2 Eingefroren 10 BÜROKRATISCH 16 MITTENDRIN 22 MODISCH 34 EINZELKÄMPFERIN 46 ROSIG
Herd, Heim, Haus. Bitte nicht. Ist doch längst veraltet. Sagen die einen. Und bezweifeln die anderen. Es ist wohl, wie so häufig im Leben, eine Mischung aus beidem. Mischen wir also die Vorurtei le. Fragen Sie mal eine Unternehmerin, warum sie es als Frau so weit gebracht hat. Kann eine Frage mehr langwei len? Ein Heft also über die, die sich in der weiblichen Welt bewegen. Und das gar nicht bemerken. Oder zumindest: sich nicht darüber ärgern. Sondern sich richtig wohlfühlen. Eine Ausgabe also für Frauen von – nun – einer Frau und einem Mann. Sicher ist sicher. Wenn Sie sich hier nicht Zuhause fühlen? Dann klappen Sie diese Seiten einfach wie der zu, drehen das Heft, wenden es und landen da, wo es ganz anders zugeht. Sie werden aber wiederkommen. Be stimmt. Versprochen. Denn neugierig sind Sie schon jetzt. Auf eine Welt fern ab von Herd, Heim und Haus.
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Urlaub auf Dauer? Ist das nicht. Nicht, wenn man morgens um 5 Uhr aufsteht, sich die Stirnlampe aufsetzt und rausgeht. Rausgehen, das heißt hier vor allem: raus in die Dunkelheit, raus in die Kälte. Das Thermometer zeigt jetzt gerade 17 Grad minus. Und wenn man ehrlich ist, dann ist das viel zu warm. Sagt Birgit Homburg, 200 Kilometer nördlich vom Polarkreis lebend. In einem Dorf, das selbst diese Bezeichnung kaum verdient hat.
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Sie wohnt hier, ihr Lebenspartner Bru zurechtweisen und sich langsam von
Von Löhne auf gen Norden. Anfangs nur,
no, Tochter Kia. Und drei Schweden. Zwinger zu Zwinger durcharbeiten.
um sich eine andere, eine frostige, aber
20 Kilometer von der nächsten Schu Von der Sonne ist jetzt Ende Januar
auch freiere Luft um die Nase wehen
le, der nächsten Einkaufsmöglichkeit
noch nichts zu sehen. Kein Funkeln, zu lassen. Aber wie das nun mal so ist,
entfernt. Dafür aber begleitet von 70
kein orangegelber Streif am Horizont. mit der Freiheit und der Liebe, wur
Huskys, bellend, springend, jabbelnd, Du musst rausgehen. Auch wenn es
de nichts draus, aus der Reise zurück.
hechelnd. Wenn der Schein der Stirn dunkel ist, den ganzen Tag, den ganzen
Zurück nach Löhne, zurück an den
lampe Frauchen und Futter frühmor November, den ganzen Dezember lang. Arbeitsplatz. Also hier geblieben. Eine gens ankündigt. Wenn Leben kommt in
Erzählt die, die anfangs auch Probleme
Sprache gelernt, die sich am Schwe
eine Meute, die sich zum Schlaf lieber
mit dem fehlenden Sonnenschein, mit
dischen orientiert, das Finnische mit
oben auf dem Hundehüttendach ein der wochenlangen Nacht hatte. Die, die
aufnimmt, auch Ausdrücke aus der
herkam, um Abstand zu gewinnen. Die
Sprache der Lappen kennt, die man
wenigstens etwas Warmen einzudösen. Schule hatte sie absolviert, die Lehre im
schneien lässt, als eine Etage tiefer im
hier Samen nennt. Zurechtgefunden
Füttern, Wasser bringen, ausmisten, Büro bei Poggenpohl begonnen. Und in
in einer Welt, in der das Gewehr nicht
sich den Wunsch verspürt, dann doch
zum Schießstand, sondern in den Wald
einen der Hunde, die vor Energie nur
so strotzen, herzen, die drei Welpen, nicht in der Küchenbranche, in Ost getragen wird. In der der Partner im die verspielt an ihren Beinen kleben, westfalen zu enden. Also brach sie auf.
Herbst einen von 300.000 schwedi
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schen Elchen schießt. Und das Tier, machen gerade, was man machen soll schnell unterwegs. Aber ohne Dich. 45 gerne einmal 750 Kilogramm schwer, te, wenn es kalt und dunkel ist: schla Kilometer erreichen die Hunde. In der zerstückelt und gemeinsam mit Hecht
fen. Monatelang. Für Birgit Homburg
Stunde. Auf den ersten Kilometern.
und Bachsaibling in die vier großen
kommt nicht einmal ein morgend Hetzen, galoppieren, sprinten, jagen
Tiefkühlschränke gepackt werden will,
liches Ausschlafen in Frage. Nicht am
los. Schießen durch ein Loch, das von
die sich in Birgit Homburgs Wohnzim Samstag, nicht am Sonntag. Denn die
zwei Bäumen gebildet wird, gute zwei
mer drängeln. Man darf sich das nicht
Touristen kommen. Nicht nur werktags. Meter breit ist und Hof von Landschaft
so vorstellen, als käme hier das Wasser
Sondern jeden Tag. Von Anfang Dezem trennt. Landschaft, das bedeutet hier:
aus einem glasklaren Fluss, als gerate
ber bis Ende April. Buchen, was Birgit
die permanente Stromversorgung zum
Homburg auf ihrer Webseite anpreist. prahlt, der beim Wort Wiehengebirge
Weite. Und nicht solche, mit der der
Glücksspiel und würden Bären hung Stellen sich mit wackeligen Knien auf
den Schwerpunkt auf die letzten drei
rig um das in Rot gestrichene Holzhaus
ebensolche Bretter, die hinten an den
Silben legt. Und die Begriffe Steinhu
spazieren. Elche kommen her, sicher.
Hundeschlitten für die Füße des Steu de und Meer Hand in Hand gehen lässt.
Wenn es Weihnachten wird und Tan ernden gedacht sind. Zwei Bremsen und
Hier sind 300 Hektar ein Wert, den
nenzweigschmuck draußen auf der Ve ein Anker zeigen jedem, der sich hier Birgit Homburg als eigen bezeichnet, randa zu Elchleckerbissen werden. Und
her stellt: Es wird rasant. Und: Wenn du
wenn sie nur in die eine Richtung, da
sicher, es gibt hier auch Bären. Aber die
nicht aufpasst, dann ist Dein Gespann
drüben, hinten, hinter der Straße lie
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gend, blickt. Die Fahrt des Hundege Den Motorschlitten, 180 Stundenki spanns pendelt sich langsam auf flotte
lometer schnell, auch wenn offiziell
Schrittgeschwindigkeit ein, unter uns
nur 70 km/h erlaubt sind, dirigiert
eine knirschende Schneedecke, dann
Birgit Homburg fast so geschickt wie
meterdickes Eis, dann ein See, der vom
die sechs Hunde vor ihrem Schlit
Ostwestfalen schon mal Meer genannt
ten. Dem die Touristengespanne fol
werden möchte. Weiter in mooriges
gen, ehe die erste Rast ansteht. Mit
Gebiet, dünne, langsam gewachsene
dem Abenteuermesser, das hier zum
und gerade deshalb hervorragend zu
Alltagsmesser wird, das Anzündholz
Brennholz zu verarbeitende Birken
spalten, Feuer machen, Kaffeekanne
flitzen vorbei. Holz? Das wärmt hier
direkt in die Flammen stellen und dann
gleich drei Mal. Erzählt Birgit Homburg.
Elchfleisch braten, Kartoffelpüree an
Beim Fällen, beim Spalten und später
rühren. Dankbar nehmen die Touristen
im Ofen. Und: ist hier längst nicht nur
entgegen, was in bunten Plastikscha
Männersache. Jagen, fischen, schlicht
len herumgereicht wird, stecken Löffel
mit anfassen, wenn eine starke Hand, und Gabel in einen kulinarischen Mix ganz gleich ob männlich oder weib dessen, was Lappland hergibt. Fleisch, lich, gebraucht wird – läuft hier oben
Fisch, Beeren kommen hier auf den
in Lappland geschlechtsneutral ab. Tisch und in die Schalen, dampfend,
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wärmend und sehr, sehr gut schme in 20 Kilometern Entfernung besteigt. ckend. Gerastet wird in kleinen Holz Einen Ausflug nach Kiruna, andert hütten, irgendwo im Nirgendwo gele halb Fahrstunden entfernt? Braucht gen, an einem See, die Sauna nebenan, die Auswanderin, die längst sesshaft das Loch freizuhacken von dem, der
geworden ist, nicht. Ein Besuch bei den
nach der Hitze den herzmuskelmassie Eltern, bei der Schwester in Röding renden Kontrast zur eisig-nassen Käl hausen? Schafft sie nur selten. Wie auch te erleben will. Bei einer solchen Rast
mit 70 Hunden, die im Herbst trainiert,
erzählt Birgit Homburg, wie das so ist,
im Winter bewegt werden wollen? In
hier im Norden. Und wie das war, da denen der Vorfahr Wolf nicht nur er mals im Süden. Als nicht nur die Decke
kennbar, sondern auch spürbar ist. Die
auf den Kopf fiel, sondern die Wände
mit Drohgebärden und Eckzähnen klä
immer näher zusammenrückten. Ich
ren, wer denn nun der Chef im Ring ist.
wollte einfach mal raus. Weiß sie noch
Die dann wieder jeden anbetteln, um
wie heute. Auch wenn aus „einfach mal“ gestreichelt, geherzt zu werden. Es sei dann doch 18 Jahre geworden sind.
hier oben, das wisse sie schon, eine
Wenn die eigene Tochter, gerade fünf
rauhe Welt. Erzählt Birgit Homburg am
Jahre alt, viel lieber den Hundeschlit Lagerfeuer. Und eine herzliche zugleich. ten denn den Bus hin zum Kindergarten
Eine, in der man noch nachschaue.
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Wenn das Licht bei der betagten Nach Trotz Hundegeheuls. Und ohne Ohren barin dann doch zu lange an bleibe. In
stöpsel. Blickt in einen Himmel, der
der man zusammen auf die Jagd gehe, grüne Polarlichtwellen hervorbringt. gemeinsam fische, Beeren sammele. All
Der den Blick freigibt auf ein Sternen
die Holzhütten hier, selbst gebaut, um
panorama, das man in der Sternwarte
Touristen das Übernachten mit Camp- Bochum gerne an das künstliche Fir Charakter zu ermöglichen. Das Holz
mament zaubern würde. Das hier, das
selbst geschlagen, die Balken selbst
ist Natur pur. Erzählt die, die nicht
zusammengesetzt.
vorbeischaut, drüben im Icehotel. Da,
Hunde und Touristen sind längst
wo sich alljährlich Künstler treffen, um
wieder angekommen, auf dem Hof, im
aus Eisklötzen und Schneehaufen ein
Zwinger, in einer Gästehütte, die innen
frostiges Übernachtungserlebnis zu
dann doch beherbergt, was an Zuhause
zaubern, das erst erzittern lässt. Und
erinnert. Wäschetrockner, Mikrowelle,
für das sich viele sehr schnell erwär
dann doch Gott sei Dank keinen Fern men. Aus der ganzen Welt kommen seher. Wer herkommt, bringt Ohren sie her, um den Whiskey an der Bar stöpsel mit, des nächtlichen Hundege nicht mit, sondern aus Eis zu trinken. heuls wegen. Und staunt dann schnell, Um sich in Polarschlafsäcke zu fädeln, wie leise, wie unglaublich still es ist. nur Nase und Augen herausschauen
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zu lassen, wenn die Tagesbesucher, durchwischen, Holz wiederauffüllen. die Neugierigen fort sind und nur die
Klare Ansage also. Nur so funktioniere
bleiben, die für eine Nacht so viel be das hier oben. Und das erstaunlich gut. zahlen wie anderswo für 14 Tage All- Für den, der hier Urlaub macht. Und inclusive-Urlaub. Auch hier kann der
für die, die hier Urlaub machen lässt.
Hotelbewohner Hundeschlitten fah Abends hunde(!)müde am Esstisch sitzt, ren. Zusammengepfercht mit anderen
während Lebenspartner Bruno noch
Abenteuern vorne auf einem Schlitten, mit Motorschlitten und angehängter dirigiert vom versierten Fahrer, das
Walze über die morgen zu befahre
Abenteurern kaum spürend. Zu mir
nen Hundeschlittenwege donnert. Ein
kommen die, die mit anpacken wollen. flüchtiger Blick in die Tageszeitung, Die mithelfen, aufgeregt ebensolche
ein flinker auf die virtuelle Wetter
Hunde ins Geschirr zu packen, Streit vorhersage im Rechner, dann kochen, hähne zu trennen, Schmusebedürftige
essen, zusammenräumen, ab ins Bett.
zu streicheln. Ein Abend in der Sauna?
Lange aufbleiben? Kannst du hier oben
Kein Problem. Aber hol Dir Dein Holz
vergessen. Sagt sie noch. Und Urlaub?
selbst aus dem Schuppen. Und zünd
Macht sie nicht. Braucht sie nicht. Ist ja
Dir den Bollerofen selbst an. Nachher
doch irgendwie wie Urlaub hier. Hier
dann: Wasser aus dem Kessel lassen, oben. ✴
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Wenn nicht jetzt, wann dann? Wann sollten die Zeichen für Frauen besser stehen, einen festen Arbeitsplatz zu finden? Die Konjunktur könnte nicht stärker brummen, die Situation auf dem Arbeitsmarkt keine bessere sein. Aber man solle das nicht immer von Da ist sich Frauke Schwiet ert sicher. Ein Blick auf die demographische Entwick lung hilft, um diese Einstel lung nur zu gut zu verstehen.
einer Seite aus sehen. Nicht die Frauen brauchen den Beruf. Die Branche braucht auch die Frauen.
Das Ganze sieht längst schon nicht mehr aus wie eine Pyramide. Sondern wie eine Urne. Oben, also im Alter, ganz breit ausei nandergehend. Und unten sich dann fast beängs tigend verjüngend. Wie solle denn das zukünftig wirtschaftlich aufgefangen werden? Ansätze gibt es da einige. Man kann dafür sorgen, dass die, die Arbeit haben, die auch bis zum Schluss wirklich ausfüllen. Oder die, die Arbeit suchen, fortbilden, besser qualifizieren. Auch die, die noch gar nicht ins Arbeitsleben eingetreten sind, sollten so gut wie möglich qualifiziert werden. Auch das wird helfen. Aber die Probleme, die da kommen, lösen?
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Das werden diese ganzen Anstrengungen nicht. „Aber überlegen Sie mal, wie viele Frauen es gibt, sehr gut ausgebildet, mit bestem Fachwissen. Sollten wir, sollten die Unternehmen nicht die se Ressourcen nutzen?“, fragt Frauke Schwietert. Wer dann noch einen Blick auf den drohenden Fachkräftemangel wirft, der weiß, was sie meint, wenn sie von „einem riesigen Potential“ spricht, das da schlummere. Merkwürdig nur, dass einige Frauen die sich ihnen bietenden Chancen nicht nutzen. Das beginne schon bei der Berufswahl. Wieso entscheiden sich 75 Pro zent der Frauen für die Top25-Berufe? Mode, Pflege, Ver kaufen sind die Begriffe, die hier zu leiten scheinen. Sicher, es sei auch schlau, sich für den Beruf der Industrie-, der Bürokauf frau zu entscheiden. Schließlich gibt es hier die meisten Ausbil dungs- und Arbeitsplätze. Und auch in der Krise zeigt sich die Wahl der Frauen als eine richtig gute. Denn bei den Dienstleis
Die starke Verflechtung der Weltwirtschaft ist ein latenter Risikofaktor, „wir leben nun einmal nicht auf einer Insel“. Der Fachkräftebedarf ist heute schon ein Risikofaktor für Wachstum und Wohlstand vor Ort. Dabei konnte in der Krise unsere unbürokratische und schnelle Unterstützung mit dem Instrument der Kurzarbeit vielen Betrieben im Kreis helfen.
tern, in der Pflege kam die Krise erst gar nicht an. Und während die Männer aus der
die ihre Qualifikation und damit eigentlich auch
industriellen Produktion längst jobsuchend auf
ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt steigern. Und
der Straße standen, blieb die Arbeitslosenquote
dann kommt der Bruch. Und die Berufe, die die
der Frauen im Kreis eine erfreulich geringe. Es
Fachfrau MINT nennt, also ein Abkürzungsmix
ist wohl die Tradition, die die Frauen solche Be aus Mathematik, Informatik, Naturwissenschaf rufsentscheidungen treffen ließen, erklärt sich die
ten und Technik werden dann doch belegt, fast
Leiterin der Herforder Agentur für Arbeit dieses
überbevölkert von männlichen Bewerbern. Si
Phänomen. Erstaunlich aber, dass sich dieses Bild
cher, es gebe auch Berufe, da ist Muskelkraft noch
in der schulischen Ausbildung noch gar nicht ab wichtig. Wer viel schleppen, Gewichtiges heben zeichne. Da führen die Frauen, da gibt es meist
muss, der tut sich als Mann leichter. Aber sind
unter den besten Abiturienten mehr weibliche als
diese wenigen Berufe Erklärung genug? Sicher
männliche Absolventen. Auch bei den Studieren lich nicht. Vielleicht ist es auch der Freundeskreis, den: Es sind mehr Frauen an den Universitäten, der hier ein gewichtiges Wort mitzureden hat.
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Die Kurzarbeit hat nicht nur finan ziell geholfen. Sondern hat es den Oder – und nun wird es für einen Erwachsenen doch sehr erstaunlich – sind es auch Vorabendserien, die da beeinflussen. So gibt es etwa die Serie „Mieten kau fen wohnen“, die das Leben von Immobilienmaklern mit Kamera und Mikrophon be gleitet. Gerade bei vox aus gestrahlt, steigt plötzlich in der Arbeitsagentur die Nachfrage nach dem Beruf des
Unternehmen auch ermöglicht, jetzt, wo die Konjunktur wieder stark anzieht, mit ihren Fachkräf ten, mit dem bei ihnen gebliebenen Personal sofort weitermachen zu können. Auch das ist das Resultat dieses „Instruments der Stunde“.
Immobilienmaklers.
Alles nur Zufall? Vielleicht. Aber als die beiden
te der Kfz-Mechatroniker die komplexe Elektronik aus dem Effeff beherrschen. Die heuti ge Arbeitsmarktsituation sollte immer von mehreren Seiten be leuchtet werden, erklärt Frauke Schwietert denen, die alles allzu einfach sehen. Natürlich ist es so, dass viele Frauen gar nicht Voll zeit arbeiten wollen. Sondern froh sind, nach 20, 25 Stunden zu ihren Familien zurückkehren zu können. Auch hierzu die pas sende Zahl: 39 % der Frauen, die
sozialversicherungspflichtig erwerbstätig sind,
Ruhrpott-Sheriffs Toto & Harry auf sat1 dem Poli arbeiten im Kreis Herford in Teilzeit. Aber was zistenberuf zum Kultstatus verhelfen, steigt auch
geschieht, wenn spätestens 2030 die sogenannten
im Kreis Herford die Zahl deren stark an, die sich
Babyboomer, d.h. Männer aus geburtsstärken
nicht nur vorstellen können, sondern gleich in die
Jahrgängen, die Firmen fast scharenweise ver
Tat umsetzen wollen, Polizist zu werden.
lassen? Dann gehe es doch nicht darum, dass es
Gleichzeitig, und auch das werde gerne nicht
fast üblich ist, dass Frauen Teilzeit arbeiten. Dann
intensiv betrachtet, wenn die mangelnde Zahl an
müssten doch, sinnbildlich, die Löcher gestopft
geeigneten Auszubildenden angesprochen wird, werden. Auf die Beantwortung dieser Frage müss steigen auch die Anforderungen an diese jun ten sich, wenn es nach Frauke Schwietert geht, die gen Menschen. Heute gehören Computergrund Unternehmen schon jetzt einstellen. Es ist nun kenntnisse zum Einmaleins der Bewerber. War der
einmal so, dass die Frauen sich immer noch um
Automechaniker früher der Schrauber, muss heu Beruf und Erziehung der Kinder oder der Pflege
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der Eltern kümmern. Aber gibt es nicht längst
sind. Oder eben auch nicht. Was spricht
Wege, die einzuschlagen wären, um sich dieser
dagegen, wenn die Mutter nebenan ar
Situation zu stellen? Angestellte Erzieherinnen in
beitet und doch viel besser als von der
Großbetrieben wären eine Lösung. Eine andere, Arbeitsstelle aus weiß und sieht, dass von der Agentur für Arbeit längst praktizierte, alles im familiär grünen Bereich in den ist der schlichte Einkauf der Dienstleistung „Or eigenen vier Wänden abläuft? Sicher ganisation Kinderbetreuung“. Wege gebe es da immer, ist sich Frauke Schwietert sicher. Notsi tuationen treten nun ein mal auf, wenn Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen seien. Aber gibt es nicht viele Spiel arten, mit denen auch solchen Notsituationen von Unternehmerseite her zu begegnen sei? Te learbeit sei so eine Lö sung, übrigens auch bei der Agentur für Arbeit für viele Frauen angebo ten und von ihnen gerne angenommen. Muss eine Arbeitskraft, hochquali fiziert und ebenso moti viert, schlechter arbeiten, wenn sie das von zuhause aus tut? Die Alleinerzie henden sind doch die, die es am schwersten haben, erklärt Frauke Schwietert gerne. Und
lich nicht viel.
Es gehe also um zweierlei. Einerseits darum, Frauen zu ermutigen, den „weiblichen Weg“ zu verlassen und mal etwas zu wagen. Ihren Neigungen zu folgen, sich herausfordern zu lassen. Und andererseits darum, die, die Arbeitsplätze besetzen, dafür zu sensibilisieren, dass es die hochqualifizierten Frauen sind, die sie bald schon benötigen werden. Und eigentlich nichts dagegen spricht, deren Potential schon jetzt abzurufen, also sie schon jetzt einzustellen.
ƒ
das nicht nur in den ers ten Lebensmonaten der Kinder. Da komme häufig noch eine zweite schwierige Phase, wenn mit dem Grundschulalter auch die Nachmittagskomplett betreuung entfalle und die Kinder alleine zuhause
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So soll ein Dreh- und Angelpunkt aussehen? Die Kommandozentrale quasi, der Ort, dass die, die in der UI sind, von dem aus die rund 140 Damen der
doch auch in der Wirt
Unternehmerinnen-Initiative zwar
schaftsinitiative sein soll
nicht gelenkt werden, aber doch Im ten, geht, dann ist sie An pulse erhalten? Ein schlichtes Büro also
sprechpartnerin Nummer
im zweiten Stock des Kreishauses, zwei
eins. Dabei hat sie noch
Schreibtische, an einem sitzt Karin Pat mehr Aufgaben, kümmert zelt. Vor ihr der große Computerbild sich um Projekte, die die schirm, noch ein Röhrenmodell und
Vereinbarkeit von Familie
durch seine Größe irgendwie verdeut und Beruf gewährleisten lichend, das sich in ihm im übertrage sollen. Frau, Familie, Be nen Sinne all das abspielt, was die Un ruf, das sind die drei The ternehmerinnen-Initiative ausmacht. men, die ihre Arbeit do Früher, erzählt Karin Patzelt, habe sie
minieren. Alle zwei Jahre
vieles mit der guten alten Post erledigt. sind es dann aber vor allem die Unternehmerinnen, Hat Termine mitgeteilt, Ideen weiterge die die Zeit und Arbeitskraft von Karin Patzelt in geben, Neuigkeiten verkündigt. Heute
Anspruch nehmen. Dann trifft sie sich mit den bei
läuft das alles via E-Mail. Dabei ist Ka den UI-Sprecherinnen, wertet aus, was sich zu rin Patzelt das Bindeglied zwischen der
vor die rund 140 UI-Mitglieder gewünscht haben.
Initiative Wirtschaftsförderung des
So entsteht das Zweijahresprogramm, inhaltlich
Kreises Herford und denen, die sich mit
vor allem von den beiden Sprecherinnen mit Le
UI abkürzen lassen. Wenn es also um
ben gefüllt. Bei der Suche nach dem richtigen Ort,
Formularien, um Neuaufnahmen, um
an dem später die Veranstaltung stattfinden soll,
Termine, um das sanfte Erinnern daran, fängt dann die Arbeit von Karin Patzelt an. So gibt
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es die Unternehmerinnen, die sich ger weiß man, dass einige zu kämpfen ha ne bereit erklären, Treffen bei sich im
ben, nichts so leicht ist, wie es scheint.
Unternehmen abhalten zu lassen. Bei
Erzählt Karin Patzelt. Bei all diesen
anderen muss sanft nachgefragt wer Kontakten schätzt sie das Niveau, auf den, am Ende aber wurde immer noch
dem hier kommuniziert, diskutiert
aus jedem n.n. im Programm eine echte
wird. Dabei, auch das müsse man sa
Adresse. Einladungen
gen, sieht sie sich meist starken, selbst
werden
bewussten Frauen gegenüber. Und das
verschickt,
Anmeldungen ange bedeutet auch: Manchmal muss man nommen. Es dreht
sich auch reiben. So stark gar, dass Ka
sich viel im Arbeits rin Patzelt vor einigen Jahren eine Aus leben
von
Karin
zeit brauchte. Nicht ihren Arbeitsplatz
Patzelt um das The verließ, so arg war es nun auch nicht. ma Unternehmerin. Aber einfach mal den Kopf freibekom Kommt dann nicht
men, wenn es um die UI geht. Sich nicht
irgendwann die Frage
um die kümmern, die es nicht gewohnt
an sich selbst, ob man
sind, dass sich um sie gekümmert wird.
nicht tauschen wolle? Den
Am Ende waren es anderthalb Jahre,
Arbeitsplatz im Kreishaus
die die Auszeit andauerte. Dann war
gegen den einer Selbststän die Energie wieder da. Und hält bis digen. Gefragt habe sie sich
heute. Vor der Schaltzentrale, vor dem
das schon häufig, erzählt
Büro von Karin Patzelt hängt ein gro
Karin Patzelt. Und hat sich
ßes Bild. Gemalt 2009, gemalt auch von
doch immer gleich geant vielen Unternehmerinnen. Jede erhielt wortet:
Selbstständigkeit, einen zugewiesenen Platz, Motivwahl
die hat sicher seinen Reiz. Aber die
frei, Thema: unser weibliches Netzwerk.
Sicherheit einer Festanstellung auf Es ist ein sehr buntes, abwechslungs geben? Lieber nicht. Sicher ist sicher. reiches Bild geworden. Auch Karin Vielleicht liegt diese Zurückhaltung
Patzelt hat sich hier verewigt. In ihrer
aber auch daran, dass sie weiß, dass
eigenen, zurückhaltenden, unaufge
nicht jede Unternehmensführung ein
regten Art. Weißes Ross auf blauem
Selbstläufer ist. Es sehe von außen be Grund, das Symbol des Kreises hat sie trachtet häufig sehr einfach aus. Aber
hier zu Papier gebracht. Eine Konstan
wenn man so intensiv mit den Unter te also. So wie sie selbst das inmitten nehmerinnen zusammenarbeitet, dann
der UI ist.
$
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Auf den ersten, auch auf den zweiten Blick wollen die beiden so recht nicht zueinanderpassen. Optisch gesehen, sicher. Aber auch vom Temperament, von der Herangehensweise her. Die eine stellt sich der Aufgabe schon
Pfefferminzbonbon, hebt ihre beson
seit neun Jahren, weiß, wo die Fall ders erfrischende Art hervor, diesen stricke liegen, wo es aufzupassen gilt, Optimismus, diese Fröhlichkeit. Beide vor allem aber: was von ihr erwartet, stehen der Unternehmerinnen-Initiati gewünscht wird. Die andere bringt das
ve, kurz UI, als Sprecherinnen vor. Ver
mit, was passend mit Frische, Unbe treten also 140 Frauen, die sich entwe kümmertheit, Spontanität zu charak der selbstständig gemacht haben oder terisieren ist. Vielleicht sind es gerade
irgendwo in leitenden Funktionen, und
diese Gegensätze, die aus den beiden
so zum Großteil selbstständig agieren,
Damen ein harmonisches Team ma auch wenn das auf dem Papier anders chen. Die eine, Kerstin Krämer, pro aussehen mag. Zu diesem Amt sind sie fitiert gerne vom Erfahrungsschatz
eher zufällig gekommen. Die Entschei
von Elisabeth Hoffmann-Gallhoff. Die
dung dazu spielte sich in wenigen Se
wiederum bezeichnet ihre Kollegin als
kunden ab. „Plötzlich hat mich jemand
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vorgeschlagen, habe ich kurz überlegt, vermuten lässt. Es geht nicht nur um und es dann als Ehre, als Beweis gro eine ansprechende Atmosphäre, son ßen Vertrauens verstanden, dass ich
dern um ein Ambiente, das dem Ver
für dieses Amt vorgeschlagen wurde“, anstaltungsinhalt, dem eigenen An erzählt Kerstin Krämer. Bei Elisabeth
spruch gerecht wird. Monatlich trifft
Hoffmann-Gallhoff war das nicht an sich ein Großteil der 140 Damen. Sie ders. Eher überraschend wurde sie
diskutieren, hören zu, erzählen selber.
vorgeschlagen, aber lange überlegen, Verschaffen sich so manches Mal einen skeptisch abwägen? Ist nicht das Ding
Wissensvorsprung, spinnen dann wei
der spontanen Rechtsanwältin. Also
ter an ihrem Netzwerk, auf das manch
rein ins kalte Wasser. Impulsive Ent ein männlicher Kollege neidisch schaut. scheidungen von beiden also, die eine
Sie gelten in der iwkh als die, die sich
Herausforderung bildeten. Und die sie
am meisten umtun, die sich am häu
gerne annahmen.
figsten treffen, die die spannendsten
Heute stehen sie souverän bei je Events organisieren. Stolz sind die der Versammlung, jedem Treffen ganz
Damen, dass sie dieses größte Netz in
vorne. Werfen sich die verbalen Bälle
der iwkh bilden. Stolz auch, dass sie
zu, moderieren an und ab und sorgen
der agilste Teil dieser Vereinigung sind.
sich vor allem um das Programm der „Wir? Wir bewegen etwas. Wenn man Unternehmerinnen-Initiative. Auch
so will sind wir das Herz der iwkh“,
das ist zweierlei: schön und fordernd
sagen die beiden, überzeugt von der
gleichermaßen. Denn hier gilt es nicht, Unternehmerinnen-Initiative. Und vor interessante Fortbildungen zusam allem: überzeugt vom eigenen Handeln. menzustellen, mal zu schauen, was
Auf Augenhöhe bewegen sich die, die
denn wie spannend sein könnte. Wir
sich nicht nur des Geschlechts wegen
folgen hier den Wünschen unserer Mit zusammengetan haben. Es gehe viel glieder. Heißt die klare Vorgabe. Und
mehr darum, unter seinesgleichen zu
das bedeutet auch: 140 Unternehmerin sein, sich auszutauschen. Sicher, wenn nen wünschen sich etwas, haben eine
eine von ihnen einen Rat, eine Dienst
klare Vorstellung von dem, was da in
leistung benötige, dann werde erst
den kommenden zwei Jahren thema einmal in den eigenen Reihen geschaut. tisch auf sie zukommen soll. Dann gilt
Auch dafür ist so ein Netzwerk da. „Wer
es. Formen die beiden Sprecherinnen
aber meint, zwei, drei Mal zu uns kom
aus Wünschen Realitäten, füttern das
men zu können und dann hagelt es nur
Gewollte mit Inhalt, sorgen sich um
so Aufträge, der geht sicherlich von den
Vortragende, um Weiterbildende, um
falschen Voraussetzungen aus“, warnt
Orte, an denen diese Treffen stattfin Elisabeth Hoffmann-Gallhoff. Dabei ist den. Und zaubern ein Drumherum, jede Frau, die unternehmerisch oder das längst mehr ist, als dieser Begriff
leitend tätig ist, herzlich willkom
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men. Manchmal komme es vor, dass
ihr Wirken, ihren Antrieb beeindru
eine der beiden Sprecherinnen solche
ckend. Macht sich so eine Gruppierung
Kandidaten direkt anspricht, dann
auch Gedanken über die Frauenquote?
wieder ist es Eigeninitiative, die die
Denken solche Frauen, die sich ja er
UI wachsen lässt. Erster Anlaufpunkt
folgreich etabliert haben, in Beruf und
ist dabei immer Karin Patzelt. Beim
Gesellschaft, über das Errechnen vom
Bindeglied zwischen Unternehme weiblichen Besetzen von Spitzenpo rinnen-Initiative und Kreis laufen die
sitionen nach? Sicherlich nicht, mag
organisatorischen Fäden zusammen, man meinen. Aber weit gefehlt. Denn wird diejenige aufgenommen, die da der Vorstand der iwkh ist vor allem zugehören möchte. Was dann folgt, ist
eins: durch und durch männlich be
neu – und als Angebot, bitte nicht als
setzt. Früher, da war das anders. Da
Verpflichtung, gemeint. Pitch nennen
saßen da Anett Kleine Döpke-Güse und
es die Damen. Und dieser Pitch lässt
Lieselore Curländer mit an der iwkh-
sich in physikalische Werte fassen. 60
Spitze. Beide sind längst mit dem Able
Sekunden hat jedes Neumitglied, um
gen ihrer politischen Ämter abgetreten.
sich vorzustellen. Kurz hört sich das an. Jetzt sind die beiden UI-Sprecherinnen Und ist doch länger als häufig gedacht.
kooptierende Mitglieder. Und so merk
Wissen die beiden Sprecherinnen. Den würdig der Name, so undurchschaubar noch: Nach dieser Minute wissen die
auch die Position. „Wir als UI gehören
Zuhörenden kurz und knapp, vor allem
einfach dazu“, sagen die beiden, den
aber komprimiert, wer denn da neu zu
ken die 138 anderen und meinen alle
ihnen stößt. Und wissen auch: Jetzt gilt
zusammen die Mitgliedschaft im Vor
es, den Neuankömmling in der Mitte,
stand, nicht die Position irgendwo zwi
und nicht am Rand aufzunehmen. Das
schen den Stühlen. Sie repräsentieren
sofortige Du-Anbieten sei da sicherlich
vielleicht nicht die Großunternehmen,
der falsche Weg. So was entwickelt sich.
nicht die, die tagein, tagaus in der Pres
Oder eben auch nicht. Du oder Sie? Das
se stehen. Aber ist es nicht die Dienst
ist bei den Unternehmerinnen kein Kri leistungsbranche, die das wirtschaftli terium für Nähe oder Distanz. Es gehe
che Wirken im Kreis mit auszeichnet?
viel eher darum, sich mitzunehmen, Und wenn das so ist, sind es nicht die sich zu interessieren, sich kennenzuler Frauen, die in dieser Branche ein, wenn nen. Und möglichst früh zu erkennen, nicht das gewichtigste Wort mitzure wer dann da hinzugestoßen ist. Mit sei den haben? Kein gedanklich weiter Weg nen Stärken und Schwächen. Und mit
also, von der UI hin zum Vorstand. Und
dem Potential, das jeder Neuankömm einer, der sicher bald beschritten wird. ling für das Netzwerk bieten kann. Eine starke Einheit also, nicht nur zahlenmäßig, sondern vor allem durch
Denn wenn das Herz nicht zum Körper gehört, was ist dann der Körper ohne Herz?
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Ist es nicht langweilig, sich als Frau ausschließlich und über viele Jahre hinweg nur mit Männermode zu beschäftigen? Nichts zu finden im eigenen Sortiment, was auch in den eigenen Kleiderschrank passen könnte?
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Nein, ist es nicht. Oder besser: war es nicht. Sagt
ebenfalls über den gesamten Globus verteilt. Auch
Tanja Bobel, Leiterin der Abteilung für Presse- der Name ist ein internationaler, wobei dessen und Öffentlichkeitsarbeit in der bugatti Holding
Entstehung eher bodenständig wirkt. Es sollte
Brinkmann. Denn jetzt fällt ihr Blick nicht nur
vor vielen Jahren ein Name gefunden werden,
aus rein beruflichem Interesse in Kataloge und
der italienischen Chic versprüht, der modisches
Sortimentsübersichten. Plötzlich gibt es bugat Gespür vermittelt, ohne zu dick aufzutragen. Der ti-Schuhe und ebensolche Taschen für die Frau. damalige Marketingleiter ließ sich also ein Mai Die Fachwelt auf der Messe in Florenz horchte
länder Telefonbuch kommen, begann zu blättern
erstaunt auf. Die, die sonst ausschließlich für
und stoppte schon beim Buchstaben B. Der Name
Männer designten und produzierten, betreten
war also gefunden – und damals verwendete noch
nun weibliches Neuland. Und man darf das ruhig
niemand einen Gedanken daran, was mit dem
als solches bezeichnen, denn was sich nah bei gleichnamigen Automobil passieren könnte. Und einanderstehend liest, ist dann doch eine ganze
sollte. 1999 übernahm dann der VW-Konzern die
andere (Mode-)Welt. Versuche der Mitbewerber, italienischen Autobauer, und seitdem „stehe man sich in diese Richtung auszuweiten, hat es schon
im freundschaftlichen Austausch, schaue, dass
manches Mal gegeben. Und mit fast gleicher Re man sich nicht ins Markennamengehege komme,“ gelmäßigkeit holten sich die Probierenden dabei
sagt Tanja Bobel. So konnte bugatti zu einer Mar
blaue Flecke, Misserfolge also, ab. Also wollte und
ke werden, die Lizenzen wie kaum eine andere
will bugatti langsam starten, dem Entwicklungs vergeben hat. Jedes halbe Jahr wird sich dazu mit prozess den notwendigen Zeitraum gewährend. den Lizenznehmern getroffen, wird beraten, wie Dabei hatten sie bei der Präsentation in Florenz
das Bild des Ganzen ein einheitliches bleibt. Nun
schon den nächsten Schritt gewagt, wussten, dass
also gibt es hier auch eine weibliche Note. „Und
es auch eine Jackenkollektion für die Dame geben
das wurde ja eigentlich auch Zeit“, erklärt Tanja
werde. Nur sollte nicht alles auf einmal vorge Bobel. Manches Mal hätte nicht nur sie den Kopf stellt, nicht zu sehr überrascht werden. Erst ein geschüttelt, als sie das Sortiment besah. Wieso mal stellte bugatti neue Mitarbeiter ein. In diesem
gibt es das nicht auch für Frauen? War die Frage,
Fall gar: nur Mitarbeiterinnen. Die kümmern sich
die die weiblichen Betrachter bewegte. Besserung
nun um eine modische Jackenlinie, die erst ein ist nun in Sicht. Wobei das Unternehmen ein wei mal nur in Italien vertrieben wird. Auch hier gilt:
terhin männlich geprägtes ist. Treffen sich die,
Erst einmal in Ruhe und im Kleinen ausprobieren, die für Finanzen und Führung verantwortlich dann vielleicht größer durchstarten. Helfen tut
sind, dann sitzen da fast nur Männer am blank
dabei, dass bugatti einer der größten deutschen
geputzten Konferenztisch. Und – auch logische
Exporteure ist, wenn es um Männermode geht. Da
Folge der Modeausrichtung – finden sich bei den
gibt es also eine italienische Handschrift, etwas, Prominenten nur Männer, die die bugatti-Mode das in Italien besonders gefällt. Und wenn das bei
werbewirksam tragen und gleichsam präsentie
Männern im Land der Mode funktioniert, warum
ren. Man dürfe sich das aber nicht so vorstellen,
sollte das nicht auch die Frau begeistern können?
als würden da Verträge unterzeichnet, würde
Dabei hat bugatti die große Auswahl gehabt. genau festgelegt, wer wann was zu tragen hat. Mehr als 200 Shop-in-Shop-Systeme gibt es von
Auch das: basierend auf einem freundschaftlichen
bugatti. Weltweit. Und zwanzig eigene Geschäfte, Verhältnis. Da ruft am Montag Mirko Slomka an,
26
27
das zugesandte Sakko habe sehr gut
Vorbeigehende sehen kann, was und
gepasst, getragen beim Heimspiel von
wie in dem Gebäude gearbeitet wird.
Hannover 96 und damit auch getragen
Tanja Bobel wird er dabei nicht immer
in Millionen von Haushalten. Auch
zusehen können. Denn die ist viel un
Gerhard Delling, eingekleidet von den
terwegs. Bereist die großen Magazine,
Herforder Modemachern. Peter Maffay
fährt nach Hamburg, nach München,
ebenso. Sehr gut und gleichzeitig nicht
um sich mit den Verantwortlichen von
aufdringlich gekleidet sind die Her Stern, Gala, Brigitte, GQ zu treffen. Da ren, zeigen nicht durch auftragende
stellt sie dann die komplette Kollekti
Kragenstickereien, was sie da tragen. on vor, knüpft und festigt Kontakte, Und tragen dann doch zum Unter lässt Bild- und Textmaterial da und nehmeserfolg bei. Wachstum ist, was
sorgt so dafür, dass bugatti nicht nur
Holding und Marke derzeit auszeichnet. in Anzeigenform, sondern auch redak Die Umsatzzuwächse bewegen sich in
tionell in diesen großen Blättern statt
einigen Segmenten im zweistelligen
findet. Zukünftig werden sich auch die
Prozentbereich, die Auftragseingänge
Frauenzeitschriften eingehender mit
im Frühling passen sich der Jahres der Marke bugatti, mit dem Herforder zeitenstimmung an. Fünf neue Stores sind in der Planung, 30 bis 50 Shopin-Shop-Systeme sollen folgen. Die allgemeine Krise, die bei bugatti gar nicht spürbar war, also ist überwun den, es darf wieder nach vorn geschaut werden. Oder im Fall von Tanja Bobel: nach nebenan geblickt werden. Denn wirft sie einen Blick aus dem Konfe renzzimmer, dann kann sie ihren zu künftigen Arbeitsplatz schon sehen. Das Verwaltungsgebäude auf dem Nebengrundstück nimmt so langsam Formen an. Es wird eines sein, bei dem Glasfronten vorherrschen, bei dem der
Unternehmen beschäftigen.
Und sehen, dass Herren- und Damenmode weit auseinander liegen. Und doch einiges gemeinsam haben. So wie in diesem Fall die Herkunft. Aber auch: die Qualität, die klassische Linie, die Philosophie, die sich hinter den Produkten verbirgt. E
Dauert nicht mehr lange, und Britta Heuser stellt den Laufstall wieder in ihr Büro. Ein Jahr, gut, das gibt sie sich, um wieder voll, also hundert Prozent in ihren Job einzusteigen.
Vorher wird sie auch nicht nur vorbei schauen. Sondern mitarbeiten. Auch das ist sicher. Schwangere Bäuche, be vorstehende Geburten, kranke Kinder, Kindergartenurlaub oder Schulferien, all das sind keine echten Probleme bei Breos. Das Unternehmen, das Pfeffer und Salz, Kräuter und viele andere Gewürze für Metzgereien und Lebens mittelhersteller ebenso wie für Endver braucher mischt, ist ein fast durch und durch weibliches. Und kennt sich damit
en, wenn Soll und Ist bei Gramm und
aus mit den Problemen, die eben ei Menge in Einklang gebracht werden gentlich nur junge Mütter kennen. An soll. Die Kunden vertrauen uns, weil fangs, erzählt Britta Heuser, hätten sie
wir genauer sind als andere. Sagt Britta
und ihre Kolleginnen einfach ihre Ar Heuser. Und meint damit auch: genau beitszeit dem Kindergartenrhythmus
er sind als andere, die allzu viele Ma
angepasst. Nicht andersherum. Ge schinen einsetzen. Herr dieser ganzen arbeitet wurde einfach von 8.30–14 Uhr, Mischerei, Herr über all die Rezepte ist so einfach war das. Dass das aber für
dann aber doch ein Mann. Egon Heuser,
sie bedeutete, sieben Tage in der Woche
gelernter Koch, gelernter Lebensmit
zu arbeiten, den Sohn am Wochenende
teltechniker und heute immer noch
bei Oma und Opa unterzubringen, war
Angestellter bei einem Unternehmen,
dann wiederum nicht ganz so famili das mit Lebensmittel-Zusatzstoffen enfreundlich. Dem Unternehmen aber
handelt. Ob sich das nicht beiße, An
schien und scheint diese Arbeitsweise
gestelltentum und Unternehmerschaft.
gutzutun. Gerade wurde groß umge Nein, lautet die Antwort. Und der Blick baut, deutschlandweit und darüber
wandert rüber zu Ehefrau Britta, die ja
hinaus finden sich Kunden, die noch
irgendwie auch beides ist: angestellt auf
auf das menschliche Auge vertrau Papier und beim eigenen Mann. Und in
der Realität dann eben doch Unterneh Erzieherin nach. Familiär sei eben der
war auch das ein weiter Weg. Anfangs
merin. Denn der Ehemann sorgt sich im
Gedanke, der die Philosophie des Un sind die Heusers von Nachbargarten
Angestelltenverhältnis um Kunden in
ternehmens mit dem merkwürdigen
halb Deutschland. Und das ist bei ihm
Namen charakterisiere. Merkwürdig
sich ein zum gemeinsamen Grillen, im
eines, das vertikal, sprich von Nord
deshalb, weil Breos eine Mischung
Gepäck die gerade wieder verfeinerte
nach Süd aufgeteilt wurde. 50.000 ge aus Bremen und Osnabrück darstellen
Marinade. Das sei, das müsse man so
zu Nachbargarten gezogen. Luden
fahrene Kilometer kommen da immer
solle. Da sollte anfangs eigentlich das
sagen, anfangs nicht so gewesen, dass
noch leicht im Jahr zusammen. Und
Haupt-Absatzgebiet des Rödinghauser
diese Grillbesuche immer erfolgreich
man kann sich vorstellen, wie häufig
Unternehmens liegen. Bis Bremen sind
abgeschlossen werden konnten. Aber
Britta Heuser dann doch alleine ihren
wir aber eigentlich nie gekommen. Er es wurde eben weiter verfeinert, neu
Mann stehen muss. Das aber scheint
zählt Britta Heuser. Dafür aber in viele
gemessen, Neues hinzugemischt, Al
kein Problem zu sein. Nicht, wenn der
andere Teile der Republik. Aber da war
tes weggelassen. Am Ende dann ent
eigene Sohn krank ist. Nicht, wenn
der Name längst eine Marke. Und hatte
stand das, was heute nicht nur an den
der Kindergarten im Sommer für drei
sich herumgesprochen, dass hier Men Wiederverkäufer geht. Sondern auch
Wochen schließt. Im Vorjahr wurde
schen arbeiteten, die mischten, was es
im eigenen Werksverkauf angeboten
einfach ein Babysitter engagiert, jetzt, sonst so nicht zu kaufen gibt. Wer Sala wird. Sollte da mal ein kleiner Junge wo mehrere Mitarbeiterinnenkinder
mis herstellt, der schätzt diese Würze, hinter dem Tresen stehen, sollte man
schon älter sind, denken sie bei Breos
wer Fisch, wer Gegrilltes marinieren
sich nicht wundern: Hier arbeiten viele
schon über den Einsatz einer eigenen
möchte, der kauft hier richtig. Dabei
Mütter. Da sind die Kinder nicht weit. U
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tErMINE
01.07.2011
Zukunftskonferenz im Kreis Herford Ort: Fa. Alligator Farbwerke GmbH in Enger, Beginn: 10.00 Uhr
05.07.2011
7. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Kreisentwicklung und Wirtschaftsförderung, Ort: Moor und Schwefelbad Senkelteich August Großmann in Vlotho, Beginn: 14.30 Uhr
11.07.2011
Informationsveranstaltung zu den kURsKooperationen, Ort: Kreishaus Herford, Beginn: 14.00 Uhr
17.07.2011
7. widufi xLauf in Enger, Start: EDEkaCenter Wehrmann, Ringstraße 33, Beginn: 15.00 Uhr
20.07.2011
Businessaktiv: „Der Schlüssel zur Gelassenheit“ Ort: n.n. Beginn: 19.15 Uhr
24.08.2011
Sommerfest der UI, Ort: Garten von C. Plake, Beginn: 19.15 Uhr
14.09.2011
Businessaktiv: „Social Media – xiNG, Twitter, Facebook & Co.“ Ort: Kreishaus Herford, Beginn: 19.15 Uhr
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Klappe auf, Klappe zu. Ein Knopfdruck, und der Himmel rückt ein gutes Stück näher.
Der Tankwart ist Fachmann. Schaut
auf, Kofferraum auf, alles hoch-, dann
cho, und da steht schon der Gang, der
erstmal genau hin, nickt dann. Sieht
weggefahren und verstaut ganz weit
gerade der perfekte ist. Soll aber auch
irgendwie kompakter aus als der Vor hinten, dem Blick entzogen.
heißen: Im neuen VW Eos lässt sich das
gänger. Jetzt stimme alles. Ist sich der
genießen, um das es in jedem Cabrio
Mann sicher.
Dabei ist es jetzt, Mitte April, nicht
wirklich ladylike, was das Wetter an geht. Nicht um den Einsatz des Wind
Lassen wir ihn in dem Glauben. geht. Dunkle Wolken schieben sich
shots, nicht um das Hochfahren der
Denn aus kompakter = kleiner ist beim
vor den eben noch blauen Schäfchen Seitenscheiben. Das hier, das ist kein
neuen VW Eos nichts geworden. Aber
wolkenhimmel, die Außentemperatur
Coupé mit übergroßem Schiebedach,
der visuelle Eindruck trügt dann doch
lässt sich an den Fingern zweier Hän das ist Offenfahren, so wie es sein soll.
nicht. Er ist irgendwie stimmiger, nicht
de abzählen. Die sind im Falle unserer
Wobei, gut, die Sitzheizung steht bei
so rund, halt kantiger geworden. Er
Begleitung passend zum Autolack in
dieser Witterung auf Vollgas, sicher auch
bleibt aber, da sind sich Schreiber und
Toffee lackiert, schimmern also ir geeignet, um Rindersteaks typisch-
Tankwart einig, ein Lady-Auto. Also das
gendwo zwischen braun und grau und
braune Grillstreifen auf die Oberfläche
getupfte Seidentuch um die eben noch
greifen nun um ein Lederlenkrad, das
zu brennen. Der Seidenschal hat sich
mit Plätteisen geglätteten Haare gebun den Wagen in Richtung Wiehengebirge
im Fahrtwind längst vom Haupthaar in
den, die Fliege-Puck-Sonnenbrille, die
Richtung Halsschmuck verabschiedet,
dirigiert. Es geht über Alleen, es wird
man – man beachte das seitlich ange hügelig, dann wieder rasant auf flacher
aber die Mundwinkel wandern konti
brachte Label – so natürlich nie, nie, nie
Piste. Es ist ein Lady-Auto, ist sich auch
nuierlich nach oben. 122 Pferdestärken
nennen darf, aufgesetzt und dann den
unsere Fahrerin sicher. Kein Protzer, wirft unser Eos, just beim Autohaus
Knopf da an der Mittelkonsole gezogen. kein Poser. Es könnte nur ein bisschen Was dann passiert, funktioniert auch an
Bünde abgeholt und schon ans Herz
mehr brummeln, etwas mehr grum gewachsen, auf die Muskelprotz-Waage,
der roten Ampel. Im Stand, beim leich meln da vorne. Denn man hört kaum
nicht gerade viel, um sportwagengleich
ten Rollen, überall und eigentlich im etwas. Es ist fast so leise, dass man gar
um die Ecken zu flitzen. Aber es langt.
mer. Erst tut sich nichts, dann alles auf
nicht weiß, wann man denn hochschal Allemal sogar. Auch wenn es ihn na
einmal. Scheiben runter, Schiebedach
ten soll. Wobei, kleiner Blick auf den Ta türlich deutlich muskulärer, auch mit
33
210 PS unter der Haube gibt. Der Eos
dem Verdeck. Immer. Morgens. Abends.
im Schnitt, sondern Spitze – 198 km/h.
zieht dennoch kräftig an, ganz gleich
Immer. So wie jetzt, wo die Sonne sich
Und, da freut sich nicht nur der Rechen
ob aus dem Stand oder schon hundert
gerade verabschiedet, die Temperatur
schieberfreund, er kostet fünf Euro we
Stundenkilometer schnell fahrend. Und
zu allem passt, nur nicht zum Frühling. niger als 28.000 Euro. Nackig, versteht
die Bremsen packen ebenso ambitio Er ist ein Cruiser, da ist sich unsere Be sich. Aufpeppen lässt er sich natürlich niert zu, kein Problem also Fahrweise
gleitung sicher. Einer, der dahingleitet, noch an allen Ecken und Enden. Im
und Fahrzeugäußeres in Einklang zu
der, wenn es sein muss, drei weitere
bringen. „Das hier, das sieht aus wie
Passagiere mitnimmt. Allerdings sol Technik und Verwöhnprogrammen, für
Lack, innen, außen, mit jeder Menge
in den 80er-Jahren“, sagt unsere char che mit kurzen Beinen. Denn hinten
Körper und Auge gleichermaßen – das
mante Begleitung und lässt die Finger
Autohaus Bünde hilft bei der Entschei
ist der Eos kein Platzwunder. Und auch
über die chromfarbenen Lüftungsein ganz hinten, am automobilen Po, im
dungsfindung gerne weiter. Am Ende
fassungen fahren. Der Blick wandert
Kofferraum ist Platz nichts, was ver aber reduziert sich so ein Auto auf ei
zwischen Innenspiegel und Straße hin
schwenderisch ausgegeben wurde. Aber
nen einzigen Knopf. Um den geht es.
und her, das Haar ist längst zerzuselt, bitte: Das hier, das ist nichts, was mit
Und um nichts anderes. Also brausen
das Puder auf der Nase verflogen. Klei normalen Maßstäben bemessen wer wir weiter. Den Wind im offenen Haar, ne Sommersprossen kommen zum Vor den sollte. Das hier, das ist ein Spiel die Musik längst ausgestellt – wer will schein – und wenn nur dazu ein Auto in
zeug. Eines zwar, das dank Metalldach, schon den Fahrtwind übertönen – und
der Lage ist, dann bitte her damit. Man
Viersitzprinzip und modernster Tech das innere Versprechen sich gebend,
will dem potentiellen Eos-Käufer zuru nik alltagstauglich ist. Aber für den, das ab jetzt dieser eine Knopf nie wie fen, dass er sich erst einmal dafür inte der den Rechenschieber seinen Freund
der betätigt wird. Regen? Fahr schnell,
ressieren soll, woher der Name seines
nennt, ist so ein Auto natürlich nichts.
und er trifft Dich nicht. Kälte? Frieren
neuen Autos eigentlich stammt. In der
Obwohl er, also der Eos, den Spitzblei kannst du später. Die Blicke der ande
griechischen Mythologie wird die Kö stiftenutzer in vielen Rechenaufgaben
ren? Bitte, immer her damit. Autofah
nigin der Morgenröte Eos genannt. Blei überzeugt. Unser Eos verbraucht - im
ren wie auf dem Catwalk. Was will Frau
ben da noch Fragen offen? Also auf mit
mehr?
Schnitt - 6,2 Liter. Und er fährt – nicht
i
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35
Der Anfang? War ein unspektakulärer. Angela Holstiege zog mit ihrem Mann nach Bünde. Ein Freund und Kollege fragte, ob sie nicht aushelfen könne, zwei Ausschüsse, Sozialausschuss und Planungsausschuss seien noch zu besetzen im Stadtrat.
Eine Frage hatte die Gefragte nur: Wie viele
lichkeit. Sie habe halt gefragt, was sie interessierte.
Frauen sind in den Ausschüssen? Im Planungs Und auch festgestellt, dass da immer häufiger Zu ausschuss? Keine. Dann nehme ich den. Wählte
stimmung kam. Nicht von denen, die ganz vorne
den Planungsausschuss und saß nun vor allem
saßen. Die ob ihrer Funktion schon die, die hinter
unter einem: unter Männern. Und dazu kam:
ihnen saßen, nicht nur vertraten, sondern man
ohne Ahnung, was denn da zu bereden, zu dis ches Mal auch ganz überflüssig machten. Hinten kutieren sei. „Drei Jahre habe ich gebraucht, um
aber wurde genickt. Und eigentlich hat sich Ange
selbst festzustellen, ob ich gerade eine doofe oder
la Holstiege während ihrer gesamten politischen
eine intelligente Frage gestellt habe“, erzählt sie
Karriere mehr zu denen hingezogen gefühlt, die
zwei Jahrzehnte später mit entwaffnender Ehr da hinten die harten Bänke drückten. Wobei sie
sogar irgendwann auch ganz alleine saß. Irgend sollte man nicht einfach starten? Es gehe häufig wann, das war, als sie in den Kreistag wechselte. in der Politik viel zu sehr darum, dass über das Als einzige Grüne. Als einzige Frau. Ein Jahr lang
geredet wird, was man machen könne. Und nicht
wurden die Sitzungen mit dem Satz „Meine Her das, was man macht. Verlorene Zeit sei das. Und ren“ eröffnet. Ertragen hat sie das mit einer Ruhe, komme viel zu häufig in der Politik, auch der lo die vielleicht dann doch nur Frauen haben. Diese
kalen, vor.
Hahnenkämpfe, die liegen ihr nicht. Sich aufregen
Vielleicht ist es wegen des Drüberredens auch
über so etwas? Lieber heute drüber lachen. Auch
eine von ihr so genannte Hassliebe, die sie mit der
darüber, dass bei Sitzungen Brötchen immer ta Zeitschrift Emma verbindet. Lesen tut sie sie seit blettweise gereicht wurden. Ein großes für die
20 Jahren. Und sich darüber ärgern genauso lange.
CDU, ein ebensolches für die SPD, eine winziges
Aber davon loskommen? Tut sie dann doch nicht.
mit einem Brötchen drauf für die Abgeordnete der
Emma und Frauenbewegung und Quote, das
Grünen. Irgendwann – der Zeitpunkt lässt sich gar
wird ja häufig in einem Atemzug genannt. Aber
nicht mehr so richtig bestimmen – sei das ganz
so einfach sei das alles nicht. Und schon gar nicht
egal gewesen. Egal, dass sie die einzige Frau war. mit einer Quote, die sich nur in zwei Zahlen fas Wurscht, ob sie da nun alleine saß. Ganz gleich, sen lasse. Nehmen wir die Industrie, die Struktur dass sie die einzige war, die gegen etwas stimmte. in den Vorständen. Sollte der Frauenanteil darin Heute, heute ist das ja alles ganz anders. Da kann
nicht die Frauen repräsentieren, die sich im ge
sie aufstehen und unter tausend Gästen die Ein samten Betrieb befinden? Bei den DAX-Unterneh zige sein, die dagegen ist. Kein Problem, nichts
men? Sicher. Aber hieße das nicht auch, dass es
Besonderes mehr.
in technischen Unternehmen eben eine deutlich
Und versteht sich doch als die, die sich für die
geringere Quote geben sollte? Nach Meinung von
Frauen einsetzt. Frauenpolitik aber? Ist ihr nie in
Angela Holstiege schon. Und diese Meinung sagt
den Sinn gekommen. Viel zu einseitig sei das. Und
auch: Frauen müssen zu ihrer Karriere gedrängt
das ist nicht die Sache der Angela Holstiege, Ein werden. Sonst gehen sie der einfach aus dem Weg. seitigkeit. In ihrem ganzen Leben nicht. Arbeit als
Bestes Beispiel: ihre Tochter. 27 Jahre alt und Ärz
Lehrerin, Freizeit als Politikerin, Mutter von vier
tin. Und vor allem: froh, keine Karriere machen zu
Kindern, die Liebe für den Garten, das Akkorde müssen. Aus emanzipatorischer Sicht – „und ich onspiel, wo bleibt da Platz für Einseitigkeit?
komme ja aus der antiautoritären Studentenbewe
Vielleicht hat sie sich aber auch dagegen ent gung“, fügt Angela Holstiege noch an –, sei das na schieden, sich der Frauenpolitik zu verschreiben, türlich nicht einfach zu verstehen. Aber vielleicht weil sie einfach die Herangehensweise falsch fin sind es dann doch die Gene. Und das Wissen, dass det. Muss man darüber reden, wie es wäre, wenn
Frau und Hahnenkampf nicht zusammen passen.
man mit dem Umdenken anfangen würde? Oder
Und für die Familie sind die Frauen ja nun auch
zuständig, da ist sich die Grünen-Politikerin
Karriere hingelegt hat und keine Kinder hat? Das
auch sicher. Wie soll man einen solchen Satz
macht sie auch traurig. Sagt die vierfache Mutter.
dann bewerten? Achselzucken. Aus-dem-Fens
Es sei halt ein Konflikt. Und einer, der noch nicht
ter-gucken. Sich-damit-abfinden. Bei ihr selbst
lösbar sei. Vielleicht helfe die Teilzeit weiter, ihre
sei das ja nicht anders gewesen. Karriere in der
Familie habe es ja vorgelebt.
Schule? Habe sie ja nicht gemacht. Und wollte
Wenn beide Ehepartner aber in der Politik
sie auch gar nicht. Viel wichtiger sei es da ge
sind, ist das einfach? Nicht immer. Gut, beide
wesen, Kinder zu kriegen. Und sollte das nicht
sind Grüne, die Grundlinie sei die gleiche. Aber
jede Frau? Sollte sie, da ist die Sprecherin der
die Details? Da könne man sich schon mal fetzen,
Kreis-Grünen sicher. Also diskutierte sie schon
klar. Und die Aggressivere? Ist sie, das gibt An
zu Studentenzeiten mit ihrem Mann. Beide ka
gela Holstiege gerne zu. Ist das gar typisch Frau?
men überein: Kinder ja, Lehramtsstelle für die
Ach, vieles, fast alles sei ja ansozialisiert. Prag
Frau, Halbtagsstelle für den Mann. Was schnell
matischer seien Frauen, handlungsorientierter.
ausgemacht war, ließ sich dann doch nicht so
Mitgestaltend also. Und genau das will sie. Poli
einfach umsetzen. Denn als Internist nur hal
tisch, in ihrer Umgebung, im Kreistag. Und dar
be Tage arbeiten? Für den Chefarzt von Angela
über hinaus? Auf Landesebene etwa? So gehe das
Holstieges Ehegatten nicht denkbar. Und damit
hier nicht. Wir sind in Ostwestfalen. Da wird man
auch: nicht möglich. Also der Wechsel rüber in
nicht wahrgenommen, von denen im Ruhrgebiet.
die Anästhesie und dann halbe Tage Intensiv
Im Rheinland. Und wie wolle man sich da bekannt
station und Rettungswagen, halbe Tage großer
machen? Abends nach Düsseldorf fahren, nachts
Garten, große Familie.
wieder zurück. Nicht machbar. Und, pragmatisch
Wenn man Frauen in Führungsetagen ha
eben, dann auch nicht vorstellbar. Vielleicht dann
ben will, dann gehe es halt nicht ohne die Quo
doch in die andere Richtung, zurück in den Stadt
te. Auch, weil Männer lieber Männer befördern.
rat? Auch nicht möglich, versperrt durch den ei
Was ganz erklärlich ist. Denn sind nicht Männer
genen Ehemann. Zwei Holstieges? Das wollen sie
lieber unter Männern. Und, sicher, Frauen un
niemandem zumuten. Und danach, wenn in zwei
ter Frauen? Und wenn das so ist, befördert man
Jahren das Lehrerdasein vorbei ist? Ein Buch sch
nicht lieber den, den man besser kennt? Und
reiben. Ein kindgerechtes. Und ein kritisches. Für
schätzt? Dabei sei genau das fatal. Denn wenn
die Enkelsohn, erklärend, wie Ökonomie funkti
oben keine Frau ist, warum soll dann unten eine
oniert. Nicht so kompliziert, wie sonst Ökonomie
danach streben, nach oben zu kommen? Wobei,
erklärt wird. Sondern einfacher. Das ist der Plan,
Karriere und Familie miteinander vereinbaren?
nach dem Beruf, nach der Politik. Da komme eine
Eigentlich immer noch ungelöst. Sagt Ange
neue Lebensphase. Spannend sei die allemal. Und
la Holstiege. Wenn eine Frau mit 40 eine tolle
eine, auf die sie sich schon jetzt freut.
r
38
Wer Inge Brünger-Mylius, also ihre Art zu denken richtig kennenlernen möchte, der muss sich mit Historischem beschäftigen.
R
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40
Etwa mit dem Jahr 1994. Da hatte die heute 51-Jährige einen großen Haus halt und drei Kinder, die sie zuhause betreute. Plötzlich stand ihr Vater Felix Brünger, damaliger Inhaber des Büro möbelherstellers Febrü, vor ihr und teilte ihr mit: „Ich habe ein neues Un ternehmen gegründet. Und du machst das.“ So einfach war das. Erzählt die gelernte Erzieherin heute. Zeit, oder besser: Raum, sich das zu überlegen, schien es damals nicht zu geben. Also willigte sie ein. Startete in einem, mit einem Ein-Frau-Unternehmen, belud, entlud LKWs, kommissionierte, küm merte sich um Buchhaltung, Marke ting, Ein- und Verkauf gleichermaßen. Der Verkauf von Bürostühlen war die
Hobbys? Hab ich keine. Ich kümmere mich um meine 85-jährigen Schwiegereltern, um den 1.700 m2 Garten, um das Haus. Da bleibt alles. Nur keine Zeit für Hobbys.
R
geschäftliche Grundlage. Als die immer
17 Jahre später ist SMV nach Löhne
mehr wegbröckelte, als die Insolvenz
umgezogen, gibt 18 Mitarbeitern Arbeit
anstand, stand Inge Brünger-Mylius
und Lohn und legte in den ersten drei
vor einer schweren Entscheidung. Fir Monaten dieses Jahres 30 Prozent an ma kaufen? Oder lieber nicht. Hätte
Umsatz zu. Heute dreht sich das Ge
sie gewusst, dass an SMV eine Million
schäft längst nicht mehr um den Ver
DM Schulden klebten, sie hätte nicht
trieb günstiger Bürostühle. Heute geht
gekauft. Sagt sie heute. Aber das mit
es um Objekte, um die Gestaltung von
den Schulden ist ihr erst ein Jahr später
Eingangsbereichen, von Lounges. Im
klar geworden, da hatte sie längst für
mer auf Kundenwunschhöhe. Etwas
eine Mark gekauft, hatte das Zuhause
höher, etwas breiter, ein anderes Ma
so organisiert, dass Kinder und Selbst terial? Alles kein echtes Problem. Pro ständigkeit unter einen Hut zu bringen waren. Betriebswirtschaftliche Crash
duziert wird, was der Kunde wünscht. Eine Erfolgsgeschichte also, die eine
kurse hat sie belegt, sich durchgebissen, weibliche Handschrift trägt. „Schauen viel, sehr viel durch die Febrü-Insol Sie sich hier im Unternehmen, in unse venz gelernt.
ren Büros um. Glauben Sie, das sähe so
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aus, wenn ein Mann das Sagen hätte?“, scheidung. Und der Vertriebler dreht fragt die Inhaberin, rein rhetorisch
sich zur Seite und sagt: „Kann ich nicht
versteht sich. Denn die liebevolle Ge entscheiden, müssen Sie Frau Brüngerstaltung der Büros, der Empfangs-, der
Mylius fragen.“ Was dann passiert, är
Präsentationszimmer trägt weibliche
gert und amüsiert die Geschäftsführe
Züge. Es geht ihr um das Wohlfühlen. rin heute zu gleichen Teilen. Abstellen Und das solle man sofort spüren. Aber
ließ sich dieses Phänomen, dieses Ich-
es gibt auch die männliche Seite im
will-lieber-mit-einem-Mann-spre
Arbeitsleben von Inge Brünger-Mylius. chen nie so ganz. Technik, Brandschutzbestimmungen,
Wenn sie mit Kunststoff und Me
DIN-Vorschriften beschäftigen sie tag tall, Holz und Stoff in all seinen Facet ein, tagaus. Da hätte sie sich erst einar ten umgehen muss, dann sei das hier beiten, dann durchsetzen müssen. Ging
eine Männerwelt. Wenn es aber um das
sie mit ihrem Vertriebsleiter auf eine
Einstellen neuer Mitarbeiter gehe, dann
Messe, so war der meist der erste An sähe das ganz anders aus. Zeugnisno sprechpartner. Ihm wurde erklärt, ihr
ten? „Interessieren mich nicht. Ich gu
zugelächelt. Dann der Punkt der Ent cke mir den Menschen an. Baue dann einen Arbeitsplatz für ihn, um ihn he
Seit mein Mann mit im Unternehmen arbeitet, hat er noch mehr Verständnis für mich, für meine Arbeit. Zuhause gilt aber: Kein Wort über die Firma. Und das klappt. Fast immer.
R
rum. Nicht andersherum. Suchen Sie das einmal in einem von einem Mann geführten Betrieb. Das werden Sie nicht finden.“ Es gehe darum, Stärken herauszu finden, bei Schwächen fortzubilden, je manden zur Seite zu stellen, der eben diese kompensiert. Personalfragen, das sind komplizierte, anstrengende, notwendige Fragen, die beantwortet werden müssen. „Ich habe mich dazu entschieden, zu wachsen, so groß zu sein, wie ich jetzt bin. Da muss ich mich mit dem Thema intensiv beschäftigen.“ Die Stärken ihres Mannes sind es vor allem, zu bewahren. Und auch sol che Menschen brauche man in einem Betrieb. Nicht nur die Visionäre. Solche
NWDfestival_az:52.8-A4
15.04.2011
12:08 Uhr
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orchesterkonzerte / kammerkonzerte / chorkonzerte / pfingst-festival / internationale sommerakademie / รถffentliche proben / schulkonzerte
Immer gute Musik. www.nwd-philharmonie.de
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wie Inge Brünger-Mylius. Die auch ein teil von ihm entscheidet: Pioniergeist mal Geld in die Hand nehmen, wenn
und Mut. Beides hat Inge Brünger-
andere die Hände über dem Kopf zu Mylius. Daneben auch die Fähigkeit, sammenschlagen. So geschehen letztes
den Willen, die Firma vor alles zu stel
Jahr. Da war einer ihrer Söhne – längst
len. Rund um die Uhr gilt das allerdings
gemeinsam mit einem Bruder im Be nicht. Auf der morgendlichen Fahrt trieb fest verankert – bei Siemens und
hin, abends weg von der Arbeit redet
schnappte auf, dass hier für einen
sie mit ihrem Mann noch über Firmen
Lounge-Bereich eine neue, eine aus interna. Danach nicht mehr, das ist gefallene Möblierung geplant war. Er
ausgemachte Sache. Vor 7 Jahren stieg
schrieb auf, er brachte mit. Und wagte
ihr Mann mit ein bei SMV, nicht in die
nicht, zu hoffen. Denn 45 Bieter wa Geschäftsführung, nicht als Inhaber. ren im Rennen, die Erfolgsaussichten
Sondern als EDV- und IT-Fachmann.
schienen diese Bezeichnung nicht ver Beide scheinen froh zu sein, dass die dient zu haben. Später dann der Anruf. Rollen so verteilt sind. Sind sie im Ur Es sind noch drei im Rennen. Und Sie
laub übrigens auch. Er geht tauchen,
sind dabei. Jetzt galt es, das Angebot zu
sie entspannt. Keine Termine – eine
verfeinern, 15.000 Euro in die Hände
Rundreise, feste Uhrzeiten, kämen
zu nehmen. Die gleich wieder weg sind, für sie nicht in Frage, das habe sie hier wenn nicht zwei im Rennen um den Auftrag hinter sich gelassen werden. „Was haben sie da nicht alle auf
im Büro jeden Tag – , und die Mög lichkeit, draußen alle Mahlzeiten ein nehmen zu können. Ein echtes, ein
mich eingeredet. Sind zurückgeru vollkommenes Abschalten ist es dann dert, wollten alles, nur nicht weiter doch nicht. Jeden Tag checkt sie die machen.“ Am Ende entschied das, was
E-Mails. Weil sie nur entspannen kann,
meist über einen guten, einen erfolg wenn sie weiß, wie es in der, in ihrer reichen Unternehmer und das Gegen Firma läuft.
Ich hätte einfach keinen Urlaub, wenn ich nichts lesen, nichts von der Firma hören würde. Dafür bin ich viel zu ungeduldig.
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Jeder kennt, fast jeder hat solche Ecken, ganz gleich, ob gewerblich oder privat genutzt. Oder besser: ungenutzt. Wir beseitigen die. Sauber. Gründlich. Auch bis in die letzte dieser Ecken zupackend, wegwischend. Und das: flott, zuverlässig, mit viel Erfahrung. Rufen Sie uns an, wir kommen vorbei. Und sorgen dafür, dass Dreck und Staub dann doch der Vergangenheit angehören.
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V.
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ES SIND DIE grOSSEN AUFtrIttE, DIE CHrIStIANE BErg gErNE OrgANISIErt. BEI DENEN SIE DIE FäDEN FÜr IHrE KUNDEN IN DEN HäNDEN HäLt. Wenn es um Messen, um große Kun fen tun dabei ihre Menschenkenntnis, die beiden Dinge, die mich bei meiner dentagungen, um InhouseVeranstal ihre Sicht der Dinge und ihr fachliches
Arbeit am besten charakterisieren“,
tungen, Konferenzen und FirmenTa Wissen. Denn mit jeder Veranstaltung
unterstreicht Christiane Berg. Beides
gungen geht, dann ist Christiane Berg
kommen automatisch eine Menge von
braucht sie, um bei ihrer Arbeit er
mit ihrer Agentur „ansprechend“ in
strategischen Marketingfragen auf, die
folgreich zu sein. Dabei geht es bei der
ihrem Element. 15 Jahre lang hat sie
sie aus der Sicht der Marketingkauffrau
nicht nur darum, einen passenden Ort
hauptberufl ich im Bereich Marketing
gleich mit beantwortet. Mit ihrem
zu fi nden. „Ich biete ja das gesamte
gearbeitet, irgendwann kam dann die
Netzwerk aus Grafi kern, Program Programm von der Konzeption und
Erkenntnis, „dass ich das auch alleine, mierern und Druckereien die richtigen und vor allem besser kann.“ In ihrem relativ großen Bekanntenkreis ermu tigten sie viele zu dem Schritt in die
Maßnahmen in die Wege leitet. „Wenn es notwendig ist, dann kann
Budgetierung, über die zielorientierte Planung, Begleitung während der Ver anstaltung und der wichtigen Nachbe
ich auch richtig mit anfassen, mit an reitung. Das bedeutet auch, dass ich den
Selbstständigkeit. „Du kannst das, das
packen“, erklärt die Firmeninhaberin
ist genau das Richtige für dich“, haben
dann gerne. Mittlerweile ist sie auch
Veranstaltungsort aussuche, Sponsoren und Multiplikatoren mit einbinde, die
ihr viele damals gesagt. Und Sie haben
nicht mehr alleine in ihrem Büro. Eine
Tagungsunterlagen, das Rahmenpro
Recht gehabt. Sehr, sehr dankbar ist
Mitarbeiterin hat sie gefunden, erst
gramm, die Technik, die Einladungen
sie, dass diese Selbstständigkeit so gut
einmal stundenweise angestellt. Doch
stelle. Auch die Dienstleister und das
angelaufen ist. Vielleicht ist es auch
das Geschäft soll weiter wachsen. „Ich
Personal wähle ich aus“, so Christiane
ihre weibliche Ader in ihrer Arbeit, möchte bald mehr als eine Twowo Berg. Der Kunde ist selbstverständlich die sie erfolgreich werden ließ. „Vie menshow sein, die ich heute bin“, so
in die Planung eingebunden, kommt
les hat auch mit weiblicher Intuition
Christiane Berg. Auch dann werden
aber selbst erst hinzu, wenn die ei
zu tun, da kann ich meine weibliche
die organisatorischen Fäden all der
gentliche Show beginnt. Es ist also das
Sicht der Dinge einfl ießen lassen“, sagt
Kongresse, Konferenzen, Messen und
RundumSorglosPaket, das der Kun
Christiane Berg. Die will vor allem eins:
Veranstaltungen, die sie für ihre Kun de wünscht. Und genau das bietet die
Ihre Kunden ein bisschen an die Hand
den organisiert, in ihren Händen liegen. Agentur „ansprechend“ von Christiane
nehmen, sie zum Erfolg führen. Hel „Menschlichkeit und Natürlichkeit sind
Berg. Z
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Man muss das mรถgen. Das Arbeiten mit stacheligen Pflanzen. Allein im eigenen Garten, im eigenen Betrieb. Dessen Start ein ebenso stacheliger war wie die Pflanzen, die ihn ausmachen.
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Wie sieht ein Rosengarten aus, wenn die dornigen Pflanzen noch nicht blühen? Trostlos, ganz sicher. Ebenso sicher stehen sie bestimmt noch in schwarzen Plastikcontainern, warten darauf, in nur wenigen Wochen vom Rollwagen aus hundertfach im Jahr verkauft zu werden. Ehe der Betrieb wieder in einen langen Winterschlaf fällt. Das zumindest war die erdachte Ausgangslage für den Be such beim Garden of Roses. Und vor allem: komplett ver kehrt. Der Samstag vor Ostern also, frühmorgens, die Son ne kommt schon wärmend und vor allem unverdeckt von Wolken daher. Jeanette Griese steht mit ihrer angestellten Meisterin vorn am Eingang, letztes Unkraut wird wegge zupft, welke Efeuranken abgetrennt. Es ist die Ruhe vor dem Frühjahrsansturm, die Ruhe, die eigentlich nichts ist für Jeanette Griese. „Ich bin eine“, erzählt sie, „die nach vorne guckt. Was soll ich zum Jahresabschlussgespräch beim Steu erberater? Ich kann es eh nicht mehr ändern. Da schaue ich lieber nach vorne. Und vor allem: ruhe mich nicht aus.“ Sie kann das einfach nicht, dasitzen, den (Sonn)Tag genießen. Wenn sie es dann doch versucht, in ihrem Garten, schaut bestimmt irgendwo ein Unkrauthalm hervor. Kommen die Ideen, dass man doch jetzt gerade noch etwas um-, an-, ein- oder wegpflanzen könne. Soll heißen: Aus dem wei ßen (Sonntags-)T-Shirt wird dann schnell eine verdrecktes (Werktags-)Shirt. Es klappe einfach nicht. Es ging genauso wenig, wie geschehen, zehn Jahre als kaufmännische Angestellte und Chefsekretärin zu arbeiten. Parterre das Büro gelegen, die Sonne schaute nur sehr, sehr selten vorbei. Und ihr hinterher schaute eine, die eigentlich an die frische Luft gehörte. Aber diese Erkenntnis brauchte ein wenig Zeit. Zeit, in der sie bei einem Busunternehmen
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arbeitete. Und das so gewissenhaft, so organisierend tat, dass irgendwann die Kündigung ausgesprochen wurde. Ich habe immer alles so strukturiert, dass alle sofort weiterar beiten, sich in alles problemlos einarbeiten könnten, wenn ich von einem auf den anderen Tag nicht mehr da wäre. War ihre Devise. Wer so arbeitet, der ist kein Angestellter. Stand da. Sondern einer, der eh irgendwann Karriere machen will. Und würde. Schrieben die, deren Schreibtische in einem Zustand wie Dresden 1944 waren. Also alles noch mal von vorne. Die Ausbildung zur Großund Außenhandelskauffrau, die umfangreiche Praxis? Alles erst einmal vergessen. Das tun, was schon einmal geholfen hatte. Damals, da war sie als Au-Pair nach Brüssel gegangen. Hatte sich da vom Rosenvirus infizieren lassen. Unheilbar, wie sich herausstellte. Also sich noch einmal um eine Au-Pair-Stelle bemühen. In England fündig werden, der Ruhe, des Kopf-frei-Kriegens, auch der Rosen wegen. Und da dann den Entschluss fassen: alles noch einmal zurück, zu rück auf Start. Also rein in die nächste Berufswelt, die Lehre zur Gärtnerin im Garten- und Landschaftsbau beginnend.
Vom Büro in die Landschaftsgärtnerei? Kein leichter, aber ein richtiger Schritt.
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Danach dann gleich eine ganze Kolonne geleitet, denn wann hat man das schon einmal, jemanden, der sich in die sem Job nicht für Baggerfahrt und Rüttelmaschine, sondern für Unkraut und Gestaltung interessiert? „Irgendwann merkst du dann, dass du das, was dein Meister weiß, auch weißt. Und dass du viel eher als er ein Händchen dafür hast, ganze Gärten durchzuplanen, anzupflanzen. Dass man viel leicht auch einen Blick ins Haus des Gartenbesitzers werfen, dann erst mit der Gartenplanung beginnen sollte. Seien wir ehrlich, Frauen haben dafür viel eher einen Nerv, eher ein sensibles Händchen“, ist sich Jeanette Griese sicher. Also der noch kleine Schritt in die Selbstständigkeit, Konzept erstellen, Banken besuchen, loslegen. Es sieht heute ganz leicht aus, dieses sich Selbstständig machen, das Leiten ihres Betriebs. Wie sie da so steht, in ei ner lindgrünen Rosenblumenhose - als Kollektion längst im
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Wie kleidet sich die, die die Rosen im eigenen Garten hegt und pflegt? Standesgemäß, versteht sich.
U Garden of Roses zu erstehen – inmitten der Rosen; helfende Hände krauten und gießen, zupfen und harken nebendran. Aber es muss auch ganz andere Tage gegeben haben. Solche, an denen die Geiz ist geil – Mentalität auch ihren Spenger Betrieb erreichte. „Wenn ich zwei Rosen kaufe, bekomme ich dann eine geschenkt?“, hat mal einer gefragt. Als der Euro kam, war das ähnlich. Da hielt jeder fest, was er gerade neu an Scheinen, Geldstücken und Guthaben bekommen hatte. Schwere Zeiten für eine, die alles kann, nur nicht über den Preis ihr Geschäft aufrechterhalten. Qualität sei, was sie aus zeichnet, immer schon. Und Qualität habe ihren Preis – alte Weisheit, immer noch gültig. Wie wird eine, auch gesellschaftlich, akzeptiert, deren Bulli ein kastiger ist, Geschäfts- und Privatwagen gleicher maßen? Die Hände solche, die von Rosendornen, nicht von der Maniküre in Form gebracht werden. Die Haut von der Sonne, der echten, gegerbt. Exakt zehn Jahre sind jetzt ver gangen, seit Startschuss Nummer zwei, seit dem Beginn der Selbstständigkeit. Und es sehe heute leicht aus, sicher. Aber auch nur auf den oberflächlichen Blick. Der schweift häufig auch auf die Öffnungszeiten des Garden of Roses. Die Türen freitags und samstags, nur in der Hochsaison auch donners tags geöffnet? Wenn da nicht mal ein Ehemann das Hobby seiner Frau (mit)finanziert. Mögen die einen denken. Und wissen nicht, dass in der restlichen Woche der weiße Bul li auf dem Weg zu Kundengärten ist. Dass er frühmorgens, wenn die, die sich all das ausdenken, noch tief und lange schlafen, mit Jeanette Griese auf dem Weg zum Großmarkt ist. Wenn sie dann Stunden später zurückfährt, kommen die Ausgeschlafenen ihr entgegen. Und dichten sich daraus auch ihre ganz eigene Wahrheit. „Irgendwann stand ich samstagmorgens beim Einkaufen, als mir ein guter Kunde verriet, was so über mich erzählt werde. Dass da ein Freund sei, einer, zu dem ich bald ziehen würde.“ Irgendwoher musste sie ja kommen, jeden frühen Morgen. Dabei ist Jeanette Griese überzeugter Single. Zumindest
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was die Menschen angeht. Mit Pflanzen aber umgibt sie sich gerne, innig, liebevoll und tagtäglich. Vor allem, wenn sie den öffentlichen Teil ihres Betriebs und Gar tens gleichermaßen verlas sen kann. Wenn sie ein paar Schritte weitergeht, dahin, wo die neu ankommenden Rosen gehegt, gepflegt, ge wässert, sortiert werden. Hier ganz alleine mit den Rosen? Das sei das Schönste . Vielleicht noch den Kater Sir Francis neben sich, das sollte es dann aber auch an nicht rosiger Gesellschaft gewesen sein. Wie viele Rosen hier stehen? „Irgendwas zwischen 200 und 300 Sorten, ca. 2500 Stück“, antwortet Jeanette Griese, den Überblick dennoch nicht verlierend. Unter ihnen auch solch Raritäten wie eine kanadische Pfingstrose , im Labor gezüchtet, in Spenge großgezogen. Darauf wartend, dass sich ein Kunde erst einmal an der Farbe, dem Wuchs erfreut. Und erst dann am Preis. Es sei eben etwas Besonderes, wenn man hier Pflanzen findet, die von den ganz Großen der Branche, von Züchtern aus England direkt hierher geliefert wurden. Wer kann schon eine Rose bieten, die dem Betrieb ge widmet ist, die vor tausend Neugierigen 2006 auf „Garden of Roses“ getauft und zur Rose of the year 2011 im Rosen mutterland in England gekürt wurde? Besonders blühwillig sei diese Rose. Also eine, die sich gerne antreiben lässt. Die sich zeigt, sich nicht versteckt. Ein wenig also wie die, die ihr den Namen gab. Die jetzt ihr zehnjähriges Firmenjubi läum feiert. Und dabei rundum zufrieden wirkt. Zeit also auch, um zurückzu blicken. Wie naiv sie gewesen ist, ganz am Anfang. Und wie häufig ihr ihre kaufmännische Ausbil dung dann doch geholfen habe. Häufig wurde sie auch gefragt, ob sie auch selbst züchte. Nein, tut sie nicht. Das geht nur im großen Stil, dauert Jahrzehnte, setzt Betriebsstrukturen voraus, die die ihrigen weit überfordern. Sie ist die, die berät, die emp fiehlt.
Eine Kundin hat sie mal zur Seite genommen. In einem ruhigen Moment. „Das Grobe, das lassen wir mal die Männer machen“, hat sie gesagt. Und angefügt: „Sie sind für das Feine, das I-Tüpfelchen quasi.“ Und es damit sehr gut getroffen.
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Auf geht,s. Auf geht,s. Auf nach Enger Auf nach Enger, Laufens we des Laufensdeswegen. Ein Heft also über das Laufen, besser auch hier: über die Bewegung. Ein Heft also, das bewegt. Wie immer beim 52 8-Magazin: auch im übertragenen Sinne. Ein Heft also, passend Ein Heft zum also Wiüber das Laufen, besser dufixlauf. Aber natürlichauch auchhier: weit da über die Bewegung. Ein rüber hinaus gehend.
Heft also, das bewegt. Wie immer beim 52 8-Magazin: auch im übertragenen Sinne. Ein Heft also, passend zum Wi dufixlauf. Aber natürlich auch weit da rüber hinaus gehend.
2 Priester 10 Krimi 14 Porsche 28 SLS 32 Musiker 46 Yacht
Mein Auto, mein Haus, meine Yacht. Männer denken kaum an mehr. Meint man. Und liegt damit komplett verkehrt. Meinen andere. Es ist wohl, wie so häufig im Leben, eine Mischung aus beidem. Mischen wir also die Vorurteile. Und schauen denen über die Schulter, die sich tief in der Männerwelt bewegen. Vielleicht, weil sie gar nicht anders können. Oder dürfen. Vielleicht auch, weil sich keine Frau zu ihnen wagt – beruflich gesehen. Eine Ausgabe also für Männer von – nun – einem Mann und einer Frau. Sicher ist sicher. Wenn Sie sich hier nicht Zuhause fühlen? Dann klappen Sie diese Seiten einfach wieder zu, drehen das Heft, wenden es und landen da, wo es ganz anders zugeht. Sie werden aber wiederkommen. Bestimmt. Versprochen. Denn neugierig sind Sie schon jetzt. Auf eine Welt, die dann doch aus mehr besteht. Als aus
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Auto, Haus und Yacht.
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Gibt es einen m채nnlicheren Beruf? Einen, den Frauen nicht nur nicht haben wollen? Sondern ihn nicht einmal aus체ben d체rfen? Thomas Thiele hatte so einen.
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Bewegende Worte sind das Metier von
sich der heute 50-Jährige. Man solle
Thomas Thiele. Aus Berufung. Aber
halt nie Nie sagen, das sehe der Volks- maligen Gemeindepfarrer immer noch
auch, weil sie viele Jahre lang den
mund schon ganz richtig. Es kam, was
in Bünde anzutreffen, haben sich dran
Großteil seines Berufs ausmachten. er damals schon, nun, zumindest nicht
gewöhnt. Und der, der damals gehen
Thomas Thiele war katholischer Pfarrer
anfangs Probleme hatten, ihren ehe-
für komplett unmöglich gehalten hatte. musste, hat die steinige Anfangszeit
in einer Bünder Gemeinde. Und das mit
Es kam also die Liebe. Und ging der Be- seiner Selbstständigkeit längst hinter
Herz und Seele, das könne man ruhig
ruf. Wobei das nicht so einfach ist, wie
sich gelassen. Dabei sei das eine ech-
so nennen. Obwohl, als er sich für den
sich das jetzt hier liest. Denn wer das
te Herausforderung gewesen. Einfach
Weg entschied, als er den zuvor erlern- Zölibat bricht, der gehört weiterhin den
nur dazusitzen. Und auf das Telefon zu
ten Beruf des Gärtners hinter sich ließ, Priestern des Erzbistums Paderborn an. starren. Sicher, es sei finanziell eine da „war mir schon damals bewusst, Und ist gleichzeitig suspendiert von
kritische Lage gewesen. Aber noch
dass es die Möglichkeit gibt, dass das
seinen Aufgaben. All das ist Vergangen- schwerer habe gewogen, die Zeit mit
Zölibat von mir nicht unbedingt und
heit, im August vier Jahre und damit
Inhalt zu füllen. Als Pfarrer bist du
ohne Zweifel einzuhalten sei“, erinnert
dann doch ein Weilchen her. Die, die
ständig unterwegs, der Terminkalen-
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der ist ein prall gefülltes Buch. Plötzlich
packt, selbst bewegt. Da hat er gerade
dann, von einem Tag auf den anderen:
letzte Woche die Trauerrede gehalten
zu schreiben, zu halten? Sicher, häufig
komplette Leere. Im Kalender, im Le- über oder besser: für eine Frau, die
gebe es nur wenig Zeit, um sich ein Bild
ben. Dabei wusste Thomas Thiele schon
zu machen. Nicht nur im übertrage-
alt, sehr alt war. Und seit 67 Jahren
nen solchen Menschen eine Trauerrede
damals, was er machen wollte. Trau- mit einer anderen Frau zusammen- nen, gerne auch im echten Sinne. Also erreden halten, das sollte es sein. Was
lebte. Kann man sich vorstellen, wie
schaut sich Thomas Thiele Fotos der
damals die unternehmerische Idee war, da getuschelt wurde, in der Nachbar- Verstorbenen an. Damit sich in seinem ist heute gelebte Wirklichkeit. Wenn er
schaft? Und kann man sich nicht noch
Kopf die so gesammelten Puzzleteile zu
davon erzählt, dass er nun echte Typen, schwerer vorstellen, welchen Mut es
einem Ganzen zusammenenfügen. Er
Künstler, Musiker, Charakterköpfe in
erforderte, diesen einmal eingeschla- fragt nach, lässt sich berichten. Und
den Worten der Angehörigen kennen- genen Weg fortzuführen? Respekt und
erträgt auch die Stille, das Schweigen.
lernt und dann vor der Trauergemeinde
Bewunderung sind, was Thomas Thiele
Tränen? Die muss man in solchen Si-
über sie spricht, dann merkt der Zu- für diesen Menschen empfindet. Und
tuationen auch fließen lassen können,
hörende, wie sehr ihn diese Aufgabe
gibt es dann Erfüllenderes, als für ei- weiß der ehemalige Priester. Heraus-
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fordernd seien auch die Suizide. Und
nur gut sei, wenn viel geweint würde. ten, selbst ein Feuerwehrmann bemüht
hat er in seinem früheren Beruf geahnt, Herr Gott, die Trauer ist doch eh da, sich hier in der Umgebung um Aufträwie viele es davon gibt? Hat er nicht. die muss man mit seinen Worten doch
ge. Was Thomas Thiele aber auszeich-
Und hat auch heute keine Antwort
nicht noch verstärken. Dann lieber das
net und abhebt, ist sein theologischer
auf die Frage, die viele still zu stellen
Leben anhand starker Leitworte noch
Hintergrund. Den haben viele seiner Auftraggeber nicht. Ganz im Gegenteil.
scheinen, die zu solchen Beerdigungen
einmal Revue passieren lassen. Nicht
kommen. „Ich kann keine Antworten
die Daten aneinanderreihen, bloß nicht. Viele haben den Kirchen bewusst den
geben“, sagt Thomas Thiele dann. Das
Auch nicht Esoterisches bemühen. Son- Rücken zugekehrt. Andere haben sich
sei nicht seine Aufgabe. Er ist dazu da, dern sachlich bleiben, die Schlüssel- geärgert. Über den Gemeindepfarrer, ein Bild aufzuzeigen, den mit schlich- wörter, die das Leben des Verstorbenen
der Namen auf vorherigen Beerdigun-
ten, sachlichen, dann wieder bewe- charakterisieren, erklären, mit ihnen
gen vertauschte, der für das gemein-
genden Worten zu charakterisieren, der Rede starke Stützen geben. Es gibt
same Gespräch zu wenig Zeit einkal-
der da gerade gegangen ist. Es sei ganz
eine große Konkurrenz heutzutage bei
kulierte, der gar nicht genau hinhörte,
sicher nicht so, dass eine Trauerfeier
den Trauerrednern. Lehrer, Journalis- weil er Trauerreden nach dem Bau-
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Das Priestergewand hatte Thomas Thiele längst verschenkt. Und es dann wieder zurückgeholt. Weil beide, Gewand und Thiele, wieder gebraucht wurden.
kastenprinzip zusammensetzte. Dann
So hat er das früher als katholischer
wird Thomas Thiele gerufen. Auch von
Pfarrer gemacht, so macht er das heu- ausgetreten und in die alt-katholische
denen, die dann doch christliche Lieder
te als Ein-Mann-Unternehmer. Längst
eingetreten. Die kenne heute kaum
römisch-katholischen Kirche aber
singen wollen, denen das Vaterunser
sind die Hürden des Startes in die
jemand, was eigentlich schade sei. Sie
nicht nur ein Begriff ist, sondern sie
Selbstständigkeit überwunden. Der
spaltete sich nach der Unfehlbarkeits-
begleitete, ein Leben lang. Vielleicht
Kalender ist wieder richtig voll, das
feststellung des Papstes 1874 ab und
wählen diese Menschen gerade ihn, berufliche Leben ein ausgefülltes. Er
zählt heute im gesamten deutschspra-
weil er über diese besondere Vergan- macht einen glücklichen Eindruck, wie
chigen Raum 30.000 Mitglieder. Hier
er da mit dem Hund spielt, am Esstisch
gibt es kein Zölibat, Frauen können
Tränenredner versteht, weil er kein Er- sitzt und davon erzählt, wie der Bruch
die Priesterweihe entgegennehmen,
genheit verfügt, weil er sich nicht als
satzpastor ist. Es gehe vielmehr darum, mit der katholischen Kirche ein tie- wer zum zweiten Mal verheiratet ist, in dem Angehörigengespräch Nuancen
fer, ein intensiver, ein einschneiden- darf das Abendmahl empfangen. Es
rauszuhören. Und die dann sprachlich, der wurde. Denn als gläubiger Christ
scheint eine sehr liberale Variante der
inhaltlich umzusetzen.
römisch-katholischen Kirche zu sein.
sieht er sich noch immer. Ist aus der
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Der Austritt Thieles rief noch einmal ein Donnerwetter aus Paderborn hervor, ein erboster Brief des Bischofs, der nun von Exkommunikation sprach. „Aber damit befinde ich mich eigentl ich in bester Gesellschaft“, sagt Thomas Thiele heute. Galileo Galilei, Martin Luther, Eugen Drewermann – allesamt exkommuniziert. Der Bischof also drohte in seinem Schreiben; mit angstmachenden Drohungen, den Verlust des ewigen Heiles bei Gott betreffend. Thomas Thiele schrieb freundlich und höflich, seine Situation erklärend zurück und was dann per Post kam, nennt Thiele heute ein versöhnliches Schreiben des Bischofs. Auch hier also: ein ganz gutes, ein zufriedenstellendes Ende. Heute ist der ehemalige Priester wieder zu einem solchen ohne Zusatz geworden. Seine Priesterkleidung hatte er damals, vor vier Jahren einem Bielefelder Freund geschenkt. Und was hat der sich gefreut, als Thomas Thiele plötzlich wieder vor der Tür steht und fragt, ob er das Geschenk zurückhaben könne. Er ist jetzt wieder Priester, allerdings mit Zivilberuf. In Osnabrück, bei der alt-katholischen Kirche, ein Priester im Ehrenamt quasi. Sein Zivilberuf ist dabei einer, der diesen Zusatz eigentlich gar nicht benötigt. Er lehrt heute Ethik im Gesundheitswesen, arbeitet in der Senioreneinrichtung Ravensberger Residenz 15 Stunden die Woche im Sozialdienst. „Und ist es nicht herrlich, das zu tun, was ich früher auch gemacht habe? Wieder ganz nah bei den Menschen zu sein?“, fragt er sich. Und eigentlich auch nicht, denn er kennt die Antwort. Vor allem aber ist er einer, der Worte jonglieren, mit Worten fesseln kann. Einer, der bewegt.
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Ich bin ein Kerl. Ich trau mir das Weib nicht zu. Die Helden von Norbert Horst können
militeratur und Hochspannung vom
eigentlich nicht schnodderig genug
Feinsten. Dieses Mal allerdings nicht
sein. Oder besser: abgefuckt. So kön- mit dem bisherigen Kommissar Kirne man das ruhig nennen. Und auch
chenberg, sondern mit einem Erzähler
schreiben. Sagt der, der den Deutschen
und einem neuen Mann an der Spitze
Krimipreis gewann und jetzt gleich in
der Ermittlungen. Es sei einfach Zeit
die Küche entschwindet: Die Ehefrau
gewesen für etwas Neues. Vier erfolg-
hat Gäste, die Abendbrot in Gemüse- reiche Kirchenberg-Krimis, das sei form erwarten– da muss der Kerl dann
genug. Und gleichzeitig nicht abschlie-
doch ran. Die Zeit dazu hat er ja, der
ßend gemeint. Da ist schon wieder ein
fünfte Krimi ist gerade fertig geworden. Kirchenberg-Krimi in seinem Kopf, Ja, man könne sich das ruhig so vor- sicher. Aber auch: Zeit für den Neuen. stellen, dass der Finger einen Moment
Thomas Adamczyk heißt der, besser,
über der Return-Taste verharrte, dass
oder einfacher: Thomas Adam. Oder
beide, also Finger und Norbert Horst
noch besser: Steiger. Denn der Mann
im Ganzen zögerten, ehe dann doch
ermittelt in Dortmund, im Pott, und
das Senden-Feld aktiviert wurde. Das
damit erstmals in einer realen Stadt.
letzte Kapitel also abgeschickt zur Lek- Also ist der, der als Krimiautor und torin, nicht auf den letzten, sondern auf
Kriminalbeamter arbeitet, zu Kollegen
den allerletzten Drücker. Zwei zeitliche
nach Dortmund gereist. Hat sich vor
Aufschübe hat es gegeben, gelangt hat
Ort den Strich zeigen, die Eigenarten
es dennoch nur ganz knapp. Dass der
dieses Milieus erklären lassen. Entstan-
letzte, der allerletzte Abgabetermin
den sind so Ideen. Erst im Kopf, dann
dann ein Aschermittwoch war, passt
handgeschrieben auf den Rückseiten
zu dem, was da verschickt wird: Kri- unbrauchbar gewordener Blätter, dann
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wieder im Kopf. Der Plot, die Charaktere entstehen so erst einmal in einer Gedankenwelt. Und ziehen irgendwann ihren Erschaffer hinter sich her. Du lebst – das dürfe man ruhig so bezeichnen – in einer Parallelwelt, da ist sich Norbert Horst sicher. Und ebenso sicher ist: In dieser, in der entscheidenden Phase, ist er kein guter (Ehe-)Partner. Gelinde gesagt. Es sei ein Wettstreit zwischen echter und paralleler Welt. Ein Hin-und-her-gerissen-werden. Am Ende dann: Alles aufschreiben. Das sei fast das Einfachste an dem Schaffens prozess. Dann kehrt er langsam schon wieder zurück in das normale Leben. Zurück auch in ein normales Eheleben. Entstanden ist so der neue Krimi. Splitter im Auge heißt dieser, in Anlehnung an die Bergpredigt. Und beherbergt das, was ein Fahnder, ein Ermittler eigentlich nicht erleben möchte: einen Täter, soviel sei verraten, der sich einen Paralleltäter sucht. Ihn in Altersheimen, in Obdachlosenunterkünften auftreibt, aufspürt. Und später dann seine, sprich fremde Spuren – Blut, Sperma – am, gerne auch im Opfer hinterlässt. Eine faszinierende und zugleich abstoßende Vorstellung sei das, das weiß auch der, der in seinem Berufsleben vieles gesehen hat. Und immer hingeschaut hat. Denn wenn die Spurenlage eine eindeutige ist, dann ist die Verurteilung meist eine ebensolche. Seine Krimis, preisgekrönt, in einer Gesamtauflage irgendwo jenseits der 100.000er-Marke liegend, sind auf den ersten Blick reine Männerwelten. Die Protagonisten stehen dabei in wechselnden Beziehungen; Ehe, partnerschaftliche Konstanten? Literarisch zu langweilig. Auf die Spitze getrieben jetzt im neuen, im Mitte Juli
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erscheinenden Kriminalroman. Da
ratur bietet die meiste Abwechslung.
geht der Steiger immer wieder zu der
Schlichte Erzählromane in der Ichform?
selben Nutte. Bezahlt auch. Aber schläft
Enden viel zu häufig auf Seite 40 schon
nicht mit ihr. Redet nur. Auch eine Art, vor allem in zweierlei: Nabelschau und männlich und weiblich zueinander zu
Langeweile. Da ist sich Norbert Horst
führen.
sicher. Aber vielleicht versucht er sich
Wie das, wie der neue Stil, der neue
selbst dran. Und vielleicht schreibt er
Ermittler ankommen wird, ist unge- auch einmal aus der anderen, aus der wiss. Schon jetzt die bangen Fragen:
weiblichen Sicht. Das aber könne nur
Wie reagiert die Kritikerschaft? Wie die
so gehen: eintauchen in die weibliche
Leserschaft? Wo reiht sich der Roman
Welt. Und dann so schreiben, wie er
in der Amazon-Bestenliste ein? Span- glaubt, dass eine Frau schreiben würnend auch: Wie sieht er aus, der neue
de. Authentischer gehe es schließlich
Roman, wenn das Paket mit den ers- nicht. Als Mann. ten zehn Exemplaren vom DHL-Mann
Bis das soweit ist, bis aus dem Er-
überreicht wird? Und wie kommt es an, mittler eine Ermittlerin wird, vergeht wenn all die, die hinten in den Credits
noch Zeit. Erst einmal will er nichts
genannt werden, mit Rotwein und
mehr wissen vom Schreiben. Von der
druckfrischem Exemplar ihr Danke- Recherche, von dem Sichreinwerfen in schön erhalten?
die Geschichte. Ein, zwei Monate läuft
Der Goldmann-Verlag hat da, Mo- da gar nichts. Lesungen, gut, die hält nate vor der Veröffentlichung, keine
er dann schon ab. Und irgendwann
Zweifel. Schon jetzt schreibt er in seiner
kommt dann die Neugierde wieder.
Vorschau vom Start einer neuen Serie. Die Neugierde am eigenen Ich. An dem, Einfach so. Ungefragt. Und auch: un- was er sich vorstellen kann. Und an aufgefordert. Aber wenn es schon so da
dem, was er noch gar nicht ahnt, sich
steht, in der Vorschau, dann könne er
vorstellen zu können. Den Startschuss,
sich mit der Idee auch anfreunden. Also
den Druck gibt er sich dann selbst. Im
wird – Erfolg vorausgesetzt – der Steiger
wiederkehrenden Rhythmus kommt
noch einmal hinabsteigen in die dunkle
die Nachfrage vom Verlag. Wann denn
Welt. Und Norbert Horst gleich mit ihm. nun mit einem neuen Roman zu rechWird ihn verfolgen und begleiten, wird
nen sei. Und irgendwann dann die
ihm kleine Hinweise hinwerfen, die der
Antwort: bald schon. So beginnt der
Leser erst viele Seiten später als solche
Prozess von Neuem. Sich vornehmen,
erkennen wird. Das sei das eigentlich
dass es, irgendwann im kommenden
Spannende, das Herausfordernde an
Jahr, bitte nicht wieder so eng werden
diesem Buch gewesen: Dem Ermittler
würde, tut er schon jetzt. Wohl wis-
Hinweise zu geben, die ihn zögern, die
send, dass es allein beim Vornehmen
ihn sich sperren lassen, das zu glauben, bleiben wird. was ihm die Spuren zeigen. Und den Leser nicht gleich mitzunehmen auf diese Reise hin zur Wahrheit. Müssen es denn immer Krimis sein?
Ein echter Kerl, der schaut nicht auf die Uhr. Der ist irgendwann fertig. Matt zwar, aber zufrieden. Und erwartungsvoll, was draus wird. Aus dem, was da
Müssen es nicht. Aber: Kriminallite- entstanden ist.
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Es ist der teuerste. Nicht nur ein 911er aus den 70er-Jahren, sondern ein Targa, dann auch noch ein „S“. Davon gab es nur wenige. Und damit wird der Wagen in hellbraun ein Fall für Eckhard Melchior.
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Begeistern kann der sich für Autos von Porsche, so lange ihre Lenkung noch eine ist, die nicht von allzu viel Elektronik weichgespült arbeitet. So lange die Fahrgestellnummer zu Motor, Getriebe, optimalerweise auch zu Tür und Motorhaube passt. 356er und 911er bis zum Baujahr 1973 sind die Spezialitäten des gelernten Karosseriebauers. Gelernt hat er in Frankfurt. Bei einem, der schon damals in Texas Ausschau nach 356er-Karosserien hielt, bei denen die Hitze das Zinn zerfließen ließ, Stürme die klassische Form sandstrahlten. Bei denen aber Rost kein Thema war. Hier, aufgereiht, aufgestapelt in der Wüste, gab es kein Salz, keine Feuchtigkeit. Und so blieb die Karosserie wie sie ist, ohne Löcher, ohne rostige Blasenbildung unter abblätternder Lackschicht. „Den 356er, den kenn ich heute, nach all den vielen Jahren, auswendig“, erzählt Eckhard Melchior. Der hat sich längst selbstständig gemacht, arbeitet für eine komplett männliche Kundschaft. Eine Frau, die ihren Oldtimer hier vorbeibrachte? Daran kann er sich nicht erinnern. Es sind Männer wie er, irgendwo zwischen 40 und 60, die mit den drei Ziffern weit mehr verbinden als die motorisierte Überwindung einer Wegstrecke. Sein Vater? Der fuhr immer Mercedes. Sein Patenonkel aber, der fuhr im 911er vor. „Welches Auto außer ihm fuhr damals schon 200?“, fragt sich Eckhard Melchior noch heute. Ein Mythos also, damals wie heute.
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Wer den Schrauber, den Karosse- als einen mitzunehmen, der sich wirklich ausriebauer besuchen will, der fährt in
kennt“, warnt und rät Eckhard Melchior zugleich
ein kleines Industriegebiet, biegt ganz „denn Schnäppchen? Die gibt es längst nicht mehr. hinten in eine Sackgasse ab, fährt noch
Weltweit ist die Szene vernetzt, die Zeiten, in de-
ein paar Meter und schaut dann in die
nen auf Schrottplätzen automobile Oldtimer für
wachsamen Augen einer Rottweiler- nen Appel und nen Ei zu retten waren? Gehören hündin. Die kann ganz verspielt ein
längst der Vergangenheit an.“ Man kann sich
kleines Stöckchen am Boden liegend
seinem Traum aber auch von ganz anderer Seite
zerlegen. Die kann aber auch ganz an- nähern. So wie ein Unternehmer, dessen Fahrzeug ders. Stellt das Herrchen klar. Und man
ein paar Meter weiter parkt. Ein 356er SC Cabrio,
will das gar nicht so genau wissen, wird
ebenfalls eine Rarität, aufgekauft für 70.000 Euro,
schon eine ganz liebe sein, jetzt, wo
dann komplett neu wiederhergestellt. Soll heißen:
die Werkstatttüren weit offen stehen. jedes Teil aufgearbeitet. Das Verdeck, das HolzDiese Offenheit, dieses Hier-kann- lenkrad, die Karosserie. Stunde um Stunde wurde jeder-Reingucken bildet die Basis von
ab- und wieder angeschraubt, bis am Ende ein
Melchiors Arbeit. Blender, Fahrzeuge
Auto wie neu in der Werkstatt stand. Man muss
also, die nach außen viel versprechen, das mögen, ein blitzendes, ein neuwertiges Auto was sie von innen her gar nicht halten
mit fast 50 Jahren auf dem Buckel. Es nicht verste-
können, gibt es hier nicht. Geben tut
cken in hangargleichen Garagen. So ein Porsche,
es hier gerade den braunen 911er. Oder
der gehört immer noch auf die Straße. Da ist sich
auch wieder nicht. Denn er ist schon
der Karosseriebauer sicher. Alltagstauglich sind
verkauft, zwei Liebhaber schickten
sie ja, 911er wie 356er gleichermaßen. Viele Kun-
den Kenner auf die Suche, einer er- den aber kommen her, um sich Traum Nr. 5, vielhielt den Zuschlag. Gekommen ist der
leicht auch Traum Nr. 20 zu erfüllen. „Aber wenn
Braune mit den Fuchsfelgen dann aus
du schon 20 Autos hast, wie freust du dich dann
Italien, im Originalzustand. Soll hei- über Nummer 21?“, fragt sich Melchior. Dabei gibt ßen: Gummidichtungen sind leicht ein- es in der Kundschaft viele Spielarten. Den, der gerissen, die Sitze vernarbt, die Griffe
damals den 507er-BMW fuhr, ihn aus den Augen
abgegriffen. Genau das ist heute heiß
verlor, heute dann nicht bereit ist, 800.000 Euro
begehrt, häufig gesucht, von wenigen
für einen sehr guten alten zu bezahlen. Für Motor
zu bezahlen. Ein Auto, bei dem alle
und Getriebe haben Geld und Enthusiasmus dann
Teile noch die vom Rollout, vom ersten
doch gereicht. Und so dengelt und formt Eckhard
Tag sind. „Wenn du dann noch ein ge- Melchior drumherum um die stählernen Zeitzeustempeltes Scheckheft hast, dann wird
gen. Baut ein Auto auf, das kein nachgebautes ist.
ein Porsche zur Wertanlage mit guter
Sondern eine Mischung aus alt und neu, immer
Verzinsung“, weiß Eckhard Melchior. so nah wie möglich sich am Original bewegend. Eine solche suchen nach der Krise vie- 2.500 Arbeitsstunden kommen so zusammen. le. Gerade war die Börsenblase geplatzt, Und damit auch ein stolzer Preis. Aber das ist da stand das Telefon in Ostkilver nicht
einkalkuliert, es sind keine kühlen Rechner,
mehr still. Geld hatten all die Anru- die hier ordern, die hier bauen lassen. Sondern fer. Und gleichzeitig eine Idee, wie aus den dahinschmelzenden Buchwerten wieder ein greifbarer, möglichst ein
Autoverrückte. Noch verrückter, und vielleicht auch entrückter gar ist ein Projekt eine Halle weiter. So geheim
sich steigernder, werden sollte. Da- sogar, dass hier Hersteller und Modell gar nicht bei kann der, der im Internet schaut, genannt werden dürfen. Zu viele Neider gibt es der sich von den drei Ziffern blenden
in der Oldtimerwelt. Und zu viele, die gar nicht
lässt, eigentlich nur danebengreifen. glauben würden, was hier an der Wand hängt, „Es gibt kein besser investiertes Geld, sich im Aufbau befindet. Noch stehen da nur vier
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Speichenräder, gehalten von einer stählernen Konstruktion, bei der das Lenkrad noch ein auszutauschendes ist. Draußen vor der Halle zeigt sich dann in einem 1:1-Holzscheibenmodell, was hier mal entsteht. Die Geschichte des Autos, das hier wieder aufersteht, das es nur einmal auf der Welt gab, ist eine sehr kurze. Gebaut für die Rallye Mille Miglia in den 50er-Jahren, wurde der Wagen genau einen Tag alt. Dann verunglückte er. Motor und Getriebe wanderten ins Museum, die Karosserie zum Schrotthändler. Zwei fotografische Rund-um-Ansichten gibt es von dem Wagen – eine davon hängt in eben dieser Werkstatt bei Eckhard Melchior. Auch Motor und Getriebe lagern hier, vor allem aber weiß man von der Heckansicht des Autos, von dem es einige Modelle gibt. Die alle aus Unwissenheit das falsche Heck aufgesetzt bekommen haben. Ein bis anderthalb Jahre dauert es, dann werden Holzmodell, Motor, Getriebe und vor allem Erfahrung und Handwerkskunst ein Auto formen, das die Fachwelt erstaunen lassen wird. Und das wieder auf der Mille Miglia – heute zur Oldtimerrennen – rollen wird. Auch hier im Hintergrund einer, der es sich leisten kann. Der auf die staunenden Augen der Oldtimerfreunde gespannt ist. Wenn ein längst tot geglaubtes Auto, das einzige seiner Art, an den Start rollt. Mit an Bord nicht nur der Originalmotor, sondern auch eine lückenlose Historie.
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Wie man an solche Teile, an solche
begeistert, schwärmend, wie sie später erzählte.
Ideen, auch an solche Kunden kommt, Dabei muss es nicht unbedingt ein Porsche sein, bleibt das Geheimnis von Eckhard Mel- der hier aus seinem Dornröschenschlaf geweckt chior. Werbung in eigener Sache? Hat er
wird. Alfa Romeos gibt es hier auch, von damals,
bislang nie betrieben. Erstmals war er
als die Linie noch eine klassische, geschwungene,
in diesem Jahr auf der Techno Classica
eben italienische war. Und wenn er selbst wählen
in Essen. Hat sich mit eben beschrie- könnte, heute, bei den modernen, den aktuellen benem 356er-Cabrio hingestellt und
Autos? „Schwere Frage“, sagt Eckhard Melchior
erzählt, was er kann. Und vor allem:
dann. Und eine, auf die er gar nicht vorbereitet sei.
gezeigt, was er kann. Auch hier an- Der Panamera, der habe eine schöne Linienfüherkennende Kennerblicke. Denn eine
rung. Der neue Alfa C8, der habe etwas. Aber ob es
356er Karosserie? „Die ist schwer hin- für beide reiche, einmal zum gesuchten Klassiker zubekommen. Und leicht zu vermas- zu werden? Eher unwahrscheinlich. „Denn wer seln“, weiß Melchior. Der Kundenwa- soll sich in 30, 40 Jahren für solche Autos begeisgen war ein unverkäuflicher, 200.000
tern? Dann fahren wir alle mit Strom. Oder was
Euro wurden dennoch geboten. Aber
auch immer“, ist sich Eckhard Melchior sicher.
wer sich in diesen Sphären bewegt, den
Und wer von der Jugend interessiert sich heu-
interessieren solche Gebote nicht. Den
te noch für automobile Errungenschaften? Und
interessiert das Auto, der ideelle, kaum
tauscht dieses Interesse dann noch Jahrzehnte
der zu beziffernde Wert. In diesem Fall
später in Enthusiasmus um? Letzte Frage also;
nimmt die Geschichte dann aber doch
was fährt einer, der mit Autos im Wert von Ein-
eine weibliche Wendung. Denn der Be- familienhäusern handelt, privat? Einen Mercedes, sitzer ist eigentlich eher ein Mercedes- T-Modell, E-Klasse, in die Jahre gekommen. Und Fan, Eigentümer auch eines SL-Flügel- warum? „Weil er irgendwie gut fährt“, sagt Ecktürers. Seine Frau aber liebt den 356er. hard Melchior und lacht. Manchmal kann es dann Und hat in den vergangenen Wochen
doch ganz einfach sein, sich automobile Wünsche
500 Kilometer auf den Tacho gefahren, zu erfüllen.
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Gashahn auf, Feuerzeug vor die Chrom-Tülle gehalten und schon schießt eine orangefarbene Flamme hervor. Die noch schnell über die Buchenholzkohle gehalten und dem Grillvergnügen steht nichts mehr im Wege.
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Aber der Mann muss es wissen. Ist er doch Geschäftsführer bei der Fleischerei Hellmann, einer, der tagtäglich mit Fleisch zu tun hat. Und, wenn es das Wetter zulässt, selbst gerne den Grill anwirft. Er hat gleich zwei, einen mit Gas, einen mit Kohle beheizt. Und das sei schon bequem, Gashahn auf und der Gasgrill ist heiß. Aber schmecken? Schmecken tut es auf Kohle besser. Und so ein Feuerchen zu machen, das sei dann doch etwas anderes. Spricht Jan-Frederik Hellmann Millionen von Grillenden aus der Seele. Oben drauf, auf den Holzkohlegrill, kommt, ebenso natürlich, Fleisch aus dem heimischen Unternehmen. Jetzt aber grillt Hildegard Sudek, Fleischereifachverkäuferin und vor allem: Kennerin, wenn es darum geht, das Richtige richtig auf den Rost zu legen. Da liegt das gut 350 Gramm schwere T-Bone-Steak vor ihr, ungewürzt, mächtig, mager fast und ohne Sehnen, ohne Fettränder. Auf den Grill kommt es, so wie es ist. Ohne Gewürz, ohne Marinade. Denn die – wer kennt das nicht? – brennt runter, ehe sie den Teller erreicht hat. Also als Tipp: erst einmal oben ohne, sprich ohne alles auf den Rost legen. Dass das eigentlich fast immer Männersache ist, weiß auch Hildegard Sudek. Auch wenn sie selbst vom Fach ist, vor allem samstags die berät, die noch nicht wissen, was denn nun am Wochenende auf Grill und Teller gehört, darf sie zuhause nur ausnahmsweise die Grillzange – gerne sehr lang, aus Holz und hinten bitte verschraubt, nicht verklebt – in die Hand nehmen. Das ginge dem Ehemann dann doch zu weit. Der teilt eine Essgewohnheit mit vielen Ostwestfalen: erst die Wurst, quasi zum Einstimmen, dann das Fleisch. Wobei sich gerade bei der Fleischwurst alles entscheidet. Weiß wiederum Jan-Frederik Hellmann. Gute zwölf Jahre sei die geheime Rezeptur der Hellmänner alt, nur in ganz kleinen Nuancen verändert – der Kunde merkt halt doch (fast) alles. Also wird nicht viel von dem verraten, was denn reinkommt. Und die Bratwurst zu dem macht, was sie sein soll: ein gutes, ein sehr gutes Stück Fleisch. Rindfleisch gehöre auf jeden Fall
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hinein, so viel sei dann doch verraten. Gerne 20, 25 Prozent. Auffüllen mit Schweinefleisch, die Würzmischung dazu, fertig ist die Bratwurst. Klingt einfach. Ist es aber nicht. Am Ende bleibt es eine Gratwanderung zwischen Tradition und Moderne, in Zahlen nur grammweise zu fassen. Dann noch entscheiden, ob die Wurst nun eher grob oder fein sein soll, und der Genuss kann beginnen. Dabei gilt für Jan-Frederik Hellmann vor allem eins: Nie, niemals, nicht einmal dran denken, die Wurst im Senf zu ersticken. Denn sie soll nach Fleisch, nicht nach scharfem Gelb schmecken. Immer pur, des Ge- Grill stehen, um fertig zu werden. Und schmacks, der Vergleichbarkeit wegen. richtig gut schmecken wird es auch Herausschmecken kann man dann vor
nicht. Das gleiche Spiel beim Wenden.
allem, wie viel Rindfleisch drin ist. Das
Bitte nicht immer wieder hin und her
war in Zeiten von BSE anders. Und das
drehen. Sondern abwarten. Und dann:
habe man auch geschmeckt. Sagt Jan- einmal wenden. Und fertig. Es klingt Frederik Hellmann. Und sein Gesicht
ein wenig wie beim Angeln. Wer da
zeigt, dass man das zwar geschmeckt
die Schnur immer wieder einholt, den
hat. Es aber nicht geschmeckt hat.
Köder kontrolliert und wieder auswirft,
Zurück zum T-Bone-Steak. Eine gute Handbreit grillt es über schnee-
bewegt sich viel. Und fängt nichts. Neben dem T-Bone schwitzt das,
weißer Holzkohle. Ungeduldige, die
was in den letzten Jahren immer häu-
schon dann den Rost bestücken, wenn
figer in die Kühltheke wandert. Käse-
es unter ihm noch schwarz-orange ist, griller, also Bratwurst mit Goudastübekommen einen kleinen Lehrgang von
cken, die ob der Hitze schnell zerlaufen, schmeckt nur. Dafür aber umso mehr.
Hildegard Sudek. Richtig heiß ist es
Gyrosspieße oder geringelte Würste
Das mag daran liegen, dass hier eine
erst, wenn die Kohle weiß ist. Und nur
mit Gyrosgewürz. Die Würze beim
Fachfrau gegrillt hat. Auch daran, dass
dann schließen sich die Poren, bleibt
T-Bone-Steak kommt erst nach dem
das Gewürz so seine Nuancen viel bes-
der Geschmack im Fleisch, nicht trop- Grillen. Kurz auf ein Holzbrett gelegt, ser auf den Geschmacksknospen verfend auf der Kohle. Auch das vielleicht
die Marinade drüber gestrichen, kurz
teilen kann. Dabei ist es – nur die Luft
typisch Mann. Er ist ein Ungeduldiger. warten und dann abbeißen, schme- nicht durch den Mund einsaugen – nun, Aber, da ist sich die Fachfrau sicher, am
cken, genießen. Sehen Sie. Sagt Hilde- sehr, sehr würzig. Und ebenso lecker.
Ende wird er dann doch länger vor dem
gard Sudek. Und man sieht nichts. Man
Vielleicht liegt es aber auch an einem
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Umstand, der die Fleischerei Hellmann wohl einzigartig in der näheren Umgebung macht. Das Fleisch, also jedes Stück, das eben noch auf dem Grill, jetzt auf dem Teller und nebenan im Kühlhaus, in der Auslage, in der Tüte der Kunden liegt, kommt – eben auch von Hellmann. Also wird hier nicht nur aufbereitet, gewürzt, abgepackt. Sondern steht, wenn man so will, ein paar Meter weiter in Richtung Rödinghausen. Zwei Höfe liegen dort versteckt inmitten alter, riesiger Bäume. Beides Hellmann-Höfe, die Mastbullen und ebensolche Schweine beherbergen. Gefüttert mit, man ahnt es schon, Getreide, angebaut auf den umliegenden Äckern. Das Messer arbeitet sich weiter durch das krosse T-Bone-Steak und so langsam ahnt man, warum das mittlerweile gut 50 Mitarbeiter umfassende Unternehmen so gut funktioniert. Zum einen, weil die Begriffe Hellmann und Salami seit langem eng, sehr eng zusammengewachsen sind. Zum anderen aber auch, weil hier eben nichts verarbeitet wird, was irgendwoher stammt, mit irgendetwas gefüttert wurde, irgendwohin zum Schlachten gebracht wurde, dann stückweise weiterreiste und abgepackt in Tiefkuhltruhen auf Käufer wartet. Kein Wunder auch, dass Hildegard Sudek ihre Familie nach Feierabend mit Frisch-Fleisch versorgt. Auch wenn sie am Ende dann nicht hinter dem Rost, nur am Tisch Platz nehmen darf. Ist wohl typisch männlich. Sagt sie, zuckt mit den Achseln und wendet sich weiter ihrer Bratwurst zu. Muss man nicht verstehen, die Männer.
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Fast nur Frauen als Mitarbeiter. Scheint nicht einfach für einen männlichen Chef. Ist es aber, sagt Ulrich M. Kowalski. Der führt die Geschäfte der Schwester Annemarie Pflegedienst GmbH & Co. KG. Und bewegt sich damit in einem sehr weiblichen Feld.
„Wenn ich eine neue Stelle ausschreibe, der dennoch nicht spontanen Einge- ruf als solcher sei schon einer, der die dann bewerben sich fast nur Frauen“, bungen folgt. Als ihn seine Mutter frag- Grenze zur Berufung verschmilzen lassagt der gelernte Kaufmann, dessen
te, ob er sich nicht vorstellen könne, mit
se. Ja, es gibt hier das Helfersyndrom.
Mutter das Unternehmen für die am- in den Betrieb einzusteigen, ging er erst
Und ja, das sei häufiger als in anderen
bulante Pflege 1988 in Herford gründete. einmal zur Bundeswehr. Und nutzte
Berufsgruppen. Da sei es als Inhaber, als
Die gab ihm auch das M. im Namen, auf
die Zeit dort, um sich darüber klar zu
Geschäftsführer vor allem wichtig, bei
das er heute Wert legt. Weil es einerseits
werden, ob er sich das vorstellen könne. denen auf die Grenzen zu achten, die
zeigt, dass die Familientradition, die
Oder eben auch nicht. Am Ende konn- diese unbewusst überschreiten. Das
Weitergabe des väterlichen Vornamens
te er. Und wurde so zum Chef von zwei
sei vielleicht auch typisch weiblich.
immer noch funktioniert. Und ande- Männern. Und 28 Frauen. Auf die Fra- Sich noch mehr reinzuhängen, wenn rerseits Fragen aufwirft. Deren Beant- ge, ob es denn einen Unterschied gebe, Schicksalsschläge dem Gegenüber übel wortung ganz spannend sein kann. Er
zwischen Mitarbeiter und Mitarbeiterin, mitgespielt hätten. Zu intensiv darf
ist also ein neugieriger Mensch, einer, weiß er so recht keine Antwort. Der Be- diese Form der Hilfe natürlich nicht
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werden. Wollen doch rund 100 Patien- Und weiß auch: Hier weiß keiner eine ten ambulant oder in der Tagespflege
im Kreis Herford nicht, so Kowalski.
Antwort. Kein Politiker, kein Kauf- Vielleicht, weil der Kuchen, den es
versorgt werden. Und das wöchent- mann. Letzteres ist er selbst – und das
aufzuteilen gibt, immer mehr wächst.
lich. Was sich nach einer großen Zahl
sei auch in einem pflegerischen Unter- Und nicht wie in anderen Branchen eher schrumpft. Kowalski ist auch
anhört, ist für Ulrich M. Kowalski nur
nehmen kein Nachteil. Denn auch seine
der Anfang. 2040 wird sich die heutige
Mutter hat sich manchmal zu sehr dem
Sprecher des Arbeitgeberverbandes in
Zahl der Pflegebedürftigen verdoppelt
pflegerischen Aspekt gewidmet. Und
dieser Branche im Kreis Herford, gehört
haben. Die Zahl deren, die sich aber
Sachen getan, Entscheidungen getrof- dem NRW-Vorstand an, der immerhin
zum Helfen ausbilden lassen, die sich
fen, die, nun, unter kaufmännischen
630 Betriebe unter einem strukturellen
berufen fühlen, diese Pflege zu leisten, Gesichtspunkten nicht die optimals- Dach bündelt. Es werde viel gesprochen, steigt deutlich langsamer. Wo diese
ten waren. Pflege, das ist längst zu ei- viel, viel diskutiert. Damit am Ende die
klaffende Schere hinführt? Schwer zu
ner riesigen Branche geworden. Ellbo- Balance stimmt, zwischen geschäftli-
sagen. Stellt Ulrich M. Kowalski klar. genschiebereien gebe es aber dennoch
chem Ergebnis und pflegerischer Hilfe.
Dieses Magazin scheint vor allem eine Frage aufzuwerfen:
finanziert sich das? Es gibt keine Frage, die wir häufiger hören. Und keine Antwort, die wir häufiger geben.
Dies hier ist kein Projekt, das der Kreis
Boden. Sie können auch sagen: ohne
fördert. In dem öffentliche Gelder zum
die Bedenken, die sich nun manches Mal
Kreishaus-Fenster heraus geworfen
einstellen, wenn Kreative auf Controller
werden. Dies hier ist auch kein Maga- stoßen. Soll heißen: das hier, das sind zin, mit dem wir uns die Taschen voll
wir. Ungeschminkt, unplugged. So, wie
stopfen.
wir sind, wenn wir so machen dürfen,
Dies hier, das ist unser Magazin. Nennen
wie wir gerne wollen. Und wie uns vie-
Sie es ruhig unsere Spielwiese, damit
le Kunden ja auch Gott sei Dank lassen.
liegen Sie ganz richtig. Und so nennen
Da wir selber keinen Controller in der
wir es auch. Als Werbeagentur küm- Agentur haben, haben wir hier auch keimern wir uns tagtäglich um die Wün- nen, der uns die vorgestellte Frage stellt. sche unserer Kunden. Und das sehr ger- Es rechnet sich nicht. Finanziell gesehen. ne. Manchmal aber arbeiten wir lieber
Und es rechnet sich dennoch. Und wie.
ohne Sicherheitsseil, ohne doppelten
Für uns. Und vielleicht ja auch für Sie.
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Bevor es richtig losgeht, ein paar persönliche Dinge vorweg: Auf unserem Flensburger Konto glänzt eine schwarze Null. Und das berechtigterweise. Und: Auch wenn es unser Auto her- übel zu nehmen? Sicher nicht. Wir setgibt, schneller als mit 200 Stunden- zen uns also in die Sonne und schließen kilometern sind wir mit ihm noch nie
die Augen. Denn der Tipp des findigen
unterwegs gewesen. Und auch unser
Verkäufers war, nicht hinzuschauen.
Motorrad, noch deutlich schneller zu
Man würde ihn schon hören. Und wir
bewegen, besitzt einen nahezu jung- hören ihn. Es röhrt, es donnert, wenn fräulichen sechsten Gang und hier
der SLS um die Ecke kommt. Und dazu
wurde noch nicht mal die 180 auf dem
muss man ihn gar nicht antreiben,
Tacho angekratzt. Soll also heißen: Wir
nicht mit ihm über den Asphalt bret-
machen uns nichts aus Geschwindig- tern. Er mag es auch langsam. Und bekeit, zumindest nicht viel. Null auf
lohnt mit Raubtiergebrüll bei Schritt-
hundert? Auch keine echte Herausfor- geschwindigkeit. derung. Und über die Landstraße im
Der junge Bollmeyer-Verkäufer
Autobahntempo rasen? Kein Gedanke, möchte noch gerne erklären, wie das den wir daran verschwenden.
Radio, die Klimaanlage, die Spiegel einzustellen seien. Ein anderes Mal
Aber all das soll sich an diesem Tag ändern.
vielleicht. Jetzt gibt es Wichtigeres zu tun. Also den roten Start-Stop-Knopf gedrückt, nachdem wir uns, nun, in
Wobei der mit einer Enttäuschung
das Cockpit gefädelt haben. Der SLS ist
anfängt. Wir rollen bei Mercedes Boll- nichts für Menschen mit Rückenpromeyer erst in Bad Oeynhausen, dann
blemen. Wer hier noch keinen echten
in Bünde vor. Aber der Mercedes SLS
Bandscheibenvorfall hat, zu solchem
AMG? Nirgends zu sehen. Ist noch un- aber neigt, sitzt, nein liegt hier genau terwegs. Heißt es. Und meint: Da dreht
richtig. Und bekommt ihn. Er hat es ja
jemand eine Extrarunde. Ist ihm das
nicht anders gewollt.
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Auf Knopfdruck werden Körper und Sitz eins, jetzt also den Knopf gedrückt und der Tiger vor uns fängt an zu donnern, zu brüllen, zu fauchen. Wir wollen ganz langsam vom Hof rollen – der Verkäufer schaut ja skeptisch hinterher –, wir wollen gemütlich über die Landstraße bummeln, dann ein wenig die Autobahn streicheln und uns treiben lassen.
Aber es gelingt einfach nicht. Einmal das Gaspedal touchiert, und der Stier ist frei gelassen. Der, der vor uns werkelt. Und der, der in uns schlägt. Wir bügeln also vom Hof, hetzen auf die Bundesstraße, überholen den Ersten, biegen auf die Autobahn und erreichen Werte auf dem Tacho, die wir bislang nur vom Hörensagen kannten. Adrenalin staut sich in unseren Adern, die Atmung setzt viel zu häufig aus und das Wort Glückshormon bekommt eine neue Bedeutung. Die Kiste – darf man so ein 200.000- Auto nennen? – rennt, nein jagt, nein fliegt über die Bahn. All die Halbstarken in ihren Coupés drängen sich am rechten Fahrbahnrand und schauen gen Böschung. Nur nicht hinsehen, Desinteresse vortäuschen, nur nicht die Kräfte messen. Die lassen sich beim Mercedes SLS in physikalisch korrekte Werte fassen: 571 PS, null auf hundert in 3,8 Sekunden, Ende der Beschleunigung bei 317 km/h. Mit der Wirklichkeit haben diese Zahlen nichts zu tun. Und mit der Behörde, die in Flensburg und eigentlich um jede Ecke sitzt, auch nicht. Eine Kleinigkeit noch: All das, was wir jetzt schreiben, werden wir, offiziell gefragt, komplett verleugnen. Fällt also unter die künstlerische Freiheit, entsprungen unserer hüpfenden Phantasie. Wir sind mit dem SLS schnell gefahren, sehr schnell. So schnell, dass wir für Richtgeschwindigkeit, Temposchilder, 30er-Zonen keine Augen, keinen Nerv hatten. Sie sind auch viel zu schnell an uns vorbeigeschossen. Und wer einen Tacho herstellt, der nur 30, 60, 90 bis hoch zur 360 kennt, der trägt eine gewisse Mitschuld an der Raserei. Wir sind mit 250 über die Autobahn geflogen, haben kurz den Fuß vom Gas genommen und
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das Gefühl gespürt, wie sich unsere
auf die Autobahn, hinter uns drängelt
Zahnfüllungen plötzlich lockerten. Wir
ein Audi, und bitte, kann man netter
haben auf selbiges Pedal gedrückt und
aufgefordert werden? Muss man da
unsere Nackenmuskulatur erinnert
nicht die automobilen Muskeln spie-
uns noch jetzt beim Schreiben an je- len lassen? Der Spoiler fährt automanes unvorsichtige Handeln. Wir haben
tisch aus, es macht vrrooooomm und
uns also benommen wie die automo- der Audi erscheint in Matchboxgröße bile Axt im Walde, wie, auch das muss
im Innenspiegel. Gefühlt kommt
man so schreiben, eine echte Pistensau. der SLS hinter Osnabrück wieder in Natürlich kann man mit dem SLS auch
passable, sprich vernunftgesteuer-
bummeln. Aber man sollte das nicht
te Geschwindigkeitsbereiche. Kurz
tun. Es langweilt. Fahrer und Fahr- anbremsen, abbiegen und schon rollt zeug gleichermaßen. Sieht er nicht aus
der SLS wieder schneckengleich auf
wie eine Rakete, wie ein Spaceshuttle
die Bollmeyer-Parkplätze. Und? Fragt
auf vier Rädern? Dann sollte man ihn
der Verkäufer. Und nichts. Sagen wir.
auch so bewegen. Der Tag wird kom- Was willst du zu so einem Auto sagen? men, an dem der Lappen eingefordert
Dass er eine Waffe, keine Fahrzeug ist?
und nicht mehr zurückgegeben wird. Zu abgedroschen. Dass er unglaublich Und er wird bald kommen, darüber
begeistere? Seit wann untertreiben wir.
sollte sich jeder im Klaren sein, der mit
Also geben wir den Schlüssel, den, den
dem SLS liebäugelt. Die Zeit bis dahin
man nicht mehr irgendwo reinstecken,
ist es aber allemal wert. Es fühlt sich
sondern nur noch in der Tasche haben
im SLS an, als werde man von einem
muss, ab, nicken, sagen höflich Danke
gigantischen Katapult über den Asphalt
und steigen in unser 240PS-Auto. In
geschossen, die Innereien werden auf
diese lahme Schachtel, ernüchternd
Zentimeterdicke zusammengedrückt
leise wie eine Elektroauto, hoch wie
und du trittst immer weiter. So muss
ein Erntetraktor, behäbig wie ein LKW
sich das anfühlen, fahren auf Droge. Im
mit Übergewicht. Alle Welt redet von
nüchternen Zustand. Viele Kilometer später, das Hemd
Entschleunigung. Wir erleben die gerade, noch besoffen vom Geschwin-
ist verschwitzt, die Mundwinkel wol- digkeitsrausch eben, und pfeifen auf’s len nie mehr zurück in Normalstellung, Runterschalten. geht es zum Fototermin. Unsere Kollegin fährt, sonst mit einem betagten
Ein kleiner Nachtrag: Ein Fahrbericht ohne Verbrauchs- und CO2-Werte
Golf unterwegs und doch dessen wun- ist heutzutage ja komplett unseriös. dervolle Performance über den grünen
Und es ist uns noch nie passiert, dass
Klee lobend, den SLS. Weigert sich erst
wir uns nach einer Testfahrt nicht
ein wenig zu groß, zu breit, zu schnell
durch den Bordcomputer geklickt und
und steigt dann, nein, fällt dann doch
den Gesamtverbrauch angeschaut ha-
ins Wageninnere. Nur geradeaus, kei- ben. Beim SLS? Haben wir das komplett ne Kurven, keine schnellen Passagen, vergessen. Es wird wohl zweistellig hat sie noch klargestellt. Dann diese
gewesen sein, so viel ist sicher. Alles
wunderbaren Flügeltüren, zu denen
andere: graue Theorie. Nur eine letzte
man sich des Schließens wegen hoch- Gegenfrage: Waren Sie in Ihrer Jugend recken muss, geschlossen und ganz – ja, längst verjährt, ganz sicher – mal sacht losgeruckelt. Es sollte auch für
in Amsterdam, der Drogen, nicht der
sie ein denkwürdiger Tag werden. Am
Grachten wegen? Und, haben Sie da auf
Ende dann das ewig gleiche Bild: die- die Preisschilder geschaut, drauf geses Grinsen im Gesicht, dieses Ich-will- achtet, in welchem Verhältnis Rausch nie-wieder-Aussteigen. Es schwingt ein wenig Wehmut
und Kosten zueinander stehen? Haben Sie nicht. Und sollte man beim SLS auch
mit, als wir den SLS zurück zu Merce- nicht tun. Es kommt nichts Ernüchdes Bollmeyer bringen. Kurz noch mal
terndes dabei heraus.
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Ein Wohnzimmer. Eine Küche. Ein Aufnahmestudio. Ein Fernsehzimmer. Ein Konzertsaal. Alles in einem Raum. Um den zu betreten, müssen erst einmal die Schuhe ausgezogen werden, bitte. Also auf Socken in einen Raum, gelegen inmitten von Berlin-Mitte, auf dem Tisch eine Vase, in ihr ein paar vertrocknete Rosen. Sinnbild für Maximilian Hecker, den, der hier kocht und fernsieht, mischt und musiziert. Und der in der Stimmung ist, die Schattenseiten seines Lebens aufzuzählen. Weil er das gerne tut, das aufzählen, was gerade nicht läuft. Er sei eben keiner, der gut Marketing für sich machen könne. Eher das Gegenteil. Hätte ich noch einen Manager, er würde mir das verbieten. Ist sich der 33-Jährige sicher. Aber die Managerzeiten sind vorbei.
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Vorbei auch die Zeiten, i S Es sei, das dürfe man ruhig so schreiben, derzeit ein Scheideweg, auf dem er sich befinde. Auf der einen Seite sechs CDs, alle zusammen rund 100.000fach verkauft. Auf der anderen das Nichts. Also lieber auf Seite Nummer eins aufhalten. Gekauft wurden und werden seine Scheiben, die es wirklich auch als solche, also aus Vinyl gibt, zu 80 Prozent von Frauen, grob geschätzt. Es sind vor allem Asiatinnen, die hier zuschlagen. Woher das komme? Die Frage kann er kaum noch hören. Denn die stelle fast jeder. Und er kann sie dennoch nicht beantworten. Dann doch ein Versuch: Vielleicht liegt es ja doch daran, dass der Asiat an sich eben besser mit den wirklich bedeutenden Themen – Liebe, Tod, Verzweiflung – umgehen könne. Das, was in Europa vor Jahrhunderten funktionierte, ist heute eben in Asien modern. Und andersherum. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass er in Asien nicht als Musiker gesehen wird. Sondern als Idol. Hier kommen schon einmal 1.500 Begeisterte zu Konzerten in Seoul, da finden sich gerade eine Handvoll Interessierte, um in Deutschland dem zuzuhören, der seinen Stern selbst als sinkend bezeichnet. Dabei hatte alles so traumhaft begonnen. Von Bünde
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, in denen er in Stern und FAZ, Süddeutsche und Rolling Stone stand und als Popmusiker gefeiert wurde. aus nach Berlin gegangen, der Revolu- beschwerte Musikmachen verbunden
Zeitrahmen das limitiert, was andere
tion wegen. Oder noch besser, um sich
ist. So eine Plattenproduktion teilt sich
Kreativität nennen. Und was er nicht
gegen das aufzulehnen, was ihn in der
in drei Teile auf. Erstmal das Finden
als solche empfindet.
Provinz erwartete. Er wollte das nicht. der Idee. Also ans Klavier gesetzt und Gute 15 Jahre lang. Und ist sich heute
gespielt. Funktioniert bei Maximilian
Ein Grund also, warum er die letzte CD gleich hier, direkt im Wohnzim-
nicht mehr sicher, ob er wirklich re- Hecker übrigens nur, wenn er bester
merstudio, aufgenommen hat. Ob denn
bellierte. Oder nur rebellieren wollte. Laune ist. Und genau das ist er gerade
da keine qualitativen Unterschiede zu
Als Krankenpflegerschüler begannen
nicht. Der Liebe wegen, die in Tokyo
erkennen seien. Zur Antwort springt
die Tage, als Straßenmusiker endeten
gerade verloren gegangen ist. Der Situ- der Musiker auf und setzt sich hinter
sie. Den Vorbeigehenden sang er sei- ation wegen, die gerade eine ungelöste
Keyboard und Mischpult, Laptop und
ne schmerzerfüllten Lieder hinterher, ist. Stimmen also Stimmung und Lau- Boxen, die noch der Konfirmationsirgendwann blieb einer stehen, dann
ne, dann entstehen musikalische Ide- zeit entstammen. Und spielt vor, wie
noch einer, dann einer von einer Plat- en, formen sich zu Melodien, werden
sich das anhört, wenn im Wohnzim-
tenfirma. Zugehört, Angebot gemacht, aufgenommen, festgehalten mit Hand- mer aufgenommen wird. Und schiebt Ausbildung geschmissen, Vertrag un- mikrophon und Diktiergerät. Was dann
hinterher
die
Profi-Studioversion.
terzeichnet, nur noch Musik gemacht. kommt, nennt der Musiker Hausaufga- Man müsse jetzt dieses Urbane rausEine Tournee folgte, irgendwann dann
ben. Das fühlt sich so an wie der Ruf
hören, die Autos, die draußen vorbei-
der Kontakt nach Asien, in Hongkong
der Mutter: „Maxi, komm runter und
fahren, es müsse irgendwie dichter,
sitzt der Agent, ehemaliger Banker und
mach deine Hausaufgaben.“ Aufgege- auch echter, rauer vielleicht klingen.
nun darüber wachend, das pro CD auch
ben wurde: das Schreiben verdichteter
Tut es vielleicht auch. Aber man hört
Tantieme nach Berlin-Mitte wandern.
Texte. Das Fassen neuen Strophen, das
es nicht. Und das ist gut und schlecht
Maximilian Hecker sitzt also an sei- Finden einer Bridge. Dann später: die
gleichermaßen. Schlecht, weil man
nem Esstisch, die Füße in weißen Haus- Arbeit im Studio: stimmen, einspielen, das doch eigentlich hören müsse. Wo singen. Und singen, da dürfe man sich
die Fenster doch nicht jeglichen Schall
von damals, von den Anfängen, als sei- nichts vormachen, das ist immer noch
schuhen, die Haare im Gesicht. Wenn er
eliminieren. Und die Wohnung halt in
ne Videos bei mtv und viva liefen und
die Königsdisziplin. Daran würde al- der Nähe der Charité liegt, und somit
er in Stern und zdf vorgestellt wurde, les gemessen, da könne es am ehesten
Sirenen zum akustischen Alltag gehö-
erzählt, dann schwingt da keine echte
scheitern. Man merkt ihm die Anstren- ren. Gut aber, dass nun zumindest Teil
Melancholie mit. Der Abschnitt scheint
gung, die Überwindung an, die er ver- zwei der Hausaufgaben ersatzlos ge-
abgehakt. Vielleicht, weil mit dem Auf- spürt, wenn er im Studio steht. Wenn
strichen werden konnte. So wird die
nehmen einer Platte nicht nur das un- er angestarrt wird, wenn ein fester
CD noch mehr zur One-Man-Show.
36
Jedes Instrument: selbst gespielt. Jede Note, jede Zeile: selbst geschrieben. Die Plattenfirma? Frisch gegründet und die eigene. Bleiben noch Produktion, PRStrategie und Fotos, dann ist die CD schon fertig. Was sich einfach anhört, wird schnell zum Balanceakt. Denn was, wenn die Mädchen, irgendwo zwischen 15 und 24 Jahren alt, irgendwo im Dreieck China, Japan, Taiwan lebend, nicht mehr einen anhimmeln wollen, der auf die 35 zugeht? Eine Frage, die sich Maximilian Hecker häufiger stellt. Und ist es nicht vielleicht auch so, dass er einerseits immer in diese Glamourwelt wollte. Und als er in ihr ankam, sich gar nicht wie zuhause fühlte? Unvorstellbar, im Kreis Herford zu bleiben, damals. Gut vorstellbar, doch irgendwann zurückzukehren, heute. Er ist manches Mal weit gegangen, in seinen Äußerungen, bei Interviews. So weit, dass seine Mutter am Ende gar kein Interview mehr gelesen hat, sicher ist sicher. Nicht lesen darf sie das Buch, das Maximilian Hecker gerade geschrieben hat. Gleiches Argument: sicher ist sicher. Denn da steht die Wahrheit drin. Und die könne vielleicht doch unbequem, wenn nicht verletzend sein. Versprechen musste das die Mutter. Und
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hat das vielleicht gar nicht als müssen
auf den Markt, den virtuellen, bringen,
verstanden. So wie die Musik schwebt, wenn das Buch erscheint. Wenn es denn befindet sich die Schreiberei gerade im
erscheint. Irgendwann im Frühjahr
gleichen Aggregatzustand. Eine große
2012, sowas brauche Zeit, die Herbst-
Agentur befand das Manuskript als sehr
listen sind längst geschrieben, da ist
gut, die Verlagssuche gestaltete sich
kein Raum mehr für Neuheiten, die den
dann doch schwierig. Jetzt, hier am
Titel „The rise and fall of Maximilian
Esstisch, ist noch nichts entschieden.
Hecker“ tragen. Vom Fall ist in Asien
Bis Freitag will sich der letzte übrig ge- noch nichts zu spüren. Die letzte, die bliebene Verlag melden. Der, der schon
sechste CD wurde hier gut gekauft, er
eigentlich zugesagt habe. Der auch, der
könne davon leben, ja, doch, das gehe.
irgendwie dann doch noch zögert.
Kommt kein Buch, kommt CD Nummer
Man merkt ihm an, dass dieses
sieben, eine Tour durch Asien schließe
Sich-nicht-entscheiden-Wollen nervt.
sich an, Frotteetierchen fliegen dann
Aber resignieren? Dazu ist in seinem
wieder auf die Bühne, die Asiatinnen
Leben schon viel zu viel gut gegan- verzückt von dem Mann, der all seinen gen. Hat sich das Böse dann doch ins
Herzschmerz in Melodien fasst und ih-
Gute umgekehrt. Auch wenn er das
nen aus der Seele zu singen scheint. Es
nicht immer so empfindet. Ich bin ein
sei Frauenmusik, man könne das ruhig
Großer darin, mich klein zu machen.
so nennen. Obwohl er sie ja eigentlich
Sagt er noch. Oder auch: Musikalisch
für sich schreibe. Daran denken, wer
bin ich ein Autist. Ich kann nur schö- seine Musik hört, wer seine Zeilen liest. ne, prächtige Baladen schreiben, zu
Kann er nicht. Und tut er nicht. Gibt
mehr reicht es nicht. Was auch nicht
es da draußen wirklich Menschen, die
so recht stimmt, denn in seinem Lap- das hören und lesen wollen? Fragt er top befindet sich auch Techno-Musik,
sich. Und kann es sich nicht so recht
frisch abgemischt, irgendein Satz aus
vorstellen. Er bleibt ein Zweifler. Ei-
Sex and the City immer wiederholt, gentlich sogar einer, der das gar nicht unterfüttert mit stampfenden Beats. Es
nötig hat. Denn zwei Tage später ruft
sei ein Spaßprojekt, mehr nicht. Trash
dann der Verlag an. Geht klar, mit dem
sozusagen. Er will sie hinterherwerfen,
Buch.
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Gefällt mir Auf den ersten Blick wirken sie wie die
Präsenzen wurden von der iWKh kos- büros OWl. Unter der Internetadresse
virtuelle Möglichkeit, sich zu verabre- tenfreie Nutzerkonten angelegt. Leider
http://www.ostwestfalen-lippe-soci-
den, Freunde wieder zu treffen, über
ermöglicht es derzeit nur Facebook, almedia.de wurde eine elektronische
Beliebiges den Daumen zu heben oder
umfangreiche
zu senken. Doch soziale Netzwerke im
wie Veranstaltungen, Fotos und aktu- Inhalte aus den einzelnen Social-Me-
Internet sind weit mehr. Wenn es um
elle Mitteilungen zu hinterlegen. Stück
Zusatzinformationen
OWl-weite Platform etabliert, auf der dia-Plattformen wie Facebook, Twitter,
Austausch, Kooperation und Zusam- für Stück soll die Nutzung solch kosten- Xing u.v.a.m. gebündelt werden. menarbeit in solchen Netzwerken geht, freier Angebote aber ausgebaut werden. Wenn auch Sie in sozialen Netzwerken dann werden sie zu wichtigen moder- Sollten auch Sie im Bereich „Social Me- aktiv sind und diese beispielsweise zu nen Kommunikationsmitteln. Auch die
dia“ unterwegs und aktiv sein, dann
Marketingzwecken oder zur Fachkräf-
Initiative Wirtschaftsstandort Kreis
vernetzen Sie sich doch auch mit der
tegewinnung nutzen, melden Sie sich
Herford e.V. fundiert seit ihrer Grün- iWKh. Möglich ist dies ab sofort unter
im Social-Media-Verzeichnis auf der
dung auf diesen Schwerpunkten, lebt
www.facebook.com und www.xing. oben genannten Internetseite an. Das
die Begriffe Austausch, Kooperation
com. Sobald Sie beispielsweise auf un- ist für Sie kostenfrei und dauert nur
und Zusammenarbeit. Durch die ver- serer Facebookseite den Button „Gefällt stärkte gesellschaftliche Nutzung der
mir“ gedrückt haben, werden Sie auch
sogenannten Social-Media-Plattformen
auf diesem Weg immer über aktuelle
wenige Minuten.
im Internet ist die iWKh nun gewillt, Aktionen, Projekte und Veranstaltun- Bei allen Rückfragen steht Ihnen ihre Aktivitäten in diesem Bereich
gen der Initiative Wirtschaftsstandort
Sonika Mohme unter der Rufnummer
deutlich auszubauen.
Kreis Herford e.V. informiert.
05221. 13-13 23 bzw. der E-Mail-
So ist die iWKh nun aktuell bei Face- Ebenfalls zum Bereich „Social Media“ Adresse s.mohme@iwkh.de gerne book und Xing zu fi nden. In beiden
gehört das Themenjahr des Cluster- zur Verfügung.
Anzeigengestaltung www.hoch5.com
Kein Problem: Bei uns lernt Mann tanzen. Lernt Mann, sich zu bewegen. Zur Musik. Im Rhythmus. Mit viel Spaß. Damit es klappt. Mit dem Tanzen. Und noch mehr: Sie genießen gemeinsame Momente.
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Jörgen-Arne Fischer ist einer, der so aussieht Wie einer, den man sich in der Brummi-Branche vorstellt. Stattliche Statur, fester Händedruck, gerader Blick. Verbale Umschweife gibt es von ihm, gibt es hier bei ihm nicht. Hier, das ist Neu Wulmstorf, einen
beide als Jumbo-Fischer GmbH & Co. KG
Steinwurf vom Airbuswerk vor den
an einem unternehmerischen Strang.
Toren Hamburgs entfernt. Ein kleiner
Angeboten wird hier alles, was einen
Zickzackkurs durch ein Industriegebiet
LKW schöner macht. Spricht also die an,
und dann schält sich aus grüner Umge- die den 40-Tonner nicht als bloßes Fortbung ein doppelstöckiges Flachdachge- bewegungsmittel betrachten. Sondern bäude. Hier arbeitet, hier leitet Jörgen- als ihr Zuhause. „Sie verbringen eh die Arne Fischer ein Unternehmen, das in
meiste Zeit darin“, verrät der Fachmann.
enger Verbindung zum Kreis Herford
Chrom lässt sich fast überall anbringen,
steht. Denn beteiligt ist hier die Bünder
Blinkendes an nahezu jeder freien Flä-
Firma Klapper Autoteile. Erst bestand
che installieren. Beides ist heute sehr
eine Lieferantenbeziehung, heute ziehen
gefragt. Aber das war nicht immer so.
41
Vor 30 Jahren besorgte sich der Vater
und veredeln, airbrushen und lackie- lereien, die aus einem Führerhaus ein
von Jörgen-Arne Fischer ein Chrom- ren, ehe am Ende ein Kunstwerk auf
multimediales Wohnzimmer machen,
horn aus den USA, einen guten Meter
sechs Rädern entstand. Allerdings eines
sind längst wieder gefragt. Entwickelt
lang und metallisch blitzend. Ging
ohne Happy-End. Denn schon damals
wird hier in Hamburg, geliefert aus Bün-
damit zur Nutzfahrzeugmesse, besser:
schrumpfte der Markt, verkleinerte
de, was als Premiummarke unter den
zum Stand von Mercedes und erlebt ein
sich auch das Marketingbudget von
Kennern gilt. Von einem, der auch sein
Fiasko. So etwas sei ja wohl nicht sein
Mercedes. Der Wagen wurde überhastet
eigenes Mercedes Coupé ein ganz klein
Ernst. Und wurde so – auch das heute
verkauft, und - man muss das so sch- wenig veredelt hat. Man müsse so einen
unvorstellbar – des Standes verwiesen. reiben – runtergewirtschaftet. Heute
kleinen Tick für Chrom schon haben,
Wundert es, dass Mercedes später das
karriolt er irgendwo fernab im Osten, um so etwas auch verkaufen zu kön-
erste Unternehmen war, das einen
die Lackierung spröde, die Erscheinung
nen, erzählt Jörgen-Arne Fischer. Der
Spezialkatalog zum Thema Edelstahl- eine traurige. „Er stand mal hier um die
Mann also, der sich tagein tagaus mit
zubehör herausbrachte? Heute ist Jum- Ecke“, erzählt Jörgen-Arne Fischer. Tru- LKWs und deren Fahrern beschäftigt. cker entdeckten ihn – und verdrückten
Selbst aber keinen Führerschein Klas-
Veredelung, schlicht um das Verschö- eine Träne, so traurig sei der Anblick
bo-Fischer der Spezialist, wenn es um
se 2 besitzt. „Schande über mich“, sagt
nern von Brummis im XXL-Format geht. gewesen. Zum Weinen war auch die
Fischer mit einem Lachen im Gesicht.
In Bünde hat sich dafür die Vertriebslo- Zeit der Wirtschaftskrise. Neue Brum- Es sei einfach nie die Zeit dazu gewesen. gistik angesiedelt, in Hamburg werden
mis? Brauchte da kein Mensch. Und in
Obwohl: Fahren könne er die Dinger
neue Teile entwickelt, Sonderprojekte
den Worten von Jörgen-Arne Fischer, natürlich. Und tut das auch manchmal.
angegangen. So wie die Gestaltung ei- besser noch zwischen den Zeilen, lässt
Nur auf dem Firmengelände, versteht
ner ganz außergewöhnlichen Zugma- sich erahnen, wie sehr hier gekämpft
sich. Denn auch wenn der Mann wirkt
schine. An der durften sich die Jumbo- wurde, um zu überleben. Heute sind
wie ein Trucker – er ist Kaufmann. Und
Leute einmal richtig austoben, durften
die Auftragsbücher wieder voll. Chrom, Realist. Da bleibt für automobile Aben-
im Auftrag von Mercedes anschrauben
Riesenscheinwerfer, technische Spie- teuer nun wirklich kein Freiraum.
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43
Die Software von Roman Grasse ging erst einmal auf Reisen, ehe sie eingesetzt werden konnte. Rüber über den großen Teich, hin nach California, wo Apple über all das wacht, was pilzgleich als App aus dem Boden schießt und darauf wartet, im App-Store des Computer-Giganten aufgenommen zu werden. Neu in diesem virtuellen Laden ist nun das iPlakat. Eine Idee, die in Kirchlengern geboren wurde. Und nicht nur zum Mutter- und Valentinstag vor allem viele männliche Anhänger finden dürfte.
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„Die Idee ist, dass das Medium Plakat- essant ist, gilt für Privatpersonen eben- um zu erzielen ist. Der Liebhaber, der werbung auch Privatkunden zugäng- so, hofft und weiß Roman Grasse. Vor
Schwiegersohn, der Anbetende will
lich gemacht werden soll,“ so Grasse, allem, weil wir alle Gewohnheitstiere
aber nicht eine Agentur einschalten,
der mit seiner Firma Complac Medien- sind. Soll heißen: die immer gleichen
sich Gedanken über Kostenstruktur
service normalerweise Gewerbetrei- Wege durch die Stadt, hin zur Arbeit, und bundesweites Auswahlverfahren benden dabei hilft, erst die passende
hin zum Einkaufen nutzen. „Bis zu
machen. Er will schnell sehen und wis-
Plakatwand deutschlandweit zu finden, zwölf Mal kommen wir so in zehn Ta- sen: Ist die Fläche, vor der ich gerade sie dann beim Eigentümer zu buchen
gen an einem Plakat vorbei,“ rechnet
stehe, frei? Und wenn ja, was kann ich
und bekleben zu lassen. Dass für die
der Fachmann vor. Schauen hin, lesen, da drauf drucken, wann hängt das Pla-
Großen der Branche Plakatwerbung
prägen uns ein. Und haben am Ende
trotz der Konkurrenz in Internet und
eine Wiederholungsfrequenz erreicht, App beantwortet hier all diese Fragen.
kat und was kostet der Spaß? Die neue
TV mehr denn je als Werbeträger inter- die mit kaum einem anderen Medi- Und weiterhelfen tut auch die Websei-
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termin vorbei. Das Ganze ist natürlich nicht nur eine ganz neue Geschäftsidee. Sondern auch Eigenmarketing, gibt Roman Grasse gerne zu. Aber auch der Gewerbetreibende soll von diesem mobilen System profitieren. Steht er vor einer Plakatwand, deren Nutzung er sich durchaus vorstellen kann, dann reicht der Druck auf sein Handy, und schon weiß er, wann das Bekleben mit seiner Werbung möglich ist und was dies kostet. Von Nutzen kann dieser Service also nicht nur für Heiratswillige sein. Sondern und vor allem für die, die ihre Dienste, ihre Produkte anbieten. Da ist der Handwerker, der sich bekannt machen will, dann das Restaurant, das seine neue Speisekarte im XL-Format einer breiten Öffentlichkeit präsentieren möchte. Beide setzen auf die rote Ampel, die Zeit, die davor verbracht wird. Und die Blicke, die dann auf dem Plakat sprichwörtlich kleben bleiben. Ehe diese App an den Markt gehen konnte, mussten allerdings erhebliche Anstrengungen geleistet werden. Erst die Formulierung der Idee, dann die Übersetzung in die Computersprache, die Feinjustierung, dann das komplizierte Anbinden an ein Buchungssystem, das ähnlich wie im Reisebüro alle Plakatunternehmen in Deutschland miteinander verknüpft und so Doppelbuchungen in ganz Deutschland verhindert. 14 Tage verblieb das Konstrukt te www.iplakat.com. Für viel Geld und
rund 180.000 Plakatwänden für den
mit hohem Aufwand programmiert ist
gebuchten Zeitraum blockt. Ande- te iPlakat ohne Korrekturvorgaben
in Kalifornien bei Apple, dann konn-
so das iPlakat entstanden. Anhand des
rerseits gehen die Daten nach Emden. starten. Obendrauf hat Roman Grasse
GPS-Empfängers in iPhone oder iPad
Hier befindet sich die große Druckerei, dann noch einen kleinen Sahnetupfer
lokalisiert die Software den Anwen- die aus dem Eingetippten und Aus- gepackt. Seine Frau betreibt – nur ein der, zeigt ihm die nächste Plakatwand
gewähltem ein druckfrisches Plakat
paar Meter vom Büro entfernt – ein
und schlägt auch themenbezogen das
produziert. Das Plakat geht direkt an
Floristikfachgeschäft. Wer jetzt will,
Plakatlayout vor. Nur noch die pas- den Betrieb, der die Plakatierung, das
kann nicht nur eine Plakatwand aussu-
senden Textzeilen in das handliche Te- eigentliche Ankleben übernimmt, und
chen, um die Herzdame zu überzeugen.
lefon getippt, und schon wandert der
schon fährt die Herzdame überrascht
Sondern obendrein auch noch Blumen
Auftrag einerseits zu Roman Grasses
am überdimensionalen Geburtstags- verschicken. Dann sollte es eigentlich
System, das die eine von bundesweit
gruß, an Heiratsantrag oder Ausgeh- klappen – mit der Herzdame.
46
Auf die meisten Fragen antwortet Jens Westerbeck mit einem Wortschwall. Boom und Beng sind die Worte, die er dabei häufig benutzt. Die Worte kommen schnell und doch nicht hart, man muss aufpassen, dass man seine Fragen zwischen all die Antworten bekommt. Wir sitzen in der Weinhandlung Lutter&Wegener, auf dem Teller liegt das beste (O-Ton Kellner) und größte (O-Ton Schreiber) Schnitzel Berlins. Der Laden hat eine hundertjährige Tradition, die Weinflaschen stapeln sich staubbedeckt bis an die Decke. Mit dem Kellner ist Jens Westerbeck per Du, nett ist es hier. So nett, dass ein Polizist hereinkommt und fragt, wem denn da der Mercedes gehöre, der im absoluten Halteverbot steht. Berlin-Mitte also, Gendarmenmarkt, einen Steinwurf vom Sonycenter, einen Steinwurf von der Wohnung des Interviewten entfernt. Auf jede Frage also mindestens eine Antwort. Bis auf eine. Diese hier: Hat er früher als Yachtbrooker mal ein Schiff an eine Frau verkauft? Stille, keine Ahnung, keine Antwort, Stirn-in-Falten-legen, nachdenken. Und das deutlich zu lange für einen,
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der sonst mit der Antwort startet, ehe die Frage
Alles Quatsch. Sagt Westerbeck. Denn wer könne
beendet ist. Nein, hat er nicht. Keine einzige Frau
sich schon so etwas leisten, ein Boot, das meh-
in sechs Jahren, die sich für eine Yacht interessiert
rere Millionen kostet? Und er spricht nicht von
hat. Geschweige denn eine gekauft hat. Obwohl, kaufen, sondern von leisten. Heiner Lauterbach, sagt er dann, eigentlich habe er nur an Frauen
sicher, der könne sich so ein Boot kaufen. Aber
verkauft. Und schon ist er wieder in seinem er- auch leisten? Also den Liegeplatz bezahlen. Die zählerischen, ausschmückenden Element. Eigent- Inspektion, gerne einmal 45.000 Euro teuer. Oder lich verkaufte er ja alle Yachten an Frauen. Also
einmal volltanken. Reicht für gute vier Stunden
indirekt. Also weil Männer so um die fünfzig, nun, Fahrspaß. Und kostet 15.000 Euro. Es sind Reetwas merkwürdig würden. Sich aus der Entfer- chenbeispiele, die schwindelig machen. Nicht nur nung anschauen, was sie alles geschafft haben. den, der mit den Zahlen jongliert. Sondern auch Und daraus zweierlei folgen: Es wird Zeit, sich
den, der sich mit dem Gedanken herumträgt, in so
zu belohnen. Und es fehle noch etwas komplett
ein Schiff zu investieren. Wobei auch das das fal-
Unsinniges. Die Wahl fällt dann manches Mal auf
sche Wort ist. Eine Investition sieht man irgend-
eine Motoryacht. Und Jens Westerbeck hat nicht
wann, gerne auch noch etwas dicker geworden,
die kleinen, auch nicht die mittelgroßen verkauft. wieder. Beim Yachtkauf kann man sich dagegen Sondern die, die bei mehreren Millionen starten.
hundertprozentig sicher sein, dass das Geld weg
Und weit darüber hinaus enden.
ist. Nie wiederkommt. Sagt Jens Westerbeck.
Gekauft wird also meist, um zu beeindrucken. Noch so ein Spruch: Es gibt zwei gute Momente Und wer lässt sich gerne beeindrucken? Eben. Der
beim Yachtkauf. Der erste ist beim An- der zweite
Mann uns gegenüber, der in der Weinhandlung
beim Verkauf. Es sind also die ganz Großen, bei
trüben Apfelsaft mit Mineralwasser trinkt, ist ein
denen er die Kieseinfahrt hochgefahren ist. Denen
Matcho, sicher. Zumindest auf den ersten Blick. er Einladungen auf edlem Papier schickte, denen Hat ein Buch geschrieben über sein Leben als
er sich chamäleongleich annäherte. Er trug die
Yachtbrooker. Ein Buch, das wir auf der Zugfahrt
Kleidung, die Uhren wie sie, fuhr ein Auto wie sie,
hierher gelesen haben. Und dessen Inhalt uns
las sich in das ein, was sie interessierte. Ich kannte
rot anlaufen ließe, könnten die anderen um uns
mich am Ende besser mit Armbanduhren als mit
herum mitlesen. Ein Buch aber auch, das schon
Yachten aus - des Smalltalks wegen –, sagt einer,
auf Rang sechs der Spiegelbestsellerliste rangier- der nie einen Hehl daraus machte, dass Kenntte. 11.700 Stück sind davon im Hardcover schon
nis über Schifffahrt und Yachttechnik nichts mit
verkauft, Stand Mitte April, Tendenz steigend. Die
Verkaufserfolgen zu tun hat. Als selbstständiger
Taschenbuchrechte sind schon weg, Sony hat sich
Brooker war er vielmehr darauf bedacht, in die
gerade die Hörbuchrechte gesichert. Wunsch- Welt der wirklich Reichen einzutauchen. Wer sprechstimme des Autors: entweder die Synchron- das denn alles so gewesen sei, bei wem er denn stimme von Nicolas Cage oder Thomas D von den
war, wem er also eine solche Yacht verkauft habe.
Fantastischen Vier. Dass es in dem Buch nicht nur
Wollen viele wissen. Wieder so eine kleine Gedan-
unter die Wasser-, sondern auch unter die Gür- kenpause. Schreib Carsten Maschmeier. Oder Thotellinie geht, verwundert nicht so wirklich. Stellt
mas Middelhoff. Ralf Schumacher geht auch. Mehr
man sich nicht genau so die Yachtbranche vor?
aber nicht. Denn wer hier einkauft, der will das
Goldene Rolex am Arm, getunter Sportwagen vor
im Verborgenen tun. Der will nicht geoutet wer-
der Tür und eine Yacht am hauseigenen Anleger?
den als einer, dessen Portemonnaie locker sitzt,
50
der sich Dinge leistet, die vor allem eins
sie einen Preisanstieg. Bei Sportwagen,
Entscheidend ist, wie du verkaufst.
sind: Spielzeuge des reichen Mannes. Ferienanlagen und Yachten aber genau
Und das klappt über Sympathie, über
Die Liste der 300 reichsten Deutschen
das Gegenteil. In seinem letzten Jahr als
Stories, die du erzählen kannst. Das
hatte er immer im Blick. Und wusste
Yachtbrooker hat er kein einziges Schiff
funktioniert in Herford ebenso wie
auch, unter den Top 10 sind nur zwei
verkauft. Nicht auf der Boot in Düssel-
am Mittelmeer. Nach einem Jahr dann
Yachtbesitzer. Was ihn ein wenig är- dorf, nicht auf der Messe in Cannes. Gut,
also die Notbremse. Keine Boote mehr,
gerte, weil es in Italien, in Frankreich, es hätte die Möglichkeit dazu gegeben.
dafür die eigene Geschichte als Ver-
selbst in Großbritannien ganz anders
Aber nur Geld wechseln, nur ein Hand-
kaufsgut. Aufgeschrieben auch in ei-
aussieht. Aber hier? Hier fährst du ein
geld verdienen? Nicht die Welt des Jens
nem Jahr. Und ja doch, da gibt es Par-
dickes, ein teures, auch ein altes Auto. Westerbeck. Der stand schon mit neun
allelen zwischen Buch und Biographie.
Aber die Gleichung Geld = Yacht geht
Jahren an dem Wochenmarktstand
Und nein, wo die liegen, wird nicht
dann doch nicht auf. Vor allem nicht, seiner Eltern, die Ware keine Yachten
verraten. Ein Buch also wie der Schuss
als die Krise hereinbrach. Bei Oldti- sondern Kartoffeln, aber schon damals
aus einer Pistole. Es müsse halt krachen.
mern, bei Kunstgegenständen bewirkte
Nicht so dahinplätschern. Also kracht
merkte er: Was du verkaufst, ist egal.
51
es. Auf schwankenden Bootsplanken. Und in der
er dann zuhause, hat geschrieben. Ehe das Buch
Horizontale. Ein Männerbuch also? Ach was, da
fertig war. Und sich beide Ehepartner einig waren,
winkt er ab. Es sei ein Buch vor allem für Nicht dass es Zeit sei, wieder auf Wochenendbeziehung leser. Er nennt das Wochenendbuch. Freitagabend
umzuswitchen. Also rein ins pure Autorenleben,
einsteigen, Samstag weiterlesen, Sonntag das gro- hin nach Berlin, Jobs bei der bild-Zeitung, erst ße Finale, dann zuklappen und am Montag auf
intensiv, dann seltener, es sollte nur ein Rein-
der Arbeit weiterempfehlen. Flankiert wird das
schnuppern sein, die vier Buchstaben nicht zu
Ganze von einer Marketingstrategie, die wohl
sehr auf die Autorenkarriere abfärben. Jetzt die
der des Schiffeverkaufens gleicht. Ich gehe den
Eigenvermarktung des Buches, der Versuch, auch
Leuten auf den Nerv. Ich rufe immer und immer
einen Partner zu finden, der aus Worten Bilder
wieder an. Und irgendwann sagen die dann: Okay, macht und diese auf der Kinoleinwand zum Tanwir machen das so. Wenn Sie nicht mehr anrufen. zen bringt. So hat Jens Westerbeck die Werbetrommel nicht nur gerührt, sondern sich gleich um den Hals
Hier, also in der Weinhandlung, sollte eigentlich auch das neue Buch entstehen. Der Ecktisch
gebunden. War bei Lanz im zdf, ist im Fernseh- war schon ausgesucht, unverstellter Blick nach garten aufgetreten, hat in der bild über Leben
draußen, Steckdose in Kniehöhe für die Laptop-
und Buch berichtet und sich ein Video gegönnt, Stromversorgung und Aschenbecher auf dem das nun bei Amazon von all denen aufgerufen
Tisch. Nicht, also nicht unbedingt des Rauchens
wird, die sein Buch „Boatpeople“ suchen. Da- wegen. Sondern weil es ein schönes, ein inspimit, also mit dem Video, hat er es geschafft, dass
rierendes Bild sei, wenn neben ihm der Rauch
97 Prozent der Leute, die bei Amazon gucken, aufsteige. Und das so wunderbar dufte. Vor zwei auch kaufen. Es wird weitergehen mit dem Erfolg
Wochen dann: aus der Traum. Wer Lebensmittel
des Buches, da ist sich der, der seinen Helden Nick
verkauft, bei dem darf nicht geraucht werden.
de la Mooring nennt, ganz sicher. Auch wenn es
Jahrzehntelange Tradition hin oder her. Also
der echte eigene Topseller dann doch nicht wird. fehlt die Schreib-Location für das schwerste Noch nicht. Denn ein Bestseller, der beginnt heu- Buch überhaupt, so Westerbeck zu Roman Numte zwar bei 30.000 verkauften Büchern. So sieht
mer zwei. Ganz abgesehen davon, dass auch die
das die Branche. Sie beginnt aber erst bei 500.000
Idee fehlt. Sicher, er könne auch Boatpeople
Stück. Ist sich Jens Westerbeck sicher. Es gibt
Teil II schreiben. Ein Selbstläufer vielleicht, 11.700
200 Autoren in Deutschland, die von der Schrei- Leser von Teil I warteten schließlich auf eine Fortberei leben können. Hat er mal gelesen. Entweder
setzung. Aber ist das nicht ein bisschen einfach?
werden das bald 201. Oder einer der bisherigen
Und vielmehr noch; wird es damit etwas mit dem
200 muss abdanken. So einfach ist die Welt des
Bestseller?
Jens Westerbeck. Man müsse eben nur wollen. Und komplett eintauchen in die Materie. Also weg
Wohl eher nicht. Aber kein Grund, nachdenklich zu werden. Vielleicht sitze ich heute Abend
aus Bünde, wo Ehefrau und Kind noch heute leben. schon mit irgendjemandem zusammen und im Und alle mit der jetzigen Situation glücklich sind. Gespräch komme ich dann auf die eine, die zünVerheiratet sind sie seit elf Jahren. Brutto, sagt
dende Idee. Sagt Jens Westerbeck. Glaubt daran.
Jens Westerbeck, netto vielleicht nur drei. Denn
Und weiß: Die guten Geschäfte machst du nicht
der Unternehmer war ständig unterwegs, Schiffe
geplant, die kommen zufällig vorbei. Wenn du den
verkaufen, Geschäfte machen. Ein Jahr lang war
Kopf frei hast.
52
Zwei Hefte in einem. Gemacht für Mann und Frau. Gemacht von Mann und Frau. Auch wenn die hoch5 GmbH & Co. KG
freundlicherweise überlassen – Mai-
kräftig und personell weiter wächst;
land wäre dann doch etwas arg weit
das 52 8-Magazin ist weiterhin eine
als Fotoziel gewesen.
One-Men/One-Woman-Show. Dabei
Zwei Fragen werden uns immer wieder
spielt hier die Geschlechteraufteilung
gestellt: Die eine: Warum 52 8? Weil es
nun wirklich gar keine Rolle. Soll hei- etwas mit den Längen- und Breitenßen: In der Männer- wie in der Frauen- graden zu tun hat, auf denen wir und welt trieb sich Tobias Heyer mit Kamera
der Kreis Herford ganz sicher, Sie sich
und Block herum. Elena Perschin form- vielleicht bewegen. te, gestaltete daraus, was das 52 8 mit
Frage Nummer zwei beantworten wir
ausmacht. Ein Magazin also jenseits des
irgendwo im Heft. Es geht dabei um
Mainstreams. Bildlich, textlich, gestal- die Finanzierung. Nie hätten wir uns terisch gesehen.
vorstellen können, dass sich so viele
Und auch für diese Ausgabe gilt: Jedes
Gedanken um unsere Finanzsituation
Bild, das Sie hier sehen, jede Zeile, die
machen. Und können nur antworten:
Sie hier lesen, stammt von uns. Mit
Machen Sie sich keine Sorgen. Nicht um
einer winzigen Ausnahme: Die bei- uns, nicht um unsere Konto. Genießen den bugatti-Modebilder wurden uns
Sie einfach unser Heft.
Wenn Sie auch einmal drin sein möchten, in unserem Magazin, dann schreiben Sie uns. Unter info@528-magazin.de sind wir erreichbar. Mal schreibt ein Mann, mal eine Frau zurück.
Impressum Herausgeber: hoch5 GmbH & Co. KG in Kooperation mit Initiative Wirtschaftsstandort Kreis Herford e.V und widufix – aktiv für Unternehmen im Kreis Herford V.i.S.d.P.: Tobias Heyer Konzept, Redaktion, Art Direction, alle Fotos und Texte: Druck: Heidenreich Print GmbH, Bünde Auflage: 2.000 Stück
Anzeigengestaltung www.hoch5.com
hoch5 GmbH & Co. KG, Bünde www.hoch5.com