8 minute read

6 Persönliche vs. automatisierte Chats

Next Article
Vorwort

Vorwort

Kapitel 6

Persönliche vs. automatisierte Chats

6.1. Erfahrungen mit automatisierten Chats

Die Mehrheit der Kunden hat mindestens einmal mit einem Chatbot einer Versicherung gechattet. Zur Wiederholung, der Begriff Chatbot bezeichnet einen chattenden Roboter - es handelt sich also nicht also um einen Chat zwischen zwei Menschen.

Bei der Nutzung von Voicebots, also Robotern, die per Sprache bedient werden, sehen die Zahlen anders aus. Hier gibt mehr als die Hälfte an, dass sie diese Art von automatisierter Kommunikation mit ihrer Versicherung noch nicht genutzt haben.

Die Nutzung von Chatbots ist bei der mittleren Altersklasse (40-49 Jahren) am höchsten. Das sind interessante Zahlen, wenn man berücksichtigt, dass die allgemeine Nutzung von Chats im Versicherungskontext sonst bei den jüngeren Zielgruppen höher, als bei den mittleren Zielgruppen ist. Ein Blick auf die Länderverteilung zeigt, dass bei den Österreichern die Zahl derer, die bereits

mit einem Bot gechattet haben, deutlich niedriger ist, als in der Schweiz und in Deutschland. Auch wenn hier anzumerken ist, dass das Panel in Deutschland und Österreich deutlich kleiner war, zeigen die Zahlen erstaunlich eindeutig, dass Chatbots in Österreich bislang am wenigsten genutzt werden.

Wenn noch nicht mit einem Bot, egal ob Chat- oder Voicebot gechattet wurde, kennt die Mehrheit der Befragten den Grund, warum noch nicht gechattet wurde, eigentlich gar nicht. Die meisten gaben hier “weiss nicht” an. Falls ein Grund angegeben wurde, dann wurde überwiegend gesagt, dass die eigene Versicherung bislang keinen Chat- bzw. Voicebot anbietet und es somit bisher auch keine Möglichkeit gab mit einem Bot zu chatten. Weiter gaben einige Kunden an, dass sie diesen Kanal noch gar nicht in Betracht gezogen haben. Vor allem ältere Versicherungskunden haben einen digitalen Roboter als Kommunikationskanal zur Versicherung bislang eher weniger im Kopf gehabt.

Abbildung 18: Chatbot Erfahrung CH nach Alter, (Schweiz, n=1’382)

6.2. Hinderungsgründe für Versicherungs-Bots

Abbildung 19: Voicebot Erfahrung CH nach Alter, (Schweiz n=1’351)

Im weiteren Verlauf haben die Autoren gefragt, was auch in Zukunft mögliche Hinderungsgründe für die Nutzung von Chat- und Voicebots sein könnten. Und hier fällt verglichen mit dem allgemeinen Chatten zwischen Menschen auf, dass die mangelnde persönliche Nähe der grösste Hinderungsgrund für die Nutzung von einem digitalen Roboter ist. Vor allem bei älteren Generationen ist dies der Fall. Weiter wird auch die Angst um Sicherheitslücken oder die Angst, die eigenen Privatsphäre zu verlieren, als Hinderungsgrund für einen Chatbot genannt. Die Hinderungsgründe bei Voicebots sind wesentlich ausgeglichener. Hier wurden durchschnittlich alle der vorgegebenen Antwortmöglichkeiten als Hinderungsgrund genannt. Dies sind neben mangelnder persönlicher Nähe, Angst vor Sicherheitslücken und der Angst um die Wahrung der eigenen Privatsphäre auch die Angst vor Falschaussagen, schlechte Erfahrungen aus anderen Branchen oder zu grosse Kompliziertheit.

Bemerkung Die Autoren vermuten bei dem Thema Voicebot eine leichte Verzerrung der Antworten. Da die Mehrheit der Befragten offensichtlich noch gar

keine Erfahrungen mit Voicebots gemacht hat und aufgrund mangelnder existierender Voicebots von Versicherungen gar nicht in der Lage war Erfahrungen zu sammeln, können auch keine eindeutigen Hinderungsgründe genannt werden. Dies führt dann zu einer allgemeinen Ablehnung, die sich dadurch ausdrückt, dass alles, was möglich ist, als Hinderungsgrund angesehen wird.

Abbildung 20: Gründe gegen Chatbot CH nach Alter, n=822, Mehrfachantworten möglich

Tipp für Unternehmen Ein kleiner Tipp, für die Unternehmen, die noch Chatbots einführen wollen. Die Einführung von Bots sollte vor allem ausserhalb der Geschäftszeiten stattfinden. Da akzeptieren Kunden den automatisierten Kanal bislang am ehesten bzw. würden ihn dort am stärksten nutzen.

Abbildung 21: Aus welchen Gründen würden Sie die Nutzung eines Chatbots eines Versicherers ablehnen? (Schweiz, n=4’866, Mehrfachantworten möglich)

«Bereits knappe 50% der zufällig ausgewählten Schweizer haben in der Vergangenheit gemäss Umfrage mindestens einmal mit ihrem Versicherer via Live-Chat oder auch Chatbot kommuniziert. Wir erwarten, dass diese Gewohnheit in bereits in mittelfristiger Zukunft noch spürbar zunehmen wird. Das Adnovum Conversational AI Team begleitet Unternehmen, hierfür die marktführenden Lösungen mit maximalem Nutzen einzusetzen.» Mark Bosshard, Adnovum

6.3. Akzeptierte Anwendungen von Versicherungs-Bots

Nachdem zunächst eher allgemein nach den Kommunikations- bzw. ChatPräferenzen der Versicherungskunden gefragt wurde, war es den Autoren

ebenfalls wichtig zu erfahren, wann automatisierte Chats per Chat- oder Voicebot gefragt bzw. akzeptiert sind. Und dies vor allem im Vergleich zu Chats und Telefonaten mit realen Menschen.

Wenn die Kunden frei wählen könnten, dann würden die meisten weiterhin den Chat mit einem Menschen, anstatt mit einem Roboter bevorzugen. Wenn es um den Stand der eigenen Schadenmeldung, um das Meldung von Änderungen, um das Einreichen von Rechnungen oder um das Bestellen von Dokumenten geht, wird der Mensch am wenigsten gebraucht.

Es scheint, dass die jüngeren Zielgruppen den Menschen am wenigsten nachfragen. Je älter die Kunden werden, desto höher ist das Bedürfnis nach einem Menschen auf der anderen Seite des Chats.

Weiter ist die Nachfrage nach einem Menschen in Österreich tendenziell grösser, als in der Schweiz oder in Deutschland. Zwischen Deutschland und der Schweiz gibt es ebenfalls leichte Unterschiede. Es lässt sich hier aber nicht pauschal sagen, welches Land den Menschen stärker bevorzugt. Vielmehr unterscheiden sich die Aussagen, je nach Anwendungsfall. In Deutschland wird beispielsweise der Mensch beim Abschluss einer Kranken- oder Schadensversicherung eher bevorzugt. Den Schweizern dagegen scheint der Mensch bei der Beratung einer solchen Versicherung wichtiger zu sein, als den Deutschen.

Vergleicht man die Akzeptanz von Robotern, die per Sprache (Voicebots) und solchen, die per Text (Chatbot) kommunizieren, fällt auf, dass die Akzeptanz bei Voicebots im Schnitt 10 % ist, als die der Chatbots.

Dies liegt vermutlich daran, dass die Voicebots noch weniger verbreitet sind, die Erfahrungen somit wesentlich geringer sind und die Kunden sich eine Kommunikation per Sprachbot daher weniger vorstellen können, als per Textbot.

«Die Einführung von neuen Kanälen wie Livechats oder Chatbots ist mehr als eine technologische Neuerung. Wenn Versicherer diese anbieten, müssen sie auch sicherstellen, dass sie dafür die nötigen internen Ressourcen haben. Anfragen im Livechat sollten in Echtzeit beantwortet werden –- und dafür braucht es Mitarbeitende mit den entsprechenden Berechtigungen und Zugang zu relevanten Kundeninformationen. Bei Chat- und Voicebots sind weitere Punkte für die Akzeptanz zentral: Können Versicherer sicherstellen, dass es eine nahtlose Übergabe vom Bot an einen menschlichen Agenten gibt? Hat der KundenserviceMitarbeitende Einsicht in die Kommunikation zwischen Chatbot und Kunde? Sind Chat- und Voicebot in die Customer Journey eingebettet? Fakt ist: Hybride Lösungen sind die Zukunft. Mein Plädoyer: Mit kleinen durchdachten Use Cases starten -– und dabei immer vom Kunden aus denken.» Bernhard Egger, Retail Community Manager, BSI)

6.4. Chatbots zur Gesundheitsberatung

Abgesehen von der allgemeinen Nutzung von Chat- und Voicebots in der Versicherungswelt, wurden die Studienteilnehmer auch gefragt, ob sie sich automatisierte Chatkanäle zur Ersteinschätzung von Krankheiten vorstellen können. Die Ergebnisse sind trotz der zuvor genannten Ablehnungsgründe erfreulich. Chat- und Voicebots werden von einer knappen Mehrheit der Befragten sogar zur Einschätzung von Krankheiten akzeptiert. Dies gilt vor allem für Bots, die per Text kommunizieren, also Chatbots. Die Abneigung bei solchen Symptom-Checker-Bots ist bei den älteren Befragten (50+ Jahren) und bei den Deutschen deutlich höher als bei den restlichen Versicherungskunden.

Seit Corona gibt es eine Vielzahl von Bots, die Fragen rund um den Virus beantworten und wo Bürger häufig auch durch das angeben ihre Symptome erfahren können, ob sie sich testen lassen sollten oder nicht. Im deutschsprachigen Raum ist vor allem die App “Ada Health” bekannt, welche einen Chatbot anbietet, der mit Hilfe von künstlicher Intelligenz eine erste Anamnese machen kann und der einzelne Nutzer daraufhin entscheiden kann, ob er zusätzlich noch einen menschlichen Arztkontakt wünscht.

Abbildung 22: Chatbot Ada Health

6.5. Aus der Praxis: Chatbots bei der HDI Versicherung

Die HDI Versicherung in Deutschland bietet ihren Kunden seit 2019 den Kontaktkanal «Chatbot» an. Während der Bot anfangs hauptsächlich dazu da war, den Kunden via Chat auf der HDI.de Webseite die Möglichkeit zu bieten, rund um die Uhr weitere Mitfahrer versichern zu können, ist der Bot heute sogar im Kundenportal integriert und beantwortet eine Vielzahl von Fragen zur Autoversicherung oder zu Themen rund um den Login, die Zugangsdaten oder Anmeldeprobleme.

Mirijam Dieser (Verantwortlich für die Chatbots) berichtet stolz, dass der Chatbot des Online Kundenportals täglich ca. 500 automatisierte Konversationen führt, wobei sich die Mehrheit rund um Fragen zur Anmeldung oder Regis-

trierung drehen. Der Bot hat sich in den letzten Jahren und Monaten immer weiter entwickelt und wird auch in Zukunft immer mehr Fragen beantworten können oder sogar erste Aufgaben für die Nutzer erledigen können. Was sich aber nicht verändert hat, ist der Name. Bei der HDI Versicherung chatten die Kunden von Anfang an mit Lizzy. Das Team um Mirijam Dieser hat sich bewusst für eine weibliche Persönlichkeit entschieden, die einen Namen hat und auch ein Gesicht trägt. Im Rahmen von Workshops wurde eine ganze Chatbot-Persona kreiert, die zum Brand der HDI und zu deren Kunden passt. Das Team bezieht sich dabei auf Studien, die zeigen, dass die Mehrheit der Kunden zunächst mehr Vertrauen gegenüber einem weiblichen Chatpartner, als gegenüber einem männlichen hat und so war sehr schnell klar, dass Lizzy weiblich wird.

Im Verlauf des Chats können die Kunden selbst wählen, ob sie ihre Frage frei eintippen wollen und die digitale Assistentin diese Frage mit Hilfe einer künstlichen Intelligenz erkennt, einem Thema einordnet und passend antwortet oder ob sie sich durch Buttons und vordefinierte Themenvorschläge leiten wollen. Bisher verfügt Lizzy über keinerlei Schnittstellen zu internen Systemen. Auch wenn Nutzer im Kundenlogin eingeloggt sind, kann Lizzy ihre Identität nicht zuordnen. Dies ändert aber nichts daran, dass Lizzy nicht nur das Leben der Kunden bislang enorm vereinfacht hat, auch die internen Support-Teams sind dank Lizzy um bis zu 50 Prozent effizienter beim Beantworten der eingehenden E-Mails geworden. Kunden können über den Chatbot direkt E-Mails an die Service-Mitarbeiter schicken. Die digitalen Assistenten führt die Kunden dabei durch einen sehr strukturierten Prozess und stellt so sicher, dass Kunden alle nötigen Informationen bereits mit der ersten E-Mail mitschicken. Dieser Fortschritt hat die Bearbeitungszeit der Kundenanfragen um rund 50

Lust auch mal mit Lizzy zu chatten?

Lizzy ist für alle Kunden und potenziellen Kunden der HDI Versicherung bequem über die Webseite verfügbar und beantwortet dort allgemeine Fragen zur Autoversicherung und kann Mitfahrer mitversichern. Weiter ist Lizzy auch auf der Startseite des Kundenportals verfügbar und beantwortet dort sogar Fragen zum

Abbildung 23: Chatbot der HDI Versicherung

Login, zur Anmeldung oder zur Registrierung. Hier geht’s direkt zu Lizzy im Kundenportal: https://www.hdi.de/mein-hdi/login

This article is from: