2 minute read

Wie wirkt sich Ärger auf die sportliche Leistung aus? Eine experimentelle Studie im Fechten Julian Fritsch

Wie wirkt sich Ärger auf die sportliche Leistung aus? Eine experimentelle Studie im Fechten

Frederik bereitet sich monatelang intensiv auf die deutschen Meisterschaften im Weitsprung vor und kann vielversprechende Ergebnisse in der Qualifikation aufweisen. Am Wettkampftag ruft er jedoch wiederholt nicht seine Leistung ab. Annika wird wieder nur zehn Minuten vor dem Spielende eingewechselt, obwohl sie letzte Woche nach ihrer Einwechslung stark gespielt hat. Im Sport gibt es viele Situationen, in denen Athlet_innen Ärger erleben können. Theoretische Überlegungen und empirische Befunde aus dem Sport legen nahe, dass Ärger sowohl hinderlich als auch förderlich für die sportliche Leistung sein kann. Einerseits wird angenommen, dass sich Ärger negativ auf Aufgaben auswirkt, die ein hohes Maß an Präzision und Konzentration erfordern. Anderseits wird postuliert, dass die erhöhte Aktivität des sympathischen Nervensystems zu einer verbesserten Leistung bei solchen Aufgaben führt, die Kraft und Schnelligkeit erfordern.

Advertisement

Fechten ist eine Sportart, die sowohl Kraft und Schnelligkeit als auch Präzision erfordert. Aus diesem Grund haben Zur und Kollegen (2018) zur Überprüfung der postulierten Annahmen eine Studie mit zwei professionellen Fechterinnen und einer Fechterin sowie einem Fechter aus dem Amateurbereich durchgeführt. In einem Messwiederholungsdesign durchliefen die Probanden drei Phasen: 1. Neutrale Phase (Baseline-Messung) 2. Interventionsphase (Ärger-Induktion durch Skript) 3. Neutrale Phase (Überprüfung, ob sich der postulierte

Effekt der Induktion über die Zeit wieder verringert)

Im Vergleich zu den bisherigen Studien (z. B. Woodman et al., 2009) sind zwei methodische Aspekte hervorzuheben. Erstens ermöglichte die Instruktion, mit einem Florett so schnell und akkurat wie möglich nach einem Signal auf eine Zielscheibe zu schlagen, die Messung von drei sportrelevanten objektiven Indikatoren: Präzision, Reaktionszeit, und Muskelaktivität. Zweitens wurden zusätzlich zum erlebten Ärger der Puls, die Hautleitfähigkeit und die Gesichtstemperatur als physiologische Parameter gemessen.

Die Ergebnisse zeigen erwartungsgemäß einen stärkeren selbstberichteten Ärger in der Phase, in der Ärger induziert wurde. Während bei den professionellen Fechterinnen ein Effekt bei der Hautleitfähigkeit und dem Puls festzustellen ist, gab es keine systematischen Veränderungen auf physiologischer Ebene bei den Fechter_Innen aus dem Amateurbereich. In Bezug auf die Auswirkungen von Ärger hat sich nach der Ärger-Induktion bei allen Probanden eine Abnahme der Präzision gezeigt, die jedoch bei den Fechter_Innen aus dem Amateurbereich in der dritten Phase nicht wieder zurückging. Bei den Indikatoren für Schnelligkeit und Kraft sind die Ergebnisse eher inkonsistent. Hier hat sich nur für eine der professionellen Fechterinnen eine schnellere Reaktionszeit sowie eine erhöhte Muskelaktivität in der Phase der Ärger-Induktion gezeigt.

Es bleibt festzuhalten, dass die Ergebnisse die Annahme einer Verschlechterung der Präzision als Folge einer Ärger-Induktion unterstützen. Hingegen lässt sich die Annahme, dass sich Ärger förderlich auf Kraft und Schnelligkeit auswirkt, nicht bestätigen. Schlussfolgernd sollte diese Studie als ein weiterer Schritt zu einem besseren Verständnis der Beziehung zwischen Ärger und sportlicher Leistung gesehen werden. Insbesondere die verschiedenen innovativen Methoden erscheinen vielversprechend, auch zur Erforschung der generellen Rolle von Emotionen im sportlichen Kontext.

Woodman, T., Davis, P. A., Hardy, L., Callow, N., Glasscock, I. & YuillProctor, J. (2009). Emotions and sport performance: An explora tion of happiness, hope, and anger. Journal of Sport & Exercise

Psychology, 31, 169 –188. https://doi.org/10.1123/jsep.31.2.169 Zur, I., Cooke, A., Woodman, T., Neil, R. & Udewitz, R. (2018). Don’t make me angry! A psychophysiological examination of the anger-performance relationship in intermediate and elite fencers. Advance online publication. Journal of Applied Sport Psychology. https://doi.org/10.1080/10413200.2018.1464079

Julian Fritsch

Karsruher Insitut für Technologie (KIT) Julian.Fritsch@kit.edu

https://doi.org/10.1026/1612-5010/a000253

This article is from: