Val Gardena 2020_TED

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VAL GARDENA MAGAZINE

WOLKENSTEIN: ERINNERUNGEN AUS DER ZEIT UNSERER GROSSELTERN

Auf dem Foto bin ich der größere Bruder neben meinem Vater

W

ir wohnten in Mailand, und ich erinnere mich noch an die erste Alarmsirene, mit der die Bevölkerung vor dem Bombardement gewarnt wurde, welches schließlich die halbe Stadt zerstören sollte. Es war im Jahr 1940, der Krieg hatte gerade erst begonnen. Auf der Suche nach einem sicheren Zufluchtsort kauften meine Eltern in Wolkenstein ein Haus in herrlicher Lage direkt am Weg zur Regensburgerhütte, unweit des alten Ortszentrums. Ich besuchte die zweite Klasse der Grundschule, 14 | VAL GARDENA | DOLOMITES |

während mein Vater in Dalmatien, der ursprünglichen Heimat meiner Familie, kämpfte. Wir verließen Wolkenstein erst 1943, als wir beschlossen, zu meiner Großmutter in ihr Haus am Comer See zu ziehen. Ab dem Jahr 1946 kehrten wir in den Schulferien jeden Sommer und Winter nach Wolkenstein zurück, bis das Haus schließlich 1965 verkauft wurde. Nach Wolkenstein gelangte man damals mit einem schnaufenden kleinen Zug, der den Bahnhof nach einer kurzen Anlaufstrecke durch die Wiesen,

die die Kirche umgaben, erreichte. Rotbäckige Kinder winkten, die Fahrgäste sahen aus dem Fenster und winkten zurück. In der Ferne tobte der Krieg mit seinem Getose und seiner Zerstörung. Es waren die Vierzigerjahre, und Wolkenstein war für mich eine wunderbare und friedliche Welt, in der es noch jede Menge zu entdecken gab. Die Bewohner sprachen Ladinisch, eine mysteriöse Sprache, und lebten noch wie ihre Ahnen Jahrhunderte zuvor. Die Erde brachte Roggen, Rüben und Heu für die Tiere hervor. Abends


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