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Meinung
Ralph Urban ist Mitglied im Vorstand der deutschen IPPNW.
Ein deutsches Kriegsschiff, die Fregatte „Bayern“, bricht zu einer sechsmonatigen Fahrt in das südchinesische Meer auf. Gleichzeitig erleben wir katastrophale Überschwemmungen in Deutschland und vernichtende Waldbrände in den Mittelmeerländern. Wir hören drastische Alarmmeldungen des Weltklimarates.
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Die Reise der „Bayern“ ist ein vorläufiges Ergebnis einer jahrelangen strategischen Planung. Seit der Präsidentschaft von Barack Obama ist es eine Priorität der USA, dem „militärischen Aufstieg Chinas“ etwas entgegenzusetzen. In den letzten drei Jahren ist diese Rivalität prägend für die internationalen Beziehungen geworden, in den USA hat sie das Paradigma „Kampf gegen den Terrorismus“ abgelöst. Die NATO spricht seit Dezember 2019 von der Herausforderung durch China (London Declaration, 12/2019) Faktencheck: Die USA haben 2020 knapp dreimal so viel Geld für Verteidigung ausgegeben wie ihre Rivalen China und Russland zusammen – das ergaben Recherchen des Internationalen Instituts für Strategische Studien.
Am 2. September 2020 hat auch die Bundesregierung ihre „Indo-Pazifik-Leitlinien“ verabschiedet, die ausdrücklich vermehrte militärische Aktivitäten der Bundeswehr dort vorsehen. Unter dem Motto „Mit globaler Vernetzung kommt globale Verantwortung“ sollen Transportrouten und Lieferketten von und nach Europa gesichert werden, so das Bundesministerium für Verteidigung in seinen „ Indo-Pazifik-Leitlinien“. Den Einsatz in fernen Gewässern hatte die Verteidigungsministerin schon ein Jahr vorher geplant.
Im Zeiten von Atomwaffen und Klimakrise kann militärische Aufrüstung nicht zur Klärung der Konflikte im indo-pazifischen Raum beitragen. Die Entsendung eines Kriegsschiffs wird auch nicht den Menschenrechten nützen. Vielmehr ist die Ideologisierung des Konflikts mit der Entwicklung emotional aufgeladener Feindbilder, kombiniert mit militärischen Drohgebärden, ein Spiel mit dem Feuer.
Und wenn wir begreifen, dass wir die Klimakatastrophe nur gemeinsam abwenden können, müssen wir Sicherheit neu denken lernen. Notwendig ist Kooperation statt einer Politik der feindseligen Konkurrenz. „Der Planet schwebt in Lebensgefahr“ sagt unsere Bundesumweltministerin. Die Fahrt der „Bayern“ erweist sich vor diesem Hintergrund als ein trauriger und gefährlicher Anachronismus.