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Meinung
Dr. Sabine Farrouh organisiert die Palästina-IsraelReisen der IPPNW.
Die letzte Gewalteskalation in Israel/ Palästina hat vielfältige Ursachen: Nach Meinung mancher oppositioneller Israelis wurde die Lage von Seiten Netanyahus angeheizt, um eine Regierungsbildung ohne „Bibi“ zu verhindern.
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Seit Wochen gab es heftige Proteste gegen die drohende Räumung mehrerer palästinensischer Häuser im Viertel Sheikh Jarrah, in denen die palästinensischen Familien zum Teil seit 1948 leben. Israel plant, die palästinensischen Bewohner*innen zu vertreiben und ihre Häuser an jüdische Siedler*innen zu übertragen. Während sich israelische Siedler*innen auf ein Gesetz von 1970 berufen, das die Rückgabe von Eigentum an jüdische Eigentümer*innen erleichtert, sind vertriebene palästinensische Familien gesetzlich daran gehindert, ihr Land und ihre Häuser zurückzufordern.
In diesem Jahr fielen der Ramadan und der Jerusalem-Tag zusammen. Die Palästinenser*innen treffen sich traditionell zum Fastenbrechen am Damaskustor, jüdische Israelis feiern die Annexion Jerusalems mit einem provokativen Marsch durch die palästinensische Altstadt. In dieser aufgeheizten Stimmung reagierten die israelischen Streitkräfte unverhältnismäßig auf die heftigen Proteste palästinensischer Jugendlicher – mit dem Einsatz von Tränengas, Betäubungsgranaten und gummibeschichteten Stahlgeschossen, auch innerhalb der Al-Aqsa-Moschee. Nach Angaben des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten verletzten sie dabei ca. 1.000 Palästinenser*innen, davon 735 durch Gummigeschosse. Laut dem Roten Halbmond verlor ein Verletzter ein Auge, zwei Palästinenser erlitten schwere Kopfverletzungen. Anschließend kam es zu dem, was wir seitdem in allen Nachrichtenkanälen gesehen haben.
Seit nunmehr 54 Jahren leben die Menschen in den palästinensischen Gebieten unter israelischer Besatzung. In Teilen wurden sie von Israel völkerrechtswidrig annektiert. Der dicht besiedelte Gazastreifen ist einer strengen Blockade von Israel und Ägypten ausgesetzt. Die Grundlagen der jüngsten Gewalteskalation liegen in der jahrzehntelang gegenüber den Palästinenser*innen ausgeübten strukturellen Gewalt und dem fehlenden Willen, diese zu beenden. Statt militärische Eskalation nur als „Recht auf Selbstverteidigung“ zu definieren und zu unterstützen, muss Deutschland gegenüber Israel endlich politische Lösungsschritte einfordern.