Dicke Dinger und scharfe Kurven

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Dicke Dinger, scharfe Kurven

Rostocker holen sich Anregungen auf der Campingmesse Von Sarah Müller Im Sommer möchte Frank Elfert mit seiner Frau und den gemeinsamen Kindern nach Norwegen. Letzte Vorbereitungen für eine vierwöchige Reise durch Norwegens Fjorde. Die Elferts haben sich für eine Reise mit ihrem Segelboot entschieden, doch die brennende Neugier auf Alternativen zum Segelboot ist der Antrieb, die „Camping & Caravaning“ Messe in Rostock zu besuchen.

Leere Parkflächen, volle Kassen. Samstagmittag. Große Auswahl bei der Wahl des Parkplatzes. Im Portemonnaie wirkt sich das wenig aus. 3 Euro werden zum einmaligen Parken fällig. Auf dem Weg zu den außenliegenden Kassen, riecht es nach Fenchel. Fenchel gemischt mit Salmiak und Currywurst. Eine Geruchskomposition die aufdringlich in die Nase steigt. Frank Elfert und seine Frau zahlen für ihren Familienausflug insgesamt 17 Euro Eintritt. Vorbei an „Omas Kräuterbonbons“ geht es in die Vorhalle der Messe.

Messe: „Wow schau mal Papa, da sind richtig große Wohnmobile. Können wir da auch rein?“ Franks Söhne laufen die einzelnen Stände sofort ab. Frau Elfert und Herr Elfert können sich, mit der Gewissheit, dass ihre Söhne die nächste halbe Stunde Spaß haben, in Ruhe um ihre Urlaubsvorbereitungen kümmern. An diesem Samstagmittag treffen rund 500 Besucher auf insgesamt 60 Aussteller. Platz für Fragen und Wohnmobilbesichtigungen gibt es also reichlich. „Ein gemütliches Heim“ für die Dauer in Norwegen wäre Frank Elfert das liebste Kriterium. Frei durch das Land fahren inklusive Bequemlichkeit von zu Hause - das kann sich der Vater zweier Kinder gut vorstellen.

2013 gab es hierzulande erstmals 26 Millionen Camping-Übernachtungen. Das meldet der Deutsche Tourismus Verband. Laut einer Forsa-Umfrage gefällt jedem zweiten Deutschen der Urlaub mit Wohnmobil, Caravan oder Zelt.

Camping ist beliebt.

Frank Elfert und seine Frau stehen inzwischen vor einem Knaus Wohnmobil. Während Frau sich die Schlafmöglichkeiten zeigen lässt, erklärt ein Aussteller Herrn Elfert alle technischen Details: „Markise, Fahrradträger, SAT-TV, eine Kanne für Frischwasser, 115 PS.“ – „Zu wenig Platz für die Jungs“, fasst Frau Elfert ihre Eindrücke von dem Wohnmobil zusammen. Frank Elfert hat keine Lust auf „eine kleine Pritsche.“ Der SKY Traveller von Knaus kann das Segelboot also nicht ersetzen. Die Suche geht weiter.

„Seit 2006 wächst die Campingbranche in Deutschland kontinuierlich um 2,5 Prozent“, sagt Martin Zöllner, der beim ADAC die Abteilung Touristische Services Camping leitet.

Ein 15-Liter-Triebwerk unter der Haube, Fußböden aus Marmor, elegante Ledersofas, drei LCD-Flachbildfernseher mit feinstem Soundsystem und einen Frischwassertank mit 450 Liter

Zwei Messen zu einem Preis, damit will die HanseMesse die Menschen locken. In einer Pressemitteilung erklärt das Unternehmen, dass „das Thema Camping-Caravaning im Monat März besser aufgehoben ist. Es ist wärmer, die Vorsaison steht vor der Tür und viele Händler sind mit ersten Vorbereitungen befasst.“ Deshalb der Wunsch der Branche, dieses Thema an die Boot & Angel – Messe zu koppeln. Familie Elfert bekommt zur Begrüßung gleich einen Urlaubskatalog in die Hand gedrückt. Die Gänge zwischen den Wohnmobilen sind leer. Der Familie gelingt ein erster Eindruck von der Holzoptik und Polsterbezüge sorgen für eine Wohlfühlatmosphäre. Das Knaus - Wohnmobil für bis zu 4 Personen.


Fassungsvermögen an Bord – so ein Wohnmobil der Superlative und zuhauf in den USA zu finden, gibt es auf der HanseMesse nicht. Hier steht klar der europäische Markt im Vordergrund. Darauf richten die Aussteller ihr Angebot aus. Caravaning Nord aus Bargeshagen hat sich auf Sport & Fun spezialisiert, schnittige Caravan-Modelle auf deren Dach ein Kajak passt. Seaside Travel lockt mit Wohnmobilverleih. Mit großen Augen stehen Besucher vor einem ganz exklusiven Angebot. Auch Familie Elfert ist zum Stehen gekommen. Eine ca. 5 qm Meter große Wasserfläche, angeleuchtet von lilanen Leuchtdioden. Auf den Beistelltischen aus Kork, stehen Sektflasche, Gläser und ein Obstteller. Für eine kurze Zeit tauchen Frau und Herr Elfert in die Spa-Welt ein. Ein mobiler Whirlpool ist ein echter Hinkucker, bestätigt Herr Elfert seine Frau, doch in Norwegen können sie damit nichts anfangen, fügt er hinzu.

Luxus zum Mitnehmen. Der mobile Whirlpool von Softub.

was ihn nicht länger am runden Cateringtisch hält.

Geht es nach CAMPWERK®, geht der Trend zum leichten Reisen. „Weg von den großen, schweren Wohnmobilen hin zu kleinen, mobilen Einheiten.“ Der Preis ist an diesem Samstag auch Zelten auf dem Autodach. ein vielgefragtes Detail. Die meisten der WohnUnweit von Familie Elfert entfernt, lässt sich eine mobile liegen preißmäßig bei 40.000 Euro. So Gruppe Männer vorführen, wie man eine einfa- ein Anhängerzelt gibt es schon ab 20.000 Euro. che, bequeme Übernachtungsmöglichkeit in Mi- Herr Elfert hat genug gesehen. Er steckt nuten aufbaut. Spezielle faltbare Anhängerzelte, sich ein Prospekt von CAMPWERK® ein Autodachzelte und fertige Campinganhänger mit und sucht Frau und Kinder. Nach insgesamt montiertem Zelt für den Straßen- und Offroad-Be- zwei Stunden Aufenthalt in der Messe, betrieb – Das bietet CAMPWERK®. Sogenann- gibt sich Familie Elfert zum Ausgang. Ein Urte Zeltanhänger – Die Alternative zum teuren teil haben die Vier noch nicht gefällt. Das SeWohnmobil, wie auch Frank Elfert bald feststellt. gelboot ist noch voll im Rennen, aber Herr Ein Mitarbeiter von CAMPWERK® führt den Elfert und seine Söhne schwärmen gleicherfachmännischen Aufbau der Zeltanhänger vor. maßen von dem Zelt auf dem Anhänger. Einmal da geklickt, einmal da gezogen – wie von Zauberhand entfaltet sich mit wenigen Handgrif- Vor der Messehalle verliert sich Frau Elfen das Zelt. Und was für ein Zelt. „Das 11qm gro- fert erneut in den starken Salmiakße Hauptzelt wächst mit dem Anbauzelt auf ins- geruch von „Omas Kräuterbonbons“. gesamt 23qm Wohn- und Schlaffläche, die sich Sie kauft sich und ihren Söhnen eine sogar unterteilen lässt“, erklärt der Fachmann. Tüte Salzlakritzbonbons für 2 Euro. Frank Elfert zeigt sich interessiert und erinnert Norwegen, ist Familie Elfert mit dieser sich daran, dass er, als kleiner Junge der DDR, Leckerei schon ein wesentlimit seinen Eltern auf diese Art umhergereist ist. ches Stück nähergekommen.

Schneller als ein Wurfzelt. Straßenanhänger mit montierten Anhängerzelt von CAMPWERK®.

Pommes und Currywurst. Unterdessen Stau in der hintersten Ecke der Messehalle. Familie Elfert trifft sich vor der Schlange an der Messe-Gastronomie. „Hunger!“ – quengelt der jüngste Sohn von Familie Elfert. Die runden Tische scheinen die Messebesucher um kurz nach eins magisch anzuziehen. Es duftet nach Currywurst und Pommesgewürz. Vor Familie Elfert steht ein älteres Paar, in dessen Hände keine einzige Info-Broschüre mehr passt. Frau bestellt, Mann sichert Sitzplätze mit genügend Abstellfläche für die Info-Broschüren. Dann ist Familie Elfert an der Reihe: Eine Cola, ein Bier und zwei Wasser, dazu viermal Currywurst. Preis: stolze 22 Euro. Lange bleiben Elferts Kinder nicht am Tisch sitzen, sie entdecken vom Platz aus ein Quad. Während Frau Elfert mit ihren Söhnen Erinnerungsfotos auf dem Quad macht, stopft sich Frank Elfert die übrige Currywurst in den, vom vielen Reden, trocken gewordenen Mund. Auch er hat etwas entdeckt,

Schlafen unterm Sternenhimmel. Dachzelt von CAMPWERK®.

Fotos: Sarah Müller


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