büchermenschen 4/2021

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FA M I L I E N L E B E N

© Matze Hielscher

Von Erziehung zu Beziehung

ALS „SUPER-NANNY“

wurde Katharina EXKLUSIV Saalfrank zur beINTERVIEW kanntesten Pädagogin Deutschlands und als bester TV-Coach mit dem „Deutschen Fernsehpreis“ ausgezeichnet. Die erfolgreiche Eltern- und Familienberaterin macht sich stark für einen Perspektivenwechsel: „Beziehung statt Erziehung“. Ihre Erkenntnis als Mutter von vier Söhnen und erfahrene Expertin: „Eine liebevolle Eltern-Kind-Beziehung ist die Basis, dass Kinder gesund und glücklich aufwachsen.“ Zu einem neuen Miteinander führt ihr aktuelles Buch „Die Reise zur glücklichen Eltern-Kind-Beziehung“ – ganzheitlich und lebensnah.

▶ Sie selbst sind bereits jung Mutter

geworden und haben – parallel zu Studium und Job – vier Söhne großgezogen. Was haben Sie als größte Herausforderung empfunden und was hat Ihnen am meisten geholfen? ▶ Es war eine wunderbare Zeit. Dennoch war die größte Herausforderung als Mutter für mich, die jeweiligen Entwicklungen und Bedürfnisse aller vier Kinder jeweils im Blick und konkret im Bewusstsein zu halten. Muttersein ist Überforderung mit Ansage. Wenn man die Überforderung wahrnimmt, dann kann man verhindern, dass sie einen ständig überflutet. Mir hat sehr geholfen, dass ich selbst noch in Studium und Ausbildung stark in der Entwicklung mit Eigenreflexion war und quasi mit

meinen Kindern in meinen eigenen Entwicklungsräumen „mitwachsen“ konnte. ▶ Warum erweisen sich Erziehungsversuche so oft als vergeblich, obwohl Eltern das Beste für Ihre Kinder wollen? ▶ Alle Eltern haben bestimmte Vorstellungen davon, wie ihr Kind sein soll. Diese Vorstellungen ergeben sich aus eigenen Prägungen und auch durch die Anforderungen der Gesellschaft, die an die Familie gestellt werden. Wenn wir im Prozess als Eltern diese Vorstellungen nicht hinterfragen, besteht die Gefahr, dass wir das Kind einseitig an ein von uns gewolltes Verhalten und unsere Vorstellungen einfach anpassen, anstatt zu verstehen, was genau unser Kind braucht. Deshalb ist es aus meiner Sicht so wichtig, sein Kind in seinem Verhalten zunächst besser zu verstehen und lesen zu lernen, bevor wir selbst aus einem Reflex und alten Überzeugungen handeln. ▶ Was brauchen Kinder am meisten? ▶ Wir wissen aus der Entwicklungspsychologie und der Bindungstheorie schon seit Jahrzehnten, dass Menschen Verbindungswesen sind. Wir kommen quasi auf die Welt, um uns zu binden. Ohne Bindung geht es gar nicht. Daraus folgen ganz viele weitere Annahmen. Eine der wichtigsten ist, dass Kinder nicht gegen uns agieren, sondern eine unglaubliche Kooperationsbereitschaft besitzen und sich mit uns verbinden wollen. ▶ Auf Ihrem neuen Buch steht nicht etwa Ratgeber, sondern „Reise …“. Worin besteht der feine Unterschied? ▶ In Ratgebern geht es häufig um Wissensvermittlung und reine Verhaltensanweisungen. Mit meinem Buch möchte ich konkret Bewegung bei LeserInnen auf allen Ebenen anstoßen und Bereiche, die es für nachhaltige Veränderung braucht, miteinander verbinden: Wissen für den Kopf, die Arbeit mit Emotionen und Handlungsmustern und auch die Verbindung zum eigenen Körper gehört mit dazu.

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▶ Gerade bei Konfliktlagen mit den

Kindern sind Eltern nicht selten uneinig. Wie verhindert man am besten, dass Kinder ständig hin- und hergerissen sind und die Eltern in einen Dauerclinch geraten? ▶ Die Elternebene berührt häufig auch die Paarebene. Deshalb ist meine Elternund Familienberatung auch immer ein Stück Paarberatung. Denn die Frage ist ja nicht, wie können wir uns immer einig sein, sondern wie lösen wir gemeinsam Konflikte, welche Art von Führung wollen wir und welche emotionale Atmosphäre gestalten wir in unserer Familie. Eine Auseinandersetzung damit ist spannend und lohnend zugleich. ▶ Wie verstehen Sie Ihre Aufgabe als Coach beziehungsweise Reiseleiterin oder -begleiterin? ▶ Ich bin an der Seite der LeserInnen, indem ich eine bestimmte „Reiseroute“ gestaltet, Impulse und Reflexionen am Wegesrand eingeflochten und auch selbst Audiodateien für die eigene Arbeit mit sich selbst eingesprochen habe. So möchte ich vor allem Möglichkeiten und einen bestimmten Raum zur Verfügung stellen. Wichtig ist, dass die LeserInnen selbst entschieden sind, sich der Reisegruppe anzuschließen, losgehen und offen und neugierig auf ihre ganz persönliche Reise sind. ▶ Ihr Buch hat viel von einem Workshop. Worauf kommt es Ihnen an? ▶ Mir geht es darum, dass die LeserInnen durch die Beschäftigung mit den Inhalten nicht nur auf einer Ebene, sondern auf vielen verschiedenen in Bewegung kommen und nachhaltig auch Veränderung selbst in ihrem Alltag mit ihren Kindern erfahren können. ▶ Sie versprechen keinen Daueraufenthalt auf einer Insel der Seligen, sondern laden ein zu einer Beziehungsmomente-Challenge. Was ist das Wertvolle an diesen Erfahrungen? ▶ Die Beziehungsmomente-Challenge legt den Schwerpunkt auf eine besondere Achtsamkeit des Moments, in dem Verbindung und konstruktive Beziehung entsteht. Das Wertvolle an

Ich möchte konkret Bewegung anstoßen! “

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