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Wir tun gut daran, die Handschrift zu pflegen
by HSG Alumni
«Wir tun gut daran,
die Handschrift zu pflegen»
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Die einmalige Sammlung von Handschriften der St.Galler Stiftsbibliothek dokumentiert das Klosterleben vom Frühmittelalter bis zur Aufhebung der Abtei zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Gleichzeitig setzt sie der Materialität des handschriftlichen Schreibens – und damit auch der sinnlichen Verankerung im Geschriebenen – ein Denkmal. Bei einem Rundgang durch die Stiftsbibliothek spricht Prof. Dr. Ulrike Landfester über die St.Galler Schriftkultur, die Bedeutung der Handschrift und die Sehnsucht nach Wirklichkeit in der digitalen Welt.
Interview Stephanie Kappes Bild Hannes Thalmann
«Psyches iatreion» – die Inschrift über dem Portal der Stiftsbibliothek St.Gallen – bedeutet so viel wie «Seelenapotheke» oder «Heilstätte der Seele».
Frau Landfester, was ist Ihr erster Gedanke, wenn Sie die Stiftsbibliothek betreten?
«Seelenapotheke» ist mein erster Gedanke, ganz klar: Bücher sind eine Medizin für die Seele. Das wussten schon die alten Mönche. Und das ist immer noch so geblieben, auch wenn wir die Bücher jetzt zum Teil über Kindle und ähnliche elektronische Medien lesen. Aber das Setting kommt natürlich dazu: Dieser Barocksaal ist einfach zum Sterben schön.
Was zeichnet für Sie das St.Galler Schriftkulturerbe aus?
Wir haben hier in St.Gallen eine ganz ungebrochene Tradition, die ins siebte, achte Jahrhundert zurückgeht. Das kann man überhaupt nicht hoch genug schätzen. Als «HSGlerin» fühle ich mich dem besonders verbunden, weil die Universitäten aus den Klosterschulen entstanden sind. Die Universitäten haben im 11. Jahrhundert begonnen, die Aufgaben der Klosterschulen zu übernehmen. Ich finde es fantastisch, dass das Erbe des explorativen Lernens, das die Klosterschulen vermittelt haben, so ungebrochen überliefert worden ist. Mit «explorativem Lernen» meine ich, dass über Bücher nachzudenken und sie zu lesen selbst für die Scholastiker nicht nur dazu dient, die Heilige Schrift zu affirmieren – die christliche Religion ist ja ganz wesentlich eine Buchreligion. Sondern man tut es auch, um darüber nachzudenken, welche Doppeldeutigkeiten enthalten sind, welche Aspekte, die man vordergründig nicht sieht. Und dieses explorative Lernen verbinde ich sehr stark mit der St.Galler Schriftkultur. Es ist übrigens absolut sensationell, dass wir alle diese Handschriften noch haben und dass sie immer noch auf dem Grund und Boden stehen, wo sie entstanden sind. Das ist nicht häufig so.
Was ist in Ihren Augen die Bedeutung einer solchen Sammlung von Handschriften in der heutigen, digitalen Welt?
Dass diese Handschriften noch vorhanden sind, dass Sie die Struktur des Papiers, des Pergaments, dass Sie die Zuschnitte, die Farben, das alles sehen und anfassen können – das ist etwas, was wir extrem stark unterschätzen im digitalen Zeitalter. Die Dematerialisierung des Schreibens durch die digitale Revolution nimmt uns ein Stück weit die sinnliche Verankerung in der Realität weg: Wir verlieren den Kontakt zu dem, was wir schreiben. Früher haben wir gesehen, was für Spuren wir auf dem Papier hinterlassen haben. Diese Materialität – selbst die dünne Schicht von Tinte auf einem Blatt Papier ist ein Stück Materie und Sie spüren das, wenn Sie mit den Fingerspitzen darüberfahren – haben wir vollkommen verloren. Ich weiss nicht, wie mein Computer die Buchstaben produziert, die auf meinem Screen erscheinen, und ich würde sagen, dass es der überwiegenden Mehr-
heit der User so geht. Unsere Buchstaben tauchen auf dem Screen auf und verschwinden wieder. Sie hinterlassen keinerlei Spuren an der Oberfläche. Wir sind dadurch in einer Situation, in der wir aufpassen müssen, dass wir die sinnliche Verankerung in dem, was wir schreiben, nicht verlieren.
Stirbt die Handschrift aus?
Das grösste Aha-Erlebnis, das ich meinen Studierenden mitgeben konnte, war ein Herbstmanöver der Schweizer Armee: «Total Blackout». Kein Computer mehr – und keiner kann mehr schreiben? Kein Befehl geht mehr irgendwohin, es sei denn, Sie schicken Leute in der Gegend herum, die ihn mündlich weitergeben. Da geht also eine basale Kulturtechnik verloren, weil wir dieser Versuchung erliegen, im Namen der Effizienz alles elektronisch zu machen. Das ist die grosse Gefahr, die ich in dieser Entwicklung sehe, wobei ich ganz ausdrücklich nicht den Untergang des Abendlandes ausrufen möchte. Das ist keine Frage von Kulturpessimismus, sondern eine Frage der realistischen Einschätzung, was mit uns passiert, wenn wir nicht mehr materiell schreiben. Ich denke, wir tun gut daran, die Handschrift zu pflegen. Ich hoffe nicht, dass sie ausstirbt.
Schreiben Sie selbst gerne von Hand?
Ich habe gerade wieder angefangen, von Hand zu schreiben. Das Paradoxe ist, dass ich jetzt, wo ich über Zoom unterrichte, wieder anfange, mir nebenher Notizen von Hand zu machen – weil klarerweise mein Computer anderweitig beschäftigt ist. Und ich merke schon seit einigen Wochen, wie der Fluss wiederkommt. Das zeigt mir aber vor allen Dingen, wie schnell man das Schreiben verlernt. Mittlerweile schreibe ich wieder richtig gerne von Hand und mache auch Konzepte mal wieder von Hand – und das ganz bewusst. Für mich ist das handschriftliche Schreiben auch eine Form des Denkprozesses. Es ist ein Unterschied, ob Sie mit den Fingerspitzen auf Tasten herumklappern oder ob Sie mit einem Schreibgerät von verschiedener Breite, Stärke, Materialität arbeiten, das sich unterschiedlich anfasst, ob Sie einen Gummigriff haben oder einen Bleistift. Das meine ich mit der Materialität des Schreibens. Diese Materialität eröffnet uns im Denkprozess andere Dimensionen, weil Sie ganz anders sinnlich darin eingebunden sind.
Noch verbindlicher als das Schreiben auf Papier ist das Schreiben auf der eigenen Haut. Wie wirkt sich die digitale Revolution auf Tätowierungen aus?
Die Tätowierungen nehmen rapide zu, sowohl im wirklichen Leben als auch in der Literatur, seit wir die Dematerialisierung des Schreibens sehen. Es ist so, als ob insbesondere die Jugend, die sich jetzt sehr gerne und viel und zum Teil auch sehr schön tätowieren lässt, ein bisschen Sehnsucht nach Wirklichkeit hat. Das ist ein Material, das Spuren hinterlässt. Und diese Spuren bleiben ein für alle Mal. Ich kann den Zusammenhang nicht nachweisen, aber ich halte ihn für relativ naheliegend.
Mittlerweile gibt es kaum mehr einen Gegenwartsautor, der nicht in irgendeiner Weise mal mit diesem Thema befasst ist. Für uns hier in der Schweiz ist Jürg Federspiels «Geographie der Lust» ein ganz wichtiges Buch geworden – ein irrsinnig komisches Buch, das sollten Sie unbedingt mal lesen. Was ich wahnsinnig spannend finde, ist, dass es einen ganz berühmten Buchkomplex gibt, in dem die Tätowierung nicht vorkommt, nämlich beiHarry Potter. Da haben Sie nicht eine einzige Tätowierung. Es ist wie ein Gegenprogramm.
Was verbindet die Stiftsbibliothek mit Tätowierungen?
Eine Tätowierung gibt es in diesem Kloster ganz sicher: Die Mumie Schepenese, die hier ausgestellt ist, ist tätowiert. Die ägyptischen Tätowierungen sind religiöser Art gewesen. In Europa haben wir es mit zwei verschiedenen Tätowierungstraditionen zu tun. Die bekanntere Tradition ist die sogenannte «wilde Tätowierung», die im 17. und 18. Jahrhundert aus der Südsee importiert worden ist und sich hier sehr schnell unter Matrosen, Soldaten und dergleichen durchgesetzt hat. Das sehen wir normalerweise, wenn wir an Tätowierungen denken. Es gibt aber eine europäische Tätowierungstradition, die bis zum Kainsmal zurückgeht. Da haben Sie eine Verbindung mit dem Kloster, oder zumindest mit dem spirituellen Gehalt des Alten Testaments. Das Kainsmal geht zurück auf den Brauch, dass Besitzer von Sklaven das Recht hatten, ihnen quasi den Namen und die Adresse auf die Stirn tätowieren zu lassen. Wenn ein Sklave einen Fluchtversuch machte, hat man ihm das Gesicht tätowiert: «Bei Flucht zurückbringen an ...» Genau das macht Gott, als er Kain sein Mal auf die Stirn drückt und sagt: «Jetzt gehörst du mir.» Das heisst, die Tätowierungspraxis in Europa war von Anfang an sehr stark schriftförmig, weil es in erster Linie darum ging, logistische Details festzuhalten.
Dieses Motiv des Zeichnens und des Gezeichnetwerdens nimmt später die Mystik sehr stark auf. Heinrich Suso zum Beispiel, der sich im Zustand mystischer Versenkung den Namen Jesu aufs Herz tätowiert. Und seine geistliche Tochter Elsbeth Stagel darf dieses Tattoo dann auf Taschentücher nachsticken, sie auf Susos Herz legen und weiter distribuieren. Sie selbst darf sich natürlich nicht tätowieren, das ist reine Männersache. Das ist sozusagen das Motiv der Zeichnung durch Gott, für Gott und in Gott. Da finden Sie eine ganze Menge Verbindungen zum Kloster.
(leicht gekürzte Fassung aus HSG Focus)
Grant proposals: What do evaluators want?
Grant proposals, funding requests, research applications: Different terms, same challenge: Convincing evaluators that our research is worth funding. Some tips and “tricks” from an editor’s workbench.
Autor Mark Kyburz
Grant proposals need to communicate clearly, concisely and convincingly. Clear communication begins with knowing the goal — the evaluators’ effortless understanding — and having the tools to achieve it. Considering some basic questions helps: How to prepare for writing? What do evaluators want? How do they read? How can we make our proposal easiest to read?
Preparing to write
Define your message, why it matters and how it matches your funder’s priorities before you begin writing. I mention this because most proposals say too much. Three remedies work miracles (or almost): Drafting a detailed outline, getting others (perhaps even an editor) to approve our plan and answering two key questions: “Does the funder really need this information? If so, why?”
Another remedy to “overwriting” is knowing how evaluators read. Like applicants, evaluators face time pressure — and thus tend to be impatient. They’re thinking “Oh, get to the point” and read accordingly. Many evaluators I’ve talked to read selectively: the summary and the introduction (but seldom from start to finish). The more familiar the proposal structure, the more they skim-read. They often decide after two pages, having found points that support their decision.
What do evaluators want?
To learn quickly what makes our research fundable. Does it offer groundbreaking insight into an important problem? Writing a high-impact summary (even if the structure doesn’t ask for it) acknowledges how evaluators read and answers that single most important question: “Why should we fund your project rather than others?” I remind applicants that they’re competing — for attention and funds — and need to write accordingly.
Write a high-impact summary
Let’s not “striptease” our proposal as we might a journal article. Don’t slowly build up your topic, hoping to stimulate curiosity, but assert and then justify: To improve grant writing skills, we propose a novel training programme. This will combine information processing theory, readability tests, and editorial strategies. Our approach is unique because ...
Write a proposal, not a journal article
Evaluators have different needs than academic peers. Knowing — and meeting — those needs is crucial. Applicants often forget that evaluators tend to be generalists rather than specialists. Our proposal needs to reflect that our evaluators may not — contrary to our expectations (or even bias) — have detailed knowledge of our subject.
Detail aus der Stiftsbibliothek mit ihrer weltweit einmaligen Sammlung von Manuskripten. (Bild: Hannes Thalmann) Dr. Mark Kyburz
Dr. Mark Kyburz (mark.kyburz@unisg.ch) is Team Leader English at the HSG Writing Lab and contracted as an editor to the HSG Grants Office. He offers an autumn grant writing workshop through the HSG’s Young Investigator Programme. Many thanks to Petra Hertkorn-Betz for sharing her ideas and materials on grant writing.
Make it easiest to read
First, be clear and concise (APA agrees). Here’s a list of dos and don’ts: Use short, one-idea sentences (on average 10–15 words). Begin with the subject to make your writing active, concrete and reader-focused. Avoid what slows or impedes effortless, unambiguous communication: long introductory clauses, the passive (unless you can justify its use), and impersonal pronouns (“it can be stated”; “one can say”). Avoid jargon, clichés and specialist acronyms. Use the vocabulary of quality newspapers, place essential technical terms in inverted commas and define them. Use bold type to highlight key take-aways.
Second, write paragraphs that motivate evaluators to keep reading
“We propose to build a strong software development platform. We will do so by introducing property-driven development into the software engineering process. Such development is useful in diverse programming languages and systems. We plan to implement… . ” Such topic-comment paragraphs enable us to propose and substantiate. Crucially, this structure (i.e. reasoning) allows evaluators to easily locate key information without having to read (or, heaven forbid, re-read) whole paragraphs (unless they want to). If that isn’t a benefit, what is?
Three final recommendations:
First, check for simplicity
The “ideal” proposal combines short active sentences with topic-comment paragraphs to invite evaluators into our deductive reasoning. Here’s your budget: 4 to 8 (sentences) times 10 to 15 (words) equals a minimum of 40 and a maximum of 120 words per paragraph. That’s 4 to 10 lines in Times Roman 12 with one-inch margins.
Second, check for first impressions
What does my proposal look like on the page? If it looks difficult, it is. So be short and spacious (i.e. create more white space relative to black letters). Next, what does my proposal sound like when read aloud? Clear? Concise? Convincing? As if one person were speaking to another? Does it meet my evaluator’s need for concision and clarity?
Third, write from an outline
Create a separate file for every section. Define your message and goal for every section. Decide what to include and in which order. Define why this is the best order to persuade your evaluators of the validity of your proposal. Produce a first draft by expanding your outline into topiccomment paragraphs.
Oh, and allow enough time.
Bedeutsame Schriftstücke der HSG
Gedicht des Rektors Alfred Meier am Beginn des Gästebuch der HSG, 1979
Egal ob kunstvoll von Hand geschrieben oder maschinell hergestellt: Das Schreiben gehört an der Universität St.Gallen schon seit ihrer Gründung zum Alltag. Das Universitätsarchiv hat die spannendsten Schriftstücke aus der Geschichte der HSG zusammengetragen. Eine Bilderserie.
Zusammengetragen von Florian Rauschenberger und Janett Schröder
Legitimationskarte der Studentin Elsa Rannacher, 1904
Handgeschriebene Anmeldung der ersten eingeschriebenen Studentin, Amalie Mayer, 1901
Grusskarte von Bundesrat Arnold Koller, 2000
Das «Spielfeld» des Schreibens an der HSG
Die Universität St.Gallen legt grossen Wert darauf, dass ihre Studierenden sich in Wort und Schrift ausdrücken können – das merkt man während des gesamten Studiums. Doch auch ausserhalb des universitären Rahmens hat das Schreiben für mich eine wichtige Rolle eingenommen.
Autor Lukas Zumbrunn
Einführung in das wissenschaftliche Schreiben – eines der Pflichtfächer, welches alle Studierenden im Assessmentjahr besuchen müssen. Schon in diesem Moment wird klar, dass die HSG Wert auf die gepflegte und wissenschaftliche schriftliche Ausdrucksweise ihrer Studierenden legt. Dies habe ich in meinen bald vier Jahren hier durchgehend zu spüren bekommen, obwohl ich durch das Studium in International Affairs sowie mein Engagement bei prisma wahrscheinlich mehr geschrieben habe als der Durchschnitt. Diese ganze Schreibarbeit hat aus meiner Sicht einen langfristig positiven Effekt, auf die eigene Ausdrucksweise wie auch auf das Herangehen an Texte von anderen.
Diesen Effekt durfte ich insbesondere in meinem Jahr als Chefredaktor bei dem Studierendenmagazin miterleben. Je mehr unsere RedaktorInnen geschrieben haben, desto mehr kam eine persönliche Note in ihre Texte, und desto besser wurden die Texte auch generell. Das ist aus meiner Sicht das Schöne am Schreiben: Natürlich gibt es persönliche Präferenzen und klare Regeln, wie ein Text logisch aufgebaut werden soll und gewisse Regeln zur Gestaltung. Um diese Regeln kennenzulernen, stellt die Universität St.Gallen unter anderem in der Bibliothek eine Unterstützung für die Studierenden zur Verfügung. Innerhalb dieser Vorlage gibt es jedoch ein «Spielfeld», wie ich es gerne nenne, welches von den jeweiligen Personen ausgestaltet werden kann.
So wurde das Spielfeld des Schreibens ein Jahr lang meine Heimat. Es war sicherlich herausfordernd, eine so grosse Bandbreite an unterschiedlichsten Inhalten und Stilen zu finden, insbesondere wenn sich Stil und Thema aus meiner Sicht nicht optimal ergänzten. So konnte ich mir sehr gut vorstellen, wie sich die Dozierenden fühlen, wenn sie von den Kursteilnehmenden 30 in Thema und Stil variierende Essays erhalten. Jedoch ist diese Diversität in den Texten auch, was von grosser Wichtigkeit ist. Durch diese Vielseitigkeit sieht man, wie Menschen unterschiedlich mit Inhalten umgehen und diese verarbeiten, auch als «Framing» bekannt.
Auch ich konnte durch das Lesen und insbesondere Schreiben von so vielen vielfältigen Texten meinen persönlichen Stil finden – was mir auch in Zukunft von grossem Nutzen sein wird. Denn egal in welche Richtung es mich nach meinem Abschluss an der HSG ziehen wird: Ich bin bereit, mich in Schrift dem Publikum entsprechend auszudrücken und meine Gedanken in kohärenter Form zu formulieren. Dies wird auch durch diverse Aufgabenstellungen in Kursen sowie durch die Abschlussarbeiten stark gefördert, denn so muss den Schreibenden bewusst sein, an wen sich ein Text richten soll und dass sie dementsprechend ihre Sprache anpassen müssen.
Schliesslich habe ich beim Formulieren von Texten das Gefühl, dass ich mich tatsächlich in den Texten wiedererkennen kann. Die Sätze bekommen eine persönliche Note und erzählen in Aneinanderreihung eine Geschichte – was es für die Lesenden wiederum spannender macht. Das ist jedoch ein weiteres Thema.
Lukas Zumbrunn (Class of 2017) ist seit dem 1. Juni 2021 Präsident der Studentenschaft und war von 2017 Redaktor bzw. von 2019 bis 2020 Chefredaktor von prisma. (Bild: Danielle Cara Hefti)
Mathieu Jaus ist seit einem Jahr Präsident von HSG Alumni. Im «alma»Interview spricht er über seine prägendsten Momente in diesem doch aussergewöhnlichen Amtsjahr, die Herausforderungen für die Alumni-Organisation und seine Wünsche an die Mitglieder.
Interview Roger Tinner
Mathieu, seit einem Jahr bist du Präsident von HSG Alumni. Was waren für dich die prägendsten Momente seither?
Da kommt mir nicht ein einzelner Moment in den Sinn, sondern all das, was ich in diesem Jahr erleben durfte: Es war extrem toll, wie ich von allen Seiten willkommen geheissen wurde – von der Geschäftstelle, der Uni, der HSG Stiftung, den Verantwortlichen für das Learning Center, der Studentenschaft, unseren Chapters und Mitgliedern. Ich traf überall auf offene Türen, Grosszügigkeit im Denken, das Gefühl, dass man gemeinsam etwas anpacken möchte. Ich habe viel Goodwill gespürt und die Dankbarkeit: Schön, dass auch du deine Zeit und Ideen einbringst. Hier habe ich von der ersten Sekunde an das Gefühl bekommen, dass ich sofort mitdiskutieren und mitanpacken kann. Das hat mich beeindruckt. Ausserdem kamen der Rektor und ich fast gleichzeitig neu ins Amt, was uns sofort nah zueinander gebracht hat. Wir konnten auf beiden Seiten auf guten Beziehungen aufbauen und dennoch alles in Frage stellen. Und wenn man an einem Graduation Day wie letzten Herbst sechs Mal die Feier absolviert und sechs Mal das «Gaudeamus igitur» zusammen singt, dann bringt das einen auch menschlich natürlich näher.
Aber eigentlich war dein Start covidbedingt ja schon erschwert, nicht?
Ja, natürlich hat Corona den Einstieg erschwert. Die sonst üblichen Antrittsbesuche mit persönlicher Begegnung bei einem Essen konnten nicht oder nur ausnahmsweise stattfinden. Tatsächlich hat das Virus die Universität doch auch geschüttelt, wenn auch nicht in einem Ausmass wie die hauptbetroffenen Branchen. Umso erstaunlicher war für mich der positive Start im Austausch mit der Universität. Gleichzeitig gab es für uns im Vorstand und in der Geschäftsstelle natürlich auch ein verrücktes Auf und Ab. Wenn ich etwa an die Vorbereitungen für den HSG Ball oder die riesige Vorfreude auf unsere internationale Alumnikonferenz letzten Herbst in Bern denke, die wir letztlich mit wenig Vorlauf von Grund auf neu organisiert haben – als komplett digitale Grossveranstaltung. Immerhin gab es einige Schlüsselmomente, die in der Zeit rückläufiger Fallzahlen möglich wurden. Ich erinnere mich an mein erstes Treffen mit dem HSG-Rektorat oder die Beiratssitzung der HSG Stiftung. Hier habe ich für mich neue Impule bekommen – so, wie ich es mir bei der Zusage für das Amt erhofft habe.
Und in der Alumni-Organisation selbst, wie häufig waren hier Begegnungen?
Ich freue mich darauf, hoffentlich bald wieder regelmässiger mit dem ganzen Team der Geschäftsstelle zusammenkommen zu können. Wir sind sehr intensiv im Austausch, häufig noch virtuell. Beim Vorstand haben wir davon profitiert, dass wir im August des letzten Jahres einen extrem interessanten und tollen Strategietag mit persönlicher Begegnung durchführen konnten, in einem Riesenraum mit Riesenabstand, konnten – in einem Riesenraum mit Riesenabstand –, wo wir Meinungen austauschten und uns inhaltlich fanden. Das hat mir sehr dabei geholfen, meine Ideen mit dem Vorstand zu teilen, die Funktionsweise unseres
Mathieu Jaus: Seit 2020 Präsident von HSG Alumni.
Gremiums festzulegen, frischen Wind zu «tanken» und als Führungsteam Fahrt aufzunehmen.
Was nimmt eine Community, die sehr stark auch vom persönlichen Austausch lebt, aus der «Online only»-Zeit mit in die Zukunft?
Für mich ist die Lehre aus dieser Krise, dass wir gerade in einer Organisation wie HSG Alumni die Vorteile von beiden «Welten» brauchen. Die Mitglieder des Vorstands sind weltweit verteilt, die Chapters auch. Digital können wir uns also schneller treffen, uns rascher austauschen und so die Internationalität noch mehr leben, die ja die HSG wie uns immer mehr prägt. Gleichzeitig erleichtert es der persönliche Kontakt, sich später immer wieder digital auszutauschen. Ich plädiere also klar für ein «Sowohl-alsauch»! Das gilt auch für die Ausrichtung unserer Strategie und Aktivitäten: Die Jungen, die ihr Studium gerade abschliessen, möchten wir für unsere Community ebenso gewinnen wie wir die Pensionierten bei uns behalten. Auch hier gibt es also kein «Entweder-Oder», sondern ein «Sowohl-als-auch».
Wie hat sich der Vorstand in dieser Zeit organisiert?
Wir tauschen uns jetzt fast jeden Monat einmal virtuell aus, manchmal nur eine Stunde und zu einem einzigen Thema, in dem wir weiterkommen möchten. Das funktioniert in meiner Wahrnehmung sehr gut, fast alle sind jeweils dabei. Auch hier vereinen wir also digital und analog und erhöhen damit die Effizienz.
Du bist ja mit einem Programm zur Wahl angetreten. Welche neuen Projekte und Ziele konntest du schon anpacken?
HSG Alumni war schon gut aufgestellt, und ich konnte von Urs Landolf eine starke und funktionierende Organisation übernehmen. Der Fokus lag in den letzten Monaten auf der Digitalisierung unserer Aktivitäten und dem Relaunch unserer Webplattform. Wir haben auch die AlumniCareer-Services neu lanciert. Weiter haben wir kleine Veränderungen umgesetzt, indem wir den Nutzen von Plattformen und Aktivitäten überprüft und angepasst haben. Am Strategietag haben wir uns auf eine Richtung geeinigt, in die wir gehen wollen. Ziel für das zweite Präsidialjahr ist klar, ins «Doing» zu kommen. Dabei ist mir als Zahlenmensch auch wichtig, dass wir unsere Aktivitäten messbar machen. Die 33000 Mitglieder sind halt doch auch eine anonyme Masse, die wir jedoch in Zukunft noch mehr in Bewegung und Dialog bringen möchten.
In welche Richtung möchtest du HSG Alumni denn weiterentwickeln?
Wir möchten die internationalste, digitalisierteste und renommierteste Alumni-Organiation im europäischen Raum sein. Ich wünsche mir, dass die ganze Gemeinschaft Zugehörigkleit vermittelt und auch jedes Mitglied bereit ist, Zeit, Geld und Aufmerksamkeit in diese Community einzubringen. Ein Weg dazu ist es, eine Impuls-Organisation zu sein, die dazu beiträgt, dass alle à jour bleiben und im beruflichen und privaten Alltag ein Leben lang begleitet werden. Dazu braucht es das richtige Angebot und die richtige Kommunikation. Oder anders gesagt: Wir wollen lebendig sein. Das Learning Center, das 2022 eröffnet wird, ist dafür ein Leuchtturm für diesen generationenübergreifenden Austausch.
Und was wünschst du dir von den HSG-AlumniMitgliedern?
Ich erhoffe mir von den Mitgliedern, dass sie mit Neugierde und Interesse HSG Alumni leben. Ich würde mich sehr freuen, wenn alle der Community HSG Alumni eine Chance geben – wir haben Platz für alle und möchten noch mehr Leute bewegen. Macht euch ein neues Bild von unsererer Organisation, lasst euch auf Plattformen, Impulse und Anlässe mit Neugierde ein. Ich bin sicher, dass ihr davon profitieren werdet.