Highlights
Schweizer Arbeitsmarkt der internationalen Zusammenarbeit
2010 bis heute: die wichtigsten Trends Zehn Jahre sind eine lange Zeit. Ganz besonders trifft dies auf die internationale Zusammenarbeit zu, die einem ständigen Umbruch unterworfen ist. Welche neuen Entwicklungen und Veränderungen haben das letzte Jahrzehnt geprägt? Die folgende Zusammenfassung zeigt die wichtigsten Trends auf. Wachsender Markt, insbesondere in der humanitären Hilfe Der untersuchte Arbeitsmarkt umfasst sämtliche Arbeit, welche grenzüberschreitend auf eine Verbesserung der Lebensbedingungen, insbesondere von Menschen in schwierigen Verhält nissen, abzielt. Den gemeinsamen Nenner der Aktivitäten bilden die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG). Die Zahl der Stellen in der internationalen Zusammenarbeit (IZA) der Schweiz haben seit 2010 um 41% zugenommen. Die Anzahl Beschäf tigter im Teilbereich der humanitären Hilfe (HH) hat sich in dieser Zeit verdoppelt, sodass dieser Bereich heute 70% des Arbeitsmarkts ausmacht. Ebenfalls gewachsen ist der Teilbereich der Entwicklungszusammenarbeit (EZA), wenn auch in geringerem Ausmass.
44 %
ARBEITSMARKT, VERGLEICH ZWISCHEN 2010 UND 2018
1
+41%
Hintergrund 70%
62%
38%
2010
30%
2018
Humanitäre Hilfe Entwicklungs zusammenarbeit
Das Schweizer Kompetenzzentrum der internationalen Zusammenarbeit cinfo und das Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS stellen gemeinsam ein Monitoring des Schweizer Arbeitsmarkts sicher. Dabei wird laufend die Entwicklung sowohl aufseiten der Stellensuchenden als auch der Organisationen untersucht: ▪ Befragung bei den Arbeitgebenden (Bund, Schweizer NGO und internationale NGO mit Sitz in der Schweiz, IKRK, Stiftungen – nicht erfasst werden die Organisationen des internationalen Genf) ▪ Befragung bei Personen, die das Stellenportal cinfoPoste benutzen ▪ Auswertung der auf cinfo Poste veröffentlichten Stellenausschreibungen ▪ Befragung bei Aus- und Weiterbildungsinstitutionen.
29 %
53 %
Hinweis: Die Statistiken beziehen sich ausschliesslich auf Stellen mit unmittelbarem Bezug zur internationalen Zusammenarbeit, nicht aber auf Supportfunktionen wie Kommunikation, Personalwesen oder administrative Aufgaben.
2
Höhere Bildung und einschlägige Erfahrung unerlässlich Motivation und der Wunsch, eine sinnvolle Tätigkeit auszuüben, sind nicht genug, wenn es darum geht, eine Stelle zu finden. Die ausgeschriebenen Stellen setzen meist – 2018 waren es 91% der Stellenangebote – einen Abschluss auf Tertiärstufe (Hochschule, Fachhochschule oder Universität) voraus. Sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite zeichnet sich die internationale Zusammenarbeit durch einen hohen Professionalisierungsgrad aus.
100%
5%
6%
3% 18%
18%
19%
80%
60%
40%
59%
51%
49% 53%
5%
20%
30%
0%
1% 2014
7%
31% 5% 2016
62%
54% Berufsbildung/Matura
8%
Fachhochschule/
31%
7% 17%
9% 2018
5% 2014
7% 7% 9% 4% 2016
16% 4% 2018
höhere Fachschule Bachelor Universität Master/Lizentiat Universität Nachdiplom
Stellensuchende (höchster Abschluss)
offene Stellen (tiefster Abschluss)
Im vergangenen Jahrzehnt wurde ausserdem das Bildungsangebot, das direkt auf die interna tionale Zusammenarbeit ausgerichtet ist, stark erweitert. Heute gibt es 26 derartige Studien programme (an Universitäten und Fachhochschulen) gegenüber lediglich 8 im Jahr 2005. 44% der ausgeschriebenen Stellen setzen nebst einer fachbezogenen Ausbildung auch erste Arbeitserfahrung in der internationalen Zusammenarbeit voraus.
3
Einstiegsmöglichkeiten variieren je nach Organisationstyp 18% der Stellensuchenden auf cinfoPoste, dem Schweizer Portal für Stellen in der inter nationalen Zusammenarbeit, versuchen über ein Praktikum oder eine Einsteigerstelle in den Organisationen Fuss zu fassen. Die Einstiegsmöglichkeiten unterscheiden sich allerdings stark. Relativ gute Chancen bietet die Entwicklungszusammenarbeit, wo 14% der Stellen jungen Menschen ohne nennenswerte Erfahrung offenstehen, während es in der humanitären Hilfe bloss 5% sind. Selbst wenn es zutrifft, dass in der humanitären Hilfe viele Stellen nicht ausgeschrieben werden, lässt sich doch feststellen, dass Stellensuchende ohne Berufserfahrung in diesem Bereich mit grös seren Hürden konfrontiert sind. Generell lässt sich sagen, dass kleine Organisationen mehr Einstiegsmöglichkeiten bieten als grosse. 100%
80%
11% 16%
60%
41% 40%
20%
0%
16%
4% 15%
11% 28%
61%
10% 14%
47% Junior/in oder Praktikant/in
17%
Fachfunktion im Einsatzland
18% 28% 14% grosse EZAOrganisationen
11% 9%
kleine EZAOrganisationen
grosse HHOrganisationen
11%
Führungs-/Koordinationsfunktion im Einsatzland
18%
Fachfunktion am CH-Sitz
kleine HHOrganisationen
Führungsfunktion am CH-Sitz
Stellensuchende, die zu einem Auslandeinsatz bereit sind, erhöhen ihre Chancen, denn rund zwei Drittel der ausgeschriebenen Stellen betreffen Tätigkeiten vor Ort. Der Grossteil der Einsätze erfolgt in der Region Afrika, dicht gefolgt von Einsätzen im asiatischen Raum.
140%
4% 6% 4%
120%
100%
6%
20%
32%
36%
18% 80%
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20%
0%
14%
7%
7% 3%
4% 14%
21%
3%
Europa
48%
Zentralamerika und Karibik
25%
67%
Südamerika
55%
Nordafrika und naher Osten
29%
Zentralasien
29%
Asien (ohne Zentralasien)
kleine HHgrosse EZAkleine EZAgrosse HHOrganisationen Organisationen Organisationen Organisationen
Afrika
Besonders gefragte Profile An welchen beruflichen Kompetenzen sind die in der internationalen Zusammenarbeit tätigen Organisationen besonders interessiert? Die Analyse der Stellenausschreibungen hebt folgendes heraus: Am häufigsten nachgefragt werden Berufsleute in den Fachbereichen «Wirtschaft, Recht, Kaufmännisches», «Sozial- und Geisteswissenschaften, soziale Arbeit» und «Interna tionale Beziehungen, Entwicklungszusammenarbeit». Etwas geringer ist die Nachfrage in den Bereichen «Naturwissenschaften, Ingenieurberufe», «Medizin, Gesundheit» sowie «Agrar- und Forstwirtschaft». Im Grossen und Ganzen halten sich Angebot und Nachfrage die Waage, wobei allerdings der Bedarf an Fachkräften in bestimmten Gebieten (Wirtschaft, Gesundheit, Agro nomie) zurzeit höher ist als die Anzahl Stellensuchende.
Wirtschaft, Recht, Kaufmännisches, allg. Dienstleistungen Sozial- und Geisteswissenschaften, soziale Arbeit
28% 23% 20% 20%
Internationale Beziehungen, EZA
6% 6%
Erziehung, Pädagogik, Bildung
13%
Medizin, Medizinalberufe, Gesundheit
0%
29%
12% 11%
Naturwissenschaften, Ingenieurberufe
Agrar- und Forstwirtschaft
23%
6% 9% 3% 5%
10%
15%
Nachfrageseite (Stellenangebote) Angebotsseite (Stellensuchende)
20%
25%
30%
4
5
Frauen weiterhin untervertreten Zwar bilden die Frauen unter den Stellensuchenden die Mehrheit (rund 60 %), doch bei den effektiv in der internationalen Zusammenarbeit tätigen Personen sieht es anders aus, sind doch nur 44% davon Frauen. Auffallend gering, lediglich 40%, ist der Anteil der Frauen in der humanitären Hilfe, während sie in der Entwicklungszusammenarbeit 53% der Beschäftigten ausmachen. Handelt es sich bei der humanitären Hilfe also um eine Männerdomäne? Die Untervertretung der Frauen dürf te darauf zurückzuführen sein, dass die internationale Zusammenarbeit kaum Möglichkeiten für Teilzeitarbeit (14%) bietet und die Arbeitsbedingungen wenig geeignet sind, die Anforde rungen von Familie und Arbeit miteinander in Einklang zu bringen. Es wird interessant sein zu sehen, wie sich der Frauenanteil in den kommenden Jahren entwickeln wird. Frauenanteil… …in IZA-nahen Studiengängen
63%
…der Stellensuchenden auf cinfoPoste
61% 44%
…im gesamten Arbeitsmarkt der IZA
…im Teilbereich HH
6
Nachfrageseite
53%
…im Teilbereich EZA 0%
Angebotsseite
53%
…in IZA-nahen Nachdiplomstudiengängen
40% 10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
Internationalisierung des Personals Wenn es um besonders gefragte Fachkompetenzen oder schwierig zu besetzende Stellen geht, rekrutieren diverse Schweizer Organisationen tendenziell mehr im Ausland. Der Anteil der in den Organisationen beschäftigten Schweizer/innen sank zwischen 2014 und 2018 von 42% auf 34%, während der Anteil Beschäftigter von ausserhalb der EU von 16% auf 29% anstieg. Zurückzuführen ist diese Internationalisierung weitgehend auf das IKRK, das 2018 nur noch 16% Schweizer/innen beschäftigte, zwei Jahre zuvor waren es noch 21%. Im humanitären Bereich stammen generell nur wenige Beschäftigte aus der Schweiz. Kaum verändert hat sich die Herkunft der Beschäftigten in der Entwicklungszusammenarbeit, während die staatlichen Akteure weiterhin grösstenteils Personen mit Schweizer Nationalität anstellen.
Zehn Jahre nach seiner Ersterscheinung bietet die neuste Ausgabe des Arbeitsmarktberichts erstmals Vergleichsmöglichkeiten von 2010 bis heute. Der Bericht befindet sich auf
www.cinfo.ch/trends
100%
16%
2016 25%
22%
80%
60%
2014 5% 9%
17%
7%
13%
23%
37%
73%
22%
41%
70%
21%
21% EZA NGOs
HH
IZA gesamt Schweiz
27%
EZA
EZA NGOs EU
43% 51%
49%
38%
EZA
37%
70%
42%
IZA gesamt
13%
36%
56%
54%
0%
29%
45% 54%
20%
8% 23%
38%
42%
40%
2018
HH andere
34% 16% IZA gesamt
EZA
EZA NGOs
HH