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Les-Art

Das Therapiekonzept für neurokognitive Störungen

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Ann-Kathrin Scholz / Andreas Niepel Das CC©-Konzept

Integratives Therapiekonzept für Menschen mit Gedächtnisverlust und neurokognitiven Störungen

2019. 328 S., 36 Abb., 31 Tab., Kt € 39,95 / CHF 48.50 ISBN 978-3-456-85900-2 Auch als eBook erhältlich

Das Therapiekonzept beantwortet differenziert und feinfühlig die Frage: Was braucht ein Mensch mit neurokognitiven Störungen und Gedächtnisverlust, um zu genesen?

Wie kann man Menschen mit neurokognitiven Störungen, die infolge eines Unfalls oder neurodegenerativer Prozesse an schweren Gedächtnisverlusten leiden, in geschlossenen Settings bei der Genesung unterstützen? Antworten gibt das Praxishandbuch von Scholz und Niepel, die nach 25-jähriger Entwicklungs- und Zusammenarbeit mit Menschen mit Gedächtnisverlusten ein integratives und modulares Therapiekonzept vorstellen.

www.hogrefe.com

Les-Art

Informierte Entscheidungen durch kritische Gesundheitskompetenz

Jana Hinneburg

Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Um informierte Entscheidungen treffen zu können, sind zuverlässige Informationen notwendig. In den Medien und der alltäglichen Kommunikation werden Behauptungen zum Nutzen und Schaden von Behandlungen aufgestellt, die häufig nicht vertrauenswürdig sind (z. B. „Kaffee kann tödlich sein“). Viele Menschen sind nicht in der Lage, die Zuverlässigkeit dieser Behauptungen zu bewerten. In der Folge werden möglicherweise ineffektive oder sogar schädliche Behandlungen in Anspruch genommen und effektive Behandlungen nicht wahrgenommen. Deshalb sollten Bürger_innen lernen, Behauptungen über Behandlungseffekte kritisch zu bewerten und zuverlässige von unzuverlässigen Behauptungen zu unterscheiden. Um dieser Herausforderung zu begegnen, hat sich die internationale Arbeitsgruppe Informed Health Choices gegründet (Oxman, Chalmers & Austvoll-Dahlgren, 2019).

Bereits 2015 wurden seitens der Arbeitsgruppe Schlüsselkonzepte entwickelt, die Lehrenden, Journalist_innen oder anderen Vermittler_innen als Rahmenkonzept zur Entwicklung von Lehr-Lernmaterialien dienen sollen, um Menschen zu helfen, die Konzepte zu verstehen und anzuwenden. Die 44 Schlüsselkonzepte sind drei Oberkategorien zugewiesen, die wiederum Unterkategorien aufweisen: 1. Vorsicht bei Behauptungen zu Behandlungen wie diesen y Vorsicht bei Behauptungen, − die zu schön sind, um wahr zu sein (z. B. „100 % sicher“). − die auf fehlerhafter Logik basieren (z. B. „Die Behandlung wirkt folgendermaßen …“). − die allein auf Vertrauen basieren (z. B. „Bei mir hat es funktioniert.“). 2. Überprüfe die Evidenz von Behandlungsvergleichen y Werde nicht durch unfaire Vergleiche in die Irre geführt (z. B. ungleiche Behandlungsgruppen oder ungleiche

Behandlung der Gruppen). y Werde nicht von unzuverlässigen Zusammenfassungen von Behandlungsvergleichen in die Irre geführt (z. B. selektives Berichten). y Werde nicht davon in die Irre geführt, wie Behandlungseffekte beschrieben werden (z. B. nur verbale Beschreibung ohne Angabe von Zahlen). 3. Treffe gut informierte Behandlungsentscheidungen y Was ist das Problem und was sind die Optionen? y Ist die Evidenz relevant? y Überwiegen die Vor- die Nachteile?

Die erste Oberkategorie beinhaltet achtsam zu sein, wenn jemand persönliche Erfahrungen als Grund für die Effektivität einer Behandlung nennt. In dem Fall sollten Menschen nach der Evidenz fragen. Die zweite Oberkategorie meint, dass faire Vergleiche notwendig sind, um einen Behandlungseffekt bestimmen zu können. Damit Behandlungsvergleiche fair sind, sollte der einzige Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen in der Behandlung bestehen. Die dritte Oberkategorie beinhaltet zu entscheiden, ob die vorgebrachte Evidenz relevant für den Einzelnen ist.

Außerdem hat die Arbeitsgruppe die Datenbank Critical thinking and Appraisal Resources Library angelegt, die über 500 Open Access-Lehr-Lernmaterialien in verschiedenen Formaten und Sprachen enthält, welche den Schlüsselkonzepten zugeordnet sind (Castle et al., 2017). Um Schulungen evaluieren zu können, wurden die Claim Evaluation Tools entwickelt. Es handelt sich um einen Pool von Items bestehend aus Multiple-Choice-Fragen. Die Items messen die Fähigkeit, Behauptungen über Behandlungseffekte zu bewerten.

Die oben beschriebenen Schlüsselkonzepte werden jährlich literatur-, experten- und erfahrungsbasiert weiterentwickelt. Da die Items der Claim Evaluation Tools den sich über die Jahre verändernden Schlüsselkonzepten zugeordnet sind, wird die Durchführung der internationalen Validierungsstudien allerdings kompliziert.

Obwohl versucht wurde, die Schlüsselkonzepte möglichst laienverständlich zu verfassen, setzt insbesondere die zweite Oberkategorie methodische Kenntnisse zu randomisierten kontrollierten Studien voraus und erschwert damit Lehrenden ohne wissenschaftlichen Hintergrund die Anwendung. Resümierend leistet die Arbeitsgruppe einen entscheidenden Beitrag, um langfristig zu einer evidenzbasierten Gesundheitsversorgung zu gelangen.

Literatur

Castle, J. C., Chalmers, I., Atkinson, P., Badenoch, D., Oxman, A. D.,

Austvoll-Dahlgren, A., … Glasziou, P. (2017). Establishing a library of resources to help people understand key concepts in assessing treatment claims – The “Critical thinking and Appraisal Resource Library” (CARL). PLOS ONE, 12(7), e0178666. Oxman, A., Chalmers, I. & Austvoll-Dahlgren, A. (2019). Key Concepts for assessing claims about treatment effects and making well-informed treatment choices. F1000Research, 7(1784). doi:10.12688/f1000research.16771.2.

Jana Hinneburg

Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Magdeburger Str. 8, 06112 Halle, Deutschland jana.hinneburg@medizin.uni-halle.de

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