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Gleiche Rechte für alle!

Kundgebungen für einen gerechten Frieden in Palästina und Israel

Das Töten endlich beenden, Waffenexporte stoppen! Bei den Kundgebungen „Für einen gerechten Frieden“ am 14. Februar 2025 haben sich IPPNW-Mitglieder in Berlin, Köln und Nürnberg beteiligt. Auf der Berliner Kundgebung sprachen unter anderem der Musiker Prof. Michael Barenboim und der Aktivist und Pädagoge Basem Said. Wir dokumentieren ihre Reden in Auszügen.

Prof. Michael Barenboim

Deutschland unterstützt die Auslöschung und Zerstörung des palästinensischen Volkes. Nichts anderes tut es, wenn es Waffen nach Israel liefert im Wissen, wie diese benutzt werden. Israel hat Gaza in ein unbewohnbares Inferno verwandelt, den Gesundheitssektor, den Agrikultursektor, den Bildungssektor, und vieles mehr in Grund und Boden bombardiert – fast die gesamte Bevölkerung aus ihren Häusern vertrieben und diese Häuser mehrheitlich auch zerstört. Es hat abertausende Menschen, größtenteils Frauen und Kinder, umgebracht, und den Überlebenden die Lebensgrundlage genommen. (...)

Wir erleben auch die Gazafication von Teilen der West Bank. Angriffe auf Krankenhäuser, flächendeckende Zerstörung von Wohnhäusern, das Töten von Kindern. Ein wie auch immer gearteter Waffenstillstand in Gaza bedeutet nicht, dass Palästinenser nicht weiterhin systematisch entrechtet, vertrieben und getötet werden. Die Bilder aus Jenin ähneln nicht umsonst den Bildern aus Jabalia.

Wie lange wollen wir eigentlich noch wegschauen hier in Deutschland? Wie erlauben wir es, dass diese Politik der Mittäterschaft nicht nur fortgesetzt, sondern von den meisten Politiker*innen hierzulande mit einer Inbrunst verteidigt wird, die einem Angst machen kann? Schließlich ist der Preis dieser Politik hierzulande eine beispiellose Repression von Palästinenser*innen und ihren Unterstützern, die in einem kaum verborgenen autoritären Gestus immer weiter vorangetrieben wird.

Denn machen wir uns nichts vor: Dies hat nichts mit historischer Verantwortung zu tun. Diese ist verankert in der Konvention zur Verhinderung und Bestrafung von Völkermord, die uns verpflichtet, Verbrechen wie in Palästina soweit es geht zu verhindern. Nochmal: Dies ist eine Verpflichtung. Dazu gehört, jede Form der Unterstützung zu unterlassen, die die gewaltsame, illegale Besatzung fördert, wie gefordert vom IGH in dem Gutachten vom 19. Juli 2024. Das betrifft nicht nur Waffen, es betrifft Kooperationen mit Institutionen, die zur Aufrechterhaltung jener illegalen Besatzung beitragen. Diese Kooperationen müssen unverzüglich beendet werden.

Vom römischen Philosophen Seneca ist folgender Satz überliefert: „Frieden ohne Gerechtigkeit ist Sklaverei“. Wir müssen uns ehrlich machen und uns für Gerechtigkeit für das gesamte palästinensische Volk einsetzen. (...)

Michael Barenboim ist Musiker und Professor an der BarenboimSaid Akademie

Basem Said

Ich stehe heute hier nicht nur als Teil der palästinensischen Community, sondern als Mensch, der an grundlegende Werte glaubt: an Gerechtigkeit, Gleichheit und Würde für alle. Wenn wir über Palästina sprechen, sprechen wir über Menschen – über Kinder, Eltern, Großeltern, über Familien wie meine eigene, deren Leben durch Gewalt, Vertreibung, Unterdrückung und Besatzung geprägt wurde. Vor einigen Wochen wurde die Wohnung meiner Schwester im Süden des Libanons durch einen Luftangriff zerstört. Ein Ort voller Erinnerungen und Geborgenheit ist verloren gegangen. Doch diese Erfahrung ist kein Einzelfall. Sie steht für das Schicksal von Millionen Palästinenser* innen in Gaza, in der Westbank, in Flüchtlingslagern und im Exil –auch in Berlin. Berlin hat die größte palästinensische Community Europas, doch ihre Geschichte bleibt für die Mehrheit der Gesellschaft unbekannt und ungehört. Dabei dürfen solche Geschichten niemals als normal betrachtet werden.

Heute, wo die Waffen vorerst schweigen, müssen wir uns fragen: Was kommt jetzt? Ein Waffenstillstand ist kein Frieden. Denn er beseitigt nicht die Ursachen des Konflikts. Echter Frieden entsteht nur, wenn alle Menschen in der Region gleiche Rechte haben, ohne Besatzung leben, frei von Angst leben können und nicht länger entmenschlicht werden, sei es durch Bomben, Blockaden oder Worte.

Deutschlands grausame Geschichte hat mich von klein auf geprägt und sie zerreißt mir das Herz. Ich trage keine Schuld an ihr. Die Palästinenser*innen tragen keine Schuld an ihr. Aber wir alle in dieser Gesellschaft tragen die Verantwortung, dass sich solche Verbrechen nie wiederholen.

Ich bin solidarisch mit meinen jüdischen Schwestern und Brüdern weltweit, die bis heute unter Antisemitismus leiden. Antisemitismus muss entschieden bekämpft werden. Genauso wie jede Form von Rassismus, sei es antipalästinensischer Rassismus oder antimuslimischer. In unserer Gesellschaft darf es dafür keinen Platz geben. (...) Verantwortung aus der Geschichte bedeutet nicht, neue Ungerechtigkeit zu schaffen. „Nie wieder“ muss für alle gelten, nicht nur für einige. Antisemitismus bekämpft man nicht, indem man Palästinenser*innen ihre Rechte nimmt oder ihre Geschichte verfälscht wie im Fall der Broschüre „Mythos 1948“. Ebenso ist es nicht akzeptabel, dass die palästinensische Flagge und andere Identitätssymbole kriminalisiert und stigmatisiert werden, während die israelische Flagge als alleiniges Symbol der Solidarität hochgehalten wird. (...)

Basem Said ist deutsch-palästinensischer Aktivist und Pädagoge

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