut gemerkt: Diese Eselsbrücke beschreibt den Plexus brachialis und steht für „N. medianus, N. musculocutaneus, N. ulnaris, N. cutaneus brachii med., N. cutaneus antebrachii med, N. radialis, N. axillaris“. Theorie ist gut. Praxis ist besser. Starte Deine Famulatur , Dein PJ oder Deine Zukunft als Assistenzarzt in einem von vier DRK-Krankenhäusern in Mecklenburg-Vorpommern. Bewirb Dich jetzt bei uns im Netz.


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