Leitbild I Kurzporträt Genossenschaft Fontana Passugg
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Pension Seminare
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Bildung und Kultur für Gehörlose, Schwerhörige, Ertaubte, CI-Träger und Hörende
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Genossenschaft
Leitbild KurzportrÄt
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Leitbild I Kurzporträt Genossenschaft Fontana Passugg
Leitbild Die Sicht der Genossenschaft
> Wir bringen Gehörlose, Schwerhörige, Ertaubte, CI-Träger und Hörende einander näher. > Wir leisten einen Beitrag zur Integration von Gehörlosen und Hörbehinderten in die hörende Gemeinschaft. > Ein besonderes Anliegen der Genossenschaft ist es, einen Beitrag zur Erhaltung und Schaffung von sicheren Arbeitsplätzen für Hörbehinderte zu leisten. > Wir wecken bei den Hörenden das Bewusstsein, dass aus der Gehörlosigkeit und den > > > >
verschiedenen Formen der Hörbehinderung den Betroffenen in einer hörenden Umwelt Nachteile erwachsen, die mit geeigneten Massnahmen auszugleichen sind. Wir vermindern das Bildungs- und Informationsdefizit von Gehörlosen und Hörbehinderten. Wir führen die Genossenschaft in gemeinsamer Selbsthilfe von Gehörlosen, Hörbehinderten und Hörenden. Wir pflegen gute Beziehungen zu den regionalen, kantonalen und schweizerischen Institutionen im Gehörlosen- und Schwerhörigenwesen. Wir pflegen den Kontakt zur Öffentlichkeit und bauen den Kreis derjenigen, die sich mit den Zielen und Aktivitäten der Genossenschaft Fontana Passugg identifizieren, aktiv aus.
Die Sicht des Bildungs- und Kulturhauses
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Wir betreiben zur Verwirklichung unserer Ziele ein Bildungs- und Kulturhaus mit angegliederter Pension. Unsere technischen Einrichtungen sind den speziellen Bedürfnissen von Gehörlosen und Hörbehinderten angepasst. Wir bieten Kurse und Freizeitangebote für Gehörlose, Schwerhörige, Ertaubte und CI-Träger an. Wir heissen in einem Teil unserer Kurse auch Hörende willkommen. In diesen Kursen stehen das Zusammentreffen von Hörkulturen, das Verständnis füreinander und der Umgang miteinander im Vordergrund.
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Die Sicht der Pension
> Wir messen einer langfristigen betriebswirtschaftlichen Planung besonderes Gewicht bei. > Wir vermieten die Räume der Pension auch Gästen, die nicht am Bildungs- und Kulturangebot teilnehmen, sofern dies der Bildungsbetrieb zulässt. Wir > vermieten die Räumlichkeiten mit den Seminareinrichtungen auch an externe Kursanbieter und Seminarorganisatoren, sofern dies möglich ist. Die Anforderungen des Bildungs- und Kulturhauses gehen vor. Wir verstehen uns als einfache familienfreundliche Pension mit gut bürgerlicher Küche. Unsere Gäste sollen sich bei uns wohl fühlen, sich erholen und auftanken können. Das Restaurant steht Tagesgästen zur Verfügung.
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KurzportrÄt Am Anfang stand der Wille zur Selbsthilfe Ist es eine Selbstverständlichkeit, dass sich Gehörlose, Schwerhörige und Ertaubte zusammentun, um gemeinsam ein hundertjähriges Haus zu renovieren und es in einen Ort der Bildung und Ruhe zu verwandeln? Nein. Es ist keine Selbstverständlichkeit. Gehörlose sind nicht Schwerhörige, Schwerhörige sind nicht Ertaubte. Kommen heute noch die CI-Träger hinzu. Jede Gruppe hat je ihre eigenen Bedürfnisse, und diese Bedürfnisse sind nicht immer deckungsgleich. Aber die Gruppen haben auch identische Anliegen. Sie wollen kommunizieren können, sie wollen verstehen können und sie wollen akzeptiert sein. Deshalb haben Gehörlose, Schwerhörige und Ertaubte in der Schweiz Anfang der 1990er Jahre getan, was nicht selbstverständlich ist. Sie haben sich miteinander und mit Hörenden in einem Projekt mit einem grossen gemeinsamen Ziel vereinigt. Ein grosses Etappenziel war am 20. Februar 1993 mit der Gründung der Genossenschaft Fontana Passugg erreicht. Den Gehörlosen, verschiedenen Hörbehindertengruppen und Hörenden ging es in diesem Projekt nicht nur um die Renovation eines ihnen vermachten Hauses und dessen Nutzung. Es ging und geht ihnen heute noch um ein Zusammenfinden verschiedener Kulturen und Lebensbedingungen. 10 000 Gehörlose, die in der Gemeinschaft mit anderen Gehörlosen und ihrer Gebärdensprache aufblühen und sich entfalten können; 700 000 Schwerhörige, die dank Geschicklichkeit und Technik mit Hörenden kommunizieren und mithalten können; 3 000 Ertaubte, die nach einem Hörverlust neue Kommunikationsformen von Grund auf erlernen müssen. In Passugg, auf dem Riedwiesli, das zur Gemeinde Malix gehört, entstanden ein Bildungshaus mit vielfältigem Angebot und eine familienfreundliche Pension. Beide Einrichtungen erfreuen sich wachsender Beliebtheit.
«Gehörlose empfinden sich selbst nicht als behindert. Einzig und allein die Grenzen, welche ihnen durch die hörende Gesellschaft gesetzt werden, erleben sie als Behinderung. Informationsmangel, Bildungsdefizite und oft auch Ausgeschlossenheit gehören zu den Auswirkungen.» Jacqueline Füllemann (gehörlos)
In einer hörenden Umwelt erleben die Betroffenen die Gehörlosigkeit und Hörbehinderung als Fesseln. Sie wollen sie sprengen, Fontana Passugg hilft ihnen dabei.
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E i n e P e n s i on u n d ihr e G eschichte Die Pension Fontana oberhalb Passugg stammt aus dem vergangenen Jahrhundert. Der Bauherr des Kur- und Gasthauses, Anton Brüesch, zieht 1897 ein und bewirtschaftet mit seiner Familie den Betrieb. Das Haus ist wie rund ein Dutzend ähnlicher Pensionen und Hotels in Sichtweite zum berühmten Kurhaus Passugg platziert. Zwischen den beiden Weltkriegen floriert der Betrieb, Fontana verfügt gemäss damaligen Werbeschriften über einen eigenen Kurarzt, vorzügliches Quellwasser, elektrisches Licht und ein ‹englisches WC›. Nach dem Tod von Anton Brüesch führt seine Tochter Dorly den Betrieb weiter. Knapp hundert Jahre nach dem Bau der Pension, am 4. Februar 1983, wird das Testament von Dorothea Brüesch eröffnet. Sie bestimmt mit ihrem Letzten Willen, dass die Liegenschaft mit allen Gebäuden dem ‹Taubstummen- und Schwerhörigenverein Graubünden› in Chur übergeben wird. Von den drei für Hörbehinderte tätigen Vereinen im Kanton Graubünden ist keiner unter obigem Namen eingetragen. Das Erbe wird daraufhin dem Bündner Hilfsverein für Gehörlose zugesprochen. 1992 werden Gebäude und Grundstücke aufgeteilt und zum Kauf angeboten. Gegen das Ansinnen, das dem Willen von Dorothea Brüesch in keiner Weise Rechnung trägt, regt sich Widerstand. Mit Erfolg. Die am 20. Februar 1993 gegründete Genossenschaft Fontana Passugg unterzeichnet am 31. März den Kaufvertrag. Das Anwesen geht für 118 000 Franken an die Genossenschaft über.
Das Anwesen Für den Bau seines Kurbetriebs hat Anton Brüesch ein wunderschönes Stück Hangland, das so genannte Riedwiesli, am Rande von Passugg ausgewählt. Das Grundstück gehört zur Gemeinde Malix. Die nahe Rabiosaschlucht und die Sicht auf das Tal bilden eine reizvolle, ruhige Kulisse für Kur und Erholung. Die Liegenschaft besteht aus dem Pensionsgebäude mit Wohnhaus, Chalet, Waschhaus, Stall und grosszügigen 26 000 Quadratmetern Wiesland und Wald. Ein verwilderter Waldweg führt von der Pension direkt zur Trinkhalle. Unterhalb der Liegenschaft, nur 10 Spazierminuten entfernt von Fontana, wird heute das berühmte Passugger Mineralwasser abgefüllt. Von dort führt die Hauptstrasse in 10 Fahrminuten hinunter nach Chur.
«Die Hörenden haben dank der Lautsprache eine eigene Kultur wie die Gehörlosen durch die Gebärdensprache. Die Schwerhörigen sind mittendrin und verfügen über keine eigene echte Kultur. Es besteht die Gefahr, dass sie den Anschluss zu beiden Kulturen verlieren.» Armin Hofer (schwerhörig)
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Schritt für Schritt 1897
Baujahr der Pension. Sie wird von der Familie Brüesch bezogen.
1983
Knapp hundert Jahre nach dem Bau der Pension bestimmt Dorly Brüesch mit ihrem Letzten Willen, dass die Liegenschaft mit allen Gebäuden dem ‹Taubstummen- und Schwerhörigenverein Graubünden› übergeben wird.
1993
Die Genossenschaft Fontana Passugg wird ins Leben gerufen. Baukredite für die erste Bauetappe werden gesprochen.
1994
Baukredite für die zweite Bauetappe werden gesprochen.
1995 Spatenstich und Fertigstellung für den Neu- und Anbau an das Hauptgebäude Fontana. 1996
Beginn des Probebetriebes der Bildungsstätte Fontana.
1997
Beginn des Vollbetriebs.
1998
Start zum dreijährigen Pilotprojekt ‹Erwachsenenbildung für Gehörlose und Hörbehinderte›.
1999 Erstes Fontana-Fest mit 250 BesucherInnen. Erste Teilnahme am Churer Stadtfest. 2000 Erweiterungsbauten. Einweihung des neuen Spiel- und Sportplatzes.
2001
Die erste Fontana Zeitung erscheint. Das dreijährige Bildungsprojekt geht zu Ende und wird in neuer Form weitergeführt.
2002 Start des zweiten Bildungsprojektes für drei Jahre.
Im Zentrum stehen diesmal Schwerhörige und Ertaubte.
2003 Zehnjähriges Jubiläum der Genossenschaft. Es wird gefeiert mit zehn über das ganze Jahr verteilten Veranstaltungen.
2004 Das Haus Alpenblick geht in den Besitz der Genossenschaft Fontana Passugg über. Damit steht dem Seminarbetrieb ein zweiter guter Schulungsraum zur Verfügung. Ein neues Beschallungskonzept für das ganze Haus wird erarbeitet, die Ringleitung für die Schwerhörigen und CI-TrägerInnen in jedem Seminarraum revidiert. Kurse für Gehörlose gemeinsam mit Hörbehinderten und Hörenden werden zunehmend sehr erfolgreich durchgeführt.
2005 Organisationsreform. Die Arbeit des Betriebs und des Vorstands wird professionalisiert. 2006 Neupositionierung. Der Vorstand beschliesst, die Pension und das Bildungsangebot
gezielter auch in der hörenden Welt zu vermarkten. Im Vordergrund bleibt die ursprüngliche Zweckbestimmung, Gehörlosen, Schwerhörigen, Ertaubten und CI-Trägern Bildungs- und Kulturangebote zu bieten, welche auf die Bedürfnisse dieser Gruppen zugeschnitten sind.
2007
Öffnung des Hauses. Die Phase der Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse beginnt. Alle Drucksachen und der Internet-Auftritt werden neu gestaltet. Der Bildungsbetrieb schaut auf ein zehnjähriges stetiges Wachstum des Angebotes zurück.
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Angebot auf drei Säulen Die Genossenschaft Fontana Passugg betreibt zur Verwirklichung Ihrer Ziele ein Bildungsund Kulturhaus mit angegliederter Pension. Das Bildungs- und Kulturangebot orientiert sich an den Bedürfnissen von Gehörlosen, Schwerhörigen, Ertaubten und CI-Trägern. Die Räume der Pension werden auch Gästen, die nicht am Bildungs- und Kulturangebot teilnehmen, vermietet, sofern dies der Bildungsbetrieb zulässt. Ebenso steht das Haus Fontana mit seinen Seminareinrichtungen externen Kursanbietern und Seminarorganisatoren zur Verfügung. Das Angebot dient der besseren Betriebsauslastung. Der Bildungsbetrieb und die Anforderungen der Gehörlosen und Hörbehinderten gehen vor. Bildung und Kultur Fontana Passugg ist ein beliebter Seminarort. In der Welt der Gehörlosen, Schwerhörigen, Ertaubten und CI-Träger geniesst es einen sehr guten Ruf. Das Kursangebot ist vielfältig. Viele Kurse haben einen weiterbildenden Charakter, fördern aber auch ganz gezielt das Gemeinschaftserlebnis zwischen Gehörlosen, Hörbehinderten und Hörenden. Orientalisches Kochen, Pilzwanderkurse oder Naturfotografie mögen als Beispiele dienen. Daneben gibt es auch Computerkurse, Kurse zu sozialen Problematiken wie Mobbing am Arbeitsplatz und speziell für Hörende den ‹Einführungskurs Gehörlosigkeit›. Pension und Gastronomie Die beiden Häuser Fontana und Alpenblick bieten Ruhe und Entspannung in gepflegten, sehr stilvoll renovierten Zimmern mit einfachem Komfort. Das Haus Fontana ist behindertengerecht eingerichtet und insbesondere mit technischen Einrichtungen ausgestattet, die gehörlosen und hörbehinderten Menschen entgegenkommen. Das Anwesen an schöner Hanglage befindet sich zehn Fahrminuten von der Hauptstadt des Kantons Graubünden und kaum eine halbe Stunde von attraktiven Ski- und Wanderorten. Fontana Passugg bietet eine preiswerte, gut bürgerliche Küche an. Sie ist flexibel und geht gerne auf Gästewünsche ein. Von der Grösse her ist es ideal für Familienanlässe und geschlossene Gesellschaften, die nach dem gemütlichen Zusammensein auch die Übernachtungsmöglichkeit direkt im Haus zu schätzen wissen. Seminarhaus Die grossen und kleinen Gemeinschaftsräume sind mit audiovisuellen Geräten und Seminareinrichtungen gut ausgestattet. DVD-Abspielgerät, Fernseher, Hellraumprojektoren, Diaprojektoren, Leinwände, Flipcharts, Pin- und Whiteboards, Ringleitungen, Schreibtelefon, Beamer, Videokameras, netzloser Internetzugang, Tonkassetten- und CD-Player und vieles mehr stehen zur Verfügung.
«Vor meinem ersten Besuch in Fontana Passugg war ich unsicher. Ich habe mich gefragt, wie wir kommunizieren werden. Nach einigen Monaten Zusammenarbeit erkenne ich keine unlösbaren Verständigunsgrenzen.» Christian Jaberg (hörend)
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Organisation Das strategische Führungsorgan der Selbsthilfe-Institution ist die Genossenschaft Fontana Passugg. Ihr Vorstand setzt sich mehrheitlich aus Gehörlosen und Hörbehinderten aus der ganzen Schweiz zusammen. Die Genossenschaft zählt 396 Mitglieder aus allen Hörkulturen mit einem Genossenschaftskapital von 382’500 Franken (Stand 31.12.2006).
Die operative Führung wird von einer Geschäftsführung für die Gesamtverantwortung und von einem Betriebsleiter-Ehepaar für die betriebliche Verantwortung wahrgenommen. Die Vertretung der gehörlosen sowie der hörenden Welt hat auch hier einen hohen Stellenwert. Vier Ausschüsse, die jeweils von einem Vorstandsmitglied geleitet werden, unterstützen in beratender Funktion die Arbeit. Es sind dies Ausschüsse für Bildung, Bau, Mittelbeschaffung/Öffentlichkeitsarbeit und Finanzen.
Die Genossenschaft ist unter anderem Mitglied des Schweizerischen Gehörlosenbundes (SGB-FSS) und des Schweizerischen Gehörlosen Sportverbandes (SGSV-FSSS). Die Selbsthilfe ist seit der Gründung der Genossenschaft 1993 ein zentrales Anliegen. Sie soll auch in Zukunft eine tragende Säule sein.
«Eine Ertaubung ist ein einschneidendes Erlebnis. Die Beziehungen zu nahe stehenden Menschen werden stark belastet, die berufliche Tätigkeit kann zum Teil nicht mehr fortgesetzt werden, die Weiterbildung ist erschwert. Das technische Wunderwerk Cochlea Implantat, kurz CI, macht aus einem ertaubten oder hochgradig schwerhörigen zwar keinen hörenden Menschen. Doch es ermöglicht wieder eine akustische Wahrnehmung von Sprache und Geräuschen und somit einen kleinen Schritt in die vertraute hörende Welt.» Gisel a Riegert (ertaubt, CI-Trägerin)
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Auftanken in Fontana Passugg
Fontana Passugg Riedwiesli 4 CH-7062 Passugg-Araschgen Telefon +41 (0)81 250 50 55 Telefax +41 (0)81 250 50 57 Schreibtelefon +41 (0)81 250 50 56 Videophone: vp-passugg.prodeaf.org Procom für Hörgeschädigte +41 (0)844 844 081 für Hörende +41 (0)844 844 071 www.fontana-passugg.ch info@fontana-passugg.ch Spendenkonto PC 70-6000-9 Wir sprechen die Gebärden- und die Lautsprache. Nous nous exprimons en langue des signes et vocale. Ci esprimiamo nella lingua dei segni e vocale. Nus discurrin la lingua da segns e la lingua vocala. We speak vocal and sign language.
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