HOCHFÜNF no. 2

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12/2012

no 2

NK O S T ES LO

DER TRICK? 28

STICH MICH. BEREITE MIR SCHMERZEN.

Sie liebt mich nicht. Er liebt mich nicht. Beides wird sich ändern. 14

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MUSCHALLE: SCHNELL. ANS UND AM KLAVIER.

IST DER FILM. UND DIE BEWEGUNG IN IHM. ALS TRICKFILM.

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DIE TRÄUME FLIEGEN HOCH. UND WEIT. DER TRÄUMER ABER BLEIBT AM BODEN.

EIN BLICK, SPRÜHEN ODER RENNEN? EINE ENTSCHEIDUNG: 22

VOM ZEPPELINFLIEGEN.

KEIN GRÜN. KEIN LOCH. DAFÜR ABER: ZWEI SCHLÄGER, ZWEI BÄLLE. ZWEI CROSSGOLFER. REICHT DOCH. 40

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DIE HEIMAT VIELE KILOMETER WEIT WEG. DAS HERZ POCHT IN BIELEFELD. UND SCHLÄGT FÜR DAS ERZGEBIRGE.

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Ja sicher,

Ihre Wunschliste ist schon pickepacke voll. Aber die guten,

HAUSKONZERT FÜR NACHBARS OHREN. 12

KUNSTVEREIN: EIN DIAGRAMM. ALS KUNST. EIN DIAGRAMM.

PLAN B: KÜCHE ZU. KNEIPE AUF.

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UND TRÄUMT. 4

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die richtigen und

wichtigen Dinge? Stehen da nicht. Sondern hier. 20

GROSSE KLAPPE,

VIEL DAHINTER.


Die Festtage? Sind für Sie noch Die lange nicht Festim Blick – oder? tage? Erst einmal Sind für

weiterhin den Sie noch

eigenen Pulsnicht ignorielange

ren, den Druck erhöhen.

im Blick – oder?

Muss ja noch so viel fertig

Erst einmal

werden. Vor allen Dingen Sie

weiterhin den

selbst. Dann der freie Fall.

eigenen Puls ignorie-

In ein Fest, in einen Jah-

ren, den Druck erhöhen.

reswechsel. In die große leere.

Muss ja noch so viel fertig

Normal? Ist das vielleicht. Für Sie.

werden. Vor allen Sie Für uns schon lange nichtDingen mehr.Was

selbst. Dann der freie Fall.kann, auch für Sie bald normal werden

In Druck ein Fest, in einen Jahwenn Sie dem irgendwann

reswechsel. In die genießen große leere. entkommen, und wieder – ganz Ist das vielleicht. gleichNormal? ob vor, während oder nach Für demSie. JahresFür uns schon lange nicht mehr.Was wechsel. gern auch mittendrin auch für Sie bald normal werden kann, im jahr. wenn Sie dem Druck irgendwann

entkommen, und wieder genießen – ganz

2013 kann sich ihr puls normalisieren, der druck verringern. kommen sie ins blocktraining.

gleich ob vor, während oder nach dem Jahres-

wechsel.

gern auch mittendrin im jahr.

HOHENBRUNNER AKADEMIE

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Fortsetzungen?

Langweilen. Wiederholungen gar?

Ganz schrecklich. Dies hier, das ist unsere Nummer zwei. Unsere neue Nummer eins.

Wir h a be n u ns e r s t g a r nich t die M 端 h e g e M ach t, ausg a be z W ei Wie ausg a be eins ausse h e n zu l a sse n. auch in die se M h e f t gilt: a l l e s n eu. a l l e s se l bs tg e M ach t. v e rg l eich ba r Mit M it nich t s.

O de r, v ie l be sse r:

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Er hat einmal vor einem gestanden, ganz nah. Hat raufgeschaut zu dem großen Luftschiff, sich vorgestellt, wie das wohl so ist, mit dem Mitfahren. In der Tasche den Gutschein, runtergereist ist er bis nach Friedrichshafen. Sich den einen, den wichtigen Wunsch zu erfüllen. Einmal abzuheben, im Bauch zu fühlen, wie das so ist, mit dem Mitfahren. Aber erst streikte das Wetter. Dann das Luftschiff. Dann kam die Rückfahrt. War nichts, mit dem Mitfahren.

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Zwei Jahre ist das her, da kam der Norbert seinem Traum ein gutes Stück näher. Und doch nicht nah genug. Ausgeträumt ist der Traum längst nicht. Irgendwann hebt er schon ab. Bis dahin klebt er. Am Boden. Und seine Modelle. Meist Kartonmodelle von Zeppelinen, von ihm irgendwo im Netz, auf Messen, in Katalogen gefunden, von ihm selber konstruiert, verlegt, rausgebracht. Wer sein kleines Geschäft betritt, der staunt. Über die Modelle, die unter der Decke hängen. Die sich ein ganz klein wenig, ganz sacht bewegen, wenn die Tür aufschwingt. Selten genug, dass sie das tue, aber bitte, man schlage sich durch, man wolle sich nicht beklagen. Geht schon irgendwie. Dabei ist der Norbert nicht nur Ladenbesitzer, nicht nur Zeppelinkenner. Aber der Reihe nach. Schon als Kind haben ihn die Luftschiffe begeistert, hat er gelesen, angeschaut, inhaliert, wie sie sich bewegen, abheben, aus der Welt komplett verschwanden. Und dann – Jahrzehnte später – plötzlich wieder am Himmel auftauchten. Mit so verrückten Ideen wie dem Cargolifter. Bei dem wir Zeppelinkenner wussten: das kann nicht gut gehen. Und die Konstrukteure, die Investoren es besser wussten. Riesige Hallen vor den Toren Berlin bauten. Erzählt der Norbert. Der stand mal drin in so einer Halle. Und staunte. Und wusste: funktionieren kann das nicht. Und tat es auch nicht. Denn wenn ein Luftschiff Lasten transportieren will, dann jagt es nach oben, sehr weit oben, unkontrollierbar oben, wenn es ablädt. So einfach ist das. Und so unmöglich. Wenn die Sprache auf Zeppeline kommt, dann schaut der Norbert nach oben. Unter die Decke. Schaut hoch zu den Modellen, die mal viele Jahre alt sind, dann eben gebaut wurden. Könnte ein Material passender sein als Karton? Federleicht, gut vorstellbar, dass es wirklich in die Luft steigt? Wer zu Norbert kommt, der hat entweder sein Kind dabei und will Papiertiger basteln, aus einem Bogen dünner Pappe

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ein Feuerwehrauto, ein Flugzeug basteln. Es komme wieder in Mode, sich nicht nur mit den virtuellen, sondern auch mit den reellen Dingen zu beschäftigen, sagt der Norbert dann. Und freut sich. Natürlich. Dabei ist er schon lange angekommen in der virtuellen Welt. Hat 1999 seinen Internetshop eröffnet, hat so seine Modellbaubögenmodelle in alle Welt verkauft. Kenner schauen bei ihm mal im Geschäft, dann im Internetshop vorbei. Die, die wissen, dass es auch mal sieben Jahre dauern kann, ehe aus vielen Kriegsschiffbögen ein Kriegsschiffmodell wird. Aber Schiffe? Sind für Norbert nur etwas zum Hinstellen. Bei den Luftschiffen ist das anders, da jucke es in den Fingern, zum Messer, zur Schere, zum Kleber zu greifen. Aber bitte nicht zum Klebestift, komplett ungeeignet, das Falscheste, was sich tun ließe, um aus einem Bogen Papier ein Modell entstehen zu lassen. Dann doch lieber den klassischen Alleskleber in der gelben, flinken Flasche. Was es noch braucht? Geduld wäre nicht schlecht. Geschick auch. Und Zeit. Und Fantasie. Um sich nachher reinzusetzen in so ein Luftschiff. In Gedanken. Und mitzufahren. Auch in Gedanken. Heißluftballone steigen im Geschäft von Norbert an die Decke, ein Flugzeug landet im Schaufenster, neben ihm das Hermannsdenkmal. Das sollte eigentlich fertig werden, vor zwei Jahren, als das echte Denkmal runden Geburtstag feierte. Und ist es auch, sonst stünde es ja nicht im kleinen Schaufenster. Aber so richtig fertig, also verkaufsfertig ist es dann immer noch. Ist halt noch nicht fertig. Die Bedienungsanleitung zum Modell. Kleine und große private Katastrophen seien dazwischen gekommen. Ist halt so. Katastrophen halten sich an keinen Zeitplan, an keinen runden Geburtstag. Und erst recht nicht an Bedienungsanleitungen. Irgendwann aber wird er es verlegen. Drucken lassen. In einer Auflage, höher als die üblichen tausend. Eile aber?

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Ach, nicht das Ding von Norbert. Der hat genug gemacht, genug erlebt. Hat als freier Künstler gearbeitet – und tut es noch heute. Hat an der FH für Gestaltung angefangen zu studieren, und da musstest du dich entscheiden, Grafik oder Foto. Und dann halt Foto. Ist so diplomierter Fotodesigner geworden, hat als Pressefotograf gearbeitet, war bei der Hochzeit von Nino de Angelo als Knipser dabei. Aber bitte? Hat die Hochzeit gehalten? Nein. Na bitte. Dann doch lieber Vieher bauen, riesig groß, zottelig, traurig dreinschauend. Macht er nur für Freunde. Freundinnen. Und für sich. Tier Wolfgang, Gattung: ein Etwas, steht vorne, da, wo Büro und Verkaufsraum voneinander getrennt sind. Und die Doppeltür doch immer offen steht. Da, wo sich die Zeppelinbücher hinter dem Norbert stapeln, da, wo noch viele Bögen darauf warten, gebastelt zu werden. Aber das hat Zeit. Werden ja nicht schlecht, solche Bögen. Für ihn. Für andere schon. Als er noch nebenan seinen Laden hatte, da war der Briefkasten ein breiter. Da haben ihm manchmal irgendwelche Leute ungebastelte Bögen in den Schlitz gesteckt. Wie eine Babyklappe. Für Bastelbögen. Einige hat er verkauft, einige gebaut, einige weggelegt. Gut weggelegt. So wie den Traum vom Mitfahren. Aber der wird wieder hervorgeholt. Na sicher. Irgendwann wird er nicht nur vor einem Zeppelin stehen. Sondern auch einsteigen. Wird das Wetter stimmen. Das Luftschiff nicht kaputt gehen, sondern langsam aufsteigen. Wenn er dann wieder Zuhause, in der Geschäft-Büro-Wohnung ist? Dann konstruiert er weiter. Probiert aus, nutzt den Computer, um sich errechnen zu lassen, wie aus einigen Blättern Karton etwas so Filigranes wie ein Luftschiffmodell werden kann.

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Was das Schwierigste ist beim Konstruieren? Sich vorzustellen, wie etwas ist, was man eigentlich noch gar nicht weiĂ&#x;, nicht gesehen, nicht ausprobiert hat. Aber damit? Damit hat der Norbert kein Problem.

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SCHAU! EIN BILD. Schaubilder erinnern die meisten von uns an ihren

Thiel, als wir mit ihm von Kunstwerk zu Kunstwerk

überstülpen, sich vor ein riesiges Diagramm setzen,

Schulunterricht. Politik, siebte Stunde, erst einmal

gehen, dass unsere Welt eine immer digitalere wird.

in dem die Striche, die Kästchen und Buchstaben

ein paar Diagramme als Folie an der Wand per Over-

Und mit ihr natürlich auch die Zahl der Daten ex-

irgendwann zu tanzen beginnen. Sich aus ihnen

head-Projektor auftauchen lassen und dann bitte

ponentiell wächst, die sich um uns rankt, auf uns

ein ganz neues Bild ergibt. Eines, das eben nicht

schön, erklären Sie!

drückt, uns emporhebt. Wie dieser Datenflut am

den strengen Formeln der Mathematik folgt. Son-

Wer durch die Tore der Mauer schlüpft, die das

besten Herr werden? Indem man Schaubilder draus

dern denen der Kreativität, der Kunst. Es ist eine

Gebäude des Kunstvereins umschließen wie eine

macht, Diagramme mit Daten füllt und sie so bän-

gewagte Ausstellung, sicher. Aber wenn Kunst et-

Burg, der erwartet vieles. Aber ganz sicher nicht,

digt, in Form bringt, verständlicher macht. Vorbei

was in sich tragen sollte, dann das Überraschende,

dass er hier noch an seinen Schulunterricht er-

die Zeiten, in denen ein schlichtes Tortendiagramm

das so nicht Erwartbare. Längst reduzieren sich die

innert wird. Wobei das Déjà-vu nur ein sehr kur-

die halbe Welt erklärt – heute muss die Veranschau-

zehn Künstler nicht auf den rein visuellen Eindruck.

zes ist. Denn der Titel der aktuellen Ausstellung

lichung von Daten, Fakten und Zahlen kunstvoller

Es geht tiefer. Intensiver. Nicht nur, um Daten zu

lautet zwar Schaubilder und es gibt auch solche

aussehen, bunter, strenger, gradliniger daherkom-

bündeln, Zahlen und deren Bedeutung besser zu

zu sehen. Aber an die Tafel, erklären, muss hier

men. Wie das aussehen kann, sehen wir jeden Tag

vermitteln. Sondern vielmehr um den Prozess der

niemand. Thomas Thiel, der künstlerische Leiter

in den Nachrichtensendungen. Wie das aussehen

Erkenntnisgewinnung. Klingt kompliziert? Stimmt.

des Bielefelder Kunstvereins tut es dann aber

könnte, sehen wir noch bis zum 27. Januar in der

Ist es aber nicht. Einfach hingehen und nicht daran

doch. Er nimmt uns mit auf eine Rundreise, vorbei

Ausstellung des Bielefelder Kunstvereins. Alpine

denken, was da gerade in einem Diagramm visua-

an all den Kunstwerken, die von Ruth Buchanan,

Berge recken sich hier zackengleich auf Fotogra-

lisiert wird. Sondern wie. Denn ein Schaubild ist

Gerhard Dirmoser, Philipp Hamann, Nikolaus Gan-

fien in die Höhe – digital verschmolzen bilden hier

am Ende, rein wörtlich betrachtet, ein Bild, das es anzuschauen lohnt.

sterer, Luis Jacob, Eva Kotátková, Michael Najjar,

echte Aktienkurse und ebensolche Bergketten die

Alexandre Singh, Marcus Steinweg und Jorinde

visuelle Verbindung zweier Elemente, die inhaltlich

Voigt stammen. Mal sind das monumentale Werke,

weit voneinander entfernt liegen. Und sich optisch

selbst Schaubilder, deren Inhalt aber keiner ist, der

doch so nah sind.

SCHAUBILDER

einer statistischen Auswertung standhielte. Dann

Natürlich braucht es ein wenig, ehe aus einem

10. NOVEMBER 2012 – 27. JANUAR 2013

wieder sind es ganze Installationen, Filme, Gedan-

Diagramm ein Kunstwerk wird. Oder das Gegen-

Bielefelder Kunstverein

kenspiele, die hier zu Papier gebracht, per Monitor

teil davon geschieht. Man sollte sich einfach dar-

im Waldhof, Welle 61, 33602 Bielefeld

gezeigt werden. Nun ist es ja so, erzählt der Herr

auf einlassen, rät Thomas Thiel. Sich die Kopfhörer

www.bielefelder-kunstverein.de

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Wenn man so in der Wohnung von Peter Krudup steht, kann man sich gut vorstellen, wie er hier die Sofas zur Seite geschoben, den Schreibtisch weggestellt hat. Wie in dem loftartigen Raum plÜtzlich viel Platz war. Den die einnahmen, die einem ganz besondern Konzert beiwohnen wollten. Spontan seien diese Hausmusikabende. Ebenso wie die Hinterho�onzerte.

HAUSMUSIK

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Dabei ist Peter Krudup kein Profimusiker. Allerdings auch kein Laie, er ist eher etwas dazwischen. Tagsüber lehrt er Musik an einer Realschule in Lage, in der Freizeit nimmt er Gesangsunterricht, singt mit drei weiteren Sängerinnen in der Formation „Klassik im Hinterhof“, spielt, singt auch im Mobilen Theater in der Feilenstraße mit. Dabei ist der 51-Jährige, was die Musik angeht, eigentlich ein Spätstarter. Gut, als Zehnjähriger begann er schon mit dem Klavierspiel. Dann aber ereilte ihn eine kleine Krise, schrieb er sich für Englisch und Geschichte auf Lehramt an der Uni ein und brauchte zwei Jahre, um zu merken, dass da doch etwas fehlte in seinem Leben. Dass er ohne Musik nicht – klingt dramatisch, trifft es aber wohl – leben wollte. Also schnell Englisch ab-, Musik dazu gewählt und damit zurück in die Spur gefunden. Seitdem singt Peter Krudup. Jetzt gerade in seiner Loftwohnung. Steht er erst neben seinem Klavier, überlegt kurz, was er denn singen könne. Und legt dann los. Schmettert die Töne, die Worte an die eingezogene Backsteinmauer, spaziert beim Singen durch die Wohnung. Das ganze Haus hört zu, da ist er sich sicher. Bei all seinen Proben, beim täglichen Üben. Aber beschwert habe sich noch niemand, so schlecht könne das alles also nicht sein. Sagt Peter Krudup. Und lacht. Dabei sind es eher ungewöhnliche, für junge Ohren unbekannte Lieder, die er singt. Mal Operette, dann Moritaten, die es ihm angetan haben. Auch Musicals, alte deutsche Schlager bilden das Reper-

KLASSIK IM HINTERHOF

toire der Formation „Klassik im Hin-

Adventskonzert

terhof“, die mal spontan auftritt,

Ev. Reformierte Kirche in Lieme (Lemgo)

dann zum Konzert lädt, dann wie-

16.Dezember, 18 Uhr

derum einfach zu buchen ist. Wann sie wirklich wieder einen Hinterhof bespielen werden? Schwer zu sagen. Da musst du ja auch Glück mit dem Wetter haben. So wie vergangenes Jahr. Irgendwann im Spätsommer soll es wieder soweit sein. Bis dahin steht das Einüben neuer Programme an, trifft sich Peter Krudup mit seinen Mitsängerinnen, übt, singt, einfach am Klavier begleitet, drauf los. Was dann entsteht? Lässt sich schlecht beschreiben. Also hören Sie selbst. Wenn schon nicht im Wohnzimmer von Peter Krudup, dann doch wenigstens in einer Location mit ähnlicher Atmosphäre. ///

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ieles. en. Ic ch Märch Das glaub i h glaube ja c aus de enprinz, zeig h nicht. Los r Ecke t ! Ich w Dich. Raus ill Dic h. Jetz t.

RAUCH

Suche M

Vorsicht

Und ver

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7

itrauche

! Ich kla

liere es.

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cherhau

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rzeug. D ir d ie e. Und r letzte auche sie den Atem . Ich rau be Dir . Und ge b ihn nic ht mehr her. Zigarett

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ERIN, 2

Ich klaue


Dir iche in e r e h .M , . Ic rg uer iege ne, erin lensbu e r fl t h h h nfa n F ns S t, ic ich wo Ren nkte i ten ht a e nich , c i t i n drit Pu hr m bre a ich i f 11 d D n h der re lass . Ic wie ot u Fah e r h . h t c o t ü ü I r is zt Aut zu f urt Kot e im hoch, ? tsg i f die a e l h ren t sch her fah spä h u c z u i Sic t z i e, hm alte leb Dic sch ich u , n D t ga aus Gan ICH, 44, . Tr r e t run WALDORFSCHUL-LEHRERIN, 29,

suche Dich. Um gemeinsam selbst geschrotetes Müsli zu frühstücken. Mit dem Rad zum Markt zu fahren, zu stricken, batiken, Makramee-Eulen zu basteln. Und über all das zu lachen. Wenn wir mit Deinem Porsche in die Toscana brausen.

r tende(55) er (bis 40) h c i D fahrer schwest h der c n i Taxt sucht Krankbeenstraum: NNaachsicht.

h in Le t mit ts unterschic t. Me htschich acht h ch N ic h it m tsc h. Na Nachten Nac h ü . r c h F a ic r N – d e it d e h it m in m ? l ic ­end über ht ho , Gold . Schicht s h ic g ü h a c t S eM du eks ächt mst en K Der N orgens d nde. Träu h auf! ä ,m dlic ene W wach en wegs ig e e– Dann wend

Trödelhändler, 64,

TER, 52 wenig Haar, viel Bauch WEITGEREIS – r los eh m ie N n. de er w Sa ft mm ha le alt ss e se Te ekanne und Will en. sepass verbrenn ei au R sge die en D nt e n. Fl ipper-Autose müs ub im rla U n. be ra ma rg ten . Will mit Dir von Den Koffer ve ie mehr Flohmarkt N n. he ac m n zu Flohmarkt eigenen Garte n. ge ie fl eg rei w sen s . al Ich m verkaufe das losfahren. Nie . ir D ei B Grobe, Du vertickst das a bleiben. Hier bleiben. D

Astronaut, promoviert, Dipl.-Ing., 38 Jahre

Feine. Ich zähle Kleingel d, Du die Scheine. Wir geh en erst, wenn der Tisch lee r, die Kasse voll ist.

Was bringe ich dir mit? Von der Reise zu Mond und Mars? Mitnehmen darf ich dich ja nicht. Mitbringen kann ich dir ja nichts. Von da oben. Aber kennst du jemanden, der näher dran war, dir einen Stern zu pflücken? Dir den Himmel zu schenken? Deine Wünsche bis zum Mond zu tragen? Dich zu lieben, von hier bis zum Mars?

CKE, gramm. und O L F EE en Kilo SCHN e, 1,80, 69 r nicht. Eck hin r a a 39 Jah ? Bin ich g ar nicht. D Bei Dir. . g lt Eiska ? Hab ich ich gerne en. Und e n eg d e Kant lzen? Wür e Arme fli it Dir. e in M schm anft in De s werden. s n Ganz ngsam ei la dann

Langweiler,47 Jahre,für kaum etwas zu gebrauchen Ich

GEWONNEN.

bohre in der Nase, ja. Ich schlafe im Stehen ein, sicher. Meine Schuhe? Kannst du gerne zubinden, wenn ich denke, dass ich renne. Und mich doch nur im Schneckentempo fortbewege. Schiebst du mich an? Machst du mir Feuer unterm Hintern? Schwingst du die Peitsche? Ja? Dann melde dich bloß nicht. Ich will weiter vor mich hin dämmern. Mit dir.

24, , n i t s i r Flo re, a a H e braun umen r a D r e grün ehr Blumen nu

icht m . Ich will nr andere binden sende s ü f ie pa t mehr d bte finden. h ic n l il W r Verlie Blume fül mir nicht mehrstechen. Ich wil die Hände zer Rosen mehr an roten Mir keine Nelke cken. floch ste Hand. ins Knop nschere aus der che, Dich su ie Blume Ich leg d schreib, dass ich d. an Und an jede Wn Strauß? hste Den näc e ich von dir. Bekomm? Bekommst du rz Mein He henkt von mir. c ges

Wir haben nicht zu hoffen gewagt. Bei so einer Konkurrenz. Gegen die Macher der digitalen Kunden-Magazine von Land Rover, von Jaguar und Mercedes-Benz. AM ENDE? HABEN WIR GEWONNEN. Ein „Highly Commended“ und Platz zwei bei dem wohl größten internationalen App-Wettbewerb, dem Digital Magazine Award in London. Die Firma hoch5 next GmbH & Co. KG gründeten wir im Sommer. Unsere Apps laufen längst im Apple App-Store, bei Google Play. So etwas nennt man nicht Früh-, sondern Schnellstart. Längst kümmern wir uns nicht nur um eMagazine, sondern um die Erstellung von Apps jeglicher Art. UND DAS AUCH GERNE FÜR SIE.

BRENN MIT MIR DURCH! 66jähriger Schwarzbrenner (Schnaps, Filme, Scheunen), ständig auf der Flucht, sucht unbrennbares Zuhause irgendwo in einem Land, das nicht ausliefert. Du solltest ein scharfes Flämmchen sein, Hitze aushalten und einen guten Feuertopf kochen können, vor allem aber Nichtraucherin sein. Wenn du Feuerwehren und -löscher fürchtest wie der Teufel das Löschwasser, brenne ich jetzt schon für dich. 15 von 48

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EINS VORWEG: MAN MUSS DAS NICHT GUT FINDEN. SONDERN KANN SICH AUCH GUT DARÜBER ÄRGERN. ÜBER DAS, WAS FÜR DIE EINEN KUNST, DIE ANDEREN SCHMIEREREI IST. ABER ES IST NUN MAL DA, DAS GRAFFITI. UND DANN SOLLTE MAN AUCH DARÜBER REDEN.

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Einer, der darüber redet, ist Phret. Von Beruf Lehrer, früher häufig illegaler, jetzt noch manchmal legaler Sprayer. Einer, der heute noch manches Mal dafür sorgt, dass junge Menschen erlaubterweise auf dafür freigegebenen Wänden sprayen dürfen. Auch wenn das gerade in Bielefeld nahezu unmöglich ist. Da musst du schon raus nach Werther, rüber nach Gütersloh fahren. Da bekommst du die Möglichkeit, dich an eine öffentliche Wand zu stellen und loszulegen. Hier aber? Bleibt nur der andere, der illegale Weg. Den hat Phret früher selber beschritten, hat irgendwann mit dem ersten Strich angefangen, und irgendwie hat das fasziniert, der Umgang mit den Spraydosen, das sich künst-

Andere hat es da ganz anders getroffen. Einen von denen,

lerisch austoben können – bis

die gleich eine Strafe in siebenstelliger Höhe kassierten,

heute. Vier, fünf Mal die Woche

treffen wir in der Innenstadt. Und müssen sofort alles

ist er losgezogen, anfangs noch

vergessen, was man so an Vorurteilen mit sich rumträgt.

Sprühdose im Rucksack, Angst im

Nein, er hat keine langen Haare. Und nein, er trägt auch

Nacken, später dann das ruhige

keinen Parka, wirkt nicht so, als sei er das Rennen, das

Beobachten, das Abschätzen der

Hetzen gewohnt. Er ist kein nervöser Typ, keiner, den man

Situation, des Risikos. Und dann:

erkennen würde als einen, der sprayt. Nicht auf den ers-

sprühen und laufen. Aber: alles

ten, nicht auf den zweiten Blick. 1988 hat er seine aller-

lange her. Dass er Häuserwände

ersten Gehversuche im Graffitibereich gewagt, 1993 dann

besprüht, dass er ganze Züge in

richtig angefangen – und das bis heute. Dabei sprüht er

seinen Augen verschönert hat.

seit 20 Jahren immer wieder die gleichen drei Buchstaben.

Gefasst haben sie ihn, wie fast

Ein S, ein I und ein L. Nie etwas anderes, kein Bild, keinen

alle. 2.500 Mark musste er zahlen,

Schriftzug, keine Message. Denkt der Laie. Während er

an die Bahn und als Strafe. Damit

mit dem, den wir der Einfachheit und Sicherheit halber

ist er noch gut weil günstig davon

SIL nennen, durch die Stadt zieht. Vorbei an besprühten

gekommen.

Häuserfassaden, an denen sich SIL abwendet. Anfänger, Nichtskönner, solche, die noch üben müssten. Lange, sehr lange. Phret schlendert auch mit, erzählt, dass er nur noch selten eine Sprühdose in die Hand nähme. Lieber sorgte er dafür, dass doch ein Parkhausbesitzer Wände freigegeben hat, dass anderswo Raum entsteht, der bemalt werden darf. Wie lange so ein Kunstwerk hält? Schwer zu sagen. Es gebe natürlich den Respekt, das Wissen der Sprayer, dass nur der übermalen darf, der es besser kann. So hält ein Graffiti mal nur ein paar Tage, dann viele Monate. Für Geld aber, als Auftragsarbeit? Hätte Phret nie gesprüht.

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Und würde es SIL auch heute nicht tun. Kunst? Ist doch so nicht zu bezahlen. Was soll denn der Wert sein? Der der Sprühdosen? Die immer besser werden, mit denen es immer leichter wird zu sprayen. Die Farbe hält besser, lässt sich besser verteilen. Und erinnert so länger an den, der mal hier war. Wer mit SIL durch die Straßen spaziert, der erfährt, dass viele bekannte, auch internationale Sprayer hier in Bielefeld vorbei gekommen sind. Er entziffert die Schriftzüge, erzählt, wer sich dahinter verbirgt, wer gerade einen Buchstaben seiner Kennung verändert hat, damit ihm nichts oder nur wenig nachgewiesen werden kann. SIL hat

An der freigegebenen Wand zeichnet er die drei Buchstaben mit der

auch Züge gemacht, wie er das nennt. Lange,

Dose. Hat im Laufe der Zeit den Schriftzug immer weiter verfeinert,

ausgiebig, intensiv. Man muss das nicht verste-

hat nie darüber nachgedacht, das Motiv zu ändern. Das hier, die drei

hen. Und ich weiß, dass das für viele Menschen

Buchstaben? Das ist doch er.

schwer zu verstehen ist. Aber im Sommer, wenn

Bei Phret waren die Malereien schon damals viel gegenständlicher,

mich eine tiefe Depression packte, dann bin ich

viel bunter. Wir waren unserer Zeit wohl ein wenig voraus. Selbst

sprayen gegangen. Und plötzlich war der Kopf

während des Referendariats in Saarbrücken hat er noch gesprayt.

wieder frei. Über den HipHop ist er zum Graffi-

Aber wenn da plötzlich

ti gekommen, bezeichnet sich noch heute als

neben dir an der Wand

freischaffend, als einer, der Projekte anschie-

einer auch die Dose aus

ben und Wände sprayen geht. Züge, das war

der Tasche holt und

damals wie heute die Königsdisziplin, riesig in

du nen Freund eines

der Fläche, gut bewacht und den Sprayer dann

Schülers von dir wieder

doch oder gerade deshalb magisch anziehend.

erkennst, dann wird es

Als er im Gerichtssaal saß, war die Akte neben

Zeit, sich ernsthaft Ge-

ihm viele hundert Seiten dick. 1,5 Millionen Mark

danken zu machen. Sagt

forderte damals die Bahn, aber die Beweislage

Phret. Und hat das eige-

war eine dünne und die bahneigene Dokumenta-

ne Sprayen dann stark

tion dazu noch eine löchrige. Am Ende mussten

eingedämmt. Leicht

alle mit den Schultern zucken, die Bahn, weil

gefallen? Sei ihm das

sie nichts beweisen, der Staatsanwalt, weil er

nicht. Aber das sich Küm-

niemanden anklagen konnte. Und SIL, weil er

mern um offizielle, sprich

sich nicht als einen sieht, der andere schädigt.

legale Projekte hat dann

Sicher, er könne die Hausbesitzer verstehen,

doch geholfen. Die beiden, Phret und SIL, können so gut durch die

die sich ärgerten. Und, ebenso sicher, es gebe

Straßen gehen. Der eine hat die illegale Sprayerkarriere hinter sich,

auch ein Graffiti-Niveau, das an einer Hauswand

der andere ist noch mittendrin. Und was heißt schon mittendrin, ein

nichts verloren habe. Aber wenn der Nachwuchs

Ende ist nicht abzusehen. Dabei sei das Maß dessen, was juristisch

nun mal nicht üben könne, dann entstehe halt

zu verkraften ist, längst voll. Aber die Spraydose loslassen? Ach was.

so etwas. In Berlin, da sei das ganz anders. Da

Dazu ist er viel zu sehr im Fluss, eins mit der Dose, wenn er sprüht.

bezahlst du die Reinigung und weiter geht es.

Oder malt, wie er das nennt. Es sei die spontanste Art, sich künstle-

Keine Aufregung, kein Aufheben. Hier aber? Bist

risch zu betätigen. Keine Zeit, groß innezuhalten, sich zu sammeln.

du gleich kriminell.

Sondern vor der Wand stehen, zack, die Dose rausholen, ein sichern-

Man muss die Welt von SIL nicht auf Anhieb

der Rund-um-Blick und dann malen, wenige Sekunden, vielleicht eine

verstehen. Aber es tut ganz gut, sich diese Sicht-

Minute und dann weg, bloß weg.

weise der Dinge mal anzuhören. Selbst einer wie

Man müsse das nicht verstehen. Aber man könne so richtig auch nicht

er fährt nach Werther, nach Gütersloh. Er sprühe

mitreden, wenn man das alles nicht erlebt hat. Sind sich die beiden ei-

ja im normalen Sprayeralltag nicht illegal, weil

nig. Verstehen können sie die, die sich darüber ärgern, allemal. Davon

es illegal ist. Sondern weil es einfach keine Al-

lassen aber? Können sie auch nicht. Und so sprayt der eine weiter.

ternative gebe.

Nur drei Buchstaben. Die aber immer wieder. ///

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BEVOR ES RICHTIG LOSGEHT, EIN PAAR PERSÖNLICHE DINGE VORWEG: AUF UNSEREM FLENSBURGER KONTO GLÄNZT EINE SCHWARZE NULL. NOCH. Und: Auch wenn es unser privat genutztes Auto hergibt: schneller als mit 200 Stundenkilometern sind wir mit ihm noch nie unterwegs gewesen. Auch unser Motorrad – noch deutlich schneller zu bewegen – besitzt einen nahezu jungfräulichen sechsten Gang und hier wurde noch nicht mal die 180 auf dem Tacho angekratzt. Soll also heißen: Wir machen uns nichts aus Geschwindigkeit, zumindest nicht viel. Null auf hundert? Auch keine echte Herausforderung. Und über die Landstraße im Autobahntempo rasen? Kein Gedanke, den wir daran verschwenden. Wir sind also eine Temposchnecke, ein Geschwindkeitsrauschverweigerer, ein Handbremsenzieher.

ABER ALL DAS SOLL SICH AN DIESEM TAG ÄNDERN.

das Cockpit gefädelt haben. Der SLS ist nichts für Menschen mit Rückenproblemen. Wer bisher noch keinen echten Bandscheibenvorfall hatte, zu solchem aber neigt, sitzt, nein liegt hier genau richtig. Und ist auf dem besten Weg, in den OP geschoben zu werden. Auf Knopfdruck werden Körper und Sitz eins, den

Wobei der mit einer Enttäuschung anfängt. Wir

Startknopf gedrückt und der Tiger vor uns fängt

rollen bei Mercedes vor. Aber der Mercedes SLS

an zu donnern, zu brüllen, zu fauchen. Wir wol-

AMG? Nirgends zu sehen. Ist noch unterwegs.

len ganz langsam vom Hof rollen – der Verkäu-

Heißt es. Und meint: Da dreht jemand eine Extra-

fer schaut schließlich skeptisch hinterher –, wir

runde. Ist ihm das übel zu nehmen? Sicher nicht.

wollen gemütlich über die Landstraße bummeln,

Wir setzen uns also in die Sonne und schließen

dann ein wenig die Autobahn streicheln und uns

die Augen. Denn der Tipp des findigen Verkäufers

treiben lassen. Aber es gelingt einfach nicht.

war, nicht hinzuschauen. Man würde ihn schon

Einmal das Gaspedal touchiert, und der Stier ist

hören. Und man hört ihn. Es röhrt, es donnert,

freigelassen. Der, der vor uns werkelt. Und der,

wenn der SLS um die Ecke kommt. Und dazu muss

der in uns schlägt. Wir bügeln also vom Hof, het-

man ihn gar nicht antreiben, nicht mit ihm über

zen auf die Bundesstraße, überholen den Ers-

den Asphalt brettern. Er mag es auch langsam.

ten, den Zweiten, biegen auf die Autobahn und

Und belohnt mit Raubtiergebrüll bei Schrittge-

erreichen Werte auf dem Tacho, die wir bislang

schwindigkeit.

nur vom Hörensagen kannten. Adrenalin staut

Der junge Verkäufer möchte noch gerne erklä-

sich in unseren Adern, die Atmung setzt viel zu

ren, wie das Radio, die Klimaanlage, die Spiegel

häufig aus und das Wort Glückshormon bekommt

einzustellen seien. Ein anderes Mal vielleicht.

eine neue Bedeutung. Die Kiste – darf man so ein

Jetzt gibt es Wichtigeres zu tun. Also den roten

200.000- Auto nennen? – rennt, nein jagt, nein

Start-Stop-Knopf gedrückt, nachdem wir uns in

fliegt über die Bahn. All die Halbstarken in ihren

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Coupés drängen sich am rechten Fahrbahnrand

kommen, an dem der Lappen eingefordert und

gel. Gefühlt kommt der SLS hinter Osnabrück

und schauen gen Böschung. Nur nicht hinsehen,

nicht mehr zurückgegeben wird. Und er wird bald

wieder in passable, sprich vernunftgesteuerte

Desinteresse vortäuschen, nur nicht die Kräfte

kommen, darüber sollte sich jeder im Klaren sein,

Geschwindigkeitsbereiche. Kurz anbremsen,

messen. Die lassen sich beim Mercedes SLS in

der mit dem SLS liebäugelt. Die Zeit bis dahin ist

abbiegen und schon rollt der SLS wieder schne-

physikalisch korrekte Werte fassen: 571 PS, null

es aber allemal wert. Es fühlt sich im SLS an, als

ckengleich auf den Händler-Parkplatz. Und? Fragt

auf hundert in 3,8 Sekunden, Ende der Beschleu-

werde man von einem gigantischen Katapult über

der Verkäufer. Und nichts. Sagen wir. Was willst

nigung bei 317 km/h. Mit der gefühlten Wirklich-

den Asphalt geschossen, die Innereien werden

du zu so einem Auto sagen? Dass er eine Waffe,

keit haben diese Zahlen nichts zu tun. Und mit der

auf Zentimeterdicke zusammengedrückt und du

kein Fahrzeug ist? Zu abgedroschen. Dass er un-

Behörde, die in Flensburg und eigentlich um jede

trittst immer weiter. So muss sich das anfühlen,

glaublich begeistere? Seit wann untertreiben wir.

Ecke sitzt, auch nicht. Eine Kleinigkeit noch: All

fahren auf Droge. Im nüchternen Zustand.

Also geben wir den Schlüssel, den, den man nicht

das, was wir jetzt schreiben, werden wir, offiziell

Viele Kilometer später, das Hemd ist verschwitzt,

mehr irgendwo reinstecken, sondern nur noch in

gefragt, komplett verleugnen. Fällt also unter die

die Mundwinkel wollen nie mehr zurück in Nor-

der Tasche haben muss, ab, nicken, sagen höflich

künstlerische Freiheit, entsprungen unserer hüp-

malstellung, geht es zum Fototermin. Unsere

danke und steigen in unser 240PS-Auto. In die-

fenden Phantasie. Wir sind mit dem SLS schnell

Kollegin fährt, sonst mit einem betagten Golf

se lahme Schachtel, ernüchternd leise wie eine

gefahren, sehr schnell. So schnell, dass wir für

unterwegs und doch dessen wundervolle Per-

Elektroauto, hoch wie ein Erntefahrzeug, behäbig

Richtgeschwindigkeit, Temposchilder, 30er-Zo-

formance über den grünen Klee lobend, den SLS.

wie ein LKW mit Übergewicht. Alle Welt redet von

nen keine Augen, keinen Nerv hatten. Sie sind

Weigert sich erst ein wenig – zu groß, zu breit,

Entschleunigung. Wir erleben die gerade, noch

auch zum Lesen viel zu schnell an uns vorbei-

zu schnell – und steigt, nein, fällt dann doch ins

besoffen vom Geschwindigkeitsrausch eben, und

geschossen. Und wer einen Tacho herstellt, der

Wageninnere. Nur geradeaus, keine Kurven, keine

pfeifen auf’s Runterschalten.

nur 30, 60, 90 bis hoch zur 360 kennt, der trägt

schnellen Passagen, hat sie sich noch vorsichtig

Ein kleiner Nachtrag: Ein Fahrbericht ohne Ver-

eine gewisse Mitschuld an der Raserei. Wir sind

gewünscht. Dann diese wunderbaren Flügeltü-

brauchs- und Co2-Werte ist heutzutage ja kom-

mit 250 über die Autobahn geflogen, haben kurz

ren, zu denen man sich des Schließens wegen

plett unseriös. Und es ist uns noch nie passiert,

den Fuß vom Gas genommen und das Gefühl ge-

hochrecken muss, geschlossen, und ist ganz

dass wir uns nach einer Testfahrt nicht durch

spürt, wie sich unsere Zahnfüllungen plötzlich

sacht losgeruckelt. Es sollte auch für sie ein denk-

den Bordcomputer geklickt und den Gesamtver-

lockerten. Wir haben auf selbiges Pedal gedrückt

würdiger Tag werden. Am Ende dann das ewig

brauch angeschaut haben. Beim SLS? Haben wir

und unsere Nackenmuskulatur erinnert uns noch

gleiche Bild: dieses Grinsen im Gesicht, dieses

das komplett vergessen. Es wird wohl zweistel-

jetzt beim Schreiben an jenes unvorsichtige Han-

Ich-will-nie-wieder-aussteigen.

lig gewesen sein, so viel ist sicher. Alles andere:

deln. Wir haben uns also benommen wie die auto-

Es schwingt ein wenig Wehmut mit, als wir uns

graue Theorie. Nur eine letzte Gegenfrage: Waren

mobile Axt im Walde, wie, auch das muss man so

auf den Rückweg machen. Kurz noch mal auf die

Sie in Ihrer Jugend – ja, längst verjährt, na klar –

schreiben, eine echte Pistensau. Natürlich kann

Autobahn, hinter uns drängelt ein Audi, und bitte,

mal in Amsterdam, der Drogen, nicht der Grachten

man mit dem SLS auch bummeln. Aber man sollte

kann man netter zum ungleichen Duell aufgefor-

wegen? Und, haben Sie da auf die Preisschilder

das nicht tun. Es langweilt. Fahrer und Fahrzeug

dert werden? Muss man da nicht die automobi-

geschaut, drauf geachtet, in welchem Verhältnis

gleichermaßen. Sieht er nicht aus wie eine Rake-

len Muskeln spielen lassen? Der Spoiler fährt

Rausch und Kosten zueinander stehen? Haben

te, wie ein Spaceshuttle auf vier Rädern? Dann

automatisch aus, es macht vrrooooomm und der

Sie nicht. Und sollte man beim SLS auch nicht tun.

sollte man ihn auch so bewegen. Der Tag wird

Audi erscheint in Matchboxgröße im Innenspie-

Es kommt nichts Ernüchterndes dabei heraus. ///

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ein PLAN

K M

17.30. Die Kneipe, das Plan B, ist eigentlich noch zu. Ein zögerliches Klopfen an der schweren Eingangstür, und drinnen tut sich erst nichts, dann raschelt ein Schlüsselbund, ein paar Augenblicke später stehen wir vor Björn Müller. Ja, ich weiß, dass ich verdammt jung aus-

B

sehe. Sagt der für einen Wirt irgendwie

chen wird. Hier, in seiner ehemaligen

verwunderlich jung Aussehenden. Dabei

Stammkneipe, duzt er, wie er sagt, so

sei er 31, na bitte, da könne man jawohl

gut wie jeden gnadenlos. Und gemeint

schon mal Kneipenbesitzer sein. Es

sind nicht die Kollegen, sondern die,

gibt Afri Cola aus Flasche, es gäbe auch

die herkommen, um Getränke, Imbiss

jede Menge anderes an Getränken, die

und Atmosphäre zu genießen. Seit zwei

Auswahl sei, was ihn und seine Kneipe

Monaten also steht er auf der anderen

ausmache. Jetzt, kurz vor dem Aufschlie-

Seite der Theke, brauchte erst ein we-

ßen, ist es hier drin dunkel, sehr dunkel.

nig Bedenkzeit, als ihm sein Vorgänger

Nachher, da mache ich da hinten noch ein

eröffnete, dass er sich auf nach Hamburg

wenig Licht an. Sagt Björn Müller – aber

machen wollte. Der Musik wegen. Und an

so richtig hell wird es wohl auch dann

ihn gedacht hatte. Der Nachfolge wegen.

nicht, das hier, das sei halt eine Studen-

Aber wie häufig bekommst du so ein

ten-, eine Alternativenkneipe, da sei das

Angebot? Wie häufig kannst du einfach

schon ganz okay so. Okay ist auch, dass

die Seite wechseln, kannst einfach eben

Björn Müller nicht mehr vor, sondern

noch dein hingestelltes Bier trinken

hinter der Theke steht. Und das kam so: Nach der zehnten Klasse ist er weg von der Schule, rein in die Lehre gegangen. Hat Koch und damit spätes Aufstehen und vor allem spätes Zubettgehen gelernt. Ist von Bünde aus nach Bremen gezogen, dann weiter nach Bielefeld. Und hat irgendwann gemerkt, dass du als Koch in Ostwestfalen einer bist, der in der ein oder anderen Küche sogar von den Kollegen am Herd mit Sie angespro-

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->


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und jetzt selbst eines zapfen. Das dann,

auch nur in einer Kneipenküche. Eintopf

natürlich, an den Gast geht. Mit dem du,

macht er hier, kleine Imbisse, halt das,

ebenso natürlich, auch mal Einen trinkst.

was die, die herkommen, meist Studen-

Wenn er so erzählt, der Björn, wie das

ten, meist ohne dicke Portemonnaies,

so ist, plötzlich Pächter einer Kneipe zu

eben bezahlen wollen. Und können. Aber

sein, dann klingt das manches Mal immer

die Speisekarte wird wachsen. Pizza gibt

noch so, als wundere er sich selber. Als

es jetzt schon. Und mehr, irgendwann.

traute er den eigenen Worten nicht. Seit

Bis der Sommer da ist. Da wird es dann

zwei Monaten geht das jetzt so, einen Tag

spannend. Also mit dem Geschäft, mit der

Ruhetag, sonst in der Kneipe. So lange

Kneipe. Bleibt dann die Kundschaft? Gibt

bleiben, bis der letzte geht. Und dann viel-

ja jetzt nichts auszusetzen an den Be-

leicht noch bei den Kollegen vorbeischau-

suchs-, an den Umsatzzahlen. Oder wird

en, sind ja alles keine Konkurrenten, sind

sie weniger? Weil er ja keinen Biergarten

ja eher Freunde. Solche, bei denen man

zu bieten hat, zu eng an die Straße gebaut

mal vorbeischauen, was trinken, sich

ist das Plan B, lässt nicht zu, dass sich

drüber unterhalten kann. Wie das so ist,

irgendwo ein paar Tische und Stühle nach

mit dem Kneipenleben in Bielefeld. Zu-

draußen stellen lassen. Aber ehrlich? In

mindest mit dem seiner Heimatstadt sei

den ersten Tagen, als es mal nicht so voll

das nicht vergleichbar. In Bünde huschte

wurde, da hab ich auch gedacht, wenn

er mal ins Dolbi, sonst aber? Schwer, sich

das mal so nicht weiter-, sondern gutgeht.

abends die Zeit zu vertreiben. In Bielefeld

Und dann wurde es wieder voll. Voll gut.

wird die Auswahl immer größer und doch

Wer sich mit Björn Müller unterhält,

bleibt und wächst sein Stammpublikum.

der ist erstaunt über diese Leichtig-

Das aus denen besteht, die einmal die

keit. Wird schon klappen. Alles. Hat

Woche hier kickern. Oder sich hier zum

ja auch in den vergangenen Jahren

Tanzen treffen, auch mal einen Abend

sehr gut geklappt. Heiligabend macht

verbringen, an dem nur Vinylplatten auf-

er dicht, da fährt er nach Hause,

gelegt werden. Skeptisch sei er erst gewesen, ob das funktioniere. Erzählt der junge Wirt. Und überrascht ist er jetzt, wie gut das funktioniert. Zwei Servicekräfte helfen ihm nicht nur dann, aber eigentlich ist der Begriff an sich schon verkehrt, hier seien eigentlich alle Freunde, die vor wie die hinter der Theke. Denn wenn er eins gelernt hat in der Küche, dann, dass es nicht auf den einzelnen, sondern auf das Team ankomme. Und ja, das hört sich abgedroschen an. Und stimme doch. Für fünf Jahre hat er das Plan B jetzt gepachtet. Was danach kommt? Will er doch jetzt noch nicht gefragt werden. Bereut, dass er nicht in der Restaurantküche geblieben ist, hat er es bis jetzt noch keinen Tag. Er steht ja wieder in der Küche, wenn

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->


nach Bünde. Dann wieder nach der Feier

die Mucke etwas lauter aufdrehen,

zurück? Ach, lass mal. Dann lieber einen

dann darf getanzt, geraucht, ge-

der beiden Feiertage aufmachen, die rein-

trunken, gefeiert werden. Rein in

lassen, die feiern wollen, bei ihm. Silves-

ein Jahr 2013, das ruhig so werden

ter dann auch auf, aber nur für geladene

dürfe wie das letzte. Es scheint so,

Gäste. Geschlossene Gesellschaft hieß das

als rutsche Björn Müller gerade an

früher, also da, wo er noch als Koch arbei-

der Schokoladenseite seines Le-

tete. Heute nennt er es einfach privat und

bens runter. Wenn er ehrlich ist?

zu. Freunde kommen halt. Ist ja irgend-

Dann ist das hier gar nicht Plan B.

wie passend und spannend, ‘nen Freund

Sondern

zu haben, der Wirt ist. Dann wird er aus

PlanA

dem Raucherraum die Stühle raustragen,

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EISWÜRFEL GIN AND TITONIC Ja sich h ät t e er, der besse r au f p Kapitä assen n s n ich k t ge ge Aber b ö n n e n. Da n it te, de n de n Einsbe n r Ozea dazu w n ist g r r g ge d in z ig , oß, der on ne r da kan t E . isberg Im eig n man im Ver e ne n G s owa s g le las abe ic s c hon h r u h ig r? Kön m a l üb b e ge g nen sic e r s e he ne n – u h n T . ita n ic te r g e h nd d a n u nd Eis en. So n gem b nde r n e e r insa m g einfac www , nu n , h sch m . a rk t n icht u is .de e lz n e n . • ca . 8 € wä re e

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GOLD TO GO

Wenn Ihre Liebste wirklich schon alles hat, es aber plötzlich mal ganz schnell gehen muss mit dem Geschenk,

dann ist guter Rat teuer (!). An der nächsten Tankstelle bekommen Sie zwar heute Futter für den geliebten Vierbeiner, beim passenden Geschenk für die geliebte Daheimgebliebene aber wird es da schon eng. Nun gibt es auch hier Abhilfe. Sicher, das Ganze klingt so, als stünde dieser Gold-, nicht Geldautomat am Flughafen in Dubai und betuchte Scheichs würden hier gerne einmal ihre Münzsammlung auf Vordermann bringen. Aber, diese Idee hat längst die Provinz, auch die ostwestfälische erreicht. In Gütersloh etwa steht so ein Automat, in dem Goldbarren und Goldmünzen darauf warten, herausgezogen zu werden. Vorab muss aber– nein, keine Tonne Kleingeld –, sondern die möglichst kräftig aufgeladene Kreditkarte eingeführt werden. Dann aber plumpst der Goldbarren raus und Ihre Frau wird daheim ebenso strahlen wie er.

T D OL

e lt. ei ß m e on g uc h Bet n i re B e i e d w , an o r te te n als pu s te r ibt W m h e r c u h t re ic h n sc , als au f he r ch n Ma n ä i och r s n n e t D en ie g he n n au lass so l s te h ge ge, c s al r D ie s a i e b .W hn etben te c ßen zu s sta uc k s to n r l d m e h nz tu uf au c e ei n ic h en a o r te ? Si k c n W l u e e r d ie s a nd nn zu d beh . We Sie . 2 u d 5 z n 9 ei so on 1 r Ha de r n , pe bi n ne v me i n h e c h e c z u om s B hin n a r is ie asc be d er M ü m uzz n t i g . e tikf eu och hef s z i n n l le n r k e t r o n w l le not We e h k B c dan n m e e au d ie ei n Fa d das : All von s ic h s ie est f s s t a s a eh d, d . n, d n st wir ank re ie dan h , ei D t c s s n m t t n t o z ne .c Go et lin en. en j r f d r e r ü b d we ess c ht r ni rpr e e b t A et w. l ww

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TRICK 17

PORTA WESTFALICA LÜDENSCHEID WIEN BONN PETERSHAGEN BERLIN


D

Der Händedruck ist ein farbenfroher. Oh, gerade mitten in der Arbeit, gerade ganz vergessen, mir die Hände zu waschen. Sagt Jessica Koppe und lässt den herein, der verwundert auf seine plötzlich marineblaue rechte Hand blickt. Es sei bei ihr Zuhause, warnte die Künstlerin schon vorab, gerade das Chaos ausgebrochen. Bester Nährboden also für den Besuch bei einer, die bewusst aufs Land gezogen ist. Will ich der 1.000.001te arbeitslose Künstler in Berlin sein? Und ist es hier nicht auch schön, alles schnell via A2 zu erreichen, alles schön ruhig, dazu gedacht, sich auf die Arbeit zu konzentrieren? Dann also nicht Berlin, sondern Porta Westfalica, eine Stichstraße, ein Backsteinhaus, links die Haustür, rechts die sich öffnende Küchentür, rein durch die Küche in ein Atelier, das gerade aufgeräumt wurde. Sagt Jessica Koppe. Auf dessen Holzboden sich die Zeichnungen stapeln, an der Wand ein sogenannter Tricktisch zum Erstellen von Trickfilmen. Wenn sie gefragt werde, was sie mache, dann antwortet sie: Zeichnungen und Trickfilm. Und weiß, das trifft nur wenige Prozent ihres Schaffens. Aber wie erklären, dass da noch viel mehr in ihr schlummert? Dass als das raus will. Wie, in welcher Technik? Ganz egal. Man könne das ein wenig esoterisch nennen, sicher. Aber es stimme. Noch viel sicherer. Das geht schon lange so. In der Schule war ihr schnell klar. Ich kann nichts. Außer gestalten. Sagt die 31-Jährige. Und lacht. Also hat sie sich erst die Absage an der FH für Gestaltung in Bielefeld eingefangen, ist dann als Praktikantin ins Theater gewechselt und hat da angefangen, Bühnenbilder zu malen. Weiter nach Münster zur Kunstakademie, weiter nach Bristol, Wien, weiter zu Diplom und Meisterschülerjahr, einfach immer weiter. Und jetzt eben Porta Westfalica. Der Nabel der Welt. Wenn man so wolle. Also der Nabel im

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P O R T A W E ST FA L I C A

vimeo.com/39398284

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eigenen Kosmos. Wobei es nicht so ist, dass sie nur

Erst ein Muster, dann noch eins, dann vielleicht

hier sitzt und gestaltet. Gestern gerade erst Bonn,

ein Klecks, eine Unachtsamkeit, der Zufall. Irgend-

dann Osnabrück, dann Bielefeld. Die jetzige Zeit sei

wann beschließe ich, dass es fertig ist. Oder in ein

eine, die sie in Bewegung halte. Plötzlich flattern

Fach wandert, in das die Dinge kommen, die nicht

die Ausstellungsanfragen nur so ins Haus, kom-

gut geworden sind. Und darauf warten, recycelt,

mende Woche die nächste in Berlin, diese Woche

wieder hervorgeholt zu werden. Es wird halt doch

noch die in Bielefeld, Lüdenscheid, Petershagen

meist noch was Passendes draus – man muss auch

und Osnabrück zu Ende gehen sehen. Vielleicht

mal warten können.

ist jetzt gerade Erntezeit. Für all die Mühe, für das

Filme macht sie, manchmal für die vierzehn Qua-

Wagnis, eben keinen Plan B zu haben. In Berlin liest

dratmeter große Kinoleinwand, dann wieder für

sie auch zum ersten Mal, Worte hätten sie immer

die noch größere Internetgemeinschaft, auch für

beschäftigt, jetzt wird man halt auch Worte von

viel wenigere bei den Ausstellungen. Menschen,

ihr hören, sie nicht nur in ihren Werken finden. All

Papierarbeiten, Zeichnungen vermischen sich da,

das irgendwie sich selber erklärend, natürlich fol-

25 mal die Sekunde, 1.500 mal die Minute. Es sei

gend. Wer seinem Inneren folgt, der landet genau

viel Arbeit, sicher. Aber es komme auch Hervor-

hier. Sagt und glaubt sie. Kein Wunder also, dass

ragendes dabei raus. Jessica Koppe ist keine, die

Jessica Koppe eine ist, die nicht von Ausstellung,

nachrechnet, die Einsatz und Profit gegeneinan-

sondern von Galeriebespielen spricht. Die nicht

der abwägt. Da schaut sie lieber ihren Händen,

nur Ausstellungsstücke bringt, sondern sich um

den Farben, dem Papier zu. Es sei ein wenig wie

alles kümmert, um Anordnung, um Einladungs-

Wolkenschauen. Erst mal in Ruhe hingucken. Dann

karte, um das ganze Drumherum, was mit dem

entscheiden, was man eigentlich sieht. Und dann

Wort Drumherum dann wirklich komplett falsch

eben was draus machen. Eben sind die Einladun-

beschrieben sei.

gen für die, ja, was eigentlich, in Berlin gekommen.

Immer wieder die Frage nach dem Davon-le-

Kurt im Hirsch nennt sich die Galerie, installierte

ben-können. Und ja, es sei schiete. Aber es ziehe an.

Erzählungen und Storyboards das, was Jessica Kop-

Also die Honorare, das Ausstellen, das Verkaufen.

pe zeigen wird. Auch das, irgendwie in ihr drin. Ich

Aber ich mache das hier nicht, weil ich davon leben

wuppe das nur so raus. Sagt sie. Und lacht. Zu ent-

kann. Sondern obwohl ich nicht davon leben kann.

schuldigen? Braucht man sich dafür nun wirklich

Ihre Bilder sind konstruierte, durchdachte Zufälle.

nicht. Und es erklären? Ganz sicher auch nicht. ///

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BERLINER HAIFISCHBECKEN

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B

erlin-Spandau, Gleis 5, unser IC fährt geräuschvoll ein. Ausgestiegen, rumge-

schaut und schnell den Mann in der grünen

Noten, HiFi-Anlage. Frank Muschalle, Boo-

es vorbei sei, mit dem Studieren. Und losgehen

gie-Woogie-Musiker mit ostwestfälischen Wur-

könne, mit dem Musikmachen. Naiv sei er an

zeln, steht also am Gleis, raus aus dem Bahnhof,

die Sache rangegangen, sicher. Aber weißt Du

Jacke mit der Wollmütze erkannt, der winkend

rein in den Starbucks, in dem sich die Menschen

was? Wenn Du das nicht, Dir dafür aber viel zu

auf uns zukommt. Seit fünf Jahren lebt Frank

drängen. Gemütlichere Kneipen sind hier Man-

viele Gedanken machst, dann wird das sowieso

Muschalle hier, erst Bünde, dann Münster, dann

gelware, nebenan dreht sich träge ein Kin-

nichts. Also hat er einfach drauflosgespielt, in

Leer, jetzt Berlin. Wobei das so richtig eigent-

derkarussell ins weihnachtliche Rund – kann

Kneipen, vor wenigen, dann vor immer mehr

lich nicht stimmt. Denn 120, 130 Tage im Jahr

losgehen. Losgehen mit einem Gespräch, das

Menschen. Glück hat er gehabt. Weil er die rich-

spielt er woanders, schläft er woanders, lebt

sich eben nicht nur um die Musik drehen soll. Zu

tigen Leute zur richtigen Zeit kennenlernte.

er woanders. Der Lebensmittelpunkt aber:

häufig hat er schon erzählt, dass 95 Prozent all

Aber ist das wirklich Glück? Oder ist das nicht

Berlin. Besser noch: ein Haus direkt am Wald.

derer, die ihn in seiner Studentenzeit umgaben,

eher etwas, das man sich – wenn auch unbe-

Noch besser: das Musikzimmer, in ihm Flügel,

mit dem Kopf schüttelten, als er erzählte, dass

wusst – erarbeitet?

H

eute sitzt er da bei Marmorkuchen und Kaffee Latte – und will sich erst gar nicht beschweren. Damals wusste er, dass er sich ein Le-

ben lang ärgern würde, hätte er es nicht probiert. Und heute weiß er, dass

er sich ein Leben lang freuen kann, weil er es probiert – und geschafft hat.

D A

abei war das kein Selbstläufer. Am Anfang der

volle. Auf der Bühne. Und eine eher leere. Im Zuschau-

Karriere nicht. Und hier in Berlin erst recht nicht.

erraum. Das Angebot ist einfach zu groß, fast immer

Es kommen viele Kreative, viele Musiker her, weil sie

gibt es einen, der das genauso gut, wenn nicht besser

denken, dass hier die ganze Stadt eine Bühne ist. Und

kann. Der noch bekannter, noch verwurzelter, noch, ja,

das ist sie vielleicht auch. Aber eben auch eine sehr

pfeif auf das Wort, aber es passt, vernetzter ist.

ls Frank Muschalle in der Stadt ankam, in

mit Peter Müller und Dani Gugolz ist er so häufig

manchmal dazu, singt, tanzt. Und wenn Frank

der er eigentlich gar nicht wohnen und le-

unterwegs, dass sie gleich in Berlin, Zürich und

Muschalle das so erzählt, dann ahnt der Zuschau-

ben wollte, hat es auch bei ihm gedauert. Dabei ist

Wien Kontrabass und Schlagzeug unterstellten.

er, welch ein Stolz da mitschwingt. Ein Musiker mit

er der einzige, der Boogie-Woogie auf solch einem

Zu dritt ohne die Instrumente reist es sich dann

musikalischem Nachwuchs? Muss einfach stolz

Niveau spielt. Seine CDs hat er mitsamt der Pres-

doch bequemer. Überhaupt, die Reiserei, früher

machen. Dabei liegt das Musikalische an sich gar

semeldungen eingetütet und rumgeschickt. Hat

faszinierend, heute anstrengend. Alles will orga-

nicht so sehr in seiner Familie. Sicher, seine Mut-

hinterhertelefoniert, einmal, fünfmal, zehnmal.

nisiert, vorbereitet sein, ehe der eine von Berlin

ter spielte auch Klavier, der Urgroßvater arbeite-

Und immer wieder zu hören bekommen, dass die

aus aufbricht, ehe die anderen in Wien wahlweise

te als Bildhauer, der Onkel als Maler. Sonst aber?

CD angekommen sei, sicher. Aber eben noch kei-

Auto, Bahn oder Flugzeug besteigen. Die Nächte im

Ostwestfälisches Normalbürgertum. Wobei Frank

ne Zeit zum Anhören dagewesen sei. Irgendwann,

Hotel längst ungezählt, Probenwochen sind längst

Muschalle schon mit 15 wusste, dass er hier nicht

nachdem er wieder angerufen, noch eine CD hin-

gestrichen, entweder jeder übt für sich, oder an

leben wollte. Raus sollte es gehen, in die weite Welt.

terhergeschickt hat, noch mal angerufen hat, ist er

freien Tourneetagen oder eben direkt im Konzert.

Und genauso gerne kommt er heute wieder, rein

einfach hingefahren. Hat sich ans Klavier gesetzt

Das Klavier-, das Zusammenspiel? Ist immer noch

in die ostwestfälische Welt, mit dem ganzen Trio

und gespielt. Holzhammermethode nennt sich

auch Übungssache. Fast täglich sitzt Frank Mu-

ins Hotel Muschalle, wie er das nennt. Der Vater

das wohl. Hier allerdings in der wirksamen Va-

schalle am Piano und übt. Mal etwas mehr Swing,

kauft vorab Hochprozentiges, die Mutter macht

riante. Dabei war der 43-Jährige auch zu diesem

dann etwas mehr Jazz, dann wieder Boogie-Woogie.

weiterhin das beste Frühstück der Welt. Das hier,

Zeitpunkt schon längst einer, der international be-

Wagt sich an Sachen heran, die er eben noch auf CD

dieses Übernachten in der früheren Heimat, in der

kannt war, der mal als Solist, dann im Trio zu Festi-

gehört hat, die er immer schon einmal ausprobie-

Kindheit, habe Kultstatus. Das ließen sie sich, Vater,

vals, zu Konzerten eingeladen wurde. Zusammen

ren wollte. Die zweieinhalbjährige Tochter kommt

Mutter, Musikerkollegen, nicht nehmen.

G

espielt wird dann in der Bünder Musikschule,

Ordnung. Sagt einer, der die Balance gefunden

18. Januar 20.30 Uhr

im Tanzhaus Marks, im Bielefelder Jazzclub.

hat zwischen Musiker und Unternehmer. Der sich

Frank Muschalle mit Dani Gugolz,

An Stätten, die Boris Becker sein Wohnzimmer

selbst managt, alle zwei Jahre eine CD herausbringt,

Peter Müller und Matthias Seuffert,

nennen würde. Und von denen Frank Muschalle

Mitte des Jahres vom Goetheinstitut begleitet nach

Jazzclub Bielefeld

heute jede Menge, verstreut über ganz Europa

Paraguay und Bolivien zur Konzertreise fährt. 120,

hat. Schwierig sei nur, die Balance zu halten, den

130 Konzerte im Jahr? Wollen erst einmal gespielt

20. Januar 11 Uhr

Tourneeplan so auszurichten, dass auch alle be-

werden. Sechs oder sieben davon finden pro Jahr

Frank Muschalle mit Dani Gugolz

dient, sprich bespielt werden können. Wenn für

in Berlin statt, Tendenz steigend. Man könnte fast

und Peter Müller, Tanzhaus Marks Bünde

einen Tag erst der eine, dann der nächste anfragt?

sagen, dass ich jetzt hier, nach fünf Jahren so rich-

Dann musst Du glaubwürdig und konsequent blei-

tig angekommen bin, sagt Frank Muschalle. Und

20. Januar 18 Uhr

ben. Und dem, dem Du einmal zugesagt hast, kei-

rechnet kurz vor, dass er in den kommenden Tagen

Frank Muschalle mit Dani Gugolz,

nen Korb geben. Heute spielt er mal vor großem

erst auf Spiekeroog, dann Juist, dann Silvester in

Peter Müller und Jean-Pierre Bertrand,

Publikum, dann zur Firmenfeier, selbst auf Hoch-

Zürich spielen wird. Das Leben eines erfolgrei-

Boogie Woogie an zwei Pianos,

zeiten ist er schon aufgetreten – nicht als Tanzband,

chen Musiker ist das eines Reisenden. Startpunkt

Musikschule Bünde

sondern als Special Guest. Und weißt Du was? Das

Berlin-Spandau. In diesem Fall auch: Zielankunft

ist ganz normal, wenn da unsere Musik gefragt

Berlin-Spandau, danke fürs Gespräch. ///

ist, wenn wir wir sein können, dann geht das in

21. Januar 20 Uhr Frank Muschalle mit Dani Gugolz, Peter Müller und Jean-Pierre Bertrand, Boogie Woogie an zwei Pianos, Musikschule Bünde

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KELLERKINDER Am 24. Dezember ist Schluss. Dann wird das Schaufenster leergeräumt, der vordere Verkaufsraum geleert, die Außenwerbung abgenommen, die Tür abgeschlossen. Neun Monate lang ist dann Schluss. Mit dem Verkauf, mit dem Ausstellen von Figuren, die, rein lokal gesehen, etwas deplatziert sind in Bielefeld. Aber wieso sollte sich das Räuchermännchen, die Weihnachtspyramide, der kleine Engel – allesamt aus dem Erzgebirge – nicht auch hier wohlfühlen. Tun die Brüder Gottfried und Hans-Jürgen Pöschel ja auch, stammen aus dem Erzgebirge und leben in Bielefeld. In ihrem normalen Leben arbeiten beide in Bethel, aber was ist schon normal? Normal war vielleicht, dass ihr Vater 1955 aus dem Erzgebirge nach Bielefeld

sich der eiserne Vorhang öffnete, machten sie sich

flüchtete. Und die Mutter hinterher reisen durfte,

auf den Weg gen Osten, um mal zu schauen, wie

die beiden Söhne an der Hand. Auf den Familienfei-

es so aussieht, in der Heimat, die ja eigentlich gar

ern tauchten dann immer wieder diese Figuren auf,

keine Heimat mehr war. Hier fanden sie noch mehr

mal ein Nussknacker, dann das Räuchermännchen,

Figuren, die ihnen und ihrer Sammlung fehlten.

ein kleiner Engel, was halt so hergestellt wird im

Und irgendwann und irgendwo muss da die Idee

Erzgebirge. Und verschickt wird in die ganze Welt.

geboren sein, eben nicht nur zu sammeln, sondern

Es sei nicht sofort die Liebe auf den ersten Blick ge-

auch zu verkaufen. Fündig wurden sie dann in dem

wesen, das nicht. Aber doch irgendwie interessant.

Keller, über dem sie wohnen. Ab sofort hing da also

Und vielleicht berührte der Anblick auch irgendwie

ein großes Schild, leuchtet die Lichterkette von Ok-

die Wurzeln der beiden, also legten sie sich die ers-

tober bis zum 24. Dezember. Biegen Sammler und

ten Figuren, dann das Sammeln als Hobby zu. Als

Kenner gleich im Verkaufsraum angekommen links ab und schauen, ob ganz hinten, da, wo sich die Kartons stapeln, nicht noch etwas Ausgefalleneres findet. Etwas, das sich eben nicht vorne im Heer der Engel versteckt. Krippen gibt es hier, so klein, dass sie in eine Streichholzschachtel passen. Räuchermännchen, die ruhig vor sich hin dampfen. Und natürlich die Nussknacker, die darauf warten, Nussiges zu beißen zu bekommen. Mittwochs und freitags schwingt die Tür auf, kommen auch erstaunlich junge Menschen hierher, um erst einmal nur einen playmobilmännchengroßen Engel

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DAS RAUCHEN AUFGEBEN? SIE RAUCHEN DOCH GAR NICHT.

WENIGER FETTIGES ESSEN? SCHMECKT DOCH WUNDERBAR.

SICH MEHR ZEIT FÜR SICH SELBST NEHMEN? KLAPPT SOWIESO NICHT.

WIE WÄRE ES, WENN SIE SICH ZUM JAHRESWECHSEL ETWAS GANZ ANDERES VORNEHMEN? EINFACH MAL DIE WERBEAGENTUR ZU WECHSELN? MAL MIT JUNGEN WILDEN AUS DER BRANCHE ZUSAMMENARBEITEN? MAL WAS AUSPROBIEREN, WAS WAGEN. UND ENDLICH WIEDER AUFFALLEN. WIR FREUEN UNS AUF SIE. AUCH WENN SIE SILVESTER UM MITTERNACHT ANRUFEN.

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mitzunehmen – und um dann immer wieder zu kommen. Jedes Jahr kommen neue Motive hinzu, und mit gleicher Regelmäßigkeit stehen die Sammler hier, wissen, dass sie ihre Sammlung nie komplettiert bekommen. Und versuchen es dennoch. Es treten auch die ein, denen Teile, Figuren abhanden, kaputt gegangen sind. Die nicht im Internet, sondern hier auf Ersatzteilsuche gehen wollen. Und meist fündig werden. Apropos Internet, natürlich ist das ein ernstzunehmender Konkurrent. Aber, verkaufen kann jeder. Beraten aber? Nur wenige. Und will man so eine Figur nicht selber in die Hand nehmen, mal anfühlen, ehe die Verkaufsentscheidung getroffen ist? Fragt sich Hans-Jürgen Pöschel, und wie zum Beweis greift er ins Regal, nimmt einen richtig großen Engel heraus und wiegt ihn in den Händen. Ob es denn ein merkwürdiges Gefühl sei, Heiligabend abzuschließen, Schluss zu machen auf Zeit? Nein, ganz im Gegenteil. Dann sei es einfach Zeit. Wobei, so richtig Schluss machen sie ja nicht. Es gibt noch die echten Kenner, die es nicht aushalten können, bis Oktober zu warten. Die rufen dann an oder kommen vorbei. Und wenn sie ehrlich sind, dann schauen sie auch immer mal wieder selber nach dem Rechten. Nicht nur der Sicherheit wegen. Sondern auch der Freude. Erzählen? Tun sie all das öffentlich nicht. Dass eben doch nicht Schluss ist am 24. Dezember. Also inoffiziell. ///

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Ausgebucht

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Die beiden Mädchen kommen kichernd durch die Tür, wollen mal fragen, wann es möglich wäre, ein Tattoo zu bekommen. Sie blättern in den ausgelegten Heften, schauen sich Motive an, warten und erfahren dann: es kann dauern. Nicht bis Tattoovierer Roberto Moreira zu ihnen kommt. Der unterbricht seine Arbeit, schlendert rüber zum Empfang, hört sich in Ruhe an, was es denn sein darf und sagt dann: Mai. 2014. Wer sich heute ein Tattoo stechen lassen möchte, der muss Zeit mitbringen. Es sei verrückt. Und doch nicht zu ändern. Sagt Roberto. Achselzucken bei ihm, Achselzucken bei den Mädchen, die ebenso kichernd den Laden an der Gadderbaumer Straße wieder verlassen. Wer weiß, was ihnen in anderthalb Jahren so in den Sinn kommt. Also zurück zu dem jungen Mann, der jetzt schon dran ist. Auf dessen Brust jetzt schon eine Hand, ein Sonnenuntergang zu sehen ist. „Ich wollte was machen lassen, das mit meinen Eltern zu tun hat“, sagt er. Ein Blick auf das ipad nebenan, auf dem schon das fertige Motiv zu sehen ist, verrät, dass auch die Namen von Mutter und Vater unter die fotorealistische Szenerie noch gestochen werden. Genau das ist die Spezialität von Roberto, das macht ihn zu einem der begehrtesten Tattoowierer der Umgebung. Bei ihm gibt es nicht nur Ornamente und Linien, sondern Bilder, die unter die Haut gestochen werden. Die Partie rund um seinen rechten Ellbogen zeigt, was möglich ist. Wie ein tattoowiertes Gesicht nicht nur Gestalt annimmt, sondern am Ende aussieht wie ein Foto. Wie das geht? Schwer zu sagen. Wer Roberto zuschaut, der sieht nur eine Leichtigkeit. Schaut zu, wie er immer wieder die Nadel in Farbtöpfe mit grauer, mit schwarzer Farbe eintaucht. Und ja, es tut weh. Auch bei ihm. Manchmal so sehr, dass auch gestandene Männer nach einer Pause verlangen. Durchatmen, dem Schmerz kurz entfliehen wollen. Und irgendwie müsse es auch schmerzen. Müsse der Kunde merken, dass er sich da für etwas entschieden hat, das bleibt. Wobei das nicht immer so sein muss. Robertos erstes eigene Tattoo bekam er mit 16. Er ließ sich – und wundert sich noch heute – eine Fee stechen. Nun ist ein Tattoowierer mit einer Fee nicht gerade das, was in der Branche, nun, angesagt ist. Also ist ein Schiff draus geworden, einfach drüber, dran entlang gestochen und fertig ist die Umwandlung. In einer Zeit, in der immer mehr Menschen ein Tattoo haben, kommen halt

auch immer mehr Menschen, die mit ihrem Tattoo nicht zufrieden sind. Die es abgedeckt haben wollen, wie es in der Fachsprache heißt. Schöner, für die Arbeit, wohl auch für das Ergebnis ist es aber, wenn Roberto nicht um-, sondern neu arbeiten kann. Wenn der Kunde sich schon ein Motiv ausgesucht hat. Vielleicht nicht gerade die Nonne mit umgedrehtem Kreuz auf der Stirn und aufgesetzter Gasmaske, die er neulich mal gestochen hat. Vielleicht auch keine noch verrückteren Motive, bei denen er schon mal sagt: nein, das nicht. So wie zu Tattoos im Intimbereich, im Gesicht. Auch bei denen winkt der, der komplett ausgebucht ist, ab. Dabei gibt es eigentlich keine Stelle, die nicht tattoowierbar ist. Besonders schmerzhaft? Sind die Stellen an der Rippe, in der Kniekehle, an den Füßen. Aber, da spricht Roberto aus Erfahrung, auszuhalten. Selber hat er sich auch schon tattoowiert. Als er es schon konnte. Davor, also ganz am Anfang, hat er mit Schweinehaut angefangen. Damals, als er noch als Kellner in diversen Restaurants und Kneipen in Bielefeld jobbte, war dem Portugiesen schon klar, dass er Tattoowierer werden wollte. Aber find mal einen, der dir zeigt, wie es geht. Der die Geduld halt, dir all das beizubringen. Roberto hatte Glück und fand einen Ausbilder. Und weiß heute: er selbst könnte das nicht. Während er das so erzählt, sticht er weiter. Wächst eine Brücke über den Sonnenuntergang, ringt der Tattoowierte mit den Tränen, fragt Roberto nach, ob es noch gehe. Und sticht weiter. Selber hat er irgendwann das Schweinefleisch zur Seite gelegt. Und sich Freiwillige unter Freunden gesucht. Schwer? Sei das nicht gewesen. Und doch auch mal in die Hose gegangen, das gäbe es nichts schönzureden. Heute kommen die hierher, die genau das nicht wollen. Die wissen, dass der 31-Jährige gemeinsam mit seinen beiden Kollegen einer ist, der als Meister seines Fachs gilt. Ganz gleich ob es um Schwarz, Grau oder richtig Bunt geht. Dabei wünschen die Kunden immer größere Motive. In der Motivwahl bleibt aber alles beim alten. Am häufigsten gewünscht, immer noch? Der Totenkopf. Und langweilt das nicht, immer wieder? Nein, ganz im Gegenteil. Es ist auch das Lieblingsmotiv von Roberto. Natürlich künstlerisch abgewandelt, schattiert, bis ins Detail ausgefeilt. Die beiden Mädchen vom Anfang? Konnte sich noch nicht so richtig entscheiden. Haben ja auch noch ein wenig Zeit. Bis Mai 2014.

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Die beiden fahren im Range Rover vor, Pferdelederschuhe treten direkt in die Pfütze, die gesteppte Barbour-Jacke umspielt den Oberkörper, zwei Labradorrüden warten hinten im Kofferraum darauf, heute einmal nicht mit zur Jagd, sondern zum Golf mitgenommen zu werden. Auf der Rückbank klingeln ganz zart die beiden Champagnerflaschen beim seichten Aneinanderschlagen, Zigarrenduft hängt in der Luft, als das Golfspiel beginnen

ABGESCHLAGEN

kann.

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So könnte es aussehen. Wenn Martin Szyszkowski und Jan

Dabei machen das Martin und Jan nun schon seit mehr als

Brüchner-Hüttemann über das notwendige Kleingeld ver-

zwei Jahren, gelten in der stetig wachsenden Crossgol-

fügten. Aber, die Taschen sind eher halbleer denn halbvoll,

fer-Szene als Pioniere für Ostwestfalen. Längst veranstal-

und so kommen die beiden mit einem Passat an den ver-

ten sie kleine Turnier, zu denen mehr als 30 Golfbegeister-

einbarten Treffpunkt. Hinten im Kofferraum eine Golfta-

te kommen, die dann doch nicht auf dem Golfplatz spielen

sche, die nicht in die Jahre, sondern gleich in die Jahrzehnte

können. Oder wollen. Man solle das nicht so verstehen, als

gekommen ist. Mütze auf, Schal um, auf gehts es zu einem

sei Crossgolf eine Gegenbewegung. Sondern einfach nur

abgelegenen Bahngelände, auf dem sich die Schotterber-

eine Alternative. Die zeigt sich an diesem Sonntag von ih-

ge türmen, auf dem das Wasser knietief in den Pfütze, ein

rer ungemütlichen Seite. Es stippelt, das Thermometer zeigt

Dixiklo herrenlos in der Landschaft steht. Wunderbar. Sagen

vielleicht zwei Grad, abhalten kann all das die beiden vom

die beiden, die all das nicht brauchen. Keinen Range Rover,

Crossgolfen nicht. Drei Schläge, dann berührt zum ersten

keine Steppjacke, keinen Labrador. Nur auf Golf, da wollen

Mal ein gelber Ball den Müllsack, 1:0, weiter geht’s. Gilt Golf

sie nicht verzichten. Und sich auch nicht von hohen Platz-

als eine der schwersten Sportarten, ist das beim Crossgolfen

mieten, von Aufnahmegebühren abschrecken lassen. Also

nicht anders. Immer wieder verzieht es einen Schlag, schießt

stehen sie an diesem Sonntagnachmittag in Herford, ziehen

der Ball entweder über das Ziel hinaus, pfeift in die falsche

die Golftasche hinter sich her, in der, nun, leicht angerostete

Richtung oder donnert gar erst gegen das Dixiklo und landet

Schläger stecken. Den ersten davon hatten sie mal dabei, als

dann hinter dem Schlagenden. Ziel Nummer zwei ist eine

sie Urlaub am Meer machten. Ein paar Bälle hatten sie auch

Laternen, vielleicht hundert Meter entfernt, eigentlich ein

eingesteckt, gespielt aber noch nie. Einfach so haben sie an-

leichtes Loch, wäre da nicht der 30 Meter Pfützensee, der

gefangen, die Bälle über den Strand geschlagen. Und einfach

sich vor der Laternen aufbaut. Wenn wir da mal nicht, sagen

so wollten sie davon nicht lassen, als sie längst schon zurück

die beiden. Und wenn sie da mal nicht, denken wir. Und na-

in der ostwestfälischen Heimat waren. Also suchten sie auf

türlich lassen beide ihre schwimmenden Bälle in die Pfütze

Flohmärkten, bei ebay. Und fanden Golfzubehör, das allemal

platschen. Schuhe ausziehen? Oder doch für so viel Wasser-

noch dazu geeignet ist, genutzt zu werden. Wer abschlägt,

bewegung sorgen, dass der Ball ans Ufer schwimmt. Und

hat die Wahl, kleines T aus Kunststoff oder etwas größeres

natürlich ein Strafschlag notiert wird. Wobei das mit dem

Grün aus Kunstrasen. Draufgelegt den gelben Crossgolfer-

Notieren nicht allzu ernst genommen wird, aufgeschrieben

ball, außen so weich, dass er selbst gegen Fensterscheiben

wird hier nix, hier werden, wie beim Fußball die Tore, die

donnern kann, ohne sie zu durchschlagen. Wie viele Löcher

zuerst erreichten Löcher gezählt.

heute gespielt werden? Kommt drauf an. Auf die Lust. Und

Sicher, sie wüssten, dass es wohl noch nicht zur Platzreife,

das Wetter. Vielleicht auch auf den Füllstand der Bierdose.

also zur echten reichen würde. Sie sind halt Autodidakten,

Oder das Ergebnis, je nachdem. Wo sich das erste Loch ver-

haben sich alles selbst beigebracht, einfach drauflosgespielt,

steckt? Auch alles Interpretationssache. Sagen wir dahinten,

erst häufig daneben geschlagen, dann perfekt getroffen.

da, wo eine blaue Plastiktüte neben einem Laternenpfahl

Ebenso natürlich ist für die beiden, dass sie ihre Platzrei-

liegt. Rasenstück also auf den Schotterplatz legen, einmal

fe machen, sich einem Verein anschließen werden. Wenn

den Schläger langsam zum Ball führen, dann noch einmal,

das passende Kleingeld dafür zusammen gekratzt ist. Aber

dann viel schneller und schlagend. Der gelbe Ball jagt durch

selbst wenn sie auch auf dem Grün, dem echten, dem großen,

die Luft und fällt platschend in eine Pfütze – Anfängerpech.

stehen werden, wird sie der Virus Crossgolf nicht loslassen.

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Zu entspannend sei es, einfach die Tasche in den Kofferraum zu werfen und loszufahren. Mal zum Aawiesenpark in Herford, dann zum Obernsee in Bielefeld. Hier spielen sie besonders häufig, lassen sich nicht von Überstunden, nicht von der einbrechenden Dunkelheit vertreiben. Da stecken sie lieber in durchgebohrte Golfbälle Neonknicklichter aus dem Angelgeschäft und jagen sie durch die Nacht. Dabei werden sie immer wieder von staunenden und fragenden Blicken begleitet, stehen Neugierige neben ihnen und schauen zu. Ärgerlich? Ist dabei noch nie jemand geworden. Und Ärger generell? Hat es noch nie gegeben. Die meisten Zuschauer wären schnell interessiert, begeisterten sich schnell für die Idee, Golf außerhalb des Golfplatzes zu spielen. Selbst in der Stadt sind sie schon mit Schläger, Tasche und Bällen gewesen, safety first hieße nicht nur da das Motto, das alles bestimme. Selbst in die Rathäuser der Städte und Gemeinden der Umgebung sind sie schon gegangen, haben mal nachgefragt, wie das denn so sei, mit einem kleinen Turnier, das sie mal auf öffentlichen Plätze organisieren und ausspielen wollen. Generell werde dann meist genickt. Und dann wieder abgewunken, gebe es meist doch noch einen Haken, eine Vorgabe, die nicht zu erfüllen sei. Im Freibad wollten sie mal eines ihrer rund fünf jährlich stattfin-

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denden Turniere spielen. Und hatten das offizielle

das Weiterspielen. Schwingt beim normalen Golf

Okay in der Tasche. Wenn, das war die Bedingung,

immer zumindest der Verdacht des Verbissenen

sie auch einen Rettungstaucher mitbrächten. Nun

mit, sieht das beim Crossgolf ganz anders aus.

sind Crossgolfer im allgemeinen und Jan und Mar-

Einfach ne lockere Runde spielen, nicht auf den

tin im speziellen zwei erfinderische Menschen. Hier

Gegner, sondern die eigenen Stärken, meist eher

aber mussten sie abwinken. Allerdings nicht für

die eigenen Schwächen schauen. Mitstreiter sind

immer. Jetzt hat tatsächlich einer von ihnen, einer

weiterhin sehr gerne und natürlich ohne Aufnah-

von denen, die sich HartamLimit nennen, seinen

megebühr willkommen, die Reise zu den Ämtern,

Rettungsschwimmer gemacht. Es steht also nichts

die auch schon mal ein Turnier wegen der Brutzeit

mehr dem Crossgolfen im Freibad entgegen. Kom-

der Vögel vom Wald auf die Wiese versetzten, wird

men werden dann vielleicht noch mehr als bei den

weiter fortgesetzt. Zum Spielen kommen dann

letzten Turnieren. Von 8 bis 63 Jahren waren da die

aber weder Martin noch Jan. Beide kümmern sich

Spieleraltersangabe. Und das zeige doch, dass sie

vorab um die Plakatierung, um Einladungen, die

Sport für das ganz breite Publikum anböten, sind

noch persönlich rumgebracht werden. Während

sich die beiden sicher. In ihrem normalen, im Nicht-

des Turniers dann Foto schießen, um Essen und

crossgolferleben also, arbeiten die beiden im Foto-

Trinken kümmern. Letztens hat ein Bauer seine

studio, produzieren Möbelfotos und wissen, dass

Ländereien als Spielfläche rausgerückt, da war das

jetzt, kurz nach der Messe, so viel zu tun ist, dass

Hallo ein großes, kamen all die, die nicht nur Woll-

die Zeiten auf den Alternativgolfplätzen eher rar

schweinbratwurst essen, sondern auch möglichst

gesät sind. Aber irgendwie findet sich dann doch

viele Löcher spielen wollten. Wenn die beiden

ein kleines Zeitfenster. Und das sei ja das Tolle, das

mal selber auf Turnieren spielen wollen,

man eigentlich überall und jederzeit spielen könne.

dann müssen sie ins Ruhrgebiet

Das Wetter ist mittlerweile noch schlechter gewor-

oder bis nach Stuttgart

den, der Himmel aschgrau, die Luft voller Regen-

fahren.

Es sei halt noch nicht so

tropfen. Spielbar aber ist in den Pfützen dennoch

verbreitet, das Cross-

fast jeder Ball, geht gar nichts, geht dann doch

golfen. Aber sie arbeiten

das Ablegen mit einer Schlägerlänge und dann

dran. Häufig und intensiv. Sagen die beiden und ziehen fast wie zum Beweis trotzig weiter durch den Regen. Aufhalten? Lässt sich ein Corssgolfer von so etwas nicht. Und von jeglichem Gegenwind? Erst recht nicht. Wobei es den ja gar nicht gebe. Selbst von Range Rover fahrenden Golfern nicht. Von denen? Werden wir gar nicht wahrgenommen. Erzählen die beiden. Und wissen: Das ist so. Noch.

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