ARTMAPP #18, Sommer 2018

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J U L I – O K T O B E R 2 0 18 E U R 6 , 9 0 D/A

S F R 9, 9 0

D as Kunst m a g a zin f ür Ent d e c ke r

Die Kunst-App im App Store und bei Google Play mobil.artmapp.net

BOZEN BAD RAGAZ

SÜDTIROL ALPEN-RHEIN

SIGHTSLEEPING PARCOURS DE SCULPTURES DIEHL HOESSLE MEHLER SCHAD SCHNEIDER SENONER

BREGENZ CHUR FRANKFURT KONSTANZ ST. GALLEN SCHWERIN VADUZ


Sam Gilliam Rondo (ausschnitt), 1971, Foto: lee Thompson / Courtesy of the artist, Kunstmuseum Basel and David Kordansky Gallery, los angeles

The music of color Sam Gilliam 1967—1973

09.06. 30.09.18


Titelmotiv: Gabriela Oberkofler, „Salten/Dolomiten“, (THE HERO, Marina Abramović), 2008, C-Print, Foto: Birgit Oberkofler

EDI TOR I A L #18 2018

DÜRER

MERIAN

BEUYS MONET

Reiner Brouwer, Foto: © Carmen Jäger

Buggelkraxen

Jenesien, nahe Bozen auf einem ­Hochplateau gelegen und die Heimat der Haflinger-Pferde, ist von Almen ­umgeben, die einen fantastischen ­Ausblick auf die Dolomiten haben. Die Künstlerin Gabriela Oberkofler stammt von hier, lebt und arbeitet aber jetzt auf der Rosensteinalm umgeben von Stuttgart-21-Baustellen. Im elterlichen Gasthof „Zum Hirschen“ in Jenesien lud sie mich ein und wir hatten Gelegenheit, uns über Kunst, Haflinger und das ­„Buggelkraxen“-Thema zu unterhalten. Gabriela, magst du uns erzählen, wie es zur Aufnahme mit dem Haflinger auf dem Salten kam? Während meines Studiums an der Kunstakademie in Stuttgart war ich sehr inspiriert und begeistert von den performativen Arbeiten der Künstlerin Marina Abramović. Als ich im Sommer zu Hause in Jenesien war, kam mir ganz spontan die Idee, das Still aus ihrem Film „The Hero“ nachzustellen. Es zu übertragen in meine Welt. Pferde waren ja da, mein Dirndl war da und meine Schwester ­Birgit fotografiert sehr gerne.

Was hat es mit den „Buggelkraxen“, mundartlich für Rückentrage, in deinem Kunstprojekt auf sich? Die „Buggelkraxen“-Träger haben keinen festen Wohnsitz, sondern sie ­wandern von Hof zu Hof und bieten ihre Dienste an. Sie reparieren Möbel, sie ­flicken Teppiche, sie helfen beim ­Körbeflechten usw. Ich war in der Zeit auch viel unterwegs. Das Wichtigste ­hatte ich immer bei mir, nämlich meine Erinnerungen. Nachdem die Wagenhallen in Stuttgart wegen Renovierung vorübergehend ge­ schlossen wurden, hast du die Rosen­ steinalm eröffnet. Wie geht es dir mit deinen frei laufenden Hühnern und den geselligen Abenden hier? Es geht mir sehr gut auf meiner Alm. Sie ist einerseits mein Atelier und gleichzeitig ein Ort des Denkens. Wie geht es weiter mit diesem Ort der Kunstproduktion? Welche Entscheidun­ gen treffen die Akteure in der Politik? Die Rosensteinalm möchte einen grundsätzlichen Beitrag leisten. Nichtkommerzialisierte Künstlerareale ­gehören unbedingt auch in eine Stadt! Das darf in den Strudeln der S ­ tuttgart-21-Debatten nicht vergessen werden. Meine Hühner machen sich u ­ nunterbrochen bemerkbar. Sie schlendern den ganzen Tag ­gackernd über das Gelände … Liebe Leser, ich wünsche Ihnen viel Spaß auf Ihrer Entdeckungstour mit ARTMAPP! Reiner Brouwer Herausgeber

SIE WARHOL PICASSO

RUBENS RENOIR

SIE – umgeben von den großen

Namen aus Kunst und Kultur. Freuen Sie sich auf die einzigartige Vielfalt von Malerei bis Architektur, Literatur bis Film und Klassik bis Pop Art in 34 Museen rund ums Museumsufer Frankfurt. Mit dem MuseumsuferTicket genießen Sie alle Dauer- und Sonderausstellungen an 2 Tagen für 18 Euro.

Kulturelle Vielfalt in der ganzen Stadt.

Gabriele Oberkofler, Foto: Ulrike von Dewitz

Infos unter www.museumsufer-frankfurt.de


modernegalerie.org

Max Slevogt, Segelboote auf der Alster am Abend (Detail), 1905, Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Foto: bpk / Nationalgalerie, SMB / Andres Kilger

Moderne Galerie


01.09.2018 — 13.01.2019

Slevogt und Frankreich Cézanne Courbet Delacroix van Gogh Manet Monet Renoir …

Die Ausstellung wird unterstützt durch

Exposition organisée avec le soutien du Musée des Beaux-Arts de Nancy


Deux villes – Zwei Städte. Metz und Saarlouis im Dialog. Skulpturen von Robert Schad 06/2018 – 03/2019


39 monumentale Stahlskulpturen im öffentlichen Raum 21 Skulpturen in Metz Parcours von 3,4 km vom Quartier de l’Amphithéatre in die Innenstadt (innerhalb des Projektes „Constellations de Metz“) www.metz.fr 18 Skulpturen in Saarlouis von der Innenstadt bis in den Stadtgarten, der Parkanlage in der ehemaligen Festung. www.saarlouis.de Begleitausstellungen in Metz und Saarlouis Saarlouis, Institut für aktuelle Kunst „Robert Schad – Skulpturen und Zeichnungen“ bis 12. Oktober 2018 www.institut-aktuelle-kunst.de Metz, Porte des Allemands „Constellations de Metz – Parcours Robert Schad“ 28. Juni bis 16. September 2018 www.constellations-metz.fr Umfangreiches Begleitprogramm in Saarlouis www.vhs-saarlouis.de


Inhalt

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(auszugsweise)

ARTM APP Sommer 2018

Letizia Ragaglia, Direktorin Museion Bozen, Foto: Fanni Fazekas

Christiane Rekade, Künstlerische Leiterin KUNST MERAN,

Südtirol -Trentino von Carsten Probst

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SÜ DT IROLS TOR ZU R W ELT Zehn Jahre Museion Bozen

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BEI DEN HER RGOT TSCHNI T ZER N VOM GRÖDNERTAL Von Josef Kostner bis Gilbert Prausch

25

MI T DEM KOPF V ERWACHSEN Interview mit Peter Senoner

36

KU NST MER A N „Same, same, but different“

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T R IEN T U ND ROV ER ETO MUSE & MART

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Alpen - Rhein

70

KU LT U R ACHSE R HEIN TAL . VIER INST I T U T IONEN AUS DR EI L Ä NDER N Eine Kooperation der führenden Häuser der Region – von Alice Henkes

72

DIE BAD R AGART Z 2018 Rheinlust und Kunstgenuss pur – von Andrin Schütz

82

SPAZIERGA NG Ü BER DIE T R IEN NALE Einmal Alpenrhein, Nordsee und rund um die Welt – von Andrin Schütz

84

ART E CASTASEGNA Ein Grenzdorf wird zum Kunstzentrum – von Alice Henkes

98

Foto: Valentina Minutella

Skulptur

Magda Krawcewicz, Foto: Vlatko Kucan

I CROSSED OCEA NS OF T IME TO FIND YOU Magda Krawcewicz zur Sommerfrische in Bad Gastein – von Jan Zier

106

SKU LP T U R EN VON ARCHAISCHER W UCHT Stefan Faas auf der NordArt in Büdelsdorf bei Rendsburg von Chris Gerbing

118

ZEICHN U NGEN IM R AU M Robert Schad in Metz und Saarlouis – von Bülent Gündüz

120

KU NST IM SCHLOSSPAR K GÖDENS Sonja Edle von Hoeßle & Herbert Mehler

124

ART MEETS HIGHT ECH Klaus Prior im EOS.KUNST.RAUM in Krailling – von Barbara Brubacher

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DYSTOPIA 5.5.–12.8.2018 Paula Winkler, „Encounter #13“, Detail,

Konstanz & Thurgau AUS DEM SCHAT T EN HER AUS! Was macht die Kunst in Konstanz und im Thurgau – von Siegmund Kopitzki

136

Elodie Pong, AfterTheEmpire, 2008,videostill

Stadtgalerie Saarbrücken

ZUM 200. GEBURTSTAG VON KARL MARX Installationen Zeichnungen Skulpturen Videos

·

·

·

Frankfur t - Rhein - Main EX T R EME! Kunst in Frankfurt-Rhein-Main – von Marc Peschke

ALLES IST

152

ICH

ERIKA

Mecklenburg -Vorpommern KU NST SOMMER IM NOR DOST EN Schwerin, Greifswald, Neubrandenburg, Ahrenshoop und andere von Jan-Peter Schröder

JOHN

Ausstellungen STADTGALER IE SA AR BRÜCKEN In the Cut. Der männliche Körper in der feministischen Kunst – von Kim Behm

188

MUSEU M ART.PLUS, DONAU ESCHINGEN Dorothy Fratt. Farbenfrohe Frauenpower – von Chris Gerbing

192

APPETIZER

52

BUCHTIPPS

183

AMREI’S ARTBLOG

199

TER MINE

200

IMPRESSU M Amrei Heyne

19.5.–12.8.2018

164

215

Malerei und Zeichnungen

MARC

Gemälde ·Zeichnungen Druckgrafik ·Malerbücher

CHAGALL

BILDER UND BÜCHER

Mit Werken von Georges Braque, Marc Chagall, Fernand Léger, Henri Matisse, Joan Miró, Pablo Picasso, Georges Rouault u. a.

1.9.2018 – 18.11.2018

KUNSTSAMMLUNG JENA

www.kunstsammlung-jena.de

KUNSTSAMMLUNG. Städtische Museen Jena. JenaKultur.




SOMMERAUSSTELLUNG 2018 IN SALENSTEIN (CH) WWW.THE-VIEW-CH.COM


STEFAN BIRCHENEDER TERESA DIEHL MARKUS EICHENBERGER DIERK MAASS WALTRAUD SPÄTH




BETWEEN ART & FASHION Paolo Roversi, Meg, Alaïa Dress, 1987 Copyright Paolo Roversi

PHOTOGRAPHS FROM THE COLLECTION OF CARLA SOZZANI

HELMUT NEWTON FOUNDATION MUSEUM FÜR FOTOGRAFIE 2. JUNI - 18. NOVEMBER 2018 JEBENSSTRASSE 2, 10623 BERLIN DI, MI, FR, SA, SO 11-19, DO 11-20 UHR


Mecklenburg-Vorpommern

200 Jahre Hochzeitsreise

Caspar David Friedrich

Foto: Hiroyuki Masuyama „Auf dem Segler, 1818“, 2018, digitale Fotomontage/Leuchtkasten

Orte der Romantik entdecken

natuerlich-romantisch.de gefördert duch: EUROPÄISCHE UNION Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung

Informationen und Veranstaltungstipps zum Romantik-Jubiläum 2018 unter: romantik.vorpommern.de


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www.maxernstmuseum.lvr.de Foto: Max Ernst Museum Brühl des LVR / Lucie Jansch


Frisierszene. Opus 227 (Dekorationsentwurf für einen Waschraum, Detail) Paul Signac | 1892 | © All Right reserved | Privatsammlung

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26. August 2018 – 20. Januar 2019

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SAMMLUNG RAU für


SÜDTIROL TRENTINO


Verglichen mit Venedig oder der Toskana ist die Region Südtirol-Trentino scheinbar kein Ort, an den man eigens wegen der Kunst reisen würde. Hier gibt es keine Uffizien, kein Siena, kein San Marco, die der Landschaft Konkurrenz machen würden. Der besondere Reiz der Kunst in dieser Region erschließt sich auf den zweiten Blick. Nähme man eine Karte, auf der die Spuren jüngerer Kriege eingezeichnet sind, so ­e rschiene die spektakuläre wie idyllische Landschaft ­zerfurcht von Orten der Schlachten und Gemetzel und der ständigen Grenzverschiebungen von Nationen. Das trutzige Castel Buonconsiglio ist nicht nur ­wegen des Konzils von Trient ein Zentrum tief greifender religiöser Auseinandersetzungen in der Mitte Europas ­g ewesen; ­Südtirol selbst hat seine innere Zerrissenheit seit dem Ersten Weltkrieg zwischen Nord und Süd sowie öster­ reichischem „Schutz-“ und italienischem Machtanspruch zwar durch ­seinen Autonomiestatus mittlerweile gemildert: Doch gerade hier spürt man allerorten in Gesprächen und eben in den ­A rbeiten von Künstlern oder in musealen Institutionen, dass die Geschichte der letzten einhundert Jahre gleichsam noch raucht. Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, dass gerade in dieser Region in den letzten 15 Jahren so viele neue Museumsbauten entstanden sind wie nirgends sonst in Italien, angefangen mit dem Museo di arte moderna e contemporanea di Trento e Rovereto (kurz MART), das 2002 in einen Neubau von Mario Botta in Rovereto eingezogen ist. 2008, als die Wanderbiennale Manifesta mit ihrer 7. Ausgabe in der Region Station machte, erfolgte der Neubau des Museions B ­ ozen. Renzo Pianos Naturkundemuseum MUSE in Trient wurde 2013 eröffnet und Reinhold Messners fünftes Mountain Museum, entworfen von Zaha Hadid, folgte zwei Jahre später. Unser folgender Streifzug durch die heutige Kunstlandschaft der autonomen Region Südtirol-Trentino handelt somit von einer Vielfalt zeitgenössischer Werke und Stimmen, in denen sich vor allem die überaus bewegte jüngere Geschichte M ­ itteleuropas spiegelt. CARSTEN PROBST

Claudia Comte, „WOOOW“, Beitrag zu „Writing the Mountains“ der Biennale Gherdëina in St. Ulrich, bis 15. September 2018

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20 Zehn Jahre Museion Bozen

Südtirols Tor zur Welt Museion Bozen, Foto: Othmar Seehauser


21 Nicht immer zum Wohlgefallen der Südtiroler K ­ ünstlerschaft. Letizia Ragaglia, die das Haus seit 2009 leitet, weiß von vielerlei Schmähungen des „neuen“ Museions als Fremdkörper, Raumschiff oder arrogantes Eliteinstitut ohne regionale ­Bindung zu berichten. „Die Kunstszene in Südtirol ist sehr ­lebendig“, erwidert Letizia Ragaglia, „es gibt einen großen ­Zuwachs an jungen Künstlerinnen und Künstlern, die es auch wagen, ins Ausland zu gehen. Gerade die stehen zu unserem Haus.“ Und sie setzt noch einen drauf: „Ich würde jeder Künstlerin und jedem Künstler raten, aus Bozen weg­zugehen. Man kann sich nur profilieren, wo es viele Galerien, Museen, Kuratorinnen und Kuratoren gibt.“

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Im Jahr 2008 machte in Bozen und Trient die Wander­biennale „Manifesta 7“ Station, sie war die bislang größte Ausstellung für Gegenwartskunst in Südtirol. Im selben Jahr wurde auch der Neubau des Museions Bozen eingeweiht. Der große Glaskubus von Krüger Schuberth Vandreike Architekten an den Talferwiesen wurde zwar nicht explizit als Ort für die „Manifesta 7“ geplant, ist aber in seiner Entstehung sicherlich beschleunigt worden. Und in gewisser Weise setzt das Museion in seinem Neubau seitdem programmatisch das fort, was seinerzeit von der „Manifesta 7“ angestoßen wurde: die Internationalisierung der Südtiroler Kunstszene.


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Museion Bozen, Foto: Ludwig Thalheimer

Das klingt erst einmal nicht sehr schmeichelhaft für die Kunstförderung im keineswegs armen Südtirol, das d ­ a­neben durchaus über eine zahlreiche Sammlerschaft ­verfügt. Doch letztlich spricht Ragaglia damit nur eine Selbstverständlichkeit im globalisierten Kunstbetrieb an und bestätigt zugleich, was in der jüngeren Kunstgeschichte Südtirols mit ihren Exilzentren in Wien und München immer offenkundig war – und was Künstlerinnen und Künstler selbst berichten: Gabriela Oberkofler oder Peter Senoner in diesem Heft, aber auch ­Rudolf Stingel oder Gilbert Prousch (von Gilbert & ­G eorge) durch ihre Karrieren, deren entscheidende Schritte diejenigen ins Ausland waren. Das Museion lässt sich mit ­seiner Geschichte gleichsam als Mittler zwischen den Welten verstehen. Diese Geschichte reicht länger zurück als nur zehn ­Jahre. Mitte der 1980er-Jahre war Pier Luigi Siena Gründungsdirektor einer engagierten Frühform des Museions. Der Mantuaner Kommunist mit sowjetischem Parteibuch und freundschaftlichen Verbindungen zur italienischen Avantgarde der 1960er- und 1970er-Jahre wollte die Südtiroler Gemengelage von österreichisch-deutscher und italienischer Mentalität kulturell miteinander verschwistern. Am ersten

Standort des Museions in einem ehemaligen Bozener Krankenhaus fanden daher gern Doppelausstellungen mit künstlerischen Repräsentanten des Nordens und des Südens statt, zum Beispiel mit Arnulf Rainer und Lucio Fontana oder den Künstlergruppen ZERO und M. Unter Siena begann auch die Sammlungstätigkeit des Museums, zunächst vorwiegend mit italienischer Avantgardekunst, zu der später eine Dauerleihgabe von rund 2.000 Werken von konkreter und visueller Poesie kam, die eher die österreichische Avantgarde spiegelte. Gerade dieser riesige Bestand an sprachgestützten Werken prägte das Haus nachhaltig. Mit Andreas Hapkemeyer übernahm im Jahr 2000 daher auch kein gelernter Kunsthistoriker, sondern ein promovierter Germanist die Leitung des Hauses. Seine Amtszeit kann man als durchaus folgenreich für die Geschichte des Museions ­bezeichnen. Denn unter seiner Führung wurde die sprach­gestützte Kunst zu einem programmatischen Schwerpunkt des Hauses – und auch die Entscheidung für den Neubau fiel in seine Amtszeit. Mit dem ungefähr zur selben Zeit gegründeten MART in Trient, dem Kunstzentrum des Trentino, das 2006 in Mario Bottas grandiosen Neubau in Rovereto übersiedelte und das über eine international renommierte Sammlung an Kunst der Moderne, insbesondere des Futurismus verfügt, teilte sich das Museion ursprünglich die Aufgaben: Moderne im MART, ­Gegenwart ab 1960 im Museion. Inzwischen aber sind diese Grenzen nicht mehr so scharf und Letizia Ragaglia sieht die Mission ihres Hauses längst nicht mehr darin, nachbarschaftliche Kooperationen einzugehen. Aus dem ursprünglichen Österreich-Italien-Dialog ist ein globales Netzwerk geworden. „Manchmal ein Spagat zwischen der Südtiroler und der globalisierten Welt“, wie sie sagt. Ihr Vorbild für das Museion ist die Tate Modern in London mit Programmen für alle Gesellschaftsschichten und alle Bildungsvoraussetzungen, wo Kunst nicht mehr nur vom „westlichen“, vom „weißen“ oder vom „männlichen“ Standpunkt aus betrachtet wird. Womit wir in der politischen Aktualität Italiens, ­Österreichs und zahlreicher anderer Gesellschaften angelangt wären: dem Vormarsch der Rechten. Ragaglia gibt sich kämpferisch: „Ich bin der Meinung, dass man genau jetzt nicht lockerlassen darf. Museen müssen Orte komplexen Denkens bleiben. Nur so kann man den Schwarz-Weiß-Schemata entgegenwirken, die die Demokratie gefährden.“ Die Vorwürfe an das Haus, ihm fehle die Bodenhaftung, klingen seit einigen Monaten plötzlich wie eine Drohung. CARSTEN PROBST


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Fondazione Antonio Dalle Nogare, Bozen Antonio Dalle Nogare ist ein Herr mit leiser Ausstrahlung und bemerkenswert leuchtenden Augen. Der hauptberuf liche Bauunternehmer mit Wohnsitz bei Bozen hat in den letzten Jahrzehnten eine Kunstsammlung zusammengestellt, die bei Weitem alles übertreffen dürfte, was derzeit im an Sammlern keineswegs armen Südtirol an konzeptueller und post-konzeptueller Kunst seit den 1960er-/1970er-Jahren zu sehen ist. Wie groß Dalle Nogares Kunstkollektion quantitativ tatsächlich ist, bleibt ein gut gehütetes Geheimnis. Nimmt man aber allein die wechselnde Auswahl als Fingerzeig, die bei einem der bislang stets individuell zu vereinbarenden Besuchster­ mine auf den rund 1.200 Quadratmetern Ausstellungsfläche in Dalle Nogares Privatmuseum zu sehen ist, so handelt es sich dabei um ein sorgfältig gepf legtes, historisch umfas­ sendes Kompendium mit professioneller kuratorischer Betreuung und hoher inhaltlicher Dichte. Dalle Nogare, dessen familiäre Wurzeln eigentlich auf der Hochebene der Sieben Gemeinden, einer deutschen Sprach­i nsel im Veneto, liegen, macht mit diesem ambitio­ nierten Auftritt neugierig auf seine Intention. Zurückhaltend und fast überbescheiden, zugleich aber voller Stolz spricht über die allmähliche Entwicklung seiner Sammlung. Es ­begann zunächst mit Malerei aus dem 19. Jahrhundert und hat sich, wie er sagt, inzwischen ganz auf das 20. und 21. Jahrhundert konzentriert. Eine große Bibliothek im Obergeschoss der Sammlungsräume zeugt von Dalle Nogares umfassender ­B elesenheit im Bereich der Gegenwartskunst. Vom davor ­a ngelegten Garten hat man einen wahrhaftigen Schloss­ herrenblick über die Talferschlucht und das nördliche Bozen. Dan Graham hat auf dem Rasenstück einen Glaspavillon ­i nstalliert, der so dasteht, als wäre es nie anders gewesen. ­A ntonio Dalle Nogare versteht sich mittlerweile als ­Förderer

­l ebender, auch weniger bekannter Künstlerinnen und ­ ünstler; manchen ermöglicht er einen mehrwöchigen K ­A rbeitsaufenthalt in der Sammlung. Seine Residenz, Sammlungs- und Wohnhaus zugleich, liegt oberhalb der Talstation der Seilbahn nach Jenesien. Die Architektur von Walter Angonese und Andrea Marastoni schält sich mit geschwungenen Formen und durch regionale Materialien veredelte Zitate des Brutalismus aus dem grün überwucherten Hang hervor, mehr Bunker denn Landhaus – eine eigentümliche landschaftliche Ergänzung zu den schroffen Porphyrhängen Südtirols mit ihren daraus hervorragenden Burgruinen. Für Besucher ist es ein vergleichsweise langer Weg hier heraus, und die zurückgezogene, trutzige Anmutung des Hauses strahlt vor allem robuste Privatheit aus. Doch der äußere Anschein trügt: Im Inneren herrschen Weltläufigkeit und ungezwungene Gastfreundschaft. Als Mitglied im Freundeskreis des Museion Bozen öffnet Antonio Dalle Nogare schon lange sein Haus für Zusammenkünfte und ­Kooperationen in der Region und pflegt den informellen Austausch mit institutionellen Partnern weit über die Grenzen Südtirols hinaus. Internationaler Austausch und Engagement sollen sich künftig, da die Sammlung nun offiziell als Stiftung firmiert, noch verstärken.Ab September wird es regelmäßige Öffnungszeiten, Sonderausstellungen und Publikumsveranstaltungen geben. Mit der Fondazione Antonio Dalle Nogare verfügt ­B ozen somit ab dem Herbst 2018 über ein neues, privates Kunstmuseum für das 20. und 21. Jahrhundert, das mit seiner Qualität, konzeptuellen Ausrichtung und finanziellen Ausstattung in der Region seinesgleichen sucht. CARSTEN PROBST

www. antoniodalle nogarest if t ung. com

Antonio Dalle Nogare Stiftung, Foto: Jürgen Eheim


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Christian Stl, Foto: © UNIK A

Auf ein Wort: Christian Stl, Präsident der Grödner Künstlergruppe UNIKA UNIK A ist 199 4 als Zusammenschluss verschiedener ­K ünstler und Kunsthandwerker aus Gröden, und zwar ­H olzbildhauer, Fassmaler, Vergolder und Verzierungs­ bildhauer entstanden. Die Werke der Mitglieder können Sie anlässlich der UNIK A-Kunstmesse vom 30. August bis 2. September in St. Ulrich im Grödnertal bestaunen. Mit Künstlername als Christian Stl bekannt, wurde Christian Holzknecht kürzlich zum dritten Mal als Präsident der Grödner Künstlergruppe UNIKA bestätigt. Das Interview für ARTMAPP führte Beatrix Unterhofer/byou.it.

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ARTMAPP: Worin besteht die größte Heraus­ forderung, das Amt des UNIKA-Präsidenten auszuüben? Christian Stl: Die größte Herausforderung besteht darin, die Gesamtverantwortung zu haben und den Mitgliedern zu vermitteln, weiterhin mit Ehrgeiz, Elan und Begeisterung zu kreieren sowie an Ausstellungen und großen Kollektivprojekten teilzunehmen.

ARTMAPP: Was bedeutet die seit 24 Jahren stattfindende Kunstmesse „Unika“ für die Grödner Künstlergruppe UNIKA? CS: Sie bedeutet, sich verwirklichen zu können. „Unika“ hat es geschafft, die Bildhauerei und Malerei aufzuwerten und sie bietet den derzeit 31 Mitgliedern der UNIKA-Gruppe eine Chance, Ideen umzusetzen. Die „Unika“ fördert Talente und ist nach wie vor ein Sprungbrett, um an die Spitze der zeit­ genössischen Kunst zu gelangen. ARTMAPP: Welche Art von Kunst machen Sie persönlich am liebsten? CS: Eine Technik, bei der Silikat, Wasser und Acrylfarben auf Fichtenholzträger aufgetragen werden; thematisch im Zen­ trum steht dabei die „Schwerelosigkeit“. ARTMAPP: Woran arbeiten Sie derzeit? CS: An drei verschiedenen Porträts gleichzeitig.

ARTMAPP: Die UNIKA ist für Sie … ARTMAPP: KUNST ist für Sie … CS: … Idealismus und harte Arbeit. UNIKA ist für unsere ­G esellschaft, speziell für unsere Jugend, als Vorbild sehr wichtig und ich möchte die erfolgreiche UNIKA-Geschichte weiterschreiben. Dies bereitet mir Freude und Genugtuung.

CS: … ein fantasievolles und ausdruckstarkes Erlebnis, das für die Menschheit mega wertvoll ist und mich persönlich beflügelt. Nach meiner Familie empfinde ich sie als das Wichtigste. www. unika . org


25 Von Josef Kostner bis Gilber t Prousch

Bei den Herrgottschnitzern vom Grรถdnertal

Josef Kostner, 1972


26

Josef Kostner, EROE, H 120 cm, 1990

rechte Seite, v.l.n.r.: Josef Kostner, COLONNA FLOSCIA, H 90 cm, 1969,

FORMA VEGETATIVA, H 105 cm, 1969

Das Grödnertal (Val Gardena) östlich von Bozen ist von den Dolomiten umgeben und als solches eine Welt für sich. Mit den angrenzenden ladinischsprachigen Gemeinden bildet es eine Sprachgemeinschaft, die sich schon dadurch eine besondere Identität bewahrt hat, obwohl kritische Stimmen heute sagen, dass die altertümliche Kultur seit Langem nur noch für den Massentourismus inszeniert wird, dem die Region ihren unübersehbaren Wohlstand verdankt. Die Tradition der Grödner Herrgottsschnitzer reicht insofern zwar zurück bis in das 17. Jahrhundert, einige kunsthistorisch bedeutsame Beispiele von deren Anfängen sind noch im Museum und in der Kirche von St. Ulrich zu sehen. Doch in der Tat begegnet man in und um St. Ulrich heute vor allem dem seit dem 19. Jahrhundert kommerzialisierten Devotionalienhandel: Ateliers und Verkaufsläden überall, vor denen überlebensgroße geschnitzte Christusfiguren stehen und in deren Innenräumen sich der Handel mit billigen Souvenirs ausbreitet. In dieser Hinsicht gehen die Holzschnitzer durchaus mit der Zeit: In St. Ulrich hat sich inzwischen eine Firma auf die Herstellung von Holzskulpturen mit 3-D-Druckern für den Handel in Übersee spezialisiert, die den Vorzug haben, dass man sie Tag und Nacht laufen lassen kann.

Doch es gibt auch eine andere Seite der Grödner Kunst­ geschichte. Um sie aufzuspüren, muss man allerdings mit den richtigen Leuten sprechen. In den Selbstdarstellungen der ­Region wird sie nicht erzählt, geschweige denn in den Reiseführern, und auch im Stadtbild St. Ulrichs findet sich darüber nichts. Man entdeckt sie aber im Wohnhaus und in einem Schuppen von Valentine Kostner. Sie bewahrt das Erbe ihres Vaters Josef Kostner, der sich, wenn man dessen eigenen Tagebuchaufzeichnungen folgen will, schon als Jugendlicher mit der kommerziellen Kultur seiner Holzschnitzerkollegen überworfen hat und sich als Bildhauer in eine Art geistige Emigration zurückzog. Statt es ihnen gleichzutun, begann Kostner, der selbst als Holzschnitzer ausgebildet war und lange Zeit auch als solcher gearbeitet hat, seit den 1960er-Jahren als moderner Autodidakt ein völlig eigenes skulpturales und zeichnerisches Werk zu schaffen. Es orientierte sich an modernen Vorbildern und bezog seine formalen Anregungen aus aller Welt. Kostner wechselte von Holz zu Beton und begnügte sich nicht mehr mit den Doktrinen eines identitären Traditionalismus. Formal erinnern seine halb abstrakten, halb figürlichen Arbeiten an Vorbilder – etwa Constantin Brâncu ș i, Aristide Maillol, Hans Arp oder Henry Moore. In erster Linie aber sind sie


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berührende Zeugnisse eines selbstgewählten Außenseitertums und des kulturellen Widerstandes, den Kostner bis zu seinem Tod 1998 nicht nur gegenüber seiner Grödner Umgebung gepflegt hat, sondern auch gegenüber dem Kunstmarkt. Zeitlebens dokumentierte er immer wieder starke „Zweifel an der Gültigkeit meines Schaffens“, wie er 1983 in einer persönlichen Notiz über sein Werk festhielt, „da ich nie von einer hohen kompetenten Instanz eine Bestätigung bekommen habe und weder Aufträge noch etwas verkaufen konnte“. Bei aller Intimität und inständigen Privatheit von Kostners Arbeiten spiegeln sich in ihnen auch die historischen Verwerfungen der Nachkriegsgeschichte Südtirols und des Val Gardena. Valentine Kostner schildert, dass vor allem existenzielle Ängste der Kriegszeit und seine tief ­s itzende Entfremdung durch die Italienisierung des Val Gardena seinen Drang geprägt hätten, sich über freie Arbeiten auszudrücken und aus dem vorgegebenen Rahmen der Holzschnitzerkunst auszubrechen. Vielfach spielen in ­s eine Skulpturen der 1960er- bis 1980er-Jahre Natur- und religiöse Motive hinein, jedoch in einer oft eindrucksvoll morbiden, anklagenden, bisweilen auch agg ressiven ­U nmittelbarkeit, die die gesamten Konventionen seiner Umgebung hinter sich lässt.

Bemerkenswert ist seine singuläre Erscheinung innerhalb der Grödner Tradition auch deshalb, weil er in den 1960er-Jahren als Lehrer an die bedeutende Grödner Kunstschule in ­Wolkenstein berufen wurde und hier der nachfolgenden ­Generation buchstäblich neue Wege geöffnet hat (siehe hierzu auch das Interview mit Peter Senoner). Zu seinen frühen Schülern gehören etwa der im benachbarten Gardertal (Val Badia) aufgewachsene Gilbert Prousch, besser bekannt als Teil des britischen Künstlerduos Gilbert & George, sowie der in Meran geborene Maler Rudolf Stingel, von dem Valentine Kostner noch einige frühe Übungsblätter aus dieser Zeit ­besitzt. Gerade mit Blick auf Prousch und Stingel fallen vor dem Hintergrund der Grödner Tradition interessante Motive ins Auge: Indirekte Bezugnahmen auf die ornamental-florale Tradition der Grödner Holzschnitzerei, die noch aus dem ­Barock herrührt, finden sich sowohl in Stingels Arbeiten (beispielsweise in den Teppichen und Wandarbeiten) wie auch in den digital gespiegelten großformatigen Prints von Gilbert & George wieder, deren Auftreten als „Living Sculptures“ im London der 1970er-Jahre auch die höchst realistische Gestaltung der lebensgroßen Heiligenfiguren aus dem Grödnertal zitieren könnte. CARSTEN PROBST

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Alle Fotos: © Art Galerie VIJION, St. Ulrich in Gröden


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Franz West, 2011, Foto: Simon Perathoner

Die 6. Biennale Gherdëina in St. Ulrich

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„Writing the Mountains“ Auf dem Höhepunkt der Biennalen-Neugründungen Anfang der 2000er-Jahre machte der Vorschlag eines britischen Kunstkritikers die Runde, nun auch noch die wenigen ­ver­bliebenen Orte weltweit zu einem großen Nicht-Event ­zusammenzufassen, die über kein Kunstfestival verfügten, da kein Kunstfestival zu haben inzwischen definitiv cooler sei. Zweifel an der fortschreitenden Biennalisierung der Welt wurden 2002 auf der documenta 11 durch die Gründung einer Appenzell Biennale gleichsam zur Institution erhoben, einer zunächst nur virtuell existierenden Miniatur-Biennale für die schweizerische Provinz, die sich später immerhin noch zu ­e iner kleinen Vitrine in der Appenzeller 5.000-Seelen-­ Gemeinde Teufen erweiterte. Über viel mehr Einwohner als Teufen verfügt auch St. Ulrich als Hauptort des Grödnertals (Val Gherdëina) nicht. Aber mit einer Vitrine würde man sich für die hiesige Biennale trotzdem nicht zufriedengeben, im Gegenteil, man nimmt sein Südtiroler Kunstfestival durchaus ernst. Anliegen der umtriebigen St. Ulricher Galeristin Doris Ghetta ist es, diesen Traditionsstandort der Südtiroler Holzschnitzerei (siehe unseren Artikel über die Holzbildhauerei im Grödnertal) an die internationale Kunstwelt heranzuführen. Führende Vertreter der heutigen Grödner Holzbildhauerei wie Aron Demetz,

Walter Moroder oder Peter Senoner verfügen zwar selbst über internationale Netzwerke, doch umgekehrt soll eben auch die Kunstwelt alle zwei Jahre nach Gröden kommen. Dafür steht nicht zuletzt Kurator Adam Budak, der schon bei der „Manifesta 7“ vor zehn Jahren in Bozen und Trient mitgearbeitet hat und über viel Erfahrung und gute Künstlerkontakte verfügt. Die bereits sechste Ausgabe der Biennale Gherdëina stellt inzwischen wie selbstverständlich ein international geprägtes Programm auf die Beine. Unter den 17 künstlerischen Positionen im Museo di Gherdëina sind keineswegs Holzschnitzer, sondern manche im internationalen Ausstellungsbetrieb schwer angesagte Namen wie Giuseppe Penone, Agnieszka Polska, Franz West, Mariana Castillo Deball oder Claudia Comte. Mit der traditionellen Eröffnung am Geburtstag des französischen Geologen Dieudonné Sylvain Guy Tancrède de Gratet de Dolomieu, besser bekannt als Déodat de Dolomieu, der 1792 einen später nach ihm benannten Kalkstein (den Dolomit) entdeckte, feiert das Festival die größte touristische Attraktion der Region: die Bergkette der Dolo­ miten unter dem Signum des Umweltschutzes, der dieser Biennale sozusagen das Flair der Nachhaltigkeit verleiht. CARSTEN PROBST

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Piero Del Bondio Karin Karinna Bühler Michele Ciacciofera Katalin Deér H.R. Fricker Gabriela Gerber & Lukas Bardill Michael Günzburger Haus am Gern San Keller Zilla Leutenegger Carmen Müller Valentina Stieger

Andrea Badrutt Fotografie Clus AG, Fasciati SA, Ralph Feiner Fotografie Giacometti, Impresa di pittura Maagtechnic AG Albergo Ristorante Piz Cam Negozio Alimentari Rosanna Ruch & Partner Architekten AG Pasticceria Caffè Negozio Salis SGD GmbH Schrift, Grafik & Druck Sulser-Print, Typotron AG

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Un progetto artistico nel paese ARTE CASTASEGNA 18.6.–21.10.2018 Ein Kunstprojekt im Dorf arte-castasegna.ch

Fondazione Garbald Hotel Garni Post


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Gabriela Oberkofler, aus dem Zyklus „Buggelkraxen“, 2010, C- Print, Größe variabel, Foto: Thierr y Chassepoux


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Ein Gespräch über die Unmöglichkeit, von Südtirol loszukommen.

Gabriela Oberkofler

ARTMAPP: Lass uns als Erstes kurz über „Salten (Dolomiten)“, deine Fotografie auf dem Titelblatt dieser Ausgabe sprechen. Diese heroische Pose zu Pferd mit der Mistgabel, die du einnimmst, ist das deine ironische Sicht auf deine Heimat? Gabriela Oberkofler: Das ist eine Adaption eines Filmstills von Marina Abramović aus ihrem Film „Hero“ von 2001. Da sitzt sie mit einer weißen Fahne auf einem weißen Pferd. Sie beschreibt dadurch auch ihre Identität nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und ihre Herkunft. Ihre Eltern waren ja Partisanen. Ich habe diese Bildform auf meine Identität übertragen: Ich trage diese selbst genähte Tracht und halte die Mistgabel in der Hand – das ist mein Bekenntnis zu dem bäuer­lichen Leben, in dem ich aufgewachsen bin. ARTMAPP: Das du aber vor allem hinter dir lassen wolltest? GO: Mein Heimatdorf Jenesien ist ja heute immer noch sehr idyllisch. Aber als Kind war es schwierig, dort zu leben, vor allem wenn man nicht so ganz in den üblichen Rahmen passte. Dadurch, dass meine Familie einen Gasthof besaß – übrigens bis heute –, der auch der zentrale Gasthof im Dorf war, direkt unterhalb von der Kirche, sind wir, die sechs Geschwister, ­natürlich auch in den Gaststuben gewesen. Man kriegte da sehr viel mit, das ist ja kein geschützter Raum, und das konnte schon ganz schön hart sein.

ARTMAPP: Das glaube ich gern. GO: Also, um es hier ganz deutlich zu sagen: Ich hab’ mich ­i mmer sehr wohl gefühlt in meiner Kindheit. Aber un­ terschwellig gab es immer den ganzen Tratsch und die Bösartigkeiten – auch grausame Dinge. Zum Beispiel eine behinderte Frau, die vergewaltigt worden ist, und dann ist ein Kind dabei herausgekommen … solche Geschichten sind schon auch in meine Arbeiten eingegangen. Auch die örtliche Sagenwelt, das hatte alles was sehr Realitätsnahes. Eine Sage bezieht sich zum Beispiel auf den Wieserhof, einen Bauernhof in der Nähe des Hofes meiner Eltern. ­D ie Sage sagt: Dorthin soll einmal eine Bettlerin gekommen sein und um Brot g­ ebeten haben. Sie wurde aber von der Bäuerin fortgejagt und prophezeite ihr daraufhin, dass der Hof eines Tages am ­Abgrund stehen werde. Die gewachsenen Erdpyramiden samt Erdrutsch stehen heute 20 Meter unterhalb des Hofes … ­Solche Geschichten verfolgen mich bis heute. ARTMAPP: Heute lebst du in Stuttgart, dort hast du auch Kunst studiert. Hast du während deiner langen Reisen und deiner Abwesenheit deine Beziehungen nach Südtirol immer aufrechterhalten? GO: Das ist ein paradoxes Phänomen, denn der Schnitt, den ich eigentlich zu meiner Herkunft machen wollte, hat nicht wirklich funktioniert, sondern meine Beziehung dazu ist eher noch verstärkt. Ich habe versucht, so zu arbeiten, das alles aus meinem Kopf zu bekommen. Aber dann kam die große Leere, und die war auf Dauer kaum auszuhalten. Ich habe mich ­damals gefragt, was meine Bildsprache eigentlich sein soll – meine Bildsprache kann ja nicht das Nichts sein! Ich lief dann völlig einsam in Stuttgart herum, und eines Tages sah ich plötzlich irgendwo ein Plakat der Kastelruther Spatzen. Das musst du dir mal vorstellen, die Kastelruther Spatzen! Das

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Sie gehört zu den führenden Künstlerinnen ihrer Generation in Südtirol. Obwohl sie dort schon lange nicht mehr lebt, dreht sich die Arbeit der 1975 in Bozen ge­borenen Zeichnerin, Malerin, Video-, Performance- und Installationskünstlerin oft um ihre Herkunft. Das Gespräch mit Gabriela Oberkofler für ARTMAPP führte Carsten Probst.


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Gabriela Oberkofler, aus dem Zyklus „Versteckulus“, 2006, 7 Fotografien, C- Prints


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Gabriela Oberkoflers „Rosensteinalm“, bei den Wagenhallen, Stuttgart, Nachbarschaftsfest am 21. September 2017, Foto: Daniela Wolf


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hat mich mein Leben lang nie interessiert, und jetzt plötzlich haut mich so ein Plakat für ein Konzert von denen aus den Schuhen. Deswegen ist später sogar ein Film von mir mit den Kastel­r uther Spatzen entstanden, in dem ich mit denen singe. Jedenfalls hat das Ganze eine Auseinandersetzung mit meinen Südtiroler Wurzeln bewirkt. Dann habe ich zum B ­ eispiel solche Sachen angefangen, dass ich Hügel, Schutt­h alden und Trümmerhaufen von Stuttgart aus dem Zweiten Weltkrieg bestieg und bejodelt habe für die Arbeit „Gipfelstürmen“. ARTMAPP: Wiederaneignung deiner Heimat und Distanz gingen also miteinander einher? GO: Genau. ARTMAPP: Und wie sieht es für dich heute in Südtirol aus, wenn du dorthin kommst? GO: Durch den wachsenden Wohlstand hat sich in Südtirol inzwischen so eine Spießigkeit eingeschlichen, das ist schon sehr auffallend. Die Naturverbundenheit, die Südtirol ausmacht, und das Bäuerliche werden davon total überlagert. Die bäuerliche Welt befindet sich ohnehin schon seit Langem in einer Identitätskrise, aber die ganzen neuen Einfamilien­ häuser, die geregelten Berufe und Einkommen haben das noch verstärkt. Denn es gibt keine wirklich große Offenheit für etwas Neues. Mit „neu“ meine ich jetzt nicht die Kastel­ ruther Spatzen oder die ganze Kommerzialisierung der Kultur für den Tourismus. Südtirol könnte aber in Sachen Umweltschutz und Lebensmittelproduktion eigene und neue Wege beschreiten. Das ist erst zum Teil dort angekommen. Schade eigentlich! ARTMAPP: Steht die Kunstszene in Südtirol für Erneuerung oder eher für Traditionspflege?

ARTMAPP: Kehrst du noch oft in dein Heimatdorf zurück? GO: Natürlich, schon wegen meiner Sehnsucht nach dieser spektakulären Natur. Wir sechs Geschwister helfen in dem Gasthaus immer wieder einmal mit, meine Mutter und zwei meiner Schwestern sogar dauerhaft. Das ist eine reine ­Weiberwirtschaft, weil sich die Männer mehr für den Hof und die Haflingerzucht interessieren. Wenn ich dann dort bin und treffe alle möglichen Leute wieder, ist das schon eigenartig: Denn man gibt mir nie das Gefühl, ich käme jetzt von ­draußen oder sei eine Fremde. Eigentlich ist alles wie immer. w w w . g a b r i e l a o b e r k o f l e r. d e

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GO: Es gibt natürlich Südtiroler Künstler, die ich sehr schätze, aber die meisten leben nicht mehr dort, sondern in anderen Metropolen dieser Welt oder sie pendeln wie ich zwischen zwei Welten.



37 Inter view mit Peter Senoner

Mit dem Kopf verwachsen „ S k u l p t u r, s o w i e i c h s i e b e g r e i f e , i s t n a t ü r l i c h e i n s e h r l a n g ­s a m e r, z e i t a u f w e n d i g e r P ro z e s s“ , s a g t d e r H o l z b i l d h a u e r P e t e r S e n o n e r, d e r e i n e r S c h n i t z e r­ f a m i l i e a u s d e m G rö d n e r t a l ( Va l G a rd e n a) e n t s t a m m t und heute zu den avanc ier testen Hol zbildhauer n Italiens gehör t.

Wir trafen ihn in seinem großen Atelier im Grödnertal, wo er nach langer Abwesenheit im Ausland seit einigen Jahren ­w ieder lebt und arbeitet. Hier sprachen wir mit ihm über die Rückkehr und die eigenwillige Selbstbehauptung der ­H olzschnitzertradition in einer ­g lobal-technisierten, di­ gital-beschleunigten Welt. Das Interview für ARTMAPP führte Carsten Probst. ARTMAPP: In Südtirol gibt es viele Künstler, die sehr viel reisen und einfach weggehen. Du bist zurückgekommen. Warum? Peter Senoner: Ich habe vor fünf Jahren mein Atelier wieder hierher zurückverlegt, nachdem ich 20 Jahre im Ausland verbracht habe, davon einige Jahre in Berlin. Ich hatte mir diesen Ort immer schon als eine Art Sommeratelier bewahrt und war schon vorher regelmäßig zwei bis drei Monate im Jahr hier. Die Entscheidung, ganz zurückzukehren, war dann eher ­f amiliär bedingt, als es um die Frage ging, in welche Schule mein kleiner Sohn gehen, welche Sprachen er lernen soll.

PS: Ich habe in München an der Akademie studiert wie so ­ iele Bildhauer von hier. Unmittelbar danach bin ich nach v New York gegangen. Das war ein Sprung ins kalte Wasser, auch eine Krise für mich, und es hat einige Zeit gedauert, bis ich mich da wieder herausgearbeitet hatte. Das ging über die Zeichnung zur Skulptur, Mitte/Ende der 1990er-Jahre mit der starken Technoszene, die von Detroit nach Berlin und wieder zurück nach New York kam und die Kopfhörer zum sozialen Statussymbol gemacht hat. Das habe ich dann ich meine Skulpturen eingearbeitet. Und das hat sich in meiner Arbeit

Peter Senoner, „ZYR“, 2018, Holz, Pigment, 230 x 80 x 60 cm, Foto: Jürgen Eheim

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ARTMAPP: Und wie war dein Weg von hier fort?


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Carsten Probst und Peter Senoner im Atelier in Lajen (BZ), 2018, Foto: Reiner Brouwer

schließlich verselbstständigt zu pf lanzlichen oder organischen Formen, die mit dem Kopf verwachsen sind. Die biotechnische Ausweitung der menschlichen Fähigkeiten interessiert mich bis heute eigentlich am meisten. Wir wissen ja, was im Hochleistungssport, was beim Militär passiert, auch die ganz alltägliche biometrische Selbstoptimierung mit den Gadgets am Handgelenk oder in der Kleidung. ARTMAPP: Bildhauer mit deinem Nachnamen findet man schon einige in der Geschichte der Grödner Bildhauerei. Sind das alles Vorfahren von dir? PS: Das hier ist rätoromanisches Gebiet, wo Namen wie ­Moroder, Demetz, Senoner sehr verbreitet sind, und sie alle sind natürlich zurückzuführen auf eine jeweilige Familie. Meistens war das ein Bauernhof vor 800 Jahren, wo die alle quasi herkommen. Und da gibt es natürlich dann Künstler, Kunsthandwerker, es gibt viele Verrückte, Nichtangepasste, die außerhalb gesellschaftlicher Normen leben. Und irgendwann gab es auch diese Kunstschule Wolkenstein, die viele besucht haben, wie Gilbert von Gilbert & George oder Rudi Stingel. Ich selbst kam eher über Umwege zur Kunst, hatte lange auch ein starkes Distanzbedürfnis gegenüber dieser Kunstlandschaft hier. Das hat sich eigentlich erst in New York entspannt. Während meines Studiums in München habe ich keine einzige Arbeit gemacht, die etwas mit dem zu tun hatte, was ich jetzt mache. In New York merkte ich dann, dass ich u ­ ntergehe, wenn ich versuche, so standardmäßig „Kunst“ zu machen, wie mir das in München vorgemacht worden war. Da kam mir der Gedanke, meine Arbeit mehr aus meiner Biografie heraus zu entwickeln. Ich komme aus einer Holzbildhauerfamilie, um damit deine Frage zu beantworten, bin also in deren Ateliers aufgewachsen. In New York habe ich dann meine ersten Holzskulpturen gemacht und in kleinen Showrooms ausgestellt. Das war ziemlich schräg und exotisch dort, das kannst dir sicher vorstellen. Aber da hab ich auch gemerkt: Das hat Potenzial.


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Peter Senoner, „Galanthica“, 2012, Bronzeguss, Beton, 780 x 1000 cm, Foto: Dario Lasagni


40 ARTMAPP: Deine Rückkehr zur eigenen Biografie drückt sich also in der Wahl dieses Materials aus und in der Figuration? PS: Ich habe damals für den Broterwerb unter anderem in ­einer Produktionsfirma für Werbefotografie gearbeitet und dabei viele Skulpturen in Kunststoff gemacht. Demgegenüber habe ich dann selber diese Figuren mit den Kopf hörern ­gemacht, die genauso wie die Werbefiguren aus der unmit­ telbaren Gegenwart kamen – nur dass sie eben aus einem kunsthistorisch so belasteten Material wie Holz gemacht ­waren. Das hat dann für mich eine ganz eigene Spannung erzeugt. Deshalb habe ich später solche Figuren auch in Bronze gegossen, also ebenfalls so ein belastetes heroisches Material. Solche Arbeiten müssen sich natürlich auf eine ganz andere Weise behaupten, mal abgesehen vom wahnsinnig aufwendigen Produktionsprozess, der auch viele Kunsthandwerker einbezieht, was mir persönlich immer eine große Freude bereitet.

ARTMAPP: Und welche Rolle spielt die Tradition für dich heute und hier? PS: Die Tradition gibt mir eine gewisse Sicherheit. Sie hat mir ein handwerkliches Rüstzeug mitgegeben und damit konnte ich mich auf unsicheres Terrain begeben. Der Bezug zur Natur spielt für mich schon auch eine große Rolle. Aber ich würde jetzt nicht sagen, dass das Arbeiten mit Holz für mich symbolisch mit Natur oder Öko gleichzusetzen ist. Es gibt nicht die „eine“ Natur, selbst hier in Südtirol nicht. Es gibt hier sehr stark kultivierte, wirtschaftlich genutzte, ausgebeutete Natur, und dann gibt es diesen Bereich über 2.500 Metern Höhe – dort ist es dann wirklich rau. Da stößt man sehr schnell an seine Grenzen. Und eigentlich ist es nur das, was mich interessiert. w w w . p e t e r s e n o n e r. c o m

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Peter Senoner im Atelier in Lajen (BZ), 2018, Skulptur NN, Foto: Reiner Brouwer


Zeichnung: Gabriela Oberkofler

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42 „Same, same, but dif ferent“

Kunst Meran

Christiane Rekade, Künstlerische Leiterin KUNST MERAN, Foto: Valentina Minutella

In seiner Geschichte als Kurort hat Meran zwar immer schon große Anziehungskraft auf Künstler und Literaten ausgeübt. Aber erst 1996 formierte sich auf Initiative der ­Galeristin ­Herta Wolf Torggler ein Kreis von Gleichgesinnten, die sich für die Gründung einer Kunsthalle für die Stadt einsetzten. Die „art ­forum gallery“ beruhte auf einem privaten Verein, sein Schwerpunkt war Gegenwartskunst aus Südtirol, Italien und Österreich. Dass damit ein schon länger gehegtes Be­dürfnis angesprochen war, zeigte sich, als sich ­i nnerhalb nur weniger Jahre eine öffentliche Institution ­d araus entwickeln konnte. Die Südtiroler Sparkassenstiftung stellte ihr altes Sparkassengebäude in den historischen Lauben der Meraner Altstadt zur Verfügung. Unter Einbeziehung des d ­ urchfensterten Innenhofes wurde der Ort von den Meraner Architekten Höller & Klotzner zu einem mehrstöckigen Kunsthaus mit einer bemerkenswert offenen Raumstruktur umgebaut, das in seiner Kleinteiligkeit zugleich das histo­r ische bauliche Erbe geschickt aufnimmt. Kunst Meran/Merano Arte, wie sich die Institution seitdem nennt, wurde im Jahr 2001 mit einer von Carl ­A igner, Andrea Domesle und Dieter Ronte kuratierten Schau über „Kunst und Kur“ eröffnet. Mit der im Zwei­ jahresturnus ­stattfinden Ausstellungsreihe „From and To“ deutete sich ­a nfangs sogar ein biennalenähnliches Format unter Feder­f ührung von Kunst Meran an. Seitdem bemüht sich das Haus erkennbar um internationale Ausstrahlung,

Ausstellungen von und über Man Ray, Frida Kahlo, Boris Mikhailov oder Francesca Woodman in den Folgejahren waren immer auch Anziehungspunkte für ein von außerhalb kommendes Publikum. Doch das Selbstverständnis von Kunst Meran beruht vor allem auf der Förderung regionaler Künstlerinnen und Künstler sowie einer Aufarbeitung kritischer Themen der ­R egion in einem überregional gedachten Zusammenhang. Christiane Rekade, die die Leitung des Hauses 2016 über­ nommen hat (zuvor war sie unter anderem für die Berliner Galerie neugerriemschneider und den Nachlass des luxemburg ischen Künst lers Michel Majer us t ät ig), geht es schwerpunktmäßig um Fragen nach dem Umgang mit der Natur und ihrer touristischen Erschließung. Andererseits


Gianni Pettena, „Paper“, 2017, Installationsansicht Kunst Meran Merano Arte, 2017,

widmet sich das Haus der multikulturell geprägten Geschichte Merans, die Rekade ausdrücklich als das „Kennzeichen ganz Südtirols mit seinen kulturellen Einf lüssen aus allen Himmelrichtungen“ versteht. Exemplarisch für diese Ausrichtung war die vom ­italienischen Kurator Luigi Fassi realisierte Gruppenaus­ stellung „Wer ist noch österreichisch?“, die die notorisch virulente und gerade besonders aktuelle Debatte um Heimat und Zuge­hörigkeit in Südtirol aufgriff, dessen österreichstämmige Einwohner sich heute politisch korrekt als „Italiener deutscher Sprache“ bezeichnen. Meran wiederum mit seinem nahezu hälftigen Bevölkerungsanteil von deutschund italienischsprachigen Einwohnern pflegt eine tolerante Atmosphäre. Darauf legt auch Kunst Meran das Augenmerk.

Mit „Same, same, but different“ läuft derzeit noch eine Gegenüberstellung von Künstlerinnen und Künstlern aus Südtirol und Sizilien zur Flüchtlings- und Nationalismusfrage. Ab Mitte Juli dieses Jahres wird Yorgos Sapountzis, der 2017 auf der Biennale von Venedig, der documenta 14 und bei „Made in Germany Drei“ in Hannover auch einem größeren Publikum bekannt wurde, ein großes Projekt in Meran realisieren, das als ein Höhepunkt des hiesigen Ausstellungsjahres die ­Ausstattung der großen Kurhotels und die Infrastruktur des modernen Tourismus in Südtirol untersuchen soll. CARSTEN PROBST

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Foto: Ivo Corrà


M ART & MUSE

Trentino TRIENT

Trient, die Hauptstadt und auch das kulturelle Zentrum des Trentino, verfügt über kein bedeutendes Museum für die Kunst der Moderne des 19. und 20. Jahrhunderts mehr, seit das Museo di arte moderna e contemporanea di Trento e Rovereto (kurz: MART) im Jahr 2010 diese Abteilung endgültig in einen von Mario Botta entworfenen Neubau nach Rovereto verlegt hat. Damit ist das MART nur noch mit einem kleinen, allerdings wichtigen Ableger in Trient vertreten, mit der Galleria Civica, die nach wie vor ein exquisites und im Trentino unerreichtes Programm prominenter Gegenwartskunst zeigt. Trotzdem muss der Verlust für die Stadt schmerzvoll gewesen sein, denn die Zeit der Industrialisierung und der Beginn des 20. Jahrhunderts ist nunmehr allein dem Historischen Museum (Museo Storico del Trentino) überlassen.

Der Trienter Sitz des MART befand sich seit 1987 im altehrwürdigen Palazzo delle Albere. Dieser Renaissancepalast, in dem der Fürstbischof während des Trienter Konzils wohnte und der durch das einstige Stadttor auf einer markanten Allee erreichbar war, ist heute durch die Brennerbahntrasse vom Zentrum abgeschnitten und markiert damit seither eine städteplanerisch undefiniert wirkende Fläche. Im Jahr 2013 landete in direkter Nachbarschaft der ­Neubau des Naturkundemuseums MUSE von Renzo Piano mit seinen riesigen, gleichsam urzeitlichen Schwingen, um ihn herum sind inzwischen weitere Büro­gebäude emporgewachsen, die den Palazzo mit seiner eindrucksvoll burgartigen, viertürmigen Anlage und seinen Fresken im Inneren auf längere Sicht wohl ganz umstellen werden.


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MUSE – Museo delle Scienze, das von Renzo Piano ent worfene Naturkundemuseum bei Sonnenuntergang, Trient,

Das vormoderne Stadtbild des alten Trient ist ganz wesentlich vom Konzil zwischen 15 45 und 1563 geprägt worden, das als Sammlungsbewegung der Gegenreformation und pro­g rammatische Erwiderung auf den Protestantismus in der Kathedrale und im Castello del Buonconsiglio tagte, dem geschichtsträchtigen Ort und heutigen Landesmu­ seum des Trentino, das nach wie vor als zentrale Referenz aller künstlerischen und politischen Einf lüsse seit dem Mittelalter am nördlichen Rand der Altstadt thront. Im reichen Bilderschmuck an den W änden und Decken der verschiedenen Burgteile dokumentiert sich die wegen ihrer strategischen Lage seit dem Mittelalter von vielen euro­ päischen Großmächten geprägte Geschichte Trients. Im Ersten und Zweiten Weltkrieg hingegen war die Stadt kaum von Zerstörungen betroffen. Wer die Plätze und Altstadtstraßen zwischen Bahnhof und Kathedrale durchstreift, sieht viele Fremde: keineswegs nur Touristen, sondern viele dunkelhäutige Familien in unterschiedlichen Haltungen des Wartens und Dämmerns, allein oder zusammengefasst zu Gruppen. Sie bezeugen die jüngste Geschichte Italiens, die mit der Wahl der neuen populistischen Regierung in Rom eine neuerliche Zuspitzung erhalten hat. Die Flüchtlinge, die in Trient gestrandet sind,

machen die eigentümliche Verpuppung der Stadt in das Historische besonders stark fühlbar. Abgesehen von den kommerziell aufgemöbelten Altstadtgassen fehlt eine kul­ turelle Brücke in die krisenhafte Jetztzeit, auch ein großes Kunstmuseum wie in Bozen, das in das Stadtleben hineinwirken könnte. Dem Trentiner Museo Storico ist es vorbehalten, sich der Geschichte der Moderne in der Region anzunehmen. Dem kommt man hier gleichwohl sehr bemüht und mit zahl­r eichen teils aufwendig inszenierten Ausstellungen nach – derzeit etwa zur Brennerbahn (dem seinerzeit folgenreichsten Verkehrsprojekt der Moderne im Trentino) und in gleich mehreren Schauen anlässlich des 100. Jahrestages des Endes des Ersten Weltkrieges, das hier als Thema wiederum im direkten Vergleich mit Südtirol ein ungleich stärkeres Interesse findet. In seiner originellsten ­Dependance, den Gallerie di Piedicastello, der aufge­gebenen, 300 Meter langen Doppeltunnelröhre einer ehemaligen Umgehungsstraße, zeigt das Museo Storico seine derzeit a­ mbitionierteste Schau: Sie ­handelt von den sozialen, poli­t ischen, menschlichen Verheerungen des letzten Kriegsjahres, in dessen Folge das Trentino aus dem zusammengebrochenen Habsburgerreich herausgelöst und Italien zugeschlagen wurde.

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Foto: Carlo Baroni



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R OV E R E T O

Möchte man diese Geschichte für die Region weiterdenken, muss man in das eine halbe Autostunde südlich von Trient gelegene Rovereto fahren. Die kleine Stadt mit ihren kaum 40.000 Einwohnern ist aufgrund ihrer schweren Schäden und zeitweiligen Totalevakuierung während des Ersten Weltkriegs heute als „Cittá della Pace“ (Friedensstadt) gleichsam ein Denkmal für die Kriegsfolgen – abzulesen nicht nur an prominenten Mahnstätten wie dem Beinhaus Castel Dante oder der Gefallenenglocke, sondern auch an der Ausstellung des ­Museo Storico della Guerra Italiana, das zu den wichtigsten Kriegs- und Technikmuseen Italiens gehört. Seit 2001 werden dessen Räume und Anlagen auf der Burg von Rovereto noch bis ins Jahr 2020 schrittweise modernisiert und bieten schon heute ein zutiefst beeindruckendes Panorama der südlichen Alpenfront, deren blutige Folgen gerade für die hiesige Zivilbevölkerung zumeist hinter den Schilderungen der französischen und belgischen Front verschwindet. Die Geschichte des MART, des Museo di arte moderna e contemporanea in Rovereto ist letztlich wohl kaum zu trennen von der Zeit nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, genauer: vom Namen Fortunato Deperos, jenes schillernden futuristischen Bildhauers, Malers, Gestalters und Bühnenbildners, der 1919 in Rovereto ein futuristisches Kunsthaus eröffnete, das Wandteppiche, Vorhänge und Möbel herstellte. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs als überzeugter Partei­gänger Mussolinis verfemt, emigrierte D ­ epero dann zunächst in die USA, kehrte jedoch in den 1950er-Jahren nach Rovereto zurück und widmete dort sein Wohnhaus kurz vor seinem Tod in eine Galleria Museo Depero und damit in das erste futuristische Museum Italiens um. Mitsamt seinem

gesamten Nachlass vermachte er es der Stadt. Die Räume der Casa Depero sind bei weitem zu klein für die in die Tausenden zählenden Werke, und so war es die Trienter Kunsthistorikerin Gabriela Belli, die seit 1981 bereits mit der Fortentwicklung der späteren Kernsammlungen des MART im Palazzo delle Albere beauftragt war, eine Museumsneugründung anzu­ stoßen. Dort sollte sodann der Futurismus im Kontext der gesamten künstlerischen Avantgarden der ­Moderne Italiens gezeigt und Deperos Nachlass erforscht werden. Die Pro­ vinzverwaltung ließ sich überzeugen und ­f inanzierte das Vor­h aben, Mario Botta erhielt 1997 den Auftrag für den ­Neubau, der fünf Jahre später in Rovereto eröffnet wurde und als erster großer Museumsneubau Italiens seit Jahrzehnten e­ inen beträchtlichen Einf luss auf die gesamte Region ausübte. Mit seiner gläsern überdachten Agora, die den Eingang des ­Museums umschließt, setzte Botta bewusst auf eine idealistisch-­demokratisch konnotierte Bausymbolik als Widerpart zur profaschistischen Haltung Deperos und ­a nderer italienischer Futuristen, die er hier in einen neuen Kontext setzen zu wollen scheint. Trotz seiner an sich monumentalen Abmessungen ist das Haus im Stadtbild Roveretos aber kaum wahrnehmbar, sondern liegt verborgen hinter ­G ebäuden des 18. Jahrhunderts am Corso Bettini, durch die hindurch lediglich eine Schneise als Zugang zum Museum führt. Gemeinsam mit der nach wie vor bestehenden Casa ­D epero als Ausstellungsort hat das MART freilich als Forschungsstätte zum italienischen Futurismus internationale Anerkennung erlangt, und als solche ergab sich mit dem Museion in Bozen zunächst eine Art Aufgabenteilung hinsichtlich der Präsentationen von Moderne in Rovereto und Gegenwart in Bozen. Doch seit einigen Jahren bemüht sich das MART ­zunehmend um einen Ausbau seiner Sammlung von Gegenwartskunst, für die sich die fantastisch lichten Ausstellungsräume im obersten Stockwerk auch hervor­ ragend eignen. CARSTEN PROBST

und zeitgenössische Kunst in Trient und Rovereto, Foto: Alberto Bernasconi

Haus der futuristischen Kunst Fortunato Depero, Teil des MART, Rovereto, Foto: Carlo Baroni

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linke Seite: MART, Museum für moderne


Grödner Kunstmesse

30.8. > 2.9.2018

Vernissage 29.08.-18:00 Uhr

St. Ulrich - Tenniszentrum

Gröden - Südtirol - info@unika.org - www.unika.org

10:00 - 19:00


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La Rocca di Riva del Garda, Foto: Pierluigi Faggion © MAG Museo Alto Garda

Eine Reise nach Riva del Garda lohnt sich nicht nur wegen der inspirierten Atmosphäre in diesem früher einmal mondänen Urlaubsort an der Nordspitze des Gardasees, in dem sich schon Heinrich Mann und Franz Kafka aufhielten. Vom 23 Meter hohen Turm der Rocca di Riva, der alten Wasserburg ­direkt am Seeufer, bietet sich ein beeindruckender Blick über die Umgebung und zugleich ein Panorama der Tiefebene rund um die Stadt, die buchstäblich aus jeder Himmelsrichtung von Spuren der Geschichte des Trentinos durchzogen ist. Im ­Museo Alta Garda (MAG), dem historischen Museum der ­Region, das heute in der Rocca untergebracht ist, begegnen ­einem auf alten Gemälden die Erinnerungsorte dieses unverwechselbaren Geschichtspanoramas immer wieder. Blickt man vom Burgturm nach Südwesten, sieht man die über dem Westufer des Sees hoch aufsteigende Wand des Monte Rocchetta, auf dem sich bei Wanderungen noch Reste von Festungsanlagen aus dem Ersten Weltkrieg entdecken lassen. Verfolgt man die Felswand bis in unmittelbare Stadt­ nähe, dann erblickt man direkt oberhalb der Bebauung, am bewaldeten Hang der Cima SAT, den Bastione, den unverkennbaren Rundturm einer von den Venezianern errichteten Festungsanlage aus dem frühen 16. Jahrhundert. Sie wurde jedoch schon bald von den Truppen des Trienter Fürstbischofs eingenommen, ausgebaut und weiter genutzt. Auf einem ­g roßen Gemälde im MAG ist zu sehen, wie die französischen Truppen unter General Vendôme bei ihrem Abzug während des Spanischen Erbfolgekriegs zu Beginn des 18. Jahrhunderts sämtliche Burganlagen der Region systematisch schleifen ­ließen, darunter auch die Rocca di Riva sowie den Bastione und ebenso die Burg Arco.

Deren Ruine erblickt man, wenn man nach Norden schaut, auf einem überaus markanten, fast solitären Felsen oberhalb des Sarca-Tales. Kunsthistorisch Interessierte kennen sie ­womöglich vor allem durch Albrecht Dürers Aquarell (als sie noch keine Ruine war). Die Burg Arco stand seit dem 11. Jahrhundert unter der Herrschaft zahlreicher wechselnder Regime und wurde in den letzten Jahren durch den italienischen Staat restauriert. In der Gemeinde Arco zu Füßen des Burgberges wurde 1858 auch der Maler G ­ iovanni Segantini geboren, von dem sich im Museum der Stadt zumindest noch zwei Frühwerke befinden. Nach Osten und Südosten geht der Blick über den ­R ivaer Yachthafen zum Monte Brione, einem sanft an­ steigenden und auf der anderen Seite steil abfallenden Bergrücken, der bis in den Gardasee hineinreicht und heute durch einen markanten Sendemast gekennzeichnet ist. Schon im 19. Jahrhundert hat das Habsburgerreich hier militärische Befestigungs­anlagen gegen die Italiener errichten lassen. Der sogenannte Festungsriegel Garda war über zwei Jahrhunderte hinweg Schauplatz zahlreicher Auseinandersetzungen zwischen Öster­reich und Italien, an ihm verlief zeitweilig die südlichste Front des Ersten Weltkriegs, in dem Riva (das damalige Reiff am Gartsee) durch italienischen Granatbeschuss stark zerstört wurde. Wer heute auf Spaziergängen durch die Stadt genau hinsieht, erkennt in der Uneinheitlichkeit der ­Bebauung noch die Schneisen der Verwüstung. Eingebettet in die so geschichtsträchtige Landschaft ist Riva mit seiner ­Umgebung heute mehr denn je ein Ort für den zweiten Blick. CARSTEN PROBST

A R T M A P P   S O M M E R 2 018 — S Ü D T I R O L - T R E N T I N O

Riva del Garda MAG Museo Alto Garda


50 Die Centrale Fies in Dró/ Trentino

This is not a Castle

Foto: © Centrale Fies

A R T M A P P   S O M M E R 2 018 — S Ü D T I R O L - T R E N T I N O

ARTMAPP: Barbara, die Centrale Fies liegt ­ziemlich abgelegen, keine größere Stadt in der näheren Umgebung, kein anderes Kunstzentrum. Wie organisiert man sich da als Ort für Tanz und Performance? Wie sehen eure Kooperationen mit anderen Institutionen aus? Seit Beginn der 1980er-Jahre fand im Theater, in den Straßen und Höfen eines kleinen Dorfes in der Region Dro (Drau) ein Tanz- und Performance-Festival statt. Zur Jahrtausendwende erhielt es als neuen Stammsitz ein historisches Wasserkraftwerk mitten in der Natur. Dessen Architektur erinnert zwar äußerlich an eine der unzähligen Burgen des Tren­t ino – doch sein Innenleben besteht aus großen und kleinen Fabrikhallen in moderner Stahlbetonbauweise, wie gemacht, so scheint es heute, für alle möglichen Formen performativer Künste. Die Centrale Fies gehört zu den bedeutendsten E ­ inrichtungen ihrer Art in Italien und wird geleitet von B ­ arbara Boninsegna, die 1981 das Drodesera ­Festival be­g ründete und heute zahlreichen internationalen Netzwerken von Kulturorganisationen angehört, unter anderem den A ­ dvancing Performing Arts Projects (APAP) und Festivals in Transition (FIT). Wie kaum eine andere hat sie die Entwicklung des Trentino zu einem i­ nternationalen Standort der Performance-Künste vorangetrieben. Das Interview mit ­B arbara Boninsegna für ARTMAPP führte Carsten Probst.

Barbara Boninsegna: Unsere Kontakte nach Europa haben sich nach und nach über wichtige private und öffentliche Netzwerke entwickelt. Urban Heat von Festivals in Transition zum Beispiel besteht aus 13 internationalen Festivals in zwölf Ländern. Wichtig für uns ist, dass dabei auch Produktionen entstehen, die aus der Welt des Kunstbetriebes hinausführen: politische und soziale Projekte, die immer auch die Mit­ wirkung von Gemeinschaften an den verschiedenen Orten erfordern. Unsere jährlichen Programme sind außerdem so miteinander verschränkt, dass es dadurch immer durchgehende Verbindungen der Centrale Fies zur Region, zu Italien und zu Europa gibt, die immer wieder neu zu bestimmen sind. In unserer 2007 gegründeten Fies Factory sind regelmäßig junge italienische Künstler unter 30 eingeladen, neue Stra­ tegien für ihre Performances zu erproben und gute Kontakte zu Institutionen und anderen Künstlern zu knüpfen. Für uns ist es einfach elementar, dass diese Netzwerke nicht der üblichen Logik des Kunstmarktes folgen. Wir holen die Welt hierher in die Centrale Fies – und von hier aus reisen die Künstler um die Welt.


51 ARTMAPP: Wie hast du die künstlerische ­E ntwicklung hier mitten in der Provinz verfolgt? BB: Das Drodesera Festival, das ich mitbegründet habe, hat ja von Anfang an Produktionen von Performance-Kunst aller Art gefördert. In den 1980ern begann das mit Tanztheater, ­a ngewandtem Theater, performativen Experimenten. Ich kann sagen, dass wir niemals Moden oder Trends gefolgt sind. Eher würde ich – in aller Bescheidenheit – behaupten, dass wir in unseren 28 Jahren kontinuierlicher Arbeit mit der Centrale Fies selbst Trends gesetzt haben. Man muss ­s agen, dass es in dieser Region, die immer noch ziemlich ­marginalisiert wird, kaum adäquate Strukturen für Gegenwartskunst gibt. Da passte die Umwandlung des alten Wasserkraftwerkes in ein Zentrum für die performativen Künste eigentlich ganz gut. Wir liegen örtlich ziemlich ­abseits – wie du schon sagtest –, aber dadurch konnten wir auch unsere eigenen Strukturen ungestört entwickeln. Thematisch konzentrieren wir uns ­i nzwischen auf die neuen Realitäten im italienischen Panorama.

ARTMAPP: Vorhin sprachst du von Recherchen außerhalb des Kunstbetriebes, von politischen und sozialen Themen, die für euch wichtig seien. Wie reagieren eure Programme auf die aktuellen nationalistischen Tendenzen in Italien und Europa? BB: Rechtsextremes Denken ist immer eine Bedrohung für Orte wie unseren, allein schon weil wir hier beispielsweise Biodiversität leben mit unseren Residencies und den vielen Künstlern, die wir einladen. Alle Künste stellen sich doch gegen engstirniges, intolerantes Denken, das haben sie immer schon getan – durch ihre Inhalte, durch ihre Praxis, ihre Methoden und Strategien. Lass die anderen darüber ­r ichten, die Arbeit geht trotzdem weiter, das Freilegen und Verwandeln all der Dinge, aus denen unsere Gegenwart ­b esteht. Ich jedenfalls glaube, dass Kunst immer ein Zukunftsprojekt ist! Jeder Künstler, der mit uns arbeitet, und alles, was wir hier mit diesen Künstlern entwickeln, produzieren und erkunden, einfach jede Aktion in der Centrale Fies ist unausweichlich politisch.

BB: Also, in den 1980ern war es fast unmöglich, Künstler zu finden, die im Trentino lebten. Wir waren also von Anfang an gezwungen, überregional und international zu schauen. Michele Abbondanza und Antonella Bertoni waren damals meines Wissens die einzigen aus der Region, die ähnlich professionalisiert und gefördert waren wie ihre Kolleginnen und Kollegen aus Italien und Europa. Heute arbeiten wir hauptsächlich mit zwei Trentiner Künstlerkollektiven zusammen: OHT und Mali Weil.

© Ulrich Egger

ARTMAPP: Welche Situation habt ihr denn in den 1980ern hier vorgefunden?

ARTMAPP: In Südtirol sind wir auf verschiedene Initiativen gestoßen, private und öffentliche, die sich derzeit oder auch schon seit Längerem um die Gegenwartskunst bemühen. Vermisst du so etwas im Trentino? BB: Ich liebe Südtirol, weil es sich mit guten Projekten für Europa öffnet, ohne dass es seine territorialen Wurzeln dabei aufgibt. Ich kann eigentlich immer nur dazu raten, den Künstlern, die derzeit immer neue kulturelle Codes lernen und in der Welt herumreisen, auch die Möglichkeit zu geben, über Tradition, über ihre persönliche Herkunft nachzudenken und zu sprechen. Das scheint mir in Südtirol der Fall zu sein – egal, ob es sich um kleine Kunstzentren oder Galerien handelt. Wir haben immer wieder in den letzten knapp 40 Jahren mit vielen von ihnen zusammengearbeitet, insofern würde ich sagen: Ja, es verändert sich etwas, auch hier, und das nicht allein nur durch unsere Arbeit.

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ARTMAPP: Herr Patauner, was empfehlen Sie kulturell interessierten Besucherinnen und ­Besuchern, die Südtirol noch nicht kennen? Florian Patauner: Südtirol ist die Brücke zwischen Nord und Süd, ein Schnittpunkt der Kulturen, hier treffen alpine auf mediterrane Einflüsse, diese Besonderheit hat unser kleines Land in vielen Gebieten wie der bildenden Kunst, der Musik, der Architektur, im täglichen Leben, aber auch in der Kulinarik sehr bereichert. So ist Südtirol beispielsweise die Provinz Italiens mit den meisten Michelin-Sternen pro Einwohner. Wer authentische Südtiroler Küche mit Pfiff interpretiert und mit Produkten von heimischen Produzenten, die gerade ­Saison haben, sucht, ist bei den Mitgliedern unserer Kooperationsgruppe genau richtig.

ARTMAPP: Ist Südtirol nicht auch für seine ­exzellenten Weine bekannt? FP: Die Südtiroler Winzer haben in den letzten Jahren rigoros auf Qualität gesetzt, den Arbeitsaufwand in den Weinbergen um ein Vielfaches erhöht, die Erntemengen reduziert und sich stetig weitergebildet. Sie konnten so die Güte der Weine beträchtlich erhöhen. Auch die Produzentenlandschaft hat sich sehr verändert: Es gibt die größeren Kellereigenossenschaften, von denen einige zu den architektonisch interessantesten neueren Bauwerken Südtirols zählen, aber auch eine Vielzahl kleinerer Produzenten, die zum Großteil zur Vereinigung der freien Weinbauern Südtirols gehören. Durch die große Anzahl an Produzenten gibt es auch immer wieder solche, die neue Wege gehen und sich so gegenseitig befruchten, sodass die positive Entwicklung noch lange nicht am Ende scheint.


53

Florian Patauner, Vorsitzender der Gruppe Südtiroler Gasthaus

Fotos: © Südtiroler Gasthaus/A. Marini

FP: Es gibt in Südtirol einige über die Grenzen hinweg bekannte Künstler, aber auch eine lebendige Kunstszene mit vielen jungen Protagonisten, die mit überraschenden Arbeiten aufwarten können. Das Museion in Bozen, das Museum für zeitgenössische Kunst, feiert heuer sein zehnjähriges Bestehen und bietet Kunstschaffenden immer wieder eine Plattform – so wie die vielen Kunstgalerien vor allem in den Städten und größeren Orten. Auch in der Musikszene ent­ stehen immer wieder spannende Projekte, wenn Musiker traditionelle Volksmusik mit anderen Stilen verbinden. Die Architekturszene stellt sich immer mehr der Herausforderung, die Bauten in die Landschaft zu integrieren. In den letzten Jahren sind beispielsweise einige sehr interessante Schutzhütten im Hochgebirge entstanden. Und geschnitzt wird natürlich auch noch, vor allem im Grödner Tal auf Teufel komm raus.

ARTMAPP: Wie verbindet sich Kunst und ­Kulinarik in Ihrer Region? FP: In Südtirol gibt es viele Gasthäuser mit jahrhundertealter Tradition. In ihnen finden sich glücklicherweise noch oft gut erhaltene getäfelte Stuben von unschätzbarem Wert, die ­z udem meist mit Wandmalereien ergänzt sind. Einer der ­bekanntesten „Gasthausmaler“ war der Bozner Albert Stolz, der vor allem verschiedene Berufsstände und Marktszenen verewigt hat. In unseren Mitgliedsbetrieben haben wir ­beispielsweise in den letzten Jahren im Rahmen unserer Spezialitätenwochen in Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Künstlerbund Ausstellungen und Autorenlesungen organisiert und so Kulinarik und Kunst miteinander verbunden. ARTMAPP: Lieber Herr Patauner – vielen Dank für das Gespräch! www. gasthaus. it

A R T M A P P   S O M M E R 2 018 — A P P E T I Z E R

ARTMAPP: Im Zusammenhang mit Südtirol ­werden immer wieder bekannte Künstlernamen und „Schnitzer“ genannt?


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Penthouse Thermae, Foto: Boutique & Design Hotel ImperialArt

M ys w it z e r l a n d.c o m/p o p u p


57

Vorpommern H eima t d er Sing en

Romantik

Kul t urPur M i t d e m Ra d v o n d e r K l o s t e rr u i n e E l d e n a b i s z u m Ru n g e h a u s Wo l g a s t – d i e „ Ro u t e

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H e g a u - M u s e u m, s oz i o ­

­B o d d e n s . E n t d e c ke n S i e a u f

k u l t u r e l l e s Z e n t r u m G e m s,

54 Kilometern bedeutende

­P r i v a t t h e a t e r o d e r J u g e n d ­

Lebens - und Motivstationen

m u s i k s c h u l e u. v. m. i s t f a s t

der frühromantischen M aler

j e d e r Ku l t u r b e r e i c h i n d e r

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Fr i e d r i c h A u g u s t v o n K l i n ko w -

l e b e n d i g, e x p e r i m e n t e l l u n d

s t r ö m, P h i l i p p O t t o Ru n g e u n d

Klosterruine Eldena, © TMV/pocha.de

Wupper t al W ien

S chwe be bahn

St air way

und mehr

t o Klimt

l ä s s t Ra u m f ü r f r e i e E n t f a l t u n g

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S c hw e b e b a h n u n d d e m v o n

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besuchen und im Skulpturen -

G e l e g e n h e i t, d e n B i l d e r­

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Klimtbrücke, © KHM - Museumsverband

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A R T M A P P   S O M M E R 2 018 — A P P E T I Z E R

Singen am Hohent wiel


Ausgezeichnete kulturelle Vielfalt in Bayern B a y e r n b i e t e t K u n s t- u n d K u l t u r l i e b h a b e r n e i n e n a u ß e r g e w ö h n l i c h e n K u l t u r m i x : I n t e r n a t i o n a l e S p i t z e n o r c h e s t e r, s t a a t l i c h e T h e a t e r u n d 1 . 3 5 0 M u s e e n a u f d e r e i n e n S e i t e , g e l e b t e s B ra u c h t u m , Tra d i t i o n e n u n d a b w e c h s l u n g s r e i c h e S t ä d t e auf de r ande re n Se ite. Dieser Kult ur mi x spiegelt sich auch in den neu au sgezeichneten Sightsleeping Cit ies / R ­ e g i o n s w i d e r. S o w o h l d i e S i g h t s l e e p i n g C i t i e s / R e g i o n s a l s a u c h d i e S i g h t s l e e p i n g H o t e l s w e rd e n j e d e s J a h r v o n e i n e r fachk undigen Jur y au sgezeichnet.

Sightsleeping- Hotel Weingut am Stein, Würzburg, © StockFood / Feig & Feig


Die Weltkulturerbestadt Bamberg in der Abendstimmung, © FrankenTourismus / Bamberg / Andreas Hub

Bamberg und das Bamberger Land D i e f a s z i n i e r e n d e We l t e r b e s t a d t B a m b e r g l i e g t inmit te n e ine r L and schaf t, die Nat ure rlebni s, Kult ur und einmalige Bier welten verbindet.

Ausgedehnte Buchenwälder, sanfte Hügel, weite Flussauen, markante Felsformationen und Höhlen prägen das Landschaftsbild rund um Bamberg. Schlösser und Burgen, Klöster und Kirchen zeugen von der fabelhaften Baulust der barocken Fürstbischöfe aus Bamberg. Familiengeführte Brauereien ­halten in fast jedem Dorf die Jahrhunderte alte Tradition der Bierkultur aufrecht. Ein Leuchtturm mit großer Strahlkraft im Steigerwald ist der Baumwipfelpfad mit seinem Weg auf Wipfelhöhe und dem riesigen Aussichtsturm. Im Zentrum des Bamberger Landes liegt Bamberg, die tausendjährige Stadt, Weltkulturerbe und authentisches ­Gesamtkunstwerk, eine Zeitkapsel der Geschichte. Dank des nahezu vollständig erhaltenen Altstadtkerns ist die mittel­ alterliche Stadtgründung bis heute atmosphärisch zu erleben. Geschichten und Geschichte werden hier lebendig, Romanik, Gotik, Renaissance und Barock geben sich im Stadtbild die Hand.

Die traditionsreiche Bierkultur, eine vielfältige Musik- und Theaterszene, zeitgemäße Kunst und Kultur, und ganz ­a ktuell die Großplastikenausstellung von Rui Chafes im gesamten Altstadtareal fügen sich perfekt ein in die Szenerie der Jahrhunderte.

Sightsleeping ® -Hotel: S C H L O S S B U RG E L L E R N

HHHHH Kirchplat z 1 9 6110 Schesslit z Te l . + 4 9 (0) 9 5 4 2 7 7 4 7 5 0 F a x + 4 9 (0) 9 5 4 2 7 7 4 7 5 7 info @burgeller n . de www. burgeller n . de ............................. 1 7 Z i m m e r, 5 S u i t e n Zimmer von € 99, – bis € 259, –

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Die Fußgängerzone in Murnau mit malerischem Blick auf die Alpen, © Das Blaue Land / Simon Bauer

Das Blaue Land – Eine Region wie gemalt … I m B l a u e n L a n d m i t d e m K ü n s t l e ro r t M u r n a u g e h e n N a t u r, K u n s t , K u l t u r u n d K u l i n a r i k e i n e b e s o n d e r e Ve r b i n d u n g e i n .

Sightsleeping ® -Hotel: A M E ICHHOL Z – G A L E R I E & A R T- H O T E L

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Seine bevorzugte Lage im Alpenvorland zwischen München und Garmisch-Partenkirchen zeichnet die Region ebenso aus, wie der Blick über die Seen, die Moore und in die Berge bis hin zur Zugspitze. Schon Gabriele Münter und Wassily Kandinsky ließen sich hier inspirieren. Heute kann man deren Leben im ­Münter-Haus, in welchem die Künstler von 1909 bis 1914 wohnten, nachvollziehen. Eine Vielzahl ihrer Werke sind im Schloßmuseum Murnau zu bestaunen. Auf dem Kunst­ spaziergang rund um Murnau können Sie die Motive der berühmten Maler wiederentdecken. Oberbayerns größtes Freilichtmuseum auf der Glentleiten wartet mit über 60 historischen Häusern, Werkstätten, Mühlen, Almen und vielem mehr auf Sie. Auch Naturlieb­ haber kommen voll auf ihre Kosten: Das Murnauer Moos beeindruckt mit seiner Flora und Fauna. Auf dem Medita­ tionsweg erfahren Sie Ruhe und schöpfen neue Kraft.

Zimmer von € 1 25 , – bis € 185 ,

Das Blaue Land ist Urlaub für alle Sinne!

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Eichstätt Die viel schicht ige Alt mühl stadt Eich stät t ve re int B a ro c k u n d M o d e r n e , N a t u r u n d K u l t u r, G e s c h i c h t e

Karljosef Schattner ließ bei den Um- und Neubauten für die Universität einen modernistischen Mikrokosmos entstehen, eingebettet in historische Gebäude. Ein spannendes – und preisgekröntes – Miteinander, das Eichstätt zu einem wahren Mekka moderner Architektur macht.

u n d G e g e n w a r t , Tra d i t i o n u n d F o r t s c h r i t t , ­S p i r i t u a l i t ä t u n d G a s t f r e u n d s c h a f t . Sightsleeping ® -Hotel:

Mit dem Erbe der fürstbischöflichen Baumeister glänzt Eichstätt in barockem Ambiente. Es strahlt lustvolle Lebensfreude aus und begeistert mit meisterhaften Bauten, Plätzen und einem einzigartigen Stadtensemble. Vornehme Eleganz und schwungvolle Anmut durchziehen Eichstätts Straßen - in lieblichen Farben erstrahlen barocke Häuser, Kirchen und Domherrenhöfe. Die prachtvolle Barockkulisse bietet Wohnraum und Platz für Hotels, Restaurants und Cafés, Geschäfte, Behörden und die Universität. Vor allem aber halten die Eichstätter selbst mit ihrem Lebensgefühl und farbenfrohen Festen das Barocke lebendig. Ein spannendes Miteinander von Alt und Neu schufen Generationen von Diözesanbaumeistern in den Gebäuden der Katholischen Universität Eichstätt.

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Kunst volles Treppenhaus in der ehemaligen fürstbischöflichen Residenz, © Tourist- Information Eichstätt


Neumarkt in der Oberpfalz N e u m a r k t i n d e r O b e r p f a l z , d i e e h e m a l i g e P f a l z g ra f e n s t a d t , v e r e i n t a u f c h a r m a n t e We i s e h o c h ra n g i g e K u n s t- u n d ­K u l t u r e r l e b n i s s e m i t G e n u s s u n d p u r e r L e b e n s f r e u d e .

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Im 15. Jahrhundert bauten die Pfalzgrafen die Stadt zur glanzvollen Residenz aus und schufen mit dem Pfalzgrafenschloss, der Krümperstallung, dem Reitstadel und der Hofkirche auf dem Residenzplatz ein städtebauliches Kleinod. Hochwertige Architektur ist bis heute ein großes Thema in Neumarkt und im Stadtbild überall erlebbar, oft in der faszinierenden Kombination mit Kunst und Kultur. Einzigartige Museen oder der für seine herausragende Akustik weltbekannte Konzertsaal Reitstadel begeistern ebenso wie das quirlige Leben in der Altstadt. Der Obere und Untere Markt, verbunden durch das Münster St. Johannes und das historische Rathaus, ist die „gute Stube“ Neumarkts. Dort sorgen Cafés und Eisdielen, Gaststätten und Biergärten, Brunnen und Grünanlagen zusammen mit buntem Marktgeschehen und liebenswerten Geschäften für ein Flair von unbeschwerter Lebenslust.

A m t f ü r To u r i s t i k , R a t h a u s p l a t z 1 , 9 2 3 1 8 N e u m a r k t i n d e r O b e r p f a l z , w w w . n e u m a r k t . d e

Kunst im öffentlichen Raum: Stefan Rohrer, „Bluebird“, 2010, Motorroller, Stahl, Lack, © VG Bild- Kunst, Bonn 2018, Foto: © Dietmar Denger


Da s Dre if lü sseeck von Pa ssau mit Donau, Inn und Il z , © Stadt Pa ssau

Passau K u n s t u n d K u l t u r e r l e b t m a n i n d e r D R E I _ F L Ü S S E _ S TA D T P a s s a u a u f S c h r i t t u n d Tr i t t . D i e v e r w i n k e l t e n G a s s e n d e r be zaube r nde n Alt stadt behe rbe rge n zahlre iche Mu see n, Galer ien und Bühnen.

Passau ist ein Gesamtkunstwerk. So wunderschön die DREI_FLÜSSE _STADT ist, so reich ist sie an kulturellen Schätzen. Kunstwerke, von großer historischer Bedeutung, zu bewundern in prächtigen Räumen und hinter Burgmauern. Moderne Kunst, präsentiert in renommierten Museen und Galerien. Künstlerinitiativen, die ganzen Straßen ein buntes Gesicht geben. Und nicht zuletzt Bühnen für Schauspiel, Kabarett und Jazz von überregionaler Bekanntheit. Die DREI_FLÜSSE_STADT Passau verdankt ihr ba­ rockes Antlitz italienischen Meistern, die sie nach einem Stadtbrand im 17. Jahrhundert wieder auf bauten. Der imposante Dom St. Stephan mit der weltweit größten Domorgel, der Residenzplatz mit seinen prächtigen Herrenhäusern oder die Burg Veste Oberhaus, die hoch über der Stadt thront:

Das sind nur Eckpfeiler eines wahren Schmuckkästchens. ­Neben Bauherren und Geschichte hat auch die Natur das Stadtbild geprägt: Den Zusammenfluss der drei Flüsse Donau, Inn und Ilz an der Ortspitze zu beobachten, ist ein einzig­ artiges Erlebnis. Sightsleeping ® -Hotel:

HO T E L W I L D E R M A N N S c h ro t t g a s s e 2 9 403 2 Pa ssau Te l . + 4 9 (0) 8 5 1 3 5 0 7 1 i n f o @ w i l d e r- m a n n . c o m w w w . w i l d e r- m a n n . c o m ............................. 49 Zimmer Zimmer von € 60, – bis € 200, –

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Das Plönlein mit Kobolzeller Steige und Spitalgasse, © Rothenburg Tourismus Ser vice, Plönlein / Willi Pfitzinger, 2010

Rothenburg ob der Tauber Die architek toni sche G esamt wirk ung und die ­E i n b e t t u n g i n d i e L a n d s c h a f t , h o c h ü b e r d e r Ta u b e r, in spir ie r te n um 19 00 namhaf te A rchitek te n de r G ar te n stadtbe weg ung.

Sightsleeping ® -Hotel:

B U RG - HO T E L RO T H E N B U RG HHHs Klosterga sse 1 – 3 9 1 5 4 1 R o t h e n b u r g o b d e r Ta u b e r Te l . + 4 9 (0) 9 8 6 1 9 4 8 9 0 F a x + 4 9 (0) 9 8 6 1 9 4 8 9 4 0 info @burghotel. eu www. burghotel. eu ............................. 1 5 Z i m m e r, 3 S u i t e n , 1 A p p a r t e m e n t Zimmer von € 135 , – bis € 2 45 , –

„Die Stadt als Ganzes ist Denkmal“ (Georg Dehio 1908). ­B ereit s der K lassiker der deut schen Kunstdenk ma lund ­A rchitekturgeschichte betont die alleinstellende ­G eschlossenheit und Ensemblewirkung des mittelalterlich-frühneuzeitlichen Erscheinungsbildes. Gerade diese geschlossene Ensemblewirkung von Tortürmen, kopf­ steingepf lasterten Gassen, harmonisch konzipierten Platzanlagen samt Brunnen, Kirchen und städtischen ­Re­präsentationsbauten macht den architektonischen Reiz Rothenburg ob der Taubers aus. Das Rathausensemble aus Gotik- und Renaissance-Trakt ist einzigartig in Süddeutschland: Zur Marktplatzseite zitieren die große Freitreppe und die Renaissancefassade den mitteleuropäischen Schloss­ bautyp. Die an das Rathaus angrenzende Herrengasse setzt die Verschmelzung von gotischem Haustyp und Renais­ sance-Elementen eindrucksvoll fort. Die architektonische Gesamtwirkung und die Einbettung in die Landschaft, hoch über der Tauber, inspirierten um 1900 namhafte Architekten der englischen und deutschen Gartenstadtbewegung. ­R aymond Unwins Planungen für Hampstead Garden Suburb (Nord-London, 1906 ff.) und Richard Riemerschmids ­„Grüner Zipfel“ der ersten deutschen Gartenstadt Hellerau bei Dresden (1908 ff.) sind erkennbar von Rothenburg ob der ­Tauber beeinf lusst. Zu Anfang des 20. Jahrhunderts war ­R othenburg ob der Tauber damit Sinnbild einer anderen, einer pittoresken Moderne – im Unterschied zur späteren Bauhaus-Moderne.

R o t h e n b u r g To u r i s m u s S e r v i c e , M a r k t p l a t z 2 , 9 1 5 4 1 R o t h e n b u r g o b d e r Ta u b e r, w w w . ro t h e n b u r g . d e / t o u r i s m u s


Weitere Sightsleeping ® -Hotels:

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HO T E L V IC TOR I A

S TAU DAC H E R H O F

HIS TOR IK I M MODE R N E N DE SIGN

P U R E S L E BE N . U N T E R DE R ZUGSPI T Z E .

Im denkmalgeschützten Hotel VICTORIA, erbaut 1896, kommen Kunstliebhaber ganz auf ihre Kosten – denn jede Zimmerkategorie verfolgt ein anderes Kunstkonzept. Drucke, historische und zeitgenössische Fotografie, Bilder auf Acryl oder auch Design-Tapete machen jedes Zimmer zu einem Unikat. Als besonderes Highlight warten die „KulturGenuss“-Zimmer mit direktem Blick in die Ausstellungsräume des Neuen Museum für Kunst und Design auf die Gäste. ­E ingebettet zw ischen historischem Handwerkerhof, ­K önigstorturm und mittelalterlicher Stadtmauer ist das ­V ICTORIA somit der ideale Ausgangspunkt für einen Sight­ seeing-Trip nach Nürnberg.

Belebend aktiv. Wohltuend entspannend. Köstlich auf der Zunge zergehend. Sich wirklich lebendig fühlen. Das hat viele Facetten. Und gelingt an so unterschiedlichen Orten. Der Staudacherhof ist ein solcher. Mehr noch. Er ist vieles in einem. Verbindet alles zu einem bereichernden Ganzen. Was immer Sie suchen. Hier werden Sie fündig. Natur, die imposanter kaum sein könnte. Familiäre Herzlichkeit, die Gastfreundschaft neu definiert. Kulinarik, die das Prädikat einzigartig verdient. Entspannung, die alle Sinne berührt. Den Alltag ausblenden. Hier gelingt es. Jede Minute. Jeden Tag. Beim Wohnen. Relaxen. Lachen. Leben. Gastgeben ist hier Familienangelegenheit. Und hat Tradition. Liegt sozusagen im Blut.

www. hotelvic tor ia. de

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B U RG R A B E N S T E I N

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R I T T E R L ICH GE N I E SSE N

Im ULRICHSHOF treffen exklusives Design und märchenhafter Familienurlaub zusammen. Es gibt diese Augenblicke, die so wertvoll sind, dass sie niemals zu Ende gehen sollten. Sie sind meist dort, wo man sie am wenigsten erwartet hätte. Deshalb gibt es im ULRICHSHOF viele verborgene Winkel, die nur darauf warten von großen und kleinen Gästen ­e ntdeckt zu werden. Bei uns kann man abtauchen – in ­Märchenwelten und wohltuende Auszeiten. Wir machen das Glück greifbar, erlebbar, spürbar. Treten Sie ein, atmen Sie auf, tauchen Sie ab und spüren Sie selbst, wofür wir brennen: Ihren perfekten Familienurlaub!

Im Städtedreieck Nürnberg-Bamberg-Bayreuth erwartet Sie das Hotel Burg Rabenstein mit einem vielfältigen Erholungsund Veranstaltungsangebot. Die mittelalterliche Burg verfügt über 22 Hotelzimmer im individuellen Burgstil, ein Burgrestaurant und Räumlichkeiten zum Feiern und Tagen. Beliebte Burgevents sind Krimi-, Grusel- und Magic-Dinner, Wildschwein vom Spieß, Feurige Abende u.v.m. Im stilvollen Kaminzimmer findet der Abend vor prasselndem Feuer ­s einen Ausklang. Mit eigener Tropfsteinhöhle, Falknerei, Gutsschenke mit Biergarten und idyllischen Wanderwegen bietet das 64 ha große Naturparadies viel Abwechslung. Im Herzen der Fränkischen Schweiz.

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Galerie MAX-21 · Galerie für Zeitgenössische Kunst | Gemälde und Skulpturen

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Andreas Scholz, „Ardeché“ (Detail), 140 x 200 cm, Öl auf Leinwand

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Tony Cragg, Untitled, 2015, Sammlung Alexander Tutsek-Stiftung © VG Bild-Kunst, Bonn 2018, Foto: Michael Richter

Kunst in Isny


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Kunsthaus Bregenz Kunst museum St.Gallen

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Kunstmuseum Liechtenstein Vaduz

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Am Calanda Nordostgrat – auf dem Klettergrat vom Rossfallenspitz zum Haldensteiner Calanda über Chur im Osten und Vättis im Westen mit Blick Richtung Bad Ragaz/Sargans, Foto: Arno Mainetti


Ü BE R DE N A L PE N K A M M

Kaum hat man von der italienischen Seite gegen Norden hin den mächtigen Alpenkamm überwunden, findet man sich im sonnenverwöhnten Bündner Rheintal nahe der Graubündner Hauptstadt Chur wieder. Die älteste Stadt der Schweiz hat nicht nur eine wundervolle Altstadt, sondern bietet unter anderem mit dem neu erbauten Kunstmuseum und dem Forum Würth auch kulturell so einiges. Nur wenige Kilometer von Chur entfernt warten im benachbarten Liechtenstein das Kunstmuseum und die Hilti Art Foundation mit großartigen Sammlungen und spannungsvollen Wechselausstellungen auf. Hinunter ans Ufer des Bodensees: Hier lockt Bregenz mit seinem weithin ­b ekannten Kunsthaus im imposanten, preisgekrönten ­Zumthor-Kubus. Zurück in die Berge nach Davos wiederum führt der Weg zum Kirchner Museum, das nicht zuletzt für seine dialogischen Auseinandersetzungen mit dem Werk des großen deutschen Expressionisten einen hervorragenden Ruf genießt. Vor Davos lohnt sich ein Halt in Klosters, wo es im Heimatmuseum „Nutli Hüschi“ volkstümlich und qualitätvoll zugleich zu- und hergeht. Zurück aus Davos und weiter dem Lauf des Rheins folgend kommt man alsbald nach Bad Ragaz, wo in diesem Jahr zum 7. Mal die Schweizerische Triennale der Skulptur mit ­internationaler Besetzung stattfindet. Und wenn man schon unterwegs ist, lohnt sich die Weiterfahrt nach St. Gallen, wo nebst der berühmten Bratwurst im Kunstmuseum span­ nende aktuelle Ausstellungen sowie eine herausragende Sammlung zu Hause sind. ANDRIN SCHÜTZ

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U N D DE N R HE I N E N T L A NG


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Kunstmuseum St. Gallen Zeitspuren und Körperkunst

Dank seiner umfangreichen Sammlung, die Kunstwerke vom Spätmittelalter bis in die Gegenwart umfasst, gehört das Kunstmuseum St. Gallen zu den wichtigsten Kunstmuseen der Ostschweiz.

Installationsansicht der Ausstellung „Roman Signer – Spuren“, Foto: Sebastian Stadler

Das Kunstmuseum St. Gallen und seine umfangreiche Sammlung können bereits auf eine lange Geschichte zu­ rückblicken. Ein präpariertes Krokodil, das 1623 als Geschenk an die Stadt ging, soll den Grundstein gelegt haben für eine ­städtische Sammlung, die, wie es damals üblich war, naturkundliche und historische Objekte, aber auch Gemälde, Stiche, Büsten umfasste. Der 1823 gegründete Kunstverein St. Gallen, der Ausstellungen an wechselnden Orten or­ ganisierte, setzte sich dafür ein, dass diese wachsende Sammlung ein eigenes Haus erhalten sollte. Im Oktober 1877 eröffnete das Museum – ein prächtiger zweistöckiger Bau im Stil der Neorenaissance – mit einer naturkundlichen ­Abteilung im Parterre und ­R äumen für Kunst, Völkerkunde und Geschichte im Obergeschoss. Die historische und die ethnologische Sammlung wurden später in ein eigenes Haus überführt. Und knapp 100 Jahre nach seiner Eröffnung, im Jahr 1970, musste das heutige Kunstmuseum wegen Bau­f älligkeit geschlossen werden. Zehn Jahre dämmerte der Museumsbau vor sich hin. Es gab sogar Pläne, das prächtige Gebäude einfach abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen. 1987 schließlich wurde das Kunstmuseum St. Gallen nach umfangreicher Reno­ vierung wiedereröffnet. Doch auch in der Zeit, als es nicht geöffnet hatte, war das Kunstmuseum, zumindest zeitweilig, belebt. Roman Signer, der Appenzeller Bildhauer und ­A ktionskünstler, der seit den 1970er-Jahren in St. Gallen lebt, richtete sich 1980 einen Sommer lang in den schlafenden Ausstellungsräumen des Museums ein und nutzte sie als L ­ abor für eine Reihe von Arbeiten. Er experimentierte mit Wassereimern, Fässern, Balken, Sandbergen. Er ließ Wasserbomben vom Dach sausen und hängte in einem der leeren Säle einen bis oben hin gefüllten Wassereimer auf, den er dicht über dem staubigen Boden pendeln ließ. Eine „mechanische Putzfrau“ nennt er die Aktion scherzhaft. Filmaufnahmen zeigen, wie das Wasser aus dem schwingenden Eimer schwappt und den Staub aufpeitscht. Zwölf Super-8-Filme drehte Signer im ­verwaisten Museum. Einige dieser Filme sowie weitere Zeugnisse aus Signers Sommer im Museum zeigt die Ausstellung


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Museumsansicht, Foto: Sebastian Stadler

te zu erleben. Parallel dazu präsentiert das Kunstmuseum St. Gallen eine umfassende Ausstellung mit Arbeiten von ­Maria Lassnig, die mit ihren körperbezogenen Malereien zu den ­prägenden Künstlerinnenpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts gehört. ALICE HENKES

Bis 12. August 2018 R o m a n S i g n e r. S p u r e n Bis 23. September 2018 M a r i a L a s s n i g . B e -Z i e h u n g e n Kunst museum St. Gallen www. k un st mu se um sg. ch

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„Spuren“. Der Titel verweist auf die Zeitgebundenheit der ­Signer’schen Aktionskunst und darauf, dass von diesen Ak­ tionen oft nur einzelne Spuren übrig bleiben. Sehr anschaulich wird dies in einer Installation, die aus einer Metallrinne voll Quarzsand besteht. In dem weiß schimmernden Sand hat ein Autoreifen, der ebenfalls Teil der Installation ist, eine Spur hinterlassen. Der Reifen ruht, die abgeschlossene Bewegung ist allein aus dem Abdruck des Profils lesbar. Roman Signer, der vor allem mit seinen Sprengungen bekannt geworden ist, ist hier von einer stilleren, aber nicht weniger anregenden Sei-


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Kunsthaus Bregenz Preisgekrönter Minimalismus In Vorarlberg, im westlichsten Zipfel Österreichs, steht eines der aufregendsten Ausstellungshäuser: Das Kunsthaus ­Bregenz begeistert Kunstfreunde ebenso wie Architekturinteressierte. Das Kunsthaus Bregenz ist noch jung, hat aber dennoch einen klangvollen Namen, der Kunst- und Architekturfreunde anzieht. Der Schweizer Architekt Peter Zumthor entwarf das markante minimalistische Gebäude, dessen Fassade von milchglasartigen Glaspaneelen umgeben ist. Diese Glaswand ist dem eigentlichen Baukorpus vorgelagert und bildet eine Lichtdiffusionshaut, die für die optimale Umlenkung des Tageslichts in die Lichtdecken der Ausstellungsgeschosse sorgt. Im Inneren sorgen viel sichtbarer Beton sowie Böden und Decken aus geschliffenem Terrazzo für eine klare, nüchterne Atmosphäre. Der 1997 vollendete Bau wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem „Mies van der Rohe Award for European Architecture“.


75 Kulturachse Rheintal – Eine Kooperation der führenden Häuser der Region Vier Institutionen aus drei Ländern

David Claerbout, „The Quiet Shore“, 2011, Einkanal-Video, Videostill © David Claerbout I Bildrecht, Wien, 2018

Ebenso hochkarätig wie die Gestaltung des Hauses ist das Ausstellungsprogramm mit internationalen Künstlerinnen und Künstlern wie James Turrell, Donald Judd, Jeff Koons, Louise Bourgeois, ­C indy Sherman und anderen. Bis Anfang Oktober zeigt das Kunsthaus B ­ regenz eine Ausstellung mit Werken des belgischen Künstlers David Claerbout, dessen Œuvre aus großformatigen Videoinstal­ lationen und Filmprojektionen, aber auch aus Fotografie, digitalen Medien und Zeichnungen besteht. Zeit ist ein dominierendes ­T hema in Claebouts Arbeiten. In seinen Videos operiert er oft mit Verlangsamungs­e ffekten – Bilder, die eigentlich bewegt sind, ­kommen beinahe zum Stehen. Claerbout erzeugt diese Effekte, indem er Filmmaterial am Computer bearbeitet oder durch den Einsatz von Diaserien. Durch diese Slow-Motion-Techniken erzielt Claerbout eine erhöhte ­Aufmerksamkeit der Betrachterinnen und Betrachter. Im Kunsthaus Bregenz zeigt der Künstler nun unter anderem „Olympia (The r­ eal-time disintegration into ruins of the Berlin Olympic stadium over the course of a thousand years)“, eine digitale Rekon­ struktion des Olympiastadions in Berlin. Dafür hat der Künstler jeden Stein des Renommiergebäudes der Nationalsozialisten gescannt und eine t­ äuschend echte 3-D-Version angefertigt, die er in einem simulierten Laborversuch der Zeit und dem Wetter ausliefert. Die Arbeit ist eine Ref lexion über Vergänglichkeit und Wahrnehmung im ­digitalen Zeitalter. ALICE HENKES

B i s 7. O k t o b e r 2 0 1 8 David Claerbout Kun sthau s B rege n z www. k un sthau s-brege n z . at

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Kunsthaus Bregenz, 2016, Foto: Markus Tretter, © Kunsthaus Bregenz


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Kunstmuseum Liechtenstein mit Hilti Art Foundation Zwei Kuben für die Kunst

Außen glänzende Black Box, innen weitläufiger White Cube: Das Kunstmuseum Liechtenstein ist architektonisches Highlight und attraktiver Kunstraum. Noch moderner geht es kaum: Das Kunstmuseum Liechtenstein steht seit dem Jahr 2000 in eleganter Einfachheit gleich unterhalb des Schlosses von Vaduz. Es beherbergt die staatliche Kunstsammlung des Fürstentums Liech­tenstein und dient als Spielort für Wechselausstellungen mit namhaften internationalen Künstlerinnen und Künstlern. 2015 wurde die Erweiterung des Kunstmuseums, das Ausstellungsgebäude der Hilti Art Foundation, in Betrieb genommen. Entworfen von den Schweizer Architekten

Meinrad Morger und Heinrich Degelo mit Christian Kerez zeigt sich das Kunstmuseum Liechtenstein von außen als minimalistische Black Box aus schwarz eingefärbtem Zement und schwarzem Basaltstein. In die Außenhaut eingeschlossene Flusskiesel beleben den dunklen Kubus und stellen zudem eine Verbindung zur Landschaft des Rheintals her. Der unterirdisch mit dem Kunstmuseum verbundene Erweiterungsbau der Hilti Art Foundation nimmt diese architektonische Sprache auf, sodass nun zwei elegante Kuben eine kontrastreiche Einheit bilden. Der dunkle Kubus erweist sich im Inneren als klassischer White Cube, dessen großzügige Räume ideale Bedingungen für die Präsentation räumlicher Werke bieten. Ein

Thomas Lehnerer, „Freies Spiel“, Foto: Stefan Altenburger Photography © VG Bild- Kunst, Bonn 2018


Kunstmuseum Liechtenstein mit Hilti Art Foundation, Foto: Barbara Bühler

Glück, Spiel nach ihrer Tauglichkeit für einen zeitgenös­ sischen Kunstbegriff befragte und dies auch künstlerisch umzusetzen versuchte. Die erste große Überblicksschau zum Schaffen Thomas Lehnerers überhaupt präsentiert neben bekannten Plastiken, Mal- und Zeichnungszyklen auch bisher nie ausgestellte Werke und Konzepte. Parallel dazu ist die Schau „Kirchner, Léger, Scully & mehr“ mit hochkarätigen Werken aus der privaten Sammlung der ­Hilti Art Foundation zu sehen. ALICE HENKES

Bis 2 . September 2018 Thoma s L ehne re r B i s 7. O k t o b e r 2 0 1 8 „ K i r c h n e r, L é g e r, S c u l l y & m e h r. We r k e a u s d e r H i l t i A r t F o u n d a t i o n“ K u n s t m u s e u m L i e c h t e n s t e i n m i t H i l t i A r t F o u n d a t i o n , Va d u z www. k unst museum. li

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Schwerpunkt der staatlichen Sammlung, die ­internationale moderne und zeitgenössische Kunst vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart umfasst, liegt denn auch auf Objekten, Skulpturen und Installationen. Eine besondere Stellung innerhalb dieser Sammlung nehmen Werke der Arte Povera ein. Die Bekanntheit des Kunstmuseums Liechtenstein in der internationalen Kunstlandschaft verdankt sich auch den attraktiven Einzel- und Gruppenausstellungen mit inter­ national bekannten Kunstschaffenden der Gegenwart wie Christian Boltanski, Rita McBride, Thomas Schütte und Kiki Smith, aber auch Positionen der Moderne wie Kasimir ­Malewitsch oder Paul Klee. In diesem Sommer präsentiert das Kunstmuseum Liechtenstein eine Retrospektive zum Werk des Münchner Künstlers und Theoretikers Thomas Lehnerer (1955–1995), der Begriffe der Ästhetik wie Freiheit, Schönheit,


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Bündner Kunstmuseum Chur, Villa Planta und Er weiterungsbau, Foto: © Stephan Schenk


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Bündner Kunstmuseum Chur Klare Strukturen, moderne Systeme

Abbildung v.l.n.r. : Robert Ryman, „General“, 50 1/2 x 50 1/2, 1970 © VG Bild- Kunst, Bonn 2018

Peter Buggenhout, „The Blind leading the Blind # 68“, 2015

Bethan Huws, „White, Grey, Black“, 2016 © VG Bild- Kunst, Bonn 2018

vom 30. Juni bis 11. November 2018 zu sehen in der A ­ usstellung „Immer anders, immer gleich. Ein Versuch über Kunst und Systeme“, Foto: Museum

zu systematisch konzipierten Arbeiten. Fragen der Wahrnehmung, die Rolle des Betrachters und der Kontext, in dem die Werke erscheinen, wurden bestimmend. Daraus entwickelten sich Minimal Art und Konzeptkunst. Die Ausstellung „Immer anders, immer gleich“ im Bündner Kunstmuseum kombiniert nun Werke aus den 1960er-Jahren mit zeitgenössischen Arbeiten. Die Ge­ genüberstellung n ­ amhafter Kunstschaffender wie John Baldessari, Wade G ­ uyton, Sol LeWitt, der !Mediengruppe Bitnik, Rémy Zaugg und ­v ieler anderer will verdeutlichen, wie bestimmend k ­ omplexe Systeme in unserer digitalen ­G egenwart geworden sind. Die zeitgenössischen Werke ­befassen sich dabei nicht mehr allein mit der Welt konzeptueller Systeme, sondern ­reflektieren auch die Bedeutung von Systemen für die Kunstwelt und die Gesellschaft. ALICE HENKES

Bis 11. November 2018 „ Immer anders, immer gleich. E i n Ve r s u c h ü b e r K u n s t u n d S y s t e m e“ Bündner Kunst museum Chur w w w . b u e n d n e r- k u n s t m u s e u m . c h

Künstlerinnen und Künstler: Carl Andre, Art & Language, John Baldessari, Walead Beshty, Stanley Brouwn, Peter Buggenhout, Angela Bulloch, Hanne Darboven, Matias Faldbakken, Corsin Fontana, Wade Guyton, Bethan Huws, Iman Issa, Donald Judd, On Kawara, Yves Klein, Sol LeWitt, Piero Manzoni, !Mediengruppe Bitnik, Robert Morris, Charlotte Prodger, Ad Reinhardt, Michael Riedel, Robert Ryman, Jan Schoonhoven, Frank Stella, Elaine Sturtevant, Rémy Zaugg

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Das Bündner Kunstmuseum in Chur ist immer eine Reise wert. Nicht nur dank der hochkarätigen Kunst, die hier ­g ezeigt wird. Auch die Museumsarchitektur – eine neo­ klassizistische Villa im Dialog mit einem klar strukturierten Neubau begeistert. Schmuckstücke der Churer Innenstadt sind sie beide: Die ­V illa Planta, als Privathaus erbaut und seit 1957 Sitz des kan­tonalen Kunstmuseums, und der 2016 eingeweihte Neubau des Architekturbüros Barozzi Veiga aus Barcelona. Die in den 1870er-Jahren für den international aktiven Kaufmann ­Jacques Ambrosius von Planta erbaute Villa beeindruckt mit zahlreichen orientalisch inspirierten Schmuckelementen im Innen- und Außenbereich, zum Beispiel einem Halbmond auf der vergoldeten Kuppel, Sphingen auf den Treppenwangen und pompejanischen Malereien im einstigen Salon, der heute als Museumscafé dient. Der unterirdisch mit der Villa verbundene Neubau dagegen spricht mit seiner kubischen Form und der dynamischen Fassadengestaltung eine klare, nüchterne und doch sehr ästhetische Sprache. In den Sommermonaten ist in diesem ansprechenden Erweiterungsbau die Ausstellung „Immer anders, immer gleich“ zu sehen, die sich mit Kunst und Systemtheorie ­auseinandersetzt. Systeme spielen seit Beginn der Moderne eine immer größere Rolle in der Wahrnehmung und ­B eschreibung der Wirklichkeit. Ob es um die Einteilung ­w issenschaftlicher Forschungsergebnisse geht, um die Normierung von Kleidergrößen, Wiegemaße oder einfach um die Erfassung von Zeiteinheiten: Systeme spielen in fast allen Lebensbereichen eine wichtige Rolle. Die Kunstwelt begann in den 1960er-Jahren auf das moderne Systemdenken zu reagieren und sich damit auseinanderzusetzen. In New York, dem damaligen Zentrum der Kunstwelt, begannen Künstlerinnen und Künstler Werke aus einer inneren Logik heraus zu schaffen. Ordnungsprinzipien, Serien und Regelhaftigkeit führten


James Licini, „RRK400/2017“, 2017, Stahl, H 630 cm, B 100 cm, T 100 cm, 7. Schweizerische Triennale der Skulptur in Bad Ragaz und Vaduz, Foto: © Bad RagARTz



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Rheinlust und Kunstgenuss pur

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Die Bad RagARTz 2018 Noch bis zum 4. November 2018 heißt es in Bad Ragaz: Eile mit Weile – verweile. Unter diesem treffenden Motto lockt derzeit das kleine Städtchen am Rhein in allen Gassen, ­Straßen und Parks auf die verschlungenen Pfade der Kunst. Auf solchen Wegen wandelt ARTMAPP und hat lichte Impressionen, vertiefte Einblicke und G ­ eheimtipps von der Bad RagARTz mitgebracht.

VO R A L P I N E I DY L L E , D I E E L E G A N Z V E RG A N G E N E R TAG E U N D D I E K U N S T VO N H E U T E

Inmitten der Rebberge, welche die liebliche Rheinebene vor den Toren Graubündens säumen, liegt der traditionsreiche St. Galler Kurort Bad Ragaz. Berühmt für ihre heilenden Thermalquellen, welche schon der große Paracelsus im

16. Jahrhundert zu loben wusste, hat die beschauliche, reich mit eleganter Fin-de-Siècle-Architektur bestückte Gemeinde aber auch im künstlerischen und kulturellen Bereich so ­einiges zu bieten. Dass nämlich auch in normalen Jahren zahlreiche Skulpturen die Parks, Gassen und Straßen des ­Ortes zieren, hat durchaus einen guten Grund. Diese Kunstwerke sind die ständigen Zeugen der Schweizerischen Triennale der Skulptur – der Bad RagARTz, die just in diesem Jahr zum siebten Mal in Bad Ragaz stattfindet. Mit dem unentwegten Einsatz der Organisatoren – des Ehepaares Esther und Rolf Hohmeister – hat sich die Triennale, die vor mehr als 20 Jahren als kleine, aber mutige Skulpturenausstellung ihren Anfang nahm, im Laufe der Zeit zum größten temporären Freiluftmuseum Europas und zu einem der wichtigsten Kunstevents weltweit gemausert.


83 K U NS T BE RÜ H RT – W E N N M A N K U NS T BE RÜ H RT !

Werner Bitzigeio, „Kubik III“, 2017/2018, Stahldraht geschichtet, ca. H 500 x B 750 x T 400 cm, Foto: © Bad RagARTz © VG Bild- Kunst, Bonn 2018

Rund eine halbe Million Besucher werden erfahrungsgemäß auch in diesem Sommer den Weg nach Bad Ragaz finden, um mehr als 450 Skulpturen von 77 Künstlern aus aller Welt zu bestaunen. Und vor allem wichtig: auch zu berühren! Denn dies ist unter anderem das Besondere an der Bad RagARTz. Nicht die museale Distanz und noch weniger die akademische Erhabenheit ist es, die hier gelebt werden. Vielmehr soll „das Gezeigte erfahren und berührt werden“, berichtet Rolf Hohmeister. „Denn nur wenn man Kunst ‚eins zu eins‘ erfahren kann, wenn man mit ihr in eine aktive Interaktion tritt, nur dann kann Kunst berühren“, so Hohmeister weiter. Dass der passionierte Kunstkenner und Arzt damit mehr als recht hat, zeigt ein Blick in die weitläufigen viktorianischen Parkanlagen von Bad Ragaz: Unter kundiger Führung, aber auch auf eigene Faust flanieren Gruppen, Paare und Familien, durch die faszinierende und weitläufige Skulpturenwelt. Die fröhlichen Gesichter und die angeregten Diskussionen, die allenthalben zu beobachten sind, sprechen eine klare Sprache: Mit der Bad RagARTz hat Rolf Hohmeister zusammen mit seiner Frau Esther und seinem kleinen eingespielten Team ein ideales Rezept gefunden, den zahlreichen Besuchern die verschiedenen Positionen der internationalen Gegenwartskunst auf eine ebenso menschliche wie auch fachkundige Art und Weise näherzubringen. Man möchte fast sagen: „Möge es doch immer so zu- und hergehen im Kunstbetrieb!“ Und wer weiß? Die Hohmeisters jedenfalls sorgen vor. Denn insgesamt mehr als 4.500 Kinder und Jugendliche besuchen im Rahmen der Triennale kreative, spielerische und herausfordernde Workshops, um so ein erstes Mal in „Berührung“ mit der Kunst zu kommen. ARTMAPP jedenfalls ist überzeugt: Die Reise lohnt sich. Denn die Ausstellung bietet für alle Besucher viel: Sowohl der profunde Kenner der internationalen Kunstszene als auch der Laie, der es darauf anlegt, in Kombination mit einem schönen Ausf lug in die reizende Landschaft ohne Berührungsängste erste Erfahrungen mit der Kunst zu sammeln, werden spannungsvolle, poetische und zuweilen auch über­ raschende Momente erleben. ANDRIN SCHÜTZ

Esther und Rolf Hohmeister, die Initiatoren und Organisatoren der Bad RagARTz, Foto: © Bad RagARTz


84 Einmal Alpenrhein, Nordsee und rund um die Welt nach Bad Ragaz

Spaziergang über die Triennale

Hanna Roeckle, „Cr ystalline Needle”, 2018, Lack auf GFK, Foto: © Bad RagARTz


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Jörg Plickat, Skulptur „Move“, 2017, Cortenstahl, H 480 x B 480 x T 270 cm, plus Untergestell: H 280 x B 460 x T 460 cm, Foto: © Bad RagARTz © VG Bild- Kunst, Bonn 2018

Anna Kubach-Wilmsen, „A xis Mundi“, 2018, Stein, H 15 m, Foto: © Bad RagARTz © VG Bild- Kunst, Bonn 2018

S T E I N RON DE L L E AU S A L L E R H E R R E N L Ä N D E R U N D

Schlendert man, bevor man sich in die weitläufigen Parkan­ lagen von Bad Ragaz begibt, an der faszinierenden Architektur des Thermalbades entlang, fällt einem sogleich ein imposanter Dauergast ins Auge: Still und in meditativ-verträumter Pose gehalten scheint die mächtige Holzschnitzerei „Laura non c’è“ des bekannten, aus dem norditalienischen Val Gardena stammenden Holzschnitzers Bruno Walpoth über Haus und Tal zu wachen. Unweit der Therme wiederum stößt man alsbald auf die organisch anmutenden Marmorskulpturen der Luzerner Künstlerin Sibylle Pasche, die sich mit ihrer bild­ hauerischen Analyse molekularer Strukturen über die schweizerischen Landesgrenzen hinaus einen Namen gemacht hat.

Weit über Europa hinaus lässt Anna Kubach-Wilmsen unser Auge schweifen, deren rund zwölf Meter hohe, aus Stein­ rondellen aller Kontinente bestehende Stele den Blick ins Erdinnere und auf den jäh hinter Bad Ragaz aufstrebenden ­A lpenkamm zugleich eröffnet. Tief aus dem Erdinneren wiederum stammt auch das Material, das den 1969 in Ansbach geborenen Künstler Thomas Röthel umtreibt. Ursprünglich Holzbildhauer ist er mit massiven Eisenplastiken auf der Trien­nale präsent, welche den Widerpart und die Ästhetik der mechanischen Krafteinwirkung versus die materiale Statik des Eisens in archaischer Manier auszuloten vermögen. Ebenso der Gewichtigkeit des Eisens hat sich der international erfolgreiche Hanseate Jörg Plickat verschrieben, der seine ­monumentale Skulptur „Move“ aus dem Jahre 2017 in scheinbar schwebender Leichtigkeit auf dem Wasser des Sees im viktorianischen Giessenpark treiben lässt. Von Norddeutschland zurück ins südtirolische St. Ulrich führt uns Egon Digon (Egon Stufenegger) mit seinen mächtigen Holzskulpturen und f­ iligranen Marmorarbeiten. Aus dem nahe gelegenen Liechtenstein wiederum ist Hanna Roeckle in Bad Ragaz zu Gast, die mit ihren in klarer, geometrischer Linienführung gehaltenen farbchangierenden Rhomboiden den Park vor dem Schlosshotel bespielt.

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DI E SCH W E BE N DE L E ICH T IGK E I T DE S E ISE NS


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Thomas Röthel, „Horizontale Ent wicklung“, 2017, Stahl, H 74 x B 240 x T 80 cm, Foto: © Bad RagARTz

rechte Seite: Bruno Walpoth, „Laura non c’è“, 2014, Legno - Crimolo, H 285 x B 177 x T 125 cm, Foto: © Bad RagARTz

E I N Z I G A R T I G E V I E L FA LT I N F O R M E N S P R AC H E ,

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M AT E R I A L I TÄT U N D I N H A LT

Bezeichnend für die Bad RagARTz – das wird nach einem ausgiebigen Rundgang durch die Installationen klar – ist, dass weltweit wohl kaum eine derartige künstlerische Vielfalt zu finden ist. So gibt es in Bad Ragaz anspruchsvolle Werke zu sehen, die aber zugleich auch zu Interaktion und dem Spiel mit dem „Erlebnis“ Kunst laden und in Stil, Materialität und Motivik unterschiedlicher nicht sein könnten: Treibt der aus der Eifel stammende Eisenplastiker Werner Bitzigeio mit seinen begehbaren Skulpturen ein raffiniertes und gleichwohl amüsantes Spiel mit der Wahrnehmung, lassen die kraft­ vollen Kriegsmaskeraden eines Claude Giorgi den Besucher ins Dunkel der Geschichte zurückfallen. Sozialkritisches und weltpolitisches Gewicht wirft auch der Argentinier Juan ­A ndereggen in die künstlerische Waagschale, der mit seiner archaischen Figureninstallation aus Fundholz, Eisen und ­Beton zu überzeugen vermag. Dem Beton hat sich im Rahmen der Triennale auch der international bekannte Bildhauer Christian Bolt verschrieben, der mit seiner monumentalen, in ihrer Figuration ebenso klassisch wie expressiv anmutenden Installation „Agora“ das Publikum dazu auffordert, den Wertediskurs in Kunst und Gesellschaft stets aufs Neue zu vertiefen. Die Möglichkeiten geometrischer Stringenz und kompositorischer Finesse im rechten Winkel sowie wahre Urgewalt in der Art und Weise der Materialisierung demonstriert der Zürcher Künstler James Licini in seinen überwältigenden Stahlbauten. Zu entdecken aber gibt es freilich noch vieles mehr. Denn insgesamt über 450 Skulpturen warten auf interessierte Besucher und angeregte Diskussionen. ANDRIN SCHÜTZ



M ächtiger Stahl und ein zär tlicher Grif f zum Himmel

James Licini Der 1937 geborene Stahlbauer James Licini gehört mit zu den Männern der ersten Stunde an der Bad RagARTz. Seine ­mächtigen Skulpturen aus schwerem Stahl bestechen ebenso durch ihre konsequente Komposition wie durch ihr fein­ fühliges Spiel mit der Kraft des Materials und der lichten Transparenz des Himmels. Wir haben mit dem sympathischen und beschei­denen Urgestein gesprochen, das Interview für ARTMAPP führte Andrin Schütz.

ARTMAPP: Lieber Herr Licini, vielen Dank, dass Sie sich trotz des Eröffnungsrummels für uns etwas Zeit nehmen! James Licini: Sehr gerne. Und eigentlich habe ich jetzt auch Zeit. Ich bin schon lange dabei und erlaube mir inzwischen, mich auch ein wenig aus dem Rummel, den Sie erwähnen, zurückzuziehen. Sie sehen das selbst an der Formensprache meiner Skulpturen: Ich liebe die Stille und das ruhige Zwiegespräch mehr als den großen Auftritt.


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ARTMAPP: In Ihrem Werk versuchen Sie also, die ästhetischen und gedanklichen Möglichkeiten des Materials auszuloten?

James Licini, Foto: © Bad RagARTz

ARTMAPP: Den großen Auftritt suchen Sie auch nicht als Künstler. Sie bezeichnen sich als „Stahlbauer“ … JL: Ja, das bin ich auch. Ich wollte eigentlich nie „Künstler“ werden. Dennoch sagen die Leute, ich sei es geworden (lacht). Der Begriff der Kunst aber ist ein sehr relativer und dient zuweilen als Ausrede für zweifelhaftes Handwerk. Oft birgt das Wort „Kunst“ auch den Begriff des „Artifiziellen“, des „nur Konzipierten“, in sich. Das scheint mir gefährlich. Ich möchte echt und direkt sein in meiner Arbeit. Dazu kommt: Als ich mit meiner Arbeit begonnen habe, war Stahlbau ohnehin noch keineswegs als Kunst anerkannt. Noch bis in die 1980er-Jahre hinein dominierten Jean Tinguely und einige andere die Kunstszene in der Schweiz. Das war eine ganz andere Idee der Formensprache, der Ästhetik und der Aussage. Auch spielten politische und gesellschaftlich befreiende Aussagen eine große Rolle. Das war bei mir nie der Fall. Mir ging es immer um die Befreiung und eine Neuformulierung der Ästhetik innerhalb eines klaren ästhetischen und bildhauerischen Regelwerkes. Ein Postulat, das unter anderem Malewitsch mit seinem „Schwarzen Quadrat“ bereits in den 1910er-Jahren formuliert hatte. Als ich begonnen habe, stand ich mit einer solchen Auffassung quasi alleine da.

JL: An sich stimmt das. Es geht aber auch um mehr. Gerade dann, wenn es um die gedanklichen Möglichkeiten geht, die sich aus der Konstellation des Materials, der Form, der Umgebung, in der eine Skulptur oder in meinem Fall eine Plastik steht, ergeben. Dazu kommen die Menschen, die sich auf die Plastik einlassen. Das ergibt alles zusammen einen spannungsvollen und freien Dialog. Ich habe mich formal auf das Postulat des rechten Winkels, der Horizontalen und der Vertikalen beschränkt. Diese Begrenzung eröffnet zugleich Raum für unendlich viele Möglichkeiten. Hinzu kommt die Form des Mäanders, der scheinbar unendlichen Schlaufe, die in vielen Kulturen die Grundlage einer jeden Ästhetik liefert. Ein gutes Beispiel für mein plastisches Denken sind die zwei Arbeiten, die derzeit hier ausgestellt sind. Es könnte übrigens auch jede für sich alleine stehen … ARTMAPP: Wie würden Sie Ihre Arbeiten beschreiben? JL: Sie erscheinen in ihrer Größe und in der mächtigen Erscheinungsweise des Materials auf den ersten Blick als massive und in sich geschlossene Monolithen aus Stahl mit wenig Luftraum. Sieht man etwas genauer hin und geht um die Plastiken herum, aber auch zwischen die Plastiken hinein, bemerkt man alsbald, wie verletzlich die Macht des Stahls ist und welch vielfältige Raumerfahrung diese an sich einfache und archaische Konstruktion ermöglicht. Je nach Winkel eröffnet die Geometrie den konzentrierten Blick in den Himmel, oder sie verschließt sich der Durchsicht ganz. Zuweilen ­überwältigt ein feiner Sonnenstrahl mit seinem nur kurz andauernden gezielten Schattenwurf den rechten Winkel des mächtigen, scheinbar für die Ewigkeit geschaffenen Stahls mit einer Diagonalen. So entsteht ein beständiges Wechselspiel aus Stille und Rhythmus und aus Geschlossenheit und Offenheit. Es ist ein Dialog zwischen Skulptur, Natur, Mensch und räumlicher Mathematik. ARTMAPP: Was fasziniert Sie daran besonders?

JL: Nun, es war am Anfang natürlich schwierig für mich. Ich war Eisenleger und Schlosser, hatte aber eine große Liebe zum Material und zu seiner natürlichen Ästhetik. Und vor allem zu seinen ästhetischen und gedanklichen Möglichkeiten. Und der Stahl birgt diese Möglichkeiten a priori in sich. Schauen Sie sich den Eiffelturm an: eine wundervolle Skulptur! Oder die frühen Wolkenkratzer: Die kühnen Stahlkonstruktionen, die ihnen zugrunde liegen, sind von überwältigender Schönheit. Der Erfolg kam bei mir etwas später und für mich selbst sehr überraschend. Aber natürlich: Ich bin froh über die Anerkennung, die mir heute zuteil wird.

LJ: Ein richtig gesetzter Millimeter Luft zwischen tonnenschweren Stahlträgern kann ein riesiges Fenster zum Himmel öffnen und die Natur und den Menschen für eine kurze Zeit, aber vielleicht auch nachhaltig, völlig neu rhythmisieren. Und das, ohne dabei formal offensiv und ausgreifend oder gar laut zu werden, sondern vielmehr in einer in sich geschlossenen und stillen Sprache. Dies aber ist nur meine Strategie. Und das ist ja das Wundervolle an der Bad RagARTz: Einen ganzen Sommer lang können wir die künstlerischen Strategien von 77 Künstlern in über 400 Werken entdecken und erfahren: Und jede dieser 7 7 Strategien und Positionen hat auf ihre ­Weise und aus ihrer Intention heraus ihre eigene Gültigkeit.

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ARTMAPP: Beschreiben Sie uns Ihre Anfänge …


90 Eine skulpturale Reflexion über kulturelle und menschliche Befindlichkeiten

Christian Bolt: „Agora“ DA S M E N S C H S E I N A L S G E S E L L S C H A F T L I C H E U N D K U LT U R E L L E G R U N D L AG E

„Hiersein ist herrlich!“, so die Worte Rainer Maria Rilkes über Bad Ragaz und den Park vor dem heutigen Grand Resort. ­Nahezu 100 Jahre ist es nun her, dass der berühmte roman­ tische Dichter unter dem dichten Blattwerk der Bäume zu bedeutungsschweren Versen fand. Will es der Zufall oder wollte es die Weisheit der Organisatoren? Umrahmt just von jenen Stämmen, die Rilkes Gedanken einst Geborgenheit ­boten, wachen in diesem Sommer drei mächtige Allegorien der Musen der Lyrik, der Bildhauerei und der Musik über die stets weiter ins Ungewisse fallenden Geschicke der Künste.

K R A F T VO L L U N D V E R L E T Z L I C H

In figurativer und zuweilen klassisch anmutender Manier gehalten zeigt die wirkungsmächtige Figurengruppe zugleich expressive Züge. Die Patinierung des einzigartigen Betongusses sowie die nahezu physisch präsente Hand des Bildhauers, die wieder und wieder in den Körper hineinzugreifen scheint, lassen die Skulpturen in ihrer vermeintlichen Übermacht ebenso präsent wie auch verletzlich erscheinen. Den Blick tief ins innere Selbst, ins Innere der Zeit und gleichermaßen in die Ferne alles Kommenden gerichtet, entfalten die Figuren ihre kraftvolle Aura im Spannungsfeld zwischen über sich hinausgreifender Hermetik und in sich gekehrter Melancholie.

Erschaffen hat die beeindruckende Skulptureninstallation mit dem Titel „Agora“ der 1972 geborene und in Klosters ­lebende Bildhauer und Plastiker Christian Bolt. Ursprünglich Holzbildhauer studiert Bolt in der Folge an der Accademia di Belle Arti in Carrara Bildhauerei und profiliert sich alsbald weit über die Landesgrenzen hinaus als meisterhafter und ­gefragter Bildhauer, der heute in diversen namhaften privaten und öffentlichen Sammlungen präsent ist. 2014 verleiht ihm die renommierte Accademia delle Arti del Disegno in Florenz als erstem Schweizer Bildhauer den Professorentitel. Befasst sich Christian Bolts Werk im Kern stets mit dem menschlichen Dasein und der menschlichen Entwicklung als Individuum, aber zugleich als Teil eines sozialen Ganzen, liegt der Skulptureninstallation „Agora“ die kritische Fragestellung nach der aktuellen Befind­l ichkeit der Kunst im Sinne einer individuellen und gesellschaftlichen Ausprägung des menschlichen Daseins zugrunde. Ebenso ­r elevant sind die sozialen, ästhetischen und wirtschaft­ lichen ­Systeme, die jenes „Sein“ umgeben und an sich zu binden suchen. So ist denn auch die Grundlage der Installation „Agora“ im interdisziplinären Austausch über die Frage nach der Funktion der Kunst im Dasein des Menschen und damit im sozialen Miteinander zu suchen. Wird die Kunst im qualitativen, inhaltlichen und ästhetischen Sinne immer zum Sklaven einer kurzfristigen Marktdoktrin? Bolt sieht die Aufgabe der Kunst und der Kultur vielmehr darin, dem Menschen einen vom Zeitgeist unabhängigen, substanziell mit menschlichen Werten aufgeladenen, diskursiven Anhaltspunkt zu geben. „Die Kunst hat die Aufgabe“, so Bolt, „dem Menschen und damit der ganzen Gesellschaft einen Raum der Reflexion samt seiner Herausforderungen zu eröffnen. Einen Raum der Reflexion über sich selbst als Individuum, aber auch über eine Gesellschaft, die aus Traditionen erwachsen ist und sich ­zugleich mit den Gegebenheiten ihrer Aktualität auseinandersetzen soll und muss.

Christian Bolt in seinem Atelier in Arosa, Foto: © Bad RagARTz


91 D I E S K U L P T U R A L S R AU M F Ü R D I E E N T FA LT U N G EINES GEMEINSA MEN

Oben erwähntes „Miteinander“ im interdisziplinären künstlerischen, gesellschaftlichen und ästhetischen Austausch bildet denn auch den kreativen und analytischen Rahmen der Installation „Agora“. Meinte die Agora bereits im alten Athen nicht nur den Marktplatz, sondern vielmehr auch den Ort des gemeinsamen Austausches, des Philosophierens und des Politisierens, summa summarum also: den öffentlichen Raum der Reflexion, so ist dies auch hier der Fall. Findet die Manifestation des interdisziplinären ­Austausches in der Skulptur von Christian Bolt zwar eine ­dauerhafte Form, so ist sie selbst gleichwohl als Teil, und zwar ein durchaus wesentlicher, eines weiter gefassten Projektes zu betrachten. In die bewusste Verallgemeinerung der Allegorie gefasst beheimatet sie im wahrsten Sinne des Wortes sowohl

auf ihr aufgebrachte lyrische Worte als auch Musik und r­ ef lektiert damit das Gemeinsame der unterschiedlichen ­D isziplinen der Kunst. Dieses „Gemeinsame“ wiederum kommt insofern zum Ausdruck, als der Skulptur von ­Christian Bolt die musikalische Komposition „Préludium für einen neuen Morgen“ des österreichischen Komponisten Wolfgang-Michael Bauer sowie die lyrische Intervention „Prolog der Musen“ von Andrin Schütz explizit beigestellt sind. Musik wie auch Lyrik treten hier in enge Auseinandersetzung mit der Motivik der Skulptur. Sie sollen somit als weiteres allegorisches Sinnbild der interdisziplinären und produktiven Auseinandersetzung mit dem Kunst- wie Kulturbegriff in ihrer Tradition, aber auch in ihrer dringlichen Aktualität stehen.

Christian Bolt, „Agora“, Skulptureninstallation, 2018, Foto: © Bad RagARTz

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ANDRIN SCHÜTZ


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Inter view mit Juan Andereggen, Argentinien

Dem Licht folgend

Juan Andereggen, Installation „Siguiendo la luz“, Foto: © Bad RagARTz

In schlichter Manier aus alltäglichen Fundstücken und Schwemmholz komponiert entfalten die Skulpturen des ­a rgentinischen Künstlers Juan Andereggen sogleich ihre unmittelbare und archaisch-poetische Kraft. Vom anderen Ende der Welt und zum ersten Mal mit dabei hat Andrin Schütz für ARTMAPP den Künstler interviewt. ARTMAPP: Lieber Juan Andereggen, Sie sind extra aus Argentinien angereist, um Ihre Instal­ lation hier aufzubauen und an der Eröffnung der 7. Bad ­R agARTz teilzunehmen. Das heißt, diese Ausstellung bedeutet Ihnen viel? Juan Andereggen: In erster Linie ist es mir natürlich eine ­g roße Ehre, an dieser wundervollen Ausstellung teilzunehmen. Sie bringt die Menschen zusammen und öffnet die Herzen für die Kunst. ARTMAPP: Sie verfolgen in Argentinien, aber auch in der Schweiz eine rege Ausstellungstätigkeit. Die Bad RagARTz erwartet auch diesen Sommer rund eine halbe Million Besucher. Was möchten Sie den Menschen, die Ihre Installation sehen, mit auf den Weg geben?

JA: Mein Wunsch ist es, dass die Betrachter sich die Zeit nehmen, mit meinen Figuren und Skulpturen eine persönliche Beziehung aufzubauen. Diese Beziehung bedeutet, dass eine Kommunikation zwischen Werk und Publikum und damit auch zwischen mir als Künstler und dem Publikum entsteht. Diese Beziehung ist es denn auch, die den Raum eröffnet, die Gedanken zu befreien. Meine Gedanken und auch jene der ­Besucher … ARTMAPP: Die Installation, die Sie hier präsen­ tieren, trägt den Titel „Siguiendo la luz“. – Möchten Sie uns das Konzept Ihres Beitrages näher erläutern? JA: „Siguiendo la luz“, das bedeutet: „dem Licht folgend“. Der erste Gedanke, der mir kam, als ich die Installation vor zwei Jahren andachte, war die Idee von vielen kleinen Küken. Die Küken brauchen das Licht. Wenn das Licht erlischt, erlischt auch das Licht ihres Lebens. Das Licht wurde später in der Konzeption zum übergeordneten, aber auch ambivalenten Symbol. Wir alle brauchen das Licht zum Leben, es kann aber zugleich für eine problematische Verlockung stehen: Wenn sie genauer hinsehen, bemerken sie, dass jede der 30 Figurinen, welche meine beiden installativen Welten bewohnen,


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ARTMAPP: Ihre Arbeit steht hier in Bad Ragaz im Kontext und im Dialog mit den Arbeiten von 76 anderen Künstlern. Mit mehr als 400 Skulpturen aus verschiedenen Teilen der Welt versuchen die Künstler hier, die zahlreichen Besucher zum Nachdenken und zum Genießen anzuregen. ­Welche Funktion hat aus Ihrer Sicht die Kunst heute in der Gesellschaft? Und: Was kann die Kunst im ­Menschen und in der Gesellschaft ­be­w irken, wenn sie – wie hier – in solch großer ­gedanklicher und ästhetischer Vielfalt auftritt? JA: Jeder von uns trägt eine kulturelle Vorprägung in sich. Sei es aufgrund seiner Nationalität, seiner Familie, seines Milieus etc. … Somit gibt es verschiedene Möglichkeiten. Und natürlich verschiedene individuelle Bedürfnisse. Gerade diese kulturelle, ästhetische und gedankliche Vielfalt ist hier in Bad Ragaz vorhanden. Die Menschen können hier nicht einfach durch einen Wald voller Bäume spazieren. Sie können vielmehr durch einen Wald voller Ideen und Gedanken wandern. Die Kunst in ihrer ganzen Vielfalt, wie wir sie hier antreffen, kann – wenn die Menschen sich die Zeit nehmen, über das, was sie wahrnehmen, auch zu reflektieren – sehr viel bewirken. Sie kann auf diesem Wege zum Motor des Denkens, der Intelligenz, der Kritik und damit der Entwicklung der Gesellschaft werden. ARTMAPP: Wir leben hier in einem freien und demokratischen Land. In Argentinien war die Situation für lange Zeit eine andere. Hatte dies Einfluss auf Ihre Arbeit? Wie ist die Situation heute? JA: In den Zeiten der Militärdiktatur, die von 1976 bis 1983 andauerte, habe ich meine ersten Schritte im Kunstbetrieb unternommen. 1976 war ich gerade einmal 18 Jahre alt. Natürlich hatten wir damals etwas Angst, zu unseren Inhalten zu

stehen. Regimekritische Kunst war etwas eher Gefährliches. Da ich eine sensible Person bin, war das für mich natürlich eine schwierige Zeit. Inzwischen ist es wesentlich besser ­geworden … Aber auch in den letzten Jahren war es so, dass man der Verlockung des Lichts, über die wir oben gesprochen haben, folgen konnte oder eben nicht. Mit den entsprechenden Konsequenzen.

Juan Andereggen, Foto: © Bad RagARTz

ARTMAPP: Sie tragen den Namen Andereggen. Das klingt nach Schweizer Wurzeln? JA: Ja klar … Mein Urgroßvater ist mit seiner Familie aus dem Wallis nach San Jerónimo Norte in Argentinien ausgewandert. Da bin ich dann aufgewachsen. Allerdings habe ich in meiner Kindheit den schweizerischen kulturellen Hintergrund stark gespürt. Daraus ergab sich a priori eine Beziehung zur Schweiz. Ich besuche die Schweiz jedes Jahr und fühle mich sehr wohl hier. Zumal auch mein Bruder als erster An­ dereggen seit zwei Generationen wieder hier lebt. ARTMAPP: Ihre Arbeit ist in ihrer Bildsprache nicht mit einer europäischen Herkunft in Verbindung zu bringen. Gibt es „europäische“ Aspekte in Ihren Arbeiten? JA: Nein – meine Bildsprache ist klar eine südamerikanische. Man muss allerdings sagen, dass durchaus sehr vieles in der südamerikanischen Bildsprache ursprünglich europäisch ist. Auch der Konstruktivismus, dem ich angehöre, hat europäische Wurzeln. Wie Sie an meiner Arbeit sehen, sind wir in Südamerika aber ganz eigene Wege gegangen.

A R T M A P P   S O M M E R 2 018 — A L P E N - R H E I N

einen eigenen Charakter hat – trotz der an sich stereotypen Formensprache. Die Gesellschaft versucht, uns zu genau solchen Stereotypen zu machen, die keine Individualität und keinen eigenen Charakter mehr besitzen. Verliert man aber die Individualität, erlischt das Leben. Die Häuser und Städte im Hintergrund wiederum zeigen uns die komfortablen Errungenschaften der Zivilisation und damit die Mechanik der Vereinheitlichung und der Stereotypie. Diese komfortablen Errungenschaften sind auf den ersten Blick gut, auf den zweiten aber gefährlich. Sie führen in die Verallgemeinerung und in die Vereinsamung. Außerdem haben sie zugleich oft manipulative Strukturen. Denken Sie an die Zwänge des Kapitals, der Kirche, der Politik und so weiter … Das Licht ist in meiner Installation als Köder zu verstehen, den die Verwalter der oben erwähnten zivilisatorischen Errungenschaften auslegen. Sie versuchen ständig, uns von uns selbst wegzulocken. Genauso ist dieses Licht: Es verspricht uns mehr, als wir je erreichen können und auch erreichen sollten. Die Entscheidung, ob wir diesem verlockenden und trügerischen Licht in die Ungewissheit folgen, ist aber stets unsere eigene. Deswegen sehen Sie in meiner Installationen Figuren, die sich dem Licht zuwenden, während sich andere abwenden, und auch solche, die sich nicht sicher sind.


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Sybille Pasche vor dem Grand Resort, „Coral Secrets”, 2017/2018, Marmor Bianco Carrara, H 128, B 180, T 160 cm (bei Resort Hotel Bad Ragaz)

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DA S G R O S S E I M K L E I N E N E N T D E C K E N – F E S T I VA L D E R K L E I N S K U L P T U R I M A LT E N B A D P FÄ F E R S

Etwas abseits des großen Publikumsverkehrs rund um die 7. Schweizerische Triennale der Skulptur in Bad Ragaz selbst findet zeitgleich im Alten Bad Pfäfers, weit hinten in der ­w ildromantischen Taminaschlucht, das Festival der Klein­skulptur statt. Die liebevoll und gekonnt kuratierte Ausstellung ermöglicht es dem Besucher, die Werke der an der Bad RagARTz ausstellenden Künstlerinnen und Künstler in ­einem intimeren Rahmen und in einer kleineren Dimension erneut zu entdecken. Der Ausflug hin zu den altehrwürdigen Mauern des ehemaligen Badehauses der ­Benediktinerabtei Pfäfers allerdings lohnt sich nicht nur aus Gründen der Liebe zur Kunst und zur historischen Architektur. Vielmehr führt der Weg zum ältesten ­Barockbad der Schweiz, dessen heilende Quelle im 16. Jahrhundert bereits von Paracelsus geschätzt wurde, durch eine faszinierende Landschaft, die von mächtigen Felsformationen und klaren Wasserfällen geprägt ist.

visarte.liechtenstein ........................................ T R IEN NALE 2018 26. Aug ust bis 6. Ok tober 2018

Vom 26. August bis 6. Oktober 2018 findet die zweite Triennale in Liechtenstein statt. Alle drei Jahre bietet visarte.liechtenstein, in Zusammenarbeit mit den sechs Kul­ turhäusern der Gemeinden sowie in Kooperation mit der Gemeinde Vaduz im Kunstmuseum Liechtenstein und im Kunstraum Engländerbau, die Möglichkeit akt uelle zeitgenössische Kunst hautnah zu erleben. Während dieser sechs Wochen werden insgesamt vierzig Mitglieder des Berufsverbands bildender KünstlerInnen einen Einblick in ihr künstlerisches Schaffen der letzten drei Jahre geben. Kult urhäuser: K ü e f e r- M a r t i s - H u u s , R u g g e l l ; Kult urhau s R össle, Maure n; Pf r undbauten, Eschen; Domus, Schaan; K u l t u r z e n t r u m G a s o m e t e r, Tr i e s e n ; A l t e r P f a r r h o f, B a l z e r s . Öf f nungszeiten: F R 1 6 - 2 0 U h r, SA /SO 1 4 - 18 Uhr K u n s t m u s e u m L i e c h t e n s t e i n , Va d u z Öf f nungszeiten: D I - S O 1 0 - 1 7 U h r, DO 10 - 20 Uhr K u n s t ra u m E n g l ä n d e r b a u , Va d u z Öf f nungszeiten: M O - S O 1 3 - 1 7 U h r, DI 13 - 20 Uhr

Juan Andereggen, Kleinskulpturen, Foto: Adrian Flütsch

www.visar te. li

V E R L E IH U NG DE S E R S T E N SCH W E IZ E R SK U L P T U R E N PR E ISE S

Ein weiteres Highlight der diesjährigen Schweizerischen Triennale der Skulptur ist die Verleihung des ersten Schweizer Skulpturenpreises. Der vom Unternehmer-Ehepaar Myriam Wyss-Fopp und Leonhard Fopp gestiftete Preis ist mit einer Summe von insgesamt 30.000 Franken dotiert und wird von einer fachkundigen, international zusammengesetzten Jury am 18. August im Rahmen eines fulminanten Dorffestes feierlich an drei ausgewählte Preisträger verliehen. Anlässlich der Preisverleihung lockt am 18. August mit der Aufführung der Ragazer-Kantate ­außerdem ein besonderer musikalischer Leckerbissen.

©ALMA (ESO/NAOJ/NRAO), M. MacGregor; NASA/ESA Hubble, P. Kalas; B. Saxton (NRA- O/AUI/NSF)


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Ein Grenzdor f wird zum Kunstzentrum

Arte Castasegna E i n D o r f i n d e n B ü n d n e r A l p e n w i rd z u r K u l i s s e f ü r e i n s o m m e r l i c h e s A u s s t e l l u n g s p ro j e k t : „ A r t e C a s t a s e g n a“

A R T M A P P   S O M M E R 2 018 — A L P E N - R H E I N

­v e r b i n d e t t ra d i t i o n e l l e B e r g w e l t u n d z e i t g e n ö s s i s c h e K u n s t .

Historische Gassen, blühende Gärten und dahinter, gleichsam wie ein weit gespannter Theaterprospekt, die Bündner Alpen: Das Dorf Castasegna bietet eine grandiose Kulisse für ein sommerliches Kunstprojekt. Mehr noch: Castasegna war schon immer ein Ort der Begegnung, des Austausches und der Kultur. Es war und ist ein Ort, an dem sich bedeutsame wissenschaftliche, künstlerische und kulturhistorische Stränge kreuzen. Das malerische Dorf des Bergell liegt unmittelbar an der Grenze zu Italien und erfreut sich trotz seiner Lage in einer Höhe von 690 Metern über dem Meeresspiegel eines mediterranen Klimas. In den zahlreichen Gärten des Dorfes wachsen Palmen, Feigenbäume, Kamelien und Weinstöcke. In Brentan, oberhalb von Castasegna, erstreckt sich einer der größten Edelkastanienwälder Europas. Nicht nur die Flora des Südens fühlt sich in Castasegna heimisch. Das Dorf, seit 2010 Teil der Gemeinde Bregaglia, ist seit jeher auch ein Verbindungsknoten für Kulturelles. Zu den bekanntesten Bauwerken des schmucken Ortes zählt die

„Villa Garbald“ mit Pergola und Gartenanlage, die 1862 nach Plänen von Gottfried Semper erbaut wurde. Übrigens das einzige Gebäude Sempers südlich der Alpen. Oberhalb der „Villa Garbald“ steht der preisgekrönte Wohnturm „Roccolo“, der 2004 von den Basler Architekten Miller & Maranta entworfen wurde. Bruno Giacometti, der Bruder von Alberto Giacometti, gestaltete die Häuser der Siedlung Brentan sowie den roten Pavillon beim ehemaligen Grenzübergang nach Italien. Der Verein „Progetti d’arte in Val Bregaglia“, der seit 2010 bereits zahlreiche Ausstellungen an verschiedenen Orten im Bergell organisiert hat, lässt in diesem Sommer das Dorf Castasegna zur Bühne für ein aufregendes Kunst­ event werden: „ A rte Castasegna“. Das Kuratorentrio Luciano F ­ asciati, Misia Bernasconi und Céline Gaillard hat 14 renommierte Kunstschaffende aus der Schweiz und aus ­I talien eingeladen, unterschiedliche Innen- und Außen­ räume im Dorf Castasegna zu bespielen. Entstanden ist ein Kunst­p arcours mit Arbeiten, die alle eigens für „ Arte ­C astasegna“ geschaffen wurden, die historischen und


99 geografischen, architektonischen und gesellschaftlichen ­E igenheiten des ­Ortes und der Region aufnehmend und neu interpretierend. Das Besondere daran: Die Kunstwerke ­stehen nicht nur in Straßen und Gärten, sondern finden sich auch in teilweise privaten Innenräumen. Die Konfrontation mit der Kunst wird so zugleich zur sehr intimen Begegnung mit dem Ort und seiner Geschichte. Der Bündner Künstler Piero Del Bondio hat die Bewohnerinnen und Bewohner von Castasegna gebeten, ihm je ein Wort zu schenken. In dem von Bruno Giacometti 1959 entworfenen ehemaligen Zollpavillon, der heute als ­Buswartehäuschen dient, präsentiert er die handschriftlich notierten Beiträge nach Generationen gebündelt. Die Worte der sieben bis 21-Jährigen sind zum Beispiel dem Element Luft zugeordnet und auf hellblauen Rechtecken notiert, die der 64bis 91-Jährigen indes hat der Künstler dem Element Erde untergeordnet. Sie finden sich auf braunen Quadraten. Die aus dem Appenzell gebürtige Künstlerin Karin Karinna ­B ühler haucht mit einer Installation einem ehemaligen ­Ladenlokal neues Leben ein. Der italienische Künstler Michele Ciacciofera arrangiert in einem Steinbecken im Ortskern eine Sound­i nstallation, die Klänge aus Natur- und Menschen­ sphäre miteinander verbindet.

Castasegna, Roccolo, Villa Garbald © Andrea Badrutt

Michael Günzburger lässt meterlange weiße Flachschläuche von einer Felsnase westlich von Castasegna baumeln. Der Berner Künstler arbeitet sonst meist im Bereich der ­Z eichnung. Mit seiner Installation, die an das traditionelle Kastaniendessert Vermicelles denken lässt, will an die vielen armen Zuckerbäcker erinnern, die im 19. und 20. Jahrhundert aus dem Bergell ausgewandert sind. Der in Zürich lebende Konzept- und Performance-Künstler San Keller inszeniert gar ein ganzes Festival: Er lädt musikalisch aktive Künstlerinnen und Künstler in ein altes Kastaniendörrhaus ein. Eine Woche lang können die musizierenden Kunstschaffenden sich dort beim experimentellsten Festival der Schweiz austauschen. Neben San Kellers klingender Intervention gibt es ein umfangreiches Rahmenprogramm mit zahlreichen Aktivitäten und Attraktionen. ALICE HENKES

Bis 2 1. Ok tober 2018 „ A r t e C a s t a s e g n a“ www. ar te-castaseg na. ch

Ein Kunstprojekt im Dorf Castasegna mit Werken von: Piero Del Bondio, Karin Karinna Bühler, Michele Ciacciofera, Katalin Deér, H. R. Fricker, Gabriela Gerber & Lukas Bardill, Michael Günzburger, Haus am Gern, San Keller, Zilla Leutenegger, Carmen Müller und Valentina Stieger


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Patrick Devonas, „Al sass della Madonna“, 2018, Öl auf Leinwand und Dibond, 76 cm

Das Gemälde basiert auf der Legende des Auszuges der Madonna aus der Kirche von Soglio im Bergell während des Bildersturms.


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Von wilden M annen, schlauen Zwergen und rätselhaf ten Kräuter feen

Alpensagen.ch Sie sind im ganzen Alpenrheingebiet zu Hause, aber man bekommt sie selten zu Gesicht: die bärenstarken und scheuen Waldbewohner, die märchenhaft schönen Alpenfeen mit gol­ denem Haar, die hinterlistigen Zwerge und die furchterregenden Totenzüge, welche die wildromantische Berglandschaft durchstreifen. Besonders häufig aber treten die geheimnisvollen Bergbewohner noch bis zum 12. April 2019 im noblen Bündner Kurort Klosters in Erscheinung. Dort haben sie sich im hiesigen Heimatmuseum, dem „Nutli Hüschi“, eingenistet, zugleich Startpunkt einer rund dreijährigen Tournee des Projektes „alpensagen.ch“ durch den ganzen Kanton Graubünden. In monatelanger Kleinarbeit hat der international ­bekannte Bündner Maler Patrick Devonas die Mythen und Sagen der Region um Klosters und Davos meisterhaft ins Bild gesetzt.

E I N E FA S Z I N I E R E N D E E R L E B N I S W E LT U N D M Ü N D L I C H E E R Z Ä H L U N G E N

Im Zusammenspiel seiner Werke mit den sorgsam arrangierten Beständen des Museums ist im 450 Jahre alten Walserhaus unter tatkräftiger Mitwirkung des engagierten Museums­ teams eine ebenso lehrreiche wie spannungsvolle interaktive Erlebnislandschaft für Groß und Klein rund um das vielfältige traditionelle Erzählgut der dortigen Region entstanden. Mit der faszinierenden Ausstellung, die von Lesungen, Erzählabenden sowie Erwach­ senen- und Kinderworkshops begleitet wird, soll dem zunehmend vom Aussterben bedrohten Kulturgut der alpinen Sagenerzählung nachhaltig neues Leben eingehaucht werden. Ein besonderes Anliegen ist den Projektinitiatoren die Arbeit mit den Kindern der Einheimischen und Gäste des Kurortes: Denn nur wenn es gelingt, die kommende Genera­ tion für die T ­ ra­d ition der mündlichen Sagenüberlieferung zu begeistern, kann dieses wertvolle ­Kul­t urgut überleben, das seit Jahrhunderten einen wesentlichen Teil der Identität der Bergbevölkerung darstellt.

Ab 22. September 2018 gastiert „alpen­sagen.ch“ in Disentis im ältesten Benediktinerkloster nördlich der Alpen, während im Frühjahr mit Laax die erste romanischsprachige Destination auf dem Programm steht. www. alpensagen. ch

A R T M A P P   S O M M E R 2 018 — A L P E N - R H E I N

W E I T E R E S TAT I O N E N D E R T O U R N E E


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HINGABE STATT AUFGABE JEFF WALL APPEARANCE 02.06 – 09.09.18


Junge Kunst – Junge Künstler Wettbewerb 2017 und Ausstellung 2018 im Skulpturenpark Heidelberg Zum zweiten Mal führt der Skulpturenpark Heidelberg die Initiative „Junge Kunst – Junge Künstler“ durch. Beim Wettbewerb haben sich im September/November 2017 die drei Künstler Jochen Damian Fischer, Peco Kawashima und André Wischnewski qualifiziert und präsentieren seit 17. Juni je eine Arbeit. Auch Felix Oehmann und Simon Speiser sind in der Ausstellung mit je einer Plastik vertreten. Der Skulpturenpark Heidelberg hat bei der Vernissage am 17. Juni den mit 10.000 € dotierten Manfred FuchsPreis für „Junge Kunst – Junge Künstler“ vergeben. Anzeige_JK_2018_Lay_250618.indd 1

Er bestand aus zwei Ersten Preisen von je 4.000 € für Jochen Damian Fischer und André Wischnewski sowie einem Zweiten Preis von 2.000 € für Peco Kawashima. Neben diesen Preisen erhielten die 7 Finalisten eine Entwurfsvergütung und für die Schaffung der Plastiken zur Ausstellung einen namhaften Kostenbeitrag. Die Ausstellung wird bis 18.10.2018 zu sehen sein. Verein der Freunde und Förderer des Skulpturenparks Heidelberg e.V. www.skulpturenpark-heidelberg.de

25.06.2018 10:53:49


Sommer Sonne Mochental www.galerie-schrade.de

Im Portfolio der Galerie spielt die Skulptur seit über 45 Jahren eine bedeutende Rolle. Der Bilderbogen zeigt einige Werke in Mochental, von Bildhauern die seit vielen Jahren mit der Galerie eng verbunden sind. Speziell der Hubertussaal, in dem derzeit eine Installation von Bodo Korsig präsentiert wird, ist eine großartige Plattform für Skulpturen und Installationen. Viele international renommierte Künstler haben hier über die Jahre ihre Werke präsentiert. In der großen Sommer Ausstellung 2018 zeigen wir auf über 2500 qm Ausstellungsfläche 4 Einzelausstellungen: Cornelia Schleime - Im ersten OG · Bodo Korsig im Hubertussaal · Meno Fahl & Bernd Schwarting in der Nikolauskappelle · Erich Heckel - im Prälatenflügel. Parallel zeigen wir wie immer Malerei und Skulpturen von Künstlern der Galerie.



Magda Krawcewicz, „I crossed oceans of time to find you“, Werkgruppe, bestehend aus elf Porzellanobjekten, 2017, Foto: © Magda Krawcewicz, © VG Bild- Kunst, Bonn 2018


107 M agda Krawcewicz zur Sommer frische in Bad Gastein

I crossed oceans of time to find you

Magda Krawcewicz in ihrem Sommeratelier in Bad Gastein, Foto: Jens Umbach

vor allem von Vampiren handelt, ist an dieser Stelle egal: „I crossed oceans of time to find you“ spiegelt vor allem die ­Suche nach jemand – oder etwas? – Geliebtem, Verehrtem, Kostbarem, ja: vielleicht auch Idealisiertem. Es ist eine Suche, für die es so gar nicht auf Äußerliches, auf Zeit und Ökonomie ankommt, sondern allein auf das Innere, auf die Geduld und die Bestimmtheit, mit der dieses Ziel verfolgt wird. Und so gibt der Titel diesen Skulpturen etwas sehr poetisches und vereint zugleich, was uns zunächst unvereinbar erscheint.

A R T M A P P   S O M M E R 2 018 — S K U L P T U R

Magda Krawcewicz arbeitet vom 6. bis zum 29. Juli im Rahmen des internationalen Kunstfestival sommer.frische.kunst in Bad Gastein – im neunten Jahr initiiert von Andrea von ­G öetz. Mit namenhaften Künstlern wie Johnatan Meese, ­Michael Sailstorfer, Simon Lohmeier und Andreas Mühe und fünf weiteren Stipendiaten beleben sie von 6. Juli bis 31. August den ö ­ sterreichischen Kurort. Magda Krawcewicz, 1978 in ­Polen geboren, Studium an der Hochschule für angewandte ­W issenschaften in Hamburg, beschäftigt sich in ihren Gemälden, Zeichnungen und Skulpturen mit der Auflösung und Fragmentierung von Körper, Gestalt und Raum. Die Künst­ lerin wird in Bad ­G astein an Porzellanskulpturen aus der Werkreihe der Small Idols weiterarbeiten. Auf den ersten Blick wirken sie schon leicht morbide, diese Idole. Aber dieser Eindruck verflüchtigt sich bald. Denn diese Totenköpfe – und darauf kommt es hier an – sind viel kleiner als echte. Und sie strahlen den Betrachter in einem ­s tillen, ­k laren, einem sehr lebendigen Weiß an. Welche Leben­digkeit in ihnen steckt, das spürt man spätestens, wenn man ins Innere einer dieser Arbeiten von Magda Krawcewicz blickt, greift. Hinter der Oberfläche, dem Schädel und seinen Knochen e­ rscheint das Wesentliche – dort offenbaren sich alle Brüche des zarten Materials, die Fingerabdrücke der Künst­ lerin, ihre Energie, etwas Unperfektes. Gerade in diesem nur schein­baren Gegensatz entfaltet sich das Sinnliche, ja: die ­poetische Kraft dieser Werke. Dabei kann jedes Einzelne von ihnen auch ganz unabhängig von jeder Botschaft bestehen, die man in ­ihnen sieht. „I crossed oceans of time to find you“ ist der ge­ meinsame Titel all dieser Skulpturen, von denen Magda Krawcewicz seit Beginn des Jahres 2017 mittlerweile zwei ­S erien geschaffen hat: Die erste heißt „Blue“, die zweite ­„ Melancholia“, weil sie unterschiedliche Kristallglasuren ­haben; „Small Idols“ wird die dritte heißen. Der Titel ist ein Zitat aus Bram Stokers „Dracula“, in dem es ja nicht nur um den Tod, sondern auch um die Liebe geht – er verbindet damit einmal mehr Eros und Thanatos, also ein immer wieder ­kehrendes Motiv in Krawcewicz Arbeiten. Dass der Roman


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Obwohl sie Idole sind, haftet diesen Werken so gar nichts religiöses an. Wohl aber etwas sehr mystisches, und natürlich spielen sie mit der ganzen Kraft des Mythologischen. Idole sind sie indes weniger im Sinne des lateinischen idolum – das für „Abgott“ steht – sondern im Sinne des griechischen eídolon‚ in dem sich das Wesen als solches zu erkennen gibt. Sie sind geschmückt mit Federn und Muscheln, Pocken und Schlangenhäuten, Objekten also, denen allen schon für sich allein genommen eine vielschichtige Bedeutung innewohnt. Damit erinnern diese Porzellanarbeiten zwar an Fetisch­ objekte. Doch sie behalten ihre spielerische Leichtigkeit, weil sie keiner spezifischen Zeit oder Kultur zuzuordnen sind und auch keine ganz eigenen erschaffen wollen. Die kleinen

kultische Werke sind mehr als die Summe ihrer einzelnen Teile und im besten Sinne universell, allumfassend. Wenn hier gelegentlich die gefiederte Schlange Quetzalcoatl wieder auftaucht, die schon anderswo in Krawcewicz’ Arbeiten zu ­sehen ist, dann verweist sie weniger auf die Maya-Kultur, der sie entstammt, und schon gar nicht auf das uns vertraute ­biblische Bild der Schlange. Sondern auf die Wiedergeburt, die Erneuerung und Fruchtbarkeit, die Wachsamkeit und die Kraft des Instinktiven. Die Werke haben, für die Künstlerin eher untypisch, keine Einzeltitel. Sie sind aber unverkennbar eigenständige Werke, von denen jedes seinen eigenen Charakter bekommen hat. Sie harmonieren als Serie, die sich organisch entwickelt,


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und können doch allesamt auch für sich alleine stehen. Mit ­ihnen schreibt die Künstlerin alte Mythen fort – fast nimmt die Kunst hier nun die Stelle eines heiligen Objekts ein; manch ­einer mag das ketzerisch finden, auch wenn es nicht so ­gemeint ist. Dabei reflektiert die Kunst hier doch auch ihre ­e igene Rolle: In der Öffentlichkeit wird sie heutzutage ­ehrfürchtig bestaunt, vielleicht sogar bewundert wie einst ­metaphysisch entrückte Figuren. Magda Krawcewicz holt sie von diesem Sockel der Verheißung, ohne sie deswegen zu ­entzaubern – ganz im Gegenteil. Sie schafft Raum für eine neue Wahrnehmung.

Zugleich zeigt sich, wie sehr alle diese Idole doch eine natür­l iche Weiterentwicklung jener Skulpturen sind, an ­denen die Künstlerin in den letzten Jahren gearbeitet hat. Ihre Porzellanarbeiten gewinnen hier eine ganz neue Substanz und Tiefe, ja: sie eröffnen eine neue Dimension von Krawcewicz’ Bildhauerei. JAN ZIER

M a g d a K ra w c e w i c z i m K ra f t w e r k & G a l e r i e B a d G a s t e i n 11. bis 26. Juli 2018 bzw. 28. Juli bis 2 . September 2018 www. sommer f r ischek unst. de

Magda Krawcewicz, „I crossed oceans of time to find you (Melancholia), Werkgruppe bestehend aus 11 Porzellan Objekten auf 4 Kant Balken”, 2017, Foto: © Magda Krawcewicz, © VG Bild- Kunst, Bonn 2018

A R T M A P P   S O M M E R 2 018 — S K U L P T U R

www. seemagda. com


110 Eine Reise zu Skulpturenausstellungen, - parks und Kunst wegen zeigt die Vielfalt der M öglichkeiten

Sommerzeit ist Skulpturenzeit

Stephan Balkenhol, „Babyking“, 2015, Wawaholz, farbig gefasst, Höhe der Figur: 53 cm, Courtesy: Deweer Galler y, Otegem (B), Foto: Stephan Balkenhol © VG Bild- Kunst, Bonn 2018

Ob gegenständlich oder abstrakt, ortsbezogen oder durch den Kurator ausgewählt und positioniert – die Kunstlandschaft Deutschlands präsentiert sich auch im Bereich der Drei­d imensionalität außerordentlich vielfältig. Seit etlichen Jahrzehnten wächst die Zahl der Skulpturenparks und Kunstwege, die außerhalb von festivalartigen Ereignissen wie den „SkulpturProjekten“ in Münster oder den „Blickachsen“ in Bad Homburg eine ganzjährige künstlerische Möblierung des öffentlichen Raums bieten. Skulpturen können aber ­n atürlich genauso gut auch in Museen gezeigt werden und ­bereichern damit die Präsentationen im Außenraum um die Auseinandersetzung mit dem Œuvre oder durch Teilaspekte im Werk eines Künstlers. So zeigt beispielsweise die Kunsthalle Emden über den Sommer einen Querschnitt aus dem aktuellen Schaffen von Stephan Balkenhol, einem der ­a kt uell b ­ ekanntesten Bildhauer Deutschlands. Rund 40 Holzskulpturen, ergänzt um einige Arbeiten auf Papier, ­geben Einblick in seine Arbeitsweise, die stets ausgeht vom Menschen, den der an der Karlsruher Kunstakademie lehrende Balkenhol aus dem Holzblock herausarbeitet und farbig bemalt. Wichtig ist ihm dabei, die Holzstruktur durch die ­relativ grobe Ober­f lächenbearbeitung zu erhalten, sowie ein neutraler Gesichtsausdruck, damit seine Skulpturen als Projektions­f läche des Betrachters fungieren können. Folgerichtig geht es ihm weder darum, Geschichten zu erzählen, noch Botschaften zu vermitteln. Jenseits der Tradition der Gegenständlichkeit, auf deren Fundament sie zweifelsfrei stehen, wollen sie vielmehr den Betrachter dazu anregen, das Geheimnisvolle zu entdecken, das in ihnen steckt. Der Blick über die Landesgrenze zeigt: Auch die Niederländer warten mit Spannendem auf. Ein wenig geheimnisvoll ist nämlich auch


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Bruce Nauman, „Diamond Shaped Room with Yellow Light”, 1986 –1990/2018 im Middelheimmuseum Ant werpen, Foto: Tom Cornille © VG Bild- Kunst, Bonn 2018

aus Videofilmerin ist, vereint in ihren zarten, die Natur in Polyester konservierenden Objekten eine fernöstliche ­Ä sthetik mit einer Haltung, die durchaus auch als Gesellschaftskritik gelesen werden kann. Wachstum und Vergänglichkeit lässt sie gleichermaßen sichtbar werden, indem sie Pflanzensamen und Blüten in skulpturale Objekte transformiert. Ein halbes Jahr lang sind sie in den öffentlichen Hotelräumen zu sehen und bereichern das Businesshotel um eine künstlerisch-persönliche Note. Kräftig und raumgreifend sind dagegen die Skulpturen von Jürgen Knubben. In den BEGE Galerien in Ulm werden sie zusammen mit Erich Hausers Werken „Im Dialog“ gezeigt. Dabei trifft dann beispielsweise verrosteter Stahl auf Edelstahl, mathematisch scheinende Abfolgen auf die kantig-spitze Form. In der Kunsthalle Ravensburg – übrigens ebenfalls eine ehemalige Industriehalle, die seit November 2016 die ehemals Freie Reichsstadt um eine weitere Kunstadresse zum aktuellen Kunstschaffen bereichert – müssen sich Knubbens Skulpturen auf rund 1.000 Quadratmetern Fläche behaupten. Was ihm mit seinen installativen Figuren­ gruppen, die zum Teil eigens für die Ausstellung entstanden sind, und mit dem Großformat, das er bewusst dafür wählte, sicher hervorragend gelingt. Wer sich mit Knubbens Skulp­ turen noch intensiver auseinandersetzen möchte, ist mit einer Fahrt zum Bodensee gut bedient: Zwischen Hagnau und dem auf Schweizer Seite gegenüberliegenden Altnau wurden aus ­A nlass der Erinnerung an die letzte „Seegfrörne“ vor 55

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die Außenskulptur, die nun dauerhaft im Middelheim­ museum in Antwerpen einen Platz gefunden hat und feierlich im Rahmen des diesjährigen Stadtkulturfestivals „Antwerp ­Baroque 2018. Rubens Inspires“ der Öffentlichkeit übergeben wird. „Diamond Shaped Room with Yellow Light“ von Bruce Nauman ist eine begehbare Rauminstallation, in der das Licht Regie führt und den Betrachter durch seine ­Helligkeit irritiert. Der Mensch ist für Nauman – allerdings in einem weit direkteren Prozess, der den Betrachter selbst ins Werk einbezieht – Dreh und Angelpunkt seiner Arbeit. Persönliche Erfahrungen, aber auch der Abgleich mit sonst üblichem Verhalten sollen durch seine Skulpturen ermöglicht werden. Die an der Schelde gelegene Handelsmetropole, ­bekannt als weltweit wichtigster Diamantenhandelsplatz, hat mit dem Middelheimmuseum ein Freilichtmuseum für ­Bildhauerkunst, das seinesgleichen sucht: In dem 27 Hektar großen Park werden permanent 215 Skulpturen aus der Sammlung präsentiert, die von Rodin ausgehend das gesamte 20. Jahrhundert mit Skulpturen bekannter Künstler umfasst – ein begehbares „Who’s who“ der Bildhauerkunst! Seit 2012 werden zudem in Wechselausstellungen Einzelpositionen präsentiert, aus denen dann Neuerwerbungen getätigt ­werden können. Unter dem Motto „Spröder Charme, moderne Kunst“ lockt die diesjährige „NordArt“ zur Skulpturenausstellung in die ehemalige Eisengießerei Carlshütte nach Büdelsdorf bei Kiel. Das älteste Industrieunternehmen Schleswig-Holsteins, die 1827 gegründete und 1997 stillgelegte Carlshütte, bietet den imposanten Rahmen für eine dieses Jahr zum 20. Mal stattfindende Ausstellung, die im Norden ihresgleichen sucht: Rund 200 Künstler aus aller Herren Länder hat die Jury ausgewählt, wobei in diesem Jahr ein besonderer Fokus auf der Tschechischen Republik liegt. Mit dabei ist auch der in der Nähe von Pforzheim lebende Bildhauer Stefan Faas, dessen Cortenstahl-Skulpturen trotz hohen Abstraktionsgrades ebenfalls auf den Menschen bezogen sind. Dass ehemalige ­Industriehallen einen geeigneten Hintergrund insbesondere für Skulpturen bilden, dafür steht nicht nur die Carlshütte im Norden, sondern auch ein ehemaliges Getreidelager in ­K irchheimbolanden, das zwischenzeitlich als Sarglager ­Verwendung findet und in dem sich – bei laufendem Be­ stattungsbetrieb – der Kunstraum Holzmann befindet. Im Rahmen des seit 2015 existierenden Veranstaltungsformats „ARTKIBO“ wird ein Wochenende lang die chinesische Künstlerin Ke Li mit Videoarbeiten präsentiert, während ihre „floralen Transformationen“, in denen sie die Natur auf Restbestandteile reduziert und diesen zugleich einen neuen Raum gibt, im ART Hotel Braun (und dort auch länger) gezeigt ­werden – seine Fassade ziert seit 2016 eine überdimensionale Banane des Sprayers Thomas Baumgärtel. Ke Li, die von Haus


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Jürgen Knubben, „Säulen“, 2015/2016, Stahl massiv, jeweils 210 x 45 x 45 cm © VG Bild- Kunst, Bonn 2018

Jahren, als der Bodensee komplett zugefroren war, zwei Schiffsskulpturen im See installiert und zudem sind – neben neuen Werken in der Hagnauer Galerie des Rathauses – insgesamt elf große Skulpturen in der Stadt zu sehen. Wen es bei sommerlichen Temperaturen nach draußen zieht, dem bietet auch die Anfang Juni neu eröffnete Mannheimer Kunsthalle gerade im Südwesten der Republik einen prima Analaufpunkt. Das Hamburger Architekturbüro ­G erkan, Marg und Partner (gmp) schuf mit seinem kubischen Museumsbau einen klaren Kontrast gegenüber dem Jugend­stilensemble des Wasserturms. In ihrer stählernen Vorhangfassade bricht sich das Licht und führt zu einer immer wieder neuen Wirkung; Brücken führen von dem als „Stadt in der Stadt“ verstandenen Gebäudeteil in den Jugendstilbau von Hermann Billing, der gegenüber den lichten Kuben des Neubaus eine Erdenschwere vermittelt, die aber bereits im Atrium ein skulpturales Gegenstück mit Brâncu șis „Großem Fisch“ erhält, der goldglitzernd auf seinem Sockel zu schweben scheint. Der insgesamt 18 Skulpturen umfassende Bild­ hauergarten ist seit der Wiedereröffnung reduziert auf einige

wenige exemplarische Arbeiten im Außenraum, darunter die Neuerwerbung „Two Intersecting Sine Waves“ des New ­Yorker Künstlers Dan Graham, der damit auf das Thema Wahrnehmung rekurriert und den Besuch im Museum aufs Trefflichste vorbereitet. In der „Open Air Galerie“ vor dem Eingang des Altbaus ist die vormals dem Wasserturm gegenüber platzierte weiße Stahlskulptur „Slow Motion“ von Nigel Hall zu finden. Flankiert wird sie von weiteren Großskulpturen aus der Sammlung von Alf Lechner, Christoph Freimann und Norbert Kricke, die auf der neuen Pflasterung noch ein wenig wie „Drop Sculptures“ wirken; der Platz muss erst noch seine Qualitäten entwickeln. Dagegen funktioniert der an der Schmalseite positionierte „Tiger“ (1936) des Mainzer Bildhauers Philipp Harth, der stets am Wesen einer Gattung interessiert war, bereits jetzt als Bildmotiv.


113 Orthopädischen Universitätsklinik in Heidelberg, in dem zwischenzeitlich 26 Plastiken von deutschen und inter­ nationalen Künstlern präsentiert werden. Darunter sind so renommierte Namen wie Claus Bury, Bernhard Heiliger, Friedrich Gräsel oder Robert Schad – und die jetzt vor dem ­J ugendst ilbau der Mannheimer Kunst halle lagernde ­F reimann-Plastik „Großer Bug 2“ war hier im Jahr 2011 als Leihgabe zu sehen. Was am Rande Heidelbergs in einem Park nahe des Neckars funktioniert, klappt offensichtlich auch in etwas abgeschiedenerer Gegend: Der Kunstweg am Reichenbach, zwischen Rastatt und Freudenstadt in einem Seitental der Murg gelegen, ist nach wie vor ein Geheimtipp am Ober­ rhein. Rund 40 Skulpturen gehen auf Tuchfühlung mit der idyllischen Kulisse, dem munter dahinplätschernden Reichenbach sowie den traditionellen Heuhütten. Das Konzept sieht immer eine Mischung aus etablierten Positionen und jungen Künstlern vor, die mit ihren Installationen, Interventionen oder „klassischen“ Skulpturen ganz eigene Akzente

Durch Nigel Halls Skulptur „Slow Motion“ blickt man auf den Jugendstilbau der Kunsthalle Mannheim. Foto: Kunsthalle Mannheim/ Dietrich Bechtel

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Was bei der Kunsthalle Mannheim nur ein Ausgreifen in den Außenraum darstellt, das aber durchaus passend ist, weil ihr Bestand eine der ersten Bürgersammlungen weltweit ist, ist bei den Skulpturenparks „conditio sine qua non“: Skulpturen sind in Abständen aufgestellt, assoziieren ihre Umgebung, nehmen Bezug auf Umwelt und Natur oder setzen neue Akzente bzw. stellen Sichtbezüge in der Landschaft her. Einer der ältesten seiner Art (und einer der ungewöhnlichsten) ist wohl die Museumsinsel Hombroich bei Neuss. Dort wurden dem Prinzip „Kunst parallel zur Natur“ folgend nicht nur Ausstellungspavillons in die renaturierte Landschaft gestellt, hier befindet sich auch das Werkstatthaus des Bildhauers Anatol Herzfeld umgeben von großformatigen Ensembles. Bereits seit über 20 Jahren existiert auch der Skulpturenpark der


114 setzen, darunter Robert Schad, Hiromi Akiyama, Max Peter Näher, Franz Bernhard und Erich Hauser. Letztgenannter wird in Rottweil übrigens auch im Skulpturenpark der nach ihm benannten Stiftung präsentiert, zu dem auch sein Wohnhaus und Atelier gehören. Auch bei Nina Laaf gelingt der Brückenschlag zu aktuellen Ausstellungen, denn neben ­einem überdimensionierten, pinkfarbenen Papierflieger, den sie im Reichenbachtal kopfüber im Gras landen lässt, wird sie momentan in der Städtischen Galerie Karlsruhe mit dem ­d iesjährigen Hanna-Nagel-Preis geehrt. Die nächste Freiluftausstellung des Kunstwegs, die am 1. Juli mit Arbeiten unter anderem von Irmela Maier und Daniel Wagenblast eröffnet wird, zeigt neuerlich die Bandbreite der Materialien und Möglichkeiten, mit denen auf die Landschaft, die Natur und ihre Besonderheiten eingegangen werden kann.

Eine kleine Besonderheit ist auch die Ausstellung, die die EnBW in Kooperation mit der Kunstakademie Stuttgart ausrichtet, bei der sie gezielt die Studierenden fördert und die den Bogen zum Anfang unserer Skulpturenreise schlägt, denn sie findet wieder in einem Innenraum, dem Foyer der EnBW City in Stuttgart, statt. Unter dem Motto „Design now! MaterialGestalten“ stellen sich die angewandten Fachbereiche der Hochschule vor. „Inkubator“ wurde die Reihe sinnig betitelt, denn hier geht es um das Testen und Erproben neuen Designs und den darin wohnenden Möglichkeiten, die die Studierenden im geschützten Rahmen der Kunstakademie wie in einem Brutkasten austesten und ausloten sollen. Entstanden sind auf

Felix Oehmann, „Gut Instinct“, 2018, Foto © Verein der Freunde und Förderer des Skulpturenparks Heidelberg e.V.


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Jingdi Shan, 2015/16, Polyst yrol, aus der Ausstellung „Design now! MaterialGestalten“ der Kunstakademie Stuttgart in Kooperation mit EnBW

diese Weise experimentell-skulpturale Materialkompositionen, mit denen die Betrachter interagieren können. In fünf verschiedenen Bereichen, die sich spielerisch dem Material nähern eingedenk des Umstands, dass der Mensch immer wieder das Designprodukt nicht in der intendierten Weise, sondern ganz anders verwendet, werden die ungewöhnlichen Entwürfe präsentiert. „Entwerfen ist ein spekulatives Geschäft mit Ideen und Vorstellungen von Nutzen und Benutzen und das ist der eigentliche Reiz“, heißt es im Katalog. Die ­Studierenden der Architektur und des Industrial Designs ­beleben diesen Ausspruch mit ganz eigenen, überraschenden Ein­blicken in aktuelle entwerferische Praxis.

Ke Li E rö f f n u n g : 1 0 . A u g u s t 2 0 1 8 Videoarbeiten: 10. bis 1 2 . August 2018 K u n s t ra u m H o l z m a n n ; Objek te: bis Ende 2018 A r t H o t e l B ra u n ; A r t k i b o K i r c h h e i m b o l a n d e n Bis 4 . August 2018 J ü r g e n K n u b b e n u n d E r i c h H a u s e r „ I m D i a l o g“ BEGE Galer ien Ulm www. bege-galer ien. de E rö f f n u n g 1 4 . S e p t e m b e r 2 0 1 8 In stallat ive Fig ure ng r uppe n

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Übertritt, 2013 © VG Bild-Kunst, Bonn 2018, Foto Norman P. Krauß

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Erich Hauser / Jürgen Knubben Im Dialog 8. Juni – 4. August 2018 Art Bodensee 13. – 15. Juli 2018 James Francis Gill American POP ART 14. September – 3. November 2018 Eröffnung in Ulm in Anwesenheit von James Francis Gill, weitere Informationen auf Anfrage Neugierig? November / Dezember 2018 Vorschau auf 2019 Art Karlsruhe · Hanna Roeckle · Bastian & Isabelle Ben Willikens · Armin Göhringer · schwarzweiß – weißschwarz BEGE Galerien Ulm 89073 Ulm Tel +49 (0) 179 . 483 41 88 www.bege-galerien.de

Galerie am Saumarkt Fischergasse 34 , 89073 Ulm Tel +49 (0) 731 . 934 074 11 und +49 (0) 731 . 6 33 49 Mo und Di nach Vereinbarung, Mi bis Fr 11 – 13 und 14 – 18 Uhr, Sa 11 – 15 Uhr



119 Stefan Faas ist ein M eister der Ober flächen

Skulpturen von archaischer Wucht Hintereinander als Symbol für ein Neben- und ­M iteinander, bei dem der Betrachter in den Cortenstahl-Skulpturen zum Gegenüber, bei den Spiegelstahlskulpturen aber zum Teil dieses Spiels aus Dynamik und Bewegung wird. Diese Themen führt er auch in seiner jüngsten ­Werkgruppe fort, in der aber der Zufall als Ausdrucksträger hinzutritt. Den im Schmiedefeuer liegenden Stahl erhitzt Faas über die für die Bearbeitung notwendige Temperatur ­hinaus, sodass er förmlich zu kochen beginnt. Ausblühungen, abstrakt-florale Auswüchse sind das Ergebnis, die nur bis zu einem gewissen Grad vorherbestimmbar sind. Hier tritt dem Betrachter die Skulptur mit großer archaischer Wucht ­e nt­g egen, während seine Cortenstahl-Skulpturen in der ­Farbigkeit changieren und sich die Spiegelstahl-Arbeiten bei entsprechendem Lichteinfall aufzulösen scheinen. Seine ­monumentalen Arbeiten sind bis 7. Oktober auf der NordArt in Büdelsdorf bei Rendsburg zu besichtigen, zwei seiner Stelen werden ab Juni in den Schilderhäuschen des barocken Palais Rottal, das die Galerie artmark in Wien beherbergt, ­gezeigt. Für den Herbst ist eine Ausstellung in der Galerie am Lindenplatz in Vaduz vereinbart. CHRIS GERBING

B i s 7. O k t o b e r 2 0 1 8 N o rd A r t B ü d e l s d o r f Bis 4 . November 2018 Gale r ie ar t mark Palai s R ot tal, S i n g e r s t ra ß e / G r ü n a n g e r g a s s e W i e n O k t o b e r/ N o v e m b e r 2 0 1 8 G a l e r i e a m L i n d e n p l a t z , Va d u z 13. bis 15 . Juli 2018 ar t Bodensee, Dor nbir n G a l e r i e a m L i n d e n p l a t z , Va d u z Galer ie c. ar t, Dor nbir n w w w . s t e f a n -f a a s . d e

Stefan Faas, „Pyramus & Thisbe“, 2016, Cortenstahl, 5,90 x 75 x 75 m, auf der Nordart 2018 in Büdelsdorf, Foto: © Der Künstler

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„Meine Spiegelstahlskulpturen sind der Horror für jeden ­Fotografen“, schmunzelt der bei Pforzheim lebende Bildhauer Stefan Faas, denn sie sind auf Hochglanz poliert, sodass sie die Umgebung mühelos einfangen. Doch weil ihre Oberflächen oft Schwünge aufweisen, sie überdies sehr schlank sind, gibt es häufig Spiegelungen, bei denen die Umgebung Kopf steht, fragmentiert und nur in Teilen wiedergegeben wird. Deutlich macht diese Werkgruppe außerdem, dass der Künstler genau weiß, was er tut, er bei der Planung und Ausführung der Skulpturen nichts dem Zufall überlässt. Exakt auf Stoß ge­ arbeitet und verschweißt sowie händisch in zahlreichen Stunden auf Hochglanz poliert, sind seine aus zusammengesetzten Stahlplatten bestehenden Konstruktionen auch eine intellektuelle Leistung, die Form zu visualisieren. Im Umkehrschluss heißt dies aber zugleich, dass sich gerade bei den Spiegelskulpturen nach dem Modell die Form für ihn erledigt hat, das eigentliche Schaffen, ihre Realisierung, für ihn nur noch Randerscheinung ist. Nicht nur bei dieser Werkphase, auch in den ersten ­g roßen Cortenstahl-Skulpturen und seiner jüngsten Werkgruppe, den „gekochten“ Stahlskulpturen, macht sich Stefan Faas’ großes handwerkliches Können und das Wissen um die Materialeigenschaften des Stahls bemerkbar. Bereits in den frühen Zeichnungen aus der Zeit an der Pforzheimer Hochschule für Gestaltung lassen sich die Grundlinien seines Schaffens ablesen, die sich bis heute durch sein Werk ziehen: Es geht ihm um den die Skulptur umgebenden Raum, ihre „Bewegung“ darin sowie die Reduktion des menschlichen Körpers auf das gerade noch assoziierbare Mindestmaß. „Der Abstraktionsgrad meiner Skulpturen ist letztlich eine Frage der Proportionen und der Dimensionen“, meint Faas. Deshalb spielt der Sockel in seinen Arbeiten eine wichtige Rolle. Das Gegenüber ist immer intendiert, ein – auch abstrahierter! – Kopf wirkt möglicherweise nur als solcher, wenn er auf einer bestimmten Höhe positioniert ist. Und auch in der Skulptur selbst wählt er gern das Paarthema, das er oft mit mythologischen Motiven wie beispielsweise „Pyramus und Thisbe“ verbindet. Dabei scheinen gesellschaftliche Muster auf, die sich über die Jahrhunderte nicht verändert haben: Das ­Zusammenkommen zweier Menschen, der Abstand, der dennoch zwischen zwei Individuen vorhanden ist, das Vor- und


120 Rober t Schad in Saarlouis und M etz

Zeichnungen im Raum W ie e in B lit z durch z uck t e ine stähle r ne Linie de n Himmel im Stadtgar te n v o n S a a r l o u i s . We r s i c h u m s c h a u t , e n t d e c k t i n d e m k l e i n e n L a n d s c h a f t s p a r k in de n ehe malige n Fest ungsanlage n de r Stadt bald we ite re Stahl sk ulpt ure n, d i e ra u m f o rd e r n d d u r c h d e n P a r k t a n z e n , s c h w e b e n o d e r k r i e c h e n . S i e s i n d Te i l d e s S k u l p t u r e n p ro j e k t s „ D e u x V i l l e s – Z w e i S t ä d t e . M e t z u n d S a a r l o u i s i m D i a l o g“ v o n R o b e r t S c h a d .

In den beiden Städten zeigt der internationale renommierte Bildhauer insgesamt 39 Skulpturen, die über zwei Parcours miteinander verbunden sind. Eigentlich als „QuattroPole“-Projekt der Städte Luxemburg, Metz, Trier und Saarbrücken geplant, blieb nur Metz übrig und Saarlouis sprang ein. Doch die Stadt an der Saar hätte kaum besser gewählt sein können, denn beide Orte verbindet eine lange gemeinsame Geschichte. Sowohl Metz als auch Saarlouis sind geprägt von Festungsanlagen des 17. Jahrhunderts. Lange waren die beiden Metropolen ein Spielball Frankreichs und des Deutschen Reiches, während des Deutsch-Französischen Kriegs 1870/71 und der beiden Weltkriege mussten sie Schreckliches erleiden. Und beide Regionen sind seit 150 Jahren geprägt von Kohle und Stahl – beide haben in den letzten Jahrzehnten den Niedergang der Montanindustrie bewältigen müssen. Für Schad ist aber auch die Architektur der Orte spannend: „Anders als Saarlouis, dessen Stadtbild unter den Beschädigungen der Kriege gelitten hat, ist Metz viel homogener in seiner Architektur. Das machte es dort viel leichter, die Werke zu stellen. Saarlouis war die größere Herausforderung.“ Schads Skulpturen sind geprägt von der Linie als gestalterischem Element. Ausgangspunkt sind Zeichnungen und Kritzeleien auf Papier. Entdeckt er sich wiederholende Formen, vertieft er diese und verdichtet sie zu einem Entwurf, den er in Maquetten ausprobiert und letztlich in monumentalen „Raumbildern“ verewigt. Der B ­ ildhauer verschweißt dazu unterschiedlich langen, massiven Vierkantstahl. Die Schweißstellen werden verschliffen und erscheinen dann organisch wie Gelenke. So transferiert er die gestisch-linearen Zeichnungen in den Raum. In einer schier endlosen Formensprache variiert der Bildhauer seine Themen. Langweilig wird es dabei erstaunlicherweise nie, denn zu lesen, was der 1953 in Ravensburg geborene Künstler in den ­Formen ausdrückt, ist unmöglich. Jede Skulptur öffnet einen Assoziationsraum, der dem Betrachter ein eigenes Bild ermöglicht. Man muss die Linien erobern und sich die Werke aktiv erschließen. B ­ ewegt man sich um sie herum, so verändern sie sich, öffnen oder schließen sich, greifen in den Raum oder ziehen sich daraus zurück. Schads rostrote Monumente sollen zum Denken und Schauen anregen. ­Dabei will der Künstler aber keine Sichtweise durchsetzen. „Man kann die Werke auf meine, aber auch auf eine andere Weise neu wahrnehmen“, so Schad.

Robert Schad, von vorne nach hinten: L ATOU, 2016; PALUT, 2015; GOBERD, 2016, Installation im Wallgraben der Festungsanlage, Saarlouis, Foto: © Institut für aktuelle Kunst


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123 linke Seite: Robert Schad, GANART, 2015, Porte des Allemands, Metz, Foto: © Robert Schad

Der Standort erweitert die Interpretationsspielräume zu­ sätzlich. So ist am Kleinen Markt in Saarlouis „TABAT “ aufgestellt, das an die vorwärts stürmende Marianne in Dela­ croix’ „Die Freiheit führt das Volk“ erinnert. Auch als Gesicht könnte man die Formen deuten oder als Gestell zum Trocknen von Tabak. Noch vor wenigen Monaten stand das Werk an der portugiesischen Küste und erinnerte dort ­w iederum sofort an ein flatterndes Segel. Die Skulpturen beeinflussen sich aber auch gegenseitig. Im Wall­g raben am Stadtgarten steht „LATOU“ aus dem Jahr 2014. Was hier im Zusammenspiel mit den anderen Werken wie eine grazile Tänzerin mit in die Höhe gestreckten Armen wirkt, erinnert an a­ nderen Standorten an eine ­lodernde Flamme. Trotzdem scheinen die Skulpturen immer wie am Ort gewachsen und im besten Fall mit ihm verschränkt. Überhaupt erwecken viele Arbeiten Schads den Eindruck tanzender Körper. Sie strecken sich in den Himmel, krümmen sich am Boden oder s­ trecken die Extremitäten von sich. Andere zeigen ein eher vegetabiles ­E rscheinungsbild, insbesondere dann, wenn sie langgestreckt sind und viele „Knicke“ aufweisen. Der Eindruck von Bewegung und Veränderung ist aber immer immanent. Die tonnenschweren Skulpturen wirken trotz des Materials leicht und grazil. Das mag auch daran liegen, dass die Formen gleichsam am Ort aus dem Erdboden zu wachsen scheinen und kaum Berührungspunkte zum Boden haben. Oft stehen die Objekte auf Spitzen. Sorgsam ausbalanciert greifen sie in den Raum. Schad selbst sieht seine Skulpturen als Ausdruck eines körperbezogenen Denkens wie Fühlens und merkt augenzwinkernd an: „Mit meiner Leibesfülle habe ich immer nach der Leichtigkeit gestrebt.“ Die Skulpturen werden bis März 2019 zu sehen sein. Zum Parcours ist ein Faltblatt erschienen, außerdem ist ein zweisprachiger Katalog in Vorbe­reitung. Eine Begleitausstellung mit Zeichnungen und kleineren Werken ist bis 12 . Oktober 2018 im Institut für aktuelle Kunst in Saarlouis zu sehen und der ideale Ausgangspunkt für den Bummel durch die Stadt. In Metz beginnt der Spazierweg an der Kathedrale Saint-Étienne, führt vorbei an der „Port des A ­ llemands“ und endet in einem Park im Süden der Stadt in unmittelbarer Nähe zum Centre Pompidou. Foto: © Robert Schad

Bis März 2019 „ De u x V illes – Zwe i Städte . Me t z und Saarloui s im Dialog. Sk ulpt ure n von R obe r t Schad “ Met z und Saarlouis w w w . i n s t i t u t- a k t u e l l e - k u n s t . d e www. saarlouis. de www. met z . de

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BÜLENT GÜNDÜZ


Sonja Edle von Hoeßle, „ENDLOSSCHLEIFE 04_ XV“, 2018, Cortenstahl, 155 x 290 x 195 cm, rechte Seite: Herbert Mehler, „BELL ADONNA“, 2011, Cortenstahl, 333 x 90 x 90 cm

Sonja Edle von Hoeßle & Herbert Mehler Kunst im Schlosspark Gödens 2 4 . Aug ust bis 1 2 . Ok tober 2018 „ Alles f lie ßt“ – Stahl sk ulpt ure nau sstellung

Das Künstlerehepaar Herbert Mehler und Sonja Edle von Hoeßle, das in Eisingen bei Würzburg und in Kranidi, einer griechischen Kleinstadt in der Region Peloponnes lebt, schafft faszinierende Plastiken aus Cortenstahl. Die „Endlosschleifen“ von ­Sonja Edle von Hoeßle verändern ihr Erscheinungsbild mit der Bewegung und dem Blickwinkel des Betrachters. Zugleich wandeln sich die Durchblicke und die ausschnitthafte ­R ahmung des umgebenden Raumes, wodurch sich ganz neue Eindrücke im Schloss­ park ergeben. Herbert Mehler schafft Figuren, die scheinbar schwerelos und weich das Material verleugnen. Aus Lamellen präzise konstruiert, entstehen stereometrische und ­biomorph anmutende Gebilde. Das Spiel von Licht und Schatten wird durch die unterschiedliche Belichtung zur Spätsommerzeit im Reiz noch gesteigert. Neben dem Schlosspark, gibt es auch in der Orangerie kleinere Skulpturen und Wandarbeiten von Sonja Edle von Hoeßle zu sehen, einige davon mit 24 Karat Blattgold gefasst. Zudem sind Malereien aus ihrer Reihe „Colourrain“ neben farbigen Aluminiumgüssen von Herbert Mehler ausgestellt. Öf f nungszeiten: M o – F r : P a r k 6 – 1 8 U h r ; O ra n g e r i e 1 1 – 1 7 U h r ; S a / S o / f e i e r t a g s : P a r k 1 0 – 1 7 U h r ; O ra n g e r i e 1 1 – 1 6 U h r ; F ü h r u n g e n (a m Wo c h e n e n d e) n a c h v o r h e r i g e r A n m e l d u n g u n t e r T. 0 4 4 2 2 - 9 8 6 4 0 www. edle-von-hoessle. com w w w . h e r b e r t- m e h l e r. c o m


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EOS Hauptgebäude (Foyer), Holzskulpturen


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EOS.KUNST.R AUM star tet in die z weite Runde

Art meets Hightech

Großformatige Holzskulpturen bevölkern seit Kurzem das Firmengelände von EOS, dem weltweit führenden Tech­ nologieanbieter für den industriellen 3-D-Druck, in der „Kraillinger Innovations Meile“ KIM. Einige scheinen bereits am Entree des weitläufigen Areals die ankommenden ­M itarbeiter, Besucher und Spaziergänger zu begrüßen. ­A ndere befinden sich in der Eingangshalle. Wieder andere sind im Gebäude 3 zu finden. Und eine ganze Gruppe ist im großen Innenhof neben der Mitarbeiterkantine platziert.

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K L AU S P R I O R : K R A F T D E S E L E M E N TA R E N


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EOS Hauptgebäude (Innenhof), Skulpturen Eisenguss


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BARBAR A BRUBACHER

w w w . e o s . i n f o / u e b e r_ e o s /e o s k u n s t ra u m

Holzskulptur und Bild Öl auf Leinwand

Alle Fotos: Toni Ott, © EOS

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Die übergroßen Skulpturen in Form von menschenhaften Korpussen des Schweizer Künstlers Klaus Prior sind die ­diesjährige Sommerüberraschung des EOS.KUNST.RAUMs, ein Kunstprojekt des Firmeninhabers Hans J. Langer und ­seiner Frau Hella. Etwa um die gleiche Zeit im letzten Jahr ­hatte schon ihre Eröffnungsausstellung Presenza trasparente von Nane Zavagno von sich reden gemacht: Die transpa­renten, filigranen Strukturen spielten eindrucksvoll mit der Streckmetall-Fassade der EOS-Gebäude und schienen wie gemacht für ihre Umgebung. Auch für die zweite Auf lage 2018 haben die Langers und ihr Kuratorenteam Verena Neff und Theo Schneider mit Priors monumentalen Werken sowie großformatigen Bildern wieder ein aufsehenerregendes Projekt auf die Beine gestellt: Mit der neuen Ausstellung „Kraft des Elementaren“, die noch bis zum 15. Dezember 2018 zu sehen ist, zeigen sie aufs Neue, welches Potenzial ihr neu geschaffenes Kunst­areal zu bieten hat. Teilweise riesig müssen die Baumstämme gewesen sein, aus denen der Bildhauer seine Skulpturen schafft und ­ihnen schließlich mit der Motorsäge ihr ganz eigenes Aussehen verliehen hat: teils ohne Arme, Hände oder Füße und immer auf ganz eigene Art und Weise mit zerfurchten Ant­ litzen. Geboren 1945 und aufgewachsen in der vom ­Zweiten Weltkrieg vollständig zerstörten Stadt Wesel am Niederrhein, war diese Erfahrung ein ganz wesentliches E ­ lement, das bis heute in sein künstlerisches Werk ausstrahlen und seine Formensprache nachhaltig prägen sollte: Wilde Formen und Zerfurchungen, gegenübergestellt dem Starken, Nachhaltigen des Materials – sinnbildhaft für Vergänglichkeit und Zukunft zugleich. Seine bei EOS ausgestellten Werke – jede Skulptur und jedes Bild – sprechen für sich. Aber sie sprechen auch miteinander, stehen in Beziehung zueinander und steuern das Ihrige zu einer einzigartigen Ausstellung bei. Zum ersten Mal überhaupt werden zudem Priors sechs fast identische Figuren aus Eisenguss zusammen gezeigt. Sie alle stammen vom ebenfalls ausgestellten schwarzen Holzmodell ab, das sich im Innern an die Fensterfront lehnt. Die in eigenartiger Haltung zurücklehnenden Fi­ guren mit teils eng anliegenden Armen und gespreizten Beinen sind alle hin zur EOS Kantine ausgerichtet. In dieser Anordnung wurden sie vom Künstler in Zusammenarbeit mit dem K ­ urator Theo Schneider wohlüberlegt platziert. So erwirken sie eine aufreizende Situation des Beobachtens, ­welche den Betrachter herausfordert sich mit den Skulpturen auseinanderzusetzen. Und genau das erhofft sich Familie Langer von dieser Initiative: „Neben einer stabilen und verantwortungsvollen Unternehmenskultur mit verlässlichen Werten braucht es immer auch Raum für Kreativität und den Dialog mitein­ ander. Dabei hilft uns die Kunst“, so Hans J. Langer, CEO &Chairman der EOS GROUP.


Eva Bur am Orde

Ethno Pop Art Ein Inter view von Jasmin Hummel

Jasmin Hummel: Eva, du hast eine neue Stilrichtung in der Kunst entwickelt – die Ethno Pop Art. Wie bist du auf diesen Begriff gekommen und was sind die Hintergründe der Entstehung? Eva Bur am Orde: Den Begriff Ethno Pop Art habe ich beim Malen an der Peace-Collection, einem UN-Projekt, geprägt. Während der Arbeit an der Peace-Collection wurde mir mit einem Mal klar: Das ist inhaltlich genau das, was mein ­Künstlerherz bewegt und woran ich arbeiten möchte. Für mich bedeutet Ethno Pop Art, eine Brücke von der Urzeit zur Neuzeit, zum „Jetzt“ zu schlagen. Die Natur/das Leben ist ein unerschöpf licher Fundus, den ich begreife und festhalte durch meine Hand, meinen Verstand und mein Herz und den ich schützen und bewahren möchte. Auch ich bin Teil der Natur. JH: Seit wann arbeitest du professionell als Künstlerin und was zeichnet dich als Künstlerin und deine Kunst bzw. deinen Stil im Speziellen aus? EBaO: Wie lange ich schon professionell als Künstlerin arbeite, kann ich nicht so genau sagen … gefühlt schon immer. Was mich auszeichnet ist wohl, dass ich meinen ganz eigenen Stil entwickelt habe. Ich sehe mich inhaltlich bei den Ethnologen und formal beim Pop. Rahmen bauen und Leinwände grundieren ist für mich eine Art Meditation. Ich arbeite klassisch mit Vorzeichnung in Kohle, dann Öl auf Leinen in mehreren Schichten. Ich erschaffe mir mein Gegenüber, mein Spiegelbild … in großen Formaten und leuchtenden Farben. Meine Arbeit macht mich glücklich. JH: Du hast auch ein Atelier für deine Ethno Pop Art. Wo genau ist es? Gibst du dort auch Kurse bzw. steht es offen für Interessierte, die sich mit deiner Philosophie und deinem Stil auseinandersetzen möchten? EBaO: Mein Ethno Pop Art Atelier ist in Baden-Württembergs ältester Stadt, dem schönen Rottweil. Auf dem Moker-Areal, einer Industriebrache, wo ab 1889 die Ge­brüder Moker Zugfedern und Ziffernblätter für die Uhrenindustrie fabrikmäßig fertigten, habe ich meine A ­ telierräume angemietet. Zur Zeit gebe ich keine Kurse, da ich viel Zeit für eigene Projekte brauche. Interessierte Menschen können nach telefonischer Vereinbarung gerne einen Besuch bei mir machen, Freunde sind immer willkommen.

Eva Bur am Orde, Foto: Oliver Fehrle

JH: Du arbeitest in Serien. Wie kamst du auf die Idee seriell zu arbeiten? EBaO: Das serielle Arbeiten ist für mich eine logische Konsequenz, da die jeweiligen Themengebiete mich umfassend interessieren. So arbeite ich oft an mehreren Serien gleich­ zeitig. Themen sind für mich nie abschließend behandelt, sondern kreisen immer um mich herum. Oft greifen Serien ineinander oder bauen aufeinander auf. Meine Bilder sind wie eine große Familie, meine Familie. JH: Gibt es eine bestimmte Serie, die dir besonders am Herzen liegt – und wenn ja, warum gerade diese Serie? EBaO: Eigentlich liegt mir immer das Thema, an dem ich ­gerade arbeite am Herzen, aber die Affen sind schon meine besonderen Lieblinge. Die Affen sind entwicklungsgeschichtlich noch unschuldig … sie leben mit der Natur im Einklang. Aber neben den Primaten bedeuten mir auch die indigenen Völker sehr viel. Wichtiger Aspekt dabei ist für mich die Bewahrung der Kulturen und der Individuen. JH: Was sind deine aktuellen Projekte und Aus­ stellungen für 2018 – planst du eine neue Serie? EBaO: Zur Zeit arbeite ich an einem Katalog. Im April bin ich auf der Art Expo New York, dann folgt eine Einzelausstellung in der Galerie im Altbau in Aldingen. Im Herbst gibt es eine Ausstellungsbeteiligung zur Artweek Berlin. Danach bin ich mit der Galerie M. Beck auf der Art Salzburg vertreten. Unter anderem habe ich eine 6-teilige Affenserie in Arbeit, mehr verrate ich noch nicht. bis 29. Juli 2018 Ak t uelle Ausstellung i n d e r „ G a l e r i e i m A l t b a u“ i n A l d i n g e n w w w . b u ra m o rd e . n e t www. galer ie-im-altbau . de


KMTG_Ins_ARTMAPP_Juli 2018_16072018

Bildstein | Glatz – Nr.1 13. Mai bis 12. August 2018

W

www.kunstmuseum.ch 1. Mai bis 30. September: täglich 11 –18 Uhr

1. Oktober bis 30. April: Montag bis Freitag 14 –17 Uhr

Samstag, Sonntag und allgemeine Feiertage: 11 –17 Uhr

Florian Germann

15.9. – 25.11.2018 Kunstraum Kreuzlingen & Tiefparterre Bodanstrasse 7a 8280 Kreuzlingen Fr 15 – 20 Uhr Sa + So 13 – 17 Uhr kunstraum-kreuzlingen.ch

Florian Germann: Die Stral / Nachrichten von Heinrich Bullinger, curated by Luca Beeler, Installation view (detail), University of Zurich, 2018.Courtesy the artist & Galerie Gregor Staiger, Zurich. Photo: Stefan Jaeggi.


STEFAN BIRCHENEDER TERESA DIEHL MARKUS EICHENBERGER DIERK MAASS WALTRAUD SPÄTH


SOMMERAUSSTELLUNG 2018 IN SALENSTEIN (CH) WWW.THE-VIEW-CH.COM



kons tanz

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Ernst Ludwig Kirchner war hier, auch Aby Warburg ließ sich im Bellevue therapieren wie Anna O., die Sigmund Freud zu seiner Psychoanalyse inspirierte. Später logierte Gustaf Gründgens in dem Sanatorium und gegen Ende rollte Mick Jagger an. Der Schweizer Robert Binswanger hatte das Bellevue 1857 in Kreuzlingen gegründet, nahe der Grenze zu Konstanz, die damals eine offene Grenze war. Die Institution wurde über vier Generationen von der Familie geleitet. 1980 war damit Schluss, das Areal wurde verkauft. Das Bellevue ist Geschichte. Der Konstanzer Künstler Markus Brenner, berühmt und berüchtigt für Fischporträts, aber auch für Video- und Lichtinstallationen, hat dem Bellevue mit einer „Couch“ aus Beton ein Denkmal gesetzt – frei nach Sigmund Freud, der 1912 Ludwig Binswanger besucht hatte. 2,5 Tonnen wiegt der grau-weiße Koloss. Bei Dunkelheit wird er zur Projektionsfläche und erstrahlt im Muster des originalen Orientteppichs des Psychoanalysemöbels, das zum Bestand des Londoner Sigmund-Freud-Museums gehört. Ein Kopfkissen zeigt den Abdruck einer Person – als habe gerade noch jemand dort gelegen. Wer nachts auf der Couch, die auf der grünen Wiese steht, Platz nimmt, wird Teil der Projektion und verschmilzt mit ihr. Und wer in der Plastik ein Symbol für die Kunstpolitik der Stadt Konstanz liest, der liegt nicht falsch … SIEGMU N D KOPITZKI

Markus Brenner, „Die Couch“, 2017, permanente Installation im öffentlichen Raum, Bellevue -Areal, Kreuzlingen, Projektion des originalen Orientteppichs von Sigmund Freud auf Beton, Projektionsrechte: © Freud Museum London, Betonarbeiten: Godelmann GmbH, Foto: Thomas Meier- Loepfe

A R T M A P P   S O M M E R 2 018 — KO N S TA N Z & T H U R G A U

Auf der Couch


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Was macht die Kunst in Konstanz

Aus dem Schatten heraus! Nein, es ist nicht so, dass Konstanz, die „Stadt zum See“, ohne Kunst wäre. Die Altstadt mit dem imposanten Münster, einer Basilica minor, und dem Konzil genannten Kaufhaus, in dem 1417 Kardinal Oddo Colonna zum Papst Martin V. gewählt wurde, ist ein architektonisches Kunst- und Meisterwerk. Das ist Geschichte, aber längst nicht alles, was die Kunst in der Stadt angeht. Als 1966 die Universität Konstanz gegründet wurde, dachten die Planer an Kunst am Bau. Der institutionelle Rahmen für die staatliche Kunstförderung wurde intelligent genutzt, die Künstler noch während der Planung für eine aktive Mitarbeit gewonnen. Seit 1969 konnten so etwa 60 Werke von Horst Antes, Stephan Balkenhol, Peter Dreher, Erich Hauser, Carl Walter Loth, Georg Karl Pfahler, Otto Piene und anderen Künstlern ermöglicht werden, die in Gebäuden der Hochschule und im öffentlichen Raum präsentiert werden. Dass dieses Kunst-am-Bau-Projekt das Verständnis für zeitgenössische Kunst gehoben hat, ist unstrittig. Genauso wenig unstrittig ist aber auch, dass das populärste Kunstwerk im öffentlichen Raum der am Überlinger Teil des Bodensees lebende Bildhauer Peter Lenk 1993 geschaffen hat. Seine „Imperia“ genannte, neun Meter hohe und 15 Tonnen schwere Statue aus Beton, die sich mithilfe eines Rundtisches innerhalb von vier Minuten einmal um die eigene Achse dreht, erinnert satirisch an das Konzil von Konstanz, das 1418, also vor 600 Jahren, endete … Dass die echte Imperia, eine römische Kurtisane, erst ein Jahrhundert später lebte und nie in Konstanz war, spielt dabei keine Rolle. Die Freiheit der Kunst lässt auch solches zu.

Lenks üppige „Imperia“, von den Wirten der Stadt, den Schiffereibetrieben und dem Fremdenverkehrsverein initiiert, ist indes das meistfotografierte Objekt der touristischen Stadt und hat längst Münster sowie Konzilsgebäude als Motiv – auch der Postkarten – abgelöst. Es ist andererseits nicht so, dass Konstanz allein von der Kunst lebte. Es gibt hier mehrere Museen, darunter die Landesarchäologie, ein Theater mit festem Ensemble sowie ein veritables Orchester, das allerdings seit seiner Gründung auf einen Konzertsaal hofft – man spielt daher in einem Saal im Konzilsgebäude, das heute neben Bahngleisen liegt. Das sind suboptimale Verhältnisse. Dennoch trägt Konstanz den Titel „kulturelles Oberzentrum“. Das muss nicht grundsätzlich angezweifelt werden. Allerdings gibt es eine Leerstelle auf dieser Liste: die zeitgenössische Kunst. Sie führt in Konstanz ein Schattendasein. Die städtischen Museen konzentrieren sich auf historische und kunsthistorische Themen oder die angewandte Kunst. Sie haben das Segment der zeitgenössischen Kunst weitgehend an die Handvoll Galerien und den traditionsreichen Kunstverein delegiert. Dessen Mitglieder versuchen mit großem Einsatz ein anspruchsvolles Programm auf die Beine zu stellen, aber ihnen stehen nur begrenzte Mittel zur Verfügung, ihre Reichweite ist überschaubar. Diese Selbstbeschränkung der Stadt erstaunt doch sehr, da sie zudem in einer Konkurrenzsituation steht. Andere Kommunen rund um den See rüsten seit Jahren auf: St. Gallen, Chur, Winterthur, Bregenz und Vaduz im Fürstentum Liechtenstein. Aber auch auf deutscher Seite tut sich einiges:


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Markus Brenner, Fisch „Konstanz“, 2011,

Friedrichshafen punktet mit dem Zeppelin-Museum, in der Stadt wird über den Neubau eines Kunsthauses nachgedacht; Ravensburg hat diesen schon, seit 2013 ergänzt das Kunstmuseum hier erfolgreich das Museumsquartier; auch Lindau am Obersee des Bodensees hat die Kunst als Anziehungspunkt erkannt und unlängst erst hat die Hegau-Metropole Singen die Ausstellungsf läche ihres Kunstmuseums verdoppelt. Doch damit nicht genug. Ein Investorenpaar hat am Fuße des Hausbergs Hohentwiel das „MAC – Museum Art & Cars“ erbauen lassen, ein Haus, in dem zeitgenössische Kunst und Automobile ausgestellt werden, vorzugsweise Oldtimer; im nächsten Jahr eröffnet man noch ein zweites Museum. Die anderen tun also was. Selbst die überschaubare Schweizer Nachbarstadt Kreuzlingen hat ein Vorzeigeprojekt vorzuweisen: den Kunstraum, einen der aufregendsten Orte für zeitgenössische Kunst in der Ostschweiz. „Gemeinsam mit der Nachbarstadt Konstanz könnte der Kunstraum noch mehr Strahlkraft entwickeln“, sagt dessen künstlerischer Leiter, Richard Tisserand. Der Schweizer ist für Kooperationen offen, er sieht ein großes Entwicklungspotenzial. In den letzten beiden Jahren ist zumindest eine Debatte darüber entstanden, dass im „kulturellen Oberzentrum“ Konstanz etwas fehlt, nämlich die Kunst der Gegenwart. Das Gemurmel ist auch in Kreuzlingen angekommen. Eine ­Gruppe von fünf Kunstfreunden – darunter der Autor dieser Zeilen – hat sich nach einer Podiumsdiskussion („Was macht die Kunst in Konstanz?“) zu der „Initiative Zeitgenössische Kunst“ (IZK) zusammengeschlossen. Es geht der Fünferbande, in der auch der Galerist Stephan Geiger und der Konstanzer Künstler Markus Brenner mitwirken, nicht um eine konventionelle Halle mit konventionellem Ausstellungsprogramm, sondern um Räume, in denen die Komplexität der zeitgenössischen Kunst gezeigt werden kann. Es ist ein Gemeinplatz, dass sich heutige Kunst nicht mehr nur in Malerei und Bildhauerei, Fotografie oder Video erschöpft. Zurzeit entstehen ganz viele hybride Formate.

Dieser Einwurf, Konstanz auch zu einem Kunst­standort zu machen, hat auf der einen Seite freundliche Anteilnahme bis Begeisterung ausgelöst, auf der anderen Seite Skepsis und Kritik hervorgerufen. Zwar konzediert die K ­ ulturverwaltung das Kunstdefizit, zeigt sich vordergründig sogar dankbar dafür, dass die IZK das Ganze zum Gesprächsthema gemacht hat, man sieht aber derzeit keine Möglichkeit der Finanzierung ­eines Projekts aus der kommunalen Kasse, zumal sich die Stadt offensichtlich bei einem Kongress­zentrum („Bodenseeforum“) verzockt hat. Das Gebäude am Seerhein, eine Solarfabrik, die nie in Betrieb ging, verursacht jährliche Mehrkosten in Millionenhöhe. Eine Leserbriefschreiberin in der Heimatzeitung „SÜDKURIER“ schlug das Forum als Ort für ein Kunstmuseum vor … Der Direktor der städtischen Museen, der Historiker Tobias Engelsing, sucht inzwischen nach zusätzlichen Ausstellungsflächen. Vom ­Kulturbürgermeister der Stadt gibt es dazu keine eigenen ­Vorstellungen. Die Idee der IZK, einen Kunstraum in der ­ehemaligen und denkmalgeschützten Produktionshalle der Firma Siemens einzuplanen, wehrte die Leiterin des neu ­geschaffenen Kulturamts mit den Worten ab, dass sie sich l­ ieber mit Dingen beschäftige, die sie verändern könne. – Sie hat ganz offenbar das Potenzial nicht erkannt, das in der Causa liegt: Ein ganzes Quartier könnte damit auf­gewertet werden. Unwahrscheinlich, dass sich in Konstanz ein potenter Kunstsammler findet – wie im Fall Ravensburg die Selinkas – und das Projekt vorantreibt. Daher wird sich die Fünferbande vergrößern müssen, sollte sie Erfolg haben und, um zum Ziel zu kommen, Kooperationen eingehen – etwa mit dem Kunstverein – und „die Trommel für die Kunst rühren“. Also genau das tun, was Axel Lapp, Leiter der MEWO Kunsthalle in Memmingen, in einem Debattenbeitrag in der Lokalzeitung forderte. Ohne eine Investition in die Zukunft des überregional ausstrahlenden „kulturellen Oberzentrums“ Konstanz wird es aber nicht gehen. Das ist klar. SIEGMU N D KOPITZKI

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aus der Reihe „Fische im Badeanzug“


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Florian Schwarz über Migration

Vision Europa Die „Flüchtlingskrise“ hat auch die Kulturschaffenden ­h ierzulande nicht kalt gelassen. Es sind Solidaradressen ­verschickt, Projekte gestartet worden. Alle Initiativen hatten das Ziel, Verständnis für die Neuankömmlinge aus einer ­f ernen Welt zu schaffen, an ihrer Integration teil­ zuhaben. Seit einiger Zeit ist ein Wandel zu spüren. Der Willkommens­k ultur folgte – jenseits professioneller ­E mpörungsorganisatoren – vielfach Skepsis. Dafür gibt es Gründe, die hier nicht gelistet werden können. Der Konstanzer Fotokünstler Florian Schwarz (* 1979) reiste im Herbst 2015, auf dem Höhepunkt der sogenannten Flüchtlingskrise, an die serbisch-ungarische Grenze. Tausende von Menschen aus dem Nahen Osten waren in Richtung Westen unterwegs. Schwarz erlebte unglaubliche Szenen, wie er in einem Gespräch berichtet. Spätestens da sei ihm klar geworden, dass sich eines seiner nächsten Projekte mit dem Thema „Migration“ befassen werde. Jetzt, drei Jahre später, präsentiert er bis Ende Juli das Ergebnis unter dem Titel „Nicht Anfang und nicht Ende“ an drei verschiedenen öffentlichen Plätzen in seiner Geburtsstadt und an der Grenze zu Kreuzlingen/Schweiz. Sowohl die ungewöhnlichen Orte als auch das Künstlerbuch – im Format einer Tageszeitung – signalisieren die Loslösung vom k ­ las­sischen Ausstellungskonzept. Schwarz geht mit seinem Thema gerade nicht ins Museum, sondern in den Alltag der Menschen. In der Fotoserie untersucht und visualisiert er allerdings nicht etwa die große Fluchtbewegung der letzten Jahre (dieser hatte er bereits ein Projekt gewidmet), sein Interesse gilt der Migration innerhalb Europas. „Auch Europäer verlassen ihre Heimat, ziehen in ein anders Land, eine andere Stadt

auf der Suche nach Arbeit, nach einem besseren Leben. Auch sie verfolgen ihre Hoffnungen und Träume, f liehen vor Armut und Ausgrenzung“, sagt der Fotokünstler, der sein Handwerk an der Königlichen Akademie der Schönen Künste in Antwerpen (Belgien) und an der University of Edinburgh (Schottland) gelernt hat. Schwarz hat sich pur auf ein Thema eingelassen, das nach seiner Auffassung bisher zu wenig beachtet worden ist. Er möchte durch den vernachlässigten Aspekt „Binnenmigration“, wie er sagt, ein „erweitertes Bewusstsein für das Gesamtphänomen Migration im Kontext Europas schaffen“. Das Projekt soll dazu beitragen, die viel debattierte „Vision Europa“ zu ref lektieren, also den guten alten Traum von ­einem vereinten Kontinent mitsamt all seiner Diversität. Die Ausstellung, im Zuge des Konstanzer Konzil-­ Jubiläums realisiert, nähert sich dem Thema über die geografischen Extrempunkte Europas. Schwarz’ Reise, die er ausschließlich auf dem mühsamen Landweg, quasi „geerdet“, unternahm, führte von den endlosen Wäldern Lapplands zu den Olivenhainen Kretas im Süden; vom portugiesischen Sintra, dem westlichsten Zipfel Europas, wo er eine Roma-­ Siedlung besuchte, bis zum Leuchtturm von Solina, dem östlichsten Ort an der Schwarzmeerküste. Insgesamt war er – mit Unterbrechungen – zwei Jahre lang unterwegs. Seine berührenden Fotografien, pointiert geschnitten, erzählen Geschichten. Vor allen von Menschen, die er mit ­seiner Kamera in allen möglichen Lebens- und Randlagen ­begleitet hat: von den Samen auf ihrem harten Weg zu den Sommerweidegründen ihrer Tiere; dem Aussteiger, der in einer alten Hippie-Höhle auf einer griechischen Insel zurück­gezogen lebt; der Roma-Familie, die gegen ihren Willen umgesiedelt wurde; den rumänischen Wanderarbeitern auf der Suche nach Beschäftigung … Der stille Beobachter Schwarz gibt diesen Menschen, deren Gastlichkeit und Freundschaft er genossen hat, auch wenn ihn ihre Armut erschreckt hat, ein authentisches ­G esicht. Dass es selten fröhliche Gesichter sind, die wir zu ­sehen bekommen, wirft denn ein Licht (oder besser einen Schatten) auf die „Vision Europa“. Wir schaffen das? – Es ist noch viel zu tun! SIEGMU N D KOPITZKI

www.f lor ian-schwarz . net

Installationsansicht der Lappland- Episode (10 Plakatdrucke auf Holz, 11 m x 2,5 m gesamt), Konzertmuschel im Stadtgarten Konstanz, rechte Seite: Fernando with tree, Portugal, 2017, Plakatdruck auf Holz, 180 cm x 120 cm, Fotos: Florian Schwarz


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140 The View Contemporar y Ar t Space in Salenstein

Der Himmel über dem Untersee

Markus Eichenberger, Ausstellungsansicht „Chasing Stars“, © Luca Rüedi, THE VIEW 2018


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Mit seinen außergewöhnlichen Ausstellungsräumen sowie dem historischen Wasserreservoir im nahen Berlingen, dem Zivilschutzbunker in Salenstein und einem ehemaligen ­m ilitärischen Unterstand, bietet The View einzigartige ­B egegnungen mit zeitgenössischer Kunst. Dabei stehen ­P ositionen, die sich mit Raum, Klang, Licht, Fotografie, ­Medienkunst und dem bewegten Bild auseinandersetzen, im Vordergrund. Besuche von Messen sind obligatorisch.

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Salenstein am Schweizer Ufer des Untersees ist gerade im Sommer eine Urlaubsreise wert. Der Blick auf das Wasser und die gegenüberliegende Höri, einstmals Fluchtort für Otto Dix und Erich Heckel, bescheren dem Ort eine attraktive Atmosphäre. Dass hier, abseits der Metropolen, auch große Kunst gezeigt wird, überrascht dann aber doch. In einer ehemaligen Schreinerei hat seit einigen Jahren The View, ein Raum für zeitgenössische Kunst, seinen Sitz. Es ist das schöne Kind des Fotografen Dierk Maass.


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Teresa Diehl, © Luca Rüedi, THE VIEW 2018


143 sein können, die das Bild zum Bild machen. Dass seine atemberaubenden Aufnahmen – bei den neuesten Arbeiten in Schwarz-Weiß erzielt er durch die Linienführung und die ­Betonung von Strukturen eine besonders eindrückliche Wirkung – ohne digitale Nachbearbeitung auskommen, ist kaum zu fassen. „Rosen der Einöde“ lautet der Titel eines Lyrikbandes von Thomas Bernhard, der Wanderer Maass pf lückt diese ­Rosen für uns. Und wenn er – wie in einem Dorf in Nepal – Menschen fotografiert, wettergegerbte Gesichter, dann im Kontext ihrer nicht eben einfachen Lebensverhältnisse. Diese Menschen haben nicht unseren Zivilisationsstandard, so das Narrativ, aber eine Unschuld, die wir längst verloren haben. Teresa Diehl liebt das ehemalige Wasserreservoir, wie sie gerne bekennt. Dieses liegt am Berg, hoch über dem idyllischen Untersee, drinnen ist es dunkel, feucht, ungemütlich. Ihr neues Projekt „Gloria Al Bravo Pueblo“ knüpft thematisch an ihre Installation an, die hier im vergangenen Jahr für Aufsehen sorgte. Oder sollten wir sagen: für Betroffenheit? „Post Revolution“ bestand aus filigranen Mobiles mit Scherenschnittfiguren, die locker von der Decke hingen. Eine Spieluhr erklang dazu und führte zunächst aufs falsche Gleis. Erst beim genauen Hinsehen erkannte man Kämpfer mit Maschinen­ gewehren und Flüchtlinge mit Kindern – Gewalt macht auch vorm Kinderzimmer nicht Halt.

Stefan Bircheneder, Ausstellungsansicht „Ausverkauf“, © Luca Rüedi, THE VIEW 2018

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In der diesjährigen Sommerausstellung treten fünf Künstler an: Dierk Maass gehört quasi zum „Inventar“, für ihn sind die Räume in der Schreinerei reserviert; wie im vergangenen Jahr bespielt die in den USA lebende Libanesin Teresa Diehl das Wasserreservoir; im militärischen Unterstand zeigt der Fotograf und Filmemacher Markus Eichenberger neue Arbeiten, Stefan Bircheneder Malerei im unterirdischen Zivilschutzraum. Die in Friedrichshafen lebende Bildhauerin Waltraud Späth tritt in der Schreinerei in einen abstrakten künstlerischen Dialog mit Maass’ Bildern. Dierk Maass’ Fotografie lebt vom Licht. Seine bevorzugten Motive sind weitschweifende Landschaften und Menschen. Dazu sucht er Gegenden abseits der ausgetretenen Pfade auf. „Lichtspiele in der Abgeschiedenheit“, nennt die Kunsthistorikerin Anabel Roque Rodríguez seine Foto­ grafien. Das trifft nicht nur sein Werk, sondern auch den Bergsteiger Maass. In den vergangenen 30 Jahren hat er über 60 Sechstausender und Achttausender bestiegen. Immer hatte er die Kamera im Rucksack dabei, ein oder zwei Objektive, mehr braucht er nicht. Was Maass’ Fotografie auszeichnet, ist nicht allein der Umgang mit Licht – Überbelichtung und Unschärfe inklusive. Ungeachtet der physischen Anstrengung, die ein Berg seinem Bezwinger abverlangt, bleibt sein Blick auf das Wesentliche konzentriert – wobei dies auch ein Autowrack oder eine aufgelöste Hütte vor einer sanftfarbenen Landschaftssilhouette


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In der neuen Installation der Konzeptkünstlerin, die alle ­Sinne bedient, hängt anstelle der Scherenschnittfiguren ein Kabelgewirr von der Decke herab, Kameras und Punkt­ strahler, an den Wänden Filmprojektionen, ergänzt von Schriftzeichen, die vertraute kriegsähnliche Situa­t ionen darstellen: den studentischen Straßenprotest gegen das Regime von Nicolás Maduro in Venezuela. Die Bilder – in dokumentarischem Schwarz-Weiß – wiederholen sich nach wenigen Minuten, ebenso die Diagramme, die in der Form an die Wortarbeiterin Jenny Holzer erinnern. Das südamerikanische Land steht am Rande einer ­D iktatur. Was dort geschieht, ist Unrecht. Das ist, in Kurz­ fassung, die Botschaft dieser Installation. Diehls Kunst ist parteiisch, aber die Künstlerin agitiert nicht. Der Schrecken, den die ­Bilder im Kopf und/oder im Bauch verursachen, ist nicht ohne Ästhetik. Das Wasserreservoir ist (und bleibt) ein Kunstraum. Das schmälert nicht den Eindruck, den die poli­ tische Künst­lerin Diehl bei uns wecken möchte – das Unrecht nicht hinnehmen. „Post Revolution“ bot zuletzt im Nebenraum unter dem Titel „El Nido“ (Das Nest) Erleichterung vom Schrecken. Vorhänge aus Nylonfäden bildeten kleine Inseln des Rückzugs. Auch die aktuelle Installation bespielt unter dem Titel „Haram“ den Nebenraum. Auch hier hängen Vorhänge von der Decke, durch die man sich durchkämpft, aber es gibt ­keinen Grund zur Entspannung. Vom Boden steigt ­Nebel auf – oder Gas? Markus Eichenberger ist ein Nachtschwärmer. Der ­F otograf und Filmemacher aus dem Aargau ist wie Dierk Maass ein begeisterter Globetrotter. Und mit den Bergen hat er es auch. In den letzten fünf Jahren hat er sich den Schweizer Alpen genähert, überwiegend nachts, am liebsten bei Neumond, auch bei Minustemperaturen. In seinen Fotografien (mit Langzeitbelichtung) und Filmen geht es um den Himmel über den Bergen. Mit bis zu drei Kameras, die er alle zwei bis drei Stunden neu ausrichtet, mit Kopfweh von der Höhe, unter sich die steinerne Welt, über sich die Sterne – so harrt er aus. „Da oben fühle ich mich zwar klein und als Teil eines großen Ganzen“, sagt er, „wie nicht von dieser Welt.“ Das gilt gleichermaßen für die Foto- und Filmarbeiten des Autodidakten. Seine Zeitrafferkurzfilme aus dem Projekt „Chasing Stars“ wurden bei Festivals von Auckland bis Los Angeles gezeigt. Seine Nachtfotografien sind als Wunder der Natur begehrt. Jetzt bei The View zu besichtigen.

Stefan Bircheneder, der in Regensburg und Vilshofen lebt, fotografiert nicht, er malt, allerdings in fotorealistischer Manier. Gelernt hat er Kirchenmalerei und ist Restaurator. Aber was er jetzt als freischaffender Künstler abliefert, darf als radikales Kontrastprogramm gelten. Er malt nicht mehr Engel, Heilige oder den Himmel, sondern Industrielandschaften, verlassene, menschenleere und dem Verfall preisgegebene Anlagen, die er persönlich aufsucht. Da blättert Putz ab, lösen sich Fliesen von der Wand, Asphalt bröselt, Feuerlöscher stehen herum und ganze Inneneinrichtungen Kopf – Bircheneder inszeniert diese urbane Morbidität mit einer Präzision, die Staunen lässt. Der Schweizer Neorealist Franz Gertsch, der das Porträt und die Natur bevorzugt, hätte Freude an dieser perfekten Illu­ sionsmalerei, die zwar nicht den Himmel auf Erden zeigt, aber dem Verfall eine gewisse Würde gibt. In der Ausstellung präsentiert Bircheneder farbfrische Arbeiten aus der Serie „Nur für Personal“ und ein authentisches Relikt (Stromkasten) aus einer aufgelösten Werkhalle … Last but not least: Waltraud Späth, die mit ihren Plas­ tiken in der Schreinerei nicht nur auf neue fotografische Arbeiten von Dierk Maass stößt, die veranschaulichen, wo und wie sich Menschen ihre Wege durch die Natur bahnen, sondern auch auf seine neue Installation mit dem sprechenden Titel „Wegzeigen“. Die Künstlerin wurde im bayerischen Oberammergau geboren und ja, sie hat die Holzbildhauerschule besucht und anschließend die Akademie in Stuttgart. Kontrastreiche ­Dialoge verschiedener Werkstoffe bestimmen ihre Arbeiten. Mit einer klaren und minimalistischen Formensprache erzielt sie eine reizvolle Spannung und Dynamik in der Erscheinung ­i hrer Objekte. Dass sie vor allem Holz favorisiert, ist ihren künstlerischen Anfängen geschuldet. Aber auch wenn dieses auf harten Stahl oder kalten Beton trifft, präsentieren sich ihre Plastiken harmonisch. Späth hat ein gutes Gespür für das Verhältnis von Volumen, Masse, Proportion und die tragenden Kraftlinien, im Übrigen auch in ihren Großplastiken, die im Skulpturengarten von The View zu sehen sind. ­Obwohl motivisch zumeist gegenstandslos, berühren die Arbeiten die Erinnerung an alltägliche Dinge und Begegnungen. Sie lassen sich aber nie eindeutig zuordnen. Das macht sie rätselhaft, das macht sie interessant. Was noch? Salenstein am Untersee ist nicht zuletzt dieser Ausstellung wegen eine Reise wert … SIEGMU N D KOPITZKI

Bis 29. September 2018 T h e V i e w C o n t e m p o ra r y A r t S p a c e , S a l e n s t e i n ( S c h w e i z) www. the-view-ch. com

Die Ausstellung kann aufgrund der besonderen Räumlich­ keiten nur im Rahmen einer Führung besucht werden.

rechte Seite: Dierk Maass in seiner Ausstellung „COORDINATE“ in der Biblioteca Nazionale Marciana, Venedig, © Luca Rüedi, THE VIEW 2018


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Bildstein | Glatz, „Raketenauto“, 2018

Bildstein | Glatz im Kunstmuseum Thurgau in der Kar tause It tingen, Schweiz

So tun als ob Die Kartause Ittingen in Warth im Schweizer Kanton Thurgau ist ein besonderer Ort. Das ehemalige Kloster liegt eingebettet in einer idyllischen Landschaft nur wenige Autominuten von Frauenfeld entfernt. Während Jahrhunderten lebten hier Mönche, zuerst die Augustiner, dann die Kartäuser. Die inzwischen runderneuerte Anlage beherbergt heute unter anderem zwei Museen: das Ittinger (Heimat-)Museum und das Kunstmuseum Thurgau. Das Kunstmuseum mit seiner wertvollen Sammlung und seinen attraktiven Sonderausstellungen bildet eine Gegenwelt zur Idylle des ehemaligen Klosters. Unter seinem Dach lagern die Nachlässe von Adolf Dietrich, dem großen Naiven vom Untersee, von Carl Roesch und Hans Krüsi. Insgesamt besitzt das von Markus Landert umsichtig geführte Museum etwa 30.000 Sammlungsobjekte. Ein echtes Vorzeigestück ist „Die verstummte Bibliothek“ (1999) von Joseph Kosuth. Der US-Künstler bezieht sich in der eigens für den Kontext der Kartause Ittingen entwickelten Arbeit auf den Verlust an Ordnung und Wissen, die mit dem Auf lösungsprozess des Klosters und seiner Bibliothek verbunden war. „Die verstummte Bibliothek“ ist nicht die einzige Großtat, die

für Ittingen geschaffen wurde. Seit dem Frühjahr 2017 steht vor dem Westtor zwischen Hopfenfeldern und Kloster­ mauern eine surreal anmutende Konstruktion aus Holz und Aluminium. Für die 15 Meter hohe, „Loop“ genannte Großplastik zeichnet das Künstlerduo Matthias Bildstein (* 1978) und Philippe Glatz (* 1979) aus Wien bzw. Kreuzlingen ­verantwortlich. Die spektakuläre Form erinnert an Vergnügungsparks der Sport- und Freizeitgesellschaft. Wobei die Benutzung der Plastik fatale Folgen hätte, sie ist nicht zu ­befahren, nur zu bestaunen. Auf der „Fahrbahn“ des Doppelloopings reihen sich grellfarbige Lettern zum endlosen Wortband „LOOP THE LOOP THE LOOP“. Wer denkt da nicht an Gertrude Steins berühmten Zeilensprung „Rose is a rose is a rose is a rose“? Die Endlosschleife der zwei miteinander verbundenen Ellipsen verweist subtil auf lokales Gut – jenes der Kunst und die Geschichte des Klosters. 400 Jahre prägten Gebete und ­Meditation neben der Tagesarbeit das Leben der Mönche. Bildstein | Glatz verleihen mit ihrem „Loop“, so eine denkbare Interpretation, der Vorstellung vom selbstvergessenen Kreisen der Gedanken im Kopf neue Bedeutung.


Danach stellen sich zeitlose Fragen nach Spiritualität und zeitgenössischem Spektakel, nach der Sinnhaftigkeit unserer Fit-for-Fun-Gesellschaft und nach Selbsterkenntnis. Der ­dysfunktionale Looping mahnt die Ref lexion über unser Handeln und Dasein, über Versenkung und Entrückung an. Ist das vielleicht zu hoch gegriffen? Die gestauchte Acht darf auch als Gewerk zwischen Bauexperiment und Denkfigur interpretiert werden, zwischen Affirmation und Konsumkritik, Größenwahn und Scheitern. Bildstein | Glatz gewähren viele Lesarten. Auch die Rolle der Kunst und ihre Mechanismen dürfen hinterfragt werden. Die Großplastik bleibt bis 2020 stehen. Es ist aber durchaus vorstellbar, dass sie an anderer Stelle wiederauf­ gebaut wird – und neue Sichtweisen hervorruft. Der Ittinger „Loop“ war streng genommen nur das viel beachtete Vorspiel für Bildstein | Glatz. Museumskuratorin Stefanie Hoch hat dem Duo jetzt eine eigene, von einem schmucken Katalog begleitete Ausstellung eingerichtet: „Nr. 1“. Auch die In­doorkunst von Bildstein | Glatz – Malerei, Skulpturen, Installationen, Videos und grafische Arbeiten – bleibt dem „rasenden Stillstand“ (Roland Barthes) der Sport- und Spaßgesellschaft thematisch verbunden. Die Künstler betreiben selbst Extremkletterei, laufen Marathon und nehmen an ­illegalen Radrennen teil – wodurch sie scheinbar, wie Landert im Katalog notiert, „mit Leichtigkeit das gespannte Verhältnis zwischen der Vita activa des Sports und der Vita contemplativa des Geistes überwinden“. Diese Notation ist – wie die Arbeiten von Bildstein | Glatz insgesamt – nicht frei von Ironie, was mitnichten ­fehlende Ernsthaftigkeit auf beiden Seiten bedeutet. Ihre Kunst kennt sogar kindliche Unschuld. Die mit Schaumstoff ausgepolsterte Formstudie „Joy 01 – Prototyp für G-Kräfte, Testanlage“ (2015) hat jedenfalls etwas von einer Seifenkiste. „Joy 01“ steht mit Blick auf das karge Material in der Tradition der Arte Povera, wobei andere Arbeiten von Bildstein | Glatz von der Pop-Art beeinf lusst scheinen. Auch „Jacqueline 3“ (201 4), das „Original Raketengef ährt vom legendären

147 ­ elt­r ekord im Raketen-Dreisprung“ verspricht mehr, als W die Wahrheit hergibt. Wie der „Loop“ ist auch dieses Werk nicht „fahrtüchtig“. Genauso wenig wie die Kopie eines ­E ames-Lounge-Chair – in Yves-Klein-Blau – zum Sitzen ­geeignet ist und die ausgestellten Rampen zu betreten sind. Es handelt sich bei diesen und anderen Werken, die ­einen Gebrauchswert suggerieren, um rein „ästhetische Objekte“. Landert spricht gar davon, dass sie „so tun als ob“. Er stellt diese Objekte in eine lange Bildtradition – „auch Porträts tun so, als wären die Betreffenden anwesend“. Man erkenne in diesen seltsamen Versuchsanordnungen „Zerrbilder der ­R ituale der Leistungsgesellschaft“, die wiederum zu einer ­Reflexion über das Funktionieren und den gesellschaftlichen Sinn solcher Aktivitäten animieren. Zum breiten Spektrum – oder Konzept – des künstlerischen Schaffens von Bildstein | Glatz gehört auch Malerei, eine Konvention, die sie unter anderem damit unterlaufen, ­indem sie ihre Bilder in Ittingen entweder deckenhoch oder bodennah hängen. Ob das mehr als nur eine Spielform der ­Petersburger Hängung ist oder nur ein Gag, das soll nicht abschließend bewertet werden. Das Thema „Freizeit- und Sportindustrie“ markieren Bildstein | Glatz auf Papier mit ­einer Serie von skizzierten Sturzhelmen und Laufschuhen. Das ist nicht ohne Reiz. Auch reine Farbexplosionen gibt die Ausstellung her. Diese wilde, gegenstandsfreie Malerei, die nur für sich steht, verführt die Sinne unmittelbar. Ohne doppelten Looping. SIEGMU N D KOPITZKI

Bis 12. August 2018 „ B i l d s t e i n | G l a t z – N r. 1“ K u n s t m u s e u m T h u r g a u , K a r t a u s e I t t i n g e n ( Wa r t h) www. k unst museum. ch

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Glatz und Bildstein, Foto: Clemens Ascher


Rorschach ................................................................................... M E N AG E R I E – T I E R S C H AU AU S D E R S A M M L U N G W Ü R T H Bis 3. Februar 2019

Wir kommen auf den Hund, weinen dicke Krokodilstränen, schimpfen wie Rohrspatzen, sind arm wie Kirchenmäuse, Hasenfüße oder Wölfe im Schafspelz, das Ganze wahlweise wieselflink oder im Schneckentempo. Über Jahrhunderte, ­davon zeugt der Reichtum unseres verbalen Bestiariums, war es für Literatur und Kunst eine kreative Herausforderung, das rätselhafte Verhältnis zwischen Mensch und Tier, die ­S on­d erstellung zwischen Nähe und Ferne, Vertrautheit und Fremdheit, zwischen frappanter Ähnlichkeit und un­ durchdringlicher Andersheit abzubilden, zu beschreiben, auszuloten oder spielerisch ins Fantastische zu steigern. Auf 600 Quadratmetern begegnen Besucher einer weit gefassten Auswahl an Tieren, Fabelwesen und mythologischen Krea­ turen aus der Sammlung Würth. Das Sehvergnügen für die ganze Familie widmet sich faszinierenden Werken quer durch die jüngere Kunstgeschichte: Pablo Picasso ist ebenso vertreten wie Andy Warhol oder Barry Flanagan und Robert Longo.

Robert Longo, Untitled (Tiger head No. 7), 2011, Kohle auf montiertem Papier, 233,7 x 177,8 cm, Sammlung Würth, Inv.- Nr. 16200 © 2016 ProLitteris, Zürich

w w w . w u e r t h - h a u s - ro r s c h a c h . c h

Florian Germann im Kunstraum Kreuzlingen

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Der gebürtige Kreuzlinger bespielt als erster Künstler die gesamten Räumlichkeiten des Kunstraums Kreuzlingen samt Tiefparterre. Alles wird erfasst und erscheint aus einem Guss. Im Untergrund der Tiefparterre finden sich die ersten Filmarbeiten Germanns, gedreht in den 1990er-Jahren mit Freunden als Hauptdarsteller, aufgezeichnet in den Straßen und Architekturkomplexen der Stadt Kreuzlingen. Im Video „NICE“ spielt sich ein Terroranschlag an einer unbekannten Straßenkreuzung ab. Architektur wird „fremdbestimmt/entführt“. Das Video „Enduro – Tests and Trainings“ erzählt von kör­ perlicher Ausdauer, Formen des Entstehens körperlicher und geistiger Energien. Diese filmischen Arbeiten lassen bereits die Tendenz einer zentralen und dabei hochkomplexen

Klarheit der Dinge spürbar werden, wie sie im späteren Schaffen von Germann so präsent ist. Eine Treppe höher verwandelt Germann den Saal des Kunstraums mit sicheren Gesten, Gegenständen und Geräuschen in eine theatrale Bühne. Ein in sich geschlossenes Schienensystem liegt im Raum aus. 23 Kamera-Dolly-Schienen, 2,80 Meter lang und 54 Zentimeter breit. Auf diesen ist eine Art Fahrzeug situiert: eine Platte aus glasfaserver­ stärktem Kunststoff (GFK), an der Räder befestigt sind. Der gesamte Zug erinnert an ein Objekt des Postmodernismus. Während der Ausstellungseröffnung versetzt Germann gemeinsam mit drei Mitspielern diesen Kreislauf in Bewegung: die Transportplatte rollt auf den Schienen – das Konstrukt gleicht einem Instrument und dessen Saiten, die klingen. Die ausgelösten Geräusche konzentrieren sich zu einer industriellen Sound-Performance: Ein System aus Bewegung, Aktion und Geräusch. Material trifft auf Material. Dieser Sound wird aufgenommen und später fortwährend im Raum abgespielt. Die Konstellation zwischen den Objekten im Kunstraum wird so aktiviert; die sich daraus ergebenden Spannungen unterliegen einem beständigen Weiterleben. BARBAR A M ARIE HOFM ANN

15 . September bis 25 . November 2018 w w w . k u n s t ra u m - k r e u z l i n g e n . c h

Florian Germann, „Die Stral / Nachrichten von Heinrich Bullinger“, kuratiert von Luca Beeler, Installationsansicht (Detail), Universität Zürich, 2018, Courtesy: der Künstler & Galerie Gregor Staiger, Zürich, Foto: Stefan Jaeggi




GREIFSWALD

www.galerie-schwarz.de

Thomas Hartmann Kein Anfang – Kein Ende Ausstellung bis 4. August 2018

Thomas Hartmann, Rauf und Runter, 2018, 170 x 130 cm, Ölfarbe auf Leinwand, © Galerie Schwarz / VG Bild-Kunst, Bonn 2018


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M arc Peschke: Kunst in Frankfur t - Rhein - M ain

EXTREME!

A xel Herrmann, „Heide und A xel Herrmann“, 1970er-Jahre © Daniel Herrmann

Die Vielfalt von Kunst und Kult ur kann man nur an wenigen Or ten auf so f a s z i n i e r e n d e We i s e e r l e b e n w i e i n F ra n k f u r t a m M a i n u n d i m R h e i n - M a i n Gebiet. Auch in diesem Sommer laden die Museen und Kult ur inst it ut ionen d e r R e g i o n w i e d e r z u s e h r b e s o n d e r e n A u s s t e l l u n g e n u n d P ro j e k t e n e i n – w i r s t e l l e n e i n e R e i h e v o n S c h a u e n v o r, d i e S i e n i c h t v e r p a s s e n d ü r f e n !

An erster Stelle ist derzeit sicher das RAY-Festival zu nennen, welches die ganze Region verbindet. Die internationale Triennale „RAY 2018 – Fotografieprojekte Frankfurt/RheinMain“ findet bis zum 9. September zum dritten Mal statt. Wie auch bei den ersten beiden Ausgaben 2012 und 2015 geht es auch diesmal um Vernetzung der Sammlungen und Institutionen, um Kooperation: Gemeinsam widmen sich verschiedene Ausstellungshäuser dem Festivalthema. Dieses haben die ­K uratoren Anne-Marie Beckmann, Peter Gorschlüter, ­A lexandra Lechner, Celina Lunsford und Matthias Wagner K so gewählt, dass ihm Aufmerksamkeit garantiert sein wird: „EXTREME“ – in fetten Lettern geschrieben – formuliert schon im Titel ein markantes Statement. Fotokunst vor dem Hintergrund ihrer gesellschaftlichen Bedeutung soll hier

präsentiert werden. RAY, initiiert und maßgeblich unterstützt vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain, soll zum Treffpunkt der internationalen Fotoszene werden, wünschen sich die Veranstalter. Ein sehr besonderes RAY-Partnerprojekt ist die Ausstellung „Die reine Leidenschaft. Amateurfotografien von Peter Dammann, Eugen Gerbert, Axel Herrmann und Vasilii Lefter“ in den Rüsselsheimer Opelvillen. Der Titel ist gut. Er sagt schon fast alles: Die vier Fotografen, die hier zu sehen sind, sind oder waren obsessive, leidenschaftliche Knipser. „Vielleicht ist die wahre, totale Photographie […] ein Haufen von Bruchstücken privater Bilder, vor dem zerknitterten Hintergrund der Zerstörungen und der Krönungen.“ So hat Italo Calvino die Relevanz des privaten Bildes einmal beschrieben,


Eugen Gerbert © MULTIPLE BOX

das nicht nur für die Soziologie von besonderer Bedeutung ist, wie die Ausstellung in Rüsselsheim bis zum 29. Juli zeigt. Nein, das Amateurbild hat auch eine besondere, ganz eigene Ästhetik, wie die von Beate Kemfert kuratierte Ausstellung der vier bislang unbekannten Fotografen vor Augen führt. Sie sind eben keine „Saisonkonformisten“, wie es der Soziologe Pierre Bourdieu einmal ausgedrückt hat. Amateurfotografie ist nicht nur funktional. Im Gegenteil: Die Bilder dieser Ausstellung sind auch von ungewöhnlich ästhetischem Reiz. Da sind die inszenierten Selbstporträts des Piloten Axel Herrmann (1946–2010), die er von sich und seiner Frau in fernen Ländern aufgenommen hat. Oder die leuchtenden Farbbilder von Eugen Gerbert (1923–1995), die ebenfalls eine Liebesgeschichte erzählen. Nämlich jene zwischen dem Fotografen selbst und seiner Frau Gerti. Eine Liebesgeschichte in analogen Bildern, die 40 Jahre lang währt: von der Heirat bis zum Tod des Bundesbahnbeamten. Peter Dammann, geboren 1936, hat ebenfalls sein ganzes Leben lang fotografiert. Seit den 1960er-Jahren hat er seine Familie ins Bild gebracht. Es entstanden Tausende von

Aufnahmen seiner Frau, seiner Kinder, seiner Eltern und verschiedener Verwandter. Eine berührende Auswahl davon ist nun in Rüsselsheim zu sehen. Auch die Fotografien von Vasilii Lefter (1943–1982) waren bisher noch nie ausgestellt, obwohl sich Lefter das immer sehr gewünscht hatte. 25 Jahre lang lagerte das Werk des Hobbyfotografen, der im Ministerium für Bauwesen in Chi şinău in Moldawien gearbeitet hatte, auf dem Balkon seiner Tochter: Bilder, die während der Zeit der Sowjetunion in moldauischen Dörfern entstanden sind. Schwarz-Weiß-­ Fotografien von Dorfbewohnern, die er selbst im heimischen Badezimmer entwickelt hatte. Auch sie sind wundervolle Zeugnisse einer „reinen“, intimen Leidenschaft, die der Amateur im gleichen Maße besitzen kann wie ein Künstler. Vielleicht sogar noch ein bisschen mehr: Wir stehen vor ­diesen Bildern und sind ergriffener als in vielen Schauen zeitgenössischer Fotokunst. Zur Ausstellung sind vier ­Fotohefte in der Reihe „lost&found“ bei Hartmann books erschienen. www. opelvillen. de w w w . ra y 2 0 1 8 . d e

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Ausstellung „Die reine Leidenschaft“, Opelvillen, Rüsselsheim


Ganesha- Figur, Java, Indonesien, Ankauf bei Kunstzaal van Lier, Amsterdam, April 1941, Sammlung Weltkulturen Museum, Foto: Wolfgang Günzel 2018

Bekanntermaßen befinden sich noch immer viele von den ­Nationalsozialisten entwendete Kunstwerke aus jüdischem Besitz in deutschen Museen. „Gekauft. Gesammelt. Geraubt. Vom Weg der Dinge ins Museum“ heißt die Schau, die im ­Historischen Museum, im Museum Judengasse, im Museum Angewandte Kunst und im Weltkulturen Museum als häuser­ü bergreifendes Kooperationsprojekt zu sehen ist. Im Weltkulturen Museum startet die Ausstellung am 16. August mit dem Untertitel „Fallbeispiele aus kolo­ nialem und nationalsozialistischem Kontext“. Hier werden Objekte aus Kolonialbesitz zu sehen sein – man geht etwa der Frage nach, ob es sich bei einem Waffengurt aus Süd­ afrika um Kriegsbeute handelt. Andere Fragen, welche diese spannende Ausstellung aufwirft: Wie kamen Anfang des 20. Jahr­hunderts Ahnenfiguren aus Nias auf den europäischen Kunstmarkt? Weshalb konnte das Museum Anfang der 1940er-Jahre in Paris und Amsterdam günstige Ankäufe tätigen? Bei vielen Objekten ist der Weg ins Museum bis heute unklar oder der Erwerbungskontext kaum dokumentiert.


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„Die in der Ausstellung gezeigten Objektgeschichten machen deutlich, wie wichtig eine langfristige Auseinandersetzung mit der eigenen Sammlung ist“, so die Ausstellungsmacher. Im Museum Angewandte Kunst kann man nun die Ausstellung „Geraubt. Gesammelt. Getäuscht. Die Sammlung Pinkus/Ehrlich und das Museum Angewandte Kunst“ sehen. Die Ausstellung erzählt die Geschichte der Silberkollektion des jüdischen Sammlers Joseph Pinkus und seiner Tochter Hedwig Ehrlich. Sie dokumentiert den NS-verfolgungsbedingten Verlust der Sammlung, die Umstände der Erwerbung und den Verbleib der Silberobjekte. „Provenienz ist ein offener Prozess, eine Pfadlegung in die Zukunft und auch Erinnerungskultur“, so Museumsdirektor Matthias Wagner K. Das Museum Judengasse erzählt in der Ausstellung „Geraubt. Zerstört. Verstreut. Zur Geschichte von jüdischen Dingen in Frankfurt“ mit Objekten wie einem prachtvollen Chanukka-Leuchter von der Schönheit des einstigen ­j üdischen Lebens in der Stadt. Die Schau präsentiert die ­Ergebnisse der Provenienzforschung des Hauses und konzentriert sich auf Zeremonialobjekte, die über den Kunsthandel, aus Privatbesitz oder aus Sammlungen anderer Museen ins Museum Judengasse gelangt sind. Das Historische Museum zeigt schließlich nicht nur den ­A bschluss der Wanderausstellung „Legalisierter Raub. Der Fiskus und die Ausplünderung der Juden in Hessen 1933– 1945“, sondern auch die Schau „Geerbt. Gekauft. Geraubt? Alltagsdinge und ihre NS-Vergangenheit“. Als eine „Stadt­ labor-Ausstellung“ verstehen die Kuratoren die Präsentation,

die sich mit „schwierigen Dingen“ beschäftige – mit Gegenständen aus ehemals jüdischem Besitz. Menschen, die mehr über die Vorgeschichte „schwieriger Dinge“ erfahren möchten, die sich womöglich in ihrem eigenen Besitz befinden, können sich bei der Spurensuche helfen lassen: stadtlabor.historisches-museum@stadt-frankfurt.de. www. weltk ult ure nmu se um . de www. museumangewandtek unst. de www. museumjudengasse. de w w w . h i s t o r i s c h e s - m u s e u m -f ra n k f u r t . d e

Seit März präsentiert das Freilichtmuseum Hessenpark in ­ ooperation mit dem Jüdischen Museum Frankfurt die K Schau „Jakob Nussbaum – Frankfurter Impressionist“, eine Ausstellung des 1873 in Rhina geborenen jüdischen Künstlers Jakob Nussbaum, der als der bedeutendste jüdische Künstler gilt, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Frankfurt am Main gelebt und gearbeitet hat. Nussbaum, der 1933 nach Palästina emigrierte, war ein hervorragender Impressionist, der von Max Liebermann ­entscheidend gefördert wurde: Seine Stadtlandschaften wie auch seine Landschaftsmalereien, die unter anderem auch im Odenwald und im Taunus entstanden, gehören zum Besten, was der Impressionismus in Deutschland hervorgebracht hat. Die Ausstellung präsentiert auch Druckgrafiken, Dokumente und Reproduktionen von Familienfotos aus der Sammlung des Jüdischen Museums.

Jakob Nussbaum, „Mainufer mit Blick auf die Alte Brücke“, 1903 © Jüdisches Museum Frankfurt

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www. hessenpark. de


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Jakob Fürchtegott Dielmann, „Ansicht von Mainz“, um 1845, Aquarell, Stiftung Kronberger Malerkolonie

Das Museum Kronberger Malerkolonie hat seit April neue Räume! Seit Kurzem residiert es nicht mehr in der his­­ torischen Streitkirche, wo es seit 2002 seinen Sitz hatte, sondern in der ehemaligen Künstlervilla des Kronberger Malerkolo­n isten Heinrich Winter, direkt am Berliner Platz. Mit über 350 Quadratmetern Ausstellungsfläche mehr gibt es nun ­endlich Platz für die Präsentation der umfangreichen ­G emäldesammlung sowie einen neuen Werkraum für die Museumspädagogik. „Unsere neuen Räume haben Museumsund nicht mehr Wohnzimmercharakter“, kommentiert Kuratorin Ingrid Ehrhardt den neuen Standort. Bis zum 28. Oktober ist hier nun die Ausstellung „160 Jahre Künstlerkolonie Kronberg 1858–2018“ zu sehen, welche die Geschichte der Künstlerkolonie darstellt, deren Historie eng mit der Metropole Frankfurt verknüpft ist. Viele der Künstler der Kolonie wurden hier geboren oder hatten am Städelschen Kunstinstitut bei Jakob Becker studiert.

Die Kronberger Malerkolonie wurde 1858 durch die Maler ­ nton Burger und Jakob Fürchtegott Dielmann in Kronberg A im Taunus ins Leben gerufen. Durch die Verlagerung ihres ­L ebensmittelpunktes in die ländliche Umgebung des Tau­ nusdorfes reagierten die Künstler auf die zunehmende Industrialisierung und technisierte Großstadtkultur. Hier suchten und fanden sie unverfälschte Natur und ein dörfliches Ambiente, das seit den 1860er-Jahren auch von wohlhabenden Frankfurter Bürgern entdeckt wurde. Es entstanden repräsentative Sommervillen und aus der ländlichen Idylle wurde eine neue Stadt im Grünen. Mit Fritz Wucherer und Emil Rumpf starben im Jahr 1948 die letzten Vertreter der Kronberger Malerkolonie. Die Jubiläumsausstellung widmet sich mit etwa 70 Arbeiten der Entwicklung der Künstlerkolonie von den spätromantischen „Rhein-Aquarellen“ Dielmanns über die ersten Freiluftmaler und die Einflüsse der Schule von Barbizon, die Porträt- und Gesellschaftsmaler bis hin zu den Impressionisten Philipp Franck, Fritz Wucherer und Nelson G. Kinsley. Zu sehen sind daneben Arbeiten von Anton Burger, Otto Scholderer und Wilhelm Trübner sowie einige Neuzugänge aus privaten Sammlungen, die in der Villa Winter nun erstmals zu bewundern sind. Dieses Projekt wurde gefördert durch den Kulturfonds Frankfurt RheinMain.

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w w w . k ro n b e r g e r- m a l e r k o l o n i e . c o m

„Im Fokus“ heißt schließlich eine neue Reihe von Studioausstellungen im Deutschen Ledermuseum in Offenbach. In der ersten Schau der Reihe präsentiert das DLM bis zum 3. Februar 2019 ausgewählte Objekte aus seinem reichen Fundus. Die Sammlung des Hauses beherbergt einen außerordentlichen, zumeist historischen Bestand von Taschen, von denen nun die interessantesten Stücke unter dem Titel „Taschen – funktional, schmückend, modisch“ zu sehen sind. Die Schau wurde von Inez Florschütz, Direktorin des DLM, kuratiert und zeigt die Entwicklung der verschiedenen Typen auf, welche die Mode und den Alltag bis heute prägen. www. leder museum. de Duftbeutel (links), China, vermutlich 19. Jahrhundert (Qing­D ynastie) und Beuteltasche im Jugendstil (rechts), Europa, um 1905. © DLM, Laura Brichta



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Zum Geburtstag viel Kunst Kleinod an der Bergstraße: Das Museum Stangenberg Merck

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Deutschland ist reich an Privatsammlungen, die in Aus­ stellungen, die die Sammler würdigen, oder in von den Sammlern selbst initiierten und unterhaltenen Museen ­präsentiert werden. Eines der schönsten privaten Kunst­ museen ist das traumhaft gelegene Museum Stangenberg Merck in Seeheim-Jugenheim. Allerdings handelt es sich bei der stattlichen Villa inmitten eines großen Parks mit weitem Blick über die Rheinebene nicht um einen Neubau, sondern um das 1860 erbaute Elternhaus der Malerin Heidy Stangenberg-Merck, das seit den 1950er-Jahren vom Ehepaar Karl und Heidy Stangenberg mit viel persönlichem Engagement ­instand gehalten wurde. Hervorgegangen aus einer kleinen Ein-Raum-Galerie, angrenzend an das Sommeratelier der Künstlerin, entstand binnen nur weniger Jahre ein bereits museal genutztes Ensemble von Räumen, bis schließlich 2010 das Museum mit rund 600 Quadratmetern über drei Etagen eröffnet werden konnte. Neben zwei Sonderausstellungen pro Jahr präsentiert das Museum Stangenberg Merck auch die Kunstwerke von Stangenberg-Mercks Mutter Marietta, die selbst Bildhauerin und Malerin gewesen ist. Außerdem enthält es einen Raum, der Karl Stangenberg gewidmet ist, der Mitte August seinen 90. Geburtstag feiert. Der Jubilar war zunächst als Konzert­f lötist sehr erfolgreich, dann als Maler und zuletzt als Lyriker – diese Vielseitigkeit wird hier dokumentarisch vorgestellt. Das Gesamtensemble Museum Stangenberg Merck ist jedoch sein eigentliches Lebenswerk, ein Gesamtkunstwerk, dessen Ausgestaltung und Erhalt er sich mit Herzblut und viel persönlichem Einsatz widmete.

Noch bis September dieses Jahres werden Werke der 2014 ­ erstorbenen Malerin und Grafikerin Heidy Stangenv berg-Merck unter dem Titel „Hauptsache Blau“ präsentiert. Ihr Œuvre – das unter anderem von Oskar Kokoschka, dessen Sommerakademie sie 1954 besuchte, und ihren Reisen nach Griechenland geprägt ist – umfasst Gemälde ebenso wie Zeichnungen, Radierungen, Linol- und Holzschnitte. Parallel ist die Skulpturenschau „… meine beste Freundin das Holz“ mit Werken von Franz Musiol zu sehen. Das Lebensthema des in Eberbach lebenden Bildhauers ist, wie der Titel schon ­a ndeutet, das Holz, das ihn seit seiner Jugend sowohl handwerklich wie pädagogisch und seit Ende der 1990er-Jahre auch künstlerisch begleitet. Musiols Skulpturen sind eigenwillige Arbeiten, bei denen die Herkunft als Treib-, Schwemm- oder Fällholz mit seinen Besonderheiten und Merkwürdigkeiten wesentlicher Bestandteil seines Kunstschaffens ist. CHRIS GERBING

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Heidy Stangenberg- Merck, „Dorf an der Bergstraße“, 1971, Tempera


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Foto: Nelson Gray Kinsley, Apfelblüte in Kronberg, Öl/Lw., Stiftung Kronberger Malerkolonie

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160 Jahre Künstlerkolonie Kronberg 1858 – 2018 22. April bis 28. Oktober 2018 Museum Kronberger Malerkolonie

Der Kulturfonds Frankfurt RheinMain fördert die Ausstellung 160 Jahre Künstlerkolonie Kronberg. Getragen wird der gemeinnützige Fonds vom Land Hessen, von Frankfurt am Main, dem Hochtaunuskreis und dem Main-Taunus-Kreis, Darmstadt, Wiesbaden, Hanau, Bad Vilbel, Offenbach am Main und Oestrich-Winkel. Weitere herausragende Kunst- und Kulturprojekte finden Sie unter www.kulturfonds-frm.de / Facebook / Twitter / Newsletter

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2001: A SPACE ODYSSEY, © Warner Bros. Entertainment Inc.

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Deutsches Filmmuseum, Frankfurt am Main: Kubricks 2001: 50 Jahre A SPACE ODYSSEY Senior Curator Hans-Peter Reichmann hat die A RTMA PP-Autorin Bettina Wurche für eine begeisternde Sonderführung in Kubricks futuristische Welten entführt. Hinter der Tür beginnt die Zukunft: Psychedelisch flirrendes Kunstlicht, Weiß, Rot, Magenta und Metall. Die elegant gerundete Bordwand eines Raumschiffs. Dahinter ist die samtige Schwärze des Weltalls zu ahnen. Schon die Ausstellungsarchitektur greift die Ikonografie von Stanley Kubricks legendärem Werk „2001: Odyssee im Weltraum“ auf. Ein „Djinn“-Sitzmöbel in Magenta, das Besteck des ­d änischen Designers Arne Jacobsen und ein silberner ­R aum­a nzug präsentieren das futuristische „2001“-Design. Metallische Computerdisplays, das rote „Auge“ der künst­ lichen Intelligenz „HAL 9000“ und ein tragbarer Computer bilden die Vision der schnurlosen Kommunikation für jedermann ab. Jenseits der Raumschiff-Außenhülle schweben Raumanzüge und Raumschiffmodelle in der Dunkelheit. Das berühmte „Star Child“, elektrisch-blau illuminiert, ist eines der wenigen Originale aus Kubricks Nachlass. Die spacige ­I nszenierung lässt Museumsgäste tief eintauchen in die ­monochromatische Weltraumwelt. Umfangreiche Dokumentationen aus Kubricks Nachlass zum Lesen, Hören und Schauen erzählen von seiner Detailver­sessenheit, ergänzt um rare Exponate, Repliken und Modelle aus Firmenarchiven und Privatsammlungen wie die weiße L ­ ederhaube der PanAm-Stewardess oder das Modell des Raumgleiters „Orion“. Ein Modell der Zentrifuge der „Discovery“ ließ das Film­museum selbst anfertigen, auf Knopfdruck setzt es sich in Bewegung. Das Original hatte Kubrick vom Flugzeugkon­ strukteur Vickers konstruieren lassen. Für die Erschaffung plausibler Raumschiffe und anderer technischer Artefakte hatte er ehemalige NASA-Mitarbeiter beauftragt, modern

­designte Alltagsgegenstände stammten aus Forschungsabteilungen von IBM, PanAm, Nikon und anderen Firmen. So entstand mit viel „Product-Placement“ eine authentische ­Vision der nahen Zukunft. Einige kolorierte Entwürfe aus dem privaten Archiv des Modedesigners Sir Hardy Amies zeigen die Mode der Zukunft: schlicht geschnittene Anzüge in gedeckten Farben für Wissenschaftler, praktische kurze Kleiderröcke und farbige Strumpfhosen für die Damen. Die silbernen Astronautenanzüge stammten wieder von NASA-Experten, sie ähneln den Anzügen des Gemini-Raumfahrtprogramms. Detailliert stellt das Filmmuseum die innovativen kinematografischen Kunstgriffe wie die Slit-Scan-Technik vor, die das scheinbar schwerelose Schweben des Astronauten durch das Sternentor ermöglichte. Allein für die Spezialeffekte arbeiteten unter Kubricks Leitung mehr als 100 Mitarbeiter an der perfekten Illusion des Weltraums, bevor es davon Fotos gab. Mit Bildern und Zeitungsartikeln ordnet die Ausstellung den Film in seinen zeitgeschichtlichen Kontext ein und lässt das Gefühl zwischen Kaltem Krieg, Space Race zum Mond, JFK und Blumenkindern aufleben. Bereits 2004 hatte das Filmmuseum Kubricks Werk eine Ausstellung gewidmet, die seitdem um die Welt tourt. Zum 50. Geburtstag von „2001“ sind die dazugehörigen Exponate ergänzt und neu inszeniert worden. BETTINA WURCHE

Bis 23. September 2018 „ K u b r i c k s 2 0 0 1 : 5 0 J a h r e A S PAC E O DY S S E Y “ D e u t s c h e s F i l m m u s e u m , F ra n k f u r t a m M a i n w w w . d e u t s c h e s -f i l m i n s t i t u t . d e


Bis 12. 8. 2018 Su-Mei Tse Nested Bis 11. 11. 2018 Bilder für alle Druckgraphik und Multiples von Thomas Huber 1980 – 2018 Bis 23. 9. 2018 On the Road

10 Jahre CARAVAN – Ausstellungsreihe für junge Kunst

1. 9. 2018 – 2. 1. 2019 Surrealismus Schweiz

*Aargauer Kunsthaus Aargauerplatz CH–5001 Aarau Di – So 10 – 17 Uhr Do 10 –20 Uhr www.aargauerkunsthaus.ch

U

Jean Viollier, L’épouvantail charmeur III, 1928 Association des Amis du Petit Palais, Genève / Studio Monique Bernaz, Genève 2018, Pro Litteris Zürich

Lust

www.cartoonmuseum.ch


Gregor Schneider

CRYO-TANK PHOENIX 3 10.11. – 05.12.2018 KUNSTRAUM St. Georgen Wismar

Kuratorin der Ausstellung: Miro Zahra KUNSTRAUM St. Georgen St.-Georgen-Kirche, St.-Georgen Kirchhof 1A 23966 Wismar geöffnet täglich von 10 bis 16 Uhr, Eintritt frei Foto: © Hansestadt Wismar, H. Volster


Atelier Otto Niemeyer-Holstein, Lüttenort | Caspar-David-Friedrich-Zentrum, Greifswald | CIRCUS EINS – Aktuelle Kunst, Putbus | Dezernat5, Schwerin | Fotografische Sammlung Schloss Kummerow | Galerie Atelier ROTKLEE, Putbus | Galerie Born, Born/Darß | Galerie Burg Klempenow, KULTUR-TRANSIT-96 e.V. | Galerie Kristine Hamann, Wismar | Galerie Hartwich, Ostseebad Sellin | Galerie im Kloster, Ribnitz-Damgarten | Galerie Klosterformat, Rostock | Galerie Schwarz, Greifswald | Galerie STP, Greifswald | kulturforum Pampin, Skulpturenpark und Galerien | Kulturhaus Mestlin | Kunstverein für Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin | Kunsthalle Kühlungsborn | Kunsthalle Rostock | Kunsthof Hirschburg BLACK BOX | Kunstkaten Ahrenshoop | Kunstmuseum Ahrenshoop | Kunstmühle Schwaan | Kunstort Alte Wassermühle, Putbus | KUNSTRAUMDARSS, Born/Darß | Kunstraum Heiddorf, Neu Kaliß | Kunstsammlung Neubrandenburg | Kunstverein Wiligrad e.V., Lübstorf | Kunstverein zu Rostock | Kunst-Wasser-Werk, Schwerin | Künstlerhaus Lukas | Mecklenburgisches Künstlerhaus Schloss Plüschow | Museum Atelierhaus Rösler-Kröhnke, Kühlungsborn | Neues Kunsthaus Ahrenshoop | Pommersches Landesmuseum, Greifswald | RWN ART – Verein zur Förderung moderner Kunst Neubrandenburg e.V. | Schleswig-Holstein-Haus, Schwerin | schloss bröllin e.V, international theatre research location | Schönberger Musiksommer, St. Laurentius-Kirche, Schönberg | Staatliches Museum Schwerin | Städtische Galerie Wollhalle, Güstrow | wolkenbank kunst+räume, Rostock

© Verband der Kunstmuseen, Galerien und Kunstvereine in Mecklenburg-Vorpommern e.V.

www.kunstorte-mv.de


Jan - Peter Schröder

Holger Stark während der Aktion TÖRNEN, im Hintergrund die Musiker Paul Landers und Josef Grohs, 1987,

KUNST SOMMER IM NORDOSTEN

Foto: Hartmut Beil

Bis 7. Oktober 2018 zu sehen in

„Hinter dem Horizont … Kunst der DDR aus den Sammlungen

Von einem wiedergefundenen Winterbild aus der Künstlerkolonie Ahrenshoop über Einblicke in die ostdeutsche Kunst jenseits des sozialistischen Realismus in Schwerin und die subtilen Aktbilder des renommierten Leipziger Fotografen Günter Rössler in Kühlungsborn bis zu spannenden Begegnungen mit aktuellen Arbeiten aus

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Mecklenburg-Vorpommern. Dazu die große weite Welt im Greifswalder Westend, die Neubrandenburger Kunstsammlung und Schloss Plüschow – neben Bratfisch, Badespaß und Backsteingotik hat der Sommer im Nordosten Deutschlands auch eine Menge guter Kunst zu bieten.

des Staatlichen Museums Schwerin“



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Wolfgang Mattheuer, „Schwebendes Liebespaar“, 1970, Foto: E. Walford, © VG Bild- Kunst, Bonn 2018

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Staatliche Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern Staatliches Museum Schwerin Der Himmel hoch, das Meer weit, das Glück greif bar und groß – Wolfgang Mattheuers „Schwebendes Liebespaar“ zählt zu den Bildern, die gängige Vorurteile über Kunst und Künstler aus der DDR ad absurdum führen. Und es gehört zur Sammlung des Staatlichen Museums Schwerin, das in diesem Sommer dazu einlädt, ein breites Spektrum künst­ lerischer Positionen jenseits verordneter Staatskunst zu entdecken oder wieder wahrzunehmen. Die Schau „Hinter dem Horizont …“ widmet sich den leisen und dennoch kri­ tischen Stimmen aus dem Osten. „Faszinierend ist die hohe Qualität der Gemälde, Zeichnungen, Grafiken und Plastiken“, sagt Kornelia Röder, eine der beiden Kuratorinnen. Als „besondere Überraschung“ zeigt sie dazu gemeinsam mit ihrer Kollegin Deborah Bürgel Leihgaben von Künstlern, die beispielhaft Einblicke in die ­o stdeutsche Aktions- und Performance-Kunst mit Meck­ lenburg-Bezug gewähren: Holger Starks multimediale Performance „Törnen. Ein Mecklenburg Environment“ (1987) und Michael Morgners Siebdruckfolge „M. überschreitet den See bei Gallenthin“ (1983) entstanden nach einer Durch­ querung des Sees bei Schwerin während eines Pleinairs. Abgerundet wird die Schau mit frechen Postkarten aus dem Schweriner Mail-Art-Archiv. Holger Stark, Jahrgang 1960, hat in Dresden, Hamburg und London studiert und gehörte in den 1980er-Jahren zum Kreis jener Künstler, die des erstarrten Systems überdrüssig waren und mit unangepassten Arbeiten schrill und ernsthaft wider den Stachel löckten. Heute lebt und arbeitet er in Klein

Warin in der Nähe von Wismar. Mit dem Begriff „DDRKunst“ kann er nichts anfangen. Aber er kennt und schätzt die Schweriner Sammlung. „Was das Museum bis zur Wende ­angekauft hat – vor allem von Usedomer und Dresdner Künstlern aus den 1970er- und 1980er-Jahren –, da sind einfach gute Stücke dabei, auch von Leuten, die mir extrem nahe sind wie Glöckner zum Beispiel.“ Und er freut sich natürlich, dass mit den Performances auch „das Punkige, Laute, Schreiende“ aus der Endphase der DDR präsentiert wird. Und: „Dass es noch hält, 30 Jahre danach.“ Für die Schweriner Schau hat Stark angefangen, ­M itstreiter von damals anzurufen und zu schauen, was noch übr ig ist von den f lücht igen Ac t s der späten 1980er-Jahre. Denn damals hat er nicht daran gedacht, sich um Auf­z eichnungen oder gar Rechte zu kümmern. Die ­„Törnen“-Performance wird jetzt dokumentiert mit einer 18-teiligen Serie großformatiger Fotos, einer Video­sequenz, für die seit Jahren verstaubte Super-8-Filme endlich digi­ talisiert wurden, originalen Skripts und Siebdrucken von dem damaligen Event. Daneben treten Fotografien, auf ­denen auch die bis zu 50 Beteiligten zu sehen sein sollen – Tänzer, Maler und Musiker. Stark: „Mich törnt es an, die alten Schuhkartons mit den Filmen zu öffnen.“ B i s 7. O k t o b e r 2 0 1 8 „ Hinter dem Hor i zont … Kunst der DDR au s den S ­ a m m l u n g e n d e s S t a a t l i c h e n M u s e u m s S c h w e r i n“ www. museum-schwer in. de


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Greifswald Wer ein Bild des Berliner Malers Thomas Hartmann erwerben möchte, kann sich auf der Art Basel umschauen – oder die ­Galerie Schwarz im vorpommerschen Greifswald aufsuchen. In der Geburtsstadt Caspar David Friedrichs betreibt der aus Thüringen stammende Grafikdrucker Hubert Schwarz seit 25 Jahren eine Galerie, die zu den besten Adressen im Norden zählt. Das silberne Jubiläum feiert der ebenso umtriebige wie qualitätsversessene Kunstvermittler mit einer sommerlichen Accrochage. „Ich zeige einfach alle Künstler der Galerie, die mich bisher begleitet haben“, erklärt er. Neben Hartmann, dem er zuvor noch eine Soloschau widmet, sind das unter ­a nderem Ralph Fleck, Norbert Frensch, Manfred Hamm, ­Vanessa Henn, Matthias Kanter, Martin Kasper, Sun Rae Kim, Kai Klahre, Julia Körner, Oskar Manigk, Max Neumann, Peter Ruehle, Torsten Ruehle, Stefan Rohner, Uwe Meier-Weitmar, Pablo Wendel und der leider schon verstorbene Michael ­Wirkner. Eine illustre Melange zeitgenössischer Künstler aus

allen Himmelsrichtungen in der nordostdeutschen Provinz, die alle eines gemeinsam haben: Hubert Schwarz ist von ihnen überzeugt! „Jeder Unternehmensberater würde sagen: Machen Sie nie eine Galerie in Mecklenburg-Vorpommern auf, gehen Sie in ein Ballungsgebiet“, erzählt er. Aber seine Begeisterung und Beharrlichkeit sind so ansteckend, dass viele Kunstfreunde im Norden inzwischen zu Kunden der Galerie und manche sogar zu Sammlern geworden sind. Und er ist viel auf Messen präsent, dass selbst im Süden angefixte Kunstfans inzwischen ins Greifswalder Westend kommen, um ein Bild zu kaufen. Hubert Schwarz ist optimistisch: „Ich mache weiter, so lange es geht.“ Bis 4 . August 2018 „ T h o m a s H a r t m a n n . K e i n A n f a n g – K e i n E n d e“ 10. August bis 2 2 . September 2018 „ 2 5 J a h r e G a l e r i e S c h w a r z – K ü n s t l e r d e r G a l e r i e“

Hubert Schwarz, Foto: © Galerie Schwarz

www. galer ie-schwarz . de


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Sarah Fischer, „Speichermedium wird ausgeworfen“, 2016, aus der Serie „Standort verlagerung“, Kohle auf Papier, 59,7 x 42 cm, Foto: Roman März, Berlin


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Neubrandenburg: Kunstpreis der Mecklenburgischen Versicherungsgruppe Der Kunstpreis, der seit 2006 alle zwei Jahre an eine Künst­ lerin oder einen Künstler aus Mecklenburg-Vorpommern vergeben wird, ging in diesem Jahr an Sarah Fischer aus Greifswald. „Sarah Fischer vermag es, dem klassischen ­Medium der Handzeichnung neue und frische ­Facetten abzugewinnen. Ihre Arbeiten sind vielschichtig und dennoch in den Mitteln reduziert und konzentriert“, be­g ründete die Preisjury am 10. Juni ihre Entscheidung. „Die Beschränkung auf unbunte Farben lenkt den Blick auf die ­g ezeichneten ­Objekte und Inhalte. Die Künstlerin zeigt oft Alltagsgegenstände in neuen Kombinationen und sagt selbst, dass die Suche nach den Verbindungen zwischen den Dingen im ­Fokus ihrer Arbeit steht.“ Die Preisvergabe hat in Neubrandenburg immer ein bisschen was von „Oscar“-Verleihung, weil erst ­während der Vernissage der begleitenden Sommerschau verkündet wird, wer ihn bekommt. Erst am Vortag bewertet die Jury die Positionen von jeweils fünf Nominierten, die je einen Raum in der Neubrandenburger Kunstsammlung individuell bespielen dürfen. In diesem Jahr sind neben den Zeichnungen von Sarah Fischer Arbeiten von Willy Günther, Pauline Stopp, Iris Thürmer und Barbara Camilla Tucholski zu sehen. „Die Ausstellung vermittelt wieder spannende Einblicke in das Kunstschaffen in Mecklenburg-Vorpommern“, freut sich ­Merete Cobarg, Leiterin der Kunstsammlung Neubrandenburg: Vier Künstlerinnen und ein Künstler zeigen, was Malerei und Zeichnung heute sein können. Gerade der ­Bereich Zeichnung wird in einer Breite wie lange nicht mehr präsentiert. Ich persönlich finde es sehr aufschlussreich, wie man mit wenigen Strichen Alltagsobjekte oder Räume darstellen und neu sehen kann oder wie es Künstlern gelingt, aus eng verzahnten Buntstiftlinien oder kraftvollen Konturen farb­ intensive Gewebe und Figuren zu zaubern.“ Schirmherr von Preis und Schau ist übrigens Günther Uecker. Der international renommierte Künstler mit Mecklenburger Wurzeln, der vor einigen Jahren selbst eine bemerkenswerte Ausstellung in der Vier-Tore-Stadt zeigte, übernahm dieses Amt bereits zum siebten Mal in Folge. Gestiftet wird der mit 10.000 Euro dotierte Preis von der Mecklenburgischen Versicherungsgruppe. Vor Sarah Fischer wurden damit bereits Miro Zahra (2006), Tanja Zimmermann (2008), Bernd Engler (2010), Gudrun Poetzsch (2012), Ruzica Zajec (2014) und Anne Sewcz (2016) ausgezeichnet. Bis 2 . September 2018

Willy Günther, „Dramatische Szene“, 1987, Gouache auf Papier, 64 x 53 cm, Foto: Christian Schmidtke, Schwerin

Barbara Camilla Tucholski, „Loitz – Tizian“, 2016/2018,

„ F Ü N F P O S I T I O N E N D E R G E G E N WA R T “

aus dem Projekt „Das Glück dieser Erde“,

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Acr yl, Öl auf Leinwand, 70 x 105 cm, Foto: Roman März, Berlin


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Kunstmuseum Ahrenshoop

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Das Kunstmuseum Ahrenshoop feiert den fünften Jahrestag seiner Eröffnung am 31. August mit einer Präsentation der Neuzugänge in seine Sammlung. Wohl zum ersten Mal ­öffentlich gezeigt wird dabei ein großes Gemälde des aus Rostock stammenden Ahrenshooper Malers Hans Emil ­Oberländer (1885–1944), der sich nach seinem Studium in Breslau zunächst in der schlesischen Künstlerkolonie Schreiberhau niederließ, immer wieder aber auch an der Ostsee gelebt und gearbeitet hat. Das Bild „Winterhafen in Althagen“ ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür und glänzt jetzt frisch restauriert in der Geburtstagsschau. Als Dauerleihgabe des Rostocker Sammlers Ulf Kringel, der in Ahrenshoop bereits im vergangenen Jahr mit einer von ihm wiederentdeckten Gouachenserie Egon Tschirchs zum „Hohelied Salomos“ für Aufsehen gesorgt hatte. Das bisher nicht bekannte Ober­ länder-Gemälde konnte er erst kürzlich aus einer privaten Sammlung erwerben. Zu den Schenkungen, Leihgaben und Ankäufen aus jüngster Zeit gehören außerdem acht Ölbilder der Malerin Anna Gerresheim (1852–1921), die zu den Mitbegründerinnen der Künstlerkolonie gehört, elf Arbeiten der Usedomer Künstler Karen Schacht (1900–1987) und Otto Manigk (1902– 1972) sowie ein Bild des Leipziger Malers Bernhard Heisig (1925–2011). Insgesamt ist die Sammlung des Kunstmuseums inzwischen auf mehr als 1.200 Bilder angewachsen.

Seine mehrmonatige Sommerschau widmet das Museum der Künstlerin Dora Koch-Stetter (1881–1968). „Ihr Beitrag zur Geschichte der Moderne in Ahrenshoop kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden“, sagt die künstlerische Leiterin des Museums, Katrin Arrieta. „In ihrer an der internationalen Moderne, an Matisse, van Gogh, Gauguin und auch Munch, geschulten Malerei ihrer besten Zeit zeigt sich Dora Koch-­ Stetter qualitativ auf einer Höhe, die durchaus nationale Wertigkeit hat.“ Dennoch stand sie lange im Schatten ihres berühmten Ehemannes Fritz Koch-Gotha. Sie selbst lebte und arbeitete von 1927 bis zu ihrem Tod ständig in der Künstlerkolonie. Das Kunstmuseum bemüht sich seit Jahren um den Auf bau einer umfassenden Sammlung. Viele der Bilder wurden für die Ausstellung restauriert, einige neu erworben – mit der Hilfe der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und der Stiftung der Sparkasse Vorpommern. Bis 2 . September 2018 „ D o ra K o c h - S t e t t e r. E i n A h r e n s h o o p e r We l t b i l d d e r M o d e r n e“ www. k un st mu se um- ahre n shoop. de

Hans Emil Oberländer, „Winterhafen auf dem Fischland“, 1939, Öl auf Leinwand, 76,8 x 116 cm


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Günter Rössler (1926 –2012), „Heidrun“, 1977, Fotografie, Ausstellung in der Kunsthalle Kühlungsborn

Kühlungsborn Immer noch ein Geheimtipp unter den hochkarätigen ­K unsthäusern im Norden ist das Museum Atelierhaus ­R ösler-Kröhnke bei Kühlungsborn. In einem ehemaligen Ausflugscafé zwischen Wald und Ostsee präsentiert die Textilkünstlerin Anka Kröhnke in wechselnden Ausstellungen das vielfältige künstlerische Erbe ihrer Familie. Obwohl selbst Kennern kaum bekannt, haben ihre Großeltern Waldemar Rösler (1882–1916) und Oda Hardt-Rösler (1880–1965) sowie ihre Eltern Walter Kröhnke (1903–1944) und Louise Rösler (1907–1993) offensichtlich jeweils auf Augenhöhe mit den besten Künstlern ihrer Zeit gemalt. In der Zusammenschau ermöglicht die Produktion dieser Künstlerfamilie daher immer wieder atemberaubende Zeitreisen von 1900 über die verschiedenen Spielarten und Formensprachen der Moderne und Postmoderne bis heute. Denn auch Anka Kröhnkes ei­ gene abstrakte Arbeiten – obwohl häufig aus simplen Abfallmaterialien wie alten CDs oder zerschnittenen Getränkedosen gefertigt – bestechen durch Prägnanz, Balance und Qualität. Zu besichtigen ist Letzteres in der aktuellen Ausstellung, die unter dem Titel „Alles Holz“ ganz neue Werke von Mecklenburger Künstlern vereint – Installationen, Reliefs, Skulpturen und Holzschnitte von Anne Sewcz, Holger Stark, Gudrun Poetzsch, Wilfried Schröder und – Anka Kröhnke. Bis 29. August 2018 „ A l l e s H o l z“ w w w . m u s e u m - a t e l i e r h a u s - ro e s l e r- k ro e h n k e . d e

Anka Kröhnke vor ihren Arbeiten im Museum Atelierhaus Rösler- Kröhnke, 2018, Foto: Reiner Brouwer

Die Kunsthalle Kühlungsborn – direkt an der Strandpromenade gelegen – zeigt in ihrer Sommerausstellung eine Auswahl von 60 Akt- und Modeaufnahmen des bekannten Leipziger Fotografen Günter Rössler (1926–2012). Rössler, der an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig studiert hat, gilt als Wegbereiter und führender Vertreter der künstlerischen Aktfotografie in der DDR. Mit seiner Kamera verstand er es meisterhaft, Schönheit und Persönlichkeit junger, selbstbewusster Frauen einfühlsam ins Bild zu setzen. Auch in der Modefotografie gehörte Rössler zu den ­h erausragenden Fig uren, prägte in den 19 60er- und 1970er-Jahren den Stil der Mode- und Kulturzeitschrift ­„ Sibylle“. Kunsthallenchef Franz N. Kröger kennt und schätzt die Arbeiten Rösslers nach eigenem Bekunden seit seiner ­Jugend. „Er ist ein außergewöhnlich sensibler Fotograf mit hoher ästhetischer Ausstrahlung und wiedererkennbarer Handschrift“, sagt er. „Günter Rössler wurde mal als ‚Helmut Newton der Ostens‘ bezeichnet, das bezog sich auf seine ­populäre Alleinstellung.“ B i s 7. O k t o b e r 2 0 1 8 „ G ü n t e r R ö s s l e r. D i e G e n i a l i t ä t d e s A u g e n b l i c k s“ www. k unsthalle-k uehlungsbor n. de


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Miao Xiaochun, „Restart“, 2008 –2010, 3- D - Computeranimation, 14:22 Min.

Künstlerhaus Schloss Plüschow Unter dem Titel „Polylux“ präsentiert das Mecklenburgische Künstlerhaus Schloss Plüschow in seinen barocken Räumen ab Mitte Juli eine mit Spannung erwartete Zusammenschau internationaler Medienkunst. Zu erleben sein wird unter anderem eine multisensorische Rauminstallation von Teresa Diehl (USA). Die im Libanon geborenen Künstlerin beschäftigt sich in ihren subtilen, alle Sinne ansprechenden Arbeiten mit kulturellen Kontroversen und gesellschaftlichen Konflikten. Zum illustren Line-up gehören auch die international renommierten Berliner Konzeptkünstler Kim Asendorf und Ole Fach, die sich seit vielen Jahren gemeinsam mit Fragen der Internetkultur und -technologie beschäftigen. In Onlineprojekten und Performances untersuchen sie etwa, wie Computer mit ihren digitalen Augen eigentlich ihre Benutzer und die physische Welt wahrnehmen. Der in Berlin lebende ungarische Fotograf und ­V ideokünstler Adam Magyar zeigt in seiner Videoarbeit „ Stainless“ frappierende Momentaufnahmen von Menschen in U-Bahnhöfen, die scheinbar unbewegt und statuenhaft auf ihre Bahn warten, gef ilmt mit einer High-Speed-Industriekamera, die bis zu 100.000 Ein­ zelbilder pro Sekunde aufnehmen kann. Produziert wurde der Film mit einer selbstgeschriebenen Software. Die bra­s il­ ia nische Media-Desig ner in Ta nia Gonzag a , derzeit Master-Studentin an der Bremer Hochschule für Künste, ist mit ihrer Installation „Graspable Noise“ vertreten. Mit dieser Arbeit, zu der unter anderem ein Luft-Tisch und eine

VR-Brille gehören, untersucht sie die Wahrnehmung von ­G eräuschen und taktile Reizen in der Grauzone zwischen physischer und digitaler Welt. Der chinesische Künstler Miao Xiaochun, Professor an der Zentralakademie der Schönen Künste in Peking, ist mit seiner dreidimensionalen ­C omputeranimation „restart“ vertreten, in der er sich aus ­fernöstlicher Perspektive mittels heutiger Technologie auf Szenarien der europäischen (Kunst-)Geschichte bezieht. „Das Spektrum der Ausstellung reicht von Projek­ tionen über interaktive Formate bis zur Virtual Reality und will einen eigenen Beitrag zum Diskurs über die Bildgene­ rierung der Gegenwart sowie den Wandel und die Relevanz des Begriffes Medienkunst leisten“, erklärt der Leiter des Mecklenburgischen Künstlerhauses Udo Rathke, der als ­Maler auch selbst mit elektronischen Medien arbeitet. Kuratorinnen der Plüschower Medienschau sind ­A ntonia Napp, Lübeck, und Kornelia Röder, Schwerin. Be­ sucher der Eröffnung können am 14. Juli ein Konzert des deutschen Ambient-Liveacts Micronaut sowie die interaktive Installation „DANCING HOUSE“ des gefeierten österreichischen Medienkünstlers, Regisseurs, Choreografen und Komponisten Klaus Obermaier erleben.

15 . Juli bis 19. August 2018 „ Polylu x – Posit ione n z ur Medie nk un st“ www. plueschow. de


Teresa Diehl, Ausstellungsansicht „Post Revolution“, THE VIEW 2017, Courtesy: Privatsammlung, Schweiz © Luca Rüedi, THE VIEW 2018

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Hiroyuki Masuyama, „Kreidefelsen auf Rügen, 1818“, 2016, digitale Fotomontage, Leuchtkasten, Foto: Hiroyuki Masuyama

Vorpommern Die Begeisterung war groß, als der japanische Fotokünstler Hiroyuki Masuyama vor anderthalb Jahren in Greifswald Lichtkästen mit digitalen Montagen Hunderter Aufnahmen ausstellte, in denen er Sujets, Inspirationen und Arbeitstechniken Caspar David Friedrichs ebenso neu(gierig) wie minutiös nachvollzog und zugleich infrage stellte. Was sehen wir in diesen frisch interpretierten weltbekannten Bildern?

Dieser Frage kann abermals nachgehen, wer der Einladung des Tourismusverbandes Vorpommern folgt und 200 Jahre nach der Hochzeitsreise des großen Romantikers auf den Spuren Caspar David Friedrichs und seiner Braut Caroline im Nordosten Deutschlands unterwegs ist. An Originalschauplätzen stößt er dabei auf Masuyamas leuchtende Fotowerke. Das Pommersche Landesmuseum, das selbst über eine kleine, aber feine Friedrich-Sammlung verfügt, zeigt etwa Hiroyuki Masuyamas Neuinterpretation des Friedrich-Gemäldes „Greifswalder Markt“. Skizzen wie Aufnahmen entstanden damals wie heute nur hundert Meter weiter – unter Beteiligung von Bürgern der Stadt. Im Nationalpark-Zentrum Königsstuhl auf der Insel Rügen ist – ebenso naheliegend – das berühmte Bild „Kreidefelsen auf Rügen“ als moderne Fotomontage zu sehen. Und in ihrer Galerie CIRCUS EINS in Putbus zeigt die Kunstvermittlerin Susanne Burmester gleich 20 Werke des Japaners zu Friedrich, darunter elf ganz neue – etwa die Neuinterpretation des verschollenen Gemäldes „Landschaft mit Regenbogen“. „Mich interessiert, wie man Friedrich in die Gegenwart holt, auch das Moment der Gefährdung. Was ist das wahre Erlebnis?“, so Burmester über Hiroyuki Masuyamas Versuche der empathischen Annäherung an den Großmeister der deutschen Romantik. Bis 26. /31. August 2018 „ 200 Jahre Hoch ze it sre i se – Ca spar David F r iedr ich“ www. c irc u s- e in s . de www. pommersches-landesmuseum. de

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Ausblick: Zehn Jahre „KUNST HEUTE“ Unter dem Titel „KUNST HEUTE“ laden im Herbst nun schon zum zehnten Mal Ateliers, Künstlerhäuser, Kunstvereine, Museen, Skulpturenparks und Galerien im Nordosten Interessenten zu Begegnungen mit zeitgenössischer Kunst ein. Auch etliche Gutshäuser und Schlösser öffnen in diesem Jahr ihre Räume für die Präsentation von Kunstwerken aller Genres. An dem gemeinsamen Projekt des Künstlerbundes Mecklenburg-Vorpommern und des Verbandes der Kunstmuseen, Galerien und Kunstvereine beteiligen sich über 200 Künstlerinnen und Künstler an insgesamt 54 Kunstorten. „Was kann man mithilfe der Kunst für unsere sich rasant verwandelnde Gesellschaft tun?“, umreißt die Künstlerin Tanja Zimmermann, die das Projekt im Auftrag des Künstlerbundes leitet, die inhaltliche Fragestellung der Publikumstage. Ihre persönliche Antwort ist klar: „Es geht um Kunst, die zum Vorausdenken Inspiration liefert und zur gesellschaftlichen Debatte über viele drängende Fragen der Zeit mit ihren Möglichkeiten beiträgt.“ Dazu sei es wichtig, „die zeitgenössische Kunst erlebbar zu machen“. „Der Genuss am Denken, am sich Wundern, am Dialog mit den Kunstwerken und den ‚Akti­ visten‘ der hiesigen, sehr lebendigen Kunstszene steht im Vordergrund.“

Eröffnet werden die Jubiläumstage am Tag der Deutschen Einheit in der Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern in Berlin. Zeitgleich wird im Schleswig-Holstein-Haus in Schwerin die Ausstellung „Undiszipliniert“ eröffnet. Die von der jungen Kunstwissenschaftlerin Christina May kuratierte Schau zeigt ein Crossover von Kunst und anderen nichtkünstlerischen P rofessionen. Durch die Konfrontation des künstlerischen Arbeitens mit anderen professionellen Vorgehensweisen soll eine Experimentalaufstellung erzeugt werden. Außerdem gibt es zahlreiche Vernissagen im ganzen Land. Spannend findet Tanja Zimmermann das Projekt „Kunstradius 40 km“, eine Art Clusterbildung von digitalen und analogen Kunsttouren zwischen Kunstorten im Raum Sternberger Seenplatte, die Tortenakademie in der „Alten Bäckerei“, ein Projekt von jungen Künstlerinnen und Künstlern der Hansestadt Greifswald, oder den Skulpturenparcours im Park vom Schloss Kaarz, organisiert von Ruzica Zajec und Broder Burow. 3 . b i s 7. O k t o b e r 2 0 1 8 „ K U N S T H E U T E “ i n M e c k l e n b u r g u n d Vo r p o m m e r n w w w . k u e n s t l e r b u n d - m v . o r g / k u n s t- h e u t e



Kunstraum St. Georgen, Wismar

Gregor Schneider 2 0 1 8 w u rd e G r e g o r S c h n e i d e r v o n d e r H a n s e s t a d t W i s m a r e i n g e l a d e n , e i n e P rä s e n t a t i o n f ß r d e n K u n s t ra u m S t . G e o r g e n v o r z u b e r e i t e n .


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ARTMAPP: Herr Schneider, der Titel Ihrer künstlerischen Arbeit klingt nicht wie der Titel eines Kunstwerkes, sondern eher wie eine technische Bezeichnung. Soll dies schon vorab auf den Bezug Ihrer künstlerischen Arbeit zum Leben und zur Wirklichkeit außerhalb des musealen Raumes hindeuten? Gregor Schneider: Ja, der Behälter sieht aus wie ein Indus­ triebehälter. Auf solche Tanks bin ich 2004 im Internet gestoßen. Die sogenannten Kryoniker schließen Verträge als „Lebensversicherung“ ab, um in diesen Tanks mit flüssigem Stickstoff eingefroren zu werden. Damit wird die Hoffnung verbunden, zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgetaut zu werden, um dann weiterleben leben zu können. Da dies in Deutschland nicht möglich war, habe ich damals begonnen, selbst solche elektropolierten Edelstahlbehälter zu bauen. In der Spät­antike war der Phönix (Titel der Skulptur) das Symbol der Unsterblichkeit. Mein Edelstahlbehälter ist mit 75 Litern Flüssigkeit gefüllt, verschweißt und kann nicht geöffnet werden. Kunst ist für mich eine Annäherung an Wirklichkeit. Der Mensch und seine existenziellen Fragen stehen dabei im Mittelpunkt. Es ist meist der Versuch einer Annäherung an bestehende Dinge aus meinem Alltag. Das können seit 2004 auch Dinge aus dem Internet sein. Meist versuche ich, Dinge nachzubauen. Nicht einmal, sondern meist zweimal. Und ich stelle dann doch fest, dass mir dabei viele Fehler passieren. Ich mache dann die Erfahrung, mich selber zu beobachten. Neben mir zu stehen. Ja, ich stelle immer wieder fest, wie begrenzt meine Wahrnehmung und mein handwerkliches Geschick sind.

„ An de r Gre n ze zu e ine r unau ssprechliche n, a b e r e x i s t i e r e n d e n a n d e r e n We l t “ GREGOR SCHNEIDER

ARTMAPP: Ihre künstlerische Biografie ist eng mit einer ihren ersten raumbezogenen Arbeiten verknüpft. Das „Haus ur“ aus dem Jahr 1985 begleitete Sie in Ihren raumbezogenen Installationen noch Jahrzehnte später. Mit frühen Erinnerungen an Räume und dem, was wir dort erlebten, sind grundlegende Empfindungen und Erfahrungen verknüpft, die unsere Wahrnehmung sehr nachhaltig prägen. Wollen Sie in einer bestimmten Art und Weise Ihre eigenen Erfahrungen mit uns teilen? GS: Was bleibt von einer Situation, dem Ereignis und den Empfindungen, im Raum? Da kommen wir schnell in einen nicht sichtbaren Bereich. Wie entsteht Bewusstsein? Dieses Thema zieht sich durch. Welchen Dingen schenken wir Aufmerksamkeit? Wir wissen ja gar nicht, wie die Dinge wirken. In den Anfängen ging es mir nicht um Kommu­ nikation. Eher um Isolation, Konzentration, oder ich hab das mal Exkommunikation genannt. Mich haben Dinge fasziniert, die ich nicht begreifen kann und die sich meiner Wahrnehmung und Erinnerung total entziehen. Vermutlich kann ich mir Dinge nur sehr schwer merken. Indem ich mich Dingen und Räumen durch einen Nachbau annähere, versuche ich, mir diese begreif bar zu machen. Indem ich einen gleichen Raum in einen bestehenden Raum baue, wird dieser neu sichtbar und der dahinterliegende gleichzeitig unsichtbar. Der dahinterliegende Raum entzieht sich wiederum dann einem Zugriff. Ich komme mit dieser Arbeitsweise der Realität sehr nahe, aber gleichzeitig wird alles sehr unreal. Es entstehen unsichtbare Parallelwelten. Meine plausible Alltagserfahrung wird erschüttert. Es ging mir lange darum, in einer Arbeit eine größtmögliche Übereinstimmung von ­L eben und Werk zu finden. Diese gebauten Räume werden von mir nicht nur gebaut und bewohnt, sondern werden jetzt gelagert und transportabel gemacht. Dadurch wird es vielleicht zu einem Versuch, „Zeit-Räume“ einzufrieren. Der Versuch, die Vergänglichkeit in einer Raumsituation zu er­ halten. Diese Edelstahltanks sind wiederum zugleich wie verschlossene Zeitkapseln.

linke Seite: Gregor Schneider, „CRYO -TANK PHOENIX 1“, Rheydt 2006, elektropolierter Edelstahlbehälter mit Flüssigkeit, 120 x 330 cm, Kunst-Station Sankt Peter Köln, 2006, © Gregor Schneider / VG Bild- Kunst, Bonn 2018

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In seinen Arbeiten beschäftigt sich Gregor Schneider mit ­ topien und Konstrukten der Ewigkeit in Abgrenzung zu U ­t raditionellen westlich geprägten Todesvorstellungen. In Auseinandersetzung mit der transhumanistischen Bewegung stellt er die Frage nach dem Sinn des menschlichen Wunsches nach Unsterblichkeit und greift damit eine Thematik auf, die die Evolutionsmasse „Mensch“ seit ihren Ursprüngen nicht zur Ruhe kommen lässt. Seine Skulpturen machen auf das Verschwinden des toten Körpers aus dem öffentlichen Raum aufmerksam, muss doch der professionalisierte und verberuf lichte Umgang mit dem Tod als Produkt der Postmoderne gewertet werden – „der ‚dreckige‘, tote Körper und alles, was mit ihm zusammenhängt, wird verbannt, steht doch dieses Sinnbild des Verfalls und der Vergänglichkeit dem gesellschaftlichen Leitbild des ewig jugendlichen Körpers diametral entgegen“ (Gregor Schneider im Pressetext zur Ausstellung). Die Ausstellung von Gregor Schneider mit dem Titel „CRYO-TANK PHOENIX 3 Rheydt 2006, stainless tank, ­water (120 x 330 cm (W x H))“ wird am 9. November 2018 im Kunstraum St. Georgen in Wismar eröffnet. Miro Zahra, ­Kuratorin der Ausstellung, sprach im Vorfeld für ARTMAPP mit dem Künstler.


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ARTMAPP: Einen Raum im Raum zu bauen, ­diesen zu zerlegen und ihn erneut in Fragmenten an anderen Orten neu aufzubauen, bietet die Chance, den Raum und seine Eigenschaften besser zu ­verstehen. Als Besucher können wir die von Ihnen erschaffenen Räume nur auf die Weise erfahren, indem wir sie begehen, ertasten und erspüren. Sie erschweren oft den Zugang zu diesen Räumen. Ist dies als eine besondere Form der Einladung zur intensiven Selbsterfahrung zu verstehen? GS: Ich habe lange in privaten Räumen gearbeitet, wo ich auch gelebt habe. Die Arbeiten schöpfen sich somit häufig aus diesem Alltag. Das „Haus ur“ ist vermutlich die komplexeste Arbeit, die mich bis heute beschäftigt. Indem ich bestehende Räume in Form, Funktion und Aussehen wiederhole, ist der neu gebaute Raum nicht als Raum im Raum erkennbar. Es stellt sich in diesen Momenten nicht mehr die Frage nach der Anwesenheit von Kunst. Ich bin dann mittendrin, aber gleichzeitig ganz weit entfernt. Auch die Verbindung von Kunst und Leben an diesem Ort war für mich eine körper­ liche Herausforderung. Bis es dann nicht mehr möglich war. Ich habe diesen Ort dann einen „nicht mehr zu wissenden

Zeitraum“ genannt. Je länger ich daran gearbeitet hatte, desto unbekannter wurde dieser Ort mir. Obwohl jedes neu gebaute Zimmer gewöhnlich aussah. In den Arbeiten steht der Mensch im Mittelpunkt. Meist in seiner Abwesenheit. Menschen ­b etreten Räume und verlassen diese wieder. In die hinteren Räume gelangt n ­ iemand mehr. Natürlich schließt Kunst keine Wahrnehmbarkeitsart aus. Ich nehme meine Wahrnehmung als sehr begrenzt wahr. Über die Wahrnehmung von anderen Menschen kann ich nur sehr ­wenig sagen. Bemerkenswert ­f inde ich, dass Räume nicht nur unser Verhalten, Empfinden und Denken, sondern ganz ­gezielt unsere Erinnerungen ­beeinflussen können. Räume lassen uns etwas vorstellen, als würden sie uns an etwas er­ innern. Das geschieht meist nicht bewusst. ARTMAPP: Zuflucht, Kerker, Folterkammer … ein nackter Raum ist grundsätzlich ohne Bestimmung, sagen Sie. Wenn wir Räumen begegnen, funk­ tionieren diese oft wie ein Spiegel unserer eigenen Empfindungen. Auch wenn die Wahrnehmung und Deutung Ihrer Arbeiten sehr individuell ist, haben Sie vielleicht eine Grundidee, ein Thema, das Sie auf Ihrem künstlerischen Weg begleitet?

St. Georgen, Blick von NO, Foto: © Hansestadt Wismar


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ARTMAPP: Sie werden Ihre Arbeit in Wismar in einem kirchlichen Raum präsentieren, einem Raum, der in seiner Form Ausdruck des christ­ lichen Glaubens ist. Das Leben nach dem Tod, die Unsterblichkeit der Seele, die Auferstehung … das alles schwingt in diesem Raum mit. Der Umgang mit dem Tod ist immer noch ein Tabuthema in unserer Gegenwart. Was war der Impuls für Sie, sich mit dem Thema Tod auseinanderzusetzen?

Gregor Schneider, © Masanobu Nishino

GS: Für mich stehen Kirchen für die Angst vor dem Tod und für die Sehnsucht nach Unsterblichkeit. Meine Zeit als Messdiener hat mich nachhaltig geprägt. Auch die Darstellungen von Sterbenden am Kreuz. Wir sind uns alle einig, den Tod und das Sterben wieder in den Mittelpunkt des Lebens zu rücken. Gesellschaftliche Diskussionen darüber sind wichtig. Letztlich sind das Gestaltungsaufgaben, die jeden Einzelnen in der Gesellschaft betreffen. Die Beschäftigung mit dem Sterben und dem Tod sind elementare existenzielle Erfah­ rungen, von denen wir viel lernen können. Offenheit und Wahrhaftigkeit beispielsweise. Die Kunst schafft einen Freiraum und ermöglicht einen anderen Blick darauf. Die Skulptur „CRYO-TANK PHOENIX 3“ gibt ihren Inhalt nicht frei. Der Tod bleibt auch hier ein verschlossenes unfassbares Mysterium. An der Grenze zu einer unaussprechlichen, aber existierenden anderen Welt. ARTMAPP: Gregor Schneider – vielen Dank für das Gespräch! w w w . w i s m a r. d e

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GS: Mich hat es immer fasziniert, Kunst aufzulösen. – Ich ­ erde immer wieder gefragt, wieso ich mir Räume ausdenke. w Nein, diese Räume finde ich! Ich könnte mir solche Räume nicht ausdenken. Sie waren alle schon da. In den vergangenen Jahren habe ich mich in verschiedenen Vorhaben auch mit ­g esellschaftlichen Problematiken beschäftigt. Beispielsweise mit dem Geburtshaus von Joseph Goebbels in meiner Nachbarschaft. Ich habe das Haus gefunden. Oder hat das Haus mich gefunden? Ein Haus, welches laut Stadtarchiv im Zweiten Weltkrieg bereits zerstört worden sein sollte. ­Vermutlich ist dies eine Reaktion auf die Gegenwart. In po­ litischen Zeiten wird alles auch politisch betrachtet. Unsere Aufmerksamkeit ist leider außerdem begrenzt. In letzter ­Konsequenz wird Kunst für mich jedoch nicht für ein Pub­ likum – auch nicht für den Künstler – geschaffen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir dreidimensionale Skulpturen schaffen, die wir in die Welt senden, und dass diese dort unabhängig von uns ein Eigenleben führen. Es existiert tatsächlich etwas Gemachtes außerhalb meines Körpers, von dem ich nicht mehr sprechen kann. Aber ich habe noch eine Ahnung, dass es da ist. Das Unaussprechliche kann gemacht werden.


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Ein Ahrenshooper Weltbild der Moderne

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Di – So täglich

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Othmar Kopp/Kurt Lanthaler Der Brenner in Wort und Bild Das Portrait einer Grenze und ihrer Geschichte(n) und eine fotografische Liebeserklärung an einen Ort zwischen den Zeiten

Brenner.o Geschichten über die Grenze Tyrolia-Verlag 232 S. 144 Farbabb. 30 x 24 cm Gebunden EUR 39,95 ISBN 978-3-7022-3672-4 deutsch

Der Fotograf: Othmar Kopp, Jahrgang 1953, lebt in Innsbruck, freischaffender Fotograf, zahlreiche Kunst- und Ausstellungsprojekte, mehrere Beiträge in Publikationen und Kunstkatalogen. Der Autor: Kurt Lanthaler, geboren am 9. November 1960 in Bozen, Autor zahlreicher Erzählungen, Theaterstücke, Drehbücher und Kurzgeschichten, Gründungsmitglied der Südtiroler Autorenvereinigung. Kurt Lanthaler hat sich in etlichen Kunstprojekten mit dem Brenner und seiner Geschichte ­beschäftigt und bleibt diesem Ort bis heute verbunden.

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Wichtigster Alpenübergang, Wasserscheide, Transitroute, Einkaufs- und Ausf lugsziel, Grenze, Tor zum Süden: Der Brenner war und ist für die Menschen nördlich und südlich der Grenze so vieles, fast immer aber ein emotionaler Ort. Zum Brenner fuhren schon die Eltern und Großeltern zum Einkaufen. Der Süden war hier zumindest kulinarisch ganz nah, die Brennerjause fixe Institution. Auf dem Rückweg ­f anden Wein, Parmesan und andere Köstlichkeiten oft den Weg an den Zöllnern vorbei, sehr zur Freude vieler Tiroler, die den Brenner sowieso nicht so recht als Grenze akzep­ tieren wollten. Warum auch, denn die Teilung des Landes vor fast 100 Jahren wurde von vielen als historisches Unrecht angesehen. Nicht immer passierten also nur Alkohol und Käse die Grenze. Waffen und Sprengstoff waren ebenfalls in den Kofferräumen der Autos versteckt, diesmal Richtung Süden. Der Traum von der Wiedervereinigung erfüllt sich nicht, mit Autonomie und Wohlstand kam eine Anpassung an die Begebenheiten. Othmar Kopp hat sich in seinem Projekt intensiv mit dem Brenner auseinandergesetzt, mit dessen historischer und aktueller Bedeutung, mit dessen Mythos. Seine Fotografien zeigen einen Ort, der sich zwischen den Welten befindet und bis heute eine ganz eigene Ästhetik zwischen Verfall und Neubeginn sein eigen nennt. Etliche Motive sind im kollektiven Gedächtnis von Einheimischen und Durchreisenden eingebrannt, von vielfachen Fahrten in den Norden oder Süden. Das Eisenbahnschild „Brenner – Brennero“, die Remise, die Bahnhofsreste und der Uhrturm, die Stände mit den Lederwaren, der Brennermarkt. Auch neue Bilder sind in den letzten Jahren dazugekommen: Flüchtlinge auf dem Weg in den Norden, aufgehalten von den Behörden, in Warteposition im Niemandsland zwischen Verzweif lung und Hoffnung. Dieses Portrait zeichnet ein Bild des Brenners auch anlässlich seiner „Entstehung“ als Grenzort vor 100 Jahren, ist aber gleichzeitig aktuell und am Puls einer bewegten Zeit. Mit einem Essay von Kurt Lanthaler und 26 wei­ teren Beiträgen von Künstlern, Gastwirten, Aktivisten, ­F ernfahrern, Eisenbahnern, Ausf lüglern, Touristen, ­Brenner-Liebhabern und vielen anderen, denen der Brenner auf die eine oder andere Art ans Herz gewachsen ist.


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Verlag und Herausgeber: VBKW Stuttgart 132 S. 24 x 17 cm Softcover EUR 19,00 ISBN 978-3-942743-74-7 Dt./Engl. Der Katalog ist erhältlich über eva@buramorde.net

Eva Bur am Orde Ethno — Der Katalog „Ethno“ der Künstlerin Eva Bur am Orde gleicht einer Reise zurück zum Ursprung der Menschheit, den Naturvölkern, unseren Zeitgenossen, die Freiheit statt Fortschritt leben und wünschen. In faszinierenden und farbgewaltigen Bildern tauchen wir ein in die Welt der indigenen Völker, der ­G eistwesen und Geistheiler und der Welt der Primaten. Wir wandern durch die Gezeiten und durch ­p hantastische Bildwelten in Rückbesinnung auf unsere materielle und geistige Natur. Der Katalog gibt einen Überblick über das Schaffen der Künstlerin und die ­Entstehung eines neuen Kunstgenres: Der Ethno Pop Art.

Christoph Niemann Wörter Kunst, Cartoon, Fotografie — Wenn Christoph Niemann zum Zeichenstift greift, wird es klug und lustig, verrückt und spannend. Wie eine Zeichnung kann für ihn ein Wort im Bruchteil einer ­S ekunde etwas ausdrücken, das sehr viel komplexer ist als das, was wir sehen oder lesen. Wörter und Bilder zu verstehen ist der Schlüssel dazu, sich in der Welt ­z urechtzufinden und mit anderen Menschen in Austausch zu treten. Während wir ein Bild jedoch instinktiv ­b egreifen, muss man lesen erst lernen. Dieses Wörterbuch mit über 300 Wörtern und ­Z eichnungen vermittelt den Zugang zur Sprache ­s pielerisch, unerwartet und mit viel Humor. Schlüsselwörter werden nicht statisch, sondern in einem Kontext vermittelt – der manchmal überraschend, aber immer mit Aha-Effekt und einem Schmunzeln verbunden ist. Im Buch können Kinder oder Sprachanfänger Wörter suchen, die man noch nicht kennt, Verbindungen ­z wischen ihnen herstellen, neue Bedeutungen entdecken oder die Buchstaben abdecken und jemanden raten ­lassen, was das Bild meinen könnte, eigene Bilder ­z eichnen – viel mehr als ein Buch, sondern ein Tor zur Welt des Lesens und der Sprache.

Diogenes Verlag 352 S. 15,2 × 17,8 cm Hardcover Pappband EUR 22,00 ISBN 978-3-257-02158-5 deutsch, aus dem Amerikanischen von Kati Hertzsch


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Fred Stein Dresden – Paris – New York Stadtmuseum Dresden, Erika Eschebach, Helena Weber — Berühmt sind die Personen, die er fotografierte, seine Porträts und Stadtansichten: Fred Stein gehört zu den ­P ionieren der Kleinbildfotografie der 1930er- und 1940er-Jahre. Seine Fotografien zeichnen sich durch ­tiefe Menschlichkeit und hintergründigen Humor aus. Der Katalog zeigt seine bedeutendsten Werke und wird ergänzt durch eine ausführliche Bildbiografie ­ sowie E ­ ssays zum kunsthistorischen und ­i deen­g eschichtlichen Kontext.

Harald Szeemann Museum der Obsessionen Herausgegeben von Glenn Phillips und Phillip Kaiser und Phillip Kaiser mit Doris Chon und P­ ietro Rigolo. In Zusammenarbeit mit dem Getty Research Institute, Los Angeles — Der Schweizer Harald Szeemann (1933–2005), von ­v ielen als einflussreichster Kurator der z­ weiten Hälfte des 20. Jahrhunderts betrachtet, entwickelte neue Formen der Kunstpräsentation. Der reich illustrierte Band versteht sich als Katalog von Szeemanns visionären Ideen. ­A nhand von Notizen, Briefen, Zeichnungen aus dem erstmals aufgearbeiteten Nachlass Szeemanns, ­A usstellungsfotos und Essays zeichnet das Buch die ­Entwicklung seines Wirkens nach.

Scheidegger & Spiess 416 S. 211 farbige und 150 S/W Abb. 24 × 30,5 cm Gebunden EUR 68,00 ISBN 978-3-85881-592-7 deutsch

Edition Körber 224 S. 12,9 x 19,5 cm Gebunden mit Schutzumschlag EUR 18,00 ISBN 978-3-89684-262-6 deutsch

Wolf Lotter Innovation Streitschrift für barrierefreies Denken — Überall werden innovative Kräfte beschworen: In Wirtschaft, Technik, Politik und Gesellschaft herrscht eine regelrechte Innovations-Inflation. In seinem neuen Essay fordert der deutsch-österreichische Publizist und „brand eins“-Leitartikler Wolf Lotter einen Kulturwandel: weg vom Etikettenschwindel, hin zu wirklicher ­Erneuerung, zur Aktivierung kreativer Ressourcen, mit Mut zu Risiko und Irrweg. Denn: „Innovation ist nichts für Feiglinge!“

A R T M A P P   S O M M E R 2 018 — B U C H T I P P S

Sandstein Kommunikation 240 S. 144 Abb., farbig und S/W, Fotografien Duplex 28 × 22 cm Festeinband EUR 38,00 ISBN 978-3-95498-365-0 deutsch



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Stadtgalerie Saarbrücken

IN THE CUT Der männliche Kör per in der feminist ischen Kunst. Ist das tatsächlich ein Thema, das noch mit tels einer umfassenden A u s s t e l l u n g d o k u m e n t i e r t ­w e rd e n m ü s s t e ? U m e s g l e i c h v o r w e g z u n e h m e n : Die Ant wor t i st e in klares Ja!


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Herlinde Koelbl, aus der Serie „Männer“, 1984, Fotografie © Herlinde Koelbl

A R T M A P P   S O M M E R 2 018 — A U S S T E L L U N G E N

Während der weibliche Körper über die Jahrhunderte hinweg das erotische Vergnügen der Kunstliebhaber bediente und auch in der feministischen Kunst der Blick zunächst vor allem auf den eigenen Körper gerichtet war, ist der hetero-erotische Blick auf den Mann in der Kunst noch immer eine Ausnahme. Dabei ist Sexualität gewissermaßen das Urthema der bildenden Kunst. „IN THE CUT“ versammelt Werke von insgesamt 19 Künstlerinnen, die sich mit den Themen Sexualität, Erotik, Begehren, Geschlechterrollen sowie Kommunikation und Interaktion von Mann und Frau beschäftigen. Mit dabei sind Wegbereiterinnen der feministischen Kunst wie Louise Bourgeois (1911–2010), Eunice Golden (* 1927), Herlinde Koelbl (* 1939), Carolee Schneemann (* 1939) und Joan Semmel (* 1932) ebenso wie deren Nachfolgerinnen Sophie Calle (* 1953), Anke Doberauer (* 1962), Tracey Emin (* 1963), Alicia Framis (* 1967), Kathleen Gilje (* 1945), ORLAN (* 1947), ­Julika ­Rudelius (* 1968), Susan Silas (* 1952), Jana Sterbak (* 1955) und Betty Tompkins (* 1945) sowie aus der jüngeren Gene­ration Aude du Pasquier Grall (* 1974), Anna Jermolaewa (* 1970), ­I ngrid Mwangi (Mwangi Hutter/* 1975) und Paula Winkler (* 1980). Sie alle inszenieren und zeigen den männlichen Körper, zum Teil auch in der Begegnung mit dem (eigenen) weib­l ichen. Das ist amüsant, wenn in Anna Jermolaewas ­V ideoarbeit „Ein/Aus“ von 1999 ein erigierter Penis einen Lichtschalter betätigt. Es ist geradezu verstörend, wenn in ­J ulika Rudelius eigens für die Ausstellung konzipierter ­V ideoarbeit „The Hare“ Anzug tragende Männer im öffent­ lichen Raum gezeigt werden, allein oder im Gespräch mit anderen. Zum Teil in Slow Motion filmt die Künstlerin ihre Bewe­g ungen und Gesten: den Griff in den Hemdausschnitt, das Vorschieben des Unterkörpers im Gespräch, die Hand, die den eigenen Schenkel entlangstreicht. Zum Teil sind das ­dokumentarische, zum Teil inszenierte Momente, die nonverbale Kommunikationsformen auch als Bestätigung von Rollenklischees offenlegen. So unterschiedlich die gezeigten Arbeiten auch sein mögen, nie wird der Mann seiner Würde beraubt und zum ­reinen Objekt. Er bleibt immer Motiv und zugleich Subjekt, auch wenn er sich den Vorgaben der jeweiligen Künstlerin ausliefert. Damit ist vielleicht der augenfälligste Unterschied zum „male gaze“, dem männlichen Blick auf den weiblichen Körper, benannt.

Jana Sterbak zitiert in „Actaeon at Home“ die aus Ovids ­„ Metamorphosen“ bekannte Geschichte des Jägers Actaeon, der unbeabsichtigt die Göttin Diana beim Baden erblickt. Bei Ovid bestrafte die Göttin diesen ungehörigen Blick des ­Sterblichen auf ihren nackten Körper, indem sie Actaeon in ­e inen Hirsch verwandelte, der dann von seinen eigenen ­Hunden zerfleischt wird. Bei Sterbak sitzt der gejagte Jäger – halb Mensch, halb Hirsch – zu Hause am Esstisch, also im traditionell weiblichen Aktionsbereich, und scheint ein ­wenig verloren. Auch Paula Winklers Fotografien männlicher Akte in etwas plüschigen Hotelzimmern zeigen deren fragile Seite. Für die Serie „Exceptional Encounters“ fotografierte sie ­M änner, die sie über eine Sexplattform im Internet kontaktiert hat. Die Unsicherheit in dieser ungewohnten Situation steht ihnen förmlich in die Gesichter geschrieben. Indem sie diese zeigt, betont Winkler zugleich die individuelle Schönheit ihrer Modelle. Trotzdem brechen diese Arbeiten Tabus. Es ist erklärtes Ziel der Ausstellung, Werke von Künstlerinnen zu zeigen, die aufgrund ihres Themas mit offener Zensur konfrontiert wurden oder auch deren subtilere Formen wie Ausgrenzung oder Nichtbeachtung erfahren haben. Zwei Beispiele: Betty Tompkins „Fuck Paintings“ wurden vom französischen Zoll beschlagnahmt, als sie 1973 für eine Ausstellung in Paris ins Land eingeführt werden sollten. Das wiederholte sich 2004, nachdem das Centre Pompidou „Fuck Painting #1“ angekauft hatte. 2002 wurde Aude du Pasquier Gralls Videoarbeit „The Male Cycle No. 4“ zensiert, ihre Einzelausstellung am Tag vor der Eröffnung abgesagt. Diese Erfahrungen zeigen, dass es für die Rezeption der Kunst noch immer nicht unerheblich ist, ob ein Mann einen Frauenkörper im Rahmen der Kunst betrachtet oder eine Frau einen Männerkörper. Der (begehrliche) künstlerische Blick auf den Männerkörper bedeutet eine Infragestellung oder gar Umkehrung tradierter Rollenbilder und Machtstrukturen. So ist es sicherlich kein Zufall, dass alle Künstlerinnen in Ländern leben, in denen Frauenrechte und freie Meinungsäußerung auf vergleichsweise hohem Niveau sind.



191 linke Seite: Paula Winkler, aus der Serie „Exceptional Encounters“, „Encounter #37“, Fotografie, © Paula Winkler

Die Ausstellung wirft Fragen zu hochaktuellen ­Themen wie Gender, Gleichberechtigung, Machtstrukturen auf, ohne sie allzu explizit zu stellen. Gerade weil keine dieser Künst­ lerinnen den „male gaze“ einfach nur umkehrt, s­ ondern jeweils eine ganz eigene Bildsprache findet, verweisen sie auf die Möglichkeit anderer Sichtweisen und damit die Absage an ­t radierte stereotype Denkmodelle.

Bis 30. September 2018 „ I N T H E C U T. Der männliche Kör per in der feminist ischen Kunst“ www. stadtgaler ie-saarbr ücken. de

Jana Sterbak, „Actaeon at Home“, 2005–2011, Farbfotografie, 39,5 x 27,5 cm, Courtesy: Jana Sterbak und Galerie Barbara Gross, © Jana Sterbak

A R T M A P P   S O M M E R 2 018 — A U S S T E L L U N G E N

KIM BEHM


192 Museum Ar t.Plus, Donaueschingen

Farbenfrohe Frauenpower Die Amerikanerin Dorothy Fratt ist hierzulande eine Neuentdeckung, denn ihr Gesamtwerk wird 2018, ein Jahr nach ihrem Tod, erstmals in Europa gezeigt. Auch in den Vereinigten Staaten gehört sie eher zu den nicht ganz so bekannten Künstlern – dass sie und ihr Werk bislang kaum über die ­Grenzen Arizonas hinaus bekannt geworden sind, kann bei Betrachtung ihrer außergewöhnlichen und qualitätsvollen Gemälde nur verwundern. Im Museum Art.Plus wird sie mit Arbeiten der Konkreten Kunst aus der Nachkriegszeit zusammen mit Kunstwerken von Günter Fruhtrunk, Winfred Gaul, Otto Herbert Hajek, Lothar Quinte und weiteren präsentiert. Dadurch zeigt sich die Singularität ihrer Position, insbesondere aber auch ihre Lust an der Farbe und deren mutwilliger Kombination. Fratt, die nach ihrem Umzug von Washington D. C. nach Phoenix/Arizona Ende der 1950er-Jahre privaten Unterricht in Farbtheorie gab, setzte sich intensiv mit der Wirkung von Farben auseinander. Folgerichtig ist der Ausstellungstitel „colorful.farbenfroh“, denn beim Durchschreiten der nun Fratt gewidmeten Räume steigen Gedanken an Josef Albers und seine spezielle Art des Umgangs mit Farbe auf. Auch die Äußerung Mark Rothkos kommt in den Sinn, der der Überzeugung war, ein Bild lebe „in Gemeinschaft, indem es sich in den Augen des einfühlsamen Betrachters entfaltet und

dadurch in ihm auflebt. Es stirbt, wenn diese Gemeinschaft fehlt.“ Das Museum hat sie herbeigeführt durch die ebenfalls der Farbe gewidmeten Kunstwerke und indem noch weitere Künstler wie Helmut Middendorf, Reiner Fetting und Keith Haring gezeigt werden, die sich aus anderer Richtung kommend dem Thema hingegeben haben. So entsteht das von Rothko geforderte Beisammensein, das eine Auseinander­ setzung mit verschiedenen Aspekten des Umgangs mit Farbe ermöglicht. Zugleich wird deutlich, dass Dorothy Fratt innerhalb dieses Reigens eine gänzlich eigenständige Position einnimmt, die irgendwo zwischen der irisierend-lasierenden Herangehensweise eines Barnett Newman und den Groß­ formaten von Mark Rothko anzusiedeln ist. Die im großen Format arbeitet, um ein Eintauchen ins Farbspektrum zu ­ermöglichen. „Secret Green“ ist eines der Werke betitelt, bei dem erstaunlicherweise (und gar nicht verborgen) ein sattes, dunkles Tannengrün das Großformat dominiert, in das, eine leichte Nuance heller, ein weiterer dunkler Grünton ein­ gesetzt ist. Es handelt sich tatsächlich nur um eine feine Nuancierung, die zunächst nicht ins Auge fällt, die hiermit angesprochen sein dürfte, denn es ist verborgen im Dunkelgrün des Umraums. Ein kleiner, roter Blitzer, der am unteren Bildrand aufgebracht ist, fällt zudem auf, der einen Blick auf das Dahinter zu ermöglichen scheint. Wie dieses Dahinter aussieht? Was es beinhaltet? Hier ist der Betrachter mit seiner Fantasie und Assoziationsfreude gefragt. Im 2-Raum des Museums ist ab 2 4. Juni mit Ulrich ­Möckel zudem eine bildhauerische Position zu sehen. Der ­gebürtige Westfale setzt sich intensiv mit dem Wald, mit ­dessen Flora und Fauna auseinander, wobei er dem Fundstück Holz gerne mit unterschiedlichsten Werkzeugen, Feuer oder Farbe zu Leibe rückt, es dadurch verfremdet und ihm ein ­neues Aussehen verleiht. Dabei arbeitet er prozesshaft, lotet die Ambivalenz des Werkstoffs Holz zwischen Natur und Kunst aus und verleiht ihm Abstraktion durch die Trans­ formation in andere Materialien. CHRIS GERBING

Bis 20. Januar 2019 „ c o l o r f u l . f a r b e n f ro h – I m F o k u s : D o ro t h y F ra t t “ Bis 1 4 . Ok tober 2018 Ulr ich Möckel Mu seum Ar t. Plu s, Donaueschinge n w w w . m u s e u m - a r t- p l u s . c o m Ulrich Möckel, „Gehörne“, 2004 © Museum Art.Plus & VG Bild- Kunst, Bonn 2018


193

Dorothy Fratt, „Laban‘s Staves“, 1991, Acr yl auf Leinwand, 172,7 x 144,8 cm

A R T M A P P   S O M M E R 2 018 — A U S S T E L L U N G E N

© Museum Art.Plus/Art.Plus Foundation


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Lars Theuerkauff, „Der Tanz 4“, 2018, Öl auf Leinwand, 122 x 158 cm

A R T M A P P   S O M M E R 2 018 — A U S S T E L L U N G E N

Lars Theuerkauff bei Tammen & Partner, Berlin Es ist erstaunlich und zugleich eine Lust zu sehen, wie weit sich dieser Künstler vorwagt in die Wirklichkeit. Lars Theuerkauff (* 1968) scheut sich nicht, geradewegs in die Verwerfungen der politischen Gegenwart hineinzusteuern. In diesem Aben­t euer agiert er hochgradig sensibel auf dem Gebiet der Malerei. Einerseits fasziniert er sein Publikum mit großer Klarheit und Direktheit in der Wahl der fotografischen Motive, die er als Vorlagen für seine Bilder nutzt, ­a ndererseits mit Unschärfen, die den Blick wegführen von der Gegenstands­ fixierung, aber im gleichen Atemzug hin in Richtung Materialität der Farbe. Wir werden konfrontiert mit dem Tod und mit der Schönheit. Schnörkellos spricht dieser Maler Leiderfahrungen an und probiert im selben Augenblick Möglich­ keiten aus, mit Formen des Ornamentalen Unsagbares zu rahmen, zu bekränzen, mit Sentiment zu unterfüttern. Wiederum: Lars Theuerkauff wäre nicht er selbst, wäre er eindeutig. Die Leinwandoberf läche gleicht einer schrundigen Haut. Wenn man ihr ganz nahe kommt, löst sie sich auf in einen Schwarm von Farbpunkten und Schlieren, in V ­ erwischungen, die aufs Ganze gehen. Es ist ein körniges Relief, ein Ablenkungs­manöver für den suchenden Blick, der sich in den Spuren des pointillistischen Glimmens zu verlieren scheint. Lars Theuerkauff verwendet keine Pinsel. Er benutzt lieber seine Hände, um die Tonarten der ­Farben zu fühlen und dem Zufälligen zu folgen. Insbesondere, wenn er mittels Zahnbürsten die Farbe aufspritzt. Stellenweise kommen auch Spachtel zum ­E insatz. Bevorzugt arbeitet der Künstler mit schnell trocknendem Acryl auf ­ungrundierter Leinwand. Menschliche Körper sind bei Theuerkauff politische, mit Sinn beladene ­R ealien aus Fleisch und Geist, Zeugen von emotionalen Entfremdungs­ vorgängen und romantische Projektionsf lächen. Dieser Künstler malt das Gegenwärtige mit allem, was seine Malerei zu bieten hat. Mit dem Reflektierten und dem S ­ innlichen. Mit genauer Kenntnis des Filmischen und Fotografischen, in Aus­einandersetzung mit der Rolle der Medien, des Internets und der Werbung unter aufmerksamkeitsökono­mischen Aspekten wie auch unter dem bewusstseinsstimulierenden Druck der Amüsiergesellschaft. CH R IS TO PH TA N N ERT

31. Aug ust bis 13 . Ok tober 2018 w w w . g a l e r i e - t a m m e n - p a r t n e r. d e


Beeindruckende Vielfalt von Kunst auf und aus Papier

10 Jahre Galerie Stihl Waiblingen Galerie Stihl Waiblingen, Architekturensemble an der Rems, Foto: Peter Oppenländer

Ob Handzeichnung oder Druckgrafik, Karikatur oder ­C ollage – seit zehn Jahren widmet sich die Galerie Stihl Waiblingen Arbeiten auf und aus Papier. Mit dieser Konzeption setzte das Ausstellungshaus an der Rems von Anfang an einen besonderen Akzent, rückt es doch ein immer noch vergleichsweise wenig beachtetes Medium in den Fokus. Drei Wechselaus­stellungen pro Jahr zeigen, wie vielfältig diese Spezialisierung sein kann. Folgende Themenschwerpunkte bestimmen dabei das Programm der Galerie: Zum einen beleuchtet sie mit Zeichnungen, Aquarellen und Drucken herausragende P ­ o­sitionen der freien Künstlergrafik wie etwa Dürer, R ­ embrandt, Picasso, Nolde und Baselitz. Ein zweiter Fokus liegt auf B ­ ildmedien, die der Massenkommunikation dienen: P ­ lakate, Comics, Karikaturen und Illustrationen. Aus­stellungen wie „LORIOT: Spätlese“ sowie in jüngster Zeit die Werkschau Christoph Niemanns sorgten hierbei für ­B esucherrekorde. Angewandte Zeichnungen und drei­ dimensionale Objekte aus Papier bilden die dritte Säule des Ausstellungsprogramms. Ob Architekturzeichnungen, ­P apierkleider oder Möbel aus ­K arton, auch in diesem Bereich entfaltet sich eine überraschende Bandbreite der Kunst auf und aus Papier. Nicht nur in der Konzentration auf das Material ­P apier verfügt die Galerie Stihl Waiblingen über ein Alleinstellungsmerkmal, das sie aus der Menge der städtischen Ausstellungshäuser in der Region heraushebt. Auch die enge räumliche und inhaltliche Zusammenarbeit zwischen der ­G alerie und der benachbarten Kunstschule Unteres Rems­ tal ist eine Besonderheit, die das Programm des Hauses maß­geblich bereichert. Mit informativen, kreativen und unterhaltsamen Veranstaltungen bringt sie den Besuchern die Ausstellungsinhalte nahe.

François Berthoud, Design by Lacroix, 1988, Farblinolschnitt, ELLEKE COLLECTION – ART FASHION

Noch bis 12. August 2018 ist die Ausstellung „Dior, ­L acroix, Gaultier. Haute Couture auf Papier“ in der Galerie Stihl Waiblingen zu sehen. Sie entführt anhand von Zeichnungen, Druckgrafiken und ausgewählten Kleidungsstücken in die faszinierende Welt der Modeillustration. Geschaffen für ­Zeitschriften und Werbung, vermitteln die Illustrationen der Öffentlichkeit ihre ganz eigenen Visionen der Mode: Nicht die detailgetreue Wiedergabe der Kreationen großer Mode­ schöpfer steht dabei im Fokus, sondern die individuelle Interpretation durch die Künstlerin oder den Künstler. Zum Abschluss des Jubiläumsjahres 2018 rückt die Schau „Graphic Novels. Aktuelle deutsche Comic-Romane“ ab 29. September eine besondere Form des Erzählens in Bildern in den Fokus: Komplex in der künstlerischen Gestaltung wie auch der inhaltlichen Erzählung, bringen Künstlerinnen und Künstler Persönliches und Weltgeschehen, Kriminalgeschichten und Fantastisches, Anrührendes und Humorvolles auf ‘s Papier. Originalzeichnungen und Probedrucke geben Einblick in die Entstehung der Bücher und führen deren vielseitige Erzählweisen und Gestaltungsmittel vor Augen. www. galer ie-st ihl-waiblingen. de


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© Ulli Lust

© Ulli Lust

6x6 Pin-ups, 2001

6x6 Pin-ups, 2001

A R T M A P P   S O M M E R 2 018 — A U S S T E L L U N G E N

„Ulli Lust. Zu viel ist nicht genug“ International bekannt wurde die österreichische Comiczeichnerin Ulli Lust mit der gefeierten autobiografischen Graphic Novel „Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens“. Der 460 Seiten umfassende Band erschien 2009 nach über vierjähriger Arbeit im ambitionierten avant-verlag. Er wurde von Kritik wie Leserschaft begeistert aufgenommen und geradezu mit Auszeichnungen überhäuft – unter anderem mit dem ­begehrten US-amerikanischen Ignatz Award, übrigens als bislang einzige deutschsprachige Graphic Novel. Inzwischen wurde der Comicroman in elf Sprachen übersetzt. Die Geschichte erzählt schonungslos von der 17-jäh­r igen Punkerin Ulli, die mit ihrer nymphomanischen Freundin Edith ohne Geld und reichlich naiv nach Italien a­ usreißt. In knappen wie lebendigen Zeichnungen werden E ­ rfahrungen und Erlebnisse mit Freundschaft und Freiheit, aber auch mit Drogen, Sexismus, mafiösen Strukturen und Gewalt geschildert. Das Werk Ulli Lusts reicht von Kinderbuchillustrationen über Comicreportagen und erotische Fantasiegeschichten bis zu Literaturadaptionen. So notiert sie in „Fashionvictims. Trendverächter“ ironische gezeichnete Alltagsbeobachtungen in Berlin zwischen Szene und Shoppingmall, während sie sich in erotisch-mythologischen Comics wie „Airpussy“ und der Serie „Springpoems“ mit prähistorischen Fruchtbarkeitsritualen und Frühlingsgöttinnen auseinandersetzt. 2013 veröffentlichte Lust im Suhrkamp Verlag die Comicadaption von Marcel Beyers verstörendem Roman „Flughunde“, in dem sich gegen Ende des Zweiten Weltkriegs die fiktiven

­ ebensgeschichten eines fanatischen Tontechnikers sowie L Stimmforschers und der ältesten Tochter Joseph Goebbels immer wieder kreuzen. Ihr neues Buch „Wie ich versuchte, ein guter Mensch zu sein“ ist der zweite Band einer geplanten autobiografischen Trilogie. Die Fortsetzung von „Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens“ zeigt die Suche der Anfang 20-jäh­ rigen Ulli nach e­ inem Platz in der Gesellschaft, der sie als Künstlerin kreativ leben lässt. Der Hauptteil der Graphic ­Novel kreist um eine komplizierte Dreiecksbeziehung. Mit ­r adikaler Offenheit und sexuell aufgeladen stellt Lust ihre Liebe zu einem alt-68er Schauspieler und einem nigerianischen Flüchtling dar. Es geht um Geschlechterkonf likte, alternative Familien- und ­Beziehungsmodelle, Asylpolitik und nicht zuletzt um Selbstbefreiung. Ulli Lust wurde 1967 in Wien geboren und studierte von 1999 bis 2004 an der Weißensee Kunsthochschule Berlin. Heute lebt sie ebenda und unterrichtet Zeichnung und Comic an der Hochschule Hannover. Die Graphic Novels Ulli Lusts bestechen vor allem durch die Intensität des Erzählens. Sie selbst beschreibt ihre Comics als „unaufgeregt“. Die Retrospektive im Cartoonmuseum Basel präsentiert nun zum ersten Mal die ganze Vielfalt des Werks der profilierten zeitgenössischen Comiczeichnerin. BET TINA GÖTZ

Bis 2 8 . Ok tober 2018 „ U l l i L u s t . Z u v i e l i s t n i c h t g e n u g“ Car toonmuseum B asel www. car toonmuseum . ch




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A m r e i’s A r t b l o g f ü r E n t d e c k e r Amrei Heyne ist Kunstberaterin (Stuttgart/München) und berichtet sehr persönlich vom Suchen und Finden der Kunst.

Jochen Plogsties, Karl Reuss, Pat Rosenheimer … Was für ein guter Kunstabend! Im Kunstverein Reutlingen gibt’s Günther Förg bis 26. August – nicht verpassen!

Alle Fotos: Amrei Heyne

Was erste Sonnenstrahlen anrichten: vormittags im Straßencafé, überfliegt man Schlagzeilen um Trump- und Dieselaffären; resigniert bei Monsanto, ignoriert die italienische Regierungskrise, vertieft sich ins Feuilleton; verschiebt Deadlines auf Montag und träumt sich barfuß in den Sand! „Den ganzen Tag am Strand“ – die Ausstellung von Edgar Leciejewski und Oskar Rink in der G2 Kunsthalle in Leipzig (bis 23. September) verhandelt den Mythos Atelier als Terrain der Freiheit! Leciejewski zeigt Fotografien aus seinem Studio, die die Kunstproduktion dokumentieren, doch längst eigenständige Arbeiten seines jungen, international nachhaltigen Werks sind. Die Künstlerin Oskar Rink ist eine vielseitige: in Malerei, Objekt und Installation zu Hause. Es lebe der Gummibaum! Im Museum der Bildenden Künste Leipzig, ist (bis 19. August) eine erste Retrospektive von Arno Rink „I do paint!“ eine Reise wert! Ein Ausnahmemaler, der fehlt! – Paul McCarthy und Christian Lemmerz teilen sich da mit „Reality Virtual Reality“ eine Etage. Edith Karlsons Installation eines Dinosaurus Rex zeigt, wie klein wir sind: „Drama is in Your Head V“. Bis 24. März 2019 „Connect Leipzig“: junge Positionen wie Deborah Jeromin, Sebastian Hosu, Gregor Peschkuo u.a. Der Maler Titus Schade ist mit „Plateau“ bis 26. August vor Ort. Karin Wieckhorsts Fotografien „Begegnungen“ (bis 2. September) berühren und sind Zeitgeschichte.

Arno Rink @ MdbK Leipzig

Kunst im öffentlichen Raum II: Eine Stadt ist Location für Werke der Malerin Ena Oppenheimer – eine wunderbare Idee der Kunstvermittlung – ran an den Passanten! In ihr Atelier lud sie jüngst, die Plakat-Aktion mit der Installation „Dark Matter“ ihrer Bilder von Tobias Reischle (Ingo Maurer) zu feiern. Ich träume vom dolce far niente auf Sizilien: „Manifesta 12“ – Biennial Palermo! Kulturhauptstadt 2018! Von Pasta alla Norma, den Kieseln am Strand von Salina, nachts Stromboli im Blick und gleich küsst Roberto Rossellini Ingrid Bergman.

Edgar Leciejewski @G2 Kunsthalle Leipzig

Setzen Sie Zeichen, folgen Sie dem „Manifest wider die Sportdiktatur“ von Ilija Trojanow/Klaus Zeyringer: Finale hin oder her! Sommergewitter können herrlich sein! Auch auf Balkonien! Trinken Sie Rosé und lesen Gutes. Gelingt es Ihnen, ihre „electronic devices“ drei Tage lang zu vergessen? Schöne (Kunst-)Pause! Machen Sie doch, was Sie wollen!

Atelier Ena Oppenheimer in München

Der Galerieverein Leonberg, fünfzehn Autominuten von Stuttgart, hat (bis 29. Juli) geheimnisvoll-­ intensive Gemälde von Philipp Haager. Haager kuratierte zehn Fußminuten entfernt in der Galerie im Künstlerhaus „verlassen auf mein Herz“ mit André Butzer, Jörg Mandernach, Lea Pagenkemper, Sarah Morris @ PAM 2018 München

Philipp Haager @ Galerieverein Leonberg

A R T M A P P   S O M M E R 2 018 — A M R E I ’ S A R T B L O G

Edith Karlson @ MdbK Leipzig,

Was kann Kunst für das kollektive öffentliche Leben? Ein Festival gibt Antwort (bis Ende Juli): „PAM 2018 Public Art Munich!“ Willkommenskultur als Gamechanger! Der PAM -Pavillon auf dem Viktualienmarkt (Charme meets Klischee) von Flaka Haliti und Markus Miessen ist die feste Größe. Der schwarze Schwan als Stargast im Bayerischen Hof von Olaf Nicolai schaffte es in die Yellow Press. Alexander Kluge und Sarah Morris kündigen ihre Unterwasseroper am Lenbachplatz an. Dank an Joanna Warsza und Team!


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Ahrenshoop

Berlin

Chur

Sonnenfluten – Schattenburgen. Kunst von 1945 bis heute aus der Sammlung des Kunstmuseums Ahrenshoop 8.9. – 25.11.2018 Eröffnung: 7.9. 2018 um 18 Uhr Parallel: Sammlungspräsentation mit Klassikern der Künstlerkolonie Ahrenshoop Kunstmuseum Ahrenshoop

Between Art & Fashion Photographs from the collection of Carla Sozzani bis 18.11.2018 Helmut Newton Stiftung Museum für Fotografie

Christo und Jeanne-Claude – Skulpturen und Projekte aus der Sammlung Würth bis 28.10.2018 Forum Würth Chur

Leuchtend farbige Landschaften und tiefgründige Perspektiven auf allgemein menschliche Fragen zeigen die Werke von 1945 bis heute in der Sammlung des Kunstmuseums Ahrenshoop. Die Küstenlandschaft ist oft Ausgangspunkt der Kompositionen und Motive. Die Themen führen darüber hinaus: Individuum und Gesellschaft werden mit malerischen Mitteln reflektiert. In der Abstraktion stehen strenge Geometrien expressiven Farbräumen gegenüber. Die Sammlung von 1945 bis heute umfasst u. a. Arbeiten der Künstler und Künstlerinnen: Falko Böttcher, Joachim Böttcher, Manfred Böttcher, Hans Brass, Christine Ebersbach, Wolfram Ebersbach, Hubertus Giebe, Hermann Glöckner, Bernhard Heisig, Sabine Hermann, Joachim John, Peter Keler, Edmund Kesting, Max Kiesow, Hans Kinder, Ruth Klatte, Ulrich Knispel, Siegfried Korth, Juro Kubicek, Wolfgang Leber, Walter Libuda, Wolfgang Mattheuer, Harald Metzkes, Michael Morgner, Stefan Plenkers, Hanns Schimansky, Christian Thoelke, Hans Ticha, Max Uhlig, Horst Zickelbein, Doris Ziegler, Manfred Zoller. ☞ Kunstmuseum Ahrenshoop Mo–So 11–18 Uhr, ab November Di–So 10–17 Uhr Weg zum hohen Ufer 36, 18347 Ahrenshoop T + 49 (0) 38220 66790 www.kunstmuseum-ahrenshoop.de

Carla Sozzani, frühere Chefredakteurin der italienischen Elle und Vogue, hat über viele Jahre Fotografien gesammelt – und seit 1990 in ihrer Mailänder Galerie in enger Verbindung mit zahlreichen renommierten Fotografen auch ausgestellt, u. a. viermal Helmut Newton: „Ritratti di donna“ (1993), „Impressions, Polaroids“ (1996), „Us and Them“ (1999), zusammen mit Alice Springs, und „Yellow Press“ (2003). Die persönliche Freundschaft zwischen Sozzani und Newton mündet nun in der Präsentation der vielschichtigen Sozzani-Sammlung […]: „Between Art & Fashion“ wird nach Stationen in Paris und der Schweiz in neuer Zusammenstellung erstmals in Deutschland gezeigt und hält neben zahlreichen Bildikonen einige Überraschungen bereit. Thematisch auf den aktuellen Ausstellungsort abgestimmt, werden manche Fotografen mit nur einer Arbeit präsentiert, andere mit einem kleinen Konvolut. In June’s Room sind anlässlich des 95. Geburtstages von June Newton alias Alice Springs knapp 30 teilweise noch nie gezeigte Porträts aus dem Stiftungsbestand zu sehen. ☞ Helmut Newton Stiftung Museum für Fotografie Di/Mi/Fr–So 11–19 Uhr, Do 11–20 Uhr Jebensstraße 2, 10623 Berlin T + 49 (0) 30 318 648 56 www.helmutnewton.com

Der Bulgare Christo Javacheff (* 1935) und seine französische Frau Jeanne-Claude (1935–2009) waren zweifellos eines der bemerkenswertesten Künstlerpaare des 20. Jahrhunderts. Fast 50 Jahre schufen sie an exponierten öffentlichen Orten – wie etwa dem Pont Neuf in Paris, dem Berliner Reichstag, Reisfeldern in Japan, Bergketten und Valleys in Kalifornien oder einem ganzen Streifen australischer Küste – überwältigend schöne temporäre Projekte, die unsere Vorstellungen darüber, was Kunst sein kann, erweitert haben. Mit mittlerweile rund 130 Arbeiten besitzt die Sammlung Würth eines der größten Konvolute von Christo-Werken weltweit. Im Forum Würth Chur zu sehen ist ein Querschnitt durch 60 Jahre Schaffen des Künstlerpaares. ☞ Forum Würth Chur Mo–So 11–17 Uhr Aspermontstraße 1, CH-7000 Chur T +41 (0) 81 558 05 58 www.forum-wuerth.ch/chur

Ausstellungsansicht im Forum Würth Chur

Erwin Blumenfeld, „Le Décolleté“, Walter Libuda (*1950), „Deckenläufer I“, 1985, ÖL auf Leinwand,

Victoria von Hagen, New York 1952

168 x 128 cm, Kunstmuseum Ahrenshoop, Dauerleihgabe

© The Estate of Erwin Blumenfeld

der BA Metall Rostock GmbH, © VG Bild-Kunst, Bonn 2018


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Durbach

Eberdingen

Emden

Das Lied der Dinge. Stillleben im Wandel der Kunst bis 4.11.2018 Museum für Aktuelle Kunst – Sammlung Hurrle Durbac

Enrico Bach, Franziska Holstein. Ayan Farah. bis 21.12.2018 KUNSTWERK – Sammlung Klein

AUFERSTEHUNGEN Künstler nach dem Großen Krieg. Grosz, Dix, Pechstein und andere bis 16.9.2018 Kunsthalle Emden

Heinrich Hoerle, „Birnen“, 1930, Öl auf festem Halbkarton,

Enrico Bach, „PSGE“, 2017, Öl auf Leinwand, 280 x 210 cm

57 x 44,6 cm, © Künstler und Rechtsnachfolger

© Enrico Bach, Foto: Franz Wamhof

In jedem Sommer präsentiert die Kunsthalle Emden eine umfangreiche Auswahl aus der eigenen Sammlung. In diesem Jahr ist diese als eigene Ausstellung unter dem Titel „Auferstehungen“ konzipiert. Das Thema erschließt sich mit Blick auf den Kalender: das Ende des Ersten Weltkriegs 1918 jährt sich im November zum einhundertsten Mal. Die Konfrontation mit der brutalen Wirklichkeit des Krieges hatte auch die Künstler vieler Illusionen beraubt. Nun hieß es, sich neu zu besinnen und zu orientieren. Die Ausstellung thematisiert, wie Künstlerinnen und Künstler sich aus ihrer ganz persönlichen Erfahrung heraus mit den gesellschaft­ lichen Verwerfungen dieser Zeit auseinandersetzten: von der Verarbeitung von Traumata und Versehrtheit über die Flucht in Natur und Privatleben bis zur Entwicklung neuer Utopien. Zu sehen sind Werke der Klassischen Moderne vorwiegend aus der Sammlung der Kunsthalle von u. a. Corinth, Dix, Goetz, Grosz, Heckel, Hofer, Mueller, Pechstein, Scharl, Schmidt-Rottluff, Wiegers. ☞ Kunsthalle Emden Di–Fr 10–17 Uhr, Sa/So/feiertags 11–17 Uhr, 1. Di/Monat 10–21 Uhr Hinter dem Rahmen 13, 26721 Emden T +49 (0) 4921 975050 www.kunsthalle-emden.de

Hermann Max Pechstein, „Schilfbruch“, 1921, Öl/Leinwand © Pechstein Hamburg / Tökendorf

A R T M A P P   S O M M E R 2 018 — T E R M I N E F Ü R E N T D E C K E R

Mit einem kurzen Blick zurück auf die Malerei der frühen Neuzeit, widmet sich die Ausstellung schwerpunktmäßig dem Fortleben des Stilllebens in der Kunst des 20. Jahrhunderts bis heute. Dabei wird der Vielfalt des Sujets und seiner Symbolik Rechnung getragen: vom althergebrachten Blumenstillleben über Früchtearrangements hin zu Vanitas-Motiven mit Skeletten und Totenköpfen, Schlacht- und Jagdbeutemotiven und Interieurs, von Lovis Corinth bis Markus Lüpertz, von Georges Braque über Jean Fautrier bis Michael Triegel. Noch heute weisen Stillleben oft symbolisch über sich hinaus, denn in den Dingen spiegeln sich der Mensch und seine Lebensrealität in allen Facetten der Freude wie auch der Armseligkeit. So bietet die Ausstellung mit der Gegenüberstellung unterschiedlicher Stilrichtungen und einer Vielzahl von Künstlern einen spannenden Parcours durch die vielfältige Welt der Dinge und ihrer Symbolik, der sich als überaus aktuell erweist. ☞ Museum für Aktuelle Kunst – Sammlung Hurrle Durbach Mi–Fr 14–18 Uhr, Sa/So/feiertags 11–18 Uhr Vier Jahreszeiten, Almstraße 49, 77770 Durbach www.museum-hurrle.de

Drei Namen. Dreimal abstrakte Malerei aus der Sammlung Klein. Enrico Bach entwickelt in seinen Gemälden komplexe Bildkonstruktionen, in denen sich die widersprüchlichen Aspekte von Fläche und Raum verbinden. Gestaffelte Farbflächen sowie Raum- und Lichtwerte des Kolorits verdichten das bildräumliche Geschehen. Franziska Holstein legt in ihren Arbeitsprozessen den Handlungsrahmen und Regeln ihres Vorgehens fest. Das mehrfache Bearbeiten zeichnet sich im Materialrelief ihrer Gemälde ab oder in Arbeiten, die formale Aspekte älterer Werke transformieren. Nicht zuletzt äußert sich ihr systematisches Handeln in zwei- und dreidimensionalen Farbfeld-Installationen. Ayan Farah unterlegt ihrer künstlerischen Konzeption den eigenen biografischen Weg. Die somalisch-britische Künstlerin verwendet weltweit gesammelte Mineralien und Pflanzenstoffe, mit denen sie teils historische Tücher färbt. Sie greift alte afrikanische Techniken auf und verbindet sie mit der westlichen Tradition abstrakter Kunst. ☞ KUNSTWERK – Sammlung Klein Mi–Fr/So 11–17 Uhr Siemensstraße 40, 71735 Eberdingen-Nussdorf T +49 (0) 7042 3769566 www.sammlung-klein.de


SAKULOWSKI

WELTBILD 7. Juli bis 21. Oktober 2018

PANORAMA MUSEUM Am Schlachtberg 9 06567 Bad Frankenhausen Tel.: 034671 / 6190 www.panorama-museum.de Di bis So 10 - 18 Uhr

Stephan Balkenhol, Pirat, 1998, Wawaholz, farbig gefasst, 180 x 44,5 x 34,5 cm. © VG Bild-Kunst, Bonn 2018, Foto: Fred Dott

Christus J, 2013, Graphit, 50 x 52,3 cm

Stephan Balkenhol

9. Juni bis 16. September 2018 Kunsthalle Emden parallel: nGen aUFeRStehU aus e rk we Meister der Sammlung Info +49 (0) 49 21 97 50-50 kunsthalle@kunsthalle-emden.de www.kunsthalle-emden.de Hinter dem Rahmen 13, D-26721 Emden Audioguide deutsch/nederlands Führungen · Museumsshop Cafe Henri‘s · Malschule Raumvermietung

Die Kunsthalle Die Kunsthalle Die wird Kunsthalle gefördert wird gefördert wirdvon gefördert von von

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Öffnungszeiten Di bis Fr 10 bis 17 Uhr, Sa, So/Feiertage 11 bis 17 Uhr, Mo geschlossen jeder erste Di/Monat 10 bis 21 Uhr

Die Ausstellung Die Ausstellung Die Ausstellung wird gefördert wird gefördert wirdvon gefördert von von

Kulturpartner Kulturpartner Kulturpartner

22.06.18 17:08


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Frankfur t am M ain

Frankfur t am M ain

Hanau

MUSE|UMS|UFER|FEST 2018 24. – 26.8.2018 Kulturelle Vielfalt in der ganzen Stadt

Marc Peschke: THE CUBES Fotoobjekte von Marc Peschke im Parkhaus WK 16 in Frankfurt am Main bis 4.8.2018 Ausstellungsraum Parkhaus WK 16

Zur rechten Zeit am rechten Ort. Tabea Reulecke – Stadtgoldschmiedin 2017 9.8. – 18.10.2018 Deutsches Goldschmiedehaus Hanau

In den Fotoobjekten der Serie THE CUBES geht es um Abstraktion, Transformation und Verschlüsselung des Vorgefundenen. Die sechseckigen, gefrästen Arbeiten – deren raumgreifender Illusionismus erstaunt – lassen das Publikum zu Zeugen eines inhaltlich komplexen Spiels werden. Unter anderem thematisiert die Serie die Transformationen in unseren Städten: Plakatabrisse, Architekturdetails und Blicke in Leerstände sind wiederkehrende Sujets dieser Fotoobjekte. Marc Peschke: „Ich will in ‚The Cubes‘ keine perfekte Illusion eines neuen Raumes schaffen, mag es aber sehr, das Auge des Betrachters zu überraschen. Das Finden einer ungesehenen Bildsprache ist für mich ein entscheidendes Qualitätsmerkmal von Kunst. Ich will Bilder schaffen, die neu sind, packend – die etwas von der Welt erzählen, in der wir leben. Von den Veränderungen. Von dem, was sich auflöst. Von dem, was wir täglich verlieren.“ Marc Peschke lebt und arbeitet als Galerist, Kulturjournalist, Künstler und Kurator in Wertheim am Main und Hamburg. ☞ Ausstellungsraum Parkhaus WK 16 Galerie und Bar: Sa ab 20 Uhr und nach Ankündigung Walter-Kolb-Straße 16, 60594 Frankfurt www.parkhaus-wk-16.de

Seit 2017 ist die 1981 in Berlin geborene, international bekannte Nachwuchskünstlerin Tabea Reulecke die 7. Hanauer Stadtgoldschmiedin. Ihren Master of Fine Arts machte sie an der Universität Trier, Department Gemstone and Jewelry, Idar-Oberstein. In Hanau erhielt sie die Möglichkeit, für einige Wochen an der dortigen Staatlichen Zeichenakademie zu arbeiten. Zusätzlich gab sie ihr Wissen in einem Workshop an die Akademie-Schüler weiter. Ihre Zeit an der Zeichenakademie war inspiriert durch die Märchen der Brüder Grimm. Entstanden sind eigenwillige Kreaturen aus geätztem Kupfer – ­t echnisch raffinierte Kleinodien. Der Titel der Schau geht auf das bewegte Leben von Tabea Reulecke ein. In den letzten 16 Jahren hat sie in 18 unterschiedlichen Werkstätten, die auf der ganzen Welt verstreut sind, gearbeitet. An diesen Orten entstanden immer neue Kollektionen von Schmuckstücken, Sammlungen und Objekten. Sie waren geprägt durch spezielle Thematiken und Herstellungstechniken, die sich in den Objekten der Ausstellung widerspiegeln. ☞ Deutsches Goldschmiedehaus Hanau Di–So 11–17 Uhr Altstädter Markt 6, 63450 Hanau T +49 (0) 6181 256556 www.goldschmiedehaus.com

Marc Peschke, „Partido“, 2016, Auflage 15, verschiedene Formate, aus der Serie THE CUBES

© IHK Frankfurt am Main, Foto: Holger Ullmann

Tabea Reulecke, „Objekt aus geätztem Kupfer“, 2017, Foto: Tabea Reulecke

A R T M A P P   S O M M E R 2 018 — T E R M I N E F Ü R E N T D E C K E R

Das Museumsufer Frankfurt zählt zu den wichtigsten internationalen Museumsstandorten. Avantgarde und alte Meister, spektakuläre Ausstellungen, eine reiche Stadtgeschichte, Goethe und seine kreativen Erben, Weltkultur und Finanzkultur, Design und Prähistorie – in diesem kulturellen Spannungsfeld bewegt sich Frankfurt am Main und sein in Europa einzigartiges Bauensemble aus 34 herausragenden Häusern. In nächster Nähe zum Fluss, zu Schirn Kunsthalle, Fotografie Forum, Frankfurter Kunstverein und MMK Museum für Moderne Kunst wurde 2017 im Herzen der Stadt am Römerberg der Neubau des Historischen Museums feierlich eröffnet. Frankfurt ist zudem für seine attraktiven Kultur-­ Events bekannt. Neben der Nacht der Museen im Frühjahr ist vor allem das Museumsuferfest im Sommer ein Highlight: Bei einem der größten europäischen Kulturfestivals verwandeln sich am letzten Wochenende im August (24. – 26.8.2018) beide Mainufer in eine Partymeile. ☞ www.museumsuferfest.de www.museumsufer-frankfurt.de


Abb.: Lars Theuerkauff | Passion 1 | 2018 | Öl auf Leinwand| 200 x 150 cm

29. Juni – 18. August 2018: ELLEN MÄDER-GUTZ / GABI STREILE / JOSEPH KERSCHER Skulpturen - Zeichnungen - Malerei - Fotografie 31. August – 13. Oktober 2018: MICHAEL RAMSAUER / LARS THEUERKAUFF Malerei 19. Oktober – 1. Dezember 2018: SAM GRIGORIAN / ANDREAS THEURER Decollagen - Skulpturen - Reliefs

D-10969 Berlin • Hedemannstr. 14

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Hannover

Heilbronn

Kossow

21. ZINNOBER 1. und 2.9.2018 Kunst-Saisonauftakt in Hannover

„Halb Frau, halb Künstlerin …“ Käte Schaller-Härlin und Mathilde Vollmoeller-Purrmann bis 21.10.2018 Kunsthalle Vogelmann

Tanja Zimmermann Warum die Bäume in den Himmel wachsen bis 31.8.2018 Galerie/Künstlerarchiv Johannes Müller

Die Lebensläufe von Mathilde Vollmoeller-Purrmann (1876–1943) und Käte Schaller-Härlin (1877–1973) sind typisch für die Zeit um 1900, als es für Frauen ein Wagnis war, Künstlerin zu werden. Mathilde Vollmoeller, Tochter einer vermögenden Stuttgarter Fabrikantenfamilie, nimmt 1897 ihr Malereistudium in Berlin auf und siedelt 1906 nach Paris über, wo sie sich künstlerisch rasch durchsetzt. Nach ihrer Heirat mit dem Maler Hans Purrmann und der Geburt der drei Kinder bleibt keine Zeit mehr für die Ölmalerei. Gemeinsame Reisen nimmt sie zum Anlass für Landschaftsstudien in Aquarell. Die Auseinandersetzung mit der Moderne beginnt für Käte Härlin 1909 bei Adolf Hölzel in Stuttgart und setzt sich 1909 und 1910 in Paris mit Cézanne fort. Nach dem frühen Tod ihres Mannes Dr. Hans Otto Schaller (1883–1917), tätig für das Kunsthaus Schaller in Stuttgart, sorgt sie mit Porträtaufträgen für sich und ihre Tochter. Die Ausstellung entsteht in Zusammenarbeit mit dem Hans Purrmann-Haus, Speyer und der Schaller-Härlin-Biografin Dr. Carla Heussler. ☞ Kunsthalle Vogelmann Di/Mi/Fr–So/feiertags 11–17 Uhr, Do 11–19 Uhr Allee 28, 74072 Heilbronn T +49 (0) 7131 56 4420 www.museen-heilbronn.de

Doreen, die Ehefrau, und Georg Müller, der Sohn, haben in Kossow in der Nähe von Rostock für den Künstler Johannes Müller (1935–2012) in einem modernen Atelierneubau ein Künstlerarchiv erschaffen und organisieren dort ein anspruchsvolles Ausstellungsprogramm mit Arbeiten aus dem Nachlass und Gastkünstlern. Für die Sommerausstellung 2018 wurde Tanja Zimmermann gewonnen. Die Künstlerin ist in Rostock aufgewachsen, hat in Dresden bei Gerhard Kettner und Johannes Heisig studiert und lebt und arbeitet heute in der Nähe von Wismar. In ihrer Ausstellung mit dem Titel „Warum die Bäume in den Himmel wachsen“ zeigt sie Leinwände mit dreidimensionalen Collagen-Aufbauten und Siebdrucke, die während eines Stipendienaufenthaltes in den USA entstanden sind. Ihre, an eine fruchtbar wuchernde Botanik erinnernden, abstrakten Bildformationen berühren die Seele. Die Schichtungen lassen Raum und Zeit vergessen. ☞ Galerie/Künstlerarchiv Johannes Müller Mi–Fr 16–18 Uhr, Sa/So 10–18 Uhr und n. V. Kossower Straße 3, 18299 Kossow T +49 (0) 38459 30605 www.galerie-kuenstlerarchiv.de

Tanja Zimmermann, „Flowers on a Sixpack“, 2017, Siebdruck, 70 x 45 cm, Foto: Thomas Häntzschel/nordlicht Käte Schaller-Härlin, Selbstporträt vor der Staf felei, 1923, Staatsgalerie Stuttgart, © bpk / Staatsgalerie Stuttgart

A R T M A P P   S O M M E R 2 018 — T E R M I N E F Ü R E N T D E C K E R

ZINNOBER boomt! Verschiedene Genres, alle Altersgruppen, unterschiedliche Nationalitäten – die (Kunst-)Szene in Hannover ist bunter und vielfältiger denn je. Auch dank der Atelier- und Projektraumförderung des Kulturbüros, die junge Künstler und Künstlerinnen darin unterstützt, sich in Hannover niederzulassen. Am ersten Septemberwochenende zeigen die rund 300 Künstler und Künstlerinnen von 57 Galerien, Ateliers, Projekträumen und Kunstvereinen beim 21. ZINNOBER diesen Reichtum. Jeweils von 11 bis 18 Uhr steht dann die Kunst im Mittelpunkt – zum Anschauen und Kaufen. Angereichert ist das ZINNOBER-Programm mit Performances, Live-Musik, Lesungen, Künstler- und Künstlerinnengesprächen, Künstlerfesten und anderen Aktionen. Zum Auftakt gibt es am Donnerstagabend ein Sommerfest mit Podium im Künstlerhaus. ☞ Veranstalter/Information/Programm Kulturbüro der Landeshauptstadt Hannover Landschaftstraße 7, 30159 Hannover T +49 (0) 511 168 45245 www.zinnober-hannover.de


blick kontakt

Gesichter einer Sammlung 28/07– 04/11/2018 Städtische Galerie Karlsruhe Lorenzstraße 27 76135 Karlsruhe www.staedtische-galerie.de

schnittstelle Cut-out trifft Schattenriss 6|7 – 4 |1 1 |1 8

Abb.: Heike Weber, Scrub (Detail), 2018, Scherenschnitt, doppellagig, Acryl auf Papier, Tonpapier, 275 x 470 cm; © VG Bild-Kunst, Bonn 2018; Foto: Victor Dahmen

Energie und Wasser

Stiftung Erlebnis Kunst

Hochstadenring 36 • 53119 Bonn Fon 0228 65 55 31 www.august-macke-haus.de Di / Mi / Fr – So 11–17 Uhr Do 13–21 Uhr • Mo geschlossen

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15.06.2018 17:56:25 Uhr

Neue Einblicke in die Sammlung Würth

www.kunst.wuerth.com

Kunsthalle Würth, Schwäbisch Hall 23. 4.2018–17.3.2019 Täglich 10–18 Uhr Eintritt frei

Marc Quinn, The Eye of History (Atlantic Perspective), 2011, Sammlung Würth, Inv. 15686 Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog im Swiridoff Verlag. Alle Aktivitäten der Kunsthalle Würth sind Projekte der Adolf Würth GmbH & Co. KG.

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Leipzig

Oberhausen

Of fenburg

Den ganzen Tag am Strand Edgar Leciejewski / Oskar Rink bis 23.9.2018 G2 Kunsthalle

DIE GESTE Kunst zwischen Jubel, Dank und Nachdenklichkeit Meisterwerke aus der Sammlung Peter und Irene Ludwig von der Antike über Albrecht Dürer bis Roy Lichtenstein 23.9.2018 – 13.1.2019 LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen

Carolin Jörg. Zeichnung bis 7.10.2018 Städtische Galerie Offenburg

Die LUDWIGGALERIE feiert ihr 20-jähriges Jubiläum mit einer großen Themenausstellung. Dass die Kunst zu allen Zeiten und in allen Kulturen die Geste als eines der wichtigsten Ausdrucksmittel ansah, wusste schon Leonardo da Vinci: Die Kunst sei eine „stumme“ Dichtung. Gesichtsausdruck, Körperhaltung und Gesten ersetzen die Worte, die nonverbale Kommunikation ist zentral für das grundsätzliche Miteinander. Gesten sind das allgemeine ­V erständigungsmittel, auch und gerade über Sprachgrenzen hinaus. Die namensgebenden Sammler der LUDWIGGALERIE, Peter und Irene Ludwig, haben in ihrer umfassenden Kunstkollektion Werke von der Antike bis zu aktuellen Kunstpositionen, von präkolumbianischer Kunst bis zum europäischen Mittelalter zusammen­ getragen. Seit der Neueröffnung der ehemals Städtischen Galerie als Ausstellungshaus unter dem Qualitätssiegel LUDWIGGALERIE wurden immer wieder große Ausstellungen aus den Beständen gezeigt. Die Geste des Dankes ist hier sicherlich angemessen, aber auch die Spannung zwischen Jubel und Nachdenklichkeit. ☞ LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen Di–So 11–18 Uhr Konrad-Adenauer-Allee 46, 46049 Oberhausen T +49 (0) 208 41249 28 www.ludwiggalerie.de

Die in Augsburg tätige Künstlerin Carolin Jörg lotet das Potential der Gattung Zeichnung auf vielfältige Art und Weise aus: Befeuert von den Gesten ihrer zarten Tuschezeichnungen verästeln sich Collagen, entspannen sich Stickbilder, verdichten sich Papierskulpturen und füllen sich Wände in enzyklopädischer Hängung. „Jedes fertige Blatt ist das Ergebnis eines Abwägens: abwägen zwischen Fläche und Format, abwägen zwischen mehr oder weniger komplexen Formen. Wie viel Zeichnung darf es gleichzeitig sein, damit es diese Leichtigkeit behält? Denn die Zeichnung soll im Fluss wachsen, aus einer Geste heraus.“ Carolin Jörg zeigt in Offenburg nicht nur klassische Arbeiten auf Papier, sondern auch Wandinstallationen, plastische Gebilde und ein experimentelles Media-Projekt im Spannungsraum zwischen Zeichnung und Animation. Dank einer eigens für diese Ausstellung konzipierten App, entdecken die Besucher eine zuvor nicht sichtbare Welt. ☞ Städtische Galerie Offenburg Di–Fr 13–17 Uhr, Sa/So/feiertags 11–13 Uhr Amand-Goegg-Str.2, Kulturforum, 77654 Offenburg T +49 (0) 781 82 20 40 www.galerie-offenburg.de

Edgar Leciejewski, „WAND 08.09.2008 (PERSPEK TIVE)“, Tript ychon, Farbfotografie auf AluDibond, Museumsglas, Holz, je 60 x 60 cm, Auflage 1 a.p. / 5 + 1 a.p. © Edgar Leciejewski / VG Bild-Kunst, Bonn 2018 Carolin Jörg, Globuli groß, 2017

Roy Lichtenstein, Finger Pointing, 1973 © Estate of Roy Lichtenstein / VG Bild-Kunst, Bonn 2018

A R T M A P P   S O M M E R 2 018 — T E R M I N E F Ü R E N T D E C K E R

Die Ausstellung von Edgar Leciejewski und Oskar Rink stellt das Atelier als Ort der Kunstproduktion in den Fokus. Beide Künstler gewähren Zugang in ihre Räume der seelischen Verortung, in ihr Terrain der Freiheit und Selbstverwirklichung, jenseits von Effizienz und Produktivität. Edgar Leciejewski, geb. 1977 in Berlin, zeigt Fotografien von 2008 bis heute, die Arbeitssituationen aus seinem Leipziger Atelier dokumentieren. Mit seinen Wandbildern reflektiert er den Prozess der Entstehung neuer Kunstwerke. Er schafft einen zeitversetzten Reflexionsrahmen für seine Arbeit. Für die 1980 in Leipzig geborene Künstlerin Oskar Rink, werden im Atelier auch familiäre Prägungen auf die Probe gestellt. Konzentrierte sie sich bisher auf abstrakte Formen und Linien, verstärkt sich nun Körper und Räumlichkeit. In Malerei und in Papierarbeiten kombiniert sie lineare Konstruktionen mit Collagen. Dieser Polarität wohnt eine Spannung inne, die in der Gemeinsamkeit des Experimentierens ihren Ausdruck findet. ☞ G2 Kunsthalle Mi 15–20 Uhr, Offener Mittwoch, alle anderen Termine auf der Webseite Dittrichring 13, 04109 Leipzig www.g2-leipzig.de


Design now! » MaterialGestalten Ausstellung: noch bis zum 13. Juli 2018 montags bis freitags (an Werktagen) geöffnet von 10:00 bis 18:00 Uhr Der Eintritt ist frei. EnBW Energie Baden-Württemberg AG Schelmenwasenstr. 15 70567 Stuttgart


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Pforzheim

Schwäbisch Gmünd

Ost trifft West — exquisite Kostbarkeiten des Art déco Die Sammlung von Prinz und Prinzessin Sadruddin Aga Khan bis 6.1.2019 Schmuckmuseum Pforzheim

Gerda Bier. Figur und Gehäus – vom Gedächtnis der Dinge bis 26. August 2018 Galerie im Prediger Schwäbisch Gmünd

Die gegenseitige Faszination zwischen Orient und Okzident hat seit der Antike immer neue Kunstformen hervorgebracht. Exotische Ornamentik von persischen Miniaturen oder japanischen Drucken, aus China und dem Nahen Osten ließen sich trefflich mit dem Wunsch nach dekorativem und außergewöhnlichem Luxus in der Zeit des Art déco verbinden. Ebenso waren die 1920er-Jahre durch techno­ logischen Fortschritt und rasante Veränderungen in der Gesellschaft gekennzeichnet. Beides spiegelte sich in der (Schmuck-)Kunst jener Zeit wider, indem überbordende Motive und Farbigkeit in klare Formen und kühle Materialien gebracht wurden. Die Nécessaires, Zigarettenetuis und Uhren der Sammlung des Prinzen und der Prinzessin Sadruddin Aga Khan sind herausragende Zeugnisse davon, Glanzstücke der renommiertesten Pariser Juweliere. Im Schmuckmuseum Pforzheim ist die Sammlung erstmals vollzählig in Europa zu sehen. ☞ Schmuckmuseum Pforzheim Di–So/feiertags 10–17 Uhr Jahnstraße 42, 75173 Pforzheim T +49 (0) 7231 39 2126 www.schmuckmuseum.de

Gerda Bier, geboren 1943 und Trägerin des Erich-Heckel-Preises, gehört zu den herausragenden Künstlerpersönlichkeiten Süddeutschlands. In nunmehr fast 50 Jahren künstlerischer Arbeit ist ein in sich schlüssiges Œuvre entstanden, das große Eindringlichkeit, Ernsthaftigkeit und Relevanz kennzeichnet sowie einen zutiefst humanistischen Ansatz: das vermitteln 40 ausgewählte Werke aus 40 Schaffensjahren. Charakteristisch für Gerda Biers Schaffen sind figurative Skulpturen, Boden- und Wandobjekte sowie Materialcollagen. Alle Werkgruppen basieren auf der Arbeit mit Fundstücken und alltäglichen Gegen­ ständen, die deutliche Zeit- und Gebrauchsspuren in sich tragen: alte, rissige und schrundige Bretter, Eisen mit Rost, Holzkohle, trübes Glas oder deformiertes Blech. Die Stücke werden zusammengefügt, ergänzt, verschweißt, verklammert, verdübelt und in die von der Künstlerin gewollte Form gebracht. Die eigengeschichtlichen Qualitäten der Materialien machen die Objekte ebenso rätselhaft wie authentisch. ☞ Museum im Prediger Di/Mi/Fr 14–17 Uhr, Do 14–19 Uhr, Sa/So/feiertags 11–17 Uhr Johannisplatz 3, 73525 Schwäbisch Gmünd T +49 (0) 7171 603 4130 www.museum-galerie-fabrik.de

betrachten genießen entspannen Museum Stangenberg Merck i m H aus aufde r H öh e H el e ne -C h ri stal l e r-W e g 13 64 3 4 2 Se e h e i m -Juge nh e i m Te l .0625 7 - 90 5 3 61 w w w .m use um -juge nh e i m .de face bo o k: M use um Stange nbe rg M e rck

„Panther“-Schminketui, Email, Rubine, Perlmutt, Türkis, Onyx, Diamanten, Cartier, Paris, 1925 Gerda Bier, Türrelikt, 1997, Holz, Eisen, 100 x 48 cm, Foto: Frank Kleinbach

A R T M A P P   S O M M E R 2 018 — T E R M I N E F Ü R E N T D E C K E R

geöffnet: Mi - Fr: 15 - 19 Uhr Sa / So / FT: 11 - 18 Uhr


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Seewen

Stuttgart

Thun

Klingendes Gold – Traumhafte Meisterwerke aus der Sammlung des Museums für Musikautomaten bis 31.1.2019 Museum für Musikautomaten

Roter Faden – Schwarz bis 31.8.2018 Galerie Klaus Braun

Wir feiern 70 Jahre. Mit alten und neuen Bekanntschaften aus der Sammlung 8.8. – 18.11.2018 Kunstmuseum Thun

Vom Fingerring mit Musikwerk über Schmuck- und Schnupftabakdosen, Anhänger in vielfältigen Formen bis hin zu Taschenuhr, Vogelkäfig, Prunkvase oder Tempelautomat – all diese traumhaften Meisterwerke der Uhrmacher-, Goldschmiede- und Automatenkunst werden im Rahmen der neuen Sonderausstellung vorgestellt. Im Verlauf des 18. Jahrhunderts entwickelt man Miniaturversionen von Glockenspiel und Vogelautomat. Die Erfindung von Musikwerken mit klingenden Stahllamellen durch den Genfer Uhrmacher Antoine Favre-Salomon erweitert ab 1796 die Möglichkeiten der Uhrmacher und Automatenbauer zusätzlich. Taschenuhren, Accessoires und Schmucksachen in exquisiter Ausführung sind eine Genfer Spezialität. In diese Bijoux de Genève fügte man Miniatur­ musikwerke nach Favres Prinzip ein, was deren Attraktivität und Exklusivität nochmals steigerte. ☞ Museum für Musikautomaten Di–So 11–18 Uhr Bollhübel 1, CH-4206 Seewen T +41 (0) 58 466 78 80 www.musikautomaten.ch

Die Ausstellung „Roter Faden – Schwarz“ zeigt einige herausragende Positionen zeitgenössischer Malerei, denen Schwarz (Farbe? – Farbmasse) gemeinsam ist. Zusammenfassend kann man den Künstlern die Adjektive „konzeptuell-konkret-konstruktiv“ beigeben, wobei sich die Positionen sehr voneinander unterscheiden. Ein markanter Unterschied besteht zum Beispiel im Verhältnis des jeweiligen Werks zum Umfeld, also zum Realraum, in dem es seinen Platz findet. Ist das Kunstwerk in sich geschlossen, also „Werk“, oder ist es offen und kann somit als Teil der Architektur betrachtet werden? Natürlich lassen sich die Gesamtwerke der einzelnen Künstler nicht auf die hier ausgestellte Farbauswahl beschränken, sondern haben ein viel breiteres Farbspektrum. Die teilnehmenden Maler Pino Pinelli, Diet Sayler, José Heerkens, Alan Ebnother, Ivo Ringe, Gert Riel, Donald Martiny, Edgar Diehl, Rolf Rose Richard Schur und Matthias Lutzeyer greifen zu unterschiedlichen Farben und eben auch immer wieder zu Schwarz. ☞ Galerie Klaus Braun Di–Fr 14–19 Uhr, Sa 11–16 Uhr nur nach Vereinbarung Charlottenstraße 14, 5. OG, 70182 Stuttgart T +49 (0) 711 6405989 www.galerie-klaus-braun.de

Mit einer umfassenden Ausstellung feiert das Kunstmuseum Thun das 70-jährige Jubiläum. Dabei werden Beziehungsnetzwerke, Verflechtungen sowie Freundschaften rund um das Kunstmuseum Thun und seine Sammlung aufgegriffen. Gerade die breite Palette an Thuner Künstlerinnen und Künstler verleiht der Sammlung ihren einzigartigen Charakter und macht sie zum visuellen Gedächtnis der Region. Um eine möglichst große Spannbreite aufzuzeigen wird der Anlass des Jubiläums genutzt, um speziell auch Kunstwerke zu integrieren, die noch nie oder seit geraumer Zeit nicht mehr öffentlich gezeigt wurden. Die Kunstwerke der Sammlung werden im Blickfeld der Jahrzehnte betrachtet, beginnend im Jetzt. Auf der Reise in die Vergangenheit stehen persönliche Geschichten und Anekdoten im Fokus, die auf vielseitige Art erzählt werden. Die Reise in die Vergangenheit bringt auch immer wieder die Beschäftigung der Kunstschaffenden mit der Stadt Thun zum Vorschein. ☞ Kunstmuseum Thun Di–So 11–17 Uhr, Mi 10–19 Uhr Hofstettenstraße 14, CH-3602 Thun T +41 (0) 33 225 84 20 www.kunstmuseumthun.ch

Chantal Michel, „Die Wirklichkeit stellt eine Unwahrscheinlichkeit dar, die eingetreten ist“, 1998/99, Fotografie hinter Plexiglas auf Aludibond, 149 x 149 cm, Kunstmuseum Thun, José Heerkens, „2013-L7.PREDAWN“, 2013, Öl auf Leinwand, Foto: Willem Kuijpers © Galerie Klaus Braun Anhängeuhr mit Musikwerk in Form einer Harfe, Höhe 85 mm, Hersteller unbekannt, vermutlich Genf, um 1805, Foto: Museum für Musikautomaten Seewen SO

Foto: Christian Helmle


Weikersh eim

Wilhelmshaven

Winterthur

11. Skulpturen.Schau! bis 23.9.2018

Übernahme! Venske & Spänle – Bildhauerei bis 30.9.2018 Kunsthalle Wilhelmshaven

Hello, Robot. Design zwischen Mensch und Maschine bis 4.11.2018 Gewerbemuseum Winterthur

Ein Seecontainer aus Übersee strandet unversehens vor Wilhelmshaven – und heraus strömen „Smörfs“, „Helotrophe“ und „Myzoten“, die sogleich die Stadt am Jadebusen übernehmen! Ihre Spur führt in die Kunsthalle – und von dort wieder in die Stadt! Nie wurde erreicht, was Venske & Spänle erahnen lassen: Dass Skulpturen aussehen, sie täten wirklich, wobei wir sie ertappen, und erlitten tatsächlich jene Situationen, in die wir sie verstrickt erleben. Ihre Werke stellen Maßstab und Materialität in Frage und greifen weit über die klassische Skulptur hinaus, wenn das Kunstobjekt als ein „beseeltes Subjekt“ erscheint, das den alltäglichen Verlauf der Welt auf den Kopf stellen kann. (Dr. Jürgen Fitschen) Seit zwanzig Jahren verfolgt das in München lebende Künstlerduo Julia Venske (* 1971) und Gregor Spänle (* 1969) auf allen Kontinenten konsequent das Konzept einer „Skulptur als Eingriff“ in die Wirklichkeit. Glücklicherweise jetzt auch in Wilhelmshaven! ☞ Kunsthalle Wilhelmshaven Di 14–20 Uhr, Mi–So 11–17 Uhr Adalbertstraße 28, 26382 Wilhelmshaven T +49 (0) 4421 41448 www.kunsthalle-wilhelmshaven.de

Ob Lieferdrohnen, intelligente Sensoren oder Industrie 4.0 – seit einigen Jahren hält die Robotik Einzug in unser Leben und verändert unseren Alltag grundlegend. Dabei spielt Design eine zentrale Rolle, denn es sind Designer, die die Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine gestalten. „Hello, Robot“ untersucht den aktuellen Boom der Robotik erstmals eingehend. Sie umfasst mehr als 200 Exponate aus Design und Kunst, darunter finden sich auch Roboter aus dem Wohn- und Pflegebereich, aus der Industrie, aber auch Computerspiele, Medieninstallationen sowie Beispiele aus Film und Literatur. Die große Schau nähert sich dem Roboter in vier Schritten: „Science und Fiction“, „Programmiert auf Arbeit“, „Freund und Helfer“ und „Eins werden“. Sie zeigt, wie vielgestaltig Robotik heute ist und weitet zugleich den Blick für die ethischen, sozialen und politischen Fragen, die damit verbunden sind. ☞ Gewerbemuseum Winterthur Di–So 10–17 Uhr, Do 10–20 Uhr Kirchplatz 14, CH-8400 Winterthur T +41 (0) 52 267 51 36 www.gewerbemuseum.ch

Die 1961 geborene Bielefelder Bildhauerin und Zeichnerin Nina Koch steht in der figürlichen Tradition der „Berliner Bildhauerschule“. Bereits 2005 stellte sie im Sitzungssaal des Rathauses Kleinplastiken, Reliefs und Medaillen aus. 2008 kuratierte sie den künstlerischen Part der ersten Ausstellung Skulpturen. SCHAU. Weikersheim. Nun wird sie die 11. Skulpturen.SCHAU! mit größeren Plastiken im öffentlichen Raum bestücken. Nina Koch ist durch zahlreiche Ausstellungen und Arbeiten im öffentlichen Raum bekannt geworden. Als eines ihrer bedeutendsten Werke gilt das Denkmal für Katharina von Bora, das im Lutherhof in Wittenberg an Luthers Ehefrau erinnert. Großes handwerkliches Können und besondere Ausdruckskraft zeichnen die plastischen und zeichnerischen Arbeiten aus. In Weikersheim stellt Nina Koch einen Querschnitt ihrer figürlichen Arbeiten vor. ☞ Stadt Weikersheim Marktplatz 7, 97990 Weikersheim T +49 (0) 7934 102 25 www.weikersheim.de

Yves Gellie, „Human Version 2.07 Nexi“, 2009 © Yves Gellie, Galerie du jour agnès b, Galerie Baudoin Lebon

Nina Koch, „Die Nacht“, 2010, Foto: Thorsten Schomeier

Venske & Spänle, „Walli“, 2014, Laaser Marmor, poliert, St yropor, 88 x 55 x 60 cm / 200 x 180 x 200 cm

A R T M A P P   S O M M E R 2 018 — T E R M I N E F Ü R E N T D E C K E R

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ARTMAPP erscheint im März, Juli und November mit knapp 200 Seiten und in einer Auflage von 30.000 Exemplaren. Das Magazin wird im Zeitschriftenhandel vertrieben und ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz an allen Bahnhöfen und Flughäfen erhältlich.

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Ob zu Fuß in einer Stadt oder mit dem Auto unterwegs – die App informiert in einem individuell einstellbaren Radius auf dem Smartphone und dem Tablet über mehr als 8.000 Ausstellungsorte im deutschsprachigen Raum. So laufen oder fahren Sie an keinem Museum, an keiner Galerie mehr vorbei! Sie haben die Möglichkeit, Kategorien auszuwählen und nach Museen, Galerien, Auktionshäusern, Buchhandlungen, Kunstmessen oder Empfehlungen zu Hotels, Restaurants und Cafés zu filtern, sich die Ergebnisse in einer Favoritenliste zu ­s peichern oder sie gleich per E-Mail oder Facebook mit ­Freunden zu teilen. im App Store und be i Google Play mobil. ar t mapp. net


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Veranstalter Stiftung Blickachsen gGmbH Magistrat der Stadt Bad Homburg v.d.Höhe Kur- und Kongreß-GmbH Bad Homburg v.d.Höhe Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen

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Unter der Schirmherrschaft des Hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier

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Förderer Blickachsen 9 wird ermöglicht durch die Förderung von Deutsche Leasing AG, Freunde der Blickachsen, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Kulturfonds Frankfurt RheinMain, Stefan Quandt

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18. Ausgabe – 7. Jahrgang – Juli 2018

Bettina Wurche, Jan Zier DRUCK

erscheint im Verlag ARTMAPP GmbH Geschäftsführerin Silvia Brouwer

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Verlag in der Pfizerstraße 11, 70184 Stuttgart

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T +49 (0) 711 161 224 15

KUNST – Buch, Text, Netz

Firmensitz Stuttgart

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VERTRIEB DPV Vertriebsservice GmbH

MITARBEITER DIESER AUSGABE

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Einzelheftversand 10 EUR / 15 EUR (EU und Schweiz)

REDAKTION

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Bettina Götz, b.goetz@artmapp.net

Silvia Brouwer, s.brouwer@artmapp.net

Am 12. November 2018 erscheint die nächste

Pfizerstraße 11, 70184 Stuttgart

Ausgabe ARTMAPP Winter 2018/19.

Weitere Informationen unter www.artmapp.net

AUTOREN DIESER AUSGABE

T +49 (0) 711 161 224 15 ISSN 2195-1594

Kim Behm, Barbara Brubacher, Dr. Chris Gerbing, Bettina Götz, Bülent Gündüz, Alice Henkes,

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Amrei Heyne, Siegmund Kopitzki, Marc Peschke,

Design – Chris Steurer, www.csteurer.com

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Der ARTMAPP-Gesamtauflage liegt die Broschüre „Südtiroler Gasthaus“ des HGV Hoteliers- und Gastwirteverband, I-Bozen, bei. Sollte diese Beilage nicht vorhanden sein oder Sie weitere Exemplare wünschen, wenden Sie sich bitte an: mail@artmapp.net.

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