HOCHFÜNF no. 6

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11/2013

NK O S T ES LO

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halt.

Abgesoffen. Abgehoben. Abgetragen. Abgebrannt.

4

DU BLINDER! GIB AB! SCHIESS DOCH! ZIEH AB! KICKEN IN DER SONNE. IM WINTER.

GRÜN SAH SCHWARZ

Such, such, such. 24 Wo steckst Du denn? Wir suchen Dich! UND Aber nur, wenn JETZT Du nicht suchst. Sondern WIEDER NEULAND findest. Uns.

Ja wann kommt es denn? Heft Nummer sieben? Was wissen wir denn schon? Wenn Du es nicht weißt?

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SEI MEINE BASIS.

WIE

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EMPFIEHL MICH WEITER.

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TAUCH MICH EIN IN DIE WELT DER MODE.

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UND LASS MICH EINTAUCHEN.

8

GANZ TIEF.

ABC

KUNST & SZENE, VON ­WEGEN PAPPE, ­KATZE UND KLEBSTOFF SCHNEE & FANTASIE. Alles Theater. WAS DAS Für die Tonne? Ist es aber noch SOLL? lange nicht. BITTE SÜSS! Auch wenn es NICHT HANDGEMACHTE trashig ist. ­LECKERLIS Trashtheater FRAGEN.

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TIP TOP TOP TIPP Wer's WAS DU BRAUCHST. UM braucht. GLÜCKLICH ZU SEIN. Steigerung von Top? Doppelt Top.

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BLUT WÄCHST NICHT AUF BÄUMEN.

Montags bis freitags beim Blutspendedienst Bethel. www.blutspende-bethel.de

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ES KOMMT VON HERZEN. SPENDEN SIE BLUT. RETTEN SIE LEBEN.


6 Schon wieder ein neues Sexheftchen. Unsere

Nummer 6!

Mit süßen Verführern, wildem Rumge*icke im Grünen und der Kunst des Herzensbrechens. Und was

ist das schön geworden. Finden wir. So wie jedes Mal. Sonst würden wir es ja anders machen. Oder besser: genauso, wie alle anderen.

www.facebook.com/ hochfuenfmagazin


Sieht nicht gut aus an diesem Herbstsonntag. Sicher, die Sonne scheint, das Bier ist dennoch wunderbar kühl. Das Ergebnis aber: katastrophal. 1:4 steht´s. Sekunden vor Schluss. Nix mehr zu machen. Sagt Mario. Der nennt sich selber Präsi-Zecke, steht also selber einer Mannschaft vor, die man nennen darf, wie man will. Nur nicht Verein. Verein? Das ist hier das verbotene Wort. Hier?

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Das ist die Wilde Liga, Treffpunkt Fuß­ball­

rein damit in die Plastiktüte, raus aus dem verschwitzten

platz No3 an der Radrennbahn, ein Maul-

Trikot, die lange über die kurze Hose und dann rein in die

wurfacker, wenn es nach den Statuten des

­gesellige Nachspielzeit. Eben noch dienten die Bierkisten als

DFB geht. Aber nicht nur die zählen hier

Sitzmöbel für Auswechselspieler, jetzt sind sie Kühlschrank

nicht. Wunderbar sei der Platz, das Gelände,

und Theke in einem. Zeit genug, um ein bisschen zu plaudern.

die Zusammenarbeit mit der Stadt, die Liga,

Von den Anfängen. Damals, vor so richtig vielen Jahren, als

der Tag sowieso. Wen bitte soll da noch das

es kurz vor Ostern war, die Party irgendwie schon in den

Ergebnis kümmern? Abpfiff, oder besser:

letzten Zügen, der Eigenzustand nur noch mit besoffen zu

­Abruf, weil es ja keinen Schiedsrichter gibt,

beschreiben, da waren sich vier Mann sicher, dass sie mit-

weil die Heimmannschaft nicht nur den

spielen müssten in einer Liga, die keine Regeln kennt. Und

Platz in Form gebracht, sondern auch ein

gerade deshalb funktioniert. Ein paar Spielregeln gibt es

Auge auf der Stoppuhr hat. Aus, aus, vorbei.

aber doch. Etwa die, dass man nicht nur 30€ mitbringen,

Spiel aus, Ergebnis ausgeblendet, Bier geöff-

sondern auch 20 Mitspieler anmelden muss, ehe der Spiel­

net, Zigarette angezündet. Wunderbar eben.

betrieb losgehen kann. 30€? Kein Problem. Aus vier mach

Es sind diese Sonntage, warum die Jungs

zwanzig? Nicht ganz so einfach. Aber bitte, gehen tut alles,

von Team „Laufen soll'n die andern“ hierher-

also alle Freunde einfach mit angemeldet und schon konnte

kommen. Mit dem Fahrrad versteht sich.

LSD A, wie es heute auf dem Trikot steht, starten. Es ging –

Der Sportlichkeit wegen. Und des Alkohols

wie heute auch noch für jedes frisch angemeldete Team – los

­wegen. Wir sind die Meister der dritten Halb-

im Souterrain. 14 Mannschaften kämpfen hier darum, in den

zeit. Sagt dann auch Mario. Dabei sind sie im

sogenannten Fahrstuhl aufzusteigen, ehe es noch höher, in

vergangenen Jahr Deutscher Vizemeister der

die Liga „Um die Wurst“ geht. In den letzten 13 Jahren spielte

wilden Clubs geworden. Sind mit einem ein-

LSD A um die Wurst, ganz oben also, setzte sich auch gegen

zigen Tor bis ins Finale vorgerückt – in jedem

die Jungspunde durch, gegen die, die in der Woche Sport stu-

der entscheidenden Elfmeterschießen der

dierten, früher richtig und hochklassig gekickt hatten. Aber

Vorrunde hatten sie halt das Glück auf ihrer

was heißt schon richtig? Nur weil man hier den Ball auch

Seite.

zum Torwart zurückspielen kann, es kein passives Abseits

Ziel für die nächste Meisterschaft? Wieder

gibt, heißt das noch lange nicht, dass das hier falscher Fuß-

ins Finale kommen. Dann vielleicht ganz

ball ist. Als unabsteigbar haben sich die Jungs von LSD A

ohne eigenes Tor in der regulären Spielzeit.

­t ituliert, bis, naja, bis das eben nicht mehr galt. Jetzt also

Die Stollenschuhe sind schnell ausgezogen,

Fahrstuhl, jetzt gerade einen kräftigen 1:4-Dämpfer, aber

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bitte, wenn du hinten nicht richtig zupackst und vorne die Dinger nicht reinmachst, dann verlierst du. Im Champions League Finale. Und eben auch in der Wilden Liga an der Radrennbahn. Wer LSD A zuschaut, der ahnt irgendwie, dass hier nicht das gerade klassische Fußballersozialgefüge auf dem Platz steht. Man könne, doch, das dürfe man ruhig schreiben, sagt der Mario, ruhig von einem Akademiker-Sozialpädagogen-Gemenge sprechen, das die LSD A Trikots trägt. Man kann es auch drastischer ausdrücken. So wie ein Gastspieler, der neulich meinte, die eigenen Mitspieler sollten mal mit diesem scheiß Sonderpädagogengelaber aufhören und sich aufs Spiel konzentrieren. Kann ja nicht schaden. Kein Wunder also, dass die Elf auf einen Trainer verzichtet und basisdemokratisch Fußball spielt. Was, wie man heute sieht, auch kräftig in die Hose gehen kann. Kein Wunder auch, dass sie immer davon träumen, mal so einen richtigen Trainingsbetrieb aufnehmen zu können. Aber wenn nur eine Handvoll Spieler kommt? Dann klappt's halt nicht mit dem Wünschen. Ist ja heute bei der Niederlage auch nicht anders. Dann doch lieber ein wenig nach vorne gucken. Wenn der Winter kommt und der Boden erst steinhart und dann vielleicht noch knietief mit Schnee bedeckt ist. Kümmern? Abschrecken gar? Tut das in der Wilden Liga niemanden. Nur wenn der Kick gegen die einzige Elf ansteht, die noch zur Begegnung auf Asche lädt, dann sind die, die sich das Trikot überziehen,

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doch eher in der Minderheit. Sind ja nicht mehr die jüngsten, die eigenen

Kicken: Jeden Mittwochabend kickt Tobias Heyer.

Knochen. Und dann erst die Wunden, die immer voller rostroter Mitbringsel

In der Halle. Wie peinlich. Das hier, das sind echte

sind, wenn es vom Aschenplatz zurück nach Hause geht. Dann doch lieber

Kicker. Echte Männer.

hier an der Radrennbahn spielen. Und in welcher Stadt gibt's das schon, wo

Er ­selber? Ein Waschlappen. Zumindest fühlte sich

es keinen Platzwart und keinen

das so an, als er mit Kamera, Block und Stift die

Absperrzaun gibt. Wo die Tore

Fußballfelder an der Radrennbahn hinter sich ließ.

ohne Netz, die Außenlinie ohne Kreide sind. Als Erkennungszeichnen rammen die LSD A-Jungs zwei Sonnenblumen – künstliche, keine echten – sorry, wo sollst Du Mitte Oktober auch Sonnenblumen, also die echten, herbekommen? – auf Tor- und Mittellinienhöhe in den Boden und schon kann die Show beginnen. Wobei es die ja gerade nicht ist. Keiner, der hier mit neonfarbenen Stollenschuhen herkommt, niemand, der die Haare schön trägt und das Spiel mit dem Ball dabei vergisst. Es ist irgendwie noch der echte Fußball, der hier gespielt wird. Und bei dem gibt's nun mal nicht nur Siege, sondern auch Niederlagen. So einfach ist das. ­Darauf noch ein Pils. Nächsten Sonntag ist der nächste Spieltag. Dann also Wiedergutmachen. Und apropos gutmachen, mach's gut, bis die Tage, ich fahr dann mal. Und den Anhänger hinten ans Fahrrad geklemmt, das Leergut will ja wieder mit nach Hause, und dann ab gen Heimat. Auf das Trikot wartet die Waschmaschine, auf den Kicker die Dusche und auf den Akademiker der Wochenstart morgen früh. Könnte irgendwie alles schlechter laufen. ///

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9 von 48 Papier platschen ließ und dann flink die Konturen

beschäftigte. Der einen Tintenfleck auf ein Blatt

sie entstehen, sagt der, der sich früher mit dem Klecks

sind als ein Papier-Kleber-Erde-Mix. Schnell würden

und Erde entstanden sind und eben doch viel mehr

weiter, die nur aus Papier, irgendetwas Klebendem

November ist Schluss und dann ziehen diese Wesen

so stellt er hier aus, nur noch wenige Tage, am 23.

Michael Strauß fand und vor allem für gut befand und

irgendwie gefunden habe, sagt die Galeristin, die auch

sei die Mischung aus Gebrauch und Kunst, die sich hier

also, als wir Michael Strauß in der Galerie besuchen, es

sich wunderbar ergänzend. Die Nähmaschine rattert

gestellt wird. Also beides auf einmal. Vor allem aber

in dem eben noch Mode entsteht und jetzt Kunst aus-

lier D von Suncana Dulic, ein Zwitter mit vier Wänden,

grimmig in den Raum schauen. Der Raum ist das ate-

sitzen und dann wieder Fahrrad fahren, sich küssen,

fantasiert in die Figuren, die mal auf einem Regalbrett

der Künstler auch gar nicht, dass man zu viel rein

bar. Aber vielleicht wollen das die Skulpturen, will

Werke von Michael Strauß sehr gut selber interpretier­

Idee davon, was Kunst alles kann und schon sind die

nur zwei Augen, einen Bauch fürs Gefühl und eine

niemand. Kein Wunder, es braucht ja eigentlich auch

was falsch gemacht. Hat er aber nicht. Denn es fragt

das hier zu interpretieren sei, dann habe ich definitiv

Wenn mich jemand fragt, was dahinter steckt, wie all

Mit dem­ Zugang zur Kunst ist das so eine ­Sache.


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mittlerweile in Herford, ein holperige Hof­ einfahrt, dann ein graues Industriegebäude,

Tür also das Atelier von Michael Strauß, auch hier die Figuren auf dem Fenstersims, gleich eine ganze Gruppe, die die Köpfe angestrengt in den eigenen Händen abgelegt hat und vor sich hin starrt. Da papierene Köpfe, da Zeichnungen, die wie flüchtig auf riesige Papierbahnen gestrichen wurden. Wenn man sich die Fülle, die Intensität der Arbei-

Erdpapierskulpturen aufgerichtet werden sollen. Gebrauchen kann Michael Strauß als Museumsleiter diese Technik auch beruflich ganz wunderbar. Wobei es so eine Sache ist mit dem Beruf. Ist das hier, also die Kunst, dieses Ausstellen, das sich Beschäftigen mit dem Erschaffen, noch ein Hobby? Die Antwort ein Dreiklang: Nein! Ja. Jain! Es ist etwas dazwischen. Sicher, die Arbeit im Museum, das Konzipieren, das Realisieren großflächi­ ger und freidenkender Ausstellungen sei immer noch eine Herausforderung. Eine reizende, keine Frage. Auch wenn das mit der Kunst eben längst die Kategorie Kunsthandwerk verlassen hat. Lange schon. Es ist wohl eher wie ein zweiter Beruf. Ein Ausgleich.

mit der Erde und dem Papier sei ähnlich, es

komme ihm vor, als schaffe er dreidimen-

sionale Klecks. Seine Hände formten erst

einmal drauflos, lange hat der gelernte Bild-

hauer an der Technik gefeilt, sie verfeinert,

heute in der Lage, mit wenigen, kräftigen

und doch sensiblen Handgriffen aus dem

schnöde wirkenden Material Kunstvolles zu

erschaffen. Zerbrechlich wirken die Figuren,

die mal auf Holzpodesten thronen und dann

wieder vornübergebeugt auf einem Fahrrad

aus gleichem Material mit sich selber um die

Wette zu strampeln scheinen. Nebendran

großformatige Bilder, die aus einer Papierrol-

le entstanden sind. Wie ein Tagebuch hat Mi-

chael Strauß hier ein paar Zentimeter abge-

hoch sei kein Problem. Noch ein ganzes

scheint. Aber da trügt der Eindruck. Manns-

das Material nie und nimmer zuzulassen

davor eine Standhaftigkeit ausstrahlen, die

Bild fast zerbrechlich, während die Figuren

entdeckt werden wollen. Da wirkt das eine

nicht für sich behalten und doch erst einmal

Distanz erfordern. Die ihre Geheimnisse

anschauen. Es sind Werke, die keine große

ist. Auch hier: nicht fragen, erst mal in Ruhe

ehe am Ende ein großes Ganzes entstanden

Papier gebracht und dann weitergewickelt,

Wo das Herz denn mehr klopfe?

genauso gut, ins Atelier zu fahren. Das steht

Bündes Pauluskirche noch deutlich größere

aus Klecksen Bilder werden ließ. Die Sache

rollt, die Eindrücke des Tages, der Woche zu

Es ist gut, im Museum zu sein. Und es ist

einem knappen Jahr schon Realität, wenn in

Farbe in die richtige Richtung lenkte und so

Hat von den Steinen, dem Untergrund,

Lange gesucht hat er. Und viel gefunden.

auf, das Pendant auch in Bielefeld zu finden.

überall in der Welt. Und machte sich dann

chierte Strauß ungewöhnliche Pflastersteine

käse und Ersatzschinken aufkam, recher-

genen Sinne. Als die Diskussion über Ersatz-

der Suche ist. Und das nicht nur im übertra-

Getriebener gegenüber sitzt. Einer, der auf

zu gestalten, dann weiß man, dass da ein

Winzigkeit übersah, um es wirklich perfekt

das Perpetuum mobile erfand und nur eine

davon erzählt, dass er mit acht Jahren schon

ihm zuhört, wie er mit schneller Stimme

ten von Michael Strauß anschaut, wenn man

tenmodelle sammelt. Hinter einer grauen

und der andere ausgefallene Krankenbet-

in dem der eine irgendwie in Internet macht

in dem sich Künstler auf dem Flur treffen,

Vergiss die Frage. Sonst wird's politisch.

Stück höher nicht nur eine Vision, sondern in

nachzog, etwas hinzufügte, die fließende


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12 von 48 schon einen Schritt weiter. Mindestens. ///

Michael Strauß nicht dazu. Der ist sowieso

braucht's nicht viel. Vor allem braucht es

der Künstler wohl ausdrücken will. Dazu

Dann ist die Frage schon beantwortet, was

selber ein Bild machen. Mit allen Sinnen.

turen fühlen, die Stabilität ertasten, sich

fassen, mal die raue Oberfläche der Erdskulp-

Dann doch lieber einmal hinlangen, mal an-

nicht fragen.

Soll man mich

drücken will?

Was er aus-

schaft halt.

bei seinen Werken, da macht diese Leiden-

telt. Also eigentlich auch gerne erklärt. Nur

nichts. Wobei Michael Strauß gerne vermit-

nicht. Und erklären? Muss man doch auch

darauf wirklich an? Auf Schönheit? Sicher

Und was heißt schon schöner? Kommt es

den, was schöner ist. Realität oder Abdruck.

heute an – soll der Betrachter doch entschei-

theke bietet er diese Vakuumfundstücke

so echte Lebensmittel. Wie in einer Laden-

geschweißt wie irgendwie dann doch nicht

dem Boden Abdrücke gegossen und sie ein-


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Sieger Ja, wie fühlt sich das an? Schwer zu

ein rüdes Vergessen, dass wir da

beschreiben. Ein wenig so wie im

mitgemacht haben. Dann, Monate

Vorjahr. Könnten wir jetzt chauvinis-

später, eine schnöde E-Mail. Hallo,

tisch sagen. Aber bitte, nur weil wir

schön, dass Sie mitgemacht haben,

im Vorjahr einen Red Dot Award ge-

hier das Ergebnis. Und zack, gewon-

wonnen haben, freuen wir uns doch

nen. Micha und Miriam packen also

jetzt über das gleiche Ereignis nicht

ihren Koffer und reisen nach Berlin.

weniger. Ach was. Dieses Mal wurde

Nehmen erst an der Feier, dann an

ja nicht ein Magazin von uns prämiert,

der After-Show-Party teil, dann die

sondern eine App. Und was für eine.

Urkunde entgegen. Schließlich haben

Eine von diesem Heft hier. Wer also

die beiden Grafiker aus der Print- die

immer schon die Zeitung aus der und

App-Variante gezaubert. Im Gepäck

das iPad in die Hand nehmen wollte, um sich die neuste

auf dem Weg nach Berlin ein iPad, auf dem die neuste

Ausgabe des hochfünf reinzupfeifen, der liegt genau

Ausgabe zu sehen ist. Oder besser: war. Denn einmal

richtig. Preisverdächtig richtig sogar. Denn die App

bei den Verantwortlichen abgegeben, juckte es irgend-

ist ausgezeichnet. Mit dem Red Dot. Jetzt muss man

einen Mitarbeiter doch so sehr in den Fingern, dass er

sich das nicht so vorstellen, dass man sein Werk da

nicht widerstehen konnte. App weg. iPad weg. Schade.

einreicht und dann kommt Post und alle in der Agentur

Aber nicht zu ändern. Es gibt ja Ersatz. Und es gibt nicht

jubeln und fertig. So einfach ist das nicht. Texterkol-

nur den Red Dot. Sondern auch noch den Digital Ma-

lege Stephan übernahm die Anmeldung, suchte Fotos

gazine Award, die derzeit wohl ­größte Preisverleihung,

raus, textete leicht verständliche und doch schwung-

wenn es um internationale Apps geht. Nominiert, un-

volle Texte und dann ab damit zur Jury. Natürlich auf

ter den ersten Zehn sind wir mit dem hochfünf schon

den letzten, den allerletzten

mal. In zwei Kategorien. Also

Sticken, per Express dahin

auf nach London, mal schauen,

gejubelt, die Letzten sollen

was da so geht. Was da so geht,

schließlich die Ersten sein.

erzählen wir in der kommen-

Dann banges warten. Und

den Ausgabe. Und natürlich

wenn wir ehrlich sind: auch

auch, wie sich das so anfühlt.

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ZUM ­AUFESSEN Sie wollen mal so richtig zum Anknabbern aussehen?­ Ihrem Gegenüber soll der Sabber nur so im Munde zusammenlaufen, wenn er Sie anschaut? Dann ­ ist das hier genau das Richtige. Verwandeln Sie sich einfach in einen Mix aus Ketchup und ­Mayonnaise, aus ­Gurke und Frikadelle. ­Tomate und Gurke ­suggerieren auch hier Vitamine pur – und hier stimmt es ja endlich mal, in Ihnen steckt doch Energie pur. Wenn Sie den Pullover ­erstanden haben, erwarten wir einen Besuch in ­unserer Agentur. Wir beßen nicht, versprochen. www.mrgugu.com

ZUM AUFSCHLAGEN

ZUM AUFKLAPPEN Es gab diese Zeit, da hat man sich an diesem Rubikschen

Der Traum vom fettfreien Schinken wird wahr. Nicht,

Würfel mit den bunten Farbfeldern die Sehnen-

weil in der Schweinehaltung ­neuerdings all­

scheiden aber so richtig verknotet. Dabei kann

morgendliche Bauch-Beine-Po-­Gymnastik

man mit nem Würfel doch viel schönere Dinge

auf dem Plan steht, sondern weil

machen. So wie mit diesem hier. Aus schi-

diese hauchdünn geschnittenen

ckem Holz gefertigt lässt sich hier ein Robo-

Schinkenstreifen aus reiner

ter formen, der man lustig läuft, dann wieder

Seide bestehen. Wer sich

eulengleich von Ast zu Ast hüpft. Brauchen?

den „Fou lard" ums Genick

Tut sowas kein Mensch. Aber es brauchte auch

wirft, der riskiert also keine

niemand einen Würfel, bei dem man Farbflä-

Fettflecken auf der Kleidung,

chen durch Rotation in Einklang bringen muss.

aber setzt sich der Gefahr aus, an-

Hat trotzdem jeder gemacht. Dann doch lieber

geknabbert oder -gebraten zu werden.

diesen Holzroboter zum Laufen und Springen

Bei der zu erwartenden Kältefront beides gar nicht mal

bringen. Das Leben kann so wertvoll sein.

so unattraktive Szenarien. Also: Du darfst!

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ZUM ­AUFSTEIGEN Na, wer will das nicht. Im Traum mal so richtig abheben. Damit das gelingt, gibt es eine Bettwäsche, die mehr kann, als müde Krieger warm einbetten. Wer sich in sie legt, der steigt in diese kleine Raumkapsel und donnert einmal zu den Sternen. Hin und zurück, versteht sich. Wie sich ­diese Astronautenbettwäsche aufs erste Rendezvous auswirkt, haben wir noch nicht getestet. Aber was soll's. Dann ­fliegen Sie halt zu zweit. Kann ja auch ganz spannend sein. www.snurkbeddengoed.nl

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Jemand, der sein Geschäft bald schließt, müsste eigentlich unglücklich aussehen. Aber vielleicht sind es die Pralinen, die bei Sigrid Braun keine Traurigkeit aufkommen lassen. Sollen ja glücklich machen, die süßen kleinen Kugeln, die hier noch alle per Hand selbst gemacht werden. Hier, das ist derzeit noch das Bistro Vini e Panini. Da, wo nicht nur die Nudeln noch selbst gemacht sind, wo sich die Stammgäste vor allem an den Ravioli trotz aller Versuche nicht satt essen können. Vor vier Jahren haben Sigrid Braun und Lilian O’Donoghue das Bistro mit dem italienischen Charme eröffnet, vier Jahre, zehn Tage Urlaub und eine Woche

PRALINEN krank im Bett später ist Schluss. Dabei hat alles sehr gut begonnen, auch wenn die heute 60-Jährige damals

nicht wusste, auf was sie sich da eigentlich einlässt. Irgendwann aber war die Zeit dann doch zu wenig. Also die

eigene, die für sich. Und der Druck dann doch zu viel. Also der fremde, der von außen auf ihre Schultern drückte.

Eine traurige Geschichte wäre das, nicht nur für die Stammkunden. Gäbe es da nicht etwas, was sie schon vor Jahren,

immer zur Winterzeit, begonnen hat. Erst als Hobby, dann als Leidenschaft, später und vor allem aktuell als Profession.

Wer Sigrid Braun zusieht, wie durch ihre Hände feinste Pralinen entstehen, der weiß, dass Kunst von Können kommt.

Erst wird in tiefbrauner Schokolade geschwenkt, dann in feinstem Schokostaub gewendet, ehe diese süßen Kugeln erst

in der Verpackung und dann ganz schnell im Mund verschwinden. Entstanden ist so die kleine, vor allem auch feine Prali-

nenwerkstatt Chocorausch, die bald schon ein neues Zuhause in der Innenstadt finden wird. Natürlich gibt es hier auch die

Pralinen-Klassiker, die, die sich auch bei Tchibo in der Auslage finden. Nur eben viel handgemachter, viel leckerer. Aber es gibt auch Zusammenstellungen, die nirgendwo sonst zu finden sind. Schon mal Pralinen mit Passionsfrucht probiert? Schon mal eine Praline in den eigenen Mund geschoben, die auf den wunderbaren Namen Limette-Karamell-Trüffel hört? Nein? Selbst schuld. Pralinenkurse kann man hier machen, erlernen, wie das geht, mit der Zauberei, die aus einem Batzen Schokolade so etwas Wundervolles herstellt. Aber man sollte nicht glauben, dass das so einfach ist. Sicher, Schokoladen auf Kugeln tropfen lassen kann jeder. Daraus einen Gaumenschmaus zaubern nur wenige. Vielleicht liegt es daran, dass Sigrid Braun eigentlich Heilpraktikerin ist. Und sich auskennt mit den Dingen, die etwas Zeit, vor allem aber Leidenschaft und Aufmerksamkeit benötigen. Dann wird es auch was mit der eigenen Pralinenherstellung. Klappt das wider Erwarten nicht, gibt es immer noch Chocorausch. Im Internet. Und bald schon real. Wo genau, ist noch ein wenig geheim. Aber weit entfernt vom Vini e Panini ist es nicht. Und rumsprechen wird es sich sowieso. Eröffnung im Dezember, Schließung im Frühjahr, also nur saisonal, nicht für immer. Und dann? Erst einmal richtig leben. Sagt Sigrid Braun. Es sei ihr gegönnt. Wenn sie verspricht, im kommenden Winter wieder da zu sein und für echten Pralinenrausch zu sorgen. ///

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Vom Gr端nen Wald zum Kulturruf 110

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Wer sein Navigationssystem mit der richti-

den er jahre­lang arbeitete. Ehe das aber so-

gen Adresse füttert, denkt dennoch irgend­

weit war, dass hier wieder richtig gelebt und

wann, dass er vom Weg abgekommen ist.

gewohnt werden konnte, brauchte es erst

Hier soll es weitergehen? Mit Stiefel und

einmal den Gang zur Bank. Oder besser noch

Hund vielleicht. Aber mit dem Auto? „Dabei

zu vielen Banken, denn die ersten und viele

ist der Weg zu uns jetzt noch in einem guten

weitere winkten ab. Erst die Umweltbank

Zustand“, sagt Heiner Maas ein paar Schlag-

sagt zu und nickte den Renovierungskredit

löcher später, als er uns in der Sonne sitzend

ab. Kompliziert und kräfteraubend sei das

begrüßt. Früher, also vor ein ein paar J­ ahren,

gewesen. Und gleichzeitig auch passend,

da hat es noch viele hierher gezogen. Da

denn wenn solche Projekte wie diese hier

ging es noch raus in das Ausflugslokal „Zum

nicht von einer Bank, die sich Umweltbank

Grünen Walde“, auch wenn diese Bezeich-

nennt, gefördert werden, welche denn

nung irgendwie nicht das verrät, was der

dann? Heute sind aus dem Restaurant und

Ort früher für die Kulturszene bedeutete.

Kulturort von damals mehrere Wohnein-

Aber, alles Geschichte. „Am Ende war der

heiten geworden. Nur Heiner Maas wollte

Arbeitsaufwand einfach zu groß und der

hier nicht mehr leben. Also erstmal nicht, da

Ertrag zu gering, um auf Dauer davon leben

gönnten sich er und seine Frau lieber erst

zu können. Das muss man akzeptieren, auch

einmal eine Auszeit, rein ins Wohnmobil,

wenn es schade ist. Sehr sogar“, sagt Heiner

einfach drauflosgefahren, die Welt sehen

Maas und wirkt so, als könne er das wirklich.

und dabei selber zur Ruhe kommen. Dabei

Also die Vergangenheit Vergangenheit sein

ist es ja nicht so, als dass er die Welt nicht

lassen und nach vorne blicken. Wobei, wenn

kennen würde. Ganz im Gegenteil. Gerade in

man sich umschaut in dem frisch renovier-

Afrika ist Heiner Maas fast schon Zuhause.

ten und auf den modernsten energetischen

Und wer weiß, vielleicht zieht es ihn bald

Stand gebrachten Gebäude, dann erinnert

schon wieder dahin. Sehr lose sei der Kon-

doch noch vieles an die Zeit, als hier noch

takt noch, aber immerhin. Schließlich sucht

die Weltmusik und die lokale Musikszene

das Goetheinstitut gerade für Dakar einen

Zuhause waren, als es das zu hören und zu

Mitarbeiter im Bereich Kultur. Und das schon

sehen gab, was längst Bielefeld, ganz Ost-

länger. Und erfolglos. „Wäre also eine Mög-

westfalen verlassen hat. Poster hängen hier

lichkeit“, sagt Maas. Der machte sein Diplom

noch an der Wand, die auf frühere Konzer-

in Burkina Faso, Weltmusik ist sein Spezial-

te hinweisen, in den Regale stecken noch

gebiet, eine lange Einarbeitungszeit bräuch-

unausgepackte Weltmusik-CDs, ein dünnes

te er also nicht. Und wohl auch keine, um

Antennenkabel windet sich an der Wand

lange hin und her zu überlegen, ob er nach

empor und sorgt dafür, dass Maas hier noch

Dakar ziehen solle oder nicht. „Doch, das

den Weltmusiksender ­empfangen kann, für

reizt“, sagt der 59-Jährige. Der weiß, dass

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das eine Option von vielen ist. Ein Engage-

Du hier gehockt und manches Mal haben

ment als Festivalleiter in der Jugendher-

es nur zwei Menschen den dunklen Weg zu

berge in Prora wäre auch eine Möglichkeit,

uns hoch geschafft“, sagt Maas ganz ohne

vielleicht auch etwas in Freiburg. Wer weiß,

Bitterkeit. Ganz anders im Winter, wenn

was sich ergibt, wer in den kommenden Wo-

Schnee gelegen hat. Aber wann hat er das

che anruft. Es wird schon was spannendes

schon? Also war es nur die logische Konse-

sein. Es sollte halt etwas mit Kultur zu tun

quenz, irgendwann einen Strich zu ziehen.

haben, vielleicht auch mit dem Eine-Welt-,

So, wie es und vor allem das Gebäude jetzt

mit dem Fair-Trade Gedanken. Auch hier

aussieht, scheint dieser Strich gut gelun-

sammelte er in seiner Vergangenheit vie-

gen zu sein. Das Gebäude duckt sich inmit-

le Erfahrungen, weiß jetzt, dass es nichts

ten des großflächigen Grüns, Hunde bellen,

werden konnte mit dem Fair-Trade-Café im

wer die Idylle sucht, ist hier richtig. Ein Jahr

Welthaus Bielefeld. Zu klein die Fläche, ohne

lag war Heiner Maas während seiner Aus-

Außengastro­nomie war das Projekt irgend-

zeit nicht Teil dieser Idylle. Jetzt aber sitzt

wie von Anfang an zum Scheitern verurteilt.

er wieder in der Sonne und genießt Wetter

Natürlich beobachtet er auch heute noch

und Landschaft. Gleichzeitig verspürt er

die k ­ ulturelle Szene in Bielefeld. Und wenn

aber auch das Kribbeln in den Fingern. „So

man ­ehrlich ist, dann sei die doch eigentlich

langsam kann es wieder losgehen Und wird

ganz gut. Sicher, damals, als es im Pappel-

es auch“, ist sich Heiner Mass sicher. Viel-

krug bei Trude Struck oder im JZ Kamp, in

leicht liegt diese Gelassenheit daran, dass

der ­Raspi oder dem damaligen PC69 noch die

er 17 Jahre lang das von im gegründete

erste Weltmusik live gegeben habe, da sei

Kulturbüro im Bielefelder Welthaus leitete,

es irgendwie spannender, bunter, auch ein

dass er für das Weltnachtfestival ein Jahr-

wenig verrückter gewesen. Aber bringt ja

zehnt lang verantwortlich war, ehe er viele

nichts, dem Gestern hinterher zu hinken. Da

weitere Aufgaben übernahm. „Kultur? Ist

engagiert sich Heiner Maas lieber über den

doch immer schon wichtig gewesen“, sagt

Kulturruf 110, springt da ein, wo gerade Not

Heiner Maas. Na bitte, mehr braucht es doch

am (Kultur-)Mann ist. Überhaupt sei Biele-

wirklich nicht, um gelassen in die eigene

feld ja sein Lebensmittelpunkt – mit kleinen

berufliche Zukunft blicken zu können. Frei-

Aussetzern, versteht sich. Aber genau das

burg, Dakar, Rügen oder doch Bielefeld. Wer

mache es ja aus. „Ich sehe das alles gelassen.

weiß. Es wird sich schon was finden. Wenn

Kann hier nicht sein.

Mal schauen, was sich so entwickelt“, so

auch nicht mehr in diesem grünen Wald

Weil der Weg ja nicht

Maas, der mit ansehen musste, wie sich mit

hier. Der ist ab sofort nur noch eine Wohn-

weiter geht. Dabei war

dem Kulturort „Zum grünen Walde“ immer

anlage. W ­ obei man die Worte „nur noch“ gut

Tobias Heyer extra mit

weniger entwickelte. Der Sommer sei kein

streichen kann. Schön ist es hier. Sehr sogar.

dem Landrover ins Grün

Problem gewesen. Aber der Winter. „Da hast

Zum Wohnen. Und Leben.

gefahren. Und war doch erstaunt, dass am Ende dieses Waldweges noch jemand wohnen sollte.

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hochladen. „Also Fotos, Präsen­ tationen, Lookbooks, Moods, technische Zeichnungen, Illustrationen, kleine Videos und

r ü f Raum e d o M

alles was so produziert wird, wenn man ans Ende seines Studium kommt“, erzählt diejenige, die hinter dem ganzen steht: ­Saskia Heilmann. Die 30-Jährige weiß, wovon sie spricht, hat sie schließlich selbst bis 2011 an der Fachhochschule Bielefeld Modedesign

studiert.

Während

­eines Auslandsjahres an der Central Saint Martins Universität in London merkte sie aber, wo der Vorteil der dortigen jungen Modedesigner lag. „In London ist schon bei den Abschluss-Shows der Modeschulen die Industrie und das Mode-Business vor Ort. Die ­ Interessenten kommen, um die Talente direkt von der Schule wegzuscouten.“ Hier hingegen mache man die Show wohl eher für Familie und Freunde, stellte Saskia Heilmann fest. Stiefmütterlich werde diese junge Mode in Deutschland behandelt. Dabei glänze die

junge deutsche Mode schon seit längerem durch Innovation, Präzision und Qualitätsbewusstsein, nur die Öffentlichkeitsarbeit sei

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noch ausbaufähig. „Natürlich gibt es immer Ausnahmen und das Bemühen von vielen Hochschulen ist auch da, die Nähe zur Industrie herzustellen“, sagt sie, „ aber es fehlte etwas, das es Interessierten aus der Modeindustrie und auch Journalisten einfacher macht, die jungen Talente in Deutschland auch schnell zu finden.“ Deshalb machte Saskia Heilmann erst ihr Mode-­

für junge Modeschaffende, für den besonderen

Diplom und sich dann daran, andere junge

Zeitpunkt im Leben des Designers: den Schnitt-

Mode­designer zu fördern. Sie entwickelte Gra-

punkt Schule und Beruf. Sie sammelt auch umfas-

duate Fashion Germany. Die Mode-Absolventen

sende Informationen für diejenigen, die einmal

deutscher Hochschulen müssen ihr dafür um

junge Designer werden wollen. Für Mode­liehaber,

den Hals gefallen sein. „Würde man meinen,

Modejournalisten, Talentscouts, Shopinhaber. Man

oder?“, fragt sie zurück und lacht. „So war es

findet hier nämlich nicht nur Abschlussarbeiten,

aber witzigerweise nicht. Ich musste richtig

sondern auch die Links zu den Designern direkt,

Werbung für Graduate Fashion German machen,

Agentur- und Magazin- und Hochschulkontakte,

und muss immer wieder akquirieren.“ Da ­könnte

Termine von Fashion­weeks, Interviews und News.

auch der Grund ­dafür

„Es soll mit der

liegen, dass die Ei-

Zeit ein richtiges

genwerbung der Mo-

Archiv werden.

destudenten

Was geschieht

und

jungen Designer bis-

mit der Zeit, wel-

her so, sagen wir

che Entwicklung

mal, zurückhaltend

macht die junge

war. Es wirke fast so,

deutsche Mode—

also wollen die jun-

szene – darüber

gen Talente gefun-

bekommt man

den, also gesucht

über meine Platt­

werden. „Sie brau-

form schon ein

chen anscheinend

richtig gutes Ge-

Reibung“,

spür“,

­Saskia,

sagt

erzählt

Saskia stolz. Aus

„vielleicht

muss sich die Plattform aber

Herzblut, aus Liebe zur Mode be-

auch erst noch beweisen.“ Die

treibt sie die Internetseite auch

Hochschulen selbst haben

heute noch ehrenamtlich, mit

auch sehr unterschiedlich

­Hilfe von Freunden, die einfach

­reagiert, „manche sind super-­

überzeugt sind von ihrer Idee.

interessiert, manche reagieren

„Da steckt ein unglaubliches

einfach nicht. Dabei ist es doch

Poten­zial“, sagt sie und meint

naheliegend, dass sich die

nicht nur die junge deutsche

Hochschulen und die Studen-

Mode­szene, sondern auch die

ten zusammentun und in

Idee „Graduate Fashion G ­ ermany“.

­einem Netzwerk präsentieren.“ Schließlich in-

„Mein Ziel ist, neben einem Graduate Fashion Ma-

vestieren junge Designer unglaublich viel Zeit

gazin, eine ­Graduate Fashion Germany Week. Eine

und auch Geld in die eigene Arbeiten, und das

gebündelte Show aller Hochschulen. Und ein

bereits im Studium. Alles läuft auf die Ab-

­Graduate Fashion Award,“ erzählt sie, „da suche

schlusspräsentation hinaus. Und dann? „Dann

ich noch nach Sponsoren.“ Also, aufgepasst und

verschwindet diese Arbeit oft in der Versen-

mitgemacht, der ­Kontakt ist schnell gemacht:

kung, virtuell und in Wirklichkeit.“ ­Graduate

www.graduatefashion-germany.com ///

Fashion Germany dagegen bekommt inzwischen auch schon internationale Aufmerksamkeit. Gerade erst berichtete ein internationales

Anna Lechner, ebenfalls Absolventin der Fach-

Magazin über Graduate Fashion Germany und

hochschule Bielefeld, kennt die Problematik der

Saskia Heilmann. Aufmerksam sollte aber

jungen Designer. Umso bemerkenswerter findet

­eigentlich jeder sein, der an Mode interessiert

sie deshalb Sakias Idee. Unterstützenswert, und

ist. Bietet Saskia Heilmann hier nicht nur Raum

vor allem dringend nötig.

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Du beherrschst Dein ­Instrument? Du feilst an ­ jedem Stück bis Du den ­richtigen Ton ­gefunden hast, hast aber ­genauso

Wir suchen

Bock auf kurze ­Jamsessions? Du bist ­einfach noch nicht in der ­richtigen Band?

Leute mit Schick uns das Beste, was Du hast. Deinen besten Text, Deine beste Grafik, Dein ­bestes Projekt. Erzähl uns, was Dich bewegt.


Was Du bei uns ­findest? Rockstar-­Attitüde minus Hotel­zimmer ­verwüsten minus echte ­Verstärkung. erst mittags zur ­Arbeit torkeln ­Erfahrung. ­Könner. minus Management, das sowieso nur nervt. Was bleibt? Spaß an dem was wir machen. Sonst würden wir es nicht tun.


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Neid ist keine menschliche Eigenschaft, auf die man stolz sein sollte. Eher ganz im Gegenteil. Hier aber lässt sie sich nicht unterdrücken. Wie gerne würde man hier selber einziehen? Unten die Arbeit, ein Stockwerk höher die Freizeit. Fest verbunden und flott überwunden über eine enge Holztreppe, die das möglich macht, was Sascha Grewe so schätzt. Einfach abends nochmal runter in die Werkstatt, das letzte MDF-Stück noch einmal bearbeitet, die letzte Lackschrift gesprüht. Neidisch deshalb, weil man sich so etwas wie hier im Milser Gewerbepark wünscht. Für die eigene Arbeit. Für sich selber. Dabei klingt Milser Gewerbepark nicht wirklich sexy, sondern eher nach Dänischem Bettenlager und Fressnapf-Großlager. Hier aber reihen sich Backsteinhäuser mit Geschichte aneinander, wird nächtens ein zentral gelegener Wasserturm

angestrahlt,

geht es über rumpeliges Kopfsteinpflaster, ehe das Haus, die Arbeitsstätte, besser: das Reich von Sascha Grewe erreicht ist. Wer seine Klingel drückt, darf kein spontanes Öffnen erwarten. Drinnen kreischt die Kreissäge, sind die Ohren gut geschützt und damit nicht empfänglich für das Schellen von draußen. Also erst einmal das Haus umkreist. Groß ist es nicht, klein auch nicht. Genau passend, würden wir sagen.

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Noch einmal die Klingel ge-

Quitschgelb rüber und setzt

Sascha Grewe geeignet. „Wenn

drückt, jetzt etwas stürmi-

sich selber das bordeauxrote

die Gehrung perfekt gearbeitet

scher. Wieder kein Echo. Dann

Luxus-Ding auf die eigenen Oh-

ist, dann ist die ­Verbindung in

mit Schwung gegen die Tür ge-

ren. Dann passiert, was wohl

Passform und Halt unübertrof-

lehnt und die Klinke gedrückt.

jeden Mann vom TÜV Rhein-

fen“, sagt Grewe, setzt einmal

Der wird doch wohl nicht? Doch,

land erschaudern lässt. Grewe

ab, pustet über die wenige Mil-

der hat nicht mal abgeschlos-

schmeißt die Kreissäge an und

limeter dünne Holzplatte und

sen; durch eine weitere Tür

setzt die Finger an die MDF-Plat-

lässt den Blick über sie wan-

geschlüpft und herzlich will-

te. Ganz nah dran, ganz sanft.

dern. Sieht so aus, als könne sich

kommen in der Welt von Sascha

Und schiebt das Pressholz nur

­d iese Fünf hier später sehr gut

Grewe. Der Mann ist bekannt,

millimeterweise vor und zurück,

sehen lassen. Wobei das – und

sehr sogar. Nur in Bielefeld, da

fährt Rundungen nach und ho-

das glaubt der Gast nicht wirk-

kennen ihn nur wenige. Die

belt so immer kleinere Stücke ab,

lich – seine erste Zahl ist. Sonst

New York Times hat schon an-

ehe am Ende ein Bogen entsteht,

­verlassen immer nur Buchsta-

geklopft, nationale und inter-

der später Teil einer Fünf dar-

ben seine Werkstatt. Und wer-

nationale Wohnmagazine und

stellen wird. Hier nun wird die-

den per Spedition nicht nur bun-

zahllose Designblogs berichte-

ser Bericht unsachlich. Das hier,

des- oder europaweit verschickt,

ten über den 30-Jährigen, der

das ist nämlich nicht irgendeine

sondern machten sich auch schon auf, um Design­f reunde

einen ganz klassischen Ausbil-

Fünf. Sondern unsere Fünf. Die

dungsweg nahm und doch schon

gibt es, wenn Sie diese Zeilen

in Singapur, Amerika oder Aus-

jetzt Besonderes erreichte. Erst

lesen, gleich in zwei Varianten.

tralien zu erfreuen.

die Lehre zum Tischler bei Franz

Einmal als Sitzhocker, Grewes

Begonnen hat die Idee mit den

Brinkmann, das Handwerk soll

Klassiker sozusagen. Und dann

bunt lackierten Buchstaben

schließlich die Basis für das

als liegende Fünf und als Tisch,

aus Holz während des Studiums

sich anschließende Studium

beides in unserem Bielefelder

2009. Betonstühle hatte er bis

der Innenarchitektur bilden.

Büro im Hochbunker in der Alt-

dahin entwickelt, hatte schon

Während des Studiums gründet

stadt. Die Wände aus meterdi-

gegenständlich mit Holz gear-

Grewe die eigene Firma art-can-

ckem Beton, der Fußboden ge-

beitet. Jetzt aber reizte ihn die

break-your-heart und perfekti-

strichener Estrich und der Tisch

Verbindung zwischen Typogra-

oniert fortan, was er schon bei

in der Sitzecke für Gäste nun

fie und dem Tischlerhandwerk.

seinem Lehrmeister gesehen

eine Fünf, kanariengelb lackiert

Also entwickelte er eine Schrift­

hat. Wenn man auf Gehrung

und auf den ersten Blick zeigend,

art, eine richtig kräftige, eine,

zuschneidet, dann passt Holz

dass hier die Agentur Hoch5 ihr

bei der die Buchstaben fast zu

nicht nur perfekt zusammen,

Zuhause hat. Ehe es aber soweit

platzen drohten. Verfeinerte

sondern geht auch eine äußerst

ist, ehe geliefert werden kann,

sie weiter, reduzierte die Ein-

stabile Verbindung ein. Das Ad-

dauert es noch ein wenig. Noch

kerbungen und Schwingungen

jektiv perfekt darf man hier

sind von der Sitz-Fünf nur zwei

und erhielt so 26 Buchstaben,

ruhig wörtlich nehmen. Und ja,

Platten zu sehen, die jetzt gera-

die prall wirkten und wunder-

Sascha Grewe nickt, sicher, er

de von der großen zur winzigen

bar als Sitzmöbel fungieren

ist Perfektionist, da versucht

Kreissäge wandern. Die hat ge-

konnten. Der erste Kunde war

er lieber erst gar nicht, sein

rade einmal Schuhkartonformat,

schnell gefunden, der zweite

Gegenüber vom Gegenteil zu

die eigentliche Sägescheibe ist

folgte. In der Fachhochschule

überzeugen. Viel lieber reicht

so klein wie eine CD und gerade

machte Grewe Furore und so war

er die Gäste-Ohrenschützer in

deshalb so gut für die Arbeit von

er plötzlich Dreierlei: Student,

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Diese Reportage ist ursprünglich für unser Bielefelder Wirtschaftsmagazin PEAK entstanden. Sie passt aber auch ganz wunderbar hierher. So wie die beiden kanariengelben Fünfen in unser neues Büro im Hochbunker in Bielefelds Altstadt. Wer das PEAK nicht kennt, kommt vorbei, lernt uns kennen und sichert sich sein Exemplar. Wer es kennt, kommt gerne trotzdem, sitzt auf der kleinen Fünf Probe und schaut sich an, welch andere Magazine wir auf den Fünfer-Tisch noch so zum Durchblättern gelegt haben. Also: herzlich Willkommen.

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Lehrender und Unternehmer. „Meinen Studenten durfte ich das natürlich nicht erzählen“, sagt Sascha Grewe heute lachend. Da berichtet er ihnen lieber, dass auch sein Weg anfangs ein steiniger war. Manche Nacht hat er in der Werkstatt verbracht, hat vor allem an den Buchstaben getüftelt, die sich gegen ein Fortleben als Sitzhocker zu sträuben schienen. Das S macht keine Probleme, das R auch nicht. Nur das O, das bereitet auch heute noch die meisten Schwierigkeiten, dieser langgezogene Schwung auf der Rückseite erforderte selbst vom erfahrenen Kreissägenbediener ein nochmaliges Ansetzen, ein nochmaliges Nachsägen, ehe Rundung und Mantelfläche zueinander passen. Heute kommen Unternehmen von weit her, um sich für die Buchstaben zu begeistern. So wie Küppersbusch, der das Wort „Qualität“ gleich in der XL-Variante für einen Messeauftritt bestellt. Auf der Landesgartenschau konnten erstaunte Besucher Worte aus Grewes Buchstaben lesen, die dieses Mal massiv aus Beton gegossen waren. In Leipzig, Berlin und Hamburg gibt es längst Designgeschäfte, die die Buchstabenhocker vertreiben, das Netz, „immer noch meine beste Werbung“, so Grewe, ist voll von Blogs, die erzählen, wie aus 26 Buchstaben und 250 Farben ein Sitzmöbel entsteht, das einzigartig ist. ///

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Ein Raum voll mit Dingen. Mit zerrissenen, angekratz­

Aber: Hier, in diese Kammer, darf man eintreten.

ten – wohl gemerkt kunstvoll angekratzten – Maga­

Soll man auch. Muss man halt nur wissen. Darf sich

zinen, unzähligen Bildern, Fotos, Zeitungsaus-

setzen, darf alles anfassen. Hochheben und neu

schnitten, Illustrationen zerstreut auf dem Boden.

platzieren. Hat wieder etwas willkürliches, könn-

Skurrile Bilder, Fototapeten an den Wänden. Eine

te der Laie denken. Ist aber genau das, was dieser

Katzengestalt mit zwölf Augen. Und fünf ­Ohren.

Rauminstallation, dieser Kammer Tiefgang gibt.

Tassen, Porzellanfiguren. Bierflaschen. Dosen. Müll.

Der Laie befindet sich nämlich in einer interaktiven

Grüner Teppich unter den Füßen. Hier herrscht der

Raum-Collage. Aus der Kammer – entweder um die

Ausnahmezustand.

eigene Achse drehend oder rückwärts gehend –

Und das nicht nur, was die sichtbare Unordnung

­wieder rausgekommen, befindet er sich im MARTa

angeht. Als Laie fragt man sich bei Kunstwerken

Herford. In der laufenden Ausstellung „Ruhe-Stö-

dieser Art, wo genau in diesem Chaos sich die Kunst

rung" – Streifzüge durch die Welten der Collage.

versteckt. Als Laie neigt man dazu, Rauminstallati-

­Diese läuft noch bis zum 26. Januar und bildet erst-

onen dieser Art anzuzweifeln – oder zumindest das

mals ein gemeinsames Ausstellungsprojekt des

Konzept ­dahinter.

MARTa Herfords und des Kunstmuseums Ahlen.

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Fulminant ist wohl die treffendste Beschreibung für die Ausstellung. Und voll. 400 Exponate werden ­insgesamt an den beiden Orten gezeigt. Von rund 200 Künstlern. Die zum Teil historischen, als auch zeitgenössischen Werke sind sechs Themen zugeord­ net: Widerstand & Zerstörung, Raum­eignung & Weltenbau und Erneuerung & Recycling sind dabei die Themen, die den Besucher in Herford mit auf die Reise nehmen. Und für diese sollte man sich Zeit nehmen. Denn für diese Ausstellung haben nicht nur private und öffentliche Leihgeber ihre Schätze zur Verfügung gestellt, auch eigens für die Ausstellung konzipierte und produzierte Werke sind zu sehen. Herausgekommen ist dabei eine riesige Wunderkammer. Für den Kenner, wie für den Laien. ///

MARTa Herford Ruhe-Störung Streifzüge durch die Welten der Collage noch bis 26. Januar 2014 Di–So sowie an Feiertagen 11–18 Uhr 1. Mittwoch im Monat 11–21 Uhr www.marta-herford.de

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TASCHE HANDSTAND Neulich in der Agentur-Kantine: Ausgabe der neusten MacBook. 15 Zoll, Retina Display, halt mit allem Schickimicki, die heißen Dinger. Dann aber fragende Gesichter. Wohin mit den Dingern? Auf den Rücksitz donnern? Auf den Gepäckträger klemmen? Oder doch besser in diese wunderbar kompakte und doch geräumige

PORSCHE 911 CABRIO

Tasche stecken. Zwar hat es bei uns nie zum Handstand gereicht und auch beim Zirkeltraining sportlerten wir eher in der der Kategorie Drückeberger. Aber als

Natürlich schreiben wir diesen Top-Tipp nur, damit sich die

Laptoptasche ohne auszusehen

Jungs von Porsche-Bielefeld so dermaßen gebauchpinselt

wie ne Laptoptasche ist die Hand-

fühlen, dass sie uns so eine Rakete, sagen wir mal, für einen

stand-Tasche perfekt.

Monat als Redaktionsauto vor die Agenturtür stellen. Aber

www.zirkeltraining.biz

so ist das nicht. So denken wir doch nicht! Ach wo. Was wir nur sagen wollen ist: das hier, das ist ein Auto für die Ewigkeit. Für ne kurze Ewigkeit, okay. Aber wenn schon null auf hundert, dann doch

SOUND! PAULI!

bitte in 3,5 Sekunden. Was, zahlenmäßig, auch gut dazu passt: Erst bei 315 km/h ist Schluss. Wenn Sie dabei das Verdeck offen lassen, dann wandern ihre Augen langsam in Richtung ­Ohrläppchen. Was ja nicht unpraktisch ist. Weil

Es ist ein wenig her, da lebten wir in Hamburg und wunderten

dann die Mundwinkel immer weiter oben wandern – zum

uns immer wieder, was da so magisch anziehen sollte, auf St. Pau-

Ins-Runde-grinsen. Und jetzt los, Porschekollegen, her mit

li. Also soooo dolle war das doch auch wieder nicht. Weder die

dem Schlüssel, genug gelobt, da muss doch wenigstens ein

Umgebung noch der Fußball. Jetzt aber wissen wir: Wir hatten

Südfrankreich-­Wochenende mit dem Flitzer drin sein.

doch keine Ahnung. Es gibt hier – und ist das nicht das wichtigste überhaupt, pfeif aufs Gekicke – ganz wunderbare Menschen. Etwa die, die Lautsprecher aus alten Tagen mit einem neuen Innenleben versehen, ohne das Äußere zu verändern. Was dabei herauskommt, ist eine tragbare, batteriebetriebene Aktivbox, die doch an jeden Mp3-Player gepasst hat. Wo man solche Boxen am besten genießt? Irgendwann im Sommer, irgendwo in St. Pauli. Wo sonst? www.soundpauli.org

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TOAD THE WET SPROCKET Es ist an der Zeit, sich mal zu outen. Das hier, das ist die Band unserer Jugend. 16 Jahren ist es her, da erschien die letzte CD der Jungs aus Kalifornien, die uns mit „Walk on the ocean“ aus dem Herzen zu singen schienen. Nach 16 Jahren? Da schrubbelt Sting immer noch auf der Gitarre und merkt nicht, dass seine Zeit längst vergangen ist. Bei Toad the wet sprocket aber ist das anders. Die Jungs – längst Männer im reifen, im besten Alter – werden besser. Noch viel besser. Und

GAR NICHT WURST

zeigen: geht doch. Mit einer CD, die der alten Linie treu bleibt und doch viel Überraschendes bietet. Also: alles wunderbar. Nur bitte: Lasst uns nicht weiter

Ach komm, geh mir weg mit ner Salami. Schmeckt doch nicht.

16 Jahre warten. Sonst

Aber: muss sie auch nicht. Wenn man wenigstens auf ihr schrei-

zahlen wir die kommende

ben kann. So wie auf diesem Leckerbissen, der nicht dem Kühl-

Scheibe mit unserer Rente.

regal des Supermarktes entsprungen ist, sondern dem Schreibwarengeschäft. Ein Notizblock also, der ausgefallener kaum sein könnte. Dennoch haben wir noch einen klitzekleinen Wunsch: Können die Hersteller bitte das Papier ein wenig in Salamiaroma

ZUSAMMENHALTEN

wälzen? Dadurch schreibt es sich zwar nicht besser darauf. Aber wir würden noch lieber in dieses Stück saftige Papierwurst beißen.

Ja, es gibt technisch kompliziertere Errungenschaften. Aber wissen Sie was? Die kommen nicht nur. Und gehen auch wieder. Die Büroklammer aber ist schon immer da – und geht nicht weg. Wer kann auch schon auf so wunderbare W ­ eise ein oder mehrere Blätter zusammen halten? Und dann auch noch in dieser ausgefallenen Fischform, abgepackt in einer formvollendeten Sardinen-, äh, Büroklammerdose? 30 ­bläulich-grüne Fische wimmeln in der Dose. Das reicht für die Steuererklärung, die Schreiben der Krankenkasse, der Bank, die Einladung für die nächste Vernissage. Und wenn Sie wollen, dann können Sie damit auch das hochfünf klammern. Und immer nur dann lüften, wenn Sie Zeit und Muße finden, sich darin ein wenig umzuschauen. eu.monkeybusiness.co.il

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Photoshoot statt Photoshop Es gibt sie noch, die guten Dinge. Und manchmal auch die richtig guten Auftraggeber. Solche, die wissen, dass ein Foto immer noch ein Bild ist. Eines, das nicht irgendwie am Rechner zusammengebastelt werden will. Sondern echt sein sollte. Klar, sagt der Kopf. Sicher, stellt das Auge fest. Natürlich, nickt auch der Verstand zustimmend. Das hier, das sind Fotomontagen. Kann man ja machen,

Damals dachten wir, das hier, das ist die verrückteste Geschich-

virtuell, am Rechner, so ein Bett unter Wasser

te, die man erzählen kann, wenn es um das Thema echte Fotos

zu stellen. Oder es brennen, es in die Schau-

geht. Damals wussten wir noch nicht, dass wir uns irrten. Denn

fel eines Baggers hieven, in der Luft schwe-

es kam noch viel besser, in diesem Sommer. Und das kam so:

ben lassen. Flinke Hände und kreative Köpfe

Meisemöbel, einer der ganz Großen im Bettengeschäft, sesshaft

schaffen so etwas am Rechner. Und sicher,

in Kirchlengern, zu Hause in der Welt, stellte seine Hausmes-

so etwas gibt es auch bei uns, fragen Kunden

se unter das Motto „Die vier Elemente“ und beauftragte uns

immer wieder nach, ob die grau-matte Küche

mit der Umsetzung. Ein Bett sollte rein ins Wasser, eines in die

auch eine hochglänzende weiße sein könnte,

Erde, eins ins Feuer und eins in die Luft. Machen wir in echt. Ha-

ob wir als Agentur Hoch5 Bilderwelten er-

ben wir gesagt. Und nicht geglaubt, dass das wirklich Realität

schaffen können, die es so eigentlich nicht

werden würde. Machen wir auf keinen Fall am Computer. Hat

gibt. Einmal hat einer angerufen, der wollte ein Bild einer schwarzbunten Kuh nutzen, die im grasgrünen Gras grasend steht. Dumm nur, dass es Mitte Januar war. An ein echtes Bild war nicht zu denken, erklärten wir dem Kunden. Aber der wollte nichts aus der Konserve, nichts, das aus Pixeln zusammengeschoben wurde. Also sind wir geflogen. Erst nach Irland, des Grüns wegen. Von da direkt weiter nach Mallorca, weil das Grün in Irland alles war – nur nicht grün.

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Den Telefonhörer zwischen Ohr und Schulter eingeklemmt, die Augen auf dem Bildschirm ruhend, mit der Mouse durch das weltweite Web navigierend, fand sie, was wir suchten. Einer, der für so etwas zu haben ist, ist Rödinghausens Bürgermeister Ernst-Wilhelm Vortmeyer. Was wollt ihr machen? Ja, ne, ist klar. Kein Spaß? Okay, dann macht. Ihr habt drei Stunden am Montagmorgen Zeit, dann wird das Bad für alle Neugierigen geöffnet. Die staunen werden. Und doch nicht über ein Bett hinwegschwimmen wollen. Was, wenn die blaue ­Farbe abfärbt? Was, ­Inhaber Dieter Meise gesagt. Einer, der sich für Marketing­ideen

wenn

begeistern lassen kann, der weiß, dass ein Foto eine Seele hat,

schöne Edel-

dass man am Ende doch sieht, was echt ist und was nicht. Die

stahlbecken

das

Betten waren schnell rausgesucht, ein blaues, ein weißes, ein

bei der Akti-

braunes und ein gelbes. Die Locationsuche aber forderte uns.

on zerkratzt?

Wo kann man ein Bett zu Wasser lassen, ohne dass es Ärger

Besser nicht

gibt? Und was, wenn das Bett schwimmt und nicht sinkt? Wer

dran denken.

hebt uns ein schweres Doppelbett an? Kann man ein Bett un-

Viel besser, Gedanken an die

terpflügen und dabei fotografieren? Wenn es jemanden in un-

Realisierung alles andere als

serer Agentur gibt, der Fantasie und Beharrlichkeit bei solchen

verschwenden. Wie bekommt

Aufgaben perfekt miteinander verbindet, dann ist das Anne.

man ein solch 1.80 m breites Bett ins Wasser? Und – schlim-

mer noch – wie bekommt man es triefend nass wieder raus? Die Antwort lag in einem 80-Tonnen-Kran, der am Montagsmorgen neben dem Freibad seine Seitenstützen in den Boden rammte. Die Bademeisterin schaute betont cool, als sich erst der gut 20 meter lange Arm des Krans entfaltete, ehe das Bett mit jeder Menge Metall beschwert wurde. Die Hälfte unserer Agentur – knapp zehn Mitarbeiter – war ebenfalls gekommen, Badeklamotten an, Mückenspray im Rucksack und Foto- und

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Videoequipment im Wagen. Was dann passierte, lässt sich nur schwer in Worte fassen. Vielleicht nur so viel: Es wurde sehr eng, zeitlich. Und alles andere als einfach, ein Bett zum Sinken zu bringen. Die Kopfkissen trieben an der Wasseroberfläche, die Matratze wollte alles, nur nicht untergehen. Am Ende aber konnte unsere Kollegin Miriam spielerisch leicht über das auf dem Beckenboden stehende Bett hinwegtauchen. Motiv

hier sind, überreißen wir es ein wenig. Also das Bett auf einen kleinen Hü-

Nummer eins war im Kasten.

gel gestellt, die Radladerschaufel mal so richtig vollgemacht und dann Action,

Das zweite Bildmotiv war ein-

Zeitlupe, die Fotokamera ihre 11 Bilder in der Sekunde schießen lassen. Und im

fach – und doch begeisternd.

Augenwinkel sehen, dass die Meisebetten verdammt hochwertig sind. Aber vier

Ein trüber Samstagmorgen,

Tonnen Sand irgendwie dann doch eine andere Liga sind. Am Ende, als wir die

Bruchmühlen,

traurigen Überreste aus der Erde ziehen, sitzt Anna neben Peter und die beiden

unser Land Rover Defender

drehen eine Runde im gelben Koloss. Jugendtraumerfüllung nennt man sowas.

steht in einem riesigen Loch,

In die Luft? Bringt man ein Bett ganz einfach. Man reist ins westfälische Ahlen.

Sandkuhle

das mehr an Mond- denn an Wiehengebirgslandschaft erinnert. Der Hund unserer Auftraggeberin rast immer wieder dem geworfenen Ball hinterher, steckt seine Nase zentimetertief in den Sand, ehe der kommt, ohne den das Bild nicht möglich wäre: Peter. Peter fährt einen riesigen Radlader, Typ Monstertruck, vorne in die Schaufel passen viele Kubikmeter Sand, obendrauf lässt sich locker auch ein Bett platzieren und fertig ist das Motiv. Aber wo wir mit Kamerafrau Anna, mit unserer Grafikerin Miriam und dem ITler Kalle, der irgendwie Gefallen daran zu finden scheint, Sachen real und nicht am Rechner zu erleben, schon

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Vorne im Cockpit dreht Carmen das Making-of-Video, während unten Schreiber Stephan und Anna die Aktion, oder besser: die Action, per Filmkamera festhalten. Es würde uns niemand glauben. Drei Motive, wo sollte da die Steigerung herkommen? Feuer lautete die letzte Aufgabe. Eine, die wir in Bieren meistern sollten. Bei Micha, Feuerspucker, Pferdefreund und vor allem einer, der nicht lange fragt, wenn so eine Anfrage kommt. Die Sonne verabschiedet sich gerade nach einem warmen Sommerabend, das gelbe Bett steht inmitten von Backformen, in denen eine ölige Flüssigkeit darauf wartet, Kurvt um ein paar Ecken, fährt an Wiesen und Äckern vorbei und steht vor zwei

angezündet zu werden. Meine Familie steht

flachen Gebäuden. Innendrin: Hubschrauber. Heile, halbe, ganze und zu repa-

fragend daneben, aus dem Defender schallt

rierende. Solche, die morgen noch zur Waldbrandbekämpfung nach Portugal

Musik herüber, Anna und Carmen richten die

gehen. Und solche, die gleich mit erstaunlicher Leichtigkeit ein Bett in die Luft

Videokameras aus, als Fotograf hast du es

heben werden. Wie man so etwas fotografiert? Am besten aus und auf Augen-

hier leicht. Kamera aufs Stativ, auf die richti-

höhe. Also haben wir gleich einen zweiten Jet-Ranger gemietet, die Seitentür

ge Lichtstimmung warten und dann einfach

ausgebaut. Fotograf Tobias Heyer, der, der das hier schreibt, ließ sich erst in ein

abdrücken. Ganz so einfach wurde es dann

Gurtsystem zwängen, setzte

doch nicht. Denn erst waren die Flammen ir-

den Po auf die äußerste Kan-

gendwie viel zu klein. Und dann irgendwie viel

te des Hubschrauberinnen-

zu groß. Sorgten so dafür, dass erst eine Ecke,

raums und die Füße auf die

dann die ganze Seite des Bettes in Flammen

Kufen, ehe es in die Luft ging.

stand. Und wir knapp an einem Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr vorbeischrammten.

Feuerlöscher sei Dank. Einige Wochen später hängen die vier Motive in der Hausausstellung von Meisemöbel. Fünf mal drei Meter groß. Und wissen Sie was? Niemand hat geglaubt, dass die Betten wirklich in der Luft schwebten, verbrannten, unter Erde begraben oder unter Wasser gedrückt wurden. Aber das Ganze sah schon sehr echt aus, irgendwie. Und während die ersten Messebesucher schon fragten, wer denn da die Pixel geschubst, der Wahrheit am Rechner nachgeholfen hatte, zeigten die Mitarbeiter nur auf vier Monitore, die direkt an den Großpostern aufgestellt waren. Darauf das Making-of. Und es gab keine Fragen mehr. Nur Staunen. ///

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= Bielefeld hat so schöne Seiten, finden wir. Deshalb drucken wir sie ab.

Warum wir das eigentlich machen? Wissen wir doch auch nicht. Also erklären wir lieber wie. So entsteht das Hochfünf.

Wie sowas geht?

Köpfe zusammenstecken, Pläne machen und umwerfen. Bis es auch den Härtesten von uns umwirft.

Inhalte? Ja.

Inhalte? Ja. Geschichten über Walfangvereine an der Lutter, private Teilchenbeschleuniger oder das Wildreservat im Keller der Universität. Oder auch Themen, die man im Westfalenblatt so nicht liest.

Ein Magazin für Bielefeld? Macht man am besten in Bielefeld. Haben wir nach 5 Ausgaben auch gemerkt.

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Fast zu schön zum Teilen. Machen wir aber trotzdem: Das fertige Hochfünf. In Kneipen, der Uni oder wo auch immer du deins gefunden hast.

Runde 1 Runde 2 Runde 3

Layout? Passt. Der Rest nicht? Alles noch mal von vorn. Aber dalli!

Druck. Richtig viel. Wie siehts am Ende aus? Wie fühlt es sich an?

Runde 1 Runde 2 Runde 3

Finanzierung? Papa zahlt. Nein. Anzeigenkunden. Den Rest? Die eigene Tasche. Erstmal. Bezahlte Artikel? Nie.

Der Hochbunker wird HOCH5Bunker. 22. November: Eröffnung unseres neuen Büros in Bielefeld.

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Die letzte Folge sollte eigentlich am 21. Dezember letzten Jahres auf die ­Bühne gebracht werden. Am Tag des Weltunterganges – laut Maya-Kalender. Aber die Welt ist nicht untergegangen.

Sie?

NICHT

MEHR

TRASH GEHT

Also spielten sie weiter.

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Sind das Trashtheater Bielefeld. Eine Gruppe,

Es

begann 2011 mit einer szenischen Lesung

Ob es schwer sei, bei den

die sich um Thomas Walden herum geformt

von Waldens Roman „Der Drache von Fumé“. „Wir tourten damit

Aufführungen ernst zu blei-

hat. Oder eher um seinen Roman herum: „Der

durch Ostwestfalen“, sagt der eine. „Nein“, sagt der andere,

ben – und bei den Proben?

Drache von Fumé“. Dieser wiederum ist das

„das war eine Deutschlandtour – wir waren auch in Berlin und

Wenn man die Truppe so

Buch zur Verfilmung der Bielefeld-Verschwö-

Osnabrück.“ „Ja, stimmt“, sagt der nächste, „im Grunde war es

sieht, scheint hier die größte

rung. Die wiederum von Achim Held, einem

eine internationale Tour, fast.“ Also gut, einverstanden. Es

Schwierigkeit zu liegen. Aber

deutschem Informatiker, stammt.

begann mit einer internati-

Jetzt jedenfalls sitzen rund zehn Mit-

nein. „Das Schwierigste ist die

onalen Tour der szenischen

Konzentration, also die Orga-

glieder der Theatergruppe im Wohn-

­Lesung. Spaß gemacht habe

nisation. Kontinuierlich und

zimmer von Philip. Sie planen und

es, da sind sich alle sofort ei-

effektiv zu arbeiten bei den

konzeptionieren gerade die nächste

nig. Und so ist nach und nach

Proben. Schließlich haben wir

Spielzeit, das nächste Stück.

die Idee zur festen Theater-

alle ja auch noch ein Berufs-

Wie alles anfing? Wollen wir wissen

gruppe entstanden.

leben“, sagt der eine, „die drei

und es ist gar nicht so leicht, allen zu

Was das Trashtheater für sie

bis vier Wochen, die wir zum

folgen, die prompt eine Antwort da-

ist? „Naja, hat auch etwas

Proben haben, sind nicht viel.“

rauf geben wollen. Wenn man ihnen

mit Improvisation zu tun“,

Anscheinend gibt es ihn doch,

zuhört, hat man schnell eine Ahnung

sagt eine von ihnen. Andere

den Ernst des Lebens – auch

davon, wie ihre Stücke entstehen.

lachen. Und: „Trashtheater?

bei ihnen. „Frühsport unterm

Das ist der Mut zu scheitern.“

Meer“ heißt die Szene, die sie

„Wir sind eine autonome Trup-

mir nun noch aus der letzten

pe.“ Knapp zwanzig Leute, die

Spielzeit zeigen wollen. Auf

sich wöchentlich zum Proben,

ihrer Internetseite kann man

oder wie heute, zum Konzep-

sich die sieben Folgen der

tionieren treffen. „Mehr oder

letzten Spielzeit ansehen.

weniger wöchentlich“, gibt

Und so einen Eindruck be-

es den Einwand. „Wir nennen

kommen, was das Trashthe-

uns auch pädagogisches The-

ater Bielfeld bietet. Das Pub-

ater“, höre ich. Warum wohl?

likum erwarten fantastische

– frage ich mich. „Die meisten

Kostüme und unglaublich

von uns sind Pädagogen im

ausgeklügelte Bühnenbilder.

richtigen Leben, abseits von

Ich kann nur sagen: es wird

der Trashbühne.“

seinem Namen gerecht. ///

Keiner von ihnen hat eine Schauspielausbildung. Wenn

„Wir haben einen Ort

die Stücke dann stehen, im

organisieren können,

Wohnzimmer fertig geschrie-

wenngleich auch nicht

ben sind, zumindest der Rah-

das komplette Ensem-

men gesetzt ist – dann geht

ble zugegen sein wird.

es ins Bielefelder Forum. Dort

Aber ich denke, dass

können sie proben. Und dort

die Anwesenden re-

füllen sie dann auch, wenn

präsentativ genug sein

es soweit ist, den großen Saal. Da kommen dann immerhin

werden“, schrieb unser

an die 80 Gäste. „Nicht nur Bielefelder“, sagt die eine. „Nein

Ansprechpartner per

auch aus Lippe“, sagt der andere. Internationales Publikum

E-Mail. Anna Lechner

also, denke ich.

besuchte das Ensemble

Anfang, Mitte des nächsten Jahres soll es soweit sein. Ihr

im „Embryonalstadi-

nächstes Stück wird, so sieht es gerade aus – aber sicher ist

um", wie sie es selber

hier gar nichts – nichts mit Bielefeld zu tun haben. Sie nennen

nannten. Was das ge-

es das Alexander-Projekt. „Es spielt zu Zeiten von Philipp dem

nau hieß, wusste sie

Zweiten von Makedonien.“ Es wird so eine Art „Two and a Half

erst als sie da war: Eine

Man“ transformiert ins Antike Theater.

gemütliche Runde mit

Aha.

Bier und Süßigkeiten.

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El Classico

Da sind der Olli, der Jan, der Micha und ich. Natürlich sind da noch mehr. Aber nicht direkt nach dem Mittagessen. Die einen erledigen den Abwasch, die anderen gehen raus in die Sonne. Wir vier aber schauen uns nicht an. Bloß kein Blickkontakt. Betont lässig rübergeschlendert zum Kicker. Kaputzenpullover aus, es kann heiß werden, sehr sogar. Wenn der Gegner, sprich Olli und Jan, das hergeben würde. Aber die beiden sorgen, wenn überhaupt, nur für ein leichtes, wärmendes Lüften auf der Glasplatte, die sich über den Kickergrün spannt. Sie versuchen es immer wieder mit einer neuen Masche. Unfair einwerfen, viel reden, gar nicht reden, uns anbrüllen, sich anbrüllen. Von hinten steil nach vorne, von vorne direkt nach hinten ins eigene Tor. Es nutzt nichts. In der ewigen Bestenliste liegen sie weit, ach was, ganz hinten. El Classico haben wir dieses mittägliche Kräftemessen getauft. Haben uns von Büro zu Büro per Skype vorab Mut zugebrummelt und dann den Gegner von der Platte geputzt, geschossen, gevierteilt. Wo sonst kann man heute noch Männer weinen sehen? Hier schon. Keine Niederlage ist zu hoch, um sie 24 Stunden wieder milde lächelnd an den Tisch treten zu lassen. Werber sind halt Optimisten. Sicher, Kicker und Werbeagentur, das ist wie TicTac und 2 Kalorien, das gehört zusammen. Aber das hier, das ist doch kein Kickern. Das ist Krieg. Ausgetragen mit elf Figuren, deren ausgefransten Holzfüße mittlerweile selbst den erfahrensten Unfallchirurgen die Schultern zucken lassen. Die Austauschmännies liegen schon bereit, aber wer schraubt schon seinen Stürmer ab, der eben noch für eine weitere Erniedrigung des Gegners sorgte. Never change a winning team – gilt eben auch hier. Die Bälle sind mittlerweile so krumm und eierig, dass sie kaum noch gerade laufen. Kann sein, dass unsere Gegenüber sie unter ihre Stuhlbeine gepackt und sich kräftig draufgesetzt haben, um so die Unwucht zu erzeugen. Jedes Mittel ist ihnen schließlich recht, um nicht schon wieder zusehen zu müssen, wie wir mit Hacke, Kopf, über die Bande oder mit geschlossenen Augen weitere Treffer erzielen.

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Der bisherige Austragungsort war ein Kicker aus den 60er Jahren. Liebe­ voll restauriert vom Team von halbzwölf, da, wo es die Dinge gibt, die es eigentlich gar nicht mehr gibt. Jetzt aber kommt der zweite Standort, das neue Agenturbüro in Bielefeld. Und jetzt? Nix mehr mit El Classico? Vorbei dieses Gefühl des nicht enden wollenden Gesamtsieges? Niemand mehr da, der wie der treueste Hund auch nach der größten Klatsche wieder nickend zurück auf den Platz kommt? Ach was. Wir haben einfach einen Zwilling geordert. Noch ein paar ­Jahre älter, aber mit der gleichen Leidenschaft restauriert. Muss man erst einmal finden. So einen Kicker. Und so einen, der den restauriert. Der Wenn es jemanden gibt, der nicht

neue Alte steht jetzt in Bielefeld. Direkt im Schaufenster, sollen ruhig

kickern kann, dann ist das Tobias

alle sehen, wenn Hormone, Kräfte und Kicker aufeinander prallen. El

Heyer. Mit dem Mundwerk weit

Classico gibt es jetzt nicht mehr jeden Mittag. War eh zu eintönig, sprich

vorne, mit dem Handgelenk weit

einseitig geworden. Sondern immer dann, wenn wir uns mal in Bünde,

hinterher. Schön, dass es den bei-

mal in Bielefeld treffen.

den auf der anderen Kickerseite

Und sonst? Darf jeder Mal ran, der uns besucht. Da sind wir gar nicht

genauso geht. Also wird es meist

so. Mit unserem Grün, unseren Holzbeinjungs, unserem Kicker. Also:

ein verbales Gefecht. Ausgetragen

Vorbeikommen und verlieren.

an Kickern, die Freund Reinhold von halbzwölf liebevoll restaurier­ te. Wenigstens der versteht sein Handwerk.

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Unsere nächste Ausgabe

ist die siebte. Und Pflichtlektüre für Erzkatholiken. Wir widmen uns den sieben Todsünden. Mit ordentlich Völlerei und Wollust. Und nebenbei machen wir das

nächste

Heft. Die Themen? Spannend.

Wir lassen uns überraschen. So wie Ihr.

HOCHFÜNF No6 IMPRESSUM Herausgeber: HOCH5 VERLAGS GmbH & Co. KG, V.i.S.d.P.: Tobias Heyer

Kontakt: www.hoch5-magazin.com • info@hoch5-magazin.com

Konzept, Text, Fotografie und Design: HOCH5 GmbH & Co. KG

Auflage: 10.000 Exemplare • Verteilung: OWL

Verlag und Redaktion: HOCH5 VERLAGS GmbH & Co. KG

Mediadaten: Preisliste 1/2013

eMagazin: HOCH5 NEXT GmbH & Co. KG

Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird

Neustädter Str. 19 • 33602 Bielefeld • 0521.96121160

neu

keine Haftung übernommen.

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V.i.S.d.P. Kreativ Direktion: Tobias Heyer

Art Direktion: Florian Jorzick

Grafik: Kirstin Remiasch

Fotografie und Text: Anna Lechner

Redaktion: Stephan Sand

Video: Carmen Wolf

Grafik eMagazin: Miriam Weck

eMagazin: Michael Stüker

Koordination: Anne Lüneburg



Drin. Sind wir. Im Hochbunker. Ab sofort. F端r immer. Wir freuen uns. Auf Dich .

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