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TRENDREPORT Sicherheitstechnologien fĂźr den zivilen Einsatz von Drohnen Prof. Dr. Horst Schmidt-Bischoffshausen


IDM | Trendreport – Sicherheitstechnologien für den zivilen Einsatz von Drohnen

IMPRESSUM Herausgeber: IDM Südtirol Ecosystem Sports & Alpine Safety Autor: Prof. Dr. Horst Schmidt-Bischoffshausen STIB Strategie-, Technologie- & InnovationsBeratung Tizianstrasse 38/D – 85579 Neubiberg Foto Umschlag: EURAC/Abraham Mejia, PhD Ausgabe: Jänner 2018 Der Inhalt der vorliegenden Publikation wurde von STIB Strategie-, Technologie- & InnovationsBeratung mit größter Sorgfalt recherchiert und dokumentiert. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität kann jedoch keine Gewähr übernommen werden. Die Autoren übernehmen keine Haftung und behalten sich vor, neue Erkenntnisse einzuarbeiten. 1


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Inhaltsverzeichnis

Einleitung – Zivile Drohnen in Südtirol ................................................................................................................ 3 Zum Autor .............................................................................................................................................................. 4 Sicherheitstechnologien für den zivilen Einsatz von Drohnen ........................................................................... 5 Markt- und Anwender-TRENDS ............................................................................................................................ 7 Anwendungen und Einsatzarten von Drohnen/RPAS ......................................................................................... 7 Grundsätzlicher Aufbau von unbemannten Fluggeräten/Drohnen mit Ausrüstung (Modulen) .................... 10 Die Integration unbemannter Fluggeräte in den Luftraum in Europa .............................................................. 11 Schaffung einheitlicher Industriestandards/Produktsicherheitsstandards für Drohnenausrüstung ............ 12 Sicherheitstechnologien für Drohnen ................................................................................................................ 13 Wetterdetektion .................................................................................................................................................. 16 Vermeidung von Kollisionen/Unfällen bei wichtigen Flugsituationen von Drohnen ..................................... 17 Die Zulassungsbehörden (ICAO, FAA, EASA) und ihre aktuellen Vorstellungen ............................................ 19 Ausblick auf die kommenden 5 bis 10 Jahre ....................................................................................................... 21

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Einleitung – Zivile Drohnen in Südtirol Der Einsatz von zivilen Drohnen in Südtirol und die Weiterentwicklung dieses Wirtschaftszweigs stehen im Zentrum der IDM-Arbeitsgruppe zum Thema Drohnen. Darin arbeiten Unternehmen und Start-ups eng mit dem Forschungszentrum EURAC Research, der Freien Universität Bozen, der Agentur für Bevölkerungsschutz, der Italienischen Flugsicherungsbehörde (ENAC) und einem alpenweiten Partnernetzwerk zusammen. IDM steht für Innovation, Development und Marketing, erbringt als Wegweiser für die wirtschaftliche Entwicklung in Südtirol, Dienstleistungen für Wirtschaftstreibende mit dem Ziel einer nachhaltigen Wachstumssteigerung und stärkt damit die Wettbewerbsfähigkeit lokaler Unternehmen. Neben Dienstleistungen für Innovation und Export, zeichnet IDM verantwortlich für Standortentwicklung, Agrarmarketing und Tourismusmarketing und arbeitet daran, Südtirol zum attraktivsten Lebensraum Europas zu machen. Das Ecosystem Sports & Alpine Safety unterstützt Unternehmen in der Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen und treibt innovative Maßnahmen voran. Aus einer „alpinen DNA“ heraus haben sich in Südtirol Marktführer und innovative Nischenanbieter in den unterschiedlichsten Bereichen alpiner Technologien entwickelt. Der Trendreport informiert über die Ergebnisse der Arbeitsgruppe „SAPR|RPAS Südtirol“. Ziel der Arbeitsgruppe ist es, Unternehmen mit Forschern und Experten zu vernetzen und so die Grundlage für erfolgreiche Kooperationen zu schaffen. Unser Fokus liegt auf Drohnen, die im extremen Gelände funktionieren: Wir möchten Unternehmen dabei unterstützen, diese Marktlücke zu besetzen. Kontinuierlich erheben wir in unserem Piloten-Netzwerk deren Aktivitäten und Forschungs- und Entwicklungsprojekte, um zu sehen, welche Business-Möglichkeiten diese neuen Technologien bereits bieten und wie man diesen Wirtschaftszweig effizient und nachhaltig fortentwickeln kann. Eine wichtige Rolle wird dabei auch die Forschungsinfrastruktur terraXcube (Eurac Research) im NOI Techpark Südtirol in Bozen spielen. In den verschiedenen Klimakammern des terraXcube wird es möglich sein, die Reaktionen von Mensch und Natur auf Umweltstress zu erforschen. Außerdem kann dort in Zukunft untersucht werden, welche Auswirkungen die extremen klimatischen Bedingungen auf die Leistung von Materialien und Produkten, wie eben auch Drohnen, haben. Gerade unter besonderen Umweltbedingungen spielt der Einsatz von Drohnen schon heute eine bedeutende Rolle. Der Test von Drohnenflügen unter schwierigen Klimabedingungen ist also auch ein wichtiger Beitrag für den Fortschritt des gesamten Sektors.

Kontakt Sebastian Mayrgündter Ecosystem Sports & Alpine Safety Coordinator IDM Südtirol NOI Techpark, A.-Volta-Straße 13A I-39100 Bozen T +39 0471 094241 safety@idm-suedtirol.com

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Zum Autor Geboren in Wien 1940, studierte Horst Schmidt-Bischoffshausen Physik an der Universität Wien. 1971 wechselte er von der Kernforschungsanlage Jülich in die Industrie, wo er später bei der Daimler Chrysler AG in der Forschung und Technologieentwicklung tätig war. Seit 2012 bis heute Mitglied im Executive Board der Unmanned Vehicle Systems International (= UVSI) in Paris/Den Haag, befasst sich Schmidt-Bischoffshausen mit der Harmonisierung der Luftfahrtregularien und der Marktentwicklung von unbemannten Fluggeräten in Europa.

AUSBILDUNG UND WISSENSCHAFTLICHE KARRIERE Von 9/1959–7/1965 Studium der Physik (Schwerpunkt Festkörperphysik) an der Universität Wien mit Promotionsabschluss (Doktor). Von 8/1965 bis 11/1967 Forschungstätigkeit an der University of Wisconsin/USA (als Forschungsmitarbeiter und Assistant Professor). Von 2/1968 bis 9/1971 Rückkehr nach Deutschland zur Kernforschungsanlage KFA Jülich/Nordrhein-Westfalen: vier Jahre Forschungstätigkeit am Institut für Festkörperphysik.

INDUSTRIE KARRIERE (FORSCHUNG, ENTWICKLUNG, PROJEKT-MANAGEMENT, STRATEGIE- UND GESCHÄFTSENTWICKLUNG) Von 10/1971 bis 5/1989 beschäftigt bei Messerschmitt-Bölkow-Blohm GmbH (MBB): Tätigkeiten in den Geschäftsbereichen (Kybernetik, Automationstechnik, Helikopter, ziviler & militärischer Flugzeugbau, Satelliten) als Senior Manager und seit 1980 als Vizepräsident. Von 6/1989 bis 6/2000: Nach Übernahme von MBB durch Daimler-Benz führende Executive-Aufgaben bei Daimler-Benz Aerospace AG/DaimlerChrysler AG in der Konzern-F&E, tätig für alle Unternehmensbereiche (Mercedes-Benz, AEG, Telefunken, TEMIC, DASA: Automotive, Bahntechnik, Elektronik& Elektrik, Luft- & Raumfahrt). U.a. Entwicklung innovativer Mikrosysteme für verschiedene Aerospace-Produkte. Von 7/2000 bis 9/2005: Stellvertretender Leiter der Konzern F&T und Leiter des Patentwesens von EADS Deutschland (Entwicklung strategischer Innovationsprojekte wie neue Flugzeugkonzepte, unbemannte Flugzeuge, Entwicklung und Testverfahren für diverse Szenarien entsprechend den EASA-Lufttüchtigkeitsbestimmungen, neue Technologiestudien für elektrisches Fliegen).

Kontakt Prof. Dr. Horst Schmidt-Bischoffshausen STIB Strategie-, Technologie- & InnovationsBeratung Tizianstraße 38/D – 85579 Neubiberg Email: horst.schmidt-bischoffshausen@t-online.de Tel: +49-89-6013658 Fax: +49-89-60190824 Mobil: +49-171-3723155

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Sicherheitstechnologien für den zivilen Einsatz von Drohnen Dieser Trendbericht möchte eine Übersicht darüber geben, welche Sicherheitstechnologien für den zivilen Einsatz von Drohnen heute bereits eingesetzt werden und welche in den kommenden drei bis fünf Jahren zu erwarten sind. In Frage kommen Geräte bzw. Systeme wie FLARM, aktive/passive Transponder, Signalleuchten, Geofencing und die Interaktion mit 4G/5G Netzwerken. Eine wesentliche Rolle im Einsatz spielt die Entwicklung der gesetzlichen Luftverkehrsregularien (Luftverkehrsordnungen) zur sicheren Integration von Drohnen in den nationalen bzw. den grenzüberschreitenden europäischen Luftraum. Deshalb ist auch die Betrachtung der von den internationalen Luftsicherheitsbehörden (ICAO, EASA, FAA) zu erwartenden Drohnen-Regularien notwendig, um sich frühzeitig auf die Entwicklung von Geschäftspotentialen/chancen vorzubereiten. Für den europäischen bzw. nationalen Luftraum sind vor allem die von der EASA definierten Risikokategorien (Open, Specific, certified) hinsichtlich des Betriebs von Drohnen relevant. In offenen Dialogen zwischen Behörden und Industrie (JARUS, Euro Control, nationale CAA/Civil Aviation Authorities u.a.) werden zu harmonisierende Lösungsansätze diskutiert, die schließlich Eingang in die Zulassungsvorschriften für Drohnensysteme und Ausrüstung (Sicherheitsausrüstung eingeschlossen) finden. Wegen der gebirgigen Topographie Südtirols sind Drohneneinsätze über die direkte Sichtlinie des Bodenpiloten hinaus erwünscht bzw. notwendig.

Abbildung 1: Octocopter für Fotoarbeit Quelle: Ascending Technologies / Deutschland

Abbildung 3: Drohne mit Kippflügeln / Tilt wing für Lufttransport ins Gebirge; Quelle: DHL – Paketkopter 3.0

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Abbildung 2: S100 Camcopter für Überwachungsaufgaben Quelle: Firma Schiebel / Österreich

Abbildung 4: Quadrocopter für Medikamententransport zur Insel Juist; Quelle: DHL – Paketkopter 2.0


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Die Erschließung des großen zivilen Marktpotentials unbemannter Luftfahrtsysteme (auch als Drohnen, RPAS, UAVs, UAS bezeichnet) in Europa und außerhalb gelingt nur, wenn auch einheitliche Sicherheits- und Zulassungsstandards für diese Systeme und Komponenten, deren Betreiber, Piloten und Dienste gelten. Derzeit nutzen die (Micro-, Mini-) Drohnen viele Anwendungsmöglichkeiten des VLOS-Betriebs. Der Marktbedarf für Einsätze jenseits der direkten Sicht (BVLOS) ist jedoch sehr groß.

Abbildung 5: Die neue Drohnenverordnung mit Darstellung der Einschränkungen und Flugverbotszonen Quelle: Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur in 04.2017

In den allermeisten europäischen Ländern ist der Betrieb von unbemannten Fluggeräten genehmigungspflichtig. Außerdem ist der Betrieb unbemannter Fluggeräte gemäß Luftverkehrsordnung (LuftVO) außerhalb der Sichtweite (BVLOS) des (vom Boden aus) steuernden Piloten oder mit einem RPAS-Gesamtgewicht > 25kg grundsätzlich verboten. Ein Flug oder der längere Betrieb bedarf einer Einzelgenehmigung (einer so genannten „Aufstiegserlaubnis“) durch die nationale Zulassungsbehörde (Luftfahrtbehörde). Dazu muss die Behörde vorher geprüft und festgestellt haben, dass die beabsichtigte Nutzung des unbemannten Fluggeräts des Antragstellers zu keiner Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs oder der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führt (in Deutschland gemäß §16, Absatz 4 der LuftVO1 vom 01.10.2017). Die bisherigen Aufstiegs- und Betriebsvorschriften sind aus Sicherheitsgründen auf geringe Abfluggewichte (bis 25kg), geringe Flughöhen (< 500ft) und Sichtweiten (VLOS) zwischen Pilot und Fluggerät weit abseits von zivilen Flughäfen und dicht besiedelten Gebieten wie Städten begrenzt. Geeignet und zum Teil zugelassen sind derzeit nur Lufträume um bestehende militärische Flugplätze und eigens ausgewiesene (autorisierte) zivile Flugplätze („Segregated airspace“). Für sie ist eine allgemeine Aufstiegserlaubnis erforderlich.

Kurzinformation für die Nutzung unbemannter Luftfahrtsysteme des BMVBS 2013 (Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Städteentwicklung, heute BMVI/Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur). 1

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Markt- und Anwender-TRENDS › Sichere stabile Verbindung und Kommunikation von in die Milliarden gehenden Internet-/ Online vernetzten Nutzern (Geräten) weltweit: Bereitstellung der dafür notwendigen sicheren Technologien (z.B. WLAN, Funkprotokolle mit kurzer/ mittlerer Reichweite) in ausreichender Zahl in einem begrenzten Wirkungsbereich mit hohen Sicherheitsanforderungen („Smart connected Solutions in restricted areas“). Dies bedeutet, dass die Geräte außerhalb ihrer Bereiche nicht funktionieren (eine Art Geofencing). Dieser Trend gilt nicht bloß für Personen, sondern viel allgemeiner für die zukünftige Entwicklung des Internet der Dinge („Internet of Things/ IoT“). › Wachsende schrittweise Automatisierung bis hin zur (Teil- und Voll-) Autonomie von Geräten, Maschinen und Anlagen: Internet of Things setzt diese vernetzte automatisierte Kommunikation voraus. Vor allem amerikanische Hersteller sind führend in der Entwicklung und Fertigung diesbezüglicher Komponenten, Ingenieurdienstleistungen und Software zur Automatisierung. › Rasant fortschreitende Automatisierung in der gesamten Industrie („Industrie 4.0“) mit weltweiten Lieferketten: Durch die sehr schnelle Weiterentwicklung von IKT, Software und Elektronikchips in großen Stückzahlen für alle Industriezweige (einschließlich Verbraucherelektronik) wird auch die Luftfahrt, im Besonderen die Luftfahrt mit unbemannten Fluggeräten, profitieren: Neuartige miniaturisierte Sensoren (Radar, IR, UV, Laser), Netzwerktechnologien mit neuen Standards, kostengünstige Softwarepakete (Apps) und Services. Dieser Trend unterstützt die wachsende Zusammenarbeit von sehr spezialisierten Start-ups (fachspezifisches Know-how) mit den nur langsam agierenden Großfirmen für innovative Produktentwicklungen (z.B. „Vans and Drones“ zwischen Daimler und Matternet). › Kurz- bis mittelfristige Entwicklung von Autonomie-Kits für Drohnen und personentragende Flugsysteme/Lufttaxis (z.B. Airbus/VAHANA, KIT/EVOLO, VOLOCOPTER/D, China/EHANG) mit folgenden Zielen:  Vermeidung von Midair-Zusammenstößen (Flugzeug und Drohnen)  Bodennaher Betrieb von Drohnen (Vermeidung von Zusammenstößen mit Hubschraubern/Hindernissen/Bäumen) und  automatisches Starten & Landen von Drohnen bis hin zur behördlichen Zulassung.

Anwendungen und Einsatzarten von Drohnen/RPAS Anmerkung: ICAO spricht nicht von UAV/Unmanned Aerial Vehicles oder UAS/Unmanned Aircraft Systems oder Drones, sondern immer nur von RPAS (Remotely Piloted Airborne Systems). Es gibt eine Fülle von zivilen Drohnen-Anwendungen, Einsatzarten und Betreibern/Organisationen. Die nachfolgenden 3 Charts von UVS International – einer Organisation, die sich mit der Harmonisierung der Luftverkehrsregeln in Europa und darüber hinaus, der Markterschließung, der Standardisierung und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Drohnensektor befasst – zeigen die vielen Geschäftsmöglichkeiten auf (siehe www.rpas-civops-com).

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Abbildung 6: Darstellung der verschiedenen Marktsegmente für diverse Drohnentypen, Betriebsarten sowie gewerbliche und nicht gewerbliche Drohnen-Betreiber in den Wirtschaftsbranchen Quelle: Vortrag P. van Blyenburgh / UVS International auf der RPAS Conference in Peking in 3/2017

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Grundsätzlicher Aufbau von unbemannten Fluggeräten/Drohnen mit Ausrüstung (Modulen) Die Grafik zeigt die grundsätzliche Komponentenstruktur eines unbemannten Fluggeräts nach den im Flugzeugbau üblichen ATA-Kapiteln. Sie soll auch verdeutlichen, wo in der Zukunft Verbesserungen in den Teilsystemen möglich werden.

Abbildung 7: Modul-/Komponentenstruktur eines Drohnensystems Quelle: UcM-Projektbericht, Seite 6 von Austrian Aerospace Industries/Wien und FH Joanneum Graz in 3/2015

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Die Integration unbemannter Fluggeräte in den Luftraum in Europa Die Integration unbemannter Fluggeräte in den überwachten/nicht überwachten Luftraum (Luftraumklassen/Luftraumstruktur) in Europa schreitet voran. Zur besseren Bewältigung des erheblich ansteigenden Flugverkehrs in den nächsten Jahren und Jahrzehnten hat die Europäische Union im Jahre 2004 die Schaffung eines einheitlichen europäischen Luftraums („Single European Sky“) beschlossen. Die operationelle Seite dieser Luftfahrtmanagement-Initiative wird von dem gemeinsamen Unternehmen „Single European Sky Air Traffic Management Research – SE-SAR“ (Joint Undertaking SESAR) umgesetzt. Der Fokus der aktuellen Diskussion liegt auf den Bereichen G und E im unteren Luftraum, in denen die klassische Flugverkehrskontrolle ATC für unbemannte Fluggeräte angepasst werden muss. Der Druck auf eine zügige Lösung kommt vor allem über die laufenden Entwicklungsarbeiten und Flugtests von lasttragenden Paketdrohnen (z. B. Amazon, Google, Microsoft, DHL).

Abbildung 8: Darstellung der Luftraumstruktur in Deutschland gemäß DFS Quelle: Deutsche Flugsicherung GmbH

Die Entwicklung aller relevanten Sicherheitstechnologien sowie konformer Ausrüstung und Maßnahmen für Drohnen dient dem Ziel eines sicheren (unfallfreien) fliegerischen Einsatzes in der Umgebung sowie der Verhinderung von unerlaubten Einsätzen (z.B. gesperrte Lufträume, Ausspähung, terroristische Einsätze aus der Luft). Dafür ist sicherzustellen, dass 1. Die Drohnen behördlich registriert werden (wichtig zur Nachverfolgung von Unfällen). 2. Eine störsichere wechselseitige Datenkommunikation zwischen dem Piloten/Bodensteuerer und der Drohne gesichert ist 3. Die Datenintegrität gesichert (d. h. Daten/Dateien über einen bestimmten Zeitraum auch bei Weiterleitung vollständig und unverändert erhalten bleiben = Datensicherheit) („Intelligente Konnektivität“ von Nr. 2 und Nr. 3) und 4. Die Privatsphäre gewahrt bleibt (Datenschutz, keine Flüge über nicht autorisiertem Gebiet, keine Spionage aus der Luft). Die Datenpakete sind bei der Übertragung unbedingt zu verschlüsseln.

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Diese Maßnahmen müssen in einem integrierten Betriebssicherheitskonzept („Security by Design“) enthalten sein, welches auch den Abschluss einer entsprechenden Haftpflichtversicherung für mögliche Unfälle vorsieht. Für (Mikro-, Mini-) Drohnen mit einem maximalen Abfluggewicht unter 25 kg/50 kg spielen neben den missionsrelevanten Anforderungen der Module auch ihr Gewicht, ihre Abmessungen und ihr jeweiliger Energieverbrauch eine wichtige Rolle. Deshalb sind für diese Klassen ziviler Drohnen leichte, kompakte und energiesparende Ausrüstungsmodule wesentlich. Das gilt auch für alle sicherheitsbestimmenden Kommunikations-, Navigations- und Steuerungsmodule. ALLGEMEINE SICHERHEITSANFORDERUNGEN AN DEN SICHEREN DROHNENBETRIEB

Sie umfassen das rechtzeitige Erkennen von Hindernissen, Warnen und Anzeigen von Hindernissen (z.B. Kirchtürme, Bäume, Hubschrauber und Flugzeuge) sowie pilotengesteuerte oder automatische Einrichtungen für Ausweichmanöver. In der neuen deutschen Luftfahrtverkehrsverordnung sind Einschränkungen für die Luftfahrt explizit festgeschrieben (z.B. Krankenhäuser, Kraftwerke, Wasserstraßen). Diese ergeben sich zur Gänze aus Anforderungen vom Boden.

Schaffung einheitlicher Industriestandards/Produktsicherheitsstandards für Drohnenausrüstung Nationale bzw. europäische Industriestandards/Normen für Drohnenausrüstungen gibt es bisher nicht. Zu deren Entwicklung ist die folgende Vorgehensweise notwendig: 1. Abgestimmte Festlegung von Anforderungen der Drohnen-Betreiber und Hersteller/Industrie („National Industrial Community“) 2. Erarbeitung von Industrie-Vorschlägen für Standards (bezüglich Betriebs- und Produktsicherheit sowie Umsetzbarkeit) 3. Vorlage dieser Industrie-Vorschläge bei den Standardisierungsorganisationen in Europa: › ASD STAN (für die Open Category. Darunter fallen auch die sicherheitsrelevanten Technologien des Geofencing und der Electronic Identification) › EUROCAE (für die Specific und Certified Category) › Ggf. ISO für internationale Anwendung 4. Hinterlegung obiger Vorschläge aus Punkt 3 bei der nationalen Luftfahrtzulassungsbehörde NAA bzw. auf europäischer Ebene bei der European Aviation Safety Agency/EASA und Genehmigung durch die NAA bzw. EASA (gemäß A-NPA). Dieser Weg der Entwicklung und behördlichen Genehmigung einheitlicher Standards für Drohnen, Drohnenausrüstung und Services ist hinsichtlich der Sicherheitsrisiken (Gefährdungspotential im Luftraum und auf der Erde) unbedingt notwendig, jedoch auch langwierig. Deshalb ist zur Definition, Entwicklung und Absicherung von technologisch machbaren und sicherheitsmäßig akzeptierten Standards für Sicherheitsausrüstungen die enge Zusammenarbeit zwischen Drohnenbetreibern, Ausrüstungsherstellern und regionalen Behörden zur praktischen Erprobung in so genannten „Drone Test Centers/Drohnen-Erprobungszentren“ wichtig. Hier bieten sich aufgelassene Flugplätze mit zum Teil noch vorhandener Infrastruktur an. Zu definierende Sicherheitsstandards müssen die hohen Erwartungen der Öffentlichkeit erfüllen, die behördlichen Zuständigkeiten klären, die finanziellen Bedingungen im Haftungsfall festlegen, technologisch machbar und rechtlich sinnvoll sein.

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Drohnen-Erprobungszentren dienen der konkreten F&E-Arbeit und der flugtechnischen Nachweisführung von Flugkonzepten, Ausrüstung und Software (siehe Modulstruktur von Drohnen in Abb. 7) hinsichtlich der Erfüllung der geplanten Funktionalität, Zuverlässigkeit, Sicherheit und einfachen Handhabbarkeit sowie der regelmäßigen Einweisung des Firmenpersonals, welches das Zentrum nutzt. Der Aufgabenbereiche könnte beispielsweise Flugversuche unter VLOS- und BVLOS-Betrieb, Flugmanöver in Gebäudenähe und unter verschiedenen „Sense & Avoid“-Szenarien umfassen. Für den sicheren und wirtschaftlich erfolgreichen Betrieb eines Drohnen-Testzentrums ist die enge Zusammenarbeit der möglichen Nutzergruppen notwendig. Diese umfassen: › Drohnen-Service-Providers/Operators (zivile, aber wegen Synergieeffekten auch militärische) › Drohnenhersteller /Ausrüster › Piloten /Flugschulen › Wartungsbetriebe für Drohnen und deren Ausrüstung › Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen. Darüber hinaus sollten als Partner auch eingebunden werden: › Behörden (Verkehrsbehörden, Luftämter, Zulassungsstellen, Flughafenbetreiber) › Infrastrukturbetreiber und -zulieferer › Gemeinden › Luftfahrt- und Industrieverbände sowie › Versicherungen.

Sicherheitstechnologien für Drohnen Es gibt viele Ansätze im Planungsstadium, jedoch deutlich weniger in der Entwicklung. Wenngleich sich auch einige in der Testphase befinden, so sind bisher nur wenige in der Luftfahrt zugelassen. › „Intelligenterer“ Autopilot: Neben der automatischen Steuerung von Fluglage (3 Raumrichtungen), Geschwindigkeit und festgelegtem Kurs der Drohne ist auch die Integration von Hindernis-Informationen ohne eigene zusätzliche Sensoren in bestehende Autopiloten in Entwicklung. › Behördliche Registrierung und dauerhafte Identifikationskennzeichnung ID am/im Fluggerät (optisch und elektronisch): Hier arbeitet die Firma NXP (ehemals Philips in Hamburg) an elektronischen Chiplösungen mit der deutschen Automobilindustrie eng zusammen. Kostengünstige Chiplösungen für Drohnen sind geplant. › Automatisches Geofencing: Die Drohne kennt ihre Position in Bezug auf beschränkte Lufträume und vermeidet diese selbstständig. Dieses Modul verhindert das Eindringen der Drohne in kritische Flugräume wie etwa Kontrollzonen. Anmerkung: Das chinesischen Unternehmen DJI stattet seine Drohnen serienmäßig mit Geofencing aus. › Onboard-Signalleuchten: Zur deutlichen Sichtbarmachung von Drohnen bei diffusen Wetterverhältnissen oder in der Nacht sind Zusammenstoß-Warnlichter und Positionslichter gemäß der EU-Durchführungsverordnung (SERA 923/2012 Punkt 3215) erforderlich. › Einbau eines elektronischen Chips bzw. einer Softwarefunktion für die automatische Rückkehr der Drohne zum Ausgangpunkt. Die entsprechende Aktivierung erfolgt bei Vorliegen bestimmter Bedingungen (z. B. bei Störung des Datenlinks oder bei Auslösen durch den Piloten/Drohnensteuerer). › Störsicherer BVLOS-Datenlink: Bei partiellem oder vollständigem Ausfall des C2-Datenlinks muss sichergestellt sein, dass die Hard- bzw. Software zur Steuerung der Drohne  automatisch auf einen Satelliten-Link oder 13


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auf autonomen Betrieb mit Rückkehrfunktion umschaltet.

› FLARM (Hersteller FLARM Technology/Schweiz):  Ein bewährtes, weit verbreitetes Verkehrsinformations- und Kollisionsvermeidungssystem für die allgemeine Luftfahrt, für Leichtflugzeuge und Drohnen. Kollisionswarnung auch vor festen Hindernissen (z. B. Sendemasten, Bäume, Bauwerke >100m, Seilbahnen)  Einzige marktetablierte und kostengünstige zugelassene Alternative zum teuren TCAS-System. Letzteres findet fast ausschließlich in Verkehrsflugzeugen Verwendung  Typische Reichweite 3–5 km  Es sendet automatisch seine Position und seine Flugbahn an die Umgebung (Drohnen und Flugzeuge), erzeugt ein Luftlagebild am Bildschirm des Bodenpiloten und löst auch Alarm und Kommandos (wie bei TCAS) aus. Luftbild ist im Internet darstellbar.  Durch die FLARM-Entwicklung konnten klare Sicherheitsvorteile, Gerätestandards und niedrige Preise realisiert werden. Mit FLARM ausgerüstete Drohnen und Flugzeuge kommunizieren automatisch miteinander. Der Vorteil liegt vor allem darin, dass viele Luftteilnehmer (z. B. Drohnen) auf kleinem Luftraum (1–2 km³) am Bildschirm darstellbar werden (Sicherheitsvorteil), die Grenzen müssen aber noch erflogen werden.  Der Autopilot („intelligenter Autopilot“) nimmt Sendeinformationen aus der Umgebung auf, ohne dass er adäquate eigene Sensoren selbst an Bord haben muss  Weiterentwicklung zu „PowerFLARM“ vollzogen: Kompakteres Modul, größere Sende- & Empfangsleistungen, optionale Doppelantennentechnologie, besserer Interferenzschutz, größere Rechenleistung und mehr Speicher, EASA-zertifiziert. Neben den FLARM-Funktionen fungiert es auch wie ein passives TCAS. Es kann somit für Flugzeuge/Fluggeräte, die mit (Mode S-, Mode A/C- sowie ADS-B-fähigen) Transpondern ausgerüstet sind, vor dem Flugverkehr warnen  Einige PowerFLARM-Produkte enthalten auch einen ADS-B-Empfänger, um Drittflugzeuge zu erkennen.  Micropilot (FLARM + Autopilot) ermöglicht automatische Ausweichmanöver  Produkt- und Komponentenspezifikationen im Internet abrufbar (Quelle: PowerFLARM-Kollisionswarngeräte). › ADS-B (Automatic Dependent Surveillance – Broadcast) ist ein System der Flugsicherung zur Anzeige der Flugbewegungen im Luftraum.  Die Luftfahrzeuge bestimmen selbständig ihre Position (z.B. über das Satellitennavigationssystem GPS). Position und andere Flugdaten (Flugnummer, Flugzeugtyp, Zeitstempel, Geschwindigkeit, Flughöhe und geplante Flugrichtung) werden typischerweise einmal pro Sekunde ungerichtet auf 1090 MHz abgestrahlt. Die Flugkontrolle empfängt die Daten aller Verkehrsteilnehmer (als ADS-B Out) und bereitet sie grafisch auf  Reichweite bis 5 km: Anzeige von Objekten im Umkreis ohne Unterstützung vom Boden  Wird ab 2018 in den USA verbindlich vorgeschrieben, damit erhält jeder Pilot automatisch ein Luftlagebild  Werden die gesamten Verkehrsdaten über ADS-B In (In für Input) an die Flugzeuge übermittelt, verfügen Piloten und Fluglotsen über dieselbe Übersicht über den Flugverkehr, das sogenannte Cockpit Display of Traffic Information (CDTI)  Führende Hersteller sind Sagetech und uAvionix in den USA  Sagetech/USA fertigt eine Gerätefamilie von kleinen XP-Transpondern (kompakt, geringes Gewicht, niedriger Leistungsverbrauch, Mode C) und auch integriert in ADS-B-Geräten (Mode S/ADS-B Out und Certified Mode S/ADS-B In/Out) für Drohnen Technische Daten im Internet unter www. sagetech.com.  uAvionix/USA entwickelt und fertigt kompakte Geräte wie ADS-B mit SkyBeacon (Navigationslichtersatz), ADS-B Transceiver, Sky Echo (ADS-B In und Out mit integriertem GPS, Höhenmesser und Batterie). Technische Daten im Internet unter www.uavionix.com. › Aktiver/passiver Transponder (erfordert eigene Stromversorgung/Batterie): Erkennen und Verfolgen von Flugzeugen und Drohnen. Bei aktivem Transponder sind größere Kommunikationsreichweiten, größere Datenspeicher und integrierte Sensorik möglich. Führender Hersteller für Drohnen-Kommunikation, Navigation und Überwachungssysteme ist uAvionix/USA. Technische Daten Technische Daten im Internet unter www.uavionix.com. 14


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› Hochauflösende kompakte Kameras werden als Erweiterung der Sicht des Piloten bei normalen Sichtverhältnissen (VLOS-Betrieb) eingesetzt. Die Qualität der Foto- und Videoaufnahmen ist besonders wichtig und hängt von der Bildstabilisierung (Gimbal/IMU) bzw. der Qualität und Auflösung der verwendeten Kamera ab (z.B. Spiegelreflex). Multicoptersysteme („Fliegende Kameras“) für den professionellen und gewerblichen Einsatz sind lieferbar. Preissegment (1.500–5.000 €). Auch Mehrkamerasysteme sind im Einsatz. Führender Hersteller ist die Firma AutonomouStuff (www.autonomoustuff.com). Sie liefert auch LIDAR und GPS-IMU und RADAR für kurze Reichweiten (200– 300m). Preis für Automotive 200–300 €, ansonsten 3.000–10.000 €. › Kompakte abbildende Radare: Sensor für Fernerkundungsaufgaben, Erkennen von Hindernissen. Ihr Vorteil liegt darin, dass sie bei nahezu allen Wetterbedingungen (Wolken, Nebel, Schnee und Rauch) sehen können. Führende Hersteller sind Echodyne, Goleta Star und AutonomouStuff. Die Preise sind allerdings noch sehr hoch (ca. 300.000€). Goleta Star entwickelt und fertigt kompakte leichte Radarsysteme.  Die Produkte haben Video- und Streifen-Radar mit synthetischer Apertur (SAR), Bewegtziel-Anzeige (moving target indication), kohärenten Änderungserkennungsmodus und arbeiten im Ka- und W-MillimeterWellenlängenspektrum.  AutonomouStuff (Typ: Hokuyo PBS-03JN). Technische Daten im Internet unter www.autonomouStuff.com/products. › LIDAR/Kompaktes Laserradar zur Hindernisortung. Führender Hersteller ist AutonomouStuff mit einer Familie kompakter Hinderniserkennungssysteme im Nahbereich (3–50m) Beispiel: Hokuyo PBS-03JN (kompakter 180° scannender IR –LED-Hinderniserkennungssensor, Reichweite = 3m, 0,5kg). Technische Datenblätter im Internet unter www.autonomoustuff.com. › Nutzung der vorhandenen Mobilfunknetze verschiedener Technologien (3G/4G/5G) für einen sicheren Drohnenbetrieb. Das bestehende Mobilfunknetz (3G/4G) ist das am besten ausgebaute Mobilfunknetz weltweit. Es gibt dazu auch Apps, die die eigene Position absenden, weshalb es naheliegt, dieses für die Kommunikation mit Drohnen („Fliegendes Handy“) nutzbar zu machen. Ein eigenes zu entwickelndes Kommunikationsnetz wäre viel zu teuer! Hier tun sich neue Entwicklungen auf, die auf den vorhandenen 3G/4G Mobilfunknetztechnologien (Funkzellen) beruhen, sichere Datenlinks ermöglichen können und in der Anwendung auf Drohnen dem Piloten ein genaues lokales Luftlagebild auf dem Bildschirm der Bodenstation und im Internet ermöglichen können. Derzeit gibt es allerdings dazu noch keine Luftfahrtstandards. Aus Erprobungen mit Drohnen zeigte sich, dass über Land die Kommunikation gut funktionierte. Bei Flügen über Städten gab es jedoch Probleme, da mehrere Sender angesprochen wurden und die Flüge nicht einwandfrei funktionierten. So ist der Mobilfunk für Fluggeräte noch nicht nutzbar. In Verbindung mit Geofencing (eingegrenzter Luftraum) wären aber sichere Flüge möglich. Es sind daher Änderungen der Mobilfunknetze für die Luftfahrt notwendig. Dazu müssen sich die großen Telekom-Firmen engagieren. Ein gut vorstellbares Anwendungsbeispiel mit Nutzung des Mobilfunknetzes wäre die Sicht-Inspektion von Brücken mittels Drohnen. Heute wird diese gefährliche Arbeit mit einem 3-Mann-Team durchgeführt, wobei nicht selten die Gefahr tödlicher Abstürze droht. Diese Aufgabe könnte mit Drohnen (mit eingebauter Abstands-Sensorik, Geofencing und Flugwegplanung) sicherer und kostengünstiger bewerkstelligt werden. › Primär- oder Sekundärradar: für einen zivilen Betrieb kleiner Drohnen ungeeignet (viel zu schwer und viel zu teuer).

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Wetterdetektion Auch das Wetter hat für den sicheren Betrieb von Drohnen eine große Bedeutung. Das Thema „automatische Wetterdetektion“ ist für den Drohnenbetrieb bisher noch nicht richtig erkannt worden. In allen Flugphasen (Start – Aufstieg – Missions-/Streckenflug – Rückflug – Anflug – Landung) ist die Beachtung der Wettersituationen (Schönwetter, Wolken, Gewitterzellen in Wolken, Regen, Nebel, Böen, Turbulenzen, Hagel, Vereisung) wesentlich. Hinzu kommt, dass heute die Wetterdaten für den Drohnenbetrieb noch nicht digital lesbar (kompatibles Format) sind. Selbst wenn die Daten schließlich vollständig lesbar werden, wird man diese an Bord aus Haftungsgründen zunächst nur in einem Assistenzsystem einsetzen, ehe man zur vollen Automatisierung (voll automatisiertes Wetterinformationssystem, gekoppelt mit dem Autopiloten) übergeht. Auch angedachte Wetterdetektionslösungen sind nicht einfach. Wettersensoren für Gewittererkennung (Turbulenzen, Vereisung, etc.) gibt es derzeit nicht. Für einen Flug im oberen Flugbereich (Luftraumbereich C für IFR-Betrieb) kann der Pilot zwar starten, doch untersagt ihm Air Traffic Control (ATC) den Start, wenn das Wetter im geplanten Flugbereich schlecht ist. (Test-) Flüge in diesem Flugbereich fallen unter die Kategorie „Certified“ und sind derzeit nur mit einer Sonderregelung möglich. Für VFR-Flugbetrieb ist die Startfreigabe von ATC erforderlich (Sicherheitsmaxime für Flug: Schlechtwettervermeidung) oder aber das Einstellen des Transponders auf eine bestimmte/vorgegebene Funkfrequenz (falls sich das Wetter nach dem Start zwischenzeitlich verschlechtert hat). Im unteren Luftraumbereich (E und G) sind für den BVLOS-Betrieb ein sicherer Datenlink und ein neues Luftmanagementsystem erforderlich. Davon sind wir heute noch weit entfernt. Auch die Entwicklung kompakter, leichter (2–5 kg) und preisgünstiger Ausrüstungsmodule zur Gewitterdetektion steht erst am Anfang. Für „Sense & Avoid“ ist die Flugsituation der direkt aufeinander zufliegenden Fluggeräte/Flugzeuge (Head-on-Kollision) der kritischste Fall. Sensorik und Steuerungssoftware sind so auszulegen (analytisch zu berechnen und in Varianten zu simulieren), dass dieser kritischste Fall gelöst und damit sicher vermieden wird. Die zu wählende Sensorik und die entsprechende Regelung sind also anwendungsabhängig.

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Vermeidung von Kollisionen/Unfällen bei wichtigen Flugsituationen von Drohnen A. AUSRÜSTUNG FÜR NEAR MID AIR COLLISION AVOIDANCE (LUFTRAUM C): MEIST STRECKENFLUG

a. b. c. d.

Nahraum-Radar (noch zu schwer und zu teuer) Kameras und Stereokameras Aktive/passive Transponder (benötigen eigene Energieversorgung) ADS-B

B. AUSRÜSTUNG FÜR BODENNAHEN BETRIEB (LUFTRAUM G UND E):

Bodennahe Hindernisse sind zum einem Kirchtürme, Hochspannungsmasten, Bäume, etc., zum anderen auch Flugplätze für Segel- und Motorflug und Hubschrauber sowie der Luftraum darüber (bis 1.000 ft) für das Training von Notlandeverfahren (z.B. Autorotationslandung mit Helikoptern). Drohnen-Betrieb ist aktuell nur bei Sicht (VLOS) erlaubt. Hier gibt es derzeit intensive Diskussionen über UTM (Unmanned Air Traffic Management) mit Drohnen. Luftfahrtregeln bestehen noch nicht. Zur Lösung der bestehenden Probleme gibt es verschiedene F&E-/Versuchsprojekte (z. B. DFS mit Telekom, EU-Projekt PODIUM). Das Projekt PODIUM untersucht den Betrieb im USpace mit Erprobung von UTM-Regeln. Es läuft seit Januar 2018 in drei Ländern (Niederlande, Frankreich, Dänemark). Die verfügbare Ausrüstung besteht in einzelnen optischen Kameras oder mehreren (monokularen) Kameras und Laserkameras. Richtpreise: 500–1.000 € pro Kamera, oder 400 € pro Kamera und 200–400 € pro Objektiv. Beispiel: 6 Minikameras (4 blicken in verschiedene Richtungen nach vorne, eine nach unten, eine nach oben). a. FLARM und ADS-B b. Hochauflösende elektrooptische Kameras c. Geofencing d. Radar C. AUSRÜSTUNG FÜR SICHERES LANDEN:

Für Multicopter-Drohnen ist das Landen deutlich einfacher als für Fixed-Wing-Drohnen. Sicheres automatisches Landen erfordert entweder eine geeignete Sensorik (aktives Radar, Laserradar, elektrooptische oder IR-Kameras) oder wenigstens drei Referenzstationen (z.B. GSM-Stationen) am Boden zur Triangulation. Automatisches Landen mit Drohnen ist derzeit nur auf Sicht (VLOS) erlaubt, damit der Bodenpilot am vorgesehenen Landeplatz (Runway mit Touch-down-Punkt) Hindernisse sehen kann. a. Hochauflösende Kamera(s) INFRASTRUKTURHILFEN UND SERVICES, DIE DAS FLIEGEN MIT DROHNEN SICHER MACHEN

Geospatial Environment Online (GEO) von DJI: › Datenbank mit Update alle 28 Tage › Enthält neben der Luftraumstruktur auch Gefängnisse, Kraftwerke und sonstige sensible Bereiche › Kann temporär gesperrte Lufträume einrichten (z. B. bei Großveranstaltungen) › UAVs meiden automatisch diese gesperrten Bereiche bzw. verweigern den Start › Manche Sperren können durch registrierte Benutzer mit Online-Account bei DJI aufgehoben werden, andere nicht › Ein gesperrter Luftraum kann nur auf Antrag durch DJI entsperrt werden, bzw. auf Nachweis einer Freigabe entsprechend NfL 1-437-15 (Clearance consideration for Control Zones). ERFOLGREICH REALISIERTE BEISPIELE MIT DROHNEN IMBVLOS/ VFR-BETRIEB

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Dies ist besonders interessant in dünn besiedeltem Gebiet; birgt folgende Herausforderungen: › Vollautomatischer Streckenflug (12 km) über das Meer inkl. Start und Landung (Pilotprojekt 1) mit Quadrocopter (Hersteller: Microdrones MD4-1000, allerdings adaptiert & optimiert auf vollautomatischen Betrieb) › Vollautomatischer Flugbetrieb über eine Strecke von 8 km bei einem Höhenunterschied von 500m inkl. Start und Landung (Pilotprojekt 2) › An- und Abflugverfahren für ein Tilt-Wing-Fluggerät in begrenztem Sicherheitsbereich (Projekt 2) › Präzisionslandung auf der Packstation › Automatisches Verschieben, Beladen und Entladen › Automatisches Laden der Akkus in den Nutzlastbehältern. PILOTPROJEKT 1

Projekt von DHL Group, Telekom und DFS für den Medikamententransport zur 12 km entfernten Nordseeinsel Juist › außerhalb Sichtweite, also BVLOS › VFR-Betrieb in 10/2014 › Lieferbetrieb 3 Monate › Hier wurden von umliegenden Sendern (GPS, ADS-B) automatisch die Koordinaten von Flugzeugen/Fluggeräten (Vehicles) an den Autopiloten der Drohne übermittelt und die Flugbahn des Paketkopters bis zum Ziel unter Berücksichtigung vorhandener Flugzeuge (Hindernisse) aktualisiert. Erkenntnis aus Testbetrieb: Sicherer Betrieb auch bei Seenebel und nachts möglich.

Abbildung 9: Flugbahn des DHL-Paketkopters 2.0 vom Festland zur Insel Juist

PILOTPROJEKT 2

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Wurde innerhalb einer Forschungsflugkampagne im Winter 2015/2016 vom Institut für Flugsystemdynamik IKT der RWTH Aachen im Auftrag der Deutschen Post/DHL Group für unbemannte Flüge mit dem Fluggerät DHL-Paketkopter 3.0 (Max. TOW = 14 kg, davon 2 kg Nutzlast) zwischen Reit im Winkl und der Winklmoosalm erfolgreich durchgeführt. Involviert waren dabei auch das Bayerische Staatsministerium des Inneren, Bundesministerium BMVI, Luftamt Bayern Süd, DFS und Gemeinde Reit im Winkl. (Details: siehe Berichte der RWTH Aachen und Informationen zu DHL-Paketkopter im Internet).

GEOPOST

Die Tochterfirma der französischen Post hat inzwischen ähnliche Versuche mit einem Hexocopter (GéoDrone) für einen 4kg-Pakettransport (Nutzlast) von über 20 km in gebirgiges Gelände erfolgreich absolviert. In jedem Versuchsfall war eine Sondergenehmigung der regionalen Flugsicherheitsbehörde erforderlich. Um ein mögliches Chaos durch die rasch wachsende Zahl von Drohnen zu vermeiden, muss im Zeitraum von 3–6 Jahren ein Luftraumüberwachungssystem entwickelt werden, das auch kleine Multicopter erfassen kann.

Die Zulassungsbehörden (ICAO, FAA, EASA) und ihre aktuellen Vorstellungen Diskussionsstand über den zukünftigen RPAS-/UAV-/Drohnenbetrieb: ICAO

› RPAS, beschäftigt sich mit Remotely Piloted Aircraft Systems (keine autonomen Systeme) › Es existieren 5 Arbeitsgruppen für  Airworthiness  Command and Control  Sense and Avoid  Pilot Licence and Medical  Air Traffic Management › Derzeit 110 Mitglieder aus 35 Ländern › Erwartete Ergebnisse (Outputs)  RPAS Manual inkl. Annexes  Proposed Air Navigation System (PANS) Manual on ATM › Zulassungsvorschriften lehnen sich teilweise an Vorschriften für manntragende Systeme an, sind aber oft deutlich modifiziert › Letztes RPAS Symposium: 09/2017 in Montreal.

EASA

Drei geplante Risikokategorien mit Anforderungen für den Flugbetrieb durchlaufen den Abstimmungs-/Genehmigungsprozess in der EU-Kommission und im europäischen Parlament. 1. Open Category: Open bis max. 25kg, untergliedert in Kategorien A0 - A4 2. Specific Category: Festes Missionsprofil/Flugweg (z.B. für Paketdrohnen) und zunächst niedrige Flughöhe (< 500ft) 3. Certified Category (große UAVs auf Basis zertifizierter bemannter Luftfahrzeuge), nicht vor 2019 relevant. EASA-ANFORDERUNGEN (DISKUSSIONSSTAND)

› Anforderungen in der Open Category 19


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Geofencing: RPAS kennt seine Position in Bezug auf die Luftraumgrenzen und vermeidet diese selbstständig (automatisch) › Anforderungen in der Specific Category  Light Unmanned Aircraft Operator Certificate  SORA (Specific Operational Risk Assessment) muss abgeschlossen und von der Behörde genehmigt sein › Anforderungen in der Certified Category  Noch nicht definiert, Prozess hat in Q1/2017 begonnen, soll bis Q4/2018 abgeschlossen sein  Entweder Erweiterung bestehender manntragender Regularien oder Definition eigenständiger Vorschriften Vorschriftenentwürfe sind zu finden unter www.easa.eu/easa-and-you/civil-drones-rpas. Die dringend zu lösenden Aufgaben für den Betrieb von (Micro-, Mini-)Drohnen im unteren Luftraum (Very Low Level <500 ft AGL), dem sogenannten „U-Space“)

Abbildung 10: Darstellung der dringend für den unteren Luftraum (VLL =Very Low Level) zu lösenden Aufgaben für Micro-Drohnen Quelle: Vortrag H. Schmidt-Bischoffshausen auf UAVDACH-Konferenz vom 04.-05.04.2017 in Friedrichshafen

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Ausblick auf die kommenden 5 bis 10 Jahre Die zukünftigen Innovationsschwerpunkte von Drohnen/UAVs liegen in der Entwicklung neuer Sensorik, der Miniaturisierung von Komponenten, der Anwendung bzw. Weiterentwicklung von Informations- und Kommunikationstechnologien, von Netzwerk- und Automatisierungstechniken sowie in Flugzeugkonzepten in extremer Leichtbauweise für Langzeitmissionen.

Abbildung 11: Schritte der Automatisierung (zu lösende Automatisierungsaufgaben) von Drohnen im europäischen Luftraum Quelle: A. Bülte/Airbus Defence & Space (UVS Internat. RPAS Conference Brussels, 24. Juni 2014

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