Das MAGAZIN für Sicherheitskultur 07/20

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NR. 07 / 2020

#esgehtnur gemeinsam NOTWENDIG

WICHTIG

SCHÖN

#esgehtnurgemeinsam

Rechtliche Überlegungen

Rückblick 6. IBIT Fachtagung


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EDITORIAL

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Liebe Leserinnen und Leser, Als wir entschieden haben, diese Ausgabe unter den ­Hashtag #esgehtnurgemeinsam zu stellen, hatten wir ­eigentlich die interorganisationale Zusammenarbeit im Blick. Wie sehr daraus allerdings ein überlebenswichtiges C­ redo für die gesamte Veranstaltungsbranche werden würde – nun ja, damit hat – inklusive uns – sicherlich niemand ­gerechnet. Heute, in der x-ten Woche der ­Corona Krise ist alles wieder ein bisschen ruhiger geworden. Das Gejammere und Gezetere ist der Einsicht gewichen, dass sich­­ a) davon nichts ändert und dass b) der Schlüssel wohl oder übel darin liegt, selbst etwas auf die Beine zu stellen. ­Einigermaßen relativiert ­haben sich auch die pro­ filierungswütigen „wir retten die Welt“ Beiträge, die zum zehnten Mal bereits Bekanntes zusammengefasst h­ aben („wir haben für Euch eine Übersicht erstellt“) oder die – viel schlimmer noch – von ­anderen ­Erstelltes als e­ igene Leistung verkauft haben. Insbeson­dere schön zu ­sehen an den ganzen Risikobewertungsmatrizen, die in den ­Anfangstagen der Krise wie Pilze aus dem Boden schossen und sich letztendlich aber nur noch in den Formatierungen unterschieden haben. Ehrlicherweise hatten wir auch darüber nachgedacht, eine solche Matrix zu veröffent­ lichen, haben das dann aber aus oben genannten Gründen gelassen, auch wenn uns das bestimmt ein paar ­Likes und Clicks gekostet hat. Aber das ist ohnehin Vergangenheit, denn inzwischen ­arbeiten die meisten wirklich: ob an politischen Lösungen oder auf Erdbeerfeldern – das eine ist so gut und wichtig wie das andere. Möglicherweise denkt der / die ein oder andere auch mal über die eigene unternehmerische Strategie nach. Beim Lesen einiger Hilferufe hat sich noch einmal deutlich gezeigt, auf welche fragilen und leider auch ausbeuterischen (bzw. sich ausbeuten lassenden) Füßen zumindest ein Teil der Veranstaltungs- und Kultur­branche steht. Denn Fakt ist: wir können die Situation an sich ja gar nicht ändern, wir können uns nur in ihr positionieren. Möglicherweise ist das lediglich ein Vorgeschmack auf die Möglichkeiten – stelle man sich das Ganze einmal mit einem deutlich tödlicheren Virus vor … Aber es haben sich auch tolle Dinge entwickelt: unerwar­ tete Zusammenschlüsse, nicht gewinn- / umsatzmotivierte

Und auch, wenn wir danach alle wieder in unser Leben zurückkehren, so bleibt doch die große Hoffnung, dass wir es schaffen, zumindest einen Teil der positiven Impulse mitzunehmen?« Angebote. Tolle Menschen erarbeiten tolle Ideen und ­Solidarität kommt aus Bereichen, von denen es vielleicht kaum jemand erwartet hätte. Wenn wir das alles überstehen, dann nur, weil wir uns auf ­genau diese positiven Aspekte konzentrieren – auf‘s Geben, auf‘s Teilen, auf‘s Austauschen. Und auch, wenn wir „danach“ alle wieder in unser Leben zurückkehren, so bleibt doch die große Hoffnung, dass wir es schaffen, zumindest einen Teil der pos­ itiven Impulse mitzunehmen – und vielleicht sogar auch ein bisschen nachtragend zu sein. Man muss sein Klopierpapier ja nicht bei dem Händler kaufen, der gerade versucht, mit unverschämten Preisen Gewinn aus der Situation zu schlagen – bei allem Verständnis für „der Markt macht die Preise“ und „wir müssen ja auch überleben“. ­Überleben werden hoffentlich vor allem diejenigen, die auch jetzt umsichtig und nachhaltig agieren, die nicht auf den kurzfristigen Gewinn auf Kosten anderer schielen (#manwirdjanochhoffendürfen). Vielleicht sind wir zu optimistisch, zu idealistisch – aber hey, das ist der Weg, den wir uns entschieden haben zu gehen – und wir freuen uns über jede und jeden, die / der uns begleitet #esgehtnurgemeinsam. Sabine Funk für das IBIT Team

g nur t h e g #es

i ns eme

am NR. 06/2019 07/2020


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I N H A LT S V E R Z E I C H N I S

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EDITORIA L

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INH A LT S V ER ZEICHNIS / IMPRESSUM

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RÜCKBLICK

6. IBIT Fachtagung Veranstaltungssicherheit in Berlin 07

4 Themenschwerpunkt 1: Praxislösungen

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4 Themenschwerpunkt 2: Dienstleistung und Infrastruktur

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4 Themenschwerpunkt 3: Rechtliche Fragestellungen

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4 Themenschwerpunkt 4: Der Mensch in der Menge

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4 Themenschwerpunkt 5: Aus dem Elfenbeinturm in die Praxis

– Sicherheitsforschung

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4 Themenschwerpunkt 6: Grundlagen der Veranstaltungssicherheit

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VORTR AG IN GEKÜR Z TER FA SSUNG

Das CroMa Projekt: Von Fußgängerexperimenten und Feldstudien

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DAS RAHMENPROGRAMM

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WAS BISHER GESCHAH

Facebook “f ” Logo

CMYK / .eps

Facebook “f ” Logo

CMYK / .eps

IMPRESSUM Herausgeber: IBIT GmbH Internationales Bildungs- und Trainingszentrum für Veranstaltungssicherheit Auguststr. 18, 53229 Bonn Telefon: +49 (0)228 / 42 99 26 90 kontakt@ibit.eu, www.ibit.eu Geschäftsführung: Sabine Funk, Christoph Heiliger Erscheinungsdatum: Mai 2020

Verantwortlich: Sabine Funk, Christoph Heiliger Redaktion: Katharina Jörger, Simon Ort Anzeigenleitung und -verkauf: Simon Ort Titelbild: ajt / istockphoto Gestaltung Inhalt: Serap Lannert (grafisches hilfswerk, Bonn)

UStIdent.Nr. 274137547 SteuerNr. 206/5926/0976 Amtsgericht Bonn: HRB 19223 Copyright: Eine Verwertung der urheberrechtlich geschützten Broschüre und aller in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen, insbesondere durch Vervielfältigung oder Verbreitung, ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urhebergesetz nichts anderes ergibt.


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SCH W ERPUNK T THEM A

4 #esgehtnurgemeinsam

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4 AWARENESS

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4 Maßnahmen für den Umgang mit Voyeurismus auf Veranstaltungen

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4 Einsatz von Ehrenamtlichen Helfern bei Großveranstaltungen

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WAS BISHER GESCHAH

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A K TUELL

4 Die rechtlichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf

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Veranstaltungsverträge und sonstige gewerbliche Mietverträge

4 Betriebliche Notfallplanung & Betriebliche Kontinuitätsplanung =

Ein Sicherheitskonzept für den eigenen Betrieb – wirklich?

JA! 58

WAS BISHER GESCHAH

Schwerpunkt Karneval

60 #10jahreIBIT

10 Jahre IBIT – ein etwas unerwarteter Rückblick

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IM INTERV IE W

Matthias Brezina

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N ACHH A LTIGKEIT

Nachhaltiges IBIT

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WAS BISHER GESCHAH

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ÜBER DIE AUTOREN DIESER AUSG A BE

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R Ü C K B L I C K 6. I B I T FA C H TA G U N G V E R A N S TA LT U N G S S I C H E R H E I T I N B E R L I N

6. IBIT FACHTAGUNG VER ANSTALTUNGSSICHERHEIT Von Florian Bollig, Stephan Leukert, Sabine Funk, Simon Ort, Katharina Jörger. Fotos: Anke Hesse

Nach jeweils zwei Jahren in Bonn und Köln sowie einer Fachtagung in Hamburg haben wir uns in 2019 für eine Austragung der Fachtagung in Berlin entschieden. Grund dafür war nicht nur, dass das historische Olympiastadion einen beeindruckenden Rahmen für unsere 6. Fachtagung mit 350 Teilnehmern aus sieben Ländern geboten hat und Berlin insgesamt aus allen Richtungen und mit allen Verkehrsmitteln gut zu erreichen ist – Grund waren vor allem auch die Partner auf der Berliner Seite, die ganz klar gesagt haben: „wir wollen euch hier“ – Danke noch mal für das Vertrauen an die OLYMPIASTADION BERLIN GMBH. Der neue Austragungsort änderte aber nichts am bewährten Prinzip: wie immer wurden in insgesamt sechs Themenschwerpunkten aktuelle und bewährte Inhalte aus Praxis, Wissenschaft und Recht präsentiert – ergänzt durch ein umfassendes Rahmenprogramm und die traditionelle Konferenzparty.


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Themenschwerpunkt 1: Praxislösungen

Den Anfang machte Gerard van Duykeren (TSC Crowd Management, Showsec) mit einem Vortrag über Event Profiling und die Art, wie er seine Kräfte auf diese anspruchsvolle Aufgabe vorbereitet. „event (predictive) profiling“. Neben der Vermittlung von Wissen spielen hier vor allem die sogenannten „red teams“ eine wichtige Rolle, deren Aufgabe es ist, das Personal immer wieder herauszufordern und Lücken im System aber auch in der Ausbildung und / oder Vorbereitung aufzuzeigen. Mit dem Hinweis auf das „joined social trauma“ beschrieb er die Auswirkungen der Anschläge der vergangenen Zeit – besonders eindrucksvoll dabei die Schilderungen zu den „Manchester Arena bombings“, bei denen sein Personal zu den „first respondern“ gehörte. Er plädierte für eine Änderung des Mindsets in Richtung einer „pro-active security awareness attitude“ und bestätigte dies mit dem beeindruckenden und gleichermaßen unterhaltsamen Awareness Test „21 Changes“ (www.youtube.com/ watch?v=ubNF9QNEQLA). Nicht gespart hat van Duykeren in seiner Präsentation an Meinungen zu selbsternannten Experten zum Thema: „hollow phrases“, „preoccupation with own interests“, „double-faced cheap criticism“, „self proclaimed specialists“, „piggybacking on hype“ waren nur einige der Umschreibungen, mit denen er seine Meinung mehr als deutlich machte.

Im Anschluss erläuterte Bernd Belka (Special Security Services) am Beispiel des Neuapostolischen Kirchentages in Düsseldorf, wie sich große Personenmengen steuern lassen, auch wenn sie von ihrem präferierten Ziel (vermeintlich) weggeleitet werden müssen. Setzt man sich damit auseinander, wie die Zielgruppe „funktioniert“, wie sie ansprechbar ist, was sie motiviert, lassen sich eigentlich immer Wege finden, auch „unbequemes“ Handeln umzusetzen: so hat das System der „Grünen Route“ (einem wirklich sehr langem Umweg zu einem eigentlich naheliegenden Ziel) inzwischen Eingang in die sozialen Medien gefunden (www.ijt2019.org/db/7736666/ Aktuelles/Die-gruene-Route-oder-Ein-Wegwird-zum-Gespraechsthema) und zeigt eindrucksvoll auf, dass man Menschen durchaus dazu bringen kann, lange Umwege zu gehen, wenn man es nur mit einem Sinn und / oder Spaß verbindet.

Das Thema „Awareness“ in Verbindung mit sexuellen Übergriffen bei Veranstaltungen, das im nachfolgenden Vortrag von Jan Benz (Benz & Beckert) und Vanessa Wiktor (Kopf & Steine GmbH) vorgestellt wurde, findet sich mit einem großen Schwerpunktartikel ab Seite 32 in diesem Heft. Sowohl das Feedback und die sich an den Vortrag anschließenden Diskussionen als auch die Menge an aufgezeigten Herausforderungen und Lösungsansätzen zeigte, wie wichtig das Thema auch im Kontext der Sicherheitsplanung für Veranstaltungen ist.

Formal vom „best practice“ Teil getrennt schloss der Vortragsstrang ab mit einer Vorstellung einer „industry best practice“ Lösung, in der Oliver Maitre (guest one) sein Konzept zum Personalmanagement auf dem Parookaville vorstellte.

In der Implementierung in ein Schulungskonzept unterschied er zwischen „basic awareness“ und einem speziellen Training NR. 07/2020


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Themenschwerpunkt 2: Dienstleistung und Infrastruktur

In drei Vorträgen und einem Diskussionspanel wurde ein weiter Bogen von Anforderungen an Blitzschutz oder Sanitätsdienste über die Bedeutung von Zuschauertribünen für die Sicherheit bis hin zu Problemen aufgrund des Arbeitskräftemangels gespannt.

Den Anfang machte Andreas Litger (VABEG Eventsafety) mit einem höchst spannenden Vortrag unter dem Titel „Blitzgefahren und Blitzschutz bei Veranstaltungen im Freien und in Zelten“. Nach einer allgemeinen Einführung in das Thema „Blitze“ wies der Co-Autor des Taschenlexikons Eventsafety darauf hin, dass sowohl für fliegende Bauten als auch für Veranstaltungen im Freien keinerlei gesetzliche oder normative Regelungen hinsichtlich des Blitzschutzes bestehen. Aus diesem Grund wurde in Zusammenarbeit mit dem VDE ein Merkblatt „Blitzschutz bei Veranstaltungen und Versammlungen“ erstellt. Unter Zuhilfenahme dieses Merkblatts lässt sich die Gefährdung bewerten, um daraus Schutzmaßnahmen umzusetzen. Mit einem anschaulichen graphischen Blitzschutzplan können die Bereiche, die gefährdet bzw. geschützt sind, visualisiert werden. Litger empfahl, den finalen Blitzgefahrenplan mit Schutzmaßnahmen für Besucher gut sichtbar (z.B. an Eingängen) auszuhängen, so dass sie sich informieren und besser vorbereiten können.

Nach der Mittagspause erläuterte Boris Michalowski (Arbeiter-Samariter-Bund

Berlin-Nordwest e.V.) die Herausforderungen und Chancen der Integration des Sanitätsdienstes in die Sicherheitsarchitektur erfolgreicher Veranstaltungen. Er ging dabei zunächst auf die hohen Anforderungen an die Sanitätskräfte ein. Wie in (fast) jedem ehrenamtlichen Bereich wird auch hier der Fachkräfte- und Nachwuchsmangel immer spürbarer. Der Einsatzleiter für Großdienste wies darauf hin, dass man zukünftig für rettungsdienstlich ausgebildete Kräfte Honorare zahlen müsse. Zusammen mit gestiegenen Vorhaltekosten für Medikamente und einer neuen Einsatzausstattung wird dies zu höheren Kosten für Veranstalter führen. Am Beispiel der Leichtathletik-EM 2018 im Berliner Olympiastadion zeigte er in beeindruckender Art die Anforderungen auf, die an den Sanitätsdienst bei einer einwöchigen Veranstaltung im Hochsommer mit Temperaturen von bis zu 39° Celsius und einem Unwetter gestellt wer­den. Es wurde deutlich, welchen Beitrag ein funktionierender Sanitätsdienst für die Sicherheit einer Veranstaltung leistet.

Eine Frage, die sich der ein oder andere Zuhörer vor dem dritten Vortrag „Sicherheit zwischen Emotion und Ökonomie – DIN EN 13200“ gestellt haben mag: „Was haben Sichtlinien in Zuschaueranlagen mit der Sicherheit einer Veranstaltung zu tun?“. Dr. Stefan Nixdorf (agn Niederberghaus & Partner GmbH) zeigte in einem lebhaften und spannenden Vortrag den Zusammenhang anhand eines anschaulichen Beispiels auf.

Nach noch 2017 geltenden Normen durften beispielsweise in Eishockeystadien nicht einsehbare Bereiche von bis zu fünf Metern hinter der Bande bestehen. Problem: das Tor ist nur vier Meter von der Bande entfernt. Zuschauer können also unter Umständen genau das nicht sehen, weswegen sie zu der Veranstaltung gekommen sind. Dass das bei einer emotionalen Sportart zu Sicherheitsproblemen führen kann, erklärt sich dann fast von selbst. Aufgrund von Forschungsarbeiten zu Sichtlinien durch Dr. Nixdorf wurden die DIN EN 13200-1 Kriterien für die räumliche Anordnung von Zuschauerplätzen entsprechend angepasst, und damit ein wesentlicher Beitrag zu mehr Sicherheit in Veranstaltungsstätten geleistet.

Den Abschluss des Themenstrangs bildete eine Diskussion zum Thema „Ohne Personal keine Dienstleistung – von Qualifizierungsanforderungen und Personalproblemen“. Ferdinand Erben (Munich Security Services GmbH), Celine Kühnel (EPS GmbH), Pascal Duggleby (Interessengemeinschaft der Personaldienstleister in der Veranstaltungswirtschaft) und Falco Zanini (Falco Zanini Event Safety) stellten die Herausforderungen in einem Markt dar, der zunehmend unter einem Arbeitskräftemangel leidet. In einer lebhaften Diskussion wurden viele Argumente und Ideen gesammelt, wie man trotz der Rahmenbedingungen adäquates Personal finden kann, um erfolgreiche und sichere Veranstaltungen durchführen zu können. Einig waren sich alle Beteiligten, dass es hierzu notwendig ist, aufeinander zuzugehen und neue Lösungen zu ent­­wickeln.


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Themenschwerpunkt 3: Rechtliche Fragestellungen

Dieser Themenstrang erfreut sich jedes Jahr großer Beliebtheit und ist fester Bestandteil unserer Tagungen. Die Kombination aus theoretischen Exkursen und praktischen Beispielen brachte die Teilnehmer auf den aktuellen Stand der rechtlichen Entwicklungen in der Veranstaltungsbranche.

Eröffnet wurde der Themenstrang „Recht­ liche Fragestellungen“ mit dem Vortrag „Was hat sich getan“ durch Rechtsanwalt Volker Löhr ((kanzleiLoehr). Hier beschäftigte er sich sowohl mit der Frage, wer denn bei einer Veranstaltung eigentlich die „Terrorabwehr“ bezahlen müsse, als auch mit dem grundsätzlichen Konzept der Veranstaltungsleitung, dessen Versuch der neuerlichen rechtlichen Einordnung er erläuterte. Ein­geleitet durch eine Mitmachaktion, in der die Teilnehmer auf vermeintlich einfache juris­tische Fragen mit „ja“ oder „nein“ ant­­worten sollten, wurde schnell klar: so einfach ist das Thema „Recht“ nicht. Und schnell wurde auch deutlich: die Zeit für den Vortrag reichte eigentlich nicht aus. Neben Themen wie der Verkehrssicherungspflicht am Beispiel des Weihnachtsmarkturteils von Berlin wurde beson­ders das Thema Veran­staltungsleitung besprochen und die Verantwortlichkeiten zwischen Betreiber und der Veranstaltungsleitung definiert. Die Verantwortung des Betreibers „für die Sicherheit der Veranstaltung und für die Einhaltung der Vorschriften zu sorgen“ ist keinesfalls gleichzusetzen mit der Ver­ant­wortung, die die Veranstaltungsleitung während der Durchführungsphase einer Veranstaltung übernimmt. Auch räumte Volker Löhr mit den Begrifflichkeiten zwischen Veranstaltungsordnungsdienst und Veranstaltungssicherheitsdienst auf.

Unter dem Titel „Der Zweck heiligt die Mittel“ befasste sich RA Martin Reitmaier (Reitmaier Rechtsanwälte) mit dem Sorgenkind DSGVO, an dem in der Vergangenheit kein Veranstalter mehr vorbeikam. Veranstaltungen seien „weiche Ziele“ für potentielle Attentäter – leicht zu erreichen mit großem Schadensausmaß bei einem erfolgreichen Anschlag – und durch die hohe Anzahl von Mitwirkenden gefährdet. Die Weitergabe von personenbezogenen Daten ist nach Einführung der DSGVO aber nur noch bei konkreter Gefahrenlage oder vorher vorliegendem Bescheid für die Behörden durchzusetzen. Dies ist selbst mit Erhebung und freiwilligem Einverständnis zur Weitergabe nur mit großem Aufwand möglich. Die Handlungsempfehlung: Daten erheben, aber erst bei konkreter Gefahr zugänglich machen. Neben Vorteilen wie der Bekämpfung von Schwarzarbeit und der Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes liegt so auch im konkreten Verdachtsfall die nötige Information, z.B., ob der gesuchte Mitarbeiter überhaupt eingecheckt ist, vor. Langfristiges Ziel sollte sein, sich ein Beispiel an anderen Branchen zu nehmen. Denn „in der Industrie ist es schon seit Jahren undenkbar, dass „namenlose Fremde“ Zutritt zu einem Betriebsgelände erhalten“.

Verkehrssicherungspflichten – für die einen Totschlagargument, für die anderen ein echtes Rätsel. Aber was sie auch immer sind: sie sind wichtig und existent. Das machte Rechtanwalt Thomas Waetke (Schutt, Waetke Rechtsanwälte) klar und versuchte Grenzen zu ziehen. Auch hier wurde schnell deutlich, dass wichtige Dinge nicht immer einfach sind, denkt man zum Beispiel an Besonderheiten bei der Verkehrssicherung u.a. gegenüber Kindern, betrunkenen Besuchern oder Unbefugten. Das Notwendige und Zumutbare tun, um den Besucher zu schützen ist das Ziel. Doch je extremer die Auswirkung, je weniger das Risiko erkennbar und beherrschbar ist, desto mehr muss getan werden. Auch über die Möglich­keit der Delegation sprach Waetke, und betonte die Notwendigkeit, mit konkreten Bezeichnungen zu arbeiten und dass die Arbeit durch den Verantwortlichen auf Umsetzung zu kontrollieren ist. Auch mit dem Mythos „der Teilnehmer nimmt auf eigenes Risiko teil“ wurde aufgeräumt, denn wenn der Teilnehmer das Risiko weder kennt, noch selber beherrschen kann, ist die Klausel unwirksam. Die pure Kenntnis über Risiken im Allgemeinen reicht juristisch nicht aus… Abgerundet wurde der Tag durch die inzwi­ schen obligatorische Fragesession „Frag den Anwalt!“, die wie immer unter der bei Juristen beliebten Prämisse „es kommt darauf an!“ lief. Daniel Schlatter (Schlatter – Zahl – Kuhnt Rechtsanwälte) und Volker Löhr stellten sich auf dem Podium den Fragen des Plenums und knüpften an die Diskussionen der vorherigen Sessions an. Es gab viele Fragen und auch Antworten – RICHTIG und FALSCH blieben allerdings oft auch hier eine Illusion der Beteiligten. NR. 07/2020


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Themenschwerpunkt 4: Der Mensch in der Menge

Wenn man sich mit der Frage beschäftigt, für wen wir eigentlich planen, wenn wir von Besuchersicherheit oder Crowd Management sprechen, kommen wir schnell an die technischen Grenzen von Annahmen und Simulationen oder Risikobeurteilungen. Je besser also unsere Planung oder Simulation auf das Verhalten und die psychologischen Aspekte eingeht, desto näher kommen wir vielleicht diesem „Menschen in der Menge“. Die drei Vortragenden im Themenschwerpunkt „Der Mensch in der Menge“ verfolgten genau diesen Ansatz und konnten spannende Wege und innovative Ideen basierend auf ihren Erfahrungen darstellen. Die gut besuchten Vorträge wurden dann auch von angeregten Diskussionen begleitet, wie sich die vorgestellten Ansätze in der Praxis anwenden und ggf. skalieren lassen.

Den Anfang machte Dr. Angelika Kneidl (accu:rate GmbH) mit dem Vortrag „Warum die Dichte kein geeignetes Kriterium zur Bewertung einer Situation bei Simulationen ist“. Moderne Simulationen von Personenströmen bemühen oft die Dichte als ausschlaggebendes Kriterium. Geht man aber weiter und schaut sich an, in welchem Kontext diese auftritt, kann es durchaus sein, dass Gäste auch Dichte wünschen (Beispiel Festival). Sie konnte aufzeigen, dass ein besseres Kriterium die Stauung von Personenflüssen sein kann. Wie lange befinde ich mich also in der „Dichte“, bin ich dort gewollt oder ungewollt (Beispiel Treppenhaus – Entfluchtung)? Somit lassen sich im Rahmen von Simulationen die Parameter besser bestimmen und die Fragestellung nach Risiko und Gefahr genauer beantworten. Damit kann man angemessener auf die kontextabhängige Planung eingehen, als wenn vergleichsweise immer nur die Dichte herangezogen wird.

Eric Kant (Phase01) hatte für seinen Vortrag den Blickwinkel der „Effective Communication“ gewählt. Wie erreiche ich meinen Besucher, damit er sich auch wie geplant verhält? Am Beispiel der Räumung konnte er aufzeigen, wie oft die sogenannte „Pre-Evacuation Time“ unterschätzt bzw. nicht berücksichtigt wird. Besucher brauchen Zeit, bis sie verstehen, was von ihnen erwartet wird bzw. bis sie verstehen wollen, was erreicht werden soll. Daher ist es wichtig, auf möglichst vielen Kanälen (Durchsagen, Anzeigen, persönliche Ansprache) klare Botschaften zu senden, um die Zeit, die benötigt wird, die Menge in Bewegung zu bekommen, so gering wie möglich zu halten. Eric Kant zeigte in seinem Vortrag auch Strukturen für den Inhalt der Kommunikation auf. So ist es mittlerweile als Stand der Technik anzusehen, den Besuchern klar mitzuteilen, worin die Gefährdung besteht. Moderne Kommunikation sieht also den Besucher als mündigen Teilnehmer an, der seine Entscheidung auf Basis aller Faktoren treffen wird.

Zum Schluss konnte Andrew Tatrai (University of Technology, Sydney) mit seinem Vortrag „Human Behaviour Analysis“ interessante Impulse liefern, wie modernes Crowd Management auf Basis von künstlichen neuronalen Netzen die „Stimmung“ der Besucher auswerten kann. Dazu werden in einer lernfähigen Softwareumgebung die Daten aus Kameraüberwachungsanlagen im Sekundentakt live ausgewertet und sogenannte Facial Patterns erkannt. Die Software kann also unterscheiden, ob Menschen gut, neutral oder schlecht gelaunt sind. Davon abhängig kann eine Auswertung nach vordefinierten Bereichen erfolgen, um Veränderungen in der Stimmung von Menschengruppen wahrzunehmen und darauf basierend Rückschlüsse auf die Dichte und Personenströme zu ziehen. Vereinfacht gesagt lassen sich so Bereiche identifizieren, in denen aufgrund der Stimmung Handlungsbedarf besteht (Bsp. Öffnen von zusätzlichen Einlässen oder Absperren von Zugangskontrollen für Bereiche, die überfüllt sind). Insgesamt lässt sich auch aus den anschließenden Diskussionen und Fachgesprächen ableiten, dass die Entwicklung zum Thema Besuchersicherheit immer häufiger auch psychologische Faktoren und das Verhalten der Zielgruppe in den Vordergrund stellt stellt und so aus den Pünktchen tatsäch­ liche Individuen macht.


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Themenschwerpunkt 5: Aus dem Elfenbeinturm in die Praxis – Sicherheitsforschung „Aus dem Elfenbeinturm in die Praxis – Sicherheitsforschung“- dieser Themenstrang ist aus unserem Tagungsprogramm nicht mehr wegzudenken, wird hier doch die Lücke zwischen Theorie und Praxis, Forschern und Endanwendern geschlossen.

Den Anfang machten die drei Wissenschaftlerinnen Dr. Juliane Adrian (Forschungszentrum Jülich), Olga Sablik (Bergische Universität Wuppertal) und Ann Katrin Seemann (Forschungszentrum Jülich) mit dem Vortrag „CroMa-Projekt: von Fußgängerexperimenten und Feldstudien“. Die Eckparameter des Projektes sind, mit Hilfe der Verbesserung von baulichen Regelungen, einem angepassten Crowd Management und durch organisationsübergreifende Handlungsanweisungen, eine höhere Widerstandsfähigkeit und Leistungsfähigkeit sowie die Gewährleistung der Besuchersicherheit in Verkehrsinfrastrukturen bei erhöhtem Besucheraufkommen zu schaffen. Hierzu ist es wichtig, die Hauptgründe für Unfälle in Menschenmengen zu untersuchen und damit verbunden die maßnahmengestützte Verbesserung der Performance, der allgemeinen Besuchersicherheit und des subjektiven Wohlbefindens zu schaffen. Erst durch das Gedränge in Menschenmengen werden Stausituationen gefährlich. Hier wurde untersucht, wie man durch Design der Zugangssituation das Gedränge möglichst vermeiden kann. Anhand von durchgeführten Feldstudien wurde versucht herauszufinden, ab wann ein Gedränge entsteht und was die Motivation dahinter ist. Aufgezeigt wurde zum Beispiel, dass sich Probanden in geordneten Zugangsstrukturen deutlich wohler fühlen. Zur Forschung wurde verschiedene Sensorik eingesetzt, um z.B. die

Laufwegbestimmung mit Hilfe von Code-Markern zu bestimmen oder auch die Körperbewegungen und die emotionale Belastung zu messen. Da es nicht immer möglich ist, Menschen zu verkabeln, wird auch mit Feldstudien gearbeitet. Beispielhaft wurde der Konzerteinlass in einer mittelgroßen deutschen Indoor-Veranstaltungshalle bewertet. Wichtig bei diesem Projekt ist die Kombination von innovativen, technisch gestützten Forschungsmethoden mit den Ergebnissen aus praxisbezogenen Feldstudien. Den Vortrag haben wir in gekürzter Fassung auf den Seiten 14-24 mit freundlicher Genehmigung von Dr. Juliane Adrian, Olga Sablik und Ann Katrin Seemann veröffentlicht.

Der zweite Vortag von Dr. Laura Künzer (Team HF) und Sascha Voth (Fraunhofer IOSB) mit dem Titel „Ich schau halt hin… Wie können Menschenmengen systematisch beobachtet, bewertet und Dichten vorhergesagt werden?“ befasste sich ebenfalls mit der Sicherheit im öffentlichen Raum. S²ucre ist ein deutsch-französisches Forschungsprojekt und betrachtet nicht nur die wissenschaftliche Komponente, sondern bezieht auch die Sicht der Human Factors-Psychologie mit ein. Ziel ist es, die Forschung in die Praxis zu bringen und die Erkenntnisse zu teilen. Das systemische Bewerten unter Einbezug der Technik und das Beobachten stehen in einem engen Verhältnis bei der Gewinnung und Evaluierung der Forschungsergebnisse.

Es ist wichtig, Warnungen so zu gestalten, dass sie von den Besuchern auch ernst genommen werden. Grundlage dafür ist das Wissen um die verschiedenen Verfahren. Hier stellt sich die Frage „was genau bedeutet Hinschauen“? Es soll auf der einen Seite die Anomalie der Situation aufgedeckt werden, andererseits sollen möglichst aber auch Bewertungskriterien zur besseren Beobachtung gefunden werden. Alles mit dem Ziel, Menschenmengen besser beschreiben zu können. Dabei spielen die Perspektive und der Zeitfaktor eine Rolle. Die Definition der Komponenten setzt auch immer Wissen voraus, das nicht nur im Rahmen der Feldforschung eine Rolle spielt, sondern auch künstlicher Intelligenz z.B. in Bezug auf Auswertungskriterien beigebracht werden muss.

Der letzte Vortrag des Tages von Roland G. Meier (VDS GmbH) „Drohnenforschungwas nützt uns das in der Veranstaltungssicherheit?“ widmete sich gleich vier Sicherheitsforschungsprojekten im Bereich der Drohnen. Ausführlich betrachtet wurde das Projekt „ArGUS-Assistenzsystem zur situationsbewussten Abwehr von Gefahren durch UAS“. Nach einer kurzen Einführung in die aktuellen rechtlichen Grundlagen zum Betrieb von Drohnen gemäß der Drohnenverordnung wurde am konkreten Forschungsprojekt „ArGus“ deutlich, wie groß die Lücke zwischen der aktuellen Drohnenforschung bzw.-regulierung und der Entwicklung der Drohnen ist. Die Entwicklung hat einen immensen Vorsprung. Es fehlt an rechtlichen Grundlagen und es gibt erheblichen Regulierungsbedarf im Bereich NR. 07/2020


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R Ü C K B L I C K 6. I B I T FA C H TA G U N G V E R A N S TA LT U N G S S I C H E R H E I T I N B E R L I N

der Kontrolle. Es müssen Institutionen und Mechanismen zur Sanktion geschaffen werden. Die Erforschung der Grundlagen ist auf einem guten Weg, es gibt Systeme zur Detektion. UAS sind nicht mehr teure Spezialgeräte, die sich keiner leisten kann. Sie werden mittlerweile von vielen Privatpersonen genutzt und stellen somit auch ein neues Bedrohungsfeld für unsere Veranstaltung dar. Ziel muss es sein, durch den Einsatz des Assistenzsystems das UAS frühzeitig erkennen und analysieren zu können. Auf Basis dieser Erkenntnis sollen Bedrohungslagen frühzeitig erkannt und bestenfalls gesetzeskonforme Gegenmaßnahmen empfohlen werden. Geprüft wird aktuell auch die frühzeitige Übernahme des Fluggerätes. Aber auch die Assistenzsysteme sind nur dann hilfreich, wenn sie richtig angewandt werden. Die Menschen müssen für das Thema sensibilisiert werden, denn viele der Unfälle basieren auf Unwissenheit im Umgang mit den Fluggeräten. So ist auch für die Veranstaltungssicherheit die Implementierung drohnenbasierter Szenarien ein notwendiger Schritt. Hierfür bedarf es der Vorsorge und Vorplanung und nicht zuletzt der ständigen Sensibilisierung.

Themenschwerpunkt 6: Grundlagen der Veranstaltungssicherheit Erstaunlicherweise finden sich auch im „Grundlagen“- Themenstrang auf Seiten der Teilnehmer*innen regelmäßig eher weniger Anfänger*innen – umso spannender sind dann die Diskussionen, die sich aus den „vermeintlich einfachen“ Themen ergeben.

Der Themenstrang begann mit der Vorstellung der Arbeitsgruppe „Sicherheitskonzepte“ des Vereins für die Sicherheit von Großveranstaltungen (VFSG e.V.), die ihre bisherigen Ergebnisse vorstellte und mit den Teilnehmer*innen diskutierte. Präsentiert wurden vor allem auch die Inhalte der Diskussionen innerhalb der Gruppe selbst und es war spannend zu sehen, wieviel Rede- und Klärungsbedarf es immer noch bei einem Thema gab, von dem man eigentlich dachte, dass es doch „mal geklärt sein müsse“. Die Diskussion führte von den notwendigen Inhalten (und auch der Frage, was nicht Thema des Sicherheitskonzeptes ist) zu den Fragen nach der Erteilung des Einvernehmens, das immer noch höchst unterschiedlich gehandhabt wird. Danach ging es nahezu nahtlos über in die „Sie fragen, wir versuchen zu antworten“ Session, in der sich die IBIT Referenten Bernd Belka, Ralf Zimme und Sabine Funk den Fragen der Teilnehmer*innen stellten. Vom eben schon angesprochenen Einvernehmen über Auswahlprozedere von Dienstleistern und der Frage nach der Trennung von Sicherheits- und Ordnungsdienst wurde „kreuz und quer“ diskutiert und nach anfänglichem Schweigen und Zögern war am Ende natür­­lich wieder die Zeit zu kurz, alle Fragen zu beantworten.

Den Abschluss des Themenstranges bilde­ te Ralf Zimme mit seinem Vortrag über Räumungskonzepte, in dem er das systematische Vorgehen im Hinblick auf die Planung reproduzierbarer Prozesse beschrieb und betonte, wie wichtig es sei, verantwortliche Personen zu benennen oder Auslösekriterien festzulegen. Desweitern betonte er die ­Notwendigkeit einer intensiven zugrundeliegenden Gefähr­ dungsbeurteilung unter Berücksichtigung nicht nur der veranstaltungsinternen, son­dern auch der angegliederten nachbarschaftlichen Gefahrenquellen.


Versions-Chaos Papierstau Durcheinander Keiner weiß was Excel-Tabellen Scannen Ausdrucken Pläne falten Wieder von vorne

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Vortrag in gekürzter Fassung – mit freundlicher Genehmigung von Dr. Juliane Adrian, Olga Sablik und Ann Katrin Seemann

Das CroMa Projekt: Von Fußgängerexperimenten und Feldstudien Dr. Juliane Adrian

| j.adrian@fz-juelich.de

| Forschungszentrum Jülich

Ann Katrin Seemann | a.seemann@fz-juelich.de

| Forschungszentrum Jülich

Olga Sablik

| Bergische Universität Wuppertal

| sablik@uni-wuppertal.de

Gliederung 1.Gliederung Einführung

2. Das Projekt CroMa

Motivation (ab S. 3) 1. Einführung

Erforschung der Fußgängerdynamik

Motivation (ab S. 3) 2 experimentelle Studien (ab S. 5) Erforschung der Fußgängerdynamik 2 experimentelle Studien (ab S. 5)

Hintergrund (ab S. 13) 2. Das Projekt CroMa

geplante Experimente (S. 15)

Hintergrund (ab S. 13) geplanteeingesetzte ExperimenteSensorik (S. 15) (ab S. 16) eingesetzte Sensorik (ab S. 16)

3. Feldbeobachtungen

3. Feldbeobachtungen Ort: Mitsubishi Electric Halle

Ort: Mitsubishi Electric Halle Untersuchung von Warteschlangen in Untersuchung von Warteschlangen Einlassbereichen (ab S. 21) in Einlassbereichen (ab S. 21)

Folie 2

Folie 2

Frank Fiedrich, Alexander Gabriel, Andreas Lotter

Dr. Juliane Adrian,Gabriel, Ann Katrin Seemann, Olga Sablik Frank Fiedrich, Alexander Andreas Lotter Dr. Juliane Adrian, Ann Katrin Seemann, Olga Sablik 2. Verbundtreffen CroMa

2. Verbundtreffen CroMa

13.November November 2019 13. 2019

Lehrstuhl für Bevölkerungsschutz, Katastrophenhilfe und Objektsicherheit IBIT Fachtagung Veranstaltungssicherheit, Lehrstuhl für Bevölkerungsschutz, Katastrophenhilfe Objektsicherheit 6. IBIT6.Fachtagung Veranstaltungssicherheit, Berlin undBerlin


1. Einführung: Erforschung der Fußgängerdynamik Motivation Hauptgründe für Unfälle in Menschenmengen Sehr hohe Dichten (zu viele Personen auf zu wenig Raum) Unzureichende Fußgänger-Infrastruktur, zu wenige Rettungswege Unzureichendes Crowd-Management Unzureichende Information Ziel: Verbesserung von Sicherheit Komfort / Wohlbefinden Performance ... z.B. bei Design/Planung von Fluchtwegen und Transportinfrastruktur Quelle: img2.blogs.yahoo.co.jp, matome.naver.jp

Erforschung der Fußgängerdynamik Frank Fiedrich, Alexander Gabriel, Andreas Lotter Dr. Juliane Adrian, Ann Katrin Seemann, Olga Sablik

Folie 3

2. Verbundtreffen CroMa

13. November 2019

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Stau und Gedränge

Bei vielen Unfällen (in Menschenmengen) kommt es zu Stau Stau an sich ist ungefährlich, ABER ein Gedränge ist gefährlich Wann wird ein Stau zum Gedränge? u.a. wenn die Stauung zu lange anhält

Quelle: imago stock&people / inago/imagebroker

die Motivation besonders groß ist

Wie kann man Gedränge vermeiden? z.B. mithilfe von Warteschlangensystemen und Absperrungen

Noch nicht hinreichend erforscht!

Erforschung der Fußgängerdynamik

Folie 4

Quelle: Pierre Selim

Frank Fiedrich, Alexander Gabriel, Andreas Lotter Dr. Juliane Adrian, Ann Katrin Seemann, Olga Sablik 2. Verbundtreffen CroMa

13. November 2019

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Gedränge auf Veranstaltungen Wo? Vor der Bühne an der Absperrung

Quelle: Sieben et. al, 2017

Beim Einlass in den Veranstaltungsraum oder das Veranst.-Gelände (oder Auslass) 2 Experimentelle Untersuchungen: Wie lassen sich Einlasssituationen durch räumliche Gestaltung (Absperrungen) beeinflussen? Analyse physikalisch messbarer, aber auch subjektiver Faktoren


Experiment 1: 16

XXX BaSiGo, Sieben et. al (2017)1 nach einer Idee von Martin Houbé und Bernd Belka (SpecSec)

Räumliche Gestaltung: Lose halbkreisförmige Anordnung der Probanden (oben) Anordnung der Probanden in einem Korridor (unten)

xxx

Situation, Anweisung der Probanden: Konzert des Lieblingskünstlers Die ersten 100 bekommen einen Platz direkt an der Bühne Hohe Motivation schnell eingelassen zu werden Kartenkontrolle an den Eingangsschleusen (ca. 60 P/min) 1:Sieben A, Schumann J, Seyfried A. Collective phenomena in crowds: Where pedestrian dynamics need social psychology. Chialvo DR, editor. PLoS ONE. 2017 Jun7; 12(6): e0177328.

Experiment 1: xxx

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Folie 6

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Personendichte:

Zeitliche Entwicklung Mittlere Dichte vor dem Eingang, Messfläche 3 m x 1 m

xxx.«

Quelle: Sieben et. al, 2017

Fazit aus Fragebögen Dichte und Komfort: Höhere Dichte à geringerer Grad an Komfort Halbkreis: Recht des Stärkeren, keine Norm, Probanden drängeln Mehr Leute glauben, dass sie sich einen Vorteil verschaffen können à drängeln

xxx

Korridor: Norm des “Schlange-Stehens“, Drängeln/Überholen verboten, Probanden halten eher Abstand zueinander

Experiment 2

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Folie 7

2. Verbundtreffen CroMa

13. November 2019

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Engstellenexperiment

Wann verhalten sich Probanden wie in einer Warteschlange, wann beginnen sie zu drängeln? Szenario: Eingang zu Konzert der Lieblingsband Warten in Korridor mit Breite b vor Eingangsschleuse, dann Öffnen der Schleuse

Variation von Korridorbreite b und Motivation Hohe Motivation: Nur die ersten Zuschauer haben freie Sicht auf die Bühne Geringe Motivation: Alle Zuschauer haben freie Sicht


17

Hohe Motivation

xxx.ÂŤ

Geringe Motivation

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Zusammenhang: Dichte – Korridorbreite - Motivation Frank Fiedrich, Alexander Gabriel, Andreas Lotter Dr. Juliane Adrian, Ann Katrin Seemann, Olga Sablik 2. Verbundtreffen CroMa

13. November 2019

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Mittlere Dichte: Personendichte innerhalb der Messfläche gemittelt in 5 s-Intervall (von 5 s bis 10 s nach Ă–ffnung der Schleuse)

Fazit: je breiter der Korridor, je hÜher die Dichte 2 Dichte-Level: abhängig von Motivation!

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Folie 10

Experiment 2: Zusammenfassung 2. Verbundtreffen CroMa

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Lehrstuhl fĂźr BevĂślkerungsschutz, Katastrophenhilfe 6. IBIT Fachtagung Veranstaltungssicherheit, Berlin und Objektsicherheit

Laufwege Beide Verhalten (Warteschlange und Drängeln) wurden beobachtet Durchsatz unabhängig von Korridorbreite! Gedränge zeichnet sich aus durch hohe Personendichte hohe Anfangsgeschwindigkeit (Kontraktionsphase) geringe Geschwindigkeit im Stau kollektive Querbewegungen

Das wird unterstĂźtzt durch VergrĂśĂ&#x;erung der Korridorbreite ErhĂśhung der Motivation

FragebĂśgen

Anna Sieben, RUB, Sozialpsychologin kleinste Breite (đ?‘?đ?‘? = 1.2 m) unterscheidet sich von anderen Breiten:

angenehmer, gerechter, weniger unfaires Verhalten, weniger eigenes Drängeln

sehr unterschiedliche Teilnehmer: einige sind bereit zu drängeln andere halten Drängeln fßr unangebracht, ineffizient oder gefährlich

NR. 07/2020


Experiment 2: Zusammenfassung 18

X X zur X Praxis Bezug

Schlechter Aufbau von Absperrungen kann Gedränge in Einlassbereichen fördern

xxx

Geschickter Aufbau kann die Personendichte verringern (Viele) Probanden fühlen sich in geordneten Situationen wohler Probanden drängeln mehr, wenn sie die Situation für unfair halten und glauben sich durchsetzen zu müssen, um ans Ziel zu gelangen

Folie 12

xxx

Aufgabe: Wie können unsere Ergebnisse in der Praxis Anwendung finden um Unfälle/Gedränge zu vermeiden?

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2. Projekt CroMa – Crowd Management in Verkehrsinfrastrukturen 2. Verbundtreffen CroMa

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Motivation

Website: www.croma-projekt.de

Steigende Fahrgastzahlen im öffentlichen Nah- und Fernverkehr Erhöhung von Taktfrequenz und Fahrzeugkapazitäten

xxx.«

Wachsendes Risiko von Überfüllung der Züge und Bahnsteige Gefährlichem Gedränge Stürzen ins Gleisbett Quelle: dpa

xxx

Vollständigem Erliegen des Verkehrs

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Folie 13

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CroMa – Crowd Management in Verkehrsinfrastrukturen 13. November 2019

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Ziele: Höhere Robustheit bei Belastungsspitzen Empfehlungen für bauliche Maßnahmen, z.B. für Bahnsteige Treppen Unter- und Überführungen

Bei Überlastung à Maßnahmen des Crowd Managements Absperrungen und/oder Umleitungen Warteschlangen „Einbahn“-Verkehr Geeignete Informationen

Organisationsübergreifende Handlungsanweisungen Unterschiedliche Betreiber und Akteure


Experimente: Ausblick Szenarien Bahnhof:

xxx.«

Warteverhalten am Bahnsteig

Eckdaten Wann: Wo: Dauer: Teilnehmer:

verschoben auf Herbst 2020 19 Messehalle Düsseldorf 4 Tage insg. 1500 Probanden

Ein- und Ausstieg

Großveranstaltungen: Bildung Warteschlangen oder Menschentrauben mit Gedränge

Allgemein: Dynamik an Engstellen Personal Space

Folie 15

Eingesetzte Sensorik: Laufwegbestimmung mit Code-Markern Frank Fiedrich, Alexander Gabriel, Andreas Lotter Dr. Juliane Adrian, Ann Katrin Seemann, Olga Sablik 2. Verbundtreffen CroMa

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Was wird gemessen?

Aufnahme von Kamerabildern Erkennung von Code-Markern zu jedem Zeitpunkt

Quelle: M.Boltes, FZ Jülich

Verknüpfung mit individuellen Merkmalen Individuelle Größenzuordnung

Quelle: FZ Jülich

Ziel:

3D Bewegungen des Körpers Frank Fiedrich, Alexander Gabriel, Andreas Lotter Dr. Juliane Adrian, Ann Katrin Seemann, Olga Sablik

Folie 16

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Was wird gemessen? Inertialsensoren für Beschleunigung, Drehrate und Magnetfeld 17 Sensoren pro Person

Ziel: Komplette Körperbewegung erfassen, z.B. Rotation des Oberkörpers Schutzhaltung der Arme ggf. Stolpern

NR. 07/2020


Druckmessungen XXX

Was wird gemessen? Auftretende Drücke an: Rücken und Oberarmen Wänden im Versuchsaufbau

Ziel: Kräfte, die in Menschenmengen auf den Körper wirken, besser verstehen

Erregung

13. November 2019

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Was wird gemessen? Hautleitfähigkeit (Elektrodermale Aktivität) Stärke der Erregung (Aurousal) aber nicht die Wertung (Valenz)

xxx.«

Quelle: movisens.com/de/produkte/eda-sensor/

xxx

Folie 18

Quelle: Tekscan.com/products-solutions/

xxx

Ziel: Quantitative Bestimmung der emotionalen xxxBelastung in einer Menschenmenge

Frank Fiedrich, Alexander Gabriel, Andreas Lotter Dr. Juliane Adrian, Ann Katrin Seemann, Olga Sablik

Folie 19

2. Verbundtreffen CroMa

Gesichtserkennung: Emotionen

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Was wird gemessen? Aufnahme von Kamerabildern Algorithmus identifiziert Marker-Punkte Zuordnung zu Emotionen mit Bibliothek

Ziel: Emotionale Belastung beim Erfahren verschiedener Dichten in einer Menschenmenge

Quelle: FZ Jülich

20


3. Feldbeobachtungen: Konzerteinlässe Beobachtung von Einlasssituationen

21

an der Mitsubishi Electric Halle Analyse Crowd Management Maßnahmen

xxx.«

Folie 21

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Kameraposition und Messfelder 2. Verbundtreffen CroMa

13. November 2019

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Methodik – Durchführung und Auswertung von Feldbeobachtungen

Folie 22

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Bewertungskriterien Beobachtungen (qualitativ und quantitativ) Form der Warteschlange Personendichte und -fluss Vergleichsfaktoren Abfertigungsraten – Gruppen

Vergleichsfaktoren Gruppe 1: Gruppe 2: Gruppe 3: Gruppe 4:

Organisation der Veranstaltung und Randbedingungen Besucherprofil Einlassgestaltung VOD/VSD und Informationsmanagement

NR. 07/2020


22

Methodik – Durchführung und Auswertung von Feldbeobachtungen XXX Vergleichsfaktoren – Gruppen – Beispiele

xxx

Gruppe 1: Organisation der Gruppe 2: Besucherprofil Veranstaltung und Randbedingungen

Gruppe 3: Einlassgestaltung

Art und Ort der Veranstaltung

Durchschnittsalter

Material

Verkaufsgrad der Tickets

Gender Soziale Bindungen

Zeitlicher Ablauf des Einlasses

Gruppe 4: VOD/VSD und Informationsmanagement Personaleinsatz und Kontrollintensität Information und Kommunikation

Grad des Involvements

Platzkategorien Aufbau im Veranstaltungsort Wetterbedingungen

Verhalten vor und nach dem Einlass

xxx Feldbeobachtungen - Vergleichsfaktoren Frank Fiedrich, Alexander Gabriel, Andreas Lotter Dr. Juliane Adrian, Ann Katrin Seemann, Olga Sablik

Folie 24

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13. November 2019

Gruppe 3: Einlassgestaltung Konzert von AnnenMayKantereit

Gruppe 3: Einlassgestaltung Konzert von Powerwolf

xxx.«

xxx

Feldbeobachtungen - Vergleichsfaktoren Gruppe 3: Einlassgestaltung Konzert von Limp Bizkit


Feldbeobachtungen - Bewertungskriterien 23

Form der Warteschlangen Konzert von AnnenMayKantereit Phase 1xxx.«

Bewertungskriterien: Form der Warteschlange Folie 27

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Fachtagung Veranstaltungssicherheit, Berlin AnnenMayKantereit6.-IBITPhase 2 13. November 2019

AnnenMayKantereit - Phase 3

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Feldbeobachtungen - Bewertungskriterien

Folie 28

Frank Fiedrich, Alexander Gabriel, Andreas Lotter Dr. Juliane Adrian, Ann Katrin Seemann, Olga Sablik 2. Verbundtreffen CroMa

13. November 2019

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Personendichte Konzert von Powerwolf

Eingang A und Eingang B Verlauf der Personendichte vor den Schleusen 30 min vor und 30 min nach Einlassbeginn

NR. 07/2020


Feldbeobachtungen - Bewertungskriterien Personendichte bei AnnenMayKantereit 24 XXX

Personendichte bei Limp Bizkit

xxx

xxx

Feldbeobachtungen

Frank Fiedrich, Alexander Gabriel, Andreas Lotter Dr. Juliane Adrian, Ann Katrin Seemann, Olga Sablik

Folie 30

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13. November 2019

Fazit

Vorteile: Betrachtung von Einlasssituationen unter realen Bedingungen

Einflussfaktoren auf Warteschlangen (Form und Personendichte) Besucherprofil Hohe Motivation bei den ersten ca. 1000 Besuchern, schneller den Veranstaltungsort zu betreten Festeinbauten in Einlassbereichen

Unterschiedliche Aufbauten, Besucherprofile, Wetterverhältnisse, ...

xxx.«

Nachteile: xxx

Viele Faktoren. Das erschwert die Analyse und die Vergleichbarkeit.

Aufbau der Sicherheitsabsperrungen Aufbauten im öffentlichen Raum

Dichte- und Flussmessung aufwendig

Orientierung an bereits wartenden Besuchern Wetterbedingungen

Danksagung Folie 31

Frank Fiedrich, Alexander Gabriel, Andreas Lotter Dr. Juliane Adrian, Ann Katrin Seemann, Olga Sablik

CroMa: Förderung und Partner

2. Verbundtreffen CroMa 13. November 2019

Förderung:

BMBF

Lehrstuhl für Bevölkerungsschutz, Katastrophenhilfe 6. IBIT Fachtagung Veranstaltungssicherheit, Berlin und Objektsicherheit

Wir bedanken uns bei

Allen Teilnehmern und Helfern der Experimente Martin Houbé, Bernd Belka, Jens Beckmann, Markus Bernat, Special Security Services Anna Sieben, Armin Seyfried, Maik Boltes Ann Kathrin Wissemann (Master Thesis) Fabian Müller, Alexander Kantor, Alexander Aders, D.LIVE - MEH den VOD/VSD den Veranstaltern Düsseldorf Congress GmbH Rheinbahn AG

Geförderte Partner:

A

Assoziierte Partner: B

C

Rheinbahn AG


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6. IBIT Fachtagung:

DAS

R AHMENPROGR AMM

Wir wollen, dass unsere Teilneh­mer*innen eine gute Zeit haben.«

W

er schon einmal auf unserer Tagung war, der hat es (hoffentlich) gemerkt: wir wollen, dass unsere Teilnehmer*innen eine gute Zeit haben. Natürlich ist es wichtig, (sehr) gute Vorträge und Workshops zu hören – das haben wir im letzten Jahr definitiv wieder geschafft, aber das „Drumherum“ muss auch stimmen. Daher haben wir uns wie immer bemüht, ein Rahmenprogramm zusammenzustellen, das die Teilnehmer*innen auch 2019 wieder mit einem Gefühl nach Hause entlässt, zwei gute Tage unter Gleichgesinnten, vielleicht auch Freunden verbracht zu haben – mit guten Gesprächen, gutem Essen und viel interessantem Input auf allen Ebenen. Ein seit seiner Einführung 2016 immer ausgebuchter Punkt im Rahmenprogramm ist die technische Stadionführung durch die jeweilige Veranstaltungsstätte. Auch in Berlin wurden die dreißig verfügbaren Plätzen innerhalb kürzester Zeit vergeben; glücklicherweise konnten wir aber kurzfristig die Kapazitäten aufstocken und alle Interessenten mit auf die Tour nehmen. Ein Blick hinter die Kulissen zu werfen ist für viele Menschen interessant - erst recht natürlich bei einer solch imposanten Spielstätte wie dem Olympiastadion Berlin. Die Schwerpunkte der Führung lagen dabei

auf dem Aspekt der Sicherheit und der infrastrukturellen Ausstattung und Logistik bei Veranstaltungen im Stadion. Erweitert wurde die technische Stadionführung dieses Jahr um die Begehung der Unfallhilfsstellen mit Boris Michalowski vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) Berlin, der seine Erfahrungen mit Veranstaltungen im Olympiastadion aus sanitätsdienstlicher Sicht nicht nur als Fachtagungsreferent, sondern auch im MAGAZIN 06/2019 mit uns geteilt hat.

Z

eitgleich versammelten sich ca. 60 Interessierte zum eps Innovationsforum, dem definierten Werbeblock der Veranstaltung, in dem Firmen ihre Neuheiten (Innovationen) in zehnminütigen Präsentationen vorstellen konnten, um anschließend dem Publikum Rede und Antwort zu stehen.

E

röffnet haben Hearsafe aus Köln, die zusammen mit ihren Partnern ein neues Funksystem vorstellten. Dies kombiniert die Vorteile von modernen Smartphones mit der Sicherheit und Flexibilität von herkömmlichen Funkgeräten. Mehr Informationen unter www.hearsafe.de Anschließend präsentierten Rainer Schüler und Jörg Bremer von der VP Venueplanner

GmbH ihre universelle Softwarelösung für intuitive, grafische und im Netzwerk gemeinsam bearbeitbare Sicherheitsdienstund auch -materialplanung, für deren Entwicklung sie bereits große Investoren gewinnen konnten. Mehr Informationen unter www.venue-planner.com Zum Abschluss des Forums wurde es international: Andrew Tatrai aus Australien stellte Ahvva (Automated Hostile Vehicle Vector Analysis) vor. Dabei handelt es sich um eine geodatenbasierte Technologie, die von Fahrzeugen ausgehende Gefährdungen für Locations auf der ganzen Welt darstellt. Hierzu reicht es, auf einer Karte das jeweilige Venue, die Daten des Fahrzeugs und seiner zu erwartenden Geschwindigkeit anzugeben, um ein Risiko-Rating zu erhalten. Mehr Informationen unter www.vardogyir.com/ahvva Allen Präsentationen war gemeinsam, dass die Zeit vor Ort kaum ausreichte, die jeweiligen Systeme im Detail zu erklären – es reichte aber immer für Fragen der beeindruckten Zuhörer*innen.

N

ach dem eps Innovationsforum und der Sta­dion­führung haben wir dann noch alle Fachtagungsbesucher*innen auf die jähr­liche allbuyone-Konferenzparty eingeladen, die wie immer den perfekten Rahmen bot, um die Ereignisse des ersten Tages bei leckerem Essen und einer reichlichen Auswahl an Getränken Revue passieren zu lassen, alte Bekannte wieder zu treffen und neue Bekanntschaften zu schließen. Vielen Dank Special Security Services Deutschland SSSD GmbH und NR. 07/2020


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NR. 07/2020


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WA S B I S H E R G E S C H A H

WAS BISHER GESCHAH 2019 / 2020 Wer uns auf Facebook folgt oder unseren Newsletter abonniert hat, kennt es bereits: regelmäßig veröffentlichen und kommentieren wir aktuelle Ereignisse, die für unser Tätigkeitsfeld

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von Interesse sind. Unter der Rubrik „Was bisher geschah“ blicken wir an verschiedenen Stellen dieses Magazins auf die letzten Monate zurück. (MEX) Bühnensturm beim Knotfest nach Absage zweier Headliner-Shows Zehn Verletzte durch Reizgas auf Oberstufenparty Zweijährige durch Flaschenwurf aus durchfahrendem Zug schwer verletzt

12. 01.

11. 26.

11. 09.

11. 03.

(USA) Verletzte beim Einlass zum Astroworld Festival Kurz vor Beginn des Einlasses wurden drei Personen im Anstellbereich der Veranstaltung in einem Gedränge verletzt. Auf einem Video ist zu sehen, dass die eingesetzte Infrastruktur zur Personenlenkung durch die Besucher umgeworfen wurde und die Zuschauer ungeordnet in Richtung des Einlasses stürmten. Dabei verletzten sich drei Besucher so schwer, dass sie behandelt werden mussten.

11. 30.

11. 23.

Aus einem „Partyzug“, der von Köln (NRW) auf dem Weg nach Norderney (NDS) war, hatte ein betrunkener Fahrgast eine ­Flasche aus dem Fenster geworfen. D ­ iese traf eine Zweijährige am Kopf und verletzte sie lebensgefährlich. Der Zug wurde kurz darauf von der Polizei gestoppt und die Personalien aller 500 Fahrgäste aufgenommen. Der Flaschenwerfer konnte im Nachgang ermittelt werden.

Bei einer Oberstufenparty in ­Eus­kirchen (NRW) wurden durch Reizgas zehn Feiernde verletzt. Vier von ­ihnen kamen am Freitagabend in K­ rankenhäuser, die anderen sechs ­wurden ambulant behandelt. Zum ­Zeitpunkt der Attacke befanden sich rund 600 ­Schüler auf der Feier. ­Ein ­Täter wurde nicht ermittelt.

Nachdem eine beschädigte Bühnenabsperrung des Knotfest Festivals in Mexico City nicht rechtzeitig repariert werden konnte, mussten die Konzerte von Slipknot und ­Evanescence abgesagt werden. Teile des ­Festivalpublikums stürmten daraufhin die Bühne und beschädigten Teile der Bühnenausstattung. Unter anderem wurde dabei das Schlagzeug von Evanecsence angezündet.

(LUX) Tödlicher Unfall auf Weihnachtsmarkt Auf einem Weihnachtsmarkt in Luxemburg-Stadt wurde ein zweijähriger Junge beim Einsturz einer großen Eisskulptur getroffen und tödlich verletzt. Es wurde ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung gegen Unbekannt eingeleitet.

(BRA) Neun Menschen auf „Baile Funk“-Party in Brasilien getötet Polizisten verfolgten zwei Personen auf das Gelände der Party mit rund 5.000 Besuchern und wurden daraufhin vor Ort mit Steinen und Flaschen beworfen. Als die Polizei Tränengas einsetzte, ergriffen die umliegenden Besucher die Flucht.


Neues Sicherheitsgesetz für Weihnachtsmärkte in Berlin Berlin (BE) will die Sicherheit bei Großveranstaltungen neu regeln. Eine Fachabteilung der SPD erarbeitete gerade einen Referentenentwurf für ein Veranstaltungssicherheitsgesetz, der 2020 in den Senat und dann in das Abgeordnetenhaus eingebracht werden soll. Grund für die gesetzliche Neuregelung ist unter anderem der Streit um das Sicherheitskonzept auf dem Charlottenburger Weihnachtsmarkt.

Wegen eines schwerwiegenden medizinischen Notfalls im Publikumsbereich wurde das Spiel zwischen den K­ ölner Haien und den ­Nürnberger ICE Tigers abgebrochen. Im Vorfeld waren Ärzte und Sanitäter eine ­halbe Stunde im Einsatz.

14.12 .

20.12 .

Die Polizei ermittelte nach einem Zwischenfall auf dem Weihnachtsmarkt in Lüdenscheid wegen einer Körperverletzung. Nach bisherigen Erkenntnissen kam es zu einem Streit an einem Glühweinstand. In dessen Verlauf soll ein 16-jähriger Lüdenscheider einen 29-jährigen Mann aus Lüdenscheid ins Gesicht geschlagen haben. Das Opfer wurde durch die Schläge leicht verletzt.

Spielabbruch bei Eishockeyspiel in Köln (NRW)

Die in Dänemark vom Pyrotechniker Tommy Cordsen in Zusammenarbeit mit Brøndby IF und der dortigen ­Fan­s­zene entwickelte ­sogenannte „Kalte“ Pyrotechnik* ­wurde beim Heimspiel von ­Brøndby IF ­gegen Midtjylland erstmals offiziell im Spielbetrieb im Brøndby Stadion eingesetzt.

(UK) Drei Menschen verletzt bei einer Veranstaltung in der Event City, Trafford Park Bei einer Vorstellung im Winter Funland in Manchester sind ca. 20 besetzte Stühle im Zuschauerbereich zusammengebrochen. In Folge dessen wurden drei Besucher medizinisch behandelt. Der gesamte Zuschauerraum wurde evakuiert.

Drittligist FC Carl Zeiss Jena (TH) verklagt den Deutschen Fußball-Bund (DFB) ­wegen einer Pyrotechnik-Strafe vor einem Zivil­ gericht. Es geht um eine Strafe in Höhe von 24.900 Euro aus dem Jahr 2018, ­gegen die Jena sich durch alle DFB-Instanzen ­geklagt und verloren hatte. Man habe eine ­andere Rechtsauffassung als der DFB und wolle mit dem Schritt für Rechtssicherheit auf beiden Seiten sorgen. Zwischenzeitlich sind neue Strafen aufgelaufen, so dass sich die Gesamtsumme auf etwa 100.000 Euro beläuft.

2. .1 23

2. .1 21

Drittligist verklagt den DFB und sorgt für Novum

(DK) Kalte Pyrotechnik erstmals in Choreografie eingesetzt

12.12 .

Körperverletzungsdelikt auf dem Weihnachtsmarkt Lüdenscheid (NRW)

11.1 2.

*Die Kalte Pyrotechnik ist eine Erfindung des dänis chen Pyrotechnikers Tommy Cordsen. Sie brenn t bei ca. 200 Grad ab. Herkömm­ liche Pyrotechnik erreicht Temperaturen von bis zu 2.000 Grad. 09.1 2.

02.1 2.

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Mann mit Machete und Dolch auf einem Weihnachtsmarkt festgenommen Besuchern des Weihnachtsmarktes in Essen (NRW) war der 59-Jährige aufgefallen. Er hatte gut sichtbar eine Machete und einen Dolch am Gürtel hängen – beide Waffen rund 50 Zentimeter lang. Eine S­ treife des Ordnungsamtes rief daraufhin die Polizei hinzu. Gemeinsam konnten die Beamten den Mann anschließend unweit des Weihnachtsmarktes stellen. Der Täter will die Waffen auf dem Weihnachtsmarkt Essen gekauft haben.

Terrorverdacht auf Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz bestätigt sich nicht Zwei verdächtige Beamte hatten auf dem Markt in Berlin (BE) zwei Männer beobachtet. Als sich die ­Polizisten näherten, flüchteten die beiden Männer. Die Beamten nahmen die Verfolgung auf und die Männer in Gewahrsam. Durch eine Namensverwechs­lung bei der Feststellung der Identität wurde Terroralarm ausgelöst. Der Weihnachtsmarkt wurde geräumt und abgesucht. Ein verdächtiger Gegenstand wurde nicht gefunden.

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SCHWERPUNKT THEMA

#esgehtnurgemeinsam Warum es schon immer so war und warum es manchmal länger dauert, bis die Einsicht kommt.

Von Michael Kellenbenz

So geht das nicht lange gut.« Joan Baez und Konstantin Wecker, Elton John, Stevie Wonder, Peter Maffay und noch ein paar Kombos mehr sind in den achtziger Jahren in Bad Segeberg zu Gast. Tatort: Kalkbergstadion. Über die Zuschauerkapazitäten der Arena sind der regionalen Presse Werte zu entnehmen, die die damalige Einwohnerzahl von 13.000 Menschen locker übertreffen. Ein kontroverses Tabu-Thema im Rahmen verschiedener Veranstalter- und stadttouristischer Interessen, das es nicht nur auf den Schreibtisch meines Vaters beim damaligen Bauamt schafft, sondern auch in unser Familien-Wohnzimmer.

Überhaupt miteinander reden? Wie instinktiv doof und spielverderblich ich das anfangs fand, als der väterliche und in Personalunion behördliche Befund lautete: „So geht das nicht lange gut“. Inzwischen, u.a. mehrere Feuerwehrein­sätze vor ­Ort­und viele angefeuerte Diskussionen später, gilt ein nur noch vierstelliges Fassungsvermögen. Der Weg zur Vernunft führte auch über die interne Erkenntnis

#esgehtnurgemeinsam. Überhaupt mit­­­­­einander reden? Eine Selbstverständlichkeit war der zielgerichtete, geplante und gewollte Dialog zwischen Behörden, Veranstaltern, Polizei, dem Rettungswesen und allen weiteren Akteuren zu jener Zeit nicht. Obgleich doch alle dasselbe Ergebnis im Sinn hatten: Eine Veranstaltung ohne Verluste in jeglicher Hinsicht. Westlich der Leipziger Fußballarena fließt schon immer Wasser. Östlich wohnen schon seit jeher Menschen. Im Süden rollt weiter­ hin vielspuriger Verkehr und im Norden wird der Sport auf Anlagen großgeschrieben. Bedürfnisse ohne Ende. Auch im neuen Arena-Inneren des ehemaligen „Stadion der Hunderttausend“, mit seiner aktuell noch immerhin 42.959-Menschen-Kapazität, boten sich lange Zeit spannende Reibungsflächen für alle Veranstaltungsverantwortlichen. Seit 2019 allerdings in deutlich kompakterer Raumaufteilung als bisher. Und das ist richtig gut so. Denn #esgehtnurgemeinsam. Wer seine Wahrnehmung während einer technischen Stadionführung durch die Leipziger Red Bull-Arena nicht nur in die Gegenwart richtet, bemerkt bald die wenigen verbliebenen Überreste des überdimensionalen Apparates aus der Zeit vor 1989. Und erinnert sich vielleicht sogar

an Bilder des riesigen Zentralstadions mit seiner speziellen Architektur inklusive der geradezu irrwitzig zum Stadioninneren hin geneigten monumentalen Flutlichtmasten. Wie eine kontrollierende Festung wirkte seinerzeit die Haupttribüne mit ihren blickdichten Kabinen und der Aussicht auf die bis zu 100.000 Menschen im vollgestopften weiten Rund. Impressionen des Hamburger Fotografen Olaf Tamm geben ein eindrucksvolles Zeugnis des späten Stadion-Zustands ab. Die ausgetretenen Treppenstufen-Stolperfallen bis in 23 Meter Höhe ebenso. Leipzigs inzwischen zeitgenössische Arena-Architektur wurde 2004 auf und innerhalb der Ruinen des alten Stadions errichtet, vernachlässigte allerdings zunächst eine Zentralisierung der wichtigsten Sicherheitsgewerke. Anlässlich der Fußball-WM 2006 wurde seinerzeit ausschließlich mit Sitzplätzen geplant und überhaupt fühlte sich die Gesamtidee so an, als wollte man der Zielgruppe „Familie“ endlich ein sowohl aufregendes als auch sicheres Angebot in einer damals eher sportstrukturarmen Region verkaufen. Gerne irgendwie dezenter, vielleicht kleinteiliger und nicht so wuchtig wie in der Ära zuvor, die nun unter Stein, Beton und frischen Tribünen begraben lag. Nur in der letzten Konsequenz war noch nicht alles #esgehtnurgemeinsam.


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Interorganisationale Zusammenarbeit Ralf Zimme („Crowd and Safety Management“, bis 2018 Koordinator Sicherheits­ management DCSE inkl. ESPRIT Arena, heute MERKUR Spiel-Arena) war es zehn Jahre später gemeinsam mit dem IBIT vorbehalten, das Format der „Interorganisationalen Zusammenarbeit“ in den Kreisen von Arena-Verantwortlichen populär werden zu lassen und am Rhein auch umzusetzen. Als Best Practice Beispiel fand sein durch Logik glänzendes Format auch Einlass in den „Leitfaden für die Arbeit und Übung mit Koordinierungsgruppen“ des DFB. Stadion in Leipzig unmittelbar und auffällig unauffällig direkt unter dem weit geschwungenen Stadion­ dach. Vor allem aber gänzlich unprätentiös platziert, eingerahmt von den viel auffälligeren VIP-Plätzen, Business-Seats und Hospitality-Kulturen, die viel mehr Aufmerksamkeit erzeugen als der Arbeitsplatz „Stadionzentrale“. Niemand hat mehr

Warum sollen denn auch in einem Fußballstadion nur die beiden Mannschaften kompakt stehen, sitzen, verteidigen und auch mal pressen, nicht aber die Verantwortlichen im Hintergrund?« essenziell wichtig, das Geschehen in Proto­ kollen zu verewigen? Unter anderem, um in jedem Moment detailliert darstellen zu können, dass ein Teambuilding unter allen Akteuren nachweisbaren Nutzen für alle Beteiligten und somit einen messbaren Impact hat.

die Absicht, Mauern zu errichten zwischen Akteuren wie der Polizei, Feuerwehr, Rettungsdiensten, Stadiontechnik und natürlich nicht zuletzt der Stadionregie mit dem direkten Anschluss zu allen relevanten Social-Media- und unmittelbaren Pressekanälen.

In Leipzig betrete ich auf einer technischen Stadionführung als Dienstleister für RB Leipzig neu ausgestaltete Regieräume, die ganz sachte an die früheren blickdichten Kanzeln erinnern. Ohne heute jedoch ein Gefühl des Unwohlseins und skrupelloser Überwachung auszustrahlen. Ganz oben,

Paul Watzlawicks berühmtes Zitat, man könne „nicht nicht kommunizieren“, schwebt bei meiner Begehung wie ein unausgesprochenes Wort in genau den Räumen, die sich ohne wirklichen Aufwand binnen Sekunden zu einem einzigen zusammenfassen lassen. Zu einem #esgehtnurgemeinsamen

geschützten Ort, dessen Akteure Beobachtungen, Perspektiven und Bewertungen aufzuaddieren imstande sind. Im steten Bewusstsein, dass nur durch die gemeinsame Teilhabe und die individuelle Expertise aller zusammen ein sofort beschlussfähiges und unmittelbar umsetzungsfähiges Handeln anhand von ebenso längst gemeinsam erarbeiteten und verantworteten Standards und Workflows im Notfall die Lösung sein kann. Unten am Spielfeldrand gestikuliert einen Tag später Trainer Julian Nagelsmann. Ein weiterer Experte für die Absicherung von Räumen aber auch für die Gewährung selbiger. „Es geht einzig und allein um den Sicherheitsaspekt. Falls man mit solchen Dingern über Menschen fliegt und die Technik versagt, dann kann das keine guten Folgen haben“, so lautete Nagelsmanns unaufgeregte Einschätzung über die Nutzung einer Drohne, als 2018 einmal jemand sein Training ausspionieren wollte.

Foto: Philipp - Flickr: Leipzig von oben: Red Bull Arena, CC BY 2.0, www.commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=30440768

Warum sollen denn auch in einem Fußballstadion nur die beiden Mannschaften kompakt stehen, sitzen, verteidigen und auch mal pressen, nicht aber die Verantwort­ lichen im Hintergrund? Schwerpunkte liegen unter anderem dort, wo es gilt, stets nicht nur Herr der aktuellen, sondern vor allem über eventuell unmittelbar bevorstehende Lagen zu sein. Und wer bestimmt eigentlich die Relevanz einer geteilten Information? Der Sender? Der Empfänger? Warum ist es unterm Strich dann auch

Sowohl das heutige Leipziger Stadion­ konstrukt als auch meine jugendlichen ­Erinnerungen an Szenarien im Bad Sege­berger Kalkbergstadion stehen stellvertretend für immer mehr weitere #esgehtnurgemeinsams hierzulande und über die Grenzen hinweg. Auf den Ruinen einer unfertigen Veranstaltungsvorzeit mit dem zukunftsfähigen Blick auf die großen Herausforderungen der Neuzeit. Und für mich auch in Erinnerung an einen ziemlich empathischen und weitsichtigen Vater. NR. 07/2020


SCHWERPUNKT THEMA

AWARENESS Theorie und Praxis psychosozialer Herausforderungen auf Veranstaltungen Von Dr. Daniel Brunsch, Teresa Hähn, Jan Benz, Sina Klimach, Inga Rossbach, Sarah Bergmann, Vanessa Wiktor, Dr. Laura Künzer

Foto: Alexander Schliephake

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Die Arbeitsgruppe Awareness ist ein Zusammenschluss von Menschen aus Wissenschaft und Veranstaltungspraxis, welche es sich zum Ziel gemacht haben, Konzepte zur Prävention und Intervention gegen grenzüberschreitendes Verhalten und für ein respektvolles Miteinander auf Großveranstaltungen in den Fokus zu ­rücken. Im inter­disziplinären Austausch sollen Leitlinien und Hilfestellungen entstehen, die es Organisierenden ­aller Veranstaltungs­t ypen ermöglichen, in ihrem Rahmen an der Erfüllung des genannten Ziels mitzuwirken. In diesem Zusammenhang stellt der nachfolgende Artikel einleitend einige der zentralen theoretischen ­Hintergründe zur Bedeutung von Awareness vor. Daran anschließend werden verschiedene ­Awareness-­Konzepte dargestellt, die bereits in der aktuellen Veranstaltungspraxis zum Einsatz kommen. ­ Zudem werden A ­ nforderungen an die Kompetenzen von Mitarbeitenden in Awareness-Teams sowie Grenzen und ­Zukunfts­trends von Awareness-Ansätzen diskutiert. Der Artikel schließt mit der Erkenntnis, dass ­Besuchende und Veranstaltende gleichermaßen von einem veranstaltungsgerechten Awareness-Konzept profitieren. * Die Autorinnen und Autoren gendern in diesem Artikel mit einem *, um alle Menschen innerhalb und außerhalb einer binären Geschlechterordnung anzusprechen. Der Asterisk verdeutlicht dabei auch die Konstruiertheit bestimmter gesellschaftlicher Kategorien. Außerdem verwenden die Schreibenden die jeweiligen Selbstbezeichnungen diskriminierter Gruppen.


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Theoretischer Hintergrund:

AWARENESS: BEGRIFFSKL ÄRUNG UND RELEVANZ Awareness (engl. Aufmerksamkeit, Bewusst­sein, Achtsamkeit): Ein Wort, das diverser nicht verwendet werden könnte. Schon seit geraumer Zeit findet der Begriff Anwendung in verschiedenen Feldern wie Medizin, Psychologie, Informatik oder im Marketing. In der Veranstaltungsbranche ist er in Bereichen wie Rigging1 oder Brandschutz etabliert. In den letzten Jahren hat dieser Begriff in einem Kontext eine besonders intensive Nutzung erfahren: Awareness wird in diesem Fall als Oberbegriff für Konzepte im Bereich Umgang und Prävention von grenzüberschreitendem Verhalten und im Zusammenhang mit Betroffenen­schutzarbeit verwendet. In diesem Bereich sensibilisiert er Organisator*innen und Besucher*innen für die Themen sexualisierte Gewalt,2 Rassismus und Diskriminierung. Awareness beinhaltet darüber hinaus Themen wie Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Drogenkonsum und wird auch hier in Bezug auf die Entwicklung präventiver Maßnahmen und aktiver Handlungsstrategien verwendet. Awareness-Konzepte, die mit unterschiedlichen Schwerpunkten bereits seit vielen Jahren in der alternativen Club- und Veranstaltungsszene etabliert sind, haben durch aktuelle Debatten wie #metoo (s. Kap. praktische Ansätze) oder kontroverse Diskussionen (z.B. zu den sexualisierten Übergriffen der Silvesternacht 2015/2016 in Köln) Rückenwind bekommen. Handlungsstrategien in diesem Sektor sensibilisieren die Veranstalter*innen und Besucher*innen für die individuellen Grenzen jedes Menschen, um Veranstaltungen zu sichereren Orten zu machen an denen sich alle Menschen wohlfühlen können. In der Bewältigung zwischenmenschlicher Probleme berücksichtigt Awareness alle Fälle, die von einer betroffenen Person als Grenzüberschreitung definiert werden, egal ob es sich um eine Form der Diskriminierung oder des Übergriffs handelt. Hervorzuheben ist hierbei, dass die Bewertung eines Übergriffs durch das betroffene Individuum selbst geschieht und nicht von außen erfolgt. Awareness bedeutet konsequente 1 Ein- & Ausbau von Veranstaltungstechnik 2 Im Gegensatz zu „sexueller Gewalt“ wird durch den Ausdruck „sexualisiert“ deutlich, dass es sich um das gewaltvolle, geschlechterbezogene Ausleben von Macht und nicht sexueller Bedürfnisse handelt.

MACHTSTRUKTUREN, GEWALT UND AWARENESS Auch wenn Veranstalter*innen in der Regel nicht die unmittelbar gewaltausübenden Personen sind, tragen sie Verantwortung für das, was auf ihrem Gelände passiert. Diskriminierung und Übergriffe geschehen in allen Räumen – im Privaten wie in der Öffentlichkeit – auch wenn sie nicht immer sichtbar sind, denn in jeder Gesellschaft existieren Machtstrukturen, die zentral für das Zusammenleben sind und über Chancen und Verwirklichung eines Menschen entscheiden können. Diese Machtverhältnisse wirken im Großen, wie etwa zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen, und im Kleinen, wie zwischen Vorgesetzten und Angestellten. Fast immer existiert dabei in irgendeiner Form ein Ungleichgewicht, das sich in Gewalthandlungen einer überlegenen Personen gegenüber einer benachteiligten Person ausdrücken kann. Gewalt kann dabei physisch ausgeübt werden, zum Beispiel in Form von sexualisierten Übergriffen von Männern* gegenüber Frauen*. Aber sie kann sich auch psychisch in diskriminierender Sprache (z.B. „Ne, das ist schwul.“ & „Bist du behindert?”), oder strukturellem Machtmissbrauch ausdrücken.1 Gewalt wird dabei auch unabsichtlich ausgeübt. Werden die Mitarbeitenden unter Druck gesetzt, längere Schichten zu übernehmen, wird eine Schwarze Mitarbeiterin immer wieder dafür gelobt, dass sie so gut Deutsch spricht, ist nicht jede Bühne für Rollstuhlfahrer*innen einsehbar, oder werden trans*- und inter* geschlechtliche Menschen permanent angestarrt, so muss das keine Absicht sein. Es wirkt aber dennoch diskriminierend. Die jeweilige Position im Machtgefüge ist situativ und vom jeweiligen Kontext abhängig, eine Person kann also in einem Moment in einer überlegenen Position sein und in einem anderen Moment Gewalt erfahren. Manchmal bedingen sich Gewalterfahrung und Gewaltausübung auch gegenseitig – Menschen, die viel Gewalt erfahren haben, versuchen oft selbst, Probleme durch Gewalt zu lösen. Awareness möchte für diese Machtstrukturen, die eigene Positioniertheit im gesellschaftlichen Gefüge und für die kleinen und großen Gewaltausübungen des Alltags sensibilisieren. Ein Verständnis für diese Wirkmechanismen kann helfen, Veranstaltungen zu sichereren und inklusiveren Orten zu machen, an denen Diskriminierung aktiv entgegengewirkt wird. Strukturelle Macht ist in den gesellschaftlichen Strukturen verankert. Ein Beispiel hierfür ist die Benachteiligung von Menschen mit Behinderung, welche oft keinen gleichberechtigten Zugang zu Veranstaltungen haben.

1

Infobox 1: Einblicke in den aktuellen Diskurs zum Thema Awareness in der Fachwelt Parteilichkeit und Unterstützungsarbeit für die betroffene Person, deren Interessen dabei im Vordergrund stehen sollten. Dabei geht es auch darum, nach einem traumatisierenden Erlebnis, die persönliche Handlungsfähigkeit wiederherzustellen. Einblicke in den aktuellen Stand des theoretischen Diskurses zum Thema Awareness bietet Infobox 1. Welche praktische Bedeutung Awareness in diesem Zusammenhang zukommt, zeigt eine Reihe von Forschungsprojekten zum Thema Drogenkonsum sowie Abfall­ entstehung und Abfallentsorgung auf Veranstaltungen.3 3 z.B. Tickpick. The Most Used Festival Drugs. Verfügbar unter: www.tickpick.com/drug-use-at-music-festivals [Aufruf: 02.03.20]; Faze Mag: www.fazemag.de/das-sind-die-gaengigsten-festival-drogen/ [Aufruf: 02.03.20]; Peric, M. & Nizic M. K., University of Rijeka (2015): Waste Guidelines for Events and Festivals. Verfügbar unter: www.bib.irb.hr/datoteka/853544.Zero_Waste_Guidelines_for_Events_and_Festivals.pdf [Aufruf: 02.03.20]

Besonders relevant wird Awareness bei der Betrachtung von Forschungsergebnissen zum Thema sexualisierte Gewalt. Denen nach hat fast jede zweite Frau in Deutschland bereits sexualisierte Gewalt erfahren (43%).4 Studien der YouGov zeigen darüber hinaus, dass diese Zahl auch auf Veranstaltungen kaum geringer ist und bei Frauen unter 40 Jahren sogar als identisch anzunehmen ist. Dabei wenden sich Betroffene sexualisierter Gewalt und Diskriminierung nur selten an Ordnungsdienst, Polizei, Veranstalter*innen oder Barpersonal.5 Durch Awareness kann Personal auf den 4 DPA. YouGov: Sexuelle Belästigung (2017): persönl. Mitteilung, Daten auf Anfrage 5 Prescott-Smith, S., YouGov (2018): Two in five young female festival goers have been subjected to unwanted sexual behaviour. Verfügbar unter: www.yougov.co.uk/topics/ lifestyle/articles-reports/2018/06/21/two-five-young-female-festival-goers-have-been-sub [Aufruf: 02.03.20]; YouGov. Festival Harassment (2018): Verfügbar unter: www.d25d2506sfb94s.cloudfront.net/cumulus_uploads/ document/kuck5zispj/PressAssociation_180606_FestivalsHarrassment_w.pdf [Aufruf: 02.03.20]

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SCHWERPUNKT THEMA

Foto: Christoph Eisenmenger

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Erstkontakt mit betroffenen Personen vorbereitet und durch ein spezielles Awareness-Team eine niedrigschwellig ansprechbare, unterstützende Instanz für Betroffene geschaffen werden. Awareness soll vereinen, zusammenbringen und zu gemeinsamer Verantwortung und Zivilcourage beitragen, anstatt aus- oder abzugrenzen. Awareness kann somit auf diverse Themen mit gesellschaftlicher Brisanz angewendet werden, wie Rassismus, Ableismus (Diskriminierung aufgrund von körperlicher Behinderung), Lookism (Diskriminierung aufgrund der äußeren Erscheinung), missbräuchlicher Alkohol- und Drogenkonsum sowie Umweltschutz. Wie wichtig eine veranstaltungsspezifische Auseinandersetzung mit diesen Themen ist, lässt sich auch in jüngster Zeit an wiederkehrenden Vorfällen auf verschiedenen Veranstaltungen ablesen (siehe Artikel Seite 42). Solche Vorkommnisse zeigen einmal mehr, dass Veranstaltungen ebenso betroffen, wenn nicht in manchen Fällen sogar anfälliger für schwere Grenzverletzungen sind. „Gewaltausübende Personen kommen wieder – die Betroffenen nicht“, sagt Navina Nicke, die jahrelang für den Verein Safe Night e.V. mit Awareness-Crews auf Veranstaltungen unterwegs war. Fälle in diesen Bereichen haben gleichermaßen schwere Auswirkungen auf Besucher*innen

wie Veranstalter*innen. Es muss daher ein Bewusstsein für den Bedarf an veränderten Konzepten und neuen Personalstrukturen entstehen, welche Problemen ­begegnen können, die bisher nicht durch die Sicherheitsplanung abgedeckt werden. Auf diese Weise können Veranstaltungen zu gesellschaftlichen Vorreitern und diskriminierungsärmeren Räumen werden. Diese Herausforderung, für gesellschaftlich relevante Themen einzustehen, können und sollten wir als Veranstalter*innen nutzen, um gemeinsam etwas zu einer bunten, vielfältigen und verantwortungsvollen Veranstaltungswelt beizutragen.

Gemeinsame Leitlinie Veranstaltungen müssen als eine Art gesellschaftlicher Mikrokosmos gesehen werden, in dem ein Querschnitt unterschiedlicher Wertevorstellungen zusammenkommt. Welche Hebel können Veranstalter*innen also betätigen, um trotz dieser herausfordernden Ausgangslage dem Versprechen Rechnung zu tragen, ihren Gästen eine bedingungslos gute Zeit zu ermöglichen? Um diese Frage qualifiziert beantworten zu können, muss jedes Event die eigenen Werte herausarbeiten und ausformulieren. Im weiteren Vorgehen lassen sich so unerwünschte Verhaltensweisen identifizieren. Ein festivalübergreifender

Wertekodex könnte helfen, einen gemeinsamen Standard zu etablieren und sich gegenseitig bei der Umsetzung zu unterstützen. Idealerweise geschieht dies derart prägnant und allgemeingültig, dass möglichst viele Festivalveranstalter*innen dahinterstehen, sich öffentlich dazu bekennen und die Grundsätze auf ihren Veranstaltungen unter Berücksichtigung der individuellen Anforderungen Anwendung finden. In England ist man hier in puncto Institutionalisierung einen Schritt weiter. Die dortige Association of Independent Festivals (AIF) zählt mehr als 60 Mitglieder, die bereits 2017 eine gemeinsame Charter of Best Practice zum Umgang mit sexualisierter Gewalt und grenzüberschreitendem Verhalten unterzeichnet haben. Wünschenswert wäre es, wenn sich die Veranstalter*innen hierzulande auf eine ähnliche Art und Weise vernetzen und verpflichten würden. 6 Übergeordnetes Ziel einer solchen Erklä­ rung ist die Schaffung von Sicherheit für jede anwesende Person, innerhalb derer persönliche Grenzen gewahrt und respektiert werden. Hierzu ist es notwendig jegliche Formen von diskriminierenden Handlungen und Verbalisierungen, wie z.B. Sexismus, Rassismus und Homophobie, im Umgang miteinander zu vermeiden. Es ist wichtig, Präventionsarbeit zu leisten indem die grundsätzlichen Problemfelder und Festival-Werte vorab und vor Ort offen kommuniziert und konkrete Handlungsempfehlungen gegeben werden. Nur so kann ein Reflexionsprozess bei Gästen, Crews und Artists angestoßen und alle Anspruchsgruppen können für das Anliegen sensibilisiert werden. Kommt es zu grenzüberschreitendem Verhalten, so sind Veranstalter*innen in der Lage, sich eindeutig zu positionieren. Es können Angebote geschaffen werden, die es Betroffenen ermöglichen ihre Erfahrungen einzelnen Mitarbeiter*innen des Festivals, speziellen Awareness-Teams oder anderen individuellen Anlaufstellen auf den jeweiligen Festivals mitzuteilen und Unterstützung zu bekommen. Dabei ist es zentral, dass die unterstützenden Personen stets Partei für die von grenzüberschreitenden Handlungen betroffene Person ergreifen.7 Es ist auch die betroffene Person, die in letzter Instanz ein Urteil darüber fällt, ob 6 AIF – Association of Independent Festivals (UK): https://aiforg.com/wp-content/uploads/PRESS-RELEASE-AND-CASE-STUDIES-FINAL.pdf [Aufruf: 02.03.20] 7 Parteilichkeit bedeutet absolute Parteilichkeit mit der betroffenen Person durch die Unterstützungsgruppe. Aussagen werden nicht angezweifelt und die Wünsche der betroffenen Person sind maßgeblich für das weitere Vorgehen.


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sie eine Grenzüberschreitung erfahren hat und welche Konsequenzen folgen sollen. Damit diese Praxis im Veranstaltungsablauf aktiv gelebt werden kann, ist es sinnvoll, ein gründliches Vorab-Briefing und ggf. weitere Schulungsmaßnahmen für Mitarbeiter*innen mit potentiellem Erstkontakt zu betroffenen Personen durchzuführen (s. Kap. Zukunftsausblick). Die konkrete Ausgestaltung aller in diesem Zusammenhang erstellten Kommunikationsmittel sollte dabei entscheidend durch die Veranstalter*innen mitgeprägt werden, da diese ihr Publikum und ihre Teams kennen und am besten wissen, welche Art der Ansprache den gewünschten Reflexions- und Sensibilisierungsprozess anstoßen kann. Ebenso angepasst sollte auch die eingangs erwähnte Information und Sensibilisierung des übrigen Festival-­Teams zum Thema Awareness gestaltet sein, damit sie sich möglichst nahtlos und nachvollziehbar in die eigenen Strukturen und Gepflogenheiten einer Veranstaltung einfügt (s. Kap. Zukunftsausblick). Denn nur ein ganzheitlich umgesetztes Awareness-Konzept kann schlussendlich erfolgreich funktionieren und dazu führen, dass möglichst alle es nachhaltig verinnerlichen und weitertragen – und das idealerweise sogar über den Festivalzeitraum hinaus in alle Bereiche des täglichen Lebens.

Praktische Ansätze & Konzepte Nachdem innerhalb des Artikels bisher Relevanz, Rahmenbedingungen und Grundsätze von Awareness im Fokus standen, stellt sich anschließend die Frage, wie diese Ansätze in der Veranstaltungspraxis umgesetzt werden können. Festivals wie Nation of Gondwana, Roskilde oder Glastonbury arbeiten diesbezüglich schon seit Jahren mit unterschiedlichen Konzep­ ten in verschiedenen Bereichen ihrer Ver­anstaltungen. Das bedeutet nicht, dass diskriminierende Vorfälle auf diesen Veranstaltungen gänzlich ausgeschlossen werden können. Im Gegenteil, oft steigt zunächst die Anzahl an dokumentierten Übergriffen mit Einführung eines Awareness-Konzeptes an. Das liegt daran, dass Opfer solcher Übergriffe nun die Möglichkeit wahrnehmen können, sich mit ihren Erfahrungen an eine geeignete Stelle zu wenden. Welche Erfahrungen berichtet werden, hängt dabei oft auch vom Veranstaltungstyp ab. Während gesellschaftlich verankerter Rassismus und Sexismus überall und in verschiedener

Eine Orientierung:

 GRUNDSÄT ZE FÜR AWARENESS AUF DEUTSCHEN GROSSVER ANSTALTUNGEN

  

Präventions- und Aufklärungsarbeit zu Awareness-Themen Betroffenenschutzarbeit in individuellen Überforderungssituationen Entscheidung darüber, was grenzüberschreitend ist, liegt bei Betroffenen

 Aussagen und Wünsche der Betroffenen entscheiden über zu

treffende Maßnahmen

 Diskretion durch Erkennungszeichen oder Codewort  Verfügbarer Rückzugsort („safe space“)  Geschultes Personal für Umgang mit Gästen (extern)  Gebrieftes Personal für gemeinsames Verständnis von Awareness

(intern)

 Supervisionsmöglichkeit für überlastetes Personal Ausprägung auftritt, stellt auf Veranstaltungen mit elektronischer Musik der Konsum illegaler Substanzen eine besondere Herausforderung dar, da die psychosozialen Komponenten des Drogenmissbrauchs oft auch die Sanitätsdienste überfordern.8 Gerade auf großen Festivals stellt häufig das hohe Abfallaufkommen ein Problem für Besucher*innen und Veranstalter*innen dar. Manch andere Veranstaltungen zeichnen sich durch das einmalige Zusammentreffen einer hohen Anzahl sehr unterschiedlicher Menschen aus, was eine funktionierende Kommunikation besonders anspruchsvoll macht. Je nach Veranstaltung können folglich unterschiedliche Notwendigkeiten für den Einsatz eines Awareness-Konzeptes bestehen. Konzepte sollten daher passend zu den jeweiligen Veranstaltungen entwickelt und über die Jahre angepasst werden. Auf Veranstaltungen in Großbritannien stehen schon lange sogenannte ­Wel­fare Services zur Verfügung, an die sich Besucher*innen mit allen Anliegen wenden können. Daneben existieren in den USA

und Deutschland Projekte in Clubs, Bars und Open-Air Veranstaltungen, die gezielt Unterstützung für von sexualisierter Gewalt betroffene Frauen anbieten. Neuere Kampagnen auf Großveranstaltungen bieten allen Menschen, die sich mit einer Situation unwohl fühlen eine Anlaufstelle. Dabei ist es egal, ob es sich um Männer* oder Frauen* mit sexistischen, substanzbezogenen oder anderweitigen Anliegen handelt. Darüber hinaus sensibilisieren einige Kampagnen Besucher*innen bereits im Vorfeld, um unerwünschtem Verhalten entgegenzuwirken und einen gemeinsamen Wertekodex zu erzeugen. So werden auf Musikveranstaltungen aber auch im Sport antidiskriminierende Projekte umgesetzt, wie etwa die „Say No to Racism“ Aktion der UEFA zeigt. Eine Übersicht über die internationalen Entwicklungen der letzten Jahre bietet Tabelle 1. Ein Eindruck von aktuellen Awareness-Ansätzen auf deutschen Großveranstaltungen findet sich in den Infoboxen 2 und 3; Infobox 4 liefert Empfehlungen zur Qualifikation und Einbindung von Awareness-Teams.

8 neben körperlichen Symptomen des Drogenmissbrauchs (z.B. Kreislaufzusammenbruch), die vom Sanitätsdienst abgedeckt werden können, treten meist auch psychische und soziale Belastungssymptome auf (z.B. Angstzustände, Überforderung, Psychosen), denen in einem anderen Rahmen oft besser begegnet werden kann.

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SCHWERPUNKT THEMA

EINE AUSWAHL INTERNATIONALER AWARENESS -ANSÄTZE AUF VERANSTALTUNGEN  Edelgard & Sichere Wiesn Konzepte des Kölner Karnevals (Edelgard) und des Oktoberfestes (Sichere Wiesn), welche Frauen mit Belästigungserfahrungen an mobilen oder festen Orten Hilfe anbieten.  Safe Gigs for Women Britische Kampagne, die Gäste, Veranstaltende und Bands sensibilisiert und motiviert, couragiert und rechtlich gegen sexualisierte Übergriffe vorzugehen.  Ask for Angela & Angel Shot Kampagnen für mehr Sicherheit in Clubs und Bars. Gäste können beim Personal nach „Angela” fragen oder einen „Angel Shot“

bestellen. Das Personal kann mittels des Codewortes diskret und sofort helfen. Das Konzept findet auch in Deutschland Anwendung – z.B. unter dem Namen „Arbeitet Uli heute?“.  Good Night Out Campaign Training für Mitarbeitende, wie man Gästen nach einem sexualisierten Übergriff besser helfen kann.  Sisterhood-Bereich Das Glastonbury Festival hat einen Bereich (Safe Space) geschaffen, in dem sich ausschließlich Menschen aus dem queeren, femininen und Trans-Spektrum aufhalten dürfen.

#nomore & #metoo Zwei Online Kampagnen, die die Wahrnehmung von sexualisierter Gewalt ändern und Opfer dazu motivieren wollen, Übergriffe anzuzeigen. Zudem dienen die Hashtags dazu, das Ausmaß sexueller Belästigung aufzuzeigen. Sie wurden seit 2017 millionenfach verwendet.  Nobody is Normal Ein Konzept des Primavera Sound Festivals. An zwei Ständen können sich Gäste zu sexualisierter Gewalt informieren und Übergriffe melden. Das Personal dieser Stände wird zudem mobil auf dem Gelände eingesetzt.

 Orange together Eine umfangreiche Online- & Offline-Kampagne des Roskilde Festivals zur Reduzierung sexueller Belästigung. Hierbei wurde neben Videos mit bekannten Künstler*innen und einer interaktiven Webpräsenz auch ein Spiel entwickelt, um zum Umdenken anzuregen. Im Fokus steht hierbei stets der offene Dialog und nicht die Polarisierung / Moralisierung der Diskussionen zum Thema.

AWARENESS - KONZEPT „KOPF & STEINE“ Konzeptname Die pinke Discokugel Einsatzorte Kopf & Steine GmbH MS DOCKVILLE Festival | ­SPEKTRUM­Festival | VOGELBALL| Habitat Festival - seit: 2019 Ziele des Konzeptes Sensibilisierung & Prävention | Gemeinsames Mindset | Handlungshilfe & Schulung | Betreuung & Unterstützung von betroffenen Personen Konzept Das Konzept hinter der pinken Discokugel dreht sich maßgeblich um einen einfachen und verständlichen Verhaltenskodex, der sowohl sensibilisieren und informieren, aber auch frühzeitig die Schaffung

einer gemeinsamen Haltung unter Besucher*innen und Mitarbeitern*innen unterstützen soll. Ziel ist es, auf den Veranstaltungen langfristig ein Miteinander nach folgenden Regeln zu etablieren: 1. Wir achten aufeinander und sind füreinander da. Alle gemeinsam. 2. Wir glotzen und starren unsere Mitmenschen nicht an. 3. Wir rempeln, rüpeln und brüllen nicht herum. 4. Wir lachen niemanden aus, bewerten niemanden und pfeifen niemandem hinterher. 5. Wir sind höflich und respektvoll zueinander. Niemand wird angemacht oder belästigt. 6. Shaming in jeder Form – ob Body, Geschlecht oder Aussehen – tolerieren wir nicht.

7. Rassismus, Sexismus und Homo- und Transphobie haben bei uns keinen Platz. Dieser Verhaltenskodex wird durch Visualisierungen rund um das Symbol der „pinken Discokugel“ verdeutlicht und durch das Awareness-Team (A-Team) vor Ort mit Leben gefüllt. Eine pinke Discokugel kennzeichnet dabei jede Person und jede Lokation, die Unterstützung für entsprechende Hilfegesuche anbietet.

AWARENESS -TEAM Akquise Für die Akquise des A-Teams, das sich aus Teammitgliedern und der Teamleitung zusammensetzt, werden Online-Inserate geschaltet, Hochschulen kontaktiert und Kooperationen mit

Awareness-Initiativen angestrebt. Hier ist hervorzuheben, dass es aufgrund der spezifischen Aufgabenbereiche eines A-Teams zum einen Vorgespräche mit den Bewerber*innen gibt und zum anderen die Teilnahme an einer eigens konzipierten Schulung vorausgesetzt wird. Einbindung Besonders die Sicherstellung von klaren Kommunikationswegen und


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einer reibungslosen Zusammenarbeit mit dem Sicherheits- und Ordnungsdienst, sowie dem Sanitätsdienst ist Schwerpunkt der Vorbereitung. Entsprechend wurden in Zusammenarbeit mit einer Expertin spezielle Anleitungen für den Bereich Gesprächsführung / Betroffenenbetreuung und Schulung erstellt sowie verschiedene Handkarten, klare Kommunikationsketten und ein Protokollierungssystem entwickelt. In Zukunft soll auch die Beteiligung professioneller psychologischer Betreuung wesentlicher Bestandteil des Konzeptes werden. Personaleinsatz Mobile Awareness-Teams sind jeweils zu zweit auf dem Gelände

und am Stand im Einsatz. Sie werden aktiv, wenn jemand ihre Hilfe erbittet oder intervenieren, wenn sie eine Person in Schwierigkeiten beobachten. Dabei steht einerseits das Bedürfnis der betroffenen Person im Vordergrund, andererseits ist es unabdingbar, dass auch das A-Team seine Grenzen wahrt. Weiterführende Maßnahmen aus dem Bereich der Sanitäts- oder Ordnungsdienste werden folglich an diese delegiert. Der Awareness-Stand Eine pinke Discokugel kennzeichnet den Awareness-Stand, welcher auch auf allen Geländeplänen zu finden ist. Dieser Ort ist zentraler Aufenthalts- und Besprechungsraum für das A-Team, fungiert

aber in erster Linie als Informationsstand mit einem separaten Rückzugsort für Besucher*innen. Dieser Ort ist ausgestattet mit Dingen, die in Notsituationen helfen können – von Snacks und Magnesium über Massagebälle bis hin zu Wechselklamotten.

Crew, der*die sich bereit fühlt, das Konzept während der Veranstaltung aktiv zu unterstützen, trägt einen Button mit der pinken Discokugel. Vor Ort wird das Thema in der App, den Programmheften sowie über Banner und den Awareness-Stand kommuniziert.

Kommunikation Die Hilfsangebote sind nur ein Teil des Konzeptes. Im besten Fall sollten Besucher*innen bereits sensibilisiert, informiert und geschult sein, damit es erst gar nicht zu Übergriffen kommt. Deswegen werden Besucher*innen vorab per Social Media und auf der Webseite umfassend zum Thema informiert. Auch intern beginnt die Kommunikation frühzeitig. Jede*r aus der

Besonderheiten des Konzeptes: • kein eigenes Codewort wie „Panama“ oder „Angela“, sondern die Akzeptanz aller gängigen Codewörter • besonderes Augenmerk auf der professionellen Unterstützung von betroffenen Personen

AWARENESS - KONZEPT FKP SCORPIO & GOODLIVE AG Konzeptname Wo geht’s nach Panama? Einsatzorte FKP Scorpio Festivals (u.a. Hurricane, Southside, M´era Luna, Highfield) – seit: 2017 Goodlive AG Festivals (Full Force, splash!, Melt) – seit: 2019 Ziel des Konzeptes Niedrigschwelliges Hilfsangebot für Gäste Konzept Mit der Intention ein niedrigschwelliges Hilfsangebot für Besucher*innen zu schaffen, hat FKP Scorpio 2017 das Projekt „Wo geht’s nach Panama?“ entwickelt und auf seinen Festivals etabliert. Mit dieser Frage können alle Gäste in jeder Situation, in der sie sich unwohl fühlen, um Hilfe bitten, egal ob es gesundheitliche Probleme

sind, eine Überforderung mit der lauten und unübersichtlichen Festivalsituation, sie ihre Freund*innen verloren haben oder sich bedroht oder belästigt fühlen. Die Ansprechpersonen nehmen die Hilfesuchenden aus der Situation und stellen keine Fragen, warum das Codewort benutzt wurde, nur, wie sie in diesem Moment weiterhelfen können. Das Konzept „Wo geht’s nach Panama?“ haben inzwischen auch zahlreiche andere Events wie Stadtfeste oder Festivals übernommen und in ihre Veranstaltungen integriert. So wird seit 2019 „Wo geht´s nach Panama?“ auch auf den Goodlive Festivals in Ferropolis als Codewort für das Bedürfnis nach Unterstützung genutzt. Das Codewort ist auf allen Events das gleiche, da sich die Veranstalter*innen einig sind, dass es sinnvoll ist wenn sich sowohl Gäste als auch

Sicherheits- und Rettungskräfte nur einen Begriff merken müssen, um Hilfe in Anspruch zu nehmen oder zu leisten. Die Ausgestaltung unterscheidet sich vor Ort in Einzelheiten und der jeweiligen Veranstaltung entsprechend. Es tragen zum Beispiel alle, die um Hilfe gebeten werden können bei FKP Scorpio Festivals grün-pinke Armbänder und bei Goodlive Events pinke Buttons mit Augenlogo.

AWARENESS -TEAM Ein weiterer Unterschied ist, dass auf den Festivals von FKP Scorpio Ordnungsdienst Mitarbeiter*innen, das Gastro-Personal, FKP Jobber*innen, die Polizei, der Sanitätsdienst sowie die Crew-Mitglieder selbst als Erstkontakt agieren und somit ein großes Awareness-Team bilden. Die Gäste finden auf dem ganzen

Veranstaltungsgelände so immer potentielle Ansprechpersonen. Falls eine Weiterbetreuung durch Sanitätsdienst, Psycholog*innen oder die Polizei gewünscht ist, werden die Gäste dorthin begleitet. Bei den Events der Goodlive AG wird vor Ort mit eigenen mobilen Awareness-Teams gearbeitet: Für die Akquise eines Teams werden

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SCHWERPUNKT THEMA

Online-Inserate geschaltet, Hochschulen mit sozialem Schwerpunkt kontaktiert und Awareness-Initiativen miteinbezogen. So kommt ein Team vorgebildeter Personen zusammen, die teilweise auch als Streetworker aktiv sind. Das Awareness-Team ist sowohl stationär am Rückzugsort „Panama“, als auch mobil auf den Campingplätzen anzutreffen. Hierfür wird das Team mit Funkgeräten, Fahrrädern und weiterem Equipment wie Wasser oder Snacks ausgestattet. Bei Goodlive Events ist „Panama“ also auch ein echter Ort: Der Safe Space „Panama“ kann von allen Gästen durchgehend aufgesucht oder mit Hilfe der Mitarbeiter*innen gefunden werden. Gelegen zwischen dem Festivalgelände und dem Campingplatz, bzw. integriert in den Hauptverbandsplatz des Sanitätsdienstes, kann er anhand eines großen Holzschildes und einiger Wegweiser schon bei Ankunft gesehen werden. Die

Räume mit angegliederten Sanitäranlagen befinden sich in einem Festbau. Sie verfügen neben Sitz- und Liegemöglichkeiten wie Couch, Stühle und Sitzsäcke, darüber hinaus über das nötige Equipment, um einen Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten und den betroffenen Personen zu neuer Energie zu verhelfen. Es gibt Kissen und Decken, Kaffee, Tee, Magnesium, Süßes und Salziges für das leibliche Wohl und Lichtinstallationen für die Gemütlichkeit. Die Räumlichkeiten sind außerdem getrennt von etwaigen anderen Behandlungsräumen des Sanitätsdienstes, so dass für Gespräche mit qualifiziertem Personal die entsprechende Privatsphäre garantiert wird. Bei allen Festivals gilt Im Rahmen ihrer eigenen Möglichkeiten und Grenzen interagiert das Awareness-Team auf Augenhöhe mit den Besucher*innen. Der Aufgabenbereich reicht von einem

aufklärenden oder beratenden Gespräch bis hin zur Betreuung bei körperlicher Erschöpfung und Ruhebedarf. Dabei definiert die betroffene Person selbst, welche Hilfe in Anspruch genommen wird. Für weiterführende Maßnahmen steht überdies der jeweilige Sanitätsdienst zur Verfügung.

Kommunikation Für eine erfolgreiche Umsetzung des Konzeptes wird die Vorankündigung des Angebots frühzeitig gestartet. Intern werden Workshops angeboten und sowohl Vorgehensweise als auch Hilfestellungen in Briefings und Guides integriert. Mit dem Überreichen der Buttons bzw. Bänder und dem Aushändigen von Taschenkarten wird sichergestellt, dass die Mitarbeiter*innen mit dem Konzept vertraut sind und sich freiwillig bereit erklären, bei Bedarf zu unterstützen. An zentralen Punkten, wie z.B. dem Crew Check-in

oder dem Crew Catering, erinnern Plakate mit einem Beispielablauf an das besprochene Verhalten in einer Notsituation. Besucher*innen werden vorab über Social Media Kanäle aufgeklärt. Vor Ort finden sich Infor­ mationen zum Konzept in Programmheften, auf Plakaten und Bannern an Toiletten, Eingängen und Wegen. Zusätzlich werden die Inhalte zwischen den Acts auf den Anzeigetafeln eingespielt.

Besonderheiten des Konzeptes • Niedrigschwellig • Für ALLE Gäste • Für ALLE Situationen, in denen sich jemand unwohl fühlt • Eine Möglichkeit, auch Gäste in die Konzeptumsetzung über das Awareness-Team hinaus mit einzubeziehen ­

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Bureau für Veranstaltungswissen GmbH | Oberasbach 4 | 51597 Morsbach Tel: +49 (0) 2294 993864 | Fax: +49 (0) 2294 993865 info@personenklicker.de | www.personenklicker.de


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Die Umsetzung von Awareness-­ Konzepten bietet Betroffenen Betreuung und Hilfe, beinhaltet aber auch verschiedene Herausforderungen: die Integration in das Gesamtkonzept einer Veranstaltung sowie in die Struk­turen und Prozesse der beteiligten Gewerke. Zusätzlich bestehen spezifische Anfor­ derungen in der Akquise, Aus­ bil­dung und dem Einsatz eines Awareness-Teams. Ähnliche Herausforderungen stellen sich in der sog. Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV), deren Bedeutung bei Notfällen und Katastrophen mittlerweile unumstritten ist. Unter PSNV werden alle Maßnahmen der kurz-, mittel- und langfristigen Versorgung im Kontext von belastenden Notfällen bzw. Einsatzsituationen verstanden. PSNV kommt immer dann zum Einsatz, wenn also bereits belastende Ereignisse eingetreten sind. Da vor allem die Betroffenenschutzarbeit in Awareness-Konzepten große Überschneidungen mit der PSNV aufweist, können einige Aspekte hieraus als Orientierung für wünschenswerte Entwicklungen im Bereich Awareness herangezogen werden. Da Awareness-Konzepte auf Veranstaltungen bisher nur über wenige Standards verfügen (s. Box zu Grundsätzen) könnte besonders im Bereich von Ausbildungsrichtlinien auf die Entwicklungen aus den letzten 15 Jahren Qualitätsmanagement der PSNV zurückgegriffen werden.9 10 Folgende 9 Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenvorsorge (Hrsg.). (2012): ­P sychosoziale Notfallversorgung. Qualitätsstandards und Leitlinien (Teil I und II) (Praxis im ­B evölkerungsschutz, Bd. 7, 2. Auflage). Bonn.­ 10 Mähler, M., Hofinger, G., Künzer, L., ­Z inke, R. & Kather, F. (Hrsg.). (2019). Führungskräfte PSNV. Anforderung und Qualifizierung

Foto: Franz Schepers

AWARENESS -TEAMS Über welches Wissen und welche Kompetenzen sollte Personal verfügen? Eine Inspiration aus der Psychosozialen Notfallversorgung.

Anforderungen geben einen ersten Einblick, welche Faktoren zukünftig mit einbezogen werden sollten: Kompetenzen und Grund­ wissen für den Aufgaben­ bereich „Awareness“ • Ausbildung und Erfahrung für präventive Maßnahmen und Interventionen, u.a. in psychosoziale Betreuung, Gesprächsführung, rechtliche Grundlagen, Deeskalation, etc. • Wissen über Arten und Themen der Hilfegesuche, z.B. Ruhebedarf, Früherkennung von Belastungsfolgen • Aufgaben und Zuständigkeiten, z.B. Veränderung der Zuständigkeit bei Straftaten Organisatorisches Wissen zu der Veranstaltung • Informationen über die Besucher*innen der Veranstaltung (Zielgruppe) (Forschung im Bevölkerungsschutz, Bd. 21). ­B undesamt für Bevölkerungsschutz und ­K atastrophenhilfe (BBK). Frankfurt a.M: Zarbock.

• Wissen über die Veranstaltung selbst, wie Art, Ablauf, Besonderheiten und Gefährdungen • Einsatz- und Aufbaustrukturen der Gewerke mit denen zusammengearbeitet wird • Integration „Awareness“ in das SiKo der Veranstaltung Konkrete Umsetzung des Awareness-­Konzeptes auf der Veranstaltung • Organisatorischer Aufbau des Awareness-Teams: Anzahl der Mitglieder; ggf. Führungsstrukturen, Schichtbetrieb, Verteilung auf dem Gelände • Kommunikationswege, z.B. Funk, Zuständigkeiten • Briefings vor und Debriefings nach der Veranstaltung • Handreichungen / How-tos / Taschenkarten • Dokumentation • Ausstattung und Equipment des Awareness-Teams, z.B. Arbeitsbereiche

(Rückzugsorte), Versorgung mit Essen und Getränken • Verbreitung des Awareness-Konzeptes für die Besucher*innen, z.B. im Programm­heft, Plakate PSNV ist je nach Zielgruppe und Ereignisart differenziert in Maßnahmen für Betroffene, also Überlebende, Angehörige, Hinterbliebene, Zeugen und Vermissende (sog. PSNV-B). Die Mitarbeiter*innen in den Awareness-Teams können in der Arbeit auf der Veranstaltung belastende Erfahrungen machen. In der PSNV werden dafür Unterstützungsmaßnahmen in der sog. PSNV-E, mit E für Einsatzkräfte, angeboten. Ähnliche Strukturen sollten im Sinne der Fürsorge auch für die Mitglieder der Awareness-Teams und andere Mitarbeiter*innen, die in traumatisierende Vorfälle verwickelt sind, bedacht werden.

NR. 07/2020


SCHWERPUNKT THEMA

GRENZEN DER KONZEPTE & ZUKUNFTS­A USBLICK Aktuell lassen sich die Entwicklungen zu Awareness grob in zwei Kategorien ein­ teilen. Zum einen positionieren sich viele Veranstalter*innen durch öffentliche State­ ments. Sie fokussieren sich vor allem auf das Image einer Veranstaltung und deren öffentlicher Haltung in Bezug auf Awareness-Themen.11 Zum anderen gibt es eine steigende Anzahl an Veranstalter*innen, die Konzepte ausarbeiten, welche sowohl Kommunikation nach außen als auch Maßnahmen auf der Veranstaltung beinhalten. Dabei wird durch eine öffentliche Posi­tio­ nierung und Wertevermittlung die Möglichkeit auf einen diskriminierungsfreieren Raum auf Veranstaltungen eröffnet, durch Betroffenenschutzarbeit hingegen kann ein angemessener Umgang mit grenzüberschreitenden Vorfällen gefunden werden (s. Infoboxen 2 & 3). Jedoch zeigen Erfahrungen und Diskurse der vergangenen Jahre auch Kritikfelder auf, die zentral für eine Verbesserung der Awareness-Arbeit sind.

Foto: Robin Schmiedebach

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1. Die Bedeutung von Präventionsund Aufklärungsarbeit für Veranstaltungsgäste Was bisher vor allem wenig Berücksichtigung findet, sind präventive Ansätze. Viele Konzepte die einen Schwerpunkt auf Betroffenenbetreuung legen, greifen erst nachdem etwas passiert ist (z.B. ungefragtes Anfassen, Drängeln in dichter Menschenmenge). Nichtsdestotrotz rücken diese Awareness-­Konzepte gesellschaftliche Probleme ins Bewusstsein und bieten Betroffenen ein niedrigschwelliges Hilfsangebot, um unmittelbar auftretende Konsequenzen eines sicherheitskritischen Vorfalls für die betroffene Person, aber auch für die Veranstalter*innen zu reduzieren. Ganzheitliche Konzepte setzen hier im Vergleich schon deutlich früher an. ­Konkret kann dies durch die Verwendung eines präventiven wie interventiven Awareness- und Empowerment-Ansatzes realisiert werden. Dieser stellt konkreten Hilfsangeboten (zu drogeninduzierten Psychosen, sexualisierten Übergriffen etc.) eine ergänzende Aufklärungs-, Diskurs- und Übungsphase 11 z.B. Take a Stand: https://www.take-a-stand.eu/ [Aufruf: 02.03.20]

voran. Ziel dieser Struktur ist es, nicht erst dann einzugreifen, wenn bereits Fehlverhalten stattgefunden hat, sondern a) durch interessante Aufklärungsangebote (z.B. Infografiken, Videos) neues Wissen zu generieren, b) durch unterhaltsame Auseinandersetzung mit diesem Wissen (z.B. Spiele) zum Umdenken/Weiterdenken anzu­ regen. Zentral ist, dass dabei keine Generalisierung oder Moralisierung stattfindet, sondern ein offener Dialog über Erfahrungen und über Respekt – aus der Bystander-, Victim- und ActorPerspek­tive – im Mittelpunkt steht, c) durch praktische Übungen Verhaltensalternativen zu erlernen (z.B. Event Challenge).

Denn um Verhalten nachhaltig zu beeinflussen, ist es notwendig, die gesellschaftlich erlernten Verhaltensnormen zu ändern. Das kann gelingen, indem man zielgruppengerecht übers Thema spricht – d.h. die Auseinandersetzung mit einem Thema auf einer Freizeitveranstaltung darf gerne kritisch sein, aber ebenso darf das Lernen neuer Denk- und Verhaltensmuster auch Spaß machen.

2. Interne Awareness-/ Aufklärungsarbeit in der eigenen Crew Damit ein Awareness-Konzept auf einer Veranstaltung in sich stimmig ist und dauerhaft funktionieren kann, sollten sich Veranstaltende nicht nur nach außen „Awareness“ auf die Fahnen schreiben und die Einhaltung festgelegter Regeln von


Foto: Robin-Schmiedebach

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den Gästen einfordern. Ebenso relevant ist auch die Aufklärungsarbeit in den eigenen Reihen – von der Geschäftsführung bis zum Booking von Künstler*innen.12 Das bedeutet, dass Mitarbeitende auf einem Event nicht nur von dem Konzept wissen, sondern auch selbst verstehen sollten, worum es dabei geht, damit sie es nach außen leben und vermitteln können. Es gibt wenig was der Glaubwürdigkeit und Integrität eines Festivals so erheblich schadet, wie Crewmitglieder, die eigene Regeln nicht respektieren (s. Kap. 1. Relevanz von Awareness & 2. Leitlinien).

3. Briefings von First-Respondern13 Ein adäquates Briefing der First-Responder vor Ort ist unbedingt erforderlich, da diese Gruppen am häufigsten und unmittelbarsten mit den Gästen zu tun haben. An sie werden auch Übergriffe und diskriminierendes Verhalten am ehesten herangetragen. Folglich ist es sinnvoll sowohl das Konzept als auch die Hintergründe zu erläutern, damit eine effektive Zusammenarbeit erfolgen und die Reichweite des Konzepts ausgebaut werden kann.

4. Einsatz professionelleren Personals Einige Veranstaltende planen ab diesem Jahr vermehrt hochqualifiziertes Personal zur Unterstützung geringer qualifizierter Awareness-Teams einzusetzen, da die 12 Tagesspiegel (2019): Kaum Frauen auf Festivalbühnen. Verfügbar unter: www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/weder-rock-am-ring-noch-rock-im-park-kaum-frauen-auf-festivalbuehnen/24428402.html [Aufruf: 02.03.20] 13 First-Responder auch Ersthelfende sind die Crewmitglieder, welche nach Übergriffen als erstes mit Opfern in Kontakt kommen. Dies können z.B. Mitarbeitende der Gastronomie des Ordnungsdienstes, des Sanitätsdienstes oder der Polizei sein.

Teams vor Ort nicht immer der Intensität und Vielfalt von Situationen und Aufgaben entsprechen können. Auch eine Möglichkeit zum Selbstschutz sollte durch klare Abgrenzungen von Aufgabenbereichen und Supervisionsoptionen gegeben sein. Zu diesem Zweck kann das im Rahmen der Sicherheitskommunikation oder Rettungsdienste ohnehin vor Ort befindliche psychologische Fachpersonal eingesetzt werden.14

5. Einbindung von Multiplikatoren Alle bisher genannten Maßnahmen erfordern zeitliche und finanzielle Ressourcen der Veranstaltenden. Jedoch können und sollten auch die Veranstaltungsgäste in die Verantwortung genommen werden, um Awareness-Strukturen zu verbessern. Erste Konzepte experimentieren hier bereits mit einem Einbezug von Multiplikatoren. Durch unterhaltsame Schulungen werden interessierte Besucher*innen qualifiziert und motiviert, ihr Wissen auf einer Veranstaltung zu leben und weiterzugeben. Mit der Verleihung eines Multiplikatoren-Status als „experienced visitor“ oder „family member“ können geschulte Gäste zudem eine Vorbildwirkung nach außen erzielen und für ihr Engagement vor Ort wertgeschätzt werden.15 Die Wirksamkeit solcher Strukturen konnte bereits in mehreren Studien beobachtet werden.16

14 Event-Psychologie: www.event-psychologie.com [Aufruf: 02.03.20]­­ 15 Wertschätzung kann sowohl ideell als auch durch konkrete Vorteile auf der Veranstaltung erfolgen (z.B durch einen ­f rüheren Einlass auf das Gelände oder bessere Campingplätze). 16 z.B. Drury, J. & Cocking, C. (2007): The Mass Psychology of Disasters and Emergency Evacuations: A Research ­Report and Implications for Practice. Verfügbar unter: ­w ww. sussex.ac.uk/affiliates/panic/Disasters%20and%20emergency%20evacuations%20(2007).pdf [Aufruf: 02.03.20]

Abschließend lässt sich sagen, dass es nicht nur bei der Entwicklung eines ­Awareness-Konzeptes, sondern auch bei der Verbesserung bestehender Konzepte wichtig ist, sich an den Eigenheiten der jeweiligen Veranstaltung zu orientieren, um Ausmaß und Inhalte der umgesetzten Maßnahmen anpassen zu können. Auf dem Weg zu einer Gesellschaft, die sich aktiv Herausforderungen wie Sexismus, Rassismus und anderen Diskiminierungsformen stellt und einen verantwortungsvolleren und nachhaltigeren Konsum übt, ist dabei jedes Projekt und jeder noch so kleine Beitrag ein wertvoller Schritt in die richtige Richtung. Gleichzeitig bietet der weiter anhaltende Awareness-Trend eine Chance für die intensive Auseinandersetzung und bessere Vernetzung der Akteur*innen und fördert durch einen aktiven Austausch einen Prozess, der es ermöglicht Fehler anderer zu vermeiden und voneinander zu lernen. Davon können wir alle gleichsam profitieren: Veranstalter*innen und B­ esucher*innen. #esgehtnurgemeinsam

Abspann

Die Arbeitsgruppe Awareness hat sich mit dem Ziel gebildet, gemeinsam an langfristigen Konzepten zu arbeiten, branchenübergreifende Leitlinien zu entwickeln und eine gemeinsame Qualitätssicherung zu etablieren. Wir möchten mit diesem Artikel dazu ermutigen, sich mit Awareness auf den eigenen Veranstaltungen auseinanderzusetzen. Bei Fragen zu Umsetzungsmöglichkeiten und Interesse an einer Mitarbeit in der Awareness AG möchten wir euch einladen, mit uns Kontakt aufzunehmen. E-Mail: dbrunsch@uni-koeln.de NR. 07/2020


SCHWERPUNKT THEMA

MASSNAHMEN FÜR DEN UMGANG MIT

VOYEURISMUS AUF VER ANSTALTUNGEN

Manfred Antranias Zimmer / Pixabay

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Von Mischa Karafiat

Die Dreistig­ keit, mit der die Voyeure ans Werk gehen, ist erschreckend.«

Im Rahmen der Veranstaltungsplanung beschäftigen wir uns mit einer Vielzahl von Gefährdungen für unsere Gäste, Mitwirkenden und Veranstaltungen. Für viele neu hinzugekommen: Professioneller Voyeurismus. Nur durch besondere Awareness und speziell darauf ausgelegte Sicherheitsplanung können wir dieser Form von sexualisierter Gewalt professionell begegnen und sie bestenfalls verhindern.

Recherchen decken sexualisierte Übergriffe auf Nach umfangreichen Recherchen der Journalistinnen Isabell Beer (2017)1 und Patrizia Schlosser (2019)2 sind in den Jahren 2016-2019 auf mindestens zwei deutschen Festivals Menschen Opfer von professionellem Voyeurismus geworden: 1) www.zeit.de/zeit-magazin/2017/34/voyeurismus-pornoseiten-netzwerk-illegales-filmen 2) www.youtube.com/watch?v=nGldiXxljhQ

Auf dem Musikfestival „Monis Rache“ wurde mindestens eine Kamera im Toilettensitz einer Mobiltoilette installiert. Der als Aufbauhelfer beschäftigte Mensch, der als Täter überführt wurde, stellte diverse Aufnahmen auf einer der größten pornografischen Plattformen im Internet ein und war laut eigener Aussage überrascht über den „Erfolg“ der Videos.3 Angetrieben durch User, die ihm sogar Geldsummen für neues „Material“ boten, wiederholte er den Einsatz der Kamera im Jahr 2018. Hiervon sind nach Informationen des Festivals keine Videos in den Umlauf gelangt. Beim „Fusion Festival 2019“ kam es zum Einsatz einer Kamera im Umkleidebereich eines Duschcontainers. Diverse Nahauf­ nahmen nackter Körperteile wurden ver­mutlich aus einer abgestellten Tasche 3) www.youtube.com/watch?v=nGldiXxljhQ


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heraus aufgenommen und ebenfalls auf oben erwähnter Plattform hochgeladen. Durch einen anonymen Hinweis wurde der Kulturkosmos e. V. als Veranstalter auf die Videos aufmerksam gemacht.4 Bei Recherchen auf großen pornografischen Plattformen wie „xHamster.com“, „Pornhub“ oder „XVideos“ finden sich unter entsprechen­den Schlagwörtern diverse Aufnahmen aus Duschen, ­Mobiltoiletten und Toiletten­anlagen. Von welchen Veran­ staltungen genau diese Aufnahmen stammen, lässt sich meist nicht erkennen. Die Beschreibungen zu den Aufnahmen bleiben diesbezüglich sehr vage, die Dreistigkeit, mit der die Voyeure ans Werk gehen, ist erschreckend.

Der rechtliche Umgang mit Voyeurismus Das unbefugte Erstellen von Bildaufnahmen, die Übertragung oder Bereitstellung an eine dritte Person verstoßen juristisch gegen § 201a StGB (Eingriff in den persönlichen Lebensbereich von Menschen) und können mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden. Dabei sind nach Einschätzung des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins5 nicht nur die veröffentlichten Menschen, sondern auch alle anderen gefilmten Personen als Opfer zu sehen und können daher ein Strafverfahren anstrengen.6 Rechtsanwalt Daniel Schlatter sieht ggf. auch die Betreiber von sanitären Anlagen bzw. die Veranstalter zur Veranlassung oder Wahrnehmung von Schutzmaßnahmen in diesem Bereich in der Pflicht. Diese könnte sich einerseits aus § 241 II BGB als nebenvertragliche Obliga­tion ergeben, andererseits kommen die Grundsätze der Organisations- und Verkehrs­sicherungs­pflichten als verpflichtende Rechtsgrund­lage in Betracht. „Die ständige Rechtsprechung des BGH zu den Verkehrssicherungspflichten erlegt dem Eröffnenden des Gefahrenbereiches auf, notwendige und zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, um die Gefahren anderer zu vermeiden. „Dies bezieht sich ausdrücklich auch auf rechtswidrige Eingriffe Dritter, soweit diese für den Veranstaltenden unter Würdigung der Gesamtumstände erkennbar und vorhersehbar sind“, meint RA Schlatter. 4) www.forum.kulturkosmos.de/viewtopic.php?f=39&t=28956 5) www.rav.de/verein 6) www.rav.de/publikationen/mitteilungen/mitteilung/rechtliche-einschaetzung-zu-sexualisierten-aufnahmen-bei-festivals/ c248efb168dadfc2c5fa9ffa37a05f84

Der Mensch im Mittelpunkt unserer Planungen Auf eine Anfrage des Autors bei Zulieferbetrieben und Veranstaltenden zu diesem Thema ist eine große Unsicherheit zu spüren. Neben führenden Dienstleistern, die sich nicht zum Thema äußern wollten, gibt es jene, die mit technischen und kommunikativen Maßnahmen vorgehen wollen. Ein „aus der Hüfte Schießen“ kann jedoch einen großen Schaden für die Veranstaltung und vor allem auch die Betroffenen herbeiführen. Im Rahmen unseres Sicherheitsmanagements muss daher vor Beginn der Veranstaltung eine systematische und vollständige Risikoanalyse durchgeführt werden. Auf deren Basis müssen individuelle Maßnahmen für den Krisenfall erarbeitet, zum Erreichen der Schutzziele implementiert und im Betrieb auf ihre Wirksamkeit kontrolliert werden.

Im Rahmen unseres Sicherheitsmanage­ ments muss daher vor Beginn der Veranstaltung eine systematische und vollständige Risiko­ analyse durchgeführt werden.«

Zur Strukturierung lassen sich beispielsweise vier Maßnahmenpakete unterteilen: Technische Maßnahmen • Ausleuchten von Rück- und Abseiten, dauerhaft oder unter Einsatz von Bewegungsmeldern • bewegungsgesteuerte Überwachungstechnik (z. B. Wildtierkamera) auf Rückund Abseiten • Metalldetektoren zum Absuchen der Kunststoff-Mobiltoiletten • Einsatz von Detektoren zum Aufsuchen von Kameralinsen Organisatorische Maßnahmen • Erarbeiten eines Awareness-Konzeptes für die Veranstaltung • verstärktes Bestreifen der Anlagen durch den Veranstaltungsordnungsdienst inkl. Dokumentation • Erstellen von Checklisten zum strukturierten Absuchen nach Manipulationen oder Installationen • ausgehängte und geführte Kontrollnachweise zur Kommunikation an die Gäste Kommunikative Maßnahmen • Sensibilisieren und Schulen aller Mitwirkenden der Veranstaltung durch Handreichungen • besonderes Sensibilisieren und Schulen der Mitarbeitenden im Reinigungsdienst

• Sensibilisieren der Gäste zu den Themen Voyeurismus und Awareness • Herstellung von Warnaufklebern und Informationsschildern Bauliche Maßnahmen • Abkleben bestehender Löcher und Ritzen mit Klebeband • Aufstellen blickdichter Toiletten- und Duschkabinen • bauliche Trennung von Umkleide- und Duschbereichen • nicht genutzte Öffnungen (z. B. in Zeltkonstruktionen) mit Bruchsiegeln verschließen

Erreichen von Schutzzielen Grenzüberschreitungen, Diskriminierungen, Gewalt, Sexismus, Trans- und ­Homophobie sowie Rassismus sind Themen, denen wir aktiv mit einem umsichtigen und strukturierten Sicherheitsmanagement begegnen müssen. Die Entwicklung von Awareness-Konzepten und -Maßnahmen ist hierfür ein wichtiger Baustein, der ab sofort verstärkt Beachtung finden muss, um unsere definierten Schutzziele einhalten zu können. NR. 07/2020


SCHWERPUNKT THEMA

EINSATZ VON EHRENAMTLICHEN HELFERN BEI GROSSVER ANSTALTUNGEN Die Arbeit mit ehrenamtlichem versus bezahltem Personal Von Martin Hommel

Egal ob Sportevents oder Festivals – viele Großveranstaltungen sind ohne die Hilfe von ehrenamtlichen Kräften kaum noch durchführbar.

Foto: Slick - Eigenes Werk, CC0, www.commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=18477005

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Nach einer Erhebung des Bundesfamilien­ ministeriums engagieren sich rund 31 Mil­lio­nen Menschen in Deutschland ehrenamtlich – nicht wenige davon auch im Rahmen von Veranstaltungen. Neben den klassisch von Ehrenamtlichen durchgeführten Veranstaltungen z.B. im Brauchtum oder im Amateursport sind auch andere Großevents ohne ehrenamt­ lichen Einsatz oft kaum realisierbar. Veranstaltungen von internationaler Tragweite wie die Olympischen Spiele, Fußballweltmeisterschaften oder ein Welt­jugendtag setzen auf Hilfe von Freiwilligen, von ehrenamtlichen Helfer*innen. Aber es gibt auch Großveranstaltungen, die fast ausschließlich auf ehrenamtlicher Basis organisiert werden. Ein gutes Beispiel hierfür sind die jährlich stattfindenden Veranstaltungen zum Christopher Street Day in Deutschland. Allein in Köln, dem mit jährlich rund einer Million Zuschauern größtem CSD in Deutschland, setzt der Veranstalter auf die Unterstützung von über 300 ehrenamt­lichen Helfern. Der Ski-Weltcup in Winterberg versetzt jedes Jahr ein ganzes Dorf in den Ausnahmezustand. Kaum ein Bewohner, eine Bewohnerin ist hier nicht mit eingebunden, um die Durchführung des Events mit rund 50.000 Zuschauern zu ermöglichen.

Wagenengel der Blauen Funken beim Rosenmontagszug in Köln 2012

Motivation und Verfügbarkeit Die Entscheidung über den Einsatz von Ehrenamtlichen bei ­Großveranstaltungen­ ist keine reine Frage des Budgets. Veran­ staltungen haben oft einen hohen Per­ sonal­­bedarf für einen kurzen Zeitraum – nicht immer ist bezahltes Personal in der notwendigen Quantität lokal verfügbar. Der Einsatz von ehrenamtlichen Kräften hilft dann häufig, Personallücken zu schließen. Neben der Verfügbarkeit ist aber vor allem die meist hohe Identifikation mit den Inhalten der Veranstaltung ein relevanter Vorteil. Nicht nur, weil der Wunsch nach Teilhabe

an der Veranstaltung so auch personelle Verfügbarkeit schafft, sondern weil es sich hier häufig um hochmotivierte Kräfte handelt, für die die Ausführung der Tätigkeit und der Erfolg der Veranstaltung eine besondere Bedeutung haben. Mit dem Gedanken „ich werde Teil von etwas Großem“ verwenden Ehrenamtliche auch schon einmal ihren gesamten Jahresurlaub für ein Projekt. Etwas freiwillig „machen zu wollen“ oder etwas beruflich „machen zu müssen“ kann einen großen Unterschied darstellen.

Qualifikation von Ehrenamtlichen Im Gegensatz zu professio­ nellen K­ räften, bei denen der Auftragnehmer des Veranstalters dafür Sorge tragen sollte, dass seine Mitarbeiten­den für die ­ausgeübten Tätigkeiten qua­li­fiziert sind, haben Ehren­amtliche ganz unterschiedliche Qualifikationen. Der Veranstalter ist selbst dafür verantwortlich, für die notwendige Befähigung des ehrenamtlichen Personals zu sorgen. Das stellt ihn vor die Herausforderung, die Ehrenamtlichen dort abzuholen, wo sie inhaltlich und fachlich stehen. In einem ersten Schritt muss daher immer erhoben werden, in welchen Bereichen sich die Kräfte einen Einsatz vorstellen können und welche Qualifikationen sie


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hierfür mitbringen. Oft lassen sich berufliche Qualifikationen auch sinnvoll für die Veranstaltung einsetzen. Bringen die Interessenten keine für die Veranstaltung und die angedachten Tätigkeiten ­passenden­ Fähigkeiten mit, bedeutet dies einen zusätzlichen Schulungsaufwand. In der Praxis zeigt sich häufig ein interes­ santer Effekt: Menschen wachsen im Ehren­ amt über sich hinaus. Dies mag daran liegen, dass der Druck von außen bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit geringer erscheint oder dass hier der eigene Wille zur Umsetzung im Vordergrund steht. Gleichzeitig können Ehrenamtliche durch ihren Einsatz natürlich auch zusätzliche Kompetenzen z.B. für ihren Beruf gewinnen.

Übung macht den Meister… Ziel der Schulungen von Ehrenamtlichen muss es sein, zunächst einen einheitlichen Wissensstand zu allen relevanten Themen der Veranstaltung zu vermitteln. Darüber hinaus müssen ggf. spezielle Fähigkeiten für die eigentliche Aufgabe vermittelt werden. Zu den zwingend zu vermittelnden relevan­ ten Themen gehört insbesondere eine Ein­­­weisung in die Sicherheitsarchitektur der Veranstaltung. Weshalb ist dies so relevant? Sollte man nicht annehmen, dass sich Men­ schen in Notsituationen an „qualifiziertes“ Personal wenden, z.B. Sicherheits- und Ordnungsdienst oder Sanitätsdienst? Die Praxis zeigt etwas anderes. Menschen in Notsituationen wenden sich häufig den Personen zu, die ihnen bereits vertraut sind, Personen, mit denen sie auf der Veranstal­tung oft oder regelmäßig in Kontakt kommen: Gästebetreuer, Garderobenpersonal, Thekenkräfte – Positionen, in denen Ehrenamtliche häufig zum Einsatz kommen. Das bedeutet nicht zwingend, dass man ehrenamtliche Helfer vollumfänglich in die Sicherheitsstruktur integrieren muss (z.B. als Evakuierungshelfer). Sie müssen jedoch darüber informiert sein, wer in Notfall- und Krisensituationen die richtigen Ansprechpartner sind und es muss auch sichergestellt sein, dass es im Notfall auch einen Kommunikationskanal zwischen den beiden Parteien gibt und dass die Ehrenamtlichen auch entsprechend ausgestattet sind. Überlegt werden kann in diesem Zusammenhang zum Beispiel, einen Nachweis über eine aktuelle Schulung in Erster Hilfe zu fordern, welche die Handlungsfähigkeit

verbessern kann – alternativ könnte dies auch ein willkommener Anreiz sein, den Ehrenamtlichen diese Schulung im Rahmen der Tätigkeit zu ermöglichen. Auch bei wiederkehrenden Veranstaltungen ist der Schulungsbedarf jedes Mal erneut gegeben, da zwar viele Helfer „Wiederholungstäter“ sind, aber natürlich auch Neuerungen transportiert werden müssen oder Zugang zu neuen Tätigkeiten und / oder Positionen eröffnet werden sollte.

Jetzt müssen aber mal die Profis ran!? Trotz allen Engagements und fachlicher Kompetenz von Ehrenamtlichen ist es in einigen Bereichen notwendig, dass ein Veranstalter auf „Profis“ zurückgreift. Beispiele hierfür sind der Sicherheits- und Ordnungsdienst, der Sanitätsdienst (der zwar wiederum auch häufig in hohem Maß aus Ehrenamtlern besteht, die aber in einen regelmäßig organisationalen „professionellen“ Kontext eingebunden sind) oder die Veranstaltungsleitung. Natürlich können auch in den gesetzlich nicht klar geregelten Positionen Ehrenamtliche zum Einsatz kommen – Qualifikation und Bezahlung bedingen sich nicht. Neben der Qualifikation ist hier vor allem die Erfahrung wichtig. Erfahrungen können dabei auf unterschiedlichem Weg erworben werden: Der „Profi“ sammelt seine Erfahrung neben der Ausbildung im beruflichen Alltag. Der Ehrenamtler wird zwar nicht über so umfängliche Erfahrungen durch regelmäßige, alltägliche, praktische Anwendungen verfügen können, kann jedoch den gleichwertigen Wissensstand über beständiges Training erwerben. Ein Beispiel hierfür ist der oben bereits angesprochene Sanitätsdienst: hier arbeiten Profis und ehrenamt­ liche Helfer oft in gleicher Position Hand in Hand zusammen.

Wertschätzung Bei der Personalplanung im ehrenamtlichen Bereich kann es vorkommen, dass die Wünsche der „Bewerber“ und die Ansprüche des Veranstalters nicht immer übereinstimmen. Wer hier als Veranstalter zu abweisend agiert, verliert womöglich eine wertvolle Kraft für eine andere Position. Dabei sollte der Veranstalter versuchen, auf Wünsche

der „Bewerber“ einzugehen, sofern es dem Veranstaltungsablauf nicht schadet. Im Gegensatz zum Einsatz professioneller Kräfte, müssen bei Ehrenamtlichen die Persönlichkeiten stärker in den Mittelpunkt gestellt werden. Eine wertschätzende Kommunikation ist ein Muss! Hierbei versteht es sich als Mindestanspruch, dass der zuständige Personalverantwortliche seine Helfer mit Namen ansprechen kann. Nichts hört der Mensch lieber als seinen Namen. Aber wie verliert man bei 300 Helfern nicht den Überblick? Der Autor hat in seiner beruflichen Praxis und bei seinen Einsätzen im Ehrenamt gute Erfahrungen damit gemacht, Teamausweise so zu gestalten, dass auf diesen der Name des Trägers gut leserlich aufgedruckt ist. Das peinliche „Hallo, ähm…“ entfällt damit. Auch zu wissen, wann Mitwirkende Geburtstag haben, sorgt für einen wertschätzenden Umgang. Aber Vorsicht mit persönlichen Daten! Die Regelungen der DSGVO sind zu beachten und setzen die Zustimmung des Mitarbeiters voraus. Entsprechende Bekleidung, die die Zugehörigkeit unterstreicht und der Zugang zur Verpflegung sollten selbstverständlich sein – sind es aber häufig nicht – auch dies ein Garant dafür, motivierte Kräfte vor den Kopf zu schlagen und ggf. zu verlieren. Ehrenamtliche Kräfte erfordern einen sensibleren Umgang als bezahlte Kräfte. Es ist zu bedenken, dass Ehrenamtler, im Gegensatz zu Profis, einfach nach Hause gehen können.

Fazit Gute Schulungen sind für Ehrenamtler und Profis gleichermaßen wichtig. Dabei ist der Schulungsaufwand für den Veranstalter bei Ehrenamtlern jedoch größer als bei Profis. Der Einsatz von ehrenamtlichen Helfern muss daher nicht zwingend die kosten­ günstigere Alternative sein. Gut geschulte Ehrenamtler können natürlich auch Teil der Sicherheitsarchitektur sein. Wertschätzung ist im Umgang mit ehrenamtlichen Kräften besonders wichtig. Die Wertschätzung darf aber auch bei Profis nicht vernachlässigt werden. Ein gutes Miteinander ist die Basis für eine gute Veranstaltung. Denn: #esgehtnurgemeinsam NR. 07/2020


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WA S B I S H E R G E S C H A H

WAS BISHER GESCHAH 2019/2020

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(NL) Zirkusartisten stürzen zehn Meter tief

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Affenhaus in Krefeld (NRW) brennt ab

Kirchen verteilen zu Heiligabend Eintrittskarten

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Nach Böllerwurf im RheinEnergieSTADION: Staatsanwaltschaft erhebt Anklage Nach einer Böllerexplosion im Kölner (NRW) Stadion am 14.09.2019 mit mehr als 20 Verletzten hatte die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den mutmaßlichen ­Täter erhoben. Dem Mann wird das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und die ­Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen vorgeworfen, sagte der Kölner Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn.

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In einigen Kirchen in NRW konnte man die Gottesdienste an Heiligabend nur mit einer Eintrittskarte besuchen. Mit dieser Maßnahme sollte verhindert werden, viele Menschen aufgrund zu geringer Sitzplatzkapazität der Kirchen wieder heimschicken zu müssen. Die Tickets wurden vom Sicherheitspersonal am Kircheneingang kontrolliert.

Mehr als 30 Tiere starben im brennenden Affenhaus des Krefelder Zoos. Das Feuer wurde durch sogenannte Himmelslaternen ausgelöst. Drei Frauen hatten sich später bei der Polizei gemeldet. Sie gelten als die Verursacherinnen. Himmelslaternen steigen zu lassen ist seit 2009 in NRW verboten.

Zwei Zirkusartisten stürzten bei einer Vorstellung in Amsterdam aus rund zehn Metern Höhe in die Manege. Ein Artist wurde dabei schwer verletzt, teilte die Polizei mit. Beide Artisten wurden ins Krankenhaus eingeliefert. Der Produzent der Show sagte der niederländischen Agentur ANP, dass beide außer Lebensgefahr sind.

(USA) Rod Stewart schlägt Wachmann Sänger Rod Stewart wollte mit ­seinem 39 Jahre alten Sohn auf eine Silvesterfeier im Kinder­bereich eines Luxushotels in ­Florida gehen. Als ein Wachmann ihnen den Zugang verwehrte, hatte S­ tewart zugeschlagen.

Drei schwerverletzte bei Verpuffung beim „Weihnachtsbaumverbrennen“ in Christes (TH) Beim traditionellen Weihnachtsbaumverbrennen der Gemeinde, welches auch die Eröffnung der Lagerfeuersaison der Jugendfeuerwehr ist, kam es aus ungeklärter Ursachen zu einer Verpuffung. Einer der drei Verletzten musste in eine Spezialklinik nach Halle gebracht werden.


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Während der Trauerfeierlichkeiten für den getöteten G­ eneral Soleimani in Kerman kam es zu einem Gedränge, in dessen Folge mehr als 50 Menschen getötet und weit über 200 verletzt wurden. Wegen S­ icherheitsbedenken musste die Beisetzung zunächst verschoben werden.

Zehn Verletzte durch Jugendstreich in Schule Wegen eines vermeintlichen Jugendstreichs kam es in einer Schule in Oelde (NRW) zu einem Großeinsatz von Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst. Drei Jungen bildeten eine Menschenkette und versperrten so eine schmale Brücke auf dem Schulgelände. Ein Kind wurde ­ohnmächtig, es kam zu Stürzen und Rempeleien, zehn Menschen wurden im Krankenhaus behandelt.

DJ Dr. Motte möchte Loveparade wiederbeleben Der DJ hatte die Loveparade 1989 in Berlin (BE) gegründet. Mittels eines Spendenaufrufs und der damit verbundenen Frage „Wollt ihr eine neue Loveparade?“ möchte der Musiker das ­Interesse an einer Neuauflage der Loveparade bei der Bevölkerung abfragen.

Ausländerfeindliche Zwischenrufe und Verletzter in Kabarett Mutmaßlich rechte Pöbler hatten die Aufführung des Stückes „Betreutes Denken“ in Dresden (SN) mit ausländerfeindlichen Zwischenrufen massiv gestört. Als zwei ­Darsteller die Gruppe zur Rede stellten, wurde ein 37 Jahre alter Schauspieler mit einem Bierglas beworfen und am Kopf verletzt.

13.01 .

14.01.

Eine Mülltonne neben der Turnhalle des TV Frischborn war in Brand geraten. Die 300 Besucher einer Party im Gebäude mussten dieses verlassen. Die Feuerwehr hatte die Flammen schnell unter Kontrolle. Verletzt wurde niemand.

(IR) Viele Tote bei Trauerzug für getöteten Militär-General

13.01 .

Turnhalle in Lauterbach (HE) wegen Mülltonnen­ brand geräumt

07.01.

04.01.

47

Härtere Strafen für das Abfackeln von Pyrotechnik in Stadien Der hessische Innenminister Peter Beuth verlangt eine härtere Bestrafung für das unerlaubte Abbrennen von Pyrotechnik in Stadien. Er fordert alle politischen und sportlichen Verantwort­lichen auf, an einem Strang zu ziehen.

01. 20. Die kanadische Band Sum 41 hatte ihr Konzert im Pariser Club Les Etoiles kurzfristig abgesagt, nachdem während des Load-ins ein Sprengsatz vor der Konzerthalle explodiert war. Die Band begründete auf ihren Social-Media-Profilen die Absage damit, die Sicherheit der Fans nicht garantieren zu können. Verletzt wurde bei der Explosion niemand.

1. .0 27

(FR) Sum 41 sagt Konzert wegen Explosion vor Veranstaltungsort ab

Jackenjagd an Garderobe eskaliert – mehr als 40 Polizisten im Einsatz Im Anschluss an eine Großparty in Bergisch Gladbach (NRW) mussten mehr als 40 Polizeibeamte ausrücken, da ca. 1.200 ungeduldigen Partygäste über die Zäune zur Garderobe kletterten, wodurch diese und die Garderobenständer umstürzten. Als die ersten Polizisten eintrafen, wollten mehrere hundert Menschen in den Garderobenbereich vordringen und stritten sich mit den Sicherheitsleuten.

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AKTUELL

DIE RECHTLICHEN AUSWIRKUNGEN DER COVID -19- PANDEMIE AUF VER ANSTALTUNGSVERTR ÄGE UND SONSTIGE GEWERBLICHE MIET VERTR ÄGE Von Volker Löhr

A

n nur wenigen Wirtschaftsbranchen wird die Corona-Krise spurlos vorbeigehen. Einige wenige befinden sich in Goldgräberstimmung. Manche von ihnen erzielen ehrliche, andere wiederum unlautere wirtschaftliche Vorteile und wieder andere müssen derzeit auf ihre Einkünfte vollständig verzichten. Unternehmen und Gewerbetreibende unzähliger Branchen laufen Gefahr, ihren Miet- und Pachtzahlungen nicht mehr nachkommen zu können oder haben ihre Zahlungen bereits eingestellt. Die Veranstaltungsbranche wurde unmittelbar und mit besonderer Wucht getroffen. Dies gilt für alle Akteure, angefangen bei den selbstständigen Künstlern und Musikern über die Agenturen, technischen Servicefirmen, Caterer, Messebaufirmen sowie den Logistikpartnern auf allen Ebenen bis hin zu den Veranstaltern und Betreibern von Versammlungsstätten.

geänderten Gesetzeslage im Mietrecht betroffen. Private, aber auch kommunal beherrschte Betreibergesellschaften haben ihre eigenen Mietverträge gegenüber den Eigentümern der jeweiligen Immobilie als Mieter zu erfüllen. Gegenüber Sportvereinen wie Handball-, Eishockey- oder Fußballclubs, aber auch gegenüber zahlreichen Servicepartnern befinden sie sich als Hallenbetreiber in der Rolle des Vermieters. Gleiches gilt dem Grundsatz nach auch für die Vertragsbeziehung zwischen dem Betreiber der Versammlungsstätte und der Vielzahl seiner weiteren Kunden, denen er in ihrer Rolle als Veranstalter i.d.R. für einen kurzen Zeitraum die Versammlungsstätte zwecks Durchführung einer Veranstaltung (mietweise) zur Verfügung stellt.

Das Corona-Virus hat das Bürgerliche Gesetzbuch erreicht.

Die COVID-19-Pandemie (nachfolgend auch als Corona-Pandemie oder Corona-Auswirkung bezeichnet) hat zur Einführung eines neuen Artikels 240 § 2 EGBGB geführt. Er gilt zunächst bis zum 30. Juni 2020 und kann nach § 4 EGBGB Artikel 240 bis zum 30. September 2020 verlängert werden, wenn das soziale Leben, die wirtschaftliche Tätigkeit einer Vielzahl von Unternehmen oder die Erwerbstätigkeit einer Vielzahl von Menschen durch die COVID- 19-Pandemie

Im Schnellverfahren wurden weitreichende Änderungen im EGBGB (Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch) beschlossen. Die Änderungen sind am 1. April 2020 in Kraft getreten. Die Betreiber von Versammlungsstätten sind in zweierlei Hinsicht von der aktuell

Worum geht es bei der aktuellen mietrechtlichen Änderung?

weiterhin in erheblichem Maße beeinträchtigt bleibt. Für die Dauer von zwei Jahren darf eine außerordentliche Kündigung wegen nicht geleisteter Mietzahlungen, die den aktuellen Zeitraum vom 1. April 2020 bis zum 30. Juni 2020 betrifft, nicht erfolgen. Werden die in diesem Zeitraum einbehaltenen Mieten nicht anschließend innerhalb von zwei Jahren an den Vermieter gezahlt, darf dieser ab dem 1. Juli 2022 außerordentlich fristlos wegen rückständiger Miete kündigen. Wichtig zu wissen ist dabei, dass keine (neue) rechtliche Anspruchsgrundlage geschaffen wurde, die es Mietern erlaubt, ihre Mietzahlungen zu verweigern. Mieter können sich nach § 2 des Art. 240 EGBGB gerade nicht auf ein Leistungsverweigerungsrecht berufen. Bei Corona-bedingten Zahlungsrückständen ist für den Vermieter nur die Möglichkeit einer Vertragsbeendigung im Wege der (außerordentlichen) Kündigung bis zum 30.Juni 2022 ausgeschlossen.

D

er Gesetzgeber hat sich mit § 2 des Art. 240 EGBG zum Ziel gesetzt, Kündigungen von Miet- und Pachtverträgen zu verhindern, soweit sie auf Miet- oder Pachtzahlungsausfällen während der


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Pandemielage beruhen. Gleichzeitig verhindert man auf diese Weise, dass massenhaft mietvertragliche Zusatzvereinbarungen oder Vertragsanpassungen notwendig werden. Ein Rückgriff auf die Vorschriften über die „Störung der Geschäftsgrundlage“ nach § 313 BGB und damit einhergehender Vertragsanpassungsverhandlungen zwischen Vermieter und Mieter erübrigt sich damit ebenfalls in weiten Teilen. Anders sieht es allerdings aus, wenn man sich mit den Fragen des Mietminderungsrechts etwas genauer befasst und auch das Verhältnis zwischen Betreiber und Veranstalter in ihren rechtlichen Funktionen als Vermieter (Betreiber) auf der einen Seite und als Mieter (Veranstalter) auf der anderen Seite betrachtet.

Sind Mietminderungen ausgeschlossen? Eine Verringerung und unter Umständen auch eine vollständige Einstellung der Mietzahlung ist weiterhin unter Berufung auf das allgemeine mietrechtliche Leistungsstörungsrecht grundsätzlich möglich. Der neue § 2 des Art. 240 EGBG steht dem in keiner Weise entgegen. Es geht hierbei um das Recht zur Mietminderung nach § 536 Abs. 1 BGB bzw. für Pachtzahlungen nach § 581 Abs. 2 BGB. Der Gesetzgeber hat mit der zeitlich befristeten Kündigungsschutzregelung keine Ausnahme von der Ausübung des Mietminderungsrechts geschaffen. Der in Politik und Öffentlichkeit noch nicht verhallte Aufschrei gegen Mietminderungen von Großunternehmen, die eine vollständige Aussetzung ihrer Miete vor Kurzem verkündet und dann wieder zurückgenommen haben, ist vor dem Hintergrund der getroffenen gesetzlichen Regelungen deshalb nur schwer nachzuvollziehen. Die Empörung bestand darin, dass ein wirtschaftlich gut aufgestellter Mieter ohne wirtschaftliche Notlage von seinem Mietminderungsrecht Gebrauch machen wollte. Es betraf im konkreten Fall also keine notleidenden Unternehmen. Aber ist dies überhaupt zu berücksichtigen? Soll man wirtschaftlich gesunde Unternehmen bei vergleichbarer Ausgangslage rechtlich anders behandeln als notleidende Firmen? Die dringend zu beantwortende Frage an den Gesetzgeber und an die Rechtsprechung muss lauten, weshalb allein der Mieter das Risiko der Corona-Pandemie finanziell erdulden soll

Der Gesetzgeber hat mit der zeitlich befristeten Kündigungsschutzregelung keine Ausnahme von der Ausübung des Mietminderungsrechts geschaffen.« und ein angemessener Beteiligungsbeitrag auf Vermieterseite lediglich in einer dreimonatigen Einschränkung seines Kündigungsrechts bestehen soll. Der gesamte Groß- und Einzelhandel trägt mit wenigen Ausnahmen die finanzielle Last der aktuellen behördlichen Anordnungen. Die gesellschaftspolitische Gesamtdimension wird sich in den kommenden Monaten zeigen, wenn reihenweise bestehende gewerbliche Mietverhältnisse notleidend werden. Im privaten Mietbereich ist die Lage rechtlich anders zu bewerten, da die private Mietwohnung weiterhin bestimmungsgemäß genutzt werden kann. Hingegen sind viele der vermieteten Gewerbeimmobilien infolge der corona- bedingten Untersagungsanordnungen tatsächlich wirtschaftlich nicht oder nur eingeschränkt zu dem Zweck nutzbar, zu dem sie vermietet wurden.

Wer trägt das „Umfeldrisiko“ einer solchen behördlichen Anordnung? Bei einer Mietminderung auf Null, also der vollständigen Verweigerung der Mietzahlung, beruft sich der Mieter darauf, dass das mietrechtliche Risiko der Nutzbarkeit des Mietobjekts, ausgelöst durch die aktuellen Untersagungsverfügungen, überwiegend oder sogar vollständig der Vermieterseite zuzurechnen sei. Die hierzu im gewerblichen Mietrecht, aber auch innerhalb der Veranstaltungsbranche am häufigsten diskutierte Frage besteht darin, ob diese Risikoverteilung gerechtfertigt ist und die aktuellen Corona-Verordnungen tatsächlich einen Mietmangel begründen können.

A

ls Umwelt- oder Umfeldmangel bezeichnet man in der Rechtsprechung einen Mangel, der von außen auf die Mietsache einwirkt. Dazu zählen, als Beispiel, länger andauernde Lärm- und Staubbelästigungen infolge von Baustellen in direkter

Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch § 2 Beschränkung der Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen (1) Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Der Zusammenhang zwi- schen der COVID-19-Pandemie und Nichtleistung ist glaubhaft zu machen. Sonstige Kündigungsrechte bleiben unberührt. (2) Von Absatz 1 kann nicht zum Nachteil des Mieters abgewichen werden. (3) Die Absätze 1 und 2 sind auf Pachtverhältnisse entsprechend anzu­wenden. (4) Die Absätze 1 bis 3 sind nur bis zum 30. Juni 2022 anzuwenden. NR. 07/2020


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AKTUELL

Österreich: Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch § 1104 ABGB Fälle und Bedingungen einer Erlassung des Zinses Wenn die in Bestand genommene Sache wegen außerordentlicher Zufälle, als Feuer, Krieg oder Seuche, großer Überschwemmungen, Wetterschläge, oder wegen gänzlichen Mißwachses gar nicht gebraucht oder benutzt werden kann, so ist der Bestandgeber zur Wiederherstellung nicht verpflichtet, doch ist auch kein Miet- oder Pachtzins zu entrichten.

§ 1105 ABGB Behält der Mieter trotz eines solchen Zufalls einen beschränkten Gebrauch des Mietstückes, so wird ihm auch ein verhältnismäßiger Teil des Mietzinses erlassen. Dem Pächter gebührt ein Erlaß an dem Pachtzinse, wenn durch außerordentliche Zufälle die Nutzungen des nur auf ein Jahr gepachteten Gutes um mehr als die Hälfte des gewöhnlichen Ertrages gefallen sind. Der Verpächter ist so viel zu erlassen schuldig, als durch diesen Abfall an dem Pachtzinse mangelt. (4) Die Absätze 1 bis 3 sind nur bis zum 30. Juni 2022 anzuwenden.

Umgebung der Mietsache ebenso wie gesetzliche oder behördliche Verbote, die bei Vertragsabschluss weder für den Vermieter noch für den Mieter zu erkennen waren. Man erinnere sich zum Beispiel noch an die Einführungsphase des gesetzlichen Rauchverbots in Kneipen und daran, wie sich die Schaffung abgetrennter Raucherbereiche auf die derzeitigen Kneipenwirte (als Mieter) ausgewirkt hat. Behördliche Maßnahmen und Anordnungen, wie sie aktuell auf Basis des Infektionsschutzgesetzes erlassen werden, zählen exakt zu einem solchen, durch die Rechtsprechung entwickelten Umfeldmangel.

E

in Umfeldmangel kommt aber nur dann für den Mieter als Mietminderungsgrund in Betracht, wenn er sich auch unzweifelhaft auf den vertraglich vereinbarten Mietzweck und die Nutzbarkeit der Mietsache auswirkt. Die entscheidende Frage hierbei ist, wessen Risikosphäre – also der Sphäre des Vermieters oder der Sphäre des Mieters - der Umfeldmangel entspringt oder wem er nach Billigkeitserwägungen zuzuweisen ist. Der deutsche Gesetzgeber hat es leider, anders als in Österreich, bislang der Rechtsprechung überlassen, diese Entscheidung zu treffen. In Österreich werden in einer solchen Situation beide

Die aktuell geltenden Verbote zur Durchführung von Veran­­staltungen wirken sich auf alle vereinbarten Leistungs­beziehungen eines Veranstaltungsvertrags aus.«

Vertragsparteien von ihrer Leistungspflicht zumindest vorübergehend frei. Das Fehlen einer solchen Regelung im deut­schen BGB wird absehbar in unzähligen Prozessen unsere Gerichte beschäftigen. Sie werden aufgerufen sein, möglichst salomonische Urteile mit einer angemessen Risikoverteilung zu fällen. Die weithin hörbare Frage an Politik und Rechtsprechung muss lauten: Lässt sich überhaupt eine nach Billigkeitserwägungen nachvollziehbare Begründung finden, das Risiko der vorliegenden Ereignisse einer Seite zuzuweisen? Gewichtige Argumente sprechen dafür, die Ursache, auf denen die aktuellen Verbotsverfügungen beruht - also die rasante Entwicklung des Infektionsrisikos -, keiner der beiden Vertragsparteien innerhalb ihrer Risikosphäre zuzuordnen.

Z

ur Verdeutlichung der Problematik sei ein kurzer Exkurs zur Raucherkneipen-­ Rechtsprechung erlaubt: Bei Einführung des Nichtraucherschutzgesetzes erfolgte eine Bewertung, die zulasten der Kneipenwirte (als Mieter) ausging. Ihnen wurde es durch die Rechtsprechung als Betriebsrisiko zu­ge­­wiesen, das Umfeldrisiko der neuen Gesetzeslage zu tragen. Kneipenwirte, die keinen zweiten abgeschlossenen Raum besaßen, mussten entweder auf den hart­ gesottenen Raucher als Gast verzichten oder eben einen Raucherbereich durch bauliche Veränderungen bzw. technisch geeignete Maßnahmen herstellen. Diese zum Teil erheblichen Investitionen hätte die Rechtsprechung natürlich auch in die Risikosphäre des Vermieters verlagern können, da vielfach nur mit Eingriffen in die Substanz der Mietsache (Raumtrennung/ Umbaumaßnahmen) Rechtskonformität erreicht werden konnte. Damals hat die Rechtsprechung nach allgemeinen „Billigkeitserwägungen“ diese Sachlage anders bewertet und die Investitionen deshalb der Risikosphäre des Mieters zugewiesen.

Wie sieht es für die Betreiber von Versammlungsstätten aus? Betreiber von Versammlungsstätten be­finden sich zu 100 Prozent in der „Vermieter­rolle“, wenn es darum geht, Gastveranstaltungen in ihrem Hause durchzuführen. Im rechtlichen Sinn betreiben sie eine Versammlungsstätte und überlassen diese auf Grundlage von Mietverträgen


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Verordnung zur Änderung der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vom 30. März 2020 | (NRW)

Verordnung zur Änderung der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vom 30. März 2020 | (NRW) | § 3 Freizeit-, Kultur-, Sport- und Vergnügungsstätten (1) Der Betrieb der folgenden Einrichtungen und Begegnungsstätten sowie die folgenden Angebote sind untersagt: 1. Bars, Clubs, Diskotheken, Theater, Opern- und Konzerthäuser, Kinos, Museen und ähnliche Einrichtungen unabhängig von der jeweiligen Trägerschaft und den Eigentumsverhältnissen, 2. Messen, Ausstellungen, Freizeit- und Tierparks, Angebote von Freizeit­ aktivitäten (drinnen und draußen), Spezialmärkte und ähnliche Ein­­richtungen, 3. … oder Veranstaltungsverträgen (gemischten Verträgen) an Dritte, namentlich an den jeweiligen Veranstalter (Mieter). Unabhängig davon, welche Bezeichnung der einzelne Vertrag zumeist aus umsatzsteuerrechtlichen Gründen (z. B. Veranstaltungsvertrag) ausweist, handelt es sich bei der nach BGB zu beurteilenden Hauptleistungspflicht in aller Regel um eine entgeltliche, zeitlich exakt bestimmte Überlassung von Veranstaltungsflächen,-hallen und -räumen. Je nachdem, ob weitere Leistungselemente (technischer Service, Catering, Hostessendienste, Reinigung, Sicherheitsdienste etc.) in den Vertrag integriert werden, spricht man unter Umständen von einem Vertrag „sui generis“ (eigener Art). Diese atypischen Verträge stellen eine Mischform aus den gesetzlich geregelten Verträgen dar, weshalb sie auch als „gemischte Verträge“ bezeichnet werden. Geht es nun darum, Leistungsstörungen in dem einen oder anderen Bereich zwischen den Vertragsparteien in einen angemessenen Ausgleich zu bringen, sind die jeweiligen Leistungspflichten entweder unmittelbar oder in analoger Anwendung nach den spezialgesetzlichen Vorschriften des Miet- rechts, Werkvertragsrechts oder Dienstleistungsrechts zu beurteilen. Bei Werkverträgen wird eine abnehmbare Leistung oder ein Erfolg, bei Dienstleistungsverträgen eine Leistung, die dem Schwerpunkt nach in einer Tätigkeit besteht, und bei Mietverträgen z.B. die Überlassung von Flächen, Räumen oder der gesamten Versammlungsstätten verlangt. Die aktuell geltenden Verbote zur Durchführung von Veranstaltungen wirken sich auf alle vereinbarten Leistungsbeziehungen

eines Veranstaltungsvertrags aus. Geht es um die Möglichkeit, die Versammlungsstätte überhaupt zur Verfügung stellen zu können, beurteilt sich diese Hauptleistungspflicht nach den Vorschriften des Mietrechts (§§ 578 ff. BGB). Die weiteren gegebenenfalls geschuldeten Leistungen, wie zum Beispiel der Aufbau einer Bestuhlung oder der Betrieb der hauseigenen bühnen-, studio- oder beleuchtungstechnischen Einrichtungen, unterliegen in rechtlicher Hinsicht einer Bewertung nach den Vorschriften des Werk- und Dienstleistungsrechts.

B

etreibern von Versammlungsstätten, die z.B. ein Theater, ein Opern- oder Konzerthaus betreiben und dieses an Dritte zur Durchführung von Veranstaltungen vermieten, wird ausdrücklich in nahezu allen Landes-Corona-Verordnungen (vgl. NRW-Fassung oben) der Betrieb untersagt. Diese außerordentlich unglückliche verordnungsrechtliche Formulierung führt dazu, dass die Untersagungsanordnung ihrem Wortlaut nach dem Betreiber in seiner Funktion als Vermieter verbietet, seine Versammlungsstätte einem Dritten (Mieter) zur Verfügung zu stellen. Dies jedenfalls dann, wenn er ein Theater, ein Opern- und Konzerthaus oder eine ähnliche Einrichtung betreibt. Wird damit mietrechtlich das von außen einwirkende Risiko seiner Risikosphäre zu ordnen sein und bewirkt es für ihn gar den Fall einer Unmöglichkeit der Leistung nach § 275 BGB? Und was ist mit den vielen Betreibern von Versammlungsstätten, die möglicherweise – aber wer weiß das schon – eine sogenannte „ähnliche Einrichtung“ betreiben?

§ 11 Veranstaltungen, Versammlungen, Gottesdienste, Beerdigungen (1) Veranstaltungen und Versammlungen sind untersagt, soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist. Für Zusammenkünfte und Ansammlungen gilt § 12. (2) ...

§ 12 Zusammenkünfte, Ansammlungen, Aufenthalt im öffentlichen Raum (1) Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum von mehr als 2 Personen sind untersagt. Ausgenommen sind 1. . 2. ... 4. zwingend notwendige Zusammenkünfte aus geschäftlichen, beruflichen und dienstlichen sowie aus prüfungs- und betreuungsrelevanten Gründen, 5. . (2) Die nach dem Landesrecht für Schutzmaßnahmen nach § 28 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes zuständigen Behörden können generelle Betretungsverbote für bestimmte öffentliche Orte aussprechen. (3) ...

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Wir sitzen zusammen in einem Boot und sollten es besser nicht untergehen lassen.«

diese Verbotsanordnung in allererster Linie in der Risikosphäre des Veranstalters aus. Mit geringfügigen Abweichungen auf Landes­ebene lauten die Anordnungen: „Veranstaltungen sind verboten / unter­sagt“.

S

Kurzer, aber wichtiger Exkurs: Verfassungsrechtlich bemerkenswert ist der in der Verordnung enthaltene Begriff der „ähnlichen Einrichtungen“. Welche Art von Einrichtungen sollen von einem Betriebsverbot betroffen sein? Sind Mehrzweckhallen oder Kongresszentren mit einem Theater oder einer Oper vergleichbar? Wohl kaum! Das verfassungsrechtlich Bedenk­ liche am Begriff der „ähnlichen Einrichtung“ besteht darin, dass massiv in das Grundrecht der Berufsausübung aus Art. 12 GG und teilweise auch in das Grundrecht des Eigentums aus Art. 14 GG eingegriffen wird. Hierfür bedürfte es aber bestimmter und in ihrem Anwendungsbereich eindeutiger Regelungen. Die derzeitige Fassung ist dahingehend mehr als nur kritisch anzusehen. Bei der – in diesem v­ erfassungsrechtlich relevanten Punkt – leider unklaren Verord­ nung geht es andererseits nicht darum, alle Arten oder Phasen des Betriebs zu

untersagen. Der„Kaltbetrieb“ und der „Bürobetrieb“ sollen ebenso wenig unterbunden werden wie zwingend notwendige Zusammenkünfte aus geschäftlichen, beruflichen und dienstlichen Gründen. Der Geschäftsbetrieb (ohne Veranstaltungsbesucher) ist nicht verboten und kann unter Berücksichtigung der vorgeschriebenen Infektionsmaßnahmen bei der Begegnung von Personen uneingeschränkt aufrechter­ halten werden. Die „Untersagung des Be­ triebs“ umfasst bislang ausschließlich den Veranstaltungsbetrieb mit Besuchern. Der überwiegende Teil der in einzelnen Bundesländern erlassenen CoronaVerordnungen sowie die zuerst erlassenen kommunalen Allgemeinverfügungen enthalten zusätzlich ein ausdrückliches Veranstaltungsverbot. Da es nicht zum Verantwortungsbereich des Betreibers gehört, für die Anwesenheit der Besucher einer Gastveranstaltung zu sorgen, wirkt sich

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Art. 14 (1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

inn und Zweck dieser Regelung, aber auch der Regelungen zur „Untersagung des Betriebes“ ist es, das Zusammentreffen einer größeren Zahl von Menschen bei Ver­an­staltungen – vor dem Hintergrund der aktuellen Infektionsgefahren – zu verhindern. Der versammlungsstättenrechtliche Begriff der „Veranstaltung” entspricht dabei dem allgemeinen Sprachgebrauch. Eine Veranstaltung versteht man als ein organisiertes Ereignis mit einem bestimmten Zweck und einem begrenztem Zeitumfang, an dem eine Gruppe von Menschen als Besucher vor Ort teilnimmt, also ein Ereignis, das durch jemanden „veranstaltet“ wird. Da die Anwesenheit von Besuchern keine vertragliche Leistungsschuld des Betreibers ist, sondern diese stets in der Risikosphäre des Veranstalters liegt, wird die Rechtsprechung eher dazu neigen, einen Mietminderungsanspruch des Veranstalters zu verneinen. Ob sich eine andere Wertung für Theater, Opernhäuser, Messegesellschaften und für die leider „unbestimmten vergleichbaren Einrichtungen“ ergibt, hängt stark davon ab, ob die Gerichtsbarkeit bereit sein wird, die aktuelle Risikolage insgesamt nach neuen Maßstäben zu bewerten. Der hierzu notwendige Grundgedanke lässt sich jedenfalls auch aus Art. 14 GG recht gut herleiten: „Eigentum verpflichtet und soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen“.

Fazit Unsere österreichischen Nachbarn haben diesmal einen deutlichen sportlichen Vorsprung, zumindest wenn es darum geht, die Lasten der COVID-19-Pandemie mit eindeutigen gesetzlichen Regelungen zu schultern (s.o.). An politisch gut gemeinten Willenserklärungen fehlt es auch hierzulande nicht, leider mangelt es ersichtlich an einer juristisch durchdachten Umsetzung auf Arbeitsebene. Auch für Rechtsanwälte ist die Lage einzigartig und es bedarf viel


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Der Kaltbetrieb und der Bürobetrieb sollen ebenso wenig unterbunden werden wie zwingend notwendige Zusammenkünfte aus geschäftlichen, beruflichen und dienstlichen Gründen.«

Kreativität und Gespür für die wirtschaft­ liche und gesellschaftspolitische Gesamt­ situation, in der sich die Veranstaltungsbranche befindet. Es lässt sich leider noch keine endgültige Aussage dazu treffen, ob wegen COVID-19 eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB möglich ist, in welchen Fällen eine außerordentliche Kündigung wegen „Unmöglichkeit“ nach § 275 BGB in Frage kommt, und wann eine Minderung oder sogar eine voll­­ständige Aussetzung der Mietzinszahlungen im gewerblichen Mietrecht denkbar ist.

D

ie entscheidende Frage im Mietrecht lautet: Können die vorliegenden Anord­ nungen, Beschränkungen und Verbote für Gewerbetreibende und für Veranstalter einen Mietmangel begründen? In wessen Risikosphäre fällt dieses von außen auf die Mietsache einwirkende „Umfeld­risi­ko“? Liegt es auf Vermieterseite oder auf Mieterseite? Aus unserer Sicht ist eine gleichmäßige Verteilung der Risiken unter Berücksichtigung der gesamtgesellschaftlichen

Dimension der vorliegenden Krise unbe­ dingt geboten. Folgt man unserer Rechtsauffassung, ist eine Mietminderung von 50 % des Mietzinses z.B. für Sportvereine, Handball-, Fußball-, Basketballclubs etc. gegenüber den jeweiligen Betreibern (Vermietern) der Versammlungsstätten angemessen. Für Gewerbetreibende ließe sich ein Mietminderungsrecht prozentual an die tatsächlichen Umsatz- und Gewinneinbußen koppeln. Ein Gastronom, der nur noch 20 % seines Vorjahresgewinns - durch Außer-Haus-Catering und unter Berücksichtigung sämtlicher gewährter Finanzhilfen erwirtschaften kann -, verlöre also 80 % seines Ertrags und sollte bei einer ausgeglichenen Verteilung dieses „Umfeldrisikos“ davon auch die Hälfte als Mietminderung geltend machen können. Für eine angemessene Risikoverteilung zwischen einem Betreiber und einem Veranstalter, in ihrer Funktion als Vermieter und Mieter einer Versammlungsstätte, sollte man seine Hoffnung nicht allein auf die Rechtsprechung setzen. Gerichte werden

Die (kanzleiLoehr hat zu den rechtlichen Auswirkungen der „Corona- Krise“ eine recht umfassende Betrachtung der aktuellen Rechtslage vorgenommen, die auch für „Nicht-­ Juristen“ gut verständlich ist. Ergänzend zur hier abgedruckten Veröffentlichung sind weitere Veröffentlichungen für die Rechtsbeziehungen zwischen „Veranstaltern und ihren Servicepartnern“ geplant. Unter dem Link: www.kanzleiloehr.de/product/covid-19 gibt es quasi als Antwort auf die in der Veröffentlichung angesprochenen rechtlichen Probleme noch eine Reihe wichtiger Vertragsunterlagen und / - Bausteine. Es handelt sich dabei um Dokumente zum korrekten und insbesondere fairen Handeln in der aktuellen Situation.

für diese Konstellation kaum angemessene Ausgleichsregelungen finden können. Bei diesen Vertragsverhältnissen geht es nicht um Dauerschuldverhältnisse, wie sie sonst im gewerblichen Mietrecht üblich sind, sondern um einmalige, auf kurze Zeiträume befristete Veranstaltungs(miet)verträge. In dieser Vertragskonstellation sind die Vertragsparteien aufgerufen, jetzt konsequent aufeinander zuzugehen und interessengerechte Lösungen, ohne spätere Anrufung der Gerichte zu suchen. Es wird am Ende keinem der beteiligten Stakeholder nutzen, wenn selbst nur kleine Räder im Veranstaltungsgetriebe brechen und so die „Wiederinbetriebnahme“ nachhaltig blockiert wird. Zeigen Sie Solidarität, wo immer es möglich ist und helfen Sie Ihren Partnern zu überleben. Wir sitzen zusammen in einem Boot und sollten es besser nicht untergehen lassen. Stand: 8. April 2020

Die Musterunterlagen einschließlich notwendiger Erläuterungen und Kommentare werden entgeltlich aber dafür außerordentlich günstig zur Verfügung gestellt. Es handelt sich um: • Vertragsklauseln für den Neu-Abschluss von Verträgen in der Krise • AGB-Klauseln zu höherer Gewalt • Aufhebungsvereinbarungen für Notleidende der Vertragsbeziehungen • Zusatzvereinbarungen zur Verlegung von Veranstaltungen für das Vertragsverhältnis zwischen Betreibern und Veranstaltern.

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Betriebliche Notfallplanung & Betriebliche Kontinuitätsplanung = Ein Sicherheitskonzept für den eigenen Betrieb – wirklich? Gedanken und Literaturhinweise von Daniel Schlatter und Holger Kuhnt

Man wiegte sich in Sicherheit. Was für ein Trugschluss!« Die Corona-Pandemie hat viele nahezu un­vorbereitet getroffen – so auch uns. Die Hallensaison in vollem Gang, die OpenAir-Saison mit erfreulich frühem Start mit allerlei End-of-the-Season-Veranstaltungen in den Skigebieten, der Tisch voller Arbeit, das Team voller Elan… Nichts schien einem guten Jahr entgegenzustehen. Aus China hörte man bereits etwas von einem neuartigen Virus. Doch das schien weit weg zu sein, in einer Großstadt, deren Namen man hierzulande kaum gehört hatte. Man wiegte sich in Sicherheit.

Was für ein Trugschluss! Nur wenige Wochen später war das Virus mitten unter uns, waren neue Verordnungen in der Welt. Verordnungen, die viele unserer Tätigkeiten massiv einschränkten oder gar komplett unmöglich machten. Gleichzeitig warfen diese V­ erordnungen neue Fragen auf, was zu deutlicher Mehr­ arbeit und vor allem zu vielen, vielen Telefonaten führte.

Wir und viele um uns herum sehen sich plötzlich mit sehr grundlegenden Fragen konfrontiert. Und zwar nicht nur bezogen auf unsere eigentliche Tätigkeit, die Beratung zu Recht, Sicherheit und der Durchführung von Veranstaltungen, sondern generell. Es geht schlichtweg um unsere Existenz. Die aktuelle Situation stellt unser bisheriges Leben, unsere individuellen Lebensentwürfe und erarbeiteten Geschäftsmodelle in Frage. Offen bleibt, ob und wenn ja, in welcher Form und in welchem Umfang wir diese aufrecht erhalten können. Als wir vor einigen Wochen zu einem Zu­ kunfts­workshop einluden, um zu besprechen, wie wir mit einem möglicherweise auf uns zukommenden Totalausfall umgehen wollten und wir das „Worst-Case-Szenario“ aufzeigten, schien das noch wie eine mit Distanz und Coolness zu bearbeitende Planübung. Ein paar Charts entstanden, ein paar Maßnahmen wurden skizziert und umgesetzt.

Das „Worst-Case-Szenario“ ist inzwischen zur Realität geworden. Das öffentliche Leben ruht und alle Veranstaltungen sind abgesagt. Das alles erscheint uns unwirklich – auch wenn unser Gewohnheits-Ich uns beständig zuflüstert: „Das kann nicht sein! Es hat immer Veranstaltungen gegeben! Die Menschen können nicht ohne!“. Der Blick in die Verordnungen und auf das netzvermittelte Weltgeschehen belehrt uns eines Besseren. Die damit verbundenen Herausforderungen hatten uns in ihrer Tragweite überrascht und angesichts ihrer Dimension teilweise sogar gelähmt – Schockstarre war eingetreten. Und das passiert uns? Uns, die wir uns bei jeder Veranstaltung, das ganze Jahr und mit all unserer Kraft für die Sicherheit auf Veranstaltungen, mit Sicherheitskonzepten, Risikomanagement, Schutzmaßnahmen und Notfallplanung beschäftigen. Uns, die wir es gewohnt sind, schnell und flexibel tragfähige Lösungen anzubieten, die mit Notfallplänen hantieren, alle möglichen Szenarien vorbereiten und umsetzen können. Das konnte und durfte nicht sein. Einmal kräftig schütteln und nach vorne schauen hieß jetzt die Devise. Wir haben einen Erfahrungskreis gebildet und den Blick über


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Das WorstCase-Szenario ist inzwischen zur Realität geworden.«

den Tellerrand gewagt. Und siehe da: die Republik und ihre Strukturen sind gar nicht so unvorbereitet, wie es manchmal zu sein scheint. Zumindest nicht in der Theorie. Denn wir haben einiges zum Thema gefunden. Keine Raketenwissenschaft. Aber viel Bewährtes und das meiste nicht eben erst erarbeitet.

Über was sprechen wir also? Die Betriebliche Notfallplanung. Begrifflich handelt es sich dabei um einen Teilbereich des Betrieblichen Kontinuitätsmanagements. Es umfasst die Entwicklung von Strategien, Plänen und Handlungen, um Tätigkeiten oder Prozesse, deren Unterbrechung der Organisation ernsthafte Schäden oder vernichtende Verluste zufügen würden (etwa Betriebsstörungen), zu schützen bzw. alternative Abläufe zu ermöglichen. Ziel ist somit, den Fortbestand des Unternehmens im Sinne ökonomischer Nachhaltigkeit im Angesicht von Risiken mit hohem Schadensausmaß sicherzustellen. Natürlich ließe sich das sehr wissenschaftlich angehen. Uns geht es hier aber darum, die uns aus unserer täglichen Arbeit vertraute Praxis zur schutzzielbezogenen Arbeit mit Risikoanalyse und entsprechender Schutzmaßnahmendefinition um eine paar nützliche Bausteine zu ergänzen:

LEITFADEN BSI STANDARD 100 – NOTFALLMANAGEMENT Grundsätzliche Hinweise, wie das betriebliche Notfallmanagement organisiert werden kann, ergeben sich aus dem BSI Standard 100 – 4 Notfallmanagement. Entgegen der ersten Vermutung handelt es sich hier nicht um ein Werk zur Sicherheit in der Informationstechnik. Die aufgeworfenen

BSI-Standard 100-4 Notfallmanagement

www.bsi.bund.de/gshb

Version 1.0

Grundsätzliche Hinweise, wie das betriebliche Notfall­ management organisiert werden kann, ergeben sich aus dem BSI Standard 100 – 4 Notfallmanagement

Fragestellungen und entwickelten Strategien beziehen sich vielmehr auf den gesamten Betrieb. Der Notfallmanagementprozess umfasst hier die Notfallvorsorge, die Notfallbewältigung und die Notfallnachsorge. Zunächst aber muss die Leitung eines Unternehmens die Notwendigkeit eines Notfallmanagements erst einmal erkennen. Gemeinsam muss sie dann mit den wesentlichen Akteuren analysieren und definieren, welche Geschäftsprozesse für das Unternehmen wesentlich und womöglich gefährdet sind und welche Prozesse in welcher Reihenfolge wieder anlaufen müssen. Diesem Auftakt folgt die Konzeptionierung und Implementierung über ein Notfallvorsorgekonzept und ein Notfallbewältigungskonzept. Tests und Übungen vervollständigen die Umsetzung und münden in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Der Leitfaden eröffnet nach ca. fünf Stunden Lesearbeit einen guten Überblick über die Möglichkeiten, wie betriebliches Kontinuitätsmanagement aussehen kann und welcher Nutzen daraus entsteht. Die Überlegungen gelten für große Institutionen wie Klein- und Einmannbetriebe in angepasstem Umfang im Grundsatz gleichermaßen.

HANDBUCH PANDEMIEPL ANUNG In den Gesundheitsverwaltungen des Bundes und der Länder sind nach der Schweinegrippe-Pandemie 2009 / 2010 Pandemie-Notfallpläne aufgestellt bzw. bestehende aktualisiert worden. Das, was in dem BSI Standard 100 – 4 allgemein dargestellt wird, findet sich für die aktuelle Praxis und dem nationalen Pandemieplan folgend im Handbuch Betriebliche Pandemieplanung . Das Handbuch Betriebliche Pandemieplanung gibt im Grundsatz Empfehlungen für die Bewältigung einer Influenzawelle. Doch die Beschreibung des aktuellen Pandemieverlaufs mit seinen Auswirkungen lässt sich zumindest aus heutiger Sicht (Ende März 2020) auch auf die Corona-Virus-Pandemie übertragen. Und damit liefert das Handbuch wertvolle Hinweise, welche Schritte zur Überwindung der aktuellen Probleme im eigenen Betrieb in Erwägung gezogen werden können. Weil das Handbuch auf der Pandemieplanung des Bundes basiert, sind auch die Zusammenhänge mit den Vorgehensweisen von Bund, Ländern und Gemeinden schnell erkennbar. NR. 07/2020


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AKTUELL

Die ständige Beschäftigung mit der Sicherheit auf Veranstaltungen, mit Risiken und Notfallplänen hat uns für die Problemlagen im eigenen Betrieb blind werden lassen.«

Erläuterungen für die Vorsorge, die Pandemiephase und die postpandemische Zeit. Das Handbuch beantwortet viele Fragen und lässt eine laufende fachliche Vertiefung zu. Ein erster Aufschlag zur Sensibilisierung kann in ein paar Stunden erfolgen. Danach wird das Handbuch nach eigener Erfahrung zum laufenden Begleiter… getreu dem Motto „Es ist nicht zu spät!“.

Es wird deutlich gemacht, wie wichtig es ist, zunächst einmal wieder „vor die Lage zu kommen“: Gleich auf welchem Stand die betriebliche Notfall- oder Pandemieplanung im Betrieb ist, so ist es nie zu spät, strukturiert in die Problembewältigung einzutreten. Die Unternehmensleitung ist aufgefordert, mittels eines aktiven Krisenmanagements schnell den Wechsel vom Reagieren zum Agieren zu vollziehen. Die Vorbereitungsmaßnahmen für den Pandemiefall sollten schnellstmöglich nachgeholt werden. Wie bereits im BSI Standard gesehen, geht es auch hier in einem ersten Schritt darum, schnell zu analysieren, welche Geschäftsprozesse für das Überleben des Unternehmens notwendig sind und welche Auswirkung ihr Ausfall für das Auftraggeber- oder Kundenverhältnis hätte. Hierzu zählt auch die Untersuchung, ob und unter welchen Bedingungen das Unternehmen nach einer Krise noch existenzfähig wäre. Es gilt also zunächst zu klären und zu definieren, welche Unternehmensbereiche im Hinblick auf den Fortbestand des Unternehmens essenziell sind. Was macht den Kern des Unternehmens aus? Inwieweit ist das Unternehmen durch die Pandemie betroffen und was braucht es, um das Unternehmen erhalten zu können? Was sind die Schutzziele einer betrieblichen Pandemieplanung? In einem zweiten Schritt wird empfohlen, die internen Unternehmensabläufe sowie die Abhängigkeiten von Kooperationen mit Externen auf die Bedeutung für die Aufrechterhaltung des Betriebs zu prüfen. Als dritter Schritt wird die Bestimmung der Handlungsziele und deren Umsetzung empfohlen. Unter welchen Umständen kann der Betrieb aufrechterhalten werden? Welche Bereiche können eingeschränkt oder eingestellt werden? Welche Vorbereitungen

braucht es dafür? Ab welchem Zeitpunkt, bzw. unter welchen Rahmenbedingungen sollen die Maßnahmen eintreten? Letztlich ist das Unternehmen aber auch aus einer gesellschaftlichen Perspektive zu betrachten. Welchen Stellenwert haben die Unternehmensziele im Gesamtkontext der Pandemiebekämpfung? Aktuell gilt es durch Vermeidung von direkten Kontakten (social distancing) die Ausbreitung des Corona-­Virus zu verlangsamen, um einer Überlastung des Gesundheitssystems vorzubeugen. Die betriebliche Pandemieplanung kann dieses übergeordnete Ziel z.B. durch Nutzung von Maßnahmen wie Homeoffice, Kurzarbeit oder Freistellungen unterstützen. Als vierter Schritt gilt die Überlegung zum Weg aus der Krise. Die einschränkenden staatlichen Maßnahmen werden irgendwann wieder gelockert. Die Wiederaufnahme der betrieblichen Prozesse muss ggf. auch vorbereitet werden. Auch dies ist in einer umfassenden Pandemie-Notfallplanung zu berücksichtigen. Welche Bereiche sollten zuerst wieder anlaufen? Welche Ressourcen und welcher Vorlauf sind dafür erforderlich? Es wird dabei schnell klar, dass eine betriebliche Pandemieplanung dabei in alle Unternehmensbereiche und -ebenen eingreift. Von der eigentlichen produktiven Tätigkeit über die Personalverwaltung bis hin zu den Bereichen Kommunikation und Marketing. Und nicht zuletzt stellt die Sicherung der Finanzierung eines der Kernelemente der betrieblichen Notfallplanung dar. Das Handbuch wurde aktuell überarbeitet und richtet sich vor allem an KMU. Es ist untergliedert in einen leicht zu lesenden Leitfaden und Handlungshilfen mit

IHK NOTFALLHANDBUCH FÜR UNTERNEHMEN Ganz generell gibt die IHK in ihren Vorlagen für ein Notfallhandbuch für Unternehmen vor, welche Unternehmensunterlagen und Informationen vorliegen müssen, um beim Ausfall des Unternehmers oder von Führungspersonal den Weiterbetrieb zu sichern. Es erlaubt die systematische Sammlung aller relevanten Dokumente und unterstützt die Schaffung der organisatorischen Grundlagen. Der Titel weckt hohe Erwartungen, die am Ende nicht befriedigt werden. Gleichwohl erscheint es als nützliches Instrument, schnell und strukturiert einige wichtige Basics als Grundlage zur Fortführung unternehmerischer Strukturen zu bilden.

FA ZIT Die ständige Beschäftigung mit der Sicherheit auf Veranstaltungen, mit Risiken und Notfallplänen hat uns für die Problemlagen im eigenen Betrieb blind werden lassen. Und das obwohl wir tief im Thema stecken. Die Realitäten haben uns eingeholt. Wir waren gezwungen, Sicherheitsarbeit in eigener Sache zu leisten. Die drei Werke und viel Online-Recherchen waren für uns eine gute Unterstützung, uns zu sortieren und wieder einen Plan zu haben.

Und: Ein Lernen für die Zukunft! Auch für kleine und mittlere Unternehmen lohnt es sich, geplant und strukturiert eine Sicherheitsvorsorge für Notfälle und Krisen zu betreiben. Die betriebliche Kontinuitätsplanung zeigt sich als Sicherheitskonzept für die eigene Unternehmung. Wenn man das noch nicht hat, dann sollte man sich schnell an die Arbeit machen. Es lohnt sich. Man schläft dann wieder ruhiger.


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BILDUNG, BERATUNG, FORSCHUNG FÜR DIE SICHERHEIT VON MENSCHENMENGEN

IBIT KURSE & SEMINARE 2020 Zertifizierter Veranstaltungsleiter / zertifizierte Veranstaltungsleiterin für Events

18.-20.05.2020

Bonn

#10JahreIBIT Pilotseminar: Intensivworkshop Erstellung von Sicherheitskonzepten

25.-26.05.2020

Bonn

#10JahreIBIT Pilotseminar: Intensivworkshop Erstellung von Zufahrtsschutzkonzepten

27.-28.05.2020

Bonn

#10JahreIBIT Pilotseminar: Intensivworkshop Sicherheitsplanung für Streckenveranstaltungen, Paraden etc.

22.-23.06.2020

Bonn

24.06.2020

Bonn

#10JahreIBIT Pilotseminar: Intensivworkshop Konzeptionierung und Umsetzung von Räumungskonzepten

25.-26.06.2020

Bonn

Der Mensch und sein Verhalten bei Großveranstaltungen

27.-28.08.2020

Bonn

#10JahreIBIT Pilotseminar: Intensivworkshop: Erstellung von Ordnungsdienstkonzepten

*max. 10 Teilnehmer - unser Hygienekonzept finden Sie unter: www.ibit.eu/hygienekonzept

allbuyone schafft NetzwerkPlattform für die Eventbranche Das Coronavirus hat der Eventbranche eine Zwangspause verpasst. Doch unsere Qualifikationen, Kompetenzen und ebenso unser Produktsortiment wird nun dringend an anderen Stellen gebraucht. UMDENKEN ist jetzt gefragt – gemeinsam und füreinander.

Auf dieser Plattform findest Du neben Produkten nun auch ein Angebot unterschiedlicher Dienstleister, die Dich jetzt unterstützen die Krise zu meistern, Schutzmaßnahmen professionell umsetzen oder temporäre Bauten in kürzester Zeit zu realisieren.

Du willst auch dabei sein? Kontaktiere uns unter: marketing@allbuyone.com

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#FÜREUCHDA #FÜREINANDER #BETTERTOGETHER


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WA S B I S H E R G E S C H A H

WAS BISHER GESCHAH 2020: SCHWERPUNKT KARNEVAL Blickt man auf die vergangene Karnevalssession zurück, so scheint es, dass zwei Dinge in der Planung und ­Abwicklung besonders im Fokus standen: Das Wetter und das zunehmend aggressive Verhalten der Besucher. Beides Faktoren, die in den letzten Jahren immer mehr an Wichtigkeit bei der Sicherheitsplanung gewonnen haben. Aber es gibt auch die guten Meldungen, die, die man nur flüchtig liest – eben weil alles gut und reibungslos verlaufen ist. Große Umzüge, die ohne nennenswerte Vorkommnisse abgelaufen sind z.B. in Bochum1, Bonn2 oder Ludwigshafen3.

Schlägerei vor und nach Veranstaltungsverweis

Zuwege zur Altstadt gesperrt

Feuerwehrleute empörten sich über Gäste einer Karnevalsfeier in Duisburg (NRW), die einen Feueralarm ignorierten und sorglos weiter feierten. Beim Funkenball wurde am Samstagabend eine Brandmeldeanlage ausgelöst, die Feuerwehr rückte mit zwei Löschfahrzeugen aus. Es handelte sich allerdings um einen Fehlalarm.

01. 26. 02. 23.

02. 22.

An Weiberfastnacht mussten drei Zugwege zur Bonner (NRW) Altstadt für den Autoverkehr gesperrt werden, da die Sicherheit im Straßenverkehr nicht mehr gewährleistet war. Mehr Narren als in den Vorjahren strömten in die Bonner Altstadt und nutzten auch die Straßen als Fußweg.

Ein 25-jähriger wurde vom Sicherheitsdienst von einer Veranstaltung in Krauchenwies (BW) verwiesen, nachdem er an einer Schlägerei beteiligt war. Kurz darauf wollte er sich erneut Zutritt verschaffen, wobei es zu einem Streit mit seinem Bruder und dem Sicherheitsdienst kam. Die Sicherheitsmitarbeiter wurden attackiert und beschimpft. Gegen beide Brüder wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung und Beleidigung eröffnet.

Karnevalisten feiern trotz Alarm weiter

02. 21.

Gewalt auf Zülpicher Platz in Köln (NRW) eskaliert

02. 19.

Streit um „Drängelgitter“ vor Kneipen in Köln (NRW) Die Drängelgitter vor Kneipen und Diskotheken wurden von den Behörden als Gefahr eingestuft und daher verboten. Für die Wirte sind die Gitter ein Hilfsmittel, um einen möglichst geordneten Einlass durchzuführen, für die Stadt Köln versperren sie Fluchtwege und können gefährlich für die Besucher werden. Nach einem offenen Brief der Gastronomen und der Androhung einer „Wirte-­Demo“ wurde das Verbot aufgelockert. So wurden die Gitter nur dort beseitigt, wo die Behörden „akute Gefahr und zu enge Bürgersteige“ feststellten.

Am Karnevalsfreitag und -samstag musste die Polizei bei jeweils einer großen Schlägerei ­unter ­Jugendlichen eingreifen. An ­beiden Tagen kam es während der Räumung des Zülpicher Platzes zu Gewalt gegen Beamte und Körperverletzungen unter den J­ ugendlichen, die teilweise m ­ edizinisch behandelt werden mussten.

1 www.waz.de/staedte/bochum/bochum-lindener-rosenmontagszug-verlaeuft-stoerungsfrei-id228547359.html 2 www.general-anzeiger-bonn.de/bonn/stadt-bonn/rosenmontag-in-bonn-stadt-und-polizei-ziehen-positive-zwischenbilanz_aid-49141955 3 www.presseportal.de/blaulicht/pm/117696/4527775


23.0 2.

Randalierer in Kneipe widersetzte sich Polizei

Auto fährt in Volkmarsen (HE) in Karnevalsumzug

23.02 .

24.02 .

Ein 22-jähriger wurde in Bad Saulgau (BW) in den frühen M ­ orgenstunden von weiteren Gaststättenbesuchern ob seines Verhaltens ermahnt und griff in Folge dessen die Besucher an. Der Mann wurde von der ­Polizei aus der Gaststätte gebracht, wider­ setzte sich aber der Maßnahme und beleidigte einen Polizisten. Gegen den Randalierer wird wegen eines tätlichen Angriffs auf Voll­streckungsbeamte sowie ­Beleidigung ermittelt.

Während des Rosenmontagszuges fuhr ein 29-jähriger mit seinem PKW in die Besucher. Dabei wurden insgesamt 76 Personen verletzt, ­einzelne auch schwer. Der PKW-Fahrer wurde mit dem Tatbestand des versuchten Mordes in Untersuchungshaft genommen. Bislang konnte kein Motiv ermittelt werden.

„Schul- und Veedelszöch“ im Kölner Karneval abgesagt Die Entscheidung für die Absage der Züge fällte die Stadt Köln (NRW) aufgrund der Unwettergefahren­ lage. Die Umzüge wurden nicht nachgeholt, jedoch konnten einige Teilnehmer bei später stattfindenden Umzügen, wie dem Rosenmontagszug unterkommen.

Kö-Treiben und Veedelszüge in Düsseldorf (NRW) abgesagt

23.02 .

23.0 2.

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Besucher kletterte auf Karnevalswagen Während eines Karnevals­ umzugs in ­Obergünzburg (BW) kletterte ein 22-­­­jähriger Mann auf ­einen Umzugswagen, ­weigerte sich diesen zu verlassen und schlug einem Teilnehmer ins Gesicht. Daraufhin wurde er vom Wagen ­gestoßen und griff zwei weitere Besucher an.

Die ­Koordinierungsgruppe entschied, das t­ raditionelle Kö-Treiben aufgrund von Sturm und Starkregen nicht statt finden zu l­ assen. ­Außerdem wurden nach und nach alle an diesem Tag ­geplanten Veedelszüge in Düsseldorf abgesagt.

3. .0 20

Beruhigungsmittel bei Pferden im Karneval nachgewiesen Bei 50 von 300 Pferden, die am K­ ölner (NRW) Rosenmontagszug t­ eilgenommen haben, wurden Blutproben e­ ntnommen. Bei drei Pferden, die alle aus dem ­gleichen Stall stammen, wurde ein ­verbotenes Beruhigungsmittel gefunden. ­Gegen den Besitzer der Tiere ­wurde ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Der Reitstall wird für drei Jahre für den Kölner Karneval gesperrt.

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#10J A H R E I B I T

10 Jahre

BILDUNG, BERATUNG, FORSCHUNG FÜR DIE SICHERHEIT VON MENSCHENMENGEN

– ein etwas unerwarteter Rückblick Von Sabine Funk

... die Erkenntnis, dass es gar nicht so schlecht ist, auf eine gemeinsame Wissensbasis zurückzugreifen, gemeinsame mentale Modelle zu entwickeln und ins­ gesamt auch das eigene Wissen mal zu überprüfen.« Als ich darüber nachdachte, einen Artikel zum 10-jährigen IBIT Jubiläum zu schreiben, hatte ich eigentlich einen Text mit einer Vielzahl „Partyhütchen-, Feuerwerks- und / oder Cocktailglas-Emojis“ im Sinn … das ist nun irgendwie anders. Obwohl – eigentlich ändert sich ja nichts an den letzten 10 Jahren – nur die aktuellen Partyaussichten sind trübe. Aber fangen wir mal ganz von vorne an: Geboren wurde die Idee, das IBIT zu gründen, in England. Ich hatte dort seit 2007 Crowd & Safety Management studiert und zum ersten Mal Bekanntschaft mit dem System des „miteinander Lernens“ gemacht. „Miteinander Arbeiten“ gab es ja in der praktischen Welt schon eine Weile – jetzt aber saß ich auf einmal mit „den Anderen“ zusammen in einem Klassenraum und wir haben uns wirklich und richtig ausgetauscht. Herausforderungen geteilt (damals war Olympia das ganz große Thema), Probleme gelöst, Schwachstellen analysiert. Das war und ist bis heute eines der einschneidendsten Lernerlebnisse in meinem Leben. „Die Anderen“, sprich, die Polizei und / oder die Feuerwehr waren auf einmal

Leute wie ich („die Veranstalter“), die lernen mussten, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Mit diesen Eindrücken im Gepäck überlegte ich mit ein paar Leuten zusammen, ob sich so etwas nicht auch hier implementieren ließe … „Kompetenzcenter“ war da noch das Zauberwort. Von den ersten Gesprächen bis zur tatsächlichen Gründung vergingen knapp zwei Jahre – alle hatten ja noch einen richtigen Job, die Idee war erst mal nur genau das: eine nette Idee. Anfang 2010 war es dann soweit: der Schulungsbetrieb ging los, damals mit dem Professional Certificate in Event Safety & Security Management, das wir als Lizenzprodukt von der Bucks New University übernommen hatten – damals noch mit acht Modulen – unter anderem dem allseits unbeliebten „Finanzmanagement“ Modul. In den ersten Kursen saßen ausschließlich Freunde und Bekannte, kein Vertreter*in der „Anderen“. Überall, wo ich das IBIT vor­stellte, stieß ich auf die gleiche ablehnende Haltung: „was sollen wir denn mit so was? Wir wissen doch, worum es geht und wie man Veranstaltungen macht. Und

außerdem wollen wir ja über die Anderen sprechen und nicht mit „denen“. Der Start war äußerst mühsam und ziemlich frustrierend und tatsächlich dachten wir schon recht früh darüber nach, ob die Idee eigentlich wirklich eine gute ist. Mit den Ereignissen der Loveparade setzte sich die Erkenntnis durch, dass es gar nicht so schlecht ist, auf eine gemeinsame Wissensbasis zurückzugreifen, gemeinsame mentale Modelle zu entwickeln und insgesamt auch das eigene Wissen mal zu überprüfen. So tragisch die Ereignisse waren – für die interorganisationale Zusammenarbeit und damit auch das interorganisationale Lernen waren sie ein Auslöser, der auch Auswirkungen auf die Arbeit des IBIT hatte. Von da an haben wir uns kontinuierlich weiterentwickelt – immer in kleinen, für uns machbaren Schritten. Wir haben Gesellschafter verloren, Neue sind dazu gekommen – in der aktuellen Konstellation sind wir seit Mitte 2018 tätig. Das IBIT selbst besteht nur aus wenigen Personen – umso größer ist das Netzwerk, mit dem wir regelmäßig zusammenarbeiten – auch wenn es nicht immer einfach und frei von Enttäuschungen ist. Gar nicht selten mussten wir uns auch eingestehen, dass Dinge einfach nicht funktionierten: ein netter Mensch ist nicht immer ein guter Referent und manchmal sind nette Menschen auch gar nicht nett, sondern ziehen nachdem sie umsonst an einem Testseminar für eine Zusammenarbeit teilgenommen haben – dann mit geklautem Material ab, um es bei anderen Bildungsanbietern selbst anzubieten.


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Sabine Funk

Christoph Heiliger

Martin Houbé

Ralf Zimme

Lars Riemann

Daniel Schlatter

Simon Ort

Irina Janzen

Bernd Belka

Simon van Rennings

Georg Geczek

Dass man auch Fehler oder missglückte Projekte zeigen darf, ohne, dass die Welt untergeht.« Überhaupt „Klauen“ ist eine kontinuierliche Begleiterscheinung unserer Arbeit: beginnend beim Klau von kompletten Seminarunterlagen bis hin zur Idee, die wir gutgläubig mit einem – vermeintlich – gutem Partner geteilt haben und die besagter Partner dann mal ohne uns umgesetzt hat. Vielleicht ist es aber auch das, was das IBIT in all den Jahren ausgemacht hat: wir lassen uns eher wenig entmutigen und schauen vorrangig nach vorne (inzwischen sind wir allerdings aufgrund der Häufung und der Dreistigkeit etwas intoleranter geworden). Was uns auch ausmacht, ist die Fokussierung auf unsere eigenen Ressourcen: wir machen, was wir können. Das ist nicht immer einfach – die Zahl der Ideen ist deutlicher größer als die uns zur Verfügung stehenden Ressourcen – aber so können wir wenigstens sicher sein, dass wir uns nicht übernehmen. Auf unserem Weg haben wir allerdings auch wahnsinnig tolle Menschen kennengelernt

– unsere internationalen Kooperationspartner, Teilnehmende aus Kursen, die zu Freunden und / oder Netzwerkpartnern wurden und ich finde, dass wir durchaus auch einiges auf die Beine gestellt haben: neben unseren „klassischen“ Standbeinen Bildung, Beratung und Forschung bringen wir das MAGAZIN für Sicherheitskultur heraus und die kontinuierlich wachsende Fachtagung für Veranstaltungssicherheit, die dieses Jahr zum siebten Mal stattfindet. Die Entstehungsgeschichte der Fachtagung ist dabei stellvertretend für die Art, wie wir arbeiten: Christoph (Heiliger) und ich saßen auf dem Rückweg von einem Termin im Auto, ärgerten uns über ein schlechtes Tagungsprogramm eines Anbieters, guckten uns an und dachten wohl beide das gleiche: das sollten wir auch mal versuchen. Ein bisschen unprätentiös, aber sehr pragmatisch. Ein MAGAZIN? Tolle Idee, lass mal versuchen. Webinare? Klar, lass mal versuchen.

Mehr als 5.000 Menschen haben in den zehn Jahren ein IBIT Schulungs- oder Seminar­angebot wahrgenommen, mehr als 50 „große“ Erst-Sicherheitskonzepte wurden geschrieben – vor allem in der ersten Zeit nach der Loveparade, als viele auch sehr große Veranstaltungen das Thema zum ersten Mal aufgegriffen haben (mittlerweile bieten wir diese Leistung nicht mehr an, weil wir denken, dass es mehr Sinn macht, jemandem beizubringen, wie man ein Sicherheitskonzept schreibt als es als externe Fremdleistung anzubieten), wir haben mit unserer Arbeit am BMBF geförderten Forschungsprojekt BaSiGo – Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen nachhaltigen Inhalt erstellt und mit dem letzten – ebenfalls BMBF geförderten Projekt ProVOD – Professionalisierung des Veranstaltungsordnungsdienstes durchaus ein heißes Eisen angefasst und relevante Änderungen angestoßen. Warum wir das auflisten? Nicht, um uns zu profilieren, sondern um zu zeigen, dass es auch ruhig geht. Dass man sich nicht aufblasen muss. Dass man auch Fehler oder missglückte Projekte zeigen darf, ohne, dass die Welt untergeht. Dass man aber auch was dafür tun muss – kontinuierliche Weiterbildung ist für alle IBITler – ob festangestellt oder im Netzwerk – Pflicht. Genauso wie Engagement. Ob die Mitgliedschaft in der YOUROPE Event Safety Group oder im VFSG e.V. – Verein zur Förderung der Sicherheit bei Großveranstaltungen: Wissen teilen und nicht nur auf den Eigennutz schauen, halten wir eigentlich alle für etwas Gutes. Als jemand, der die IBIT Idee entwickelt hat, weil ich so sehr von diesem Ansatz überzeugt war, habe ich vielleicht einen Helikopterblick auf das, was wir tun – Dinge mal laufen zu lassen, Geschäftsführung und Rechte zu teilen war auch für mich ein Lernprozess, der nicht immer einfach war – weder für mich noch für andere – aber gelohnt hat es sich allemal: das IBIT lebt vom respektvollen Miteinander auf Augenhöhe – ganz so, wie wir es den Teilnehmern*innen unserer Seminare auch für die Zusammenarbeit da draußen vermitteln. Aktuell ist die Zeit ziemlich herausfordernd für uns – das IBIT Partyjahr ist gleichzeitig das Jahr der ersten wirklich großen IBIT Krise. Aber auch die werden wir überstehen. Wir haben uns schon ganz früh mit allen zusammengesetzt und überlegt, was das wohl bedeuten wird und, ich denke auch hier haben wir einen guten, einen ruhigen NR. 07/2020


INTERVIEW

Im Interview: MATTHIAS BREZINA Foto: Matthias Brezina

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Partner und Head of Operations bei Se2 Solutions Service & Security GmbH in Wien

Wie bist du zur Veranstaltungsbranche gekommen und an welchem Projekt arbeitest du gerade? Meine Arbeit im Sicherheitsdienst hat als Studentenjob neben dem Informatikstudium begonnen. Nach einigen klassischen Ordnerjobs bin ich relativ zufällig in der S­ icherheitszentrale der Fanzone der Fußball EM 2008 gelandet. Dort habe ich erstmals zwischen Organisationen und innerhalb des Sicherheitsdienstes koordiniert. Danach habe ich begonnen auch leitende Positionen zu übernehmen und an der S­ icherheitskonzeption diverser Veranstaltungen mitzuwirken. Als ich mit dem Studium fertig war, habe ich meinen Studentenjob zu meinem Hauptjob gemacht. Momentan arbeite ich an einigen Indoor-­ Projekten der Wiener Stadthalle. Im Januar war dort die Handball EM 2020 der Herren, und momentan sind wir mitten in der Winter- / Frühjahrssaison. Nebenbei laufen die Vorbereitungen für diverse Open-Air-­ Konzerte und -Festivals im Sommer gerade so richtig an.

Festangestellten, operativ ist der Großteil des Personals tageweise beschäftigt. Wir stehen ständig vor der Herausforderung, motiviertes Personal zu finden, dieses dann auszubilden und längerfristig zu halten. Gerade die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter ist ein spannendes Thema, da es hier in Österreich keine gesetzliche Vorgabe gibt. Alles passiert also nach internen Konzepten, die wir versuchen ständig weiterzuentwickeln. Es steckt wohl immer Theorie in der Praxis, genauso wie umgekehrt. Das eine funktioniert nicht ohne das andere. In einem dynamischen und flexiblen Umfeld wie dem Veranstaltungssektor muss man Theorie und Praxis laufend aneinander anpassen. Da ich viel mit der Konzeption von Veranstaltungen beschäftigt bin, habe ich oft die Möglichkeit theoretische Ansätze in der Praxis auszuprobieren. Genauso aber ziehe ich oft Rückschlüsse einer praktischen Lösung und baue sie in die theoretische Planung der nächsten Veranstaltung ein.

Welche Herausforderungen siehst du in der Branche und in deinem Alltag, was würdest du sagen, wieviel Theorie steckt in der Praxis?

Fehlerkultur ist ein schwieriges Thema, häufig werden keine Lehren aus Fehlern gezogen. Hast du das Gefühl, dass das besser wird und wir dahingehend auf einem guten Weg sind?

Beim Sicherheitsdienst spielt natürlich das Personal eine große Rolle. Wir arbeiten in der Organisation mit wenigen

Ich persönlich habe immer schon versucht aus meinen Fehlern zu lernen. Ich denke instinktiv macht das jeder – wer macht denn

schon den gleichen Fehler gerne zwei Mal? Darüber zu sprechen und offen mit eigenen Fehlern umzugehen fällt Vielen aber doch oft sehr schwer. Was die Fehlerkultur in unserem Umfeld zusätzlich schwieriger macht als z.B. in klassischen Unternehmen ist, dass in der Veranstaltungsbranche sehr viel an für ein Projekt zusammengewürfelten Einzelpersonen hängt. Oft werden Projekte betreut, die direkt ineinander übergehen bzw. zeitlich sogar überlappend sind. Ist eines abgeschlossen, gehen alle wieder auseinander und direkt zum jeweilig nächsten. Das macht das Ansprechen von Fehlern aber auch eine ausgiebige Nachbearbeitung schwerer. Persönlich habe ich die besten Erfahrungen damit gemacht, Fehler, egal ob eigene oder fremde, immer gleich offen anzusprechen, nachzubearbeiten und Lehren daraus zu ziehen. Solange man auf einer sachlichen Ebene bleibt und die persönliche meidet, funktioniert das auch bei unangenehmen Themen. Durch den immer größer werdenden Austausch zwischen Organisationen und Unternehmen auf Veranstaltungs- aber auch internationaler Ebene wird das Lernen aus Fehlern auch auf einer anderen Ebene vereinfacht bzw. gefördert. Auf Tagungen werden beispielsweise Konzepte


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präsentiert, die schon eine Fehleranalyse enthalten. So können Fehler, die an anderer Stelle bereits gemacht wurden, direkt vermieden werden. Auf was bist du stolz oder worüber freust du dich am meisten? (Beruf) In meiner eigenen, kleinen Welt freue ich mich über jede kleine Idee auf einem Plan oder in einem Konzept, die dann in der Realität funktioniert. Vor allem, wenn etwas nicht beim ersten Mal funktioniert und wir nach mehreren Anläufen gemeinsam eine Lösung schaffen, die klappt. Hand aufs Herz, gehst du privat auch auf Veranstaltungen? Eine Zeit lang hätte ich diese Frage mit einem klaren „Nein“ beantwortet. Die Menge an Veranstaltungen, die ich beruflich erlebe, war jahrelang genug für mich. Ich hätte mich dort nicht gut entspannen können. Mittlerweile gehe ich aber gern privat auch wieder auf Veranstaltungen, die ich dann auch genießen kann. Nebenbei – manchmal mehr und ganz bewusst, manchmal weniger – schaue ich dort mit meinem beruflichen Auge auch etwas genauer hin, wie es die anderen machen. Sehr oft finde ich dann Inspiration für meine eigene Arbeit. „Es geht nur gemeinsam“, deine Meinung dazu: Natürlich sehe ich das genauso. Das ge­mein­­­­­same Ziel ist es immer, dem Besucher ein schönes und sichereres Erlebnis zu ermöglichen. Das funktioniert nur wenn alle gemeinsam am gleichen Strang ziehen und zusammenarbeiten. Dabei darf man nicht nur seine eigenen Aufgaben sehen, sondern muss auch die der anderen ernst nehmen. Ein schönes Beispiel dafür ist das Sommernachtskonzert im Schlosspark Schön-brunn – ein Gratis-Konzert für über 50.000 Menschen einmal im Jahr – an dem ich seit 2016 mitarbeite. Um den Zustrom der Besucher in Richtung bestimmter Tore zu steuern und schließlich ganz zu stoppen arbeiten die Schlossverwaltung, der Veranstalter, zwei Sicherheitsdienste, der öffentliche Rundfunk, die Polizei aber auch die öffentlichen

Verkehrsbetriebe eng zusammen. Ganz gezielt werden von allen gleichzeitig Social Media Postings abgesetzt bzw. Durchsagen gestartet, die Besu-cher schon während ihrer Anreise informieren. Da streng darauf geachtet wird, dass alle immer die gleichen Informationen haben und verbreiten, stellt sich auch für den Besucher ein glaubhaftes Bild dar, und das Konzept geht auf. Was ist die größte Motivation / Inspiration in deinem Arbeitsalltag? Es motiviert mich mit guten, ­­langjährigen­­ Kollegen auf einer professionellen Ebe­ne zusammenzuarbeiten. Gegenseitige Wertschätzung aber auch kollektive Lösungsorientiertheit überraschen und spornen mich immer wieder aufs Neue an. Genauso spornt es mich an, wenn es immer wieder gelingt, gute Lösungen für ­Probleme zu finden. Oft sind es die unangenehmsten und schwierigsten Situationen die mir danach den größten Motivations-Push geben. Weil die Lösung gut war oder, fast noch mehr, weil man sich darauf freut, es das nächste Mal besser zu machen. Ein weiterer großer Motivator in meinem beruflichen Alltag ist das Arbeiten mit Mitarbeitern, die Spaß an der Arbeit haben und besser werden wollen. Es motiviert mich, wenn mein Team Commitment zeigt, mit eigenen, guten Ideen kommt und sich weiterentwickelt. Welchen Tipp würdest du einem Berufseinsteiger in deinem Metier mit auf den Weg geben? In einem dynamischen Umfeld wie dem der Veranstaltungen ist es besonders wichtig, nie aufzuhören sich für Dinge zu interessieren. Damit sind neue Theorien, neues Material aber auch technische Innovationen gemeint. Veranstaltungen sind meistens ein schnelllebiges Umfeld in dem es viel zu entdecken aber auch weiter zu entwickeln gibt. Langweilig wird einem wohl nie, solange man nicht stehen bleibt oder aufhört, Dinge fertig zu denken.

Veranstaltungsrecht und Vertragsgestaltung für die Veranstaltungsorganisation Entwicklung rechtskonformer Sicherheitsorganisationen, Moderation und Leitung von Krisenstäben Rechtliche und fachliche Prüfung von Veranstaltungs-, Sicherheits-, Verkehrs- und Räumungskonzepten Mediation im öffentlichen Bereich und Moderation bei Genehmigungsverfahren Begleitung veranstaltungsrechtlicher Verwaltungsverfahren Begleitung von Unternehmen in Krisen, Beantragung von Fördermitteln, Identifizierung von Handlungsoptionen Arbeits- und Sozialrecht Datenschutz

Schlatter-Zahl-Kuhnt Rechtsanwälte Schneckenburgstraße 11d 78467 Konstanz Tel.: +49 (0)7531 282 11 50

Das Interview mit Matthias Brezina haben wir am 16. Februar 2020 geführt.

www.schlatter-zahl-kuhnt.de

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N A C H H A LT I G K E I T

NACHHALTIGES IBIT Irina Janzen (Projektmanangerin bei der IBIT GmbH) macht sich Gedanken zu nachhaltigem Handeln am IBIT und zur aktuellen Situation.

Wie hoffentlich bekannt, machen wir uns viele Gedanken zu Themen wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Ich als diejenige, die das Büro managed, also zum Beispiel Bestellungen aufgibt und die Seminarverpflegung koordiniert, sehe mich da natürlich in einer besonders verantwortlichen Position. Im folgenden Text möchte ich meine Gedanken zum Thema Nachhaltigkeit und Umweltschutz vermitteln und aufzeigen, was das IBIT alles für die Umwelt tut. Zu unserer letzten Fachtagung im Berliner Olympiastadion hatte das IBIT vieles angekündigt, einiges umgesetzt und das ein oder andere auch nicht geschafft. Dabei lassen wir uns davon nicht verunsichern, denn auch kleine Veränderungen und Errungenschaften zählen und sind besser als nichts zu tun oder nur zu denken, dass „die Anderen“ es schon machen. Hier eine kleine Auflistung, was von uns umgesetzt wurde: • Auf der Konferenzparty der Fachtagung gab es anstelle von Strohhalmen aus Plastik oder Papier, die wiederverwendbaren Trinkhalme aus Glas von der Firma Stir and Straw • Es wurden total schöne, wiederverwendbare IBIT Tassen hergestellt und den Dienstleistern auch zur Verfügung gestellt, so dass niemand Pappbecher nutzen musste • Wir haben den Sprecher*innnen einen Bonus von 50 € ausbezahlt, wenn die Anreise komplett mit öffentlichen Verkehrsmitteln erfolgte • Unser Give-away Konzept „nehmt nur das, was ihr wirklich braucht“, hat wirklich super geklappt. Die

Teilnehmer*innen haben sich von unserem Gabentisch bedient und in ihre Jutebeutel nur die Utensilien gesteckt, die für sie persönlich nötig waren. Da wir aber auch versuchen, so transparent wie möglich zu sein, will ich hier nicht unerwähnt lassen, was wir aus verschiedenen Gründen nicht umgesetzt haben, nicht umsetzen konnten: • Das Catering auf der Fachtagung war nicht fleischlos. Wir haben natürlich darüber nachgedacht, uns aber dagegen entschieden, vorrangig weil wir dachten, es könnte einige Besucher*innen verärgern. Obwohl bekannt ist, dass die Produktion von Fleischwaren sehr belastend für die Umwelt ist, ist es immer noch ein umstrittenes Thema, das wir uns ersparen wollten. Unangenehm war, dass es nach der Tagung eine Stimme gab, die uns das – durchaus zu Recht – vorgeworfen hat. Aus diesem Grund werden wir für die nächste Fachtagung ein komplettes Veggie-Menü anbieten. Vor allem weil das komplette IBIT Team sich vegan bzw. vegetarisch ernährt, kommt es uns auch so vor als gehöre das mittlerweile zu unserer Corporate Identity • Die Nutzung der Vorfahrt zur Halle für das Plenum und den Ausstellerbereich war keine gute Entscheidung – sowohl in Bezug auf die Klimabilanz als auch auf das Wohlfühlergebnis war das Thema „Heizen“ extrem problematisch – hier wird es zur nächsten Tagung eine deutlich bessere Lösung geben

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achhaltigkeit und Umweltschutz sind für das IBIT aber nicht nur zur

Foto: ibit.eu

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Fachtagung ein Thema. Wir bemühen uns ständig, den ökologischen Fußabdruck des Büros und auch der Kollegen*innen zu verringern. Fast schon eine Selbstverständlichkeit ist, dass wir 100 % Ökostrom aus erneuerbaren Energien nutzen – spannend in diesem Zusammenhang ist, dass die Tapetenfabrik selbst auch über eine große Solaranlage verfügt. Um die Papierflut in den Seminaren zu minimieren, versenden wir die Präsentationen und das Zusatzmaterial per Downloadbereich. Das ist nicht unumstritten – einige Teilnehmer*innen wünschen sich Handouts, um sich entsprechende Notizen machen zu können. Genauso versenden wir Ausgangsrechnungen fast ausschließlich online und seit Kurzem stellen wir unsere gesamte Buchhaltung auf eine online Erfassung um. Das Ziel ist eine papierlose Buchhaltung, die nicht nur Ressourcen in Form von Papier einspart, sondern auch die Verschickung von Unterlagen an unser Steuerbüro und die Lagerung von Ordnern überflüssig macht. Natürlich sind das alles relativ kleine Maßnahmen, doch wie bereits erwähnt, fängt man ja irgendwo an und wird dann immer besser. Verbesserungen gibt es auch bezüglich der Seminarverpflegung, denn inzwischen bestücken wir unsere Candybar aus


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Großpackungen. Somit werden die ganzen Miniverpackungen aus Plastik eingespart. Auch werden keine Haribo Goldbären ­mehr­angeboten, sondern nur noch die Veggie-Varianten von anderen Herstellern. Ich möchte einfach keine Süßigkeiten mit tierischer Gelatine mehr kaufen. Eigentlich schade, dass die Firma Haribo keine tierfreien Produkte anbietet, denn ich als Bonnerin, fühle mich mit Haribo natürlich schon ein bisschen verbunden.

um 18:00 Uhr in Wien loskommen und am nächsten Morgen halbwegs entspannt um 8:00 Uhr in Hamburg zu stehen, funktioniert nur bedingt mit der Bahn. Gleiches gilt für die Anreisen einiger IBIT Mitarbeiter*innen – während die einen zu Fuß oder mit dem Fahrrad kommen, sind die anderen auf das Auto angewiesen, weil die Anfahrt sonst einfach viel zu lange dauern würde. In der Theorie ist ja bekanntlich sehr viel möglich, und Forderungen sind auch

Vielleicht sollten wir alle die momentane Verbesserung dazu nutzen, uns klar zu machen, dass auch ein kurzzeitiges Innehalten eine Veränderung bringt und schon kleine Veränderungen etwas bewirken können.« Ein neues Angebot, welches das IBIT momentan erarbeitet, sind online Webinare. Dabei wollen wir unsere übliche Vorgehensweise, die persönlichen Seminare, nicht durch Kurse am Bildschirm ersetzen, sondern eine neue Möglichkeit anbieten, sich über Distanzen zu vernetzen und in Kontakt zu treten. Dabei sind uns eine gute Qualität und eine benutzerfreundliche Anwendung wichtig, was für uns bedeutet, aus dem schier riesigen Angebot von Anbietern gut auszuwählen und gegebenenfalls neues Equipment zu kaufen oder zu leihen. Auch hier achten wir – wie bei allen Anschaffungen – auf hochwertige und nachhaltige Produkte. Wie bereits erwähnt sollen unsere bisherigen, persönlich gehaltenen Seminare nicht ersetzt werden, sondern es soll eine zusätzliche Möglichkeit geboten werden, ressourcensparend Wissen zu vermitteln. Beim Thema Reisen ist es wiederrum nicht so leicht, ein gutes Vorbild zu sein. Unsere Dozenten*innen haben – insbesondere bei vielen eng aufeinanderfolgenden Terminen- nicht immer genug Zeit, um sich für eine vielstündige Fahrt in die Bahn zu setzen. Aus diesem Grund finden immer noch Flüge auch innerhalb Deutschlands statt, auch wenn wir versuchen, die Reisen so nachhaltig wie möglich zu planen – aber

leicht formuliert – nur merkt man schnell, dass einiges im Normalbetrieb in der Praxis dann doch nicht ganz so einfach umsetzbar ist. Ich sehe das trotz aller Bemühungen so, dass ich eben das eine noch akzeptiere, während ich dann gleichzeitig versuche, etwas Anderes zu ändern. So richtig „auf­ rechnen“ lassen sich die Bemühungen ja eh nicht: ob das vegane Essen mit dem Hafermilch-Kaffee am Flughafen besser ist als das nicht vegane Essen im Zug? Ich will das nicht bewerten, freue mich aber über jeden Schritt, den wir und auch unsere Dozenten*innen gehen – und natürlich versuche ich auch, sie zu ermutigen und gute Ideen aufzuzeigen.

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a anpacken, wo man kann ist meine und unsere Devise – natürlich verbunden mit der ständigen Bemühung, etwas besser zu machen. Aufgrund der aktuellen Lage sind ohnehin alle Reisetätigkeiten eingestellt und damit möchte ich den Bogen zu dem Thema spannen, das uns alle beschäftigt. Das Virus Covid-19 hat die Welt, wie wir sie bis heute kannten, zumindest kurzfristig komplett verändert. Die wirtschaftlichen Folgen sind noch nicht absehbar und was das für Jeden und Jede von uns bedeutet,

wird sich noch zeigen. Große und kleine Unternehmen leiden unter der Krise und auch die Veranstaltungsbranche hat es hart getroffen. Es gilt nun, die Ausgaben zu drosseln, um Arbeitsplätze zu erhalten und das Wichtigste ist, die Mitarbeiter*innen zu isolieren und vor dem Virus zu schützen. Ich zum Beispiel schreibe diesen Text aus dem Homeoffice mit einer Hundeschnauze auf dem Schoß.

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as oberste Gebot ist es jetzt, die Ausbreitung des Virus zu stoppen. Doch was macht es mit der Natur, wenn wir Menschen zum Stillstehen gezwungen werden? „Flugzeuge bleiben am Boden, ­weniger­PKWs fahren, Fabriken ruhen und der CO2-Ausstoß sinkt. Laut Prognosen erreicht Deutschland überraschend das Klima­ziel für 2020. Wichtig sei Weitblick mit einem grünen Konjunkturpaket,“ schreibt die Deutsche Welle (DW) in einem Artikel vom 20.03.2020 und hat damit eine gute Nachricht in dieser schweren Zeit. Noch besser klingt das, was die Agora Energiewende, eine Denkfabrik aus Berlin, schreibt. „Mit der nun eingetretenen Corona-Krise werden einmalig auftretende Effekte in verschiedenen Sektoren dazu führen, dass das Ziel der Bundesregierung für 2020 nun doch erreicht oder sogar übererfüllt wird. Hinzu kommt, dass der sehr milde Winter zu Beginn des Jahres 2020 ebenfalls für deutliche Emissions­ minderungen sorgte.“ Die Natur profitiert logischerweise von ausgestorbenen Städten und Zuhause hockenden Menschen. Doch so gut einige Nachrichten auch klingen mögen, relativieren sie natürlich nicht die schrecklichen Auswirkungen der Corona Krise, und sobald das Leben wieder seinen gewohnten Lauf aufnimmt, wird es sicher wieder zu einem Anstieg der Emissionen kommen und die Natur wird erneut weichen. Vielleicht sollten wir alle die momentane Verbesserung dazu nutzen, uns klar zu machen, dass auch ein kurzzeitiges Innehalten eine Veränderung bringt und schon kleine Veränderungen etwas bewirken können. Nutzen wir den momentanen Stillstand dazu, uns zu überlegen, wie wir es in Zukunft besser machen können.

Quellen: • www.dw.com/de/corona-krise-deutschland-schafft-klimaziel-f%C3%BCr-2020-pandemie-merkel-deutschland-co2-covid-19/a-52862238 • www.agora-energiewende.de/veroeffentlichungen/ auswirkungen-der-corona-krise-auf-die-klimabilanz-deutschlands

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WAS BISHER GESCHAH 2020 (TZ) Mindestens 20 Tote bei Gedränge in Tansania Nach Derby-Vorfällen in Berlin (BE): Union muss 140.000 Euro Strafe zahlen

Bei einem durch die Medien als „Massenpanik“ betitelten Unglück an einer Volksschule in Kenia starben 13 Kinder. Mehr als 40 weitere wurden bei dem Unglück in Kakamega verletzt, wie die Polizei mitteilte. Der Auslöser ist bisher unbekannt. Ermittlungen zur Ursache wurden eingeleitet.

02. 04. 02. 04.

02 02.

250 Union Berlin Fans waren Anfang November 2019 unkontrolliert in den Stadioninnenraum gestürmt und zündeten während des Derbys gegen Hertha BSC Bengalos und Rauchtöpfe. Nach den Vorfällen muss Union Berlin Strafen zahlen. Das Sportgericht des DFB belegte den Aufsteiger wegen unsportlichen Verhaltens der Anhänger in Tateinheit mit nicht ausreichendem Ordnungsdienst zu einer Strafe von 140.000 Euro.

Beim Auftritt eines beliebten Predigers in einem Stadion der Stadt Moshi starben mehr als zwanzig Menschen. Das Gedränge entstand bei einer Heilungszeremonie, zu der zahlreiche Gläubige kamen. Der Prediger hatte Berichten zufolge „heiliges Öl“ auf den Boden geträufelt, woraufhin zahlreiche Gläubige unmittelbar zu der Stelle rannten, um sich durch das Öl heilen zu lassen.

(KE) 13 Kinder sterben bei Gedränge an Schule

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Bombendrohungen am Bonner Hauptbahnhof

Innerhalb von wenigen Tagen hatte es zwei Bombendrohungen gegen den Bonner Hauptbahnhof und insgesamt drei Sperrungen des Bahnhofs und seines Umfeldes gegeben. Die erste Drohung wurde am Sonntag, den 26.01.2020 getätigt, woraufhin der Zugverkehr mehr als drei Stunden eingestellt wurde. Am Abend des 28.01.2020 kam die zweite Bombendrohung. Die Polizei sperrte daraufhin erneut den Bahnhof und veröffentlichte in der Folge Teile dieses Drohanrufs. Tags darauf wurden zwei herrenloser Koffer gefunden – da eine Gefahr zunächst nicht ausgeschlossen werden konnte, wurde der Bahnhof erneut weiträumig abgesperrt.

Übergriffe auf BVB Fans nach Spiel gegen Bremen Die Polizei wurde in die Dortmunder (NRW) Innenstadt gerufen, als sich vor Ort rund 40 Personen prügelten, von denen nur acht Personen an der Flucht gehindert werden konnten. Die Polizei hat zu den Vorfällen eine Ermittlungskommission eingesetzt.

Spannervideos bei Fusion Festival in Lärz (MV) Auf dem Festival sollen Menschen in Duschen gefilmt worden sein, die Aufnahmen wurden auf einer Pornoseite hochgeladen. Das Erstellen und Weiterverbreiten solcher Videos ist in Deutschland eine Straftat. Der Veranstalter stellte Strafanzeige gegen Unbekannt.

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14.02 .

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Beim zweimonatigen Gastspiel des Cirque du Soleil in Düsseldorf kam es bei der An- und Abfahrt der Besucher regelmäßig zu erheblichen Problemen. Bereits während der Spielzeit wurde versucht nachzubessern. Für das kommende Gastspiel soll ein umfangreiches Verkehrskonzept erstellt werden, die Anzahl der Parkplätze soll aufgestockt und eine weitere Zufahrt geschaffen werden.

Anlässlich des Bundesligaspiels zwischen Mönchengladbach und Köln hatten die zuständige Polizei und die Bundespolizei ein umfangreiches Sicherheitskonzept erstellt. In der Ausrichterstadt kam es zu Sperrungen und Glasverbot. Außerdem wurde für definierte Zugverbindungen im Zeitraum zwischen 8:00 Uhr und 21:00 Uhr ein Mitführverbot u.a. für Glasflaschen und Pyrotechnik verfügt.

Reaktion auf steigende Gewalt gegen Rettungskräfte

Verkehrschaos bei Veran­staltung in Düsseldorf (NRW)

Immer mehr Staatsanwaltschaften gründen Sonderabteilungen, um gegen Anfeindungen gegen Helfer und Ordnungshüter vorzugehen.

Der Bau eines Anti-Terror-Schutzes auf dem Breitscheidplatz in Berlin wird weiter verschoben. Die umstrittenen temporären Sicherungsmaßnahmen, die im vergangenen Jahr als Folge des Terroranschlags von 2016 errichtet wurden, sollen einer dauerhaften und vor allem ansehnlicheren Lösung weichen. Die Sandsäcke in den Stahlkörben, Poller- und LKW-Sperren sollen verschwinden.

Vor dem Tempodrom in ­Berlin-Kreuzberg wurde während einer türkischen Comedy Show ein Mensch erschossen. Vier weitere wurden verletzt und von Sanitätern versorgt. Ein Verdächtiger konnte knapp eine Woche danach festgenommen werden, die Polizei geht von Revierstreitereien verfeindeter Clans aus.

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Anti-Terror-Umbau am Breitscheidplatz verzögert sich weiter

Ein Toter bei Schusswechsel vor Berliner Tempodrom

Kontrolliertes Zünden von Pyrotechnik im Hamburger Volksparkstadion Mit der Aktion im Vorfeld des Spiels führten Anhänger des HSV die erste genehmigte und kontrollierte Pyro-Show im deutschen Profi-Fußball durch, welche ohne Zwischenfälle verlief.

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Glas- und GetränkedosenVerbot in Zügen anlässlich eines Derby-Spiels in NRW

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Flughafen Frankfurt wegen Drohne gesperrt Aufgrund mehrerer Drohnensichtungen durften für eine Stunde keine Flugzeuge am Frankfurter Flughafen (HE) starten oder landen. Kräfte der Bundespolizei hatten rund eine Stunde erfolglos nach dem Flugobjekt, unter anderem mit Hilfe eines Hubschraubers, gesucht.

FC Köln lässt Einlasssituation im Berliner Olympiastadion prüfen Beim Einlass in den Gästeblock im ­Berliner Stadion kam es zu erheblichen Verzögerungen und einem unangemessenen Umgang mit friedlichen FC-Fans. Beide Clubs vereinbarten einvernehmlich, die Vorkommnisse aufzuarbeiten.

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WA S B I S H E R G E S C H A H

Aufgrund eines Feueralarms wegen eines defekten Pizzaofens wurde das Stadion nach dem Spiel zwischen dem FC Augsburg und Borussia Mönchengladbach evakuiert. Per Durchsage wurden die noch anwesenden Zuschauer, Offiziellen, Journalisten, Mitarbeiter, sowie Ordnungskräfte wegen einer „technischen Störung“ zum Verlassen des Stadions aufgefordert.

Landtag in Mecklenburg- Vorpommern beschließt neues Polizeigesetz Das neue Sicherheits- und Ordnungsgesetz soll den Beamten mehr Möglichkeiten zur Gefahrenabwehr bieten. Es ist eine Antwort auf das digitale Zeitalter und soll u.a. die Überwachung digitaler Geräte erleichtern, mit dem Ziel Terrorismus, ­Online-Kriminalität und Kinderpornografie effektiver zu bekämpfen. Jedoch kommt das neue Gesetz nur bei Gefahr für Leib und Leben zur Anwendung, nicht bei Verdachtsfällen. Das Gesetz wird von den Parteien kontrovers diskutiert.

Konzertbesucher mit Feuerlöscher verletzt In einem Kölner (NRW) Club sprühten zwei Männer mit einem Feuerlöscher in die Menge. Bei dem Konzert der Band „Schmutzki“ waren und 700 Besucher anwesend. Fünf Frauen mussten mit Atemwegsbeschwerden behandelt und das Venue geräumt werden. Die Männer mussten sich wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten.

(CH) Randale bei unbewilligter Demonstration Mehrere hundert Teilnehmer versammelten sich in der Züricher Innenstadt zu einer nicht genehmigten Kundgebung mit anschließendem Demonstrationszug. Die Polizei war mit mehreren hundert Einsatzkräften und mit Dialog-Teams vor Ort. Es kam zu Sachbeschädigungen und Angriffen auf die Beamte. Die Demonstrationsteilnehmer versuchten vergeblich, die von der Polizei abgesperrten Bereiche zu durchbrechen. Nach ca. drei Stunden löste sich die Kundgebung auf.

Polizei in Köln (NRW) muss Kameras abdecken

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Der Bassist von Peter ­Maffay verletzte sich während des Soundchecks zur Tourpremiere in Hamburg schwer. Er stürzte von der Bühne und zog sich mehrere Knochenbrüche zu. Die Show wurde dennoch durchgeführt.

Stadion in Augsburg (BY) evakuiert

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Peter Maffay Bassist stürzt vor Konzert von Bühne

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WAS BISHER GESCHAH 2020 28.0 2.

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Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die Polizei die Kameras am Wiener Platz während einer Versammlung abdecken muss, da diese gegen das Grundrecht der Versammlungsfreiheit verstoßen. Es reiche nicht, die Kameras auszuschalten, da die Kameras eine abschreckende Wirkung hätten und für die Teilnehmer nicht klar erkennbar ist, dass die Kameras ausgeschaltet sind. Der Eilantrag wurde vom ­Veranstalter und den Teilnehmern der Demonstration gestellt.

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#esgehtnurgemeinsam BILDUNG, BERATUNG, FORSCHUNG FÜR DIE SICHERHEIT VON MENSCHENMENGEN

#esgehtnurgemeinsam #dasbestedarausmachen #gemeinsamgehtesweiter

Dieser Hashtag ist jetzt angebrachter denn je. Die momentanen U ­ mstände sind für alle Beteiligten aus der Veranstaltungsbranche schwer zu bewältigen. Wir finden das generelle Veranstaltungsverbot sinnvoll, doch der ­ Stillstand kann den ein oder anderen auch ins Straucheln bringen. Unsere Herangehensweise ist: #dasbestedarausmachen. Das bedeutet vor allem, solidarisch zusammenzustehen, statt nur auf uns selbst zu schauen. Nicht nur deshalb sind wir froh über unsere langjährigen Kooperationen und die guten Partner in unserem Netzwerk. #gemeinsamgehtesweiter

BILDUNG, BERATUNG, FORSCHUNG FÜR DIE SICHERHEIT VON MENSCHENMENGEN

www.ibit.eu/partnerschaften


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AUTOREN

ÜBER DIE AUTOREN DIESER AUSGABE MARTIN HOMMEL

SAR AH BERGMANN

Martin Hommel; Jahrgang 1968; Geschäftsführer, freier Veranstaltungsleiter; aus Köln. Sein Engagement im Ehrenamt begann er bereits mit elf Jahren in der Jugendorganisation des DRK, dem er zwölf Jahre treu blieb. Über seine ­25-jährige Berufserfahrung als Produktionsingenieur in der Fernsehaußenübertragung sammelte er Erfahrungen in der Organisation und Umsetzung von großen Veranstaltungen und ist als freier Veran­staltungsleiter tätig. Seit 2003 bringt er diese Erfahrungen beim Kölner Lesben- und Schwulen­tag e.V. bei der Organisation des größten CSD Deutschlands ein. Seit 2016 ist er ehrenamtlicher Vorstand und Veranstaltungsleiter des CSD-­Straßenfestes mit 24.000 Besuchern zeitgleich und einer Million insgesamt.

Sarah Bergmann ist für das Awareness-Konzept der Goodlive Festivals zuständig und integriert dort die „Wo geht‘s nach Panama?“ Kampagne seit 2019.

TERESA HÄHN Teresa Hähn ist seit fünf Jahren im Bereich der Ehrenamtskoordination und des Personalmanagements auf verschiedenen kleinen und großen Kunst- und Musikfestivals unterwegs. Zur Zeit forscht sie an der Leuphana Universität Lüneburg zum Thema Awareness und Sicherheit.

DR. L AUR A KÜNZER Dr. Laura Künzer ist Psychologin und arbeitet in Team HF – Hofinger, Künzer & Mähler PartG und an der Universität Jena. Sie forscht, berät und gibt Trainings zu Human Factors bzw. „Menschen und Sicherheit“ mit den Schwerpunkten Veranstal­tungssicherheit, Stabsarbeit, Kommunikation und Warnungen, Verhalten von Menschen in Ausnahmesituationen.

VANESSA WIKTOR Vanessa Wiktor ist seit 2014 für die Kopf & Steine GmbH in Hamburg tätig. Neben ihren klassischen Tätigkeiten als Produktionsleiterin, beschäftigte sie sich zuletzt mit der Konzeptionierung und Implementierung eines Awarenesskonzeptes, im Sinne eines einheitlichen Verhaltenskodex, für die verschiedenen Formate der Kopf & Steine GmbH.

DR. DANIEL BRUNSCH Dr. Daniel Brunsch ist Psychologe und Kommunikationsexperte mit einem Fokus auf Publikumssicherheit. Als Kooperationspartner für Wissenschaft und Praxis übernimmt er für Veranstaltende die Koordination und Bespielung der veranstaltungseigenen Kommunikationskanäle in Sonderlagen und leitet den Bereich Awareness auf Großveranstaltungen.

HOLGER KUHNT Holger Kuhnt ist Rechtsanwalt (Schlatter Zahl Kuhnt Rechtsanwälte), Mediator und Coach. Neben seiner mehr als zehnjährigen Erfahrung als Arbeits- und Sozialrechtler, liegt sein Fokus in den Bereichen Sicherheitsplanung und Krisenmanagement. Die Tätigkeitsschwerpunkte seiner Kanzlei bilden Beratung und Vertretung in gewerberechtlichen und bauordnungsrechtlichen Genehmigungsverfahren und die veranstaltungsrechtliche Vertragsgestaltung.

JAN BENZ Jan Benz ist Gesellschafter der Benz & Beckert UG für Eventsicherheit und -Management. Neben der Bereitstellung von Sicherheitspersonal mit modernen, mediativen und integrativen Konflikt­lösungsansätzen beschäftigt sich die Firma mit der Optimierung und Entwicklung von Sicherheits­konzepten für Festivals, Corporate Events und V­ eranstaltungen im öffentlichen Raum und entwirft in diesem Rahmen antifaschistische, antirassistische und antisexistische Handlungsstrategien.

INGA ROSSBACH Inga Rossbach arbeitet seit 2012 bei FKP Scorpio. Dort besteht ihr Arbeitsalltag hauptsächlich aus der Vor-und Nachbereitung sowie der Produktion vor Ort für das Hurricane Festival und diverse andere Veranstaltungen. Im Rahmen der Festival­produktion beschäftigt sie sich mit Markenentwicklung von Festivals und Zukunftstrends. Zudem betreut sie hauptverantwortlich das 2017 ins Leben gerufene Awareness-Konzept „Wo geht‘s nach Panama?“.

MISCHA K AR AFIAT Mischa Karafiat ist seit 1997 in der Veranstaltungs­branche auf unterschiedlichen Positionen tätig. Als Produktions- und Veranstaltungsleiter ist er regelmäßig für die praktische Umsetzung von Veranstaltungen und politischen Großdemonstrationen jeder Größenordnung verantwortlich. Im Bereich der Veranstaltungssicherheit und der Nachhaltigkeit von Events, berät er Veranstalter, Agenturen und Behörden deutschlandweit.


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MICHAEL KELLENBENZ In den Achtzigern veranstaltete er Partys und Club-­Konzertabende. Die Neunziger sahen ihn Interorganisation verinnerlichen im Krankenhausbetrieb. Später flogen Michael Kellenbenz in Plüschtieren versteckte Schlüssel im Backstreet Boys-Bühnengraben an den Kopf. Irgendwann fotografierte er an gleicher Stelle. Inzwischen ist er als zukunftsfähiger Mobilitäts-Dienstleister unterwegs und berät Großveranstalter in Fahrradparkplatz-­Angelegenheiten. Bei der IBIT bildet er sich regel­­­mäßig fort.

SABINE FUNK Sabine Funk ist Geschäftsführerin der IBIT GmbH und Leiterin der Fachbereiche Bildung und Forschung. Sie hat in England „Crowd and Safety Management, BA (Hons)” studiert und zählt zu den führenden Fachleuten für Veranstaltungssicherheit und Crowd Management in Deutschland. Mit mehr als 20 Jahren Erfahrung im Veranstaltungsbereich, davon mehr als zehn als geschäftsführende Gesellschafterin und Produktionsleiterin der RhEINKULTUR, einem der größten eintrittsfreien Festivals in Deutschland, verfügt Sabine Funk über umfangreiche Erfahrungen in der Planung und Durchführung von (Groß-)Veranstaltungen.

VOLKER LÖHR Volker Löhr berät mit seiner Bonner Kanzlei seit mehr als 20 Jahren Veranstalter und Betreiber von Versammlungsstätten in allen Fragen rund um das rechtliche Vertragsmanagement und die sichere Durchführung von Veranstaltungen. Er ist zudem Autor zahlreicher Fachveröffentlichungen, des BB-Kommentars zum Versammlungsstättenrecht (5. Auflage) und ist Referent an verschiedenen Hochschulen und Akademien.

DANIEL SCHL AT TER Daniel Schlatter ist als Rechtsanwalt (Schlatter Zahl Kuhnt Rechtsanwälte) und Mediator tätig. Außerdem gehören Sicherheitskonzeptionen und Sicherheitsmanagement für Hallen und viele verschiedene Veranstaltungsformen zu seinem Aufgabenalltag – seit 2012 als zertifizierter Event Security & Safety Manager (IBIT / Bucks). Die Tätigkeitsschwerpunkte seiner Kanzlei bilden Beratung und Vertretung in gewerberechtlichen und bauordnungsrechtlichen Genehmigungsverfahren und die veranstaltungsrechtliche Vertragsgestaltung.

STEPHAN LEUKERT Stephan Leukert war nach seiner Dienstzeit als Offizier des Heeres in verschiedenen Bereichen der privaten und betrieblichen Sicherheit beschäftigt. Seit 2011 ist der Diplom-Staatswissenschaftler und Sicherheitsfachwirt (FH) als Sicherheitsberater tätig. Er u.a. verantwortlich für die Aufgabenbereiche „personelle Sicherheitsdienstleistungen“, „Notfall- und Krisenmanagement“ sowie „Luftsicherheit“.

FLORIAN BOLLIG Florian Bollig ist Gründer der Fa. VaSiBeKo Veranstaltungssicherheit Beratung Konzept & Koordination. Im Schwerpunkt seiner Arbeit stehen digitale Sicherheitsmanagement-Lösungen für Sicherheitskonzepte und Sicherheitskoordination. Das kombiniert sich nahtlos mit seiner Tätigkeit als Veranstaltungsleiter, Sicherheitskoordinator oder Berater.

K ATHARINA JÖRGER Katharina Jörger hat in Freiburg Int. Kulturmanagement und Int. Leisure Management in den Niederlanden studiert und arbeitet seit 2007 in der Veranstaltungsbranche im Bereich von In- und Outdoor Veranstaltungen. Seit 2012 ist sie für die Planung, Organisation und Durchführung der Outdoor-Großveranstaltungen einer Großstadt in NRW mitverantwortlich und arbeitet seit 2018 im Nebenjob für das IBIT.

IRINA JANZEN Irina Janzen ist seit 2019 als Büromanagerin im IBIT tätig. Bevor sie sich der Eventbranche zuwandte, studierte sie an der Rheinischen-Friedrich-Wilhelms Universität in Bonn Germanistik und Musikwissenschaften. Über ihren Nebenjob im Theater Bonn entdeckte sie ihre Leidenschaft zur Kultur und Bühne und absolvierte eine kaufmännische Ausbildung im Capitol Theater in Düsseldorf.

SIMON ORT Simon Ort hat an der Rheinischen Friedrich Wilhelms-Universität Bonn Geografie studiert. Während des Studiums arbeitete er als Hilfskraft in der Veranstaltungsbranche und absolvierte 2016 ein Praktikum bei der IBIT GmbH. Seit Juli 2017 unterstützt er das Team in Vollzeit sowohl im Bereich Marketing / Kundenbetreuung als auch durch wissenschaftliche Mitarbeit in verschiedenen Projekten.

NR. 07/2020


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