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Abschied vom Gas in Schwimmzentren
from sb 6/2022 (deutsch)
by IAKS
BRITISH COLUMBIA GEHT NEUE WEGE IM ENERGIEMANAGEMENT
Autor Taio Waldhaus (P. Eng, CPHD), Principal, AME Group
Viele Kommunen in der kanadischen Provinz British Columbia haben das Pariser Abkommen unterzeichnet, den Klimanotstand ausgerufen und sich verpflichtet, in den kommenden Jahrzehnten CO2-Emissionen aus Neubauten zu verbannen. Da Schwimmbäder zu den kommunalen Einrichtungen mit dem höchsten Energieverbrauch gehören, konzentrieren sich die Akteure bei der Planung und dem Bau neuer Schwimmzentren auf den Ersatz gasbetriebener Anlagen durch einen vollelektrischen Betrieb. Taio Waldhaus wirft einen Blick auf energieeffiziente mechanische Systeme in Schwimmzentren.
Das Stromnetz von British Columbia wird zu über 90 % aus CO2-emissionsfreien Energiequellen gespeist, sodass die mit elektrischen Anlagen verbundenen Emissionen sehr gering sind. Über eine Stromerzeugung vor Ort, beispielsweise durch Fotovoltaikanlagen, werden die verbleibenden stromnetzbedingten Emissionen kompensiert. Somit handelt es sich bei allen Schwimmbadneubauten um Anlagen mit Netto-Null-Emissionen gemäß den Normen des Canadian Green Building Council.
Die Betriebskosten über die Lebensdauer eines Schwimmbads übersteigen in der Regel bei weitem die Investitionskosten für den Bau. Gas ist in British Columbia pro gelieferter Energieeinheit wesentlich kostengünstiger als Wasserkraft. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, bei der Elektrifizierung der in Bädern verbauten Anlagen den Energieverbrauch erheblich zu senken. Im Folgenden werden Strategien für die Planung und Installation mechanischer Systeme beschrieben, mit denen der Energieverbrauch von Heiz- und Prozessanlagen erfolgreich minimiert werden kann, um Schwimmzentren unabhängig vom Energieträger Gas betreiben zu können.
Synergien bei der Energieübertragung Die Hauptaufgabe eines Schwimmbads besteht darin, beheizte Schwimmbecken und warme Duschen für die Badegäste bereitzustellen. Das warme Beckenwasser gibt mittels Verdunstung ständig Feuchtigkeit an die Luft in der Schwimmhalle ab. Um den Komfort in der Schwimmhalle außerhalb der Becken zu gewährleisten und die Gebäudehülle vor kondensationsbedingten Schäden zu schützen, muss die Luft im Innenraum entfeuchtet werden. Die mit diesen Gebäudemerkmalen verbundenen Prozesse erzeugen Synergien bei der Energieübertragung, die bei ganzheitlicher Betrachtung und Nutzung zu erheblichen Energieeinsparungen führen können.
Wärmepumpen werden in Gebäuden häufig zur Wärmeerzeugung eingesetzt. Sie sind eine ideale Lösung, da sie wesentlich weniger Energie benötigen als Heizkessel. Das liegt daran, dass sie unter Nutzung eines Kältekreislaufs Wärme transportieren, anstatt sie zu erzeugen, wie es bei Heizkesseln der Fall ist. Heißes, komprimiertes, gasförmiges Kältemittel nimmt Wärme aus Quellen wie dem Erdreich (Geothermie) oder der Außenluft (Aerothermie) auf. Diese Wärme kann bei der Kondensation für Gebäudeanwendungen wie Heizung, Warmwasser und Beckenwasser genutzt werden.
Erhöhung der Leistungszahl Die Effizienz einer Wärmepumpe wird anhand ihrer Leistungszahl (Coefficient of Performance – COP) gemessen. Der COP-Wert ist eine Kennzahl, die das Verhältnis von Nutzwärme zur aufgewendeten elektrischen Energie ausdrückt.
Wärmerückgewinnung
Rendering: AME Group
Das təməsewtxʷ Aquatic and Community Centre wird derzeit in New Westminster, British Columbia, gebaut und wird das erste vom Canadian Green Building Council zertifizierte Schwimmzentrum mit Netto-Null-Emissionen in Kanada sein. Es wurde von HCMA Architecture und der AME Consulting Group entworfen. Dank Nutzung der hier beschriebenen Technologien sollen nur 6 kg CO2/Jahr/m² erzeugt und anschließend über die Fotovoltaikanlage vollständig kompensiert werden.
Eine typische geothermische Wärmepumpe arbeitet mit einem COP-Wert von 3, das heißt sie überträgt pro Einheit aufgewendeter elektrischer Energie drei Energieeinheiten von der Quelle (Erdreich oder Luft) an die Last (Gebäude). Das ist das Dreifache der Energiemenge, die ein Heizkessel bei gleichem Energieeinsatz erzeugt. Wärmepumpen können auch in umgekehrter Richtung betrieben werden, um mittels Wärmeübertragung von einer Quelle (zum Beispiel Luft in der Schwimmhalle) an eine Senke (zum Beispiel geothermisches Feld oder Außenluft) für Kühlung zu sorgen.
Ein wahres Wunder geschieht, wenn eine Wärmepumpe gleichzeitig zum Heizen und Kühlen eingesetzt wird: Der COP-Wert verdoppelt sich. Wenn also eine Wärmepumpe gleichzeitig die Luft in der Schwimmhalle entfeuchtet und das Schwimmbecken beheizt, können COP-Werte von 6 oder 7 erreicht werden. Das bedeutet, dass für jede von den Kompressoren verbrauchte Einheit elektrischer Energie sechs Energieeinheiten an das Gebäude geliefert werden – das Sechsfache eines elektrischen Heizkessels, der mit einem COP-Wert von 1 arbeitet. Um den Energieverbrauch eines elektrisch betriebenen Schwimmbads erheblich zu senken, sollte so viel Wärme wie möglich durch eine Wasser-Wasser-Wärmepumpe bereitgestellt werden, die gleichzeitig heizt und kühlt. Sobald im Gebäude ein Kühlbedarf besteht, gewinnt die Wärmepumpe die Wärme aus dem Kühlprozess zurück und gibt sie an das Heizsystem ab. Nur wenn der Wärmebedarf die von der Wärmepumpe erzeugte Leistung übersteigt, kommen aerothermische Wärmepumpen und/oder elektrische Heizkessel zur Erzeugung der benötigten Restwärme zum Einsatz.
Die Vorteile gleichzeitigen Heizens und Kühlens nutzen Betreiber moderner Bäder fordern auch in den Sommermonaten eine mechanische Kühlung und Entfeuchtung der Schwimmhallen. Darüber hinaus umfassen viele moderne Schwimmzentren auch Freizeiteinrichtungen wie Fitnessstudios und Sporthallen. Diese Räume müssen auch in den Wintermonaten gekühlt werden, da sie sich durch die physische Aktivität der Nutzer erwärmen. Dies ist für das Energiesystem des betreffenden Gebäudes sehr positiv, da sich die Zeiträume, in denen gleichzeitig geheizt und gekühlt werden kann, erheblich verlängern. Meiner Erfahrung nach kann ein typisches Schwimmzentrum über eine WasserWasser-Wärmepumpe im Durchschnitt ein Drittel seines Spitzenheizbedarfs decken.
Um die Nutzung der Wasser-Wasser-Wärmepumpe zu maximieren, können die Lüftungsanlagen des Gebäudes sowohl mit mechanischer als auch mit passiver Abluftwärmerückgewinnung ausgestattet werden. Selbst bei der Luft-Luft-Wärmerückgewinnung, beispielsweise durch entsprechende Lüfter, wird immer noch Warmluft aus dem Gebäude abgeführt, um Platz für Frischluft zu schaffen. Durch den Einsatz von Wärmetauschern im Abluftsystem kann zusätzliche Wärme aus der Abluft über die Wärmepumpenanlage an das Gebäude abgegeben werden. Dies ist besonders vorteilhaft in der Schwimmhalle, wo die Abluft sehr warm und feucht ist und viel Energie enthält. Bei beiden Formen der Wärmerückgewinnung können die Steuersysteme je nach Wärmeprofil des Gebäudes den Betriebsmodus umschalten und so die Wärmeproduktion der Wärmepumpenanlage maximieren.
Bäder bieten jedoch noch sehr viel mehr Potenzial für Energieeinsparungen. Es gibt viele Bereiche, in denen sich eine schrittweise Senkung des Energieverbrauchs zu erheblichen Energieeinsparungen summieren kann. Mit Schwerkraftfiltern kann der Energiebedarf der Pumpen im Beckenfiltersystem nachweislich um bis zu 60 % gesenkt werden. Wärmerückgewinnungssysteme im Sanitärbereich können Energie aus dem Duschwasser gewinnen, das sonst ungenutzt abgeleitet würde. Durch den Einsatz von Rotationsentfeuchtern in Schwimmhallen können die Energiekosten für diesen Prozess nachweislich um 60.000 CAD pro Jahr gesenkt werden, wie jüngste Energiemodelle am Beispiel des təməsewtxʷ Aquatic and Community Centre belegen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin zu verhindern, dass Energie, die im Gebäude wiederverwendet werden kann, das Gebäude verlässt.